Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Dessau-Roßlau (SAN)
Aktenzeichen
S 9 KN 36/05
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 10 KN 51/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. Die Intensität und Dauer einer Partnerschaft vor der Eheschließung ist kein Umstand, der die Annahme einer Versorgungsehe nicht gerechtfertigt erscheinen lässt.
2. Einzelfallentscheidung zu der Frage, ob eine Heirat zur Sicherung einer längerfristig erforderlichen Pflege und Betreuung des nachfolgend verstorbenen Ehegatten erfolgte.
3. Einzelfallentscheidung zu der Frage, ob die Ankündigung einer Hochzeit noch vor Bekanntwerden einer lebensbedrohlichen Erkrankung der Annahme einer Versorgungsehe entgegensteht.
Deutsche Rentenversicherung, Knappschaft-Bahn-See, Verwaltungsstelle Cottbus, August-Bebel-Straße 85, 03046 Cottbus – Beklagte und Berufungsbeklagte –
Der 10. Senat des Landessozialgerichts Sachsen-Anhalt in Halle hat auf die mündliche Verhandlung vom 24. Juni 2009 durch den Vorsitzenden Richter am Landessozialgericht Quecke als Vorsitzenden, den Richter am Landessozialgericht Dr. Ulmer, die Richterin am Landessozialgericht Dr. Waßer sowie die ehrenamtlichen Richter Dr. Knoll und Herbsleb für Recht erkannt:
2. Einzelfallentscheidung zu der Frage, ob eine Heirat zur Sicherung einer längerfristig erforderlichen Pflege und Betreuung des nachfolgend verstorbenen Ehegatten erfolgte.
3. Einzelfallentscheidung zu der Frage, ob die Ankündigung einer Hochzeit noch vor Bekanntwerden einer lebensbedrohlichen Erkrankung der Annahme einer Versorgungsehe entgegensteht.
Deutsche Rentenversicherung, Knappschaft-Bahn-See, Verwaltungsstelle Cottbus, August-Bebel-Straße 85, 03046 Cottbus – Beklagte und Berufungsbeklagte –
Der 10. Senat des Landessozialgerichts Sachsen-Anhalt in Halle hat auf die mündliche Verhandlung vom 24. Juni 2009 durch den Vorsitzenden Richter am Landessozialgericht Quecke als Vorsitzenden, den Richter am Landessozialgericht Dr. Ulmer, die Richterin am Landessozialgericht Dr. Waßer sowie die ehrenamtlichen Richter Dr. Knoll und Herbsleb für Recht erkannt:
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Dessau-Roßlau vom 19. Oktober 2006 – S 9 KN 36/05 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Gewährung einer Witwenrente nach dem Sechsten Buch Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Rentenversicherung – (SGB VI). Die Beklagte wendet ein, dass eine sogenannte Versorgungsehe vorgelegen habe.
Die 19 geborene Klägerin ist gelernte Krankenpflegerin. Sie ist Witwe des 1944 geborenen Versicherten Manfred Drews (im Folgenden: Versicherter). Nach ihren eigenen Angaben lebte die Klägerin seit ihrer Verlobung im Jahr 1995 mit dem Versicherten zusammen. Seit dem 11. September 2002 bezog sie Arbeitslosengeld, seit dem 14. Oktober 2003 Arbeitslosenhilfe. Der Versicherte bezog aus früherer Ehe eine Witwerrente, die nach Angaben der Klägerin zuletzt ca. 230 Euro monatlich betrug. Außerdem erhielt er seit Ende März 2003 Krankengeld aus seiner letzten beschäftigungspflichtigen Beschäftigung als Busfahrer in Höhe monatlich rund 1024 Euro.
Seit dem 17. Februar 2003 war der Versicherte zunächst wegen einer anstehenden Augenoperation arbeitsunfähig erkrankt. Bei ärztlichen Untersuchungen im Vorfeld der Operation wurden beim ihm im April 2003 ein Bronchialkarzinom mit multiplen zerebralen Metastasen sowie Knochenmetastasen festgestellt. Hierüber wurde der Versicherte am 22. April 2003 im J. K. im Fläming, Treuenbrietzen (im Folgenden: J. Krankenhaus) aufgeklärt. Im gleichen Monat wurde mit einer zytostatischen Therapie (Chemotherapie) begonnen. Ein Knochenszintigramm ergab im Mai 2003 den Verdacht auf Metastasen im Bereich eines Brustwirbelkörpers und der rechten ISF. Wegen nachgewiesenen Fortschreitens der cerebralen Metastasen wurde in der Zeit vom 23. Juni bis zum 22. Juli 2003 eine symptomatische Hirnschädelbestrahlung ambulant im Klinikum E.v. B. (Potsdam) durchgeführt.
Ausweislich des ärztlichen Berichtes des J. K. vom 17. Juni 2003 an die Hausärztin des Versicherten war die aktuelle Befundsituation mit dem Versicherten und der Klägerin besprochen worden. Nach eigenen Angaben führte die Klägerin über sämtliche medizinische Maßnahmen und die ihrem Mann mitgeteilten Diagnosen "umfassend Buch".
Im Juli 2003 beantragte der Versicherte Rente wegen Erwerbsminderung sowie im Juni 2003 die Anerkennung seiner Pflegebedürftigkeit. In einem zum Rentenantrag eingeholten ärztlichen Gutachten des Sozialmedizinischen Dienstes vom 23. Oktober 2003 heißt es, der Versicherte sei durch das Krankheitsbild in seiner Leistungsfähigkeit so schwer eingeschränkt, dass ihm auch stundenweise einfache und leichte Tätigkeiten nicht mehr möglich seien. Die Prognose sei als ungünstig anzusehen. Es handele sich um einen Zustand auf Dauer. Die Rente wegen voller Erwerbsminderung wurde nachfolgend bewilligt. Ein Gutachten des MDK kam aufgrund einer Prüfung am 20. Oktober 2003 zu dem Ergebnis, dass seit August 2003 Pflegestufe III bestehe. Entsprechende Leistungen wurden bewilligt.
In der Zeit ab Juli 2003 befand sich der Kläger wiederholt zur Fortsetzung der zytostatischen Therapie in stationärer Behandlung im Johanniter Krankenhaus. Sein Allgemeinzustand war erheblich reduziert. Inzwischen waren Metastasen auch in Lunge und Nebennieren aufgetreten. Während dieser bei der jeweiligen Aufnahme in das Johanniter Krankenhaus bis Juni 2003 als gut und weitgehend symptomfrei und sein Mobilitätszustand als "mobil" bezeichnet wurde (Ergänzung zum Aufnahmebogen Klinik III), wurden ab Juli 2003 eine leichte Allgemeinerkrankung oder erhöhtes Risiko durch Begleiterkrankung sowie deutliche Mobilitätsbeeinträchtigung angegeben und zum Aufnahmedatum 28. August 2003 massive Mobilitätsbeeinträchtigungen. Er klagte über zunehmende Schmerzen im Bereich des Kopfes, über zunehmende polyneuropathische Beschwerden, eine Harn- und Stuhlinkontinenz mit Progredienz sowie zunehmenden Harnverhalt. Ausweislich des vorläufigen Entlassungsberichtes des Johanniter Krankenhauses vom 2. Oktober 2003 für den stationären Aufenthalt vom 25. September bis zum 2. Oktober 2003 wurde in Anbetracht der Gesamtsituation von der Fortsetzung der Chemotherapie Abstand genommen. Laut dem Bericht waren die Befunde und die Therapieentscheidung mit dem Versicherten und der Klägerin mehrfach ausführlich besprochen worden. Am 23. September 2003 unterzeichnete der Versicherte eine von der Klägerin handschriftlich ausgefüllte Patientenverfügung auf dem Formular eines Hospizdienstes.
Am 7. Oktober 2003 schloss die Klägerin mit dem Versicherten in ihrem Hause vor dem Standesbeamten die Ehe (Heimtrauung). Die Anmeldung zur Eheschließung war am 30. September 2003 erfolgt und die hierfür erforderlichen Unterlagen waren ausweislich der beigezogenen Akte des Standesamtes in der zweiten Hälfte des Monats September eingeholt worden. Am 15. Oktober 2003 errichteten die Klägerin und der Versicherte ein gemeinsames notarielles Testament.
Am 27. Oktober 2003 wurde der Versicherte erneut in das Johanniter Krankenhaus aufgenommen. Sein Zustand wurde im Aufnahmebogen u. a. mit bettlägerig sowie mit den Befunden Kachexie (Auszehrung, allgemeine Atrophie mit Abnahme des Körpergewichtes um mehr als 20 Prozent des Sollgewichts) sowie Stuhl- und Harninkontinez beschrieben. Zum Allgemeinzustand heißt es: "Patient mit schwerer inaktivierender Erkrankung, potentiell lebensbedrohlich". Die Angabe "moribunder Pat." wurde nicht gewählt. Am 4. November 2003 beantragte der Sozialdienst des Johanniter Krankenhauses im Einverständnis mit der Klägerin per Telefax beim zuständigen Amtsgericht eine einstweilige Anordnung zur vorläufigen Bestellung der Klägerin zur Betreuerin des Versicherten. Die einstweilige Anordnung erging am 5. November 2003. Nach Verlegung des Versicherten in eine andere Abteilung des Johanniter Krankenhauses verstarb er dort am 12. November 2003 an einer Lungenentzündung.
Am 12. Dezember 2003 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Gewährung von Witwenrente. Mit Bescheid vom 21. Januar 2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. April 2005 lehnte die Beklagte den Antrag ab. Zur Begründung verwies sie darauf, dass der Versicherte innerhalb eines Jahres nach Eheschließung verstorben sei. Bei der Eheschließung im Oktober 2003 sei davon auszugehen gewesen, dass der Versicherte in einem kürzeren Zeitraum versterben werde. Bei diesem Sachverhalt müsse eine Versorgungsehe angenommen werden.
Mit ihrer am 11. Mai 2005 beim Sozialgericht erhobenen Klage verfolgt die Klägerin den Anspruch auf Witwenrente weiter. Sie hat geltend gemacht, dass die Ehe nicht aus Versorgungsgründen geschlossen worden sei. Hierzu verweist sie auf die seit 1995 bestehende Lebenspartnerschaft. Des Weiteren führt sie an, dass die Krebserkrankung des Versicherten im April 2003 zufällig festgestellt worden sei. Der Versicherte habe die Chemotherapie gut vertragen. Es sei die Entlassung mit anschließendem Kuraufenthalt für Ende Oktober geplant gewesen. Der Versicherte sei nicht an der Krebserkrankung gestorben, sondern an einer Lungenentzündung. Diese habe er sich zugezogen, weil er im Johanniter Krankenhaus am 29. Oktober 2003 auf eine Station verlegt worden sei, in der auch an offener TBC Erkrankte gelegen hätten. Im Zeitpunkt der Eheschließung sei dies nicht vorhersehbar gewesen. Es sei eine Hochzeitsreise mit dem Versicherten in dessen Geburtsland Österreich für Dezember 2003 geplant gewesen. Die Heirat sei auch zur Pflege und Versorgung ihres Mannes erfolgt. Diese habe die Klägerin vor und nach der Eheschließung aufopferungsvoll übernommen. Mit Schriftsatz vom 3. Mai 2006 hat die Klägerin schließlich eine eidesstattliche Versicherung ihrer Nichte M. M.zu den Akten gereicht (Bl. 66 bis 67 Gerichtsakten = GA), wonach die Klägerin und der Versicherte ihr und ihrem Mann im Januar 2003 eröffnet hätten, dass sie noch im selben Jahr heiraten würden.
Demgegenüber hat die Beklagte darauf verwiesen, dass Bemühungen zur Eingehung der Ehe vor Bekanntwerden der Erkrankung nicht feststellbar seien. Das Bronchialkarzinom mit Metastasierungen in Niere, Gehirn und Knochen sei inoperabel gewesen und habe zu Taubheit beider Hände und Lähmung beider Beine geführt. Der Versicherte sei dadurch sitz-, steh- und gehunfähig gewesen. Ausweislich des Pflegegutachtens habe dieser Zustand seit August 2003 bestanden.
Mit Urteil vom 19. Oktober 2006 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, dass die gesamten Umstände der Eheschließung am 7. Oktober 2003 die Annahme gerechtfertig erscheinen ließen, dass in der Versorgung der Klägerin der überwiegende Zweck der späten Heirat gelegen habe. Das langjährige Zusammenleben ohne standesamtliche Trauung deute auf eine bewusste Entscheidung gegen die Eheschließung hin. Bemühungen für eine Eheschließung vor Bekanntwerden der Erkrankung seien nicht erkennbar. Die eidesstattlich versicherte Angabe der Nichte der Klägerin M. M., wonach bereits im Januar 2003 Heiratspläne geäußert worden seien, sei nicht glaubhaft. Das Gleiche gelte für die Einlassung der Klägerin, dass für Dezember 2003 eine Hochzeitsreise nach Österreich geplant gewesen sei. Weiterhin sei es angesichts des Gesamtzustandes des Versicherten und seines fortgeschrittenen Krebsleidens unerheblich, dass sein Tod letztlich durch eine Lungenentzündung verursacht worden sei. Auch die wirtschaftlichen Verhältnisse der Eheleute sprächen nicht gegen die Annahme einer Versorgungsehe. Die Klägerin habe zuletzt nur noch Anspruch auf Arbeitslosenhilfe gehabt. Weiter sei zu berücksichtigen, dass durch die Heirat die vom Versicherten bis dahin bezogene Witwerrente geendet und sich seine finanzielle Situation dadurch letztlich verschlechtert habe.
Gegen das der Klägerin am 21. November 2006 zugestellte Urteil wendet sich ihre am 6. Dezember 2006 beim Landessozialgericht eingegangene Berufung. Darin macht sie geltend, dass es sich nicht um eine Versorgungsehe gehandelt habe. Der Versicherte habe der Klägerin bereits 1995 das Eheversprechen gegeben. Die Heirat sei aus einem persönlichen Motiv für das 60. Lebensjahr des Versicherten geplant gewesen. Dauer und Intensität der Lebenspartnerschaft sprächen ebenfalls gegen eine Versorgungsehe. Zum Zeitpunkt der Eheschließung sei mit dem plötzlich auftretenden Tod des Versicherten nicht zu rechnen gewesen. Dieser sei wesentlich auf die Verlegung des Versicherten in eine Abteilung des Johanniter Krankenhauses zurückzuführen, in der an offener TBC leidende Patienten gelegen hätten. Die Heirat sei zur Sicherung der erforderlichen Betreuung und Pflege des darauf angewiesenen Versicherten erfolgt. Die Heimtrauung im Hause der Klägerin sei darin begründet, dass der Versicherte zu diesem Zeitpunkt aufgrund der Chemotherapie keine Haare mehr hatte und die Öffentlichkeit meiden wollte. Der Heiratstermin sei auch nicht sogleich nach Bekanntwerden der Erkrankung festgesetzt worden; hierauf hätte sie sich mit dem Versicherten im August 2003 verständigt, nachdem die Ärzte gegenüber der Klägerin und ihrer Nichte M.M. eine positive Zukunftsprognose gegeben hätten. Entsprechend sei auch die Hochzeitsreise für Ende 2003 geplant worden.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Dessau vom 19. Oktober 2006 – S 9 KN 36/05 – aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheides vom 21. Januar 2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. April 2005 zu verurteilen, ihr Witwenrente zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Zur Begründung nimmt sie auf ihr Vorbringen in erster Instanz sowie die Entscheidungsgründe des angegriffenen Urteils Bezug.
Der Senat hat die Patientenakten über den Versicherten vom J. Krankenhaus sowie vom Klinikum E. v. B. (P.), ferner die Standesamtsakten über die Trauung der Klägerin und des Versicherten sowie die Akten des Vormundschaftsgerichtes (Amtsgericht Belzig) über die Bestellung der Klägerin zur vorläufigen Betreuerin beigezogen. Auf den Inhalt der beigezogenen Akten wird Bezug genommen. Schließlich hat der Senat die Klägerin in der mündlichen Verhandlung angehört sowie die Zeugin M. vernommen; auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung am 24. Juni 2009 wird verwiesen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Gerichts- und Verwaltungsverfahrens sowie des Vorbringens der Beteiligten und der Ergebnisse der Beweisaufnahme wird auf den Inhalten der Akten und Beiakten Bezug genommen. Die Verwaltungsakte der Beklagten lag vor und war Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Entscheidungsgründe:
I.
Die Berufung ist zulässig, da sie gemäß §§ 143, 144 Abs. 1 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaft sowie gemäß § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegt worden ist.
II.
Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die begehrte große Witwenrente aus der Versicherung ihres verstorbenen Ehemannes. Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 21. Januar 2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. April 2005 verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 54 Abs. 2 SSG i.V.m. § 157 SGG). Wie das Sozialgericht zutreffend erkannt hat, scheitert der Anspruch daran, dass die Klägerin die gesetzliche Vermutung einer so genannten Versorgungsehe nicht widerlegen konnte.
Nach § 46 Abs. 2 Satz 1 SGB VI haben Witwen, die nicht wieder geheiratet haben, nach dem Tod des versicherten Ehegatten, der die allgemeine Wartezeit erfüllt hat, unter anderem dann Anspruch auf große Witwenrente, wenn sie das 45. Lebensjahr vollendet haben. Diese Voraussetzungen sind, worüber zwischen den Beteiligten kein Streit besteht, im vorliegenden Fall erfüllt.
Gemäß § 46 Abs. 2a SGB VI besteht der Anspruch jedoch nicht, wenn die Ehe nicht mindestens ein Jahr gedauert hat, es sei denn, dass nach den besonderen Umständen des Falles die Annahme nicht gerechtfertigt ist, dass es der alleinige oder überwiegende Zweck der Heirat war, einen Anspruch auf Hinterbliebenenversorgung zu begründen. Die Eheschließung erfolgte am 7. Oktober 2003; der Versicherte verstarb etwa fünf Wochen später am 12. November 2003. Die Ehe der Klägerin hatte damit zum Zeitpunkt des Todes des Versicherten noch nicht mindestens ein Jahr gedauert.
Tatsachen dafür, dass nach den besonderen Umständen des Falles die Annahme nicht gerechtfertigt ist, dass es der alleinige oder überwiegende Zweck der Heirat war, einen Anspruch auf Hinterbliebenenversorgung zu begründen (§ 46 Abs. 2a SGB VI), konnten nicht festgestellt werden.
1.
Der mit Wirkung vom 1. Januar 2002 eingeführte § 46 Abs. 2a SGB VI (Gesetz vom 21. März 2001, BGBl. I, S. 403) korrespondiert mit entsprechenden Bestimmungen im Bereich der gesetzlichen Unfallversicherung (§ 65 Abs. 6 SGB VII), der Kriegsopferversorgung (§ 38 Abs. 2 BVG) sowie den Vorschriften über die Beamtenversorgung (§ 19 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BeamtVG). Danach soll ein Anspruch auf Witwenrente bei einer Versorgungsehe ausgeschlossen sein, wenn zumindest überwiegendes Ziel der Eheschließung die Erlangung einer Versorgung ist. Dabei wird unterstellt, dass dies regelmäßig der Fall ist, wenn ein Ehegatte innerhalb eines Jahres nach Eheschließung verstirbt (BT-Drucksache 14/4595, S. 44). Die Hinterbliebenenversorgung soll somit nicht nur im Falle einer Scheinehe und bei quasi fremden Personen ausgeschlossen sein, sondern auch bei denjenigen Lebenspartnern, die sich trotz jahrelangen eheähnlichen Zusammenlebens bewusst gegen eine staatliche Trauung entschieden hatten, wenn die spätere Eheschließung allein oder überwiegend zum Zwecke der Versorgung des hinterbliebenen Ehepartners erfolgt. Die Anknüpfung von Rechtsfolgen an bestimmte Fristen oder Stichtage verstößt dabei nicht gegen das Willkürverbot und begegnet keinen rechtlichen Bedenken (BSG vom 5. Mai 2009 – B 13 R 53/08 R).
Die Widerlegung der gesetzlichen Vermutung erfordert nach § 202 SGG, § 292 Zivilprozessordnung (ZPO) den vollen Beweis des Gegenteils. Die besonderen Umstände, welche die gesetzliche Vermutung widerlegen sollen, sind anhand objektiver Erkenntnismöglichkeiten in einer typisierenden Betrachtungsweise zu ermitteln. Sie unterliegen den Anforderungen des Vollbeweises und müssen daher mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit vorliegen. Die objektive Beweislast für das Vorliegen von Anhaltspunkten gegen die Annahme, dass es alleiniger oder überwiegender Zweck der Heirat war, einen Anspruch auf Hinterbliebenenversorgung zu begründen, liegt bei der Klägerin (BSG vom 3. September 1986 – 9aRV 8/84 BSGE 60, 204 (206); KassKomm/Gürtner § 46 SGB VI Rz. 46b). Damit reichen bloße Hinweise auf etwaige andere Motive für die Heirat nicht aus, um die gesetzliche Vermutung zu widerlegen. Nach der Vorstellung des Gesetzgebers müssen besondere Umstände wie etwa z. B. ein Unfalltod vorliegen (BT-Drucksache 14/4595, S. 44). Weitere bei typisierender Betrachtung gegen eine Versorgungsehe sprechende Umstände des Einzelfalls können in der Existenz gemeinsamer Kinder liegen, wenn die weitere Erziehung eines Kindes des Versicherten durch den überlebenden Ehegatten gesichert werden soll; ferner in der Legitimation einer nach deutschem Recht ungültigen früheren Eheschließung, in einem bereits vor der Erkrankung fest vereinbarten und aufgrund unabweisbarer schwerwiegender Umstände verschobenen ersten Hochzeittermin, wenn der ursprünglich geplante Hochzeitstermin länger als ein Jahr vor dem Tod des Versicherten gelegen hätte (vgl. GK–SGB VI/Butzer § 46 Rz. 114; Schulz, Der Kompass 2002, 11 f.) oder in der Heirat zum Zwecke der Sicherstellung der Pflege des auf fremde Hilfe angewiesenen Ehepartners, wenn sein Ableben nach den gesundheitlichen Verhältnissen zur Zeit der Eheschließung nicht in absehbarer Zeit zu erwarten war (vgl. GK–SGB VI/Butzer § 46 Rz. 114, KassKomm/Gürtner § 46 SGB VI Rz. 46c). Abzustellen ist insoweit grundsätzlich auf die Motive nicht nur eines, sondern beider Ehegatten (BSG vom 3. September 1986, aaO). Es genügt, wenn bei einem von ihnen das Versorgungsmotiv zurücktritt.
2.
Unter Anlegung dieser Maßstäbe ist zur Überzeugung des Senats bei Berücksichtigung des gesamten Inhalts der mündlichen Verhandlung die gesetzliche Vermutung im vorliegenden Falle nicht widerlegt worden. Dies gilt für die Motivlage beider Ehegatten.
a.
Entgegen der Auffassung der Klägerin liegt zunächst in der Intensität und Dauer ihrer Lebenspartnerschaft mit dem Versicherten kein besonderer Umstand des Falles im Sinne von § 46 Abs. 2a SGB VI, wonach die Annahme einer Versorungsehe nicht gerechtfertigt wäre. Der Senat hat keinen Zweifel in Bezug auf die Dauer und Intensität der Beziehung der Eheleute vor ihrer Eheschließung. Sie kommt auch in der von der Klägerin geschilderten aufopferungsvollen Hilfe und Pflege des Versicherten durch sie zum Ausdruck. Wie aber bereits oben unter Ziff. 1 ausgeführt, kommt es darauf nicht an. Als so genannte Versorgungsehe hat § 46 Abs. 2a SGB VI nicht nur die Scheinehe im Blick. Vielmehr sollen auch diejenigen – durchaus langjährig und in Liebe verbundenen – Lebenspartner, die sich zunächst gegen eine staatliche Trauung entschieden haben, von der Hinterbliebenenversorgung ausgeschlossen sein, deren spätere Eheschließung dann doch überwiegend aus Versorgungsgründen erfolgt. Auch sie müssen daher die gesetzliche Vermutung des Versorgungszwecks ihrer Heirat widerlegen, wenn die Ehe bis zum Tode des versicherten Ehepartners nicht mindestens ein Jahr gedauert hat.
b.
Der Senat konnte sich sodann im vorliegenden Fall nicht davon überzeugen, dass die Heirat der Klägerin am 7. Oktober 2003, wie von ihr geltend gemacht, vorwiegend zur Sicherung einer längerfristig erforderlichen Pflege und Betreuung des Versicherten erfolgte. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts ist die Rechtsvermutung der Versorgungsehe in der Regel widerlegt, wenn ein Beschädigter im Sinne des Bundesversorgungsgesetzes heiratet, der auf Pflege ständig angewiesen ist (BSG vom 3. September 1986 – 9 a RV 8/84, BSGE 60, 204). Diese Rechtsprechung wird grundsätzlich auf pflegebedürftige Versicherte übertragbar sein (KassKomm/Gürtner, § 46 SGB VI Rz. 46c). Zusätzlich setzt die Widerlegung der Vermutung voraus, dass das Ableben des Pflegebedürftigen bei Eheschließung auf absehbare Zeit nicht zu erwarten war (BSG aaO). Die vorgenannten Voraussetzungen sind im Streitfall zu Überzeugung des Senats unter Berücksichtigung aller Umstände nicht erfüllt.
aa.
Für den Heiratszweck der rechtlichen Sicherstellung von Pflege und Betreuung des Versicherten spricht zunächst nicht, dass ein anderes Heiratsmotiv sonst nicht ersichtlich wäre. Die wirtschaftliche Absicherung der Klägerin nach dem Tode des Versicherten war angesichts dessen lebensbedrohlicher Erkrankung durchaus ein denkbares Motiv.
Die Klägerin war für den Fall des Ablebens des Versicherten wirtschaftlich nicht abgesichert. Bis zum 6. Oktober 2003 - d.h. bis unmittelbar vor ihrer Eheschließung - hatte sie Anspruch auf Arbeitslosengeld i.H.v. wöchentlich 143,78 EUR (Bl. 42 GA). Danach bestand lediglich noch Anspruch auf Arbeitslosenhilfe i.H.v. 41,93 EUR. Unabhängig von der Eheschließung wurde hierbei das Einkommen des Versicherten angerechnet. In dieser Lage wurde eine Heirat wirtschaftlich sinnvoll, nachdem der Versicherte lebensbedrohlich erkrankte. Die Klägerin erhielt dadurch ihrerseits die Aussicht auf Witwenrente. Der Versicherte erlangte zudem für die eigene Witwerrente, die wegzufallen drohte, gem. § 107 SGB VI eine Abfindung in Höhe des 24-fachen Monatsbetrages.
Bei zu erwartendem längeren Zusammenleben und längerer Pflegezeit hätte eine Heirat dagegen wegen des damit verbundenen Verlustes der Witwerrente des Versicherten in Höhe von ca. 230 EUR monatlich finanziell keinen Sinn gemacht, sondern zu empfindlichen Einbußen geführt. Die wirtschaftliche Ausgangslage der Verlobten war sehr beengt. Aus Krankengeld bzw. Erwerbsminderungsrente des Versicherten sowie Arbeitslosenhilfe der Klägerin verblieben ihnen Einkünfte i.H.v. knapp 1200 EUR monatlich (eventuell zzgl. Pflegegeld).
Ein materieller Sicherungsbedarf entfiel nicht etwa deshalb, weil die Klägerin, wie die Zeugin Mühlbach in ihrer eidesstattlichen Versicherung angab, Eigentümerin ihres Wohnhauses war. Selbst wenn es sich dabei, was offen bleibt, um unbelastetes Grundeigentum der Klägerin handeln sollte, stellt seine wirtschaftliche Verwertung allein zum Bestreiten des Lebensunterhaltes keine beruhigende Alternative dar, zumal der Erlös auf die Arbeitslosenhilfe angerechnet worden wäre. Damit steht in Einklang, dass die Klägerin in ihrem Antrag auf Witwenrente vom 12. Dezember 2003 gerade wegen ihrer prekären finanziellen Lage auf eine baldige Klärung des Anspruchs drängte.
Dabei ist ausdrücklich anzumerken, dass eine etwaige Versorgungsabsicht bei der Eheschließung gerade nicht positiv festgestellt werden muss und hier auch nur als denkbares Alternativmotiv für die Eheschließung festgestellt wird. Auch ist darauf hinzuweisen, dass der Versorgungszweck für eine Eheschließung in keiner Weise ehrenrührig ist, vielmehr einem der wesentlichen Zwecke der gesetzlichen Eheschließung entspricht. Dennoch führt er nach Maßgabe des § 46 Abs. 2a SGB VI als überwiegendes Motiv zum Ausschluss der Hinterbliebenenrente. Dies steht mit dem Grundgesetz in Einklang (BSG vom 5. Mai 2009 – B 13 R 53/08 R).
bb
. Gegen den Zweck der Eheschließung zur rechtlichen Absicherung von Pflege und Betreuung des Versicherten für eine zu erwartende längere Dauer spricht sodann, dass mit dem Ableben des Versicherten in absehbarer Zeit gerechnet werden musste. Dies gilt sowohl im Zeitpunkt der Terminsbestimmung für die Hochzeit (nach eher unspezifizierten Angaben der Klägerin im August 2003 geplant, nach der standesamtlichen Anmeldung am 30. September 2003) als auch im Zeitpunkt der Eheschließung am 7. Oktober 2003. Das dramatische Fortschreiten der Krankheit war zu den genannten Zeitpunkten bereits zutage getreten und lässt den Gedanken an eine durch die Eheschließung abzusichernde zu erwartende längere Zeit der Betreuung und Pflege in dieser Phase eher fernliegend erscheinen. Dies belegt der tatsächliche Krankheitsverlauf, wie er sich aus den beigezogenen Akten darstellt.
Am 4. April 2003 waren durch ein CT in beiden Lungen multiple kleine Herdsetzungen nachgewiesen worden. Der Verdacht auf ein Bronchialkarzinom erhärtete sich. Eine beginnende Lymphknotenmetastasierung war nicht auszuschließen. Am 22. April 2003 hatte sich der Verdacht bestätigt. Der Versicherte wurde über seine Erkrankung aufgeklärt. Zu diesem Zeitpunkt bestand damit bereits Kenntnis von der lebensbedrohlichen Erkrankung. Die zytostatische Behandlung (Chemotherapie) begann noch im selben Monat. Die eingeleitete Behandlung konnte aber die progrediente Entwicklung diverser Metastasen nicht verhindern. Am 10. Juni 2003 wurde wegen erheblicher Schmerzen des Versicherten ein zweites CT des Kopfes durchgeführt und dabei mindestens zwei Hirnmetastasen diagnostiziert (Bl. 19 Gutachtenheft). Im selben Monat wurden beim Versicherten multiple Knochenmetastasen festgestellt. Die aktuelle Befundsituation wurde mit der Klägerin und dem Versicherten besprochen (vgl. Entlassungsbericht Johanniter Krankenhaus vom 17. Juni 2003).
Die laufende Verschlechterung fand sichtbaren Ausdruck darin, dass der Versicherte im Gegensatz zu früheren Aufnahmedaten am 31. Juli 2003 erstmals im Zustand einer deutlichen Mobilitätsbeeinträchtigung und sodann am 28. August 2003 im Zustand einer massiven Mobilitätsbeeinträchtigung in das Johanniter Krankenhaus aufgenommen wurde (vgl. die jeweiligen Aufnahmebögen in der Patientenakte). Das Pflegegutachten des MDK vom 21. Oktober 2003 hat demgemäß für den Versicherten bereits seit August 2003 die Pflegestufe III anerkannt, da alle Maßnahmen des täglichen Lebens einschließlich der hauswirtschaftlichen Versorgung vollständig personell übernommen werden müssten.
Bereits Anfang September lagen neben dem Bronchialkarzinom jeweils mehrere Metastasen im Gehirn, Lunge, Nebennieren, multiple Knochenmetastasen und eine lymphogene Metastasierung rechts zwischen Pankreas und Vena cava sowie im perirenalen Fettgewebe links vor (vgl. den vorläufigen Entlassungsbericht des Johanniter Krankenhauses vom 4. September 2003). Am 27. September 2003 wurde bei dem Versicherten ein "fußballgroßer" Tumor im Unterbauch festgestellt (vgl. Eintrag in der ärztlichen Dokumentation am 26. und 27. September 2003).
Bei diesem Bild lag sowohl im August 2003 als auch vor der Anmeldung beim Standesamt am 30. September 2003 offensichtlich eine konkret lebensbedrohliche Erkrankung vor, über die der Versicherte und die Klägerin laufend unterrichtet waren. Der dramatische Krankheitsverlauf ließ zu den genannten Zeitpunkten eine Phase längerer Pflege und Betreuung nicht erwarten. In dieser Zeit stand jedenfalls das zu befürchtende Ableben des Versicherten gegenüber einem dauerhaften Bedarf an Pflege deutlich im Vordergrund.
Wie lebensbedrohlich der Gesundheitszustand des Versicherten war, zeigt zudem die unmittelbare Entwicklung. Mangels Heilungschancen wurde die weitere Chemotherapie des Krebsleidens am 2. Oktober 2003 und damit wenige Tage vor der Eheschließung aufgegeben. Seine Wiederaufnahme in das J. K. am 27. Oktober 2003 erfolgte bettlägerig im Zustand der Kachexie bei Stuhl- und Harninkontinenz und mit einer schweren inaktivierenden Erkrankung potentiell lebensbedrohlicher Art (vgl. die Ergänzung zum Aufnahmebogen vom 27. Oktober 2003 in der Patientenakte des Versicherten). Dass der Versicherte bei seiner Aufnahme nicht als "moribunder Patient", also als Sterbender, bezeichnet wurde, rechtfertigt angesichts aller Umstände nicht die Annahme, dass sein Ableben in absehbarer Zeit nicht zu erwarten gewesen wäre. Tatsächlich verstarb der Kläger nur wenige Tage nach der Wiederaufnahme und damit ca. fünf Wochen nach der Eheschließung. Zuvor war am 4. November 2003 per Fax die Bestellung der Klägerin zur vorläufigen Betreuerin im Wege einer einstweiligen Anordnung beantragt und erwirkt worden.
Der Umstand, dass der Tod unmittelbar auf eine Lungenentzündung und damit nicht auf das Krebsleiden zurückzuführen ist, spricht nicht gegen die ungünstige Prognose. Angesichts des angegriffenen Allgemeinzustandes des Versicherten, der auf seine Krebserkrankung zurückzuführen war, ist eine ansonsten durchaus harmlose Infektion als Todesursache nicht untypisch und stellt keinen neuen und überraschenden Krankheitsverlauf dar. Demgemäß hat die Klägerin selbst in ihrem Antrag auf Hinterbliebenenrente unter Punkt 11.6 als Todesursache "Lungenkarzinom" angegeben (vgl. Blatt 76 R der Verwaltungsakte). Ob sich der Versicherte, wie die Klägerin geltend macht, die zu seinem Tode führende Lungenentzündung durch Ansteckung bei einem an offener TBC Erkrankten oder auf sonstige Weise zugezogen hat, was angesichts seines schlechten Allgemeinzustandes nicht untypisch wäre, kann nicht aufgeklärt werden und im Übrigen dahinstehen. Es könnte in Anbetracht aller Umstände nicht zu der Feststellung führen, dass bei Eheschließung ein Ableben des Versicherten in absehbarer Zeit nicht zu erwarten war.
cc)
Auch die weiteren Umstände sprechen eher dagegen, dass das Motiv der Eheschließung in der Sicherstellung der Pflege des Versicherten lag.
So ist zunächst die Absicht der Klägerin oder ihres verstorbenen Ehemannes, die Ehe gerade zu dem Zweck der rechtlichen Sicherstellung einer auf nicht absehbare Dauer erforderlichen Pflege und Betreuung des Versicherten einzugehen, zu dessen Lebzeiten an keiner Stelle zum Ausdruck gekommen. Der Gesichtspunkt wurde von der Klägerin auch weder in ihrem Rentenantrag vom 12. Dezember 2003 noch in ihrem Widerspruch vom 24. Januar 2004 erwähnt. Erstmals ihre damalige Verfahrensbevollmächtigte hat ihn im Schriftsatz vom 9. Juli 2004 – abstrakt und ohne Unterfütterung mit konkretem Lebenssachverhalt – unter Hinweis auf die Entscheidung des Bundessozialgerichts vom 3. September 1986 (aaO) in das Verfahren eingeführt.
Gegen eine Eheschließung zur Sicherstellung der Pflege spricht ferner gerade der Zeitpunkt der Terminsbestimmung für die Hochzeit und ihre Durchführung unter den gegebenen, einer Hochzeit eher unzuträglichen Umständen nach Art einer "Nottrauung". Sonst hätte es nahegelegen, für die Heirat eine stabilere Gesundheitslage des Versicherten oder insbesondere wenigstens die planmäßige Beendigung der Chemotherapie abzuwarten. Nach den standesamtlichen Unterlagen haben die Verlobten eine Heimtrauung gewählt, weil der Versicherte aufgrund seiner Erkrankung das Standesamt nicht mehr aufsuchen konnte (so der Vermerk in dem Vordruck "Anleitung für das Vorgehen bei einer Eheschließung bei lebensgefährlicher Erkrankung eines Verlobten" in der Akte des Standesamts; Stellungnahme der Standesbeamten gegenüber dem Senat vom 22. April 2008 Bl. 172 Gerichtsakte). Der Einlassung der Klägerin, dass die Heimtrauung allein wegen des Haarausfalles des Versicherten aufgrund der Chemotherapie gewählt worden sei, kann nicht gefolgt werden. Sie steht nicht nur im Gegensatz zu den angeführten medizinischen Befunden über seinen Gesundheitszustand in diesem Zeitraum (fehlende Mobilität, Absetzen der Chemotherapie wegen Aussichtslosigkeit, fußballgroßer Tumor im Unterleib etc.), sondern auch zur eigenen Äußerung der Klägerin in ihrer Anhörung vor dem Senat; danach kam der Versicherte am 3. Oktober 2003, nachdem er aus dem Bett gefallen war, nicht mehr aus eigener Kraft hoch und musste durstend am Boden liegen bleiben. Auch die Zeugin Mühlbach bestätigte, dass der Versicherte nicht mehr zu Fuß zum Standesamt hätte gelangen können.
Dass die Klägerin und der Versicherte den Ernst der Lage erkannt hatten und mit dem Ableben des Versicherten rechneten, wird ferner daran deutlich, dass sie bereits unter dem 23. September 2003 und damit zwei Wochen vor Eheschließung eine Patientenverfügung für den Kläger unterzeichneten und am 15. Oktober 2003 vor dem Notar ein gegenseitiges eheliches Testament errichteten. Schließlich waren die Klägerin und der Versicherte, worauf bereits mehrfach hingewiesen wurde, über den Krankheitsverlauf stets eingehend und ausführlich unterrichtet worden. Als gelernte Krankenschwester war die Klägerin intellektuell ohne Weiteres in der Lage, die ärztlichen Informationen und ihre Bedeutung zu verstehen.
Angesichts der gesamten geschilderten Umstände bestehen auch erhebliche Zweifel an der Behauptung der Klägerin, dass der Chefarzt Dr. F. im J.K. bei Aufnahme des Versicherten am 27. Oktober 2003 wenige Tage vor dessen Tod versichert habe, dass die Prognose günstig sei und der Versicherte sich alsbald einer Kurmaßnahme unterziehen könne. Dies steht in diametralem Gegensatz zu sämtlichen ärztlichen Unterlagen aus dieser Zeit. Insbesondere findet sich in den Patientenunterlagen des J. K. kein Hinweis für eine solche Einschätzung. Die Frage kann aber letztlich dahin stehen, da eine etwaige positive Äußerung des Dr. Frank am 27. Oktober 2003 unter Berücksichtigung der gesamten Umstände nicht zu der Feststellung führen könnte, dass im Zeitpunkt der Eheschließung am 7. Oktober 2003 mit dem baldigen Ableben des Versicherten nicht zu rechnen war. Das Gleiche gilt für die von der Klägerin in ihren Aufzeichnungen geschilderte Besserung des Allgemeinzustandes des Versicherten in den Tagen vom 30. Oktober bis zum 7. November 2003. Diese mag zudem auf die von der Klägerin gewünschte Absetzung der Medikamente zurückzuführen sein, die vorübergehend zu einem klareren Bewusstseinszustand bei dem wenige Tage später verstorbenen Versicherten geführt haben mag. Für eine nachhaltige Besserung oder Heilung seines Zustandes spricht das nicht. Der von der Klägerin angeführte Plan, im Dezember 2003 eine Hochzeitsreise nach Österreich zur Schwester des Versicherten zu unternehmen, ist nicht durch belastbare Details unterlegt und steht im Übrigen in striktem Gegensatz zur objektiven Gesundheitslage des Versicherten.
c.
Ein Entschluss zur Eheschließung bereits im Januar 2003 und damit vor Bekanntwerden der lebensbedrohlichen Erkrankung des Versicherten, wie ihn die Klägerin behauptet, widerlegt schließlich unter Berücksichtigung aller Umstände nicht die gesetzliche Vermutung einer Versorgungsehe.
aa.
Der Senat ist nicht davon überzeugt, dass tatsächlich ein solcher Entschluss zu diesem Zeitpunkt gefasst wurde. Zwar haben sowohl die Klägerin in ihrer Anhörung als auch ihre Nichte, die Zeugin Mühlbach, in ihrer eidesstattlichen Versicherung vom 24. April 2006 sowie in ihrer Vernehmung in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat angegeben, dass die späteren Eheleute ihre Heiratsabsicht anlässlich des Geburtstages des Ehemannes der Zeugin im Januar 2003 bekundet hätten. Dagegen spricht jedoch eine Reihe von Gesichtspunkten.
So ist zunächst unverständlich, dass diese Einlassung von der Klägerin erstmals mit Schriftsatz vom 3. Mai 2006 in das Verfahren eingeführt wurde, nachdem die Beteiligten bereits seit mehr als zwei Jahren gerade über die Frage gestritten hatten, ob der Heiratsentschluss überwiegend auf Versorgungsmotiven beruht hatte. Hätte es sich tatsächlich wie behauptet zugetragen, hätte die Klägerin diesen Sachverhalt vernünftigerweise sofort angeführt. Dass er für den Ausgang des Rechtsstreits bedeutsam sein konnte, war auf den ersten Blick erkennbar. Die Erklärung der Klägerin in ihrer Anhörung vor dem Senat, dass sie nicht danach gefragt worden sei, überzeugt nicht.
Auffällig ist weiter, dass sich die Klägerin selbst schriftsätzlich überhaupt nicht zu der angeblichen Ankündigung ihrer Heiratspläne auf der Geburtstagsfeier im Januar 2003 und den näheren Umständen geäußert, sondern lediglich ohne eigene Sachdarstellung die eidesstattliche Versicherung ihrer Nichte M. zu den Akten gereicht hat. Nachdem das Sozialgericht die Angaben der Zeugin M. als unglaubhaft bewertet hatte (ohne die Zeugin zu vernehmen), ist die Klägerin im zweiten Rechtszug auf den Sachvortrag inhaltlich nicht mehr zurückgekommen, obwohl eine Reihe von Verwandten und Bekannten zugegen gewesen sein sollen, wie sie in der Anhörung vor dem Senat angab. Stattdessen hat sie zu dem Zeitpunkt der konkreten Terminsbestimmung für die Hochzeit im August 2003 und der damals bestehenden Gesundheitslage des Versicherten vorgetragen.
Ferner stehen die Angaben der Zeugin M. in ihrer eidesstattlichen Versicherung inhaltlich nicht im Einklang mit der Einlassung der Klägerin im Rechtsstreit, wie das Sozialgericht bereits erkannt hat. Während die Zeugin in ihrer eidesstattlichen Versicherung angibt, dass die (nicht näher konkretisierte) Hochzeit (wegen der Krankheit des Versicherten) "erst mal verschoben" wurde, trug die Klägerin in der mündlichen Verhandlung erster Instanz vor, dass die Hochzeit habe vorgezogen werden müssen. In ihrer Vernehmung vor dem Senat hat die Zeugin M. zwar bestätigt, dass auf der Geburtstagsfeier ihres Mannes eine Hochzeit angekündigt worden sei. Doch ergaben sich auch in Bezug auf die Einzelheiten der Ankündigung einige Widersprüche. So gab die Klägerin an, dass der Versicherte – zu ihrer eigenen Überraschung – aufgestanden sei und ihre Heirat angekündigt hätte, und zwar zu Beginn der Feier. Demgegenüber sprach die Zeugin von einer gemeinsamen Äußerung der Verlobten, die im Laufe des Abends gemacht worden sei; es sei nicht die Art des Versicherten gewesen, aufzustehen, ans Glas zu klopfen und die Hochzeit zu verkünden. Auch in Anbetracht des langen Zeitabstands erwecken diese Widersprüche Zweifel an dem Geschilderten.
Sodann lässt sich eine überzeugende Erklärung für den Zeitpunkt des Entschlusses zur Eheschließung gerade im Januar 2003 nach über siebenjährigem Zusammenleben ohne Trauschein nicht erkennen. Die Einlassung der Klägerin, nach jeweiligen vorausgegangenen Schicksalsschlägen der Eheleute habe man sich im Jahre 1995 zunächst mit dem gegenseitigen Eheversprechen begnügt, um die Liebe ohne Zwang wachsen und reifen zu lassen, erklärt nicht, warum dann im Januar 2003 doch Heiratsabsichten konkret gefasst worden sein sollen. Dass der Versicherte aus persönlichen Gründen erst "im sechzigsten Lebensjahr" habe heiraten wollen, also im Alter von 59 Jahren, überzeugt nicht. Die Klägerin hat in ihrer Anhörung vor dem Senat diesen Vortrag ihrer vormaligen Prozessbevollmächtigten demgemäß auch als unzutreffend bezeichnet. Auch die von der Klägerin in der Anhörung vor dem Senat gegebene Erläuterung, dass die Tochter des Versicherten aus erster Ehe einer durchaus ins Auge gefassten Wiederheirat ihres Vaters "gegengesteuert" habe, erscheint nicht plausibel. Sie steht einerseits der von der Klägerin behaupteten gemeinsamen Haltung der späteren Eheleute entgegen, die Liebe gerade ohne Zwang wachsen und reifen zu lassen. Andererseits erklärt es nicht, warum dann im Januar 2003 dieses Hindernis für eine Eheschließung nicht mehr bestanden haben sollte. Zu diesem Zeitpunkt war die Tochter des Versicherten im Übrigen nach den Angaben der Klägerin in ihrer Anhörung bereits ca. 23 Jahre alt, seit ca. sieben Jahren aus dem Haus und hatte seit mehreren Jahren kein Kontakt mehr zu ihrem Vater.
Schließlich spricht auch hier die wirtschaftliche Lage der Klägerin und des Versicherten eher gegen die Ankündigung von Heiratsplänen im Januar 2003, auch wenn die Klägerin angibt, dass dies "keine Rolle gespielt" habe. Bereits oben (unter II. 2. b. aa) wurde darauf hingewiesen, dass eine Wiederheirat das (ohnehin geringe) gemeinsame Einkommen der Klägerin und des Versicherten nochmals empfindlich geschmälert hätte. Unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten machte daher eine Eheschließung erst nach Kenntnis von der lebensbedrohlichen Erkrankung des Versicherten Sinn.
bb.
Unabhängig davon ist die Vermutung einer Versorgungsehe selbst dann nicht widerlegt, wenn entgegen dem Vorstehenden auf der Geburtstagsfeier im Januar 2003 eine "Hochzeit noch in diesem Jahr" tatsächlich angekündigt worden sein sollte. Eine solche Ankündigung im Januar 2003 stünde bei Berücksichtigung aller Umstände der Annahme nicht entgegen, dass die Eheschließung am 7. Oktober 2003 allein oder überwiegend die Hinterbliebenenversorgung bezweckte.
(1)
Allerdings wird, wie oben dargelegt, vertreten, dass ein bereits vor der Erkrankung fest vereinbarter und aufgrund unabweisbarer schwerwiegender Umstände verschobener erster Hochzeittermin ein Umstand sei, der typisierend gegen eine Versorgungsehe spreche, wenn der ursprünglich geplante Hochzeitstermin länger als ein Jahr vor dem Tod des Versicherten gelegen hätte (vgl. GK–SGB VI/Butzer § 46 Rz. 114, Schulz, Der Kompass 2002, 11 f.; siehe allerdings BVerwG vom 19. Januar 2009 – 2 B 14/08, Juris; Kreikebohm, Beck-online Kommentar § 46 SGBVI Rz. 25).
Ob dieser Auffassung zu folgen ist, kann dahinstehen, denn ein solcher Fall liegt nicht vor. Es wurde kein Hochzeitstermin vor der Erkrankung fest vereinbart, sondern im Januar 2003 lediglich eine "Hochzeit noch in diesem Jahr" angekündigt; zudem war der Versicherte, worauf es allerdings nicht mehr entscheidend ankommt, zu diesem Zeitpunkt bereits höchstwahrscheinlich erkrankt. Schließlich lag nicht einmal die Ankündigung dieser Hochzeit länger als ein Jahr vor dem Tod des Versicherten.
(2)
Auch sonst bildet im vorliegenden Fall eine Hochzeitsankündigung im Januar 2003 keinen Umstand, der mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit die gesetzliche Vermutung einer Versorgungsehe widerlegt. Allerdings könnte die Unkenntnis von einer lebensbedrohlichen Erkrankung im Zeitpunkt des Heiratsentschlusses im Einzelfall die gesetzliche Vermutung einer Versorgungsehe ausschließen, wenn sich die spätere Eheschließung als konsequente Verwirklichung des Entschlusses darstellt (vgl. BVerwG vom 19. Januar 2009 – 2 B 14/08, Juris zu § 19 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 Beamtenversorgungsgesetz - BeamtVG). Ein solcher Fall ist hier nicht gegeben. Für die Widerlegung der gesetzlichen Vermutung erscheint weder der Hochzeitsentschluss ausreichend bestimmt (dazu (a)) noch stellt die spätere Heirat dessen konsequente Verwirklichung dar (dazu (b)).
(a)
Der (hier unterstellte) Hochzeitsentschluss im Januar 2003 erscheint unter den gegebenen Umständen nicht ausreichend bestimmt.
Ein Eheversprechen bestand nach Angaben der Klägerin zuvor bereits seit über sieben Jahren (Verlobung 1995). Man hatte "immer schon wieder an Heirat gedacht", wie die Klägerin in ihrer Anhörung vor dem Senat angab. Derart unbestimmte Absichtserklärungen und Überlegungen können angesichts der langen Verlobungszeit sowie in Anbetracht der wirtschaftlichen Folgen der Eheschließung (vgl. oben unter Ziff. II. 2. b. aa) nicht als konkrete Heiratsabsicht angesehen werden.
Vor diesem Hintergrund stellt auch die angekündigte "Hochzeit noch in diesem Jahr" ohne nähere Konkretisierung eine zeitlich zu unbestimmte Absichtserklärung dar. Die Umsetzung der Ankündigung hat in der Folgezeit keinerlei Gestalt angenommen, bevor die lebensbedrohliche Erkrankung bekannt wurde. Die bloße undatierte Ankündigung brauchte nicht einmal nach außen revidiert zu werden, wenn die Verlobten es sich anders überlegt hätten. Der in Aussicht genommene Zeitraum "noch in diesem Jahr" und damit von gut elf Monaten lässt sich auch nur zu einem geringen Teil mit der anstehenden Augenoperation des Versicherten erklären (Grauer Star). Ein Eingriff, der bei der Festlegung des Hochzeitstermins zur Angabe eines so langen und unbestimmten Zeitraums zwang, lag darin nicht. Angesichts dieser Umstände vermag eine Absichtserklärung – wenn auch zu unbefangenem Zeitpunkt in größerer Runde geäußert – den Senat nicht davon zu überzeugen, dass die Verlobten ihre bisherige Haltung, nämlich von einer Eheschließung über viele Jahre abzusehen, mit der gebotenen Entschlossenheit endgültig aufgegeben hatten. Die gilt umso mehr, als die Heirat und der mit ihr verbundene Wegfall der Witwerrente des Versicherten unter anderem angesichts der, wie sich herausstellte, fortbestehenden Arbeitslosigkeit der Klägerin zu empfindlichen wirtschaftlichen Einbußen geführt hätte.
(b)
Ungeachtet dessen stellte sich die spätere Eheschließung im Oktober nicht als konsequente Verwirklichung eines bereits vor Erlangung dieser Kenntnis bestehenden Heiratsentschlusses dar (vgl. BVerwG vom 19. Januar 2009, a.a.O.). Sie beruhte vielmehr auf einem neuen Entschluss in neuer Lage. Offenbar wollten die Klägerin und der Versicherte zunächst die anstehende Augenoperation abwarten, wie die Zeugin angegeben hat. Der später gefasste und am 7. Oktober 2003 tatsächlich umgesetzte Heiratsentschluss weicht hiervon ab, indem er geradezu entgegengesetzt auf Durchführung der Hochzeit unter widrigsten Umständen gerichtet ist ohne Rücksicht auf eine Genesung oder wenigstens Stabilisierung des Gesundheitszustands des Versicherten. Auch aus diesem Grund vermag eine Ankündigung von Heiratsplänen im Januar 2003 den Senat nicht davon zu überzeugen, dass die spätere Eheschließung nicht überwiegend Versorgungszwecken diente.
III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision im Sinne von § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor. Es handelt sich um eine Einzelfallentscheidung auf gesicherter Rechtsgrundlage, ohne dass der Senat von einer Entscheidung der in § 160 Abs. 2 Nr. 2 SGG genannten Gerichte abweicht.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Gewährung einer Witwenrente nach dem Sechsten Buch Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Rentenversicherung – (SGB VI). Die Beklagte wendet ein, dass eine sogenannte Versorgungsehe vorgelegen habe.
Die 19 geborene Klägerin ist gelernte Krankenpflegerin. Sie ist Witwe des 1944 geborenen Versicherten Manfred Drews (im Folgenden: Versicherter). Nach ihren eigenen Angaben lebte die Klägerin seit ihrer Verlobung im Jahr 1995 mit dem Versicherten zusammen. Seit dem 11. September 2002 bezog sie Arbeitslosengeld, seit dem 14. Oktober 2003 Arbeitslosenhilfe. Der Versicherte bezog aus früherer Ehe eine Witwerrente, die nach Angaben der Klägerin zuletzt ca. 230 Euro monatlich betrug. Außerdem erhielt er seit Ende März 2003 Krankengeld aus seiner letzten beschäftigungspflichtigen Beschäftigung als Busfahrer in Höhe monatlich rund 1024 Euro.
Seit dem 17. Februar 2003 war der Versicherte zunächst wegen einer anstehenden Augenoperation arbeitsunfähig erkrankt. Bei ärztlichen Untersuchungen im Vorfeld der Operation wurden beim ihm im April 2003 ein Bronchialkarzinom mit multiplen zerebralen Metastasen sowie Knochenmetastasen festgestellt. Hierüber wurde der Versicherte am 22. April 2003 im J. K. im Fläming, Treuenbrietzen (im Folgenden: J. Krankenhaus) aufgeklärt. Im gleichen Monat wurde mit einer zytostatischen Therapie (Chemotherapie) begonnen. Ein Knochenszintigramm ergab im Mai 2003 den Verdacht auf Metastasen im Bereich eines Brustwirbelkörpers und der rechten ISF. Wegen nachgewiesenen Fortschreitens der cerebralen Metastasen wurde in der Zeit vom 23. Juni bis zum 22. Juli 2003 eine symptomatische Hirnschädelbestrahlung ambulant im Klinikum E.v. B. (Potsdam) durchgeführt.
Ausweislich des ärztlichen Berichtes des J. K. vom 17. Juni 2003 an die Hausärztin des Versicherten war die aktuelle Befundsituation mit dem Versicherten und der Klägerin besprochen worden. Nach eigenen Angaben führte die Klägerin über sämtliche medizinische Maßnahmen und die ihrem Mann mitgeteilten Diagnosen "umfassend Buch".
Im Juli 2003 beantragte der Versicherte Rente wegen Erwerbsminderung sowie im Juni 2003 die Anerkennung seiner Pflegebedürftigkeit. In einem zum Rentenantrag eingeholten ärztlichen Gutachten des Sozialmedizinischen Dienstes vom 23. Oktober 2003 heißt es, der Versicherte sei durch das Krankheitsbild in seiner Leistungsfähigkeit so schwer eingeschränkt, dass ihm auch stundenweise einfache und leichte Tätigkeiten nicht mehr möglich seien. Die Prognose sei als ungünstig anzusehen. Es handele sich um einen Zustand auf Dauer. Die Rente wegen voller Erwerbsminderung wurde nachfolgend bewilligt. Ein Gutachten des MDK kam aufgrund einer Prüfung am 20. Oktober 2003 zu dem Ergebnis, dass seit August 2003 Pflegestufe III bestehe. Entsprechende Leistungen wurden bewilligt.
In der Zeit ab Juli 2003 befand sich der Kläger wiederholt zur Fortsetzung der zytostatischen Therapie in stationärer Behandlung im Johanniter Krankenhaus. Sein Allgemeinzustand war erheblich reduziert. Inzwischen waren Metastasen auch in Lunge und Nebennieren aufgetreten. Während dieser bei der jeweiligen Aufnahme in das Johanniter Krankenhaus bis Juni 2003 als gut und weitgehend symptomfrei und sein Mobilitätszustand als "mobil" bezeichnet wurde (Ergänzung zum Aufnahmebogen Klinik III), wurden ab Juli 2003 eine leichte Allgemeinerkrankung oder erhöhtes Risiko durch Begleiterkrankung sowie deutliche Mobilitätsbeeinträchtigung angegeben und zum Aufnahmedatum 28. August 2003 massive Mobilitätsbeeinträchtigungen. Er klagte über zunehmende Schmerzen im Bereich des Kopfes, über zunehmende polyneuropathische Beschwerden, eine Harn- und Stuhlinkontinenz mit Progredienz sowie zunehmenden Harnverhalt. Ausweislich des vorläufigen Entlassungsberichtes des Johanniter Krankenhauses vom 2. Oktober 2003 für den stationären Aufenthalt vom 25. September bis zum 2. Oktober 2003 wurde in Anbetracht der Gesamtsituation von der Fortsetzung der Chemotherapie Abstand genommen. Laut dem Bericht waren die Befunde und die Therapieentscheidung mit dem Versicherten und der Klägerin mehrfach ausführlich besprochen worden. Am 23. September 2003 unterzeichnete der Versicherte eine von der Klägerin handschriftlich ausgefüllte Patientenverfügung auf dem Formular eines Hospizdienstes.
Am 7. Oktober 2003 schloss die Klägerin mit dem Versicherten in ihrem Hause vor dem Standesbeamten die Ehe (Heimtrauung). Die Anmeldung zur Eheschließung war am 30. September 2003 erfolgt und die hierfür erforderlichen Unterlagen waren ausweislich der beigezogenen Akte des Standesamtes in der zweiten Hälfte des Monats September eingeholt worden. Am 15. Oktober 2003 errichteten die Klägerin und der Versicherte ein gemeinsames notarielles Testament.
Am 27. Oktober 2003 wurde der Versicherte erneut in das Johanniter Krankenhaus aufgenommen. Sein Zustand wurde im Aufnahmebogen u. a. mit bettlägerig sowie mit den Befunden Kachexie (Auszehrung, allgemeine Atrophie mit Abnahme des Körpergewichtes um mehr als 20 Prozent des Sollgewichts) sowie Stuhl- und Harninkontinez beschrieben. Zum Allgemeinzustand heißt es: "Patient mit schwerer inaktivierender Erkrankung, potentiell lebensbedrohlich". Die Angabe "moribunder Pat." wurde nicht gewählt. Am 4. November 2003 beantragte der Sozialdienst des Johanniter Krankenhauses im Einverständnis mit der Klägerin per Telefax beim zuständigen Amtsgericht eine einstweilige Anordnung zur vorläufigen Bestellung der Klägerin zur Betreuerin des Versicherten. Die einstweilige Anordnung erging am 5. November 2003. Nach Verlegung des Versicherten in eine andere Abteilung des Johanniter Krankenhauses verstarb er dort am 12. November 2003 an einer Lungenentzündung.
Am 12. Dezember 2003 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Gewährung von Witwenrente. Mit Bescheid vom 21. Januar 2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. April 2005 lehnte die Beklagte den Antrag ab. Zur Begründung verwies sie darauf, dass der Versicherte innerhalb eines Jahres nach Eheschließung verstorben sei. Bei der Eheschließung im Oktober 2003 sei davon auszugehen gewesen, dass der Versicherte in einem kürzeren Zeitraum versterben werde. Bei diesem Sachverhalt müsse eine Versorgungsehe angenommen werden.
Mit ihrer am 11. Mai 2005 beim Sozialgericht erhobenen Klage verfolgt die Klägerin den Anspruch auf Witwenrente weiter. Sie hat geltend gemacht, dass die Ehe nicht aus Versorgungsgründen geschlossen worden sei. Hierzu verweist sie auf die seit 1995 bestehende Lebenspartnerschaft. Des Weiteren führt sie an, dass die Krebserkrankung des Versicherten im April 2003 zufällig festgestellt worden sei. Der Versicherte habe die Chemotherapie gut vertragen. Es sei die Entlassung mit anschließendem Kuraufenthalt für Ende Oktober geplant gewesen. Der Versicherte sei nicht an der Krebserkrankung gestorben, sondern an einer Lungenentzündung. Diese habe er sich zugezogen, weil er im Johanniter Krankenhaus am 29. Oktober 2003 auf eine Station verlegt worden sei, in der auch an offener TBC Erkrankte gelegen hätten. Im Zeitpunkt der Eheschließung sei dies nicht vorhersehbar gewesen. Es sei eine Hochzeitsreise mit dem Versicherten in dessen Geburtsland Österreich für Dezember 2003 geplant gewesen. Die Heirat sei auch zur Pflege und Versorgung ihres Mannes erfolgt. Diese habe die Klägerin vor und nach der Eheschließung aufopferungsvoll übernommen. Mit Schriftsatz vom 3. Mai 2006 hat die Klägerin schließlich eine eidesstattliche Versicherung ihrer Nichte M. M.zu den Akten gereicht (Bl. 66 bis 67 Gerichtsakten = GA), wonach die Klägerin und der Versicherte ihr und ihrem Mann im Januar 2003 eröffnet hätten, dass sie noch im selben Jahr heiraten würden.
Demgegenüber hat die Beklagte darauf verwiesen, dass Bemühungen zur Eingehung der Ehe vor Bekanntwerden der Erkrankung nicht feststellbar seien. Das Bronchialkarzinom mit Metastasierungen in Niere, Gehirn und Knochen sei inoperabel gewesen und habe zu Taubheit beider Hände und Lähmung beider Beine geführt. Der Versicherte sei dadurch sitz-, steh- und gehunfähig gewesen. Ausweislich des Pflegegutachtens habe dieser Zustand seit August 2003 bestanden.
Mit Urteil vom 19. Oktober 2006 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, dass die gesamten Umstände der Eheschließung am 7. Oktober 2003 die Annahme gerechtfertig erscheinen ließen, dass in der Versorgung der Klägerin der überwiegende Zweck der späten Heirat gelegen habe. Das langjährige Zusammenleben ohne standesamtliche Trauung deute auf eine bewusste Entscheidung gegen die Eheschließung hin. Bemühungen für eine Eheschließung vor Bekanntwerden der Erkrankung seien nicht erkennbar. Die eidesstattlich versicherte Angabe der Nichte der Klägerin M. M., wonach bereits im Januar 2003 Heiratspläne geäußert worden seien, sei nicht glaubhaft. Das Gleiche gelte für die Einlassung der Klägerin, dass für Dezember 2003 eine Hochzeitsreise nach Österreich geplant gewesen sei. Weiterhin sei es angesichts des Gesamtzustandes des Versicherten und seines fortgeschrittenen Krebsleidens unerheblich, dass sein Tod letztlich durch eine Lungenentzündung verursacht worden sei. Auch die wirtschaftlichen Verhältnisse der Eheleute sprächen nicht gegen die Annahme einer Versorgungsehe. Die Klägerin habe zuletzt nur noch Anspruch auf Arbeitslosenhilfe gehabt. Weiter sei zu berücksichtigen, dass durch die Heirat die vom Versicherten bis dahin bezogene Witwerrente geendet und sich seine finanzielle Situation dadurch letztlich verschlechtert habe.
Gegen das der Klägerin am 21. November 2006 zugestellte Urteil wendet sich ihre am 6. Dezember 2006 beim Landessozialgericht eingegangene Berufung. Darin macht sie geltend, dass es sich nicht um eine Versorgungsehe gehandelt habe. Der Versicherte habe der Klägerin bereits 1995 das Eheversprechen gegeben. Die Heirat sei aus einem persönlichen Motiv für das 60. Lebensjahr des Versicherten geplant gewesen. Dauer und Intensität der Lebenspartnerschaft sprächen ebenfalls gegen eine Versorgungsehe. Zum Zeitpunkt der Eheschließung sei mit dem plötzlich auftretenden Tod des Versicherten nicht zu rechnen gewesen. Dieser sei wesentlich auf die Verlegung des Versicherten in eine Abteilung des Johanniter Krankenhauses zurückzuführen, in der an offener TBC leidende Patienten gelegen hätten. Die Heirat sei zur Sicherung der erforderlichen Betreuung und Pflege des darauf angewiesenen Versicherten erfolgt. Die Heimtrauung im Hause der Klägerin sei darin begründet, dass der Versicherte zu diesem Zeitpunkt aufgrund der Chemotherapie keine Haare mehr hatte und die Öffentlichkeit meiden wollte. Der Heiratstermin sei auch nicht sogleich nach Bekanntwerden der Erkrankung festgesetzt worden; hierauf hätte sie sich mit dem Versicherten im August 2003 verständigt, nachdem die Ärzte gegenüber der Klägerin und ihrer Nichte M.M. eine positive Zukunftsprognose gegeben hätten. Entsprechend sei auch die Hochzeitsreise für Ende 2003 geplant worden.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Dessau vom 19. Oktober 2006 – S 9 KN 36/05 – aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheides vom 21. Januar 2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. April 2005 zu verurteilen, ihr Witwenrente zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Zur Begründung nimmt sie auf ihr Vorbringen in erster Instanz sowie die Entscheidungsgründe des angegriffenen Urteils Bezug.
Der Senat hat die Patientenakten über den Versicherten vom J. Krankenhaus sowie vom Klinikum E. v. B. (P.), ferner die Standesamtsakten über die Trauung der Klägerin und des Versicherten sowie die Akten des Vormundschaftsgerichtes (Amtsgericht Belzig) über die Bestellung der Klägerin zur vorläufigen Betreuerin beigezogen. Auf den Inhalt der beigezogenen Akten wird Bezug genommen. Schließlich hat der Senat die Klägerin in der mündlichen Verhandlung angehört sowie die Zeugin M. vernommen; auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung am 24. Juni 2009 wird verwiesen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Gerichts- und Verwaltungsverfahrens sowie des Vorbringens der Beteiligten und der Ergebnisse der Beweisaufnahme wird auf den Inhalten der Akten und Beiakten Bezug genommen. Die Verwaltungsakte der Beklagten lag vor und war Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Entscheidungsgründe:
I.
Die Berufung ist zulässig, da sie gemäß §§ 143, 144 Abs. 1 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaft sowie gemäß § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegt worden ist.
II.
Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die begehrte große Witwenrente aus der Versicherung ihres verstorbenen Ehemannes. Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 21. Januar 2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. April 2005 verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 54 Abs. 2 SSG i.V.m. § 157 SGG). Wie das Sozialgericht zutreffend erkannt hat, scheitert der Anspruch daran, dass die Klägerin die gesetzliche Vermutung einer so genannten Versorgungsehe nicht widerlegen konnte.
Nach § 46 Abs. 2 Satz 1 SGB VI haben Witwen, die nicht wieder geheiratet haben, nach dem Tod des versicherten Ehegatten, der die allgemeine Wartezeit erfüllt hat, unter anderem dann Anspruch auf große Witwenrente, wenn sie das 45. Lebensjahr vollendet haben. Diese Voraussetzungen sind, worüber zwischen den Beteiligten kein Streit besteht, im vorliegenden Fall erfüllt.
Gemäß § 46 Abs. 2a SGB VI besteht der Anspruch jedoch nicht, wenn die Ehe nicht mindestens ein Jahr gedauert hat, es sei denn, dass nach den besonderen Umständen des Falles die Annahme nicht gerechtfertigt ist, dass es der alleinige oder überwiegende Zweck der Heirat war, einen Anspruch auf Hinterbliebenenversorgung zu begründen. Die Eheschließung erfolgte am 7. Oktober 2003; der Versicherte verstarb etwa fünf Wochen später am 12. November 2003. Die Ehe der Klägerin hatte damit zum Zeitpunkt des Todes des Versicherten noch nicht mindestens ein Jahr gedauert.
Tatsachen dafür, dass nach den besonderen Umständen des Falles die Annahme nicht gerechtfertigt ist, dass es der alleinige oder überwiegende Zweck der Heirat war, einen Anspruch auf Hinterbliebenenversorgung zu begründen (§ 46 Abs. 2a SGB VI), konnten nicht festgestellt werden.
1.
Der mit Wirkung vom 1. Januar 2002 eingeführte § 46 Abs. 2a SGB VI (Gesetz vom 21. März 2001, BGBl. I, S. 403) korrespondiert mit entsprechenden Bestimmungen im Bereich der gesetzlichen Unfallversicherung (§ 65 Abs. 6 SGB VII), der Kriegsopferversorgung (§ 38 Abs. 2 BVG) sowie den Vorschriften über die Beamtenversorgung (§ 19 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BeamtVG). Danach soll ein Anspruch auf Witwenrente bei einer Versorgungsehe ausgeschlossen sein, wenn zumindest überwiegendes Ziel der Eheschließung die Erlangung einer Versorgung ist. Dabei wird unterstellt, dass dies regelmäßig der Fall ist, wenn ein Ehegatte innerhalb eines Jahres nach Eheschließung verstirbt (BT-Drucksache 14/4595, S. 44). Die Hinterbliebenenversorgung soll somit nicht nur im Falle einer Scheinehe und bei quasi fremden Personen ausgeschlossen sein, sondern auch bei denjenigen Lebenspartnern, die sich trotz jahrelangen eheähnlichen Zusammenlebens bewusst gegen eine staatliche Trauung entschieden hatten, wenn die spätere Eheschließung allein oder überwiegend zum Zwecke der Versorgung des hinterbliebenen Ehepartners erfolgt. Die Anknüpfung von Rechtsfolgen an bestimmte Fristen oder Stichtage verstößt dabei nicht gegen das Willkürverbot und begegnet keinen rechtlichen Bedenken (BSG vom 5. Mai 2009 – B 13 R 53/08 R).
Die Widerlegung der gesetzlichen Vermutung erfordert nach § 202 SGG, § 292 Zivilprozessordnung (ZPO) den vollen Beweis des Gegenteils. Die besonderen Umstände, welche die gesetzliche Vermutung widerlegen sollen, sind anhand objektiver Erkenntnismöglichkeiten in einer typisierenden Betrachtungsweise zu ermitteln. Sie unterliegen den Anforderungen des Vollbeweises und müssen daher mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit vorliegen. Die objektive Beweislast für das Vorliegen von Anhaltspunkten gegen die Annahme, dass es alleiniger oder überwiegender Zweck der Heirat war, einen Anspruch auf Hinterbliebenenversorgung zu begründen, liegt bei der Klägerin (BSG vom 3. September 1986 – 9aRV 8/84 BSGE 60, 204 (206); KassKomm/Gürtner § 46 SGB VI Rz. 46b). Damit reichen bloße Hinweise auf etwaige andere Motive für die Heirat nicht aus, um die gesetzliche Vermutung zu widerlegen. Nach der Vorstellung des Gesetzgebers müssen besondere Umstände wie etwa z. B. ein Unfalltod vorliegen (BT-Drucksache 14/4595, S. 44). Weitere bei typisierender Betrachtung gegen eine Versorgungsehe sprechende Umstände des Einzelfalls können in der Existenz gemeinsamer Kinder liegen, wenn die weitere Erziehung eines Kindes des Versicherten durch den überlebenden Ehegatten gesichert werden soll; ferner in der Legitimation einer nach deutschem Recht ungültigen früheren Eheschließung, in einem bereits vor der Erkrankung fest vereinbarten und aufgrund unabweisbarer schwerwiegender Umstände verschobenen ersten Hochzeittermin, wenn der ursprünglich geplante Hochzeitstermin länger als ein Jahr vor dem Tod des Versicherten gelegen hätte (vgl. GK–SGB VI/Butzer § 46 Rz. 114; Schulz, Der Kompass 2002, 11 f.) oder in der Heirat zum Zwecke der Sicherstellung der Pflege des auf fremde Hilfe angewiesenen Ehepartners, wenn sein Ableben nach den gesundheitlichen Verhältnissen zur Zeit der Eheschließung nicht in absehbarer Zeit zu erwarten war (vgl. GK–SGB VI/Butzer § 46 Rz. 114, KassKomm/Gürtner § 46 SGB VI Rz. 46c). Abzustellen ist insoweit grundsätzlich auf die Motive nicht nur eines, sondern beider Ehegatten (BSG vom 3. September 1986, aaO). Es genügt, wenn bei einem von ihnen das Versorgungsmotiv zurücktritt.
2.
Unter Anlegung dieser Maßstäbe ist zur Überzeugung des Senats bei Berücksichtigung des gesamten Inhalts der mündlichen Verhandlung die gesetzliche Vermutung im vorliegenden Falle nicht widerlegt worden. Dies gilt für die Motivlage beider Ehegatten.
a.
Entgegen der Auffassung der Klägerin liegt zunächst in der Intensität und Dauer ihrer Lebenspartnerschaft mit dem Versicherten kein besonderer Umstand des Falles im Sinne von § 46 Abs. 2a SGB VI, wonach die Annahme einer Versorungsehe nicht gerechtfertigt wäre. Der Senat hat keinen Zweifel in Bezug auf die Dauer und Intensität der Beziehung der Eheleute vor ihrer Eheschließung. Sie kommt auch in der von der Klägerin geschilderten aufopferungsvollen Hilfe und Pflege des Versicherten durch sie zum Ausdruck. Wie aber bereits oben unter Ziff. 1 ausgeführt, kommt es darauf nicht an. Als so genannte Versorgungsehe hat § 46 Abs. 2a SGB VI nicht nur die Scheinehe im Blick. Vielmehr sollen auch diejenigen – durchaus langjährig und in Liebe verbundenen – Lebenspartner, die sich zunächst gegen eine staatliche Trauung entschieden haben, von der Hinterbliebenenversorgung ausgeschlossen sein, deren spätere Eheschließung dann doch überwiegend aus Versorgungsgründen erfolgt. Auch sie müssen daher die gesetzliche Vermutung des Versorgungszwecks ihrer Heirat widerlegen, wenn die Ehe bis zum Tode des versicherten Ehepartners nicht mindestens ein Jahr gedauert hat.
b.
Der Senat konnte sich sodann im vorliegenden Fall nicht davon überzeugen, dass die Heirat der Klägerin am 7. Oktober 2003, wie von ihr geltend gemacht, vorwiegend zur Sicherung einer längerfristig erforderlichen Pflege und Betreuung des Versicherten erfolgte. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts ist die Rechtsvermutung der Versorgungsehe in der Regel widerlegt, wenn ein Beschädigter im Sinne des Bundesversorgungsgesetzes heiratet, der auf Pflege ständig angewiesen ist (BSG vom 3. September 1986 – 9 a RV 8/84, BSGE 60, 204). Diese Rechtsprechung wird grundsätzlich auf pflegebedürftige Versicherte übertragbar sein (KassKomm/Gürtner, § 46 SGB VI Rz. 46c). Zusätzlich setzt die Widerlegung der Vermutung voraus, dass das Ableben des Pflegebedürftigen bei Eheschließung auf absehbare Zeit nicht zu erwarten war (BSG aaO). Die vorgenannten Voraussetzungen sind im Streitfall zu Überzeugung des Senats unter Berücksichtigung aller Umstände nicht erfüllt.
aa.
Für den Heiratszweck der rechtlichen Sicherstellung von Pflege und Betreuung des Versicherten spricht zunächst nicht, dass ein anderes Heiratsmotiv sonst nicht ersichtlich wäre. Die wirtschaftliche Absicherung der Klägerin nach dem Tode des Versicherten war angesichts dessen lebensbedrohlicher Erkrankung durchaus ein denkbares Motiv.
Die Klägerin war für den Fall des Ablebens des Versicherten wirtschaftlich nicht abgesichert. Bis zum 6. Oktober 2003 - d.h. bis unmittelbar vor ihrer Eheschließung - hatte sie Anspruch auf Arbeitslosengeld i.H.v. wöchentlich 143,78 EUR (Bl. 42 GA). Danach bestand lediglich noch Anspruch auf Arbeitslosenhilfe i.H.v. 41,93 EUR. Unabhängig von der Eheschließung wurde hierbei das Einkommen des Versicherten angerechnet. In dieser Lage wurde eine Heirat wirtschaftlich sinnvoll, nachdem der Versicherte lebensbedrohlich erkrankte. Die Klägerin erhielt dadurch ihrerseits die Aussicht auf Witwenrente. Der Versicherte erlangte zudem für die eigene Witwerrente, die wegzufallen drohte, gem. § 107 SGB VI eine Abfindung in Höhe des 24-fachen Monatsbetrages.
Bei zu erwartendem längeren Zusammenleben und längerer Pflegezeit hätte eine Heirat dagegen wegen des damit verbundenen Verlustes der Witwerrente des Versicherten in Höhe von ca. 230 EUR monatlich finanziell keinen Sinn gemacht, sondern zu empfindlichen Einbußen geführt. Die wirtschaftliche Ausgangslage der Verlobten war sehr beengt. Aus Krankengeld bzw. Erwerbsminderungsrente des Versicherten sowie Arbeitslosenhilfe der Klägerin verblieben ihnen Einkünfte i.H.v. knapp 1200 EUR monatlich (eventuell zzgl. Pflegegeld).
Ein materieller Sicherungsbedarf entfiel nicht etwa deshalb, weil die Klägerin, wie die Zeugin Mühlbach in ihrer eidesstattlichen Versicherung angab, Eigentümerin ihres Wohnhauses war. Selbst wenn es sich dabei, was offen bleibt, um unbelastetes Grundeigentum der Klägerin handeln sollte, stellt seine wirtschaftliche Verwertung allein zum Bestreiten des Lebensunterhaltes keine beruhigende Alternative dar, zumal der Erlös auf die Arbeitslosenhilfe angerechnet worden wäre. Damit steht in Einklang, dass die Klägerin in ihrem Antrag auf Witwenrente vom 12. Dezember 2003 gerade wegen ihrer prekären finanziellen Lage auf eine baldige Klärung des Anspruchs drängte.
Dabei ist ausdrücklich anzumerken, dass eine etwaige Versorgungsabsicht bei der Eheschließung gerade nicht positiv festgestellt werden muss und hier auch nur als denkbares Alternativmotiv für die Eheschließung festgestellt wird. Auch ist darauf hinzuweisen, dass der Versorgungszweck für eine Eheschließung in keiner Weise ehrenrührig ist, vielmehr einem der wesentlichen Zwecke der gesetzlichen Eheschließung entspricht. Dennoch führt er nach Maßgabe des § 46 Abs. 2a SGB VI als überwiegendes Motiv zum Ausschluss der Hinterbliebenenrente. Dies steht mit dem Grundgesetz in Einklang (BSG vom 5. Mai 2009 – B 13 R 53/08 R).
bb
. Gegen den Zweck der Eheschließung zur rechtlichen Absicherung von Pflege und Betreuung des Versicherten für eine zu erwartende längere Dauer spricht sodann, dass mit dem Ableben des Versicherten in absehbarer Zeit gerechnet werden musste. Dies gilt sowohl im Zeitpunkt der Terminsbestimmung für die Hochzeit (nach eher unspezifizierten Angaben der Klägerin im August 2003 geplant, nach der standesamtlichen Anmeldung am 30. September 2003) als auch im Zeitpunkt der Eheschließung am 7. Oktober 2003. Das dramatische Fortschreiten der Krankheit war zu den genannten Zeitpunkten bereits zutage getreten und lässt den Gedanken an eine durch die Eheschließung abzusichernde zu erwartende längere Zeit der Betreuung und Pflege in dieser Phase eher fernliegend erscheinen. Dies belegt der tatsächliche Krankheitsverlauf, wie er sich aus den beigezogenen Akten darstellt.
Am 4. April 2003 waren durch ein CT in beiden Lungen multiple kleine Herdsetzungen nachgewiesen worden. Der Verdacht auf ein Bronchialkarzinom erhärtete sich. Eine beginnende Lymphknotenmetastasierung war nicht auszuschließen. Am 22. April 2003 hatte sich der Verdacht bestätigt. Der Versicherte wurde über seine Erkrankung aufgeklärt. Zu diesem Zeitpunkt bestand damit bereits Kenntnis von der lebensbedrohlichen Erkrankung. Die zytostatische Behandlung (Chemotherapie) begann noch im selben Monat. Die eingeleitete Behandlung konnte aber die progrediente Entwicklung diverser Metastasen nicht verhindern. Am 10. Juni 2003 wurde wegen erheblicher Schmerzen des Versicherten ein zweites CT des Kopfes durchgeführt und dabei mindestens zwei Hirnmetastasen diagnostiziert (Bl. 19 Gutachtenheft). Im selben Monat wurden beim Versicherten multiple Knochenmetastasen festgestellt. Die aktuelle Befundsituation wurde mit der Klägerin und dem Versicherten besprochen (vgl. Entlassungsbericht Johanniter Krankenhaus vom 17. Juni 2003).
Die laufende Verschlechterung fand sichtbaren Ausdruck darin, dass der Versicherte im Gegensatz zu früheren Aufnahmedaten am 31. Juli 2003 erstmals im Zustand einer deutlichen Mobilitätsbeeinträchtigung und sodann am 28. August 2003 im Zustand einer massiven Mobilitätsbeeinträchtigung in das Johanniter Krankenhaus aufgenommen wurde (vgl. die jeweiligen Aufnahmebögen in der Patientenakte). Das Pflegegutachten des MDK vom 21. Oktober 2003 hat demgemäß für den Versicherten bereits seit August 2003 die Pflegestufe III anerkannt, da alle Maßnahmen des täglichen Lebens einschließlich der hauswirtschaftlichen Versorgung vollständig personell übernommen werden müssten.
Bereits Anfang September lagen neben dem Bronchialkarzinom jeweils mehrere Metastasen im Gehirn, Lunge, Nebennieren, multiple Knochenmetastasen und eine lymphogene Metastasierung rechts zwischen Pankreas und Vena cava sowie im perirenalen Fettgewebe links vor (vgl. den vorläufigen Entlassungsbericht des Johanniter Krankenhauses vom 4. September 2003). Am 27. September 2003 wurde bei dem Versicherten ein "fußballgroßer" Tumor im Unterbauch festgestellt (vgl. Eintrag in der ärztlichen Dokumentation am 26. und 27. September 2003).
Bei diesem Bild lag sowohl im August 2003 als auch vor der Anmeldung beim Standesamt am 30. September 2003 offensichtlich eine konkret lebensbedrohliche Erkrankung vor, über die der Versicherte und die Klägerin laufend unterrichtet waren. Der dramatische Krankheitsverlauf ließ zu den genannten Zeitpunkten eine Phase längerer Pflege und Betreuung nicht erwarten. In dieser Zeit stand jedenfalls das zu befürchtende Ableben des Versicherten gegenüber einem dauerhaften Bedarf an Pflege deutlich im Vordergrund.
Wie lebensbedrohlich der Gesundheitszustand des Versicherten war, zeigt zudem die unmittelbare Entwicklung. Mangels Heilungschancen wurde die weitere Chemotherapie des Krebsleidens am 2. Oktober 2003 und damit wenige Tage vor der Eheschließung aufgegeben. Seine Wiederaufnahme in das J. K. am 27. Oktober 2003 erfolgte bettlägerig im Zustand der Kachexie bei Stuhl- und Harninkontinenz und mit einer schweren inaktivierenden Erkrankung potentiell lebensbedrohlicher Art (vgl. die Ergänzung zum Aufnahmebogen vom 27. Oktober 2003 in der Patientenakte des Versicherten). Dass der Versicherte bei seiner Aufnahme nicht als "moribunder Patient", also als Sterbender, bezeichnet wurde, rechtfertigt angesichts aller Umstände nicht die Annahme, dass sein Ableben in absehbarer Zeit nicht zu erwarten gewesen wäre. Tatsächlich verstarb der Kläger nur wenige Tage nach der Wiederaufnahme und damit ca. fünf Wochen nach der Eheschließung. Zuvor war am 4. November 2003 per Fax die Bestellung der Klägerin zur vorläufigen Betreuerin im Wege einer einstweiligen Anordnung beantragt und erwirkt worden.
Der Umstand, dass der Tod unmittelbar auf eine Lungenentzündung und damit nicht auf das Krebsleiden zurückzuführen ist, spricht nicht gegen die ungünstige Prognose. Angesichts des angegriffenen Allgemeinzustandes des Versicherten, der auf seine Krebserkrankung zurückzuführen war, ist eine ansonsten durchaus harmlose Infektion als Todesursache nicht untypisch und stellt keinen neuen und überraschenden Krankheitsverlauf dar. Demgemäß hat die Klägerin selbst in ihrem Antrag auf Hinterbliebenenrente unter Punkt 11.6 als Todesursache "Lungenkarzinom" angegeben (vgl. Blatt 76 R der Verwaltungsakte). Ob sich der Versicherte, wie die Klägerin geltend macht, die zu seinem Tode führende Lungenentzündung durch Ansteckung bei einem an offener TBC Erkrankten oder auf sonstige Weise zugezogen hat, was angesichts seines schlechten Allgemeinzustandes nicht untypisch wäre, kann nicht aufgeklärt werden und im Übrigen dahinstehen. Es könnte in Anbetracht aller Umstände nicht zu der Feststellung führen, dass bei Eheschließung ein Ableben des Versicherten in absehbarer Zeit nicht zu erwarten war.
cc)
Auch die weiteren Umstände sprechen eher dagegen, dass das Motiv der Eheschließung in der Sicherstellung der Pflege des Versicherten lag.
So ist zunächst die Absicht der Klägerin oder ihres verstorbenen Ehemannes, die Ehe gerade zu dem Zweck der rechtlichen Sicherstellung einer auf nicht absehbare Dauer erforderlichen Pflege und Betreuung des Versicherten einzugehen, zu dessen Lebzeiten an keiner Stelle zum Ausdruck gekommen. Der Gesichtspunkt wurde von der Klägerin auch weder in ihrem Rentenantrag vom 12. Dezember 2003 noch in ihrem Widerspruch vom 24. Januar 2004 erwähnt. Erstmals ihre damalige Verfahrensbevollmächtigte hat ihn im Schriftsatz vom 9. Juli 2004 – abstrakt und ohne Unterfütterung mit konkretem Lebenssachverhalt – unter Hinweis auf die Entscheidung des Bundessozialgerichts vom 3. September 1986 (aaO) in das Verfahren eingeführt.
Gegen eine Eheschließung zur Sicherstellung der Pflege spricht ferner gerade der Zeitpunkt der Terminsbestimmung für die Hochzeit und ihre Durchführung unter den gegebenen, einer Hochzeit eher unzuträglichen Umständen nach Art einer "Nottrauung". Sonst hätte es nahegelegen, für die Heirat eine stabilere Gesundheitslage des Versicherten oder insbesondere wenigstens die planmäßige Beendigung der Chemotherapie abzuwarten. Nach den standesamtlichen Unterlagen haben die Verlobten eine Heimtrauung gewählt, weil der Versicherte aufgrund seiner Erkrankung das Standesamt nicht mehr aufsuchen konnte (so der Vermerk in dem Vordruck "Anleitung für das Vorgehen bei einer Eheschließung bei lebensgefährlicher Erkrankung eines Verlobten" in der Akte des Standesamts; Stellungnahme der Standesbeamten gegenüber dem Senat vom 22. April 2008 Bl. 172 Gerichtsakte). Der Einlassung der Klägerin, dass die Heimtrauung allein wegen des Haarausfalles des Versicherten aufgrund der Chemotherapie gewählt worden sei, kann nicht gefolgt werden. Sie steht nicht nur im Gegensatz zu den angeführten medizinischen Befunden über seinen Gesundheitszustand in diesem Zeitraum (fehlende Mobilität, Absetzen der Chemotherapie wegen Aussichtslosigkeit, fußballgroßer Tumor im Unterleib etc.), sondern auch zur eigenen Äußerung der Klägerin in ihrer Anhörung vor dem Senat; danach kam der Versicherte am 3. Oktober 2003, nachdem er aus dem Bett gefallen war, nicht mehr aus eigener Kraft hoch und musste durstend am Boden liegen bleiben. Auch die Zeugin Mühlbach bestätigte, dass der Versicherte nicht mehr zu Fuß zum Standesamt hätte gelangen können.
Dass die Klägerin und der Versicherte den Ernst der Lage erkannt hatten und mit dem Ableben des Versicherten rechneten, wird ferner daran deutlich, dass sie bereits unter dem 23. September 2003 und damit zwei Wochen vor Eheschließung eine Patientenverfügung für den Kläger unterzeichneten und am 15. Oktober 2003 vor dem Notar ein gegenseitiges eheliches Testament errichteten. Schließlich waren die Klägerin und der Versicherte, worauf bereits mehrfach hingewiesen wurde, über den Krankheitsverlauf stets eingehend und ausführlich unterrichtet worden. Als gelernte Krankenschwester war die Klägerin intellektuell ohne Weiteres in der Lage, die ärztlichen Informationen und ihre Bedeutung zu verstehen.
Angesichts der gesamten geschilderten Umstände bestehen auch erhebliche Zweifel an der Behauptung der Klägerin, dass der Chefarzt Dr. F. im J.K. bei Aufnahme des Versicherten am 27. Oktober 2003 wenige Tage vor dessen Tod versichert habe, dass die Prognose günstig sei und der Versicherte sich alsbald einer Kurmaßnahme unterziehen könne. Dies steht in diametralem Gegensatz zu sämtlichen ärztlichen Unterlagen aus dieser Zeit. Insbesondere findet sich in den Patientenunterlagen des J. K. kein Hinweis für eine solche Einschätzung. Die Frage kann aber letztlich dahin stehen, da eine etwaige positive Äußerung des Dr. Frank am 27. Oktober 2003 unter Berücksichtigung der gesamten Umstände nicht zu der Feststellung führen könnte, dass im Zeitpunkt der Eheschließung am 7. Oktober 2003 mit dem baldigen Ableben des Versicherten nicht zu rechnen war. Das Gleiche gilt für die von der Klägerin in ihren Aufzeichnungen geschilderte Besserung des Allgemeinzustandes des Versicherten in den Tagen vom 30. Oktober bis zum 7. November 2003. Diese mag zudem auf die von der Klägerin gewünschte Absetzung der Medikamente zurückzuführen sein, die vorübergehend zu einem klareren Bewusstseinszustand bei dem wenige Tage später verstorbenen Versicherten geführt haben mag. Für eine nachhaltige Besserung oder Heilung seines Zustandes spricht das nicht. Der von der Klägerin angeführte Plan, im Dezember 2003 eine Hochzeitsreise nach Österreich zur Schwester des Versicherten zu unternehmen, ist nicht durch belastbare Details unterlegt und steht im Übrigen in striktem Gegensatz zur objektiven Gesundheitslage des Versicherten.
c.
Ein Entschluss zur Eheschließung bereits im Januar 2003 und damit vor Bekanntwerden der lebensbedrohlichen Erkrankung des Versicherten, wie ihn die Klägerin behauptet, widerlegt schließlich unter Berücksichtigung aller Umstände nicht die gesetzliche Vermutung einer Versorgungsehe.
aa.
Der Senat ist nicht davon überzeugt, dass tatsächlich ein solcher Entschluss zu diesem Zeitpunkt gefasst wurde. Zwar haben sowohl die Klägerin in ihrer Anhörung als auch ihre Nichte, die Zeugin Mühlbach, in ihrer eidesstattlichen Versicherung vom 24. April 2006 sowie in ihrer Vernehmung in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat angegeben, dass die späteren Eheleute ihre Heiratsabsicht anlässlich des Geburtstages des Ehemannes der Zeugin im Januar 2003 bekundet hätten. Dagegen spricht jedoch eine Reihe von Gesichtspunkten.
So ist zunächst unverständlich, dass diese Einlassung von der Klägerin erstmals mit Schriftsatz vom 3. Mai 2006 in das Verfahren eingeführt wurde, nachdem die Beteiligten bereits seit mehr als zwei Jahren gerade über die Frage gestritten hatten, ob der Heiratsentschluss überwiegend auf Versorgungsmotiven beruht hatte. Hätte es sich tatsächlich wie behauptet zugetragen, hätte die Klägerin diesen Sachverhalt vernünftigerweise sofort angeführt. Dass er für den Ausgang des Rechtsstreits bedeutsam sein konnte, war auf den ersten Blick erkennbar. Die Erklärung der Klägerin in ihrer Anhörung vor dem Senat, dass sie nicht danach gefragt worden sei, überzeugt nicht.
Auffällig ist weiter, dass sich die Klägerin selbst schriftsätzlich überhaupt nicht zu der angeblichen Ankündigung ihrer Heiratspläne auf der Geburtstagsfeier im Januar 2003 und den näheren Umständen geäußert, sondern lediglich ohne eigene Sachdarstellung die eidesstattliche Versicherung ihrer Nichte M. zu den Akten gereicht hat. Nachdem das Sozialgericht die Angaben der Zeugin M. als unglaubhaft bewertet hatte (ohne die Zeugin zu vernehmen), ist die Klägerin im zweiten Rechtszug auf den Sachvortrag inhaltlich nicht mehr zurückgekommen, obwohl eine Reihe von Verwandten und Bekannten zugegen gewesen sein sollen, wie sie in der Anhörung vor dem Senat angab. Stattdessen hat sie zu dem Zeitpunkt der konkreten Terminsbestimmung für die Hochzeit im August 2003 und der damals bestehenden Gesundheitslage des Versicherten vorgetragen.
Ferner stehen die Angaben der Zeugin M. in ihrer eidesstattlichen Versicherung inhaltlich nicht im Einklang mit der Einlassung der Klägerin im Rechtsstreit, wie das Sozialgericht bereits erkannt hat. Während die Zeugin in ihrer eidesstattlichen Versicherung angibt, dass die (nicht näher konkretisierte) Hochzeit (wegen der Krankheit des Versicherten) "erst mal verschoben" wurde, trug die Klägerin in der mündlichen Verhandlung erster Instanz vor, dass die Hochzeit habe vorgezogen werden müssen. In ihrer Vernehmung vor dem Senat hat die Zeugin M. zwar bestätigt, dass auf der Geburtstagsfeier ihres Mannes eine Hochzeit angekündigt worden sei. Doch ergaben sich auch in Bezug auf die Einzelheiten der Ankündigung einige Widersprüche. So gab die Klägerin an, dass der Versicherte – zu ihrer eigenen Überraschung – aufgestanden sei und ihre Heirat angekündigt hätte, und zwar zu Beginn der Feier. Demgegenüber sprach die Zeugin von einer gemeinsamen Äußerung der Verlobten, die im Laufe des Abends gemacht worden sei; es sei nicht die Art des Versicherten gewesen, aufzustehen, ans Glas zu klopfen und die Hochzeit zu verkünden. Auch in Anbetracht des langen Zeitabstands erwecken diese Widersprüche Zweifel an dem Geschilderten.
Sodann lässt sich eine überzeugende Erklärung für den Zeitpunkt des Entschlusses zur Eheschließung gerade im Januar 2003 nach über siebenjährigem Zusammenleben ohne Trauschein nicht erkennen. Die Einlassung der Klägerin, nach jeweiligen vorausgegangenen Schicksalsschlägen der Eheleute habe man sich im Jahre 1995 zunächst mit dem gegenseitigen Eheversprechen begnügt, um die Liebe ohne Zwang wachsen und reifen zu lassen, erklärt nicht, warum dann im Januar 2003 doch Heiratsabsichten konkret gefasst worden sein sollen. Dass der Versicherte aus persönlichen Gründen erst "im sechzigsten Lebensjahr" habe heiraten wollen, also im Alter von 59 Jahren, überzeugt nicht. Die Klägerin hat in ihrer Anhörung vor dem Senat diesen Vortrag ihrer vormaligen Prozessbevollmächtigten demgemäß auch als unzutreffend bezeichnet. Auch die von der Klägerin in der Anhörung vor dem Senat gegebene Erläuterung, dass die Tochter des Versicherten aus erster Ehe einer durchaus ins Auge gefassten Wiederheirat ihres Vaters "gegengesteuert" habe, erscheint nicht plausibel. Sie steht einerseits der von der Klägerin behaupteten gemeinsamen Haltung der späteren Eheleute entgegen, die Liebe gerade ohne Zwang wachsen und reifen zu lassen. Andererseits erklärt es nicht, warum dann im Januar 2003 dieses Hindernis für eine Eheschließung nicht mehr bestanden haben sollte. Zu diesem Zeitpunkt war die Tochter des Versicherten im Übrigen nach den Angaben der Klägerin in ihrer Anhörung bereits ca. 23 Jahre alt, seit ca. sieben Jahren aus dem Haus und hatte seit mehreren Jahren kein Kontakt mehr zu ihrem Vater.
Schließlich spricht auch hier die wirtschaftliche Lage der Klägerin und des Versicherten eher gegen die Ankündigung von Heiratsplänen im Januar 2003, auch wenn die Klägerin angibt, dass dies "keine Rolle gespielt" habe. Bereits oben (unter II. 2. b. aa) wurde darauf hingewiesen, dass eine Wiederheirat das (ohnehin geringe) gemeinsame Einkommen der Klägerin und des Versicherten nochmals empfindlich geschmälert hätte. Unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten machte daher eine Eheschließung erst nach Kenntnis von der lebensbedrohlichen Erkrankung des Versicherten Sinn.
bb.
Unabhängig davon ist die Vermutung einer Versorgungsehe selbst dann nicht widerlegt, wenn entgegen dem Vorstehenden auf der Geburtstagsfeier im Januar 2003 eine "Hochzeit noch in diesem Jahr" tatsächlich angekündigt worden sein sollte. Eine solche Ankündigung im Januar 2003 stünde bei Berücksichtigung aller Umstände der Annahme nicht entgegen, dass die Eheschließung am 7. Oktober 2003 allein oder überwiegend die Hinterbliebenenversorgung bezweckte.
(1)
Allerdings wird, wie oben dargelegt, vertreten, dass ein bereits vor der Erkrankung fest vereinbarter und aufgrund unabweisbarer schwerwiegender Umstände verschobener erster Hochzeittermin ein Umstand sei, der typisierend gegen eine Versorgungsehe spreche, wenn der ursprünglich geplante Hochzeitstermin länger als ein Jahr vor dem Tod des Versicherten gelegen hätte (vgl. GK–SGB VI/Butzer § 46 Rz. 114, Schulz, Der Kompass 2002, 11 f.; siehe allerdings BVerwG vom 19. Januar 2009 – 2 B 14/08, Juris; Kreikebohm, Beck-online Kommentar § 46 SGBVI Rz. 25).
Ob dieser Auffassung zu folgen ist, kann dahinstehen, denn ein solcher Fall liegt nicht vor. Es wurde kein Hochzeitstermin vor der Erkrankung fest vereinbart, sondern im Januar 2003 lediglich eine "Hochzeit noch in diesem Jahr" angekündigt; zudem war der Versicherte, worauf es allerdings nicht mehr entscheidend ankommt, zu diesem Zeitpunkt bereits höchstwahrscheinlich erkrankt. Schließlich lag nicht einmal die Ankündigung dieser Hochzeit länger als ein Jahr vor dem Tod des Versicherten.
(2)
Auch sonst bildet im vorliegenden Fall eine Hochzeitsankündigung im Januar 2003 keinen Umstand, der mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit die gesetzliche Vermutung einer Versorgungsehe widerlegt. Allerdings könnte die Unkenntnis von einer lebensbedrohlichen Erkrankung im Zeitpunkt des Heiratsentschlusses im Einzelfall die gesetzliche Vermutung einer Versorgungsehe ausschließen, wenn sich die spätere Eheschließung als konsequente Verwirklichung des Entschlusses darstellt (vgl. BVerwG vom 19. Januar 2009 – 2 B 14/08, Juris zu § 19 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 Beamtenversorgungsgesetz - BeamtVG). Ein solcher Fall ist hier nicht gegeben. Für die Widerlegung der gesetzlichen Vermutung erscheint weder der Hochzeitsentschluss ausreichend bestimmt (dazu (a)) noch stellt die spätere Heirat dessen konsequente Verwirklichung dar (dazu (b)).
(a)
Der (hier unterstellte) Hochzeitsentschluss im Januar 2003 erscheint unter den gegebenen Umständen nicht ausreichend bestimmt.
Ein Eheversprechen bestand nach Angaben der Klägerin zuvor bereits seit über sieben Jahren (Verlobung 1995). Man hatte "immer schon wieder an Heirat gedacht", wie die Klägerin in ihrer Anhörung vor dem Senat angab. Derart unbestimmte Absichtserklärungen und Überlegungen können angesichts der langen Verlobungszeit sowie in Anbetracht der wirtschaftlichen Folgen der Eheschließung (vgl. oben unter Ziff. II. 2. b. aa) nicht als konkrete Heiratsabsicht angesehen werden.
Vor diesem Hintergrund stellt auch die angekündigte "Hochzeit noch in diesem Jahr" ohne nähere Konkretisierung eine zeitlich zu unbestimmte Absichtserklärung dar. Die Umsetzung der Ankündigung hat in der Folgezeit keinerlei Gestalt angenommen, bevor die lebensbedrohliche Erkrankung bekannt wurde. Die bloße undatierte Ankündigung brauchte nicht einmal nach außen revidiert zu werden, wenn die Verlobten es sich anders überlegt hätten. Der in Aussicht genommene Zeitraum "noch in diesem Jahr" und damit von gut elf Monaten lässt sich auch nur zu einem geringen Teil mit der anstehenden Augenoperation des Versicherten erklären (Grauer Star). Ein Eingriff, der bei der Festlegung des Hochzeitstermins zur Angabe eines so langen und unbestimmten Zeitraums zwang, lag darin nicht. Angesichts dieser Umstände vermag eine Absichtserklärung – wenn auch zu unbefangenem Zeitpunkt in größerer Runde geäußert – den Senat nicht davon zu überzeugen, dass die Verlobten ihre bisherige Haltung, nämlich von einer Eheschließung über viele Jahre abzusehen, mit der gebotenen Entschlossenheit endgültig aufgegeben hatten. Die gilt umso mehr, als die Heirat und der mit ihr verbundene Wegfall der Witwerrente des Versicherten unter anderem angesichts der, wie sich herausstellte, fortbestehenden Arbeitslosigkeit der Klägerin zu empfindlichen wirtschaftlichen Einbußen geführt hätte.
(b)
Ungeachtet dessen stellte sich die spätere Eheschließung im Oktober nicht als konsequente Verwirklichung eines bereits vor Erlangung dieser Kenntnis bestehenden Heiratsentschlusses dar (vgl. BVerwG vom 19. Januar 2009, a.a.O.). Sie beruhte vielmehr auf einem neuen Entschluss in neuer Lage. Offenbar wollten die Klägerin und der Versicherte zunächst die anstehende Augenoperation abwarten, wie die Zeugin angegeben hat. Der später gefasste und am 7. Oktober 2003 tatsächlich umgesetzte Heiratsentschluss weicht hiervon ab, indem er geradezu entgegengesetzt auf Durchführung der Hochzeit unter widrigsten Umständen gerichtet ist ohne Rücksicht auf eine Genesung oder wenigstens Stabilisierung des Gesundheitszustands des Versicherten. Auch aus diesem Grund vermag eine Ankündigung von Heiratsplänen im Januar 2003 den Senat nicht davon zu überzeugen, dass die spätere Eheschließung nicht überwiegend Versorgungszwecken diente.
III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision im Sinne von § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor. Es handelt sich um eine Einzelfallentscheidung auf gesicherter Rechtsgrundlage, ohne dass der Senat von einer Entscheidung der in § 160 Abs. 2 Nr. 2 SGG genannten Gerichte abweicht.
Rechtskraft
Aus
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SAN
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