Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Halle (Saale) (SAN)
Aktenzeichen
S 13/5 RJ 410/03
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 3 RJ 112/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 5 R 486/09 B
Datum
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Rente wegen voller Erwerbsminderung, Eintritt des Leistungsfalls, Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen
Die Berufung wird zurückgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung nach dem Sechsten Buch Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Rentenversicherung - (SGB VI).
Der am ... 1967 geborene Kläger absolvierte nach seiner Schulzeit (Acht-Klassen-Abschluss) vom 1. September 1981 bis zum 15. Februar 1984 eine Berufsausbildung zum Schlosser bzw. Instandhaltungsmechaniker. Danach war er als Heizer, Schweißer und Disponent tätig. Er war nach einer Zeit der Arbeitslosigkeit war der Kläger zuletzt vom 1. September bis zum 31. Dezember 2000 versicherungspflichtig in der Möbelmontage beschäftigt. Seit dem 1. März 2001 war er selbstständig tätig mit einem angemeldeten Gewerbe "Möbel- und Küchenmontagen, Küchenumsetzung, Kleintransporte bis 3,5 t, Hausmeisterservice". Die Gewerbeabmeldung erfolgte zum 31. Dezember 2001.
Der Kläger, der in seiner selbstständigen Tätigkeit weder in der gesetzlichen Rentenversicherung noch in der gesetzlichen Unfallversicherung versichert war, erlitt auf einem Arbeitsweg am 27. August 2001 einen schweren Verkehrsunfall. Nach dem Bericht bei Entlassung des Klägers aus der stationären Behandlung vom Unfalltag bis zum 20. September 2001 trug der Kläger ein schweres Polytrauma, ein Schädel-Hirn-Trauma, eine Felsenbein-, eine Kalottenfraktur links, ein kleines und nachfolgend ein großes epidurales Hämatom links-temporal, eine kleine Kontusionsblutung rechts-frontal sowie Frakturen im Bereich der Rippen und der Finger der linken Hand davon (der Kläger ist Rechtshänder).
Der Kläger bezieht seit September 2002 eine Rente aus einer privaten Berufsunfähigkeitsversicherung, jedoch keine Sozialleistungen. Bei ihm wurden ein Grad der Behinderung (GdB) von 80 und die Merkzeichen "G" und "B" festgestellt.
Aus der ihm von der Beklagten in der Zeit vom 9. November bis zum 6. Dezember 2001 gewährten stationären Rehabilitationsmaßnahme wurde der Kläger nach dem Entlassungsbericht der M. Klinik, Bad K., vom 20. Dezember 2001 mit einem Leistungsvermögen von sechs Stunden und mehr täglich ohne besondere Einschränkungen für eine Tätigkeit als selbstständiger Mechaniker bzw. im Küchenaufbau sowie für mittelschwere Arbeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt entlassen. Der logopädische Befund habe noch diskrete Wortfindungsstörungen gezeigt. Aus neuropsychologischer Sicht bestünden noch Einschränkungen der mnestischen Funktionen. Auch für die Zeit vor dem Unfall seien eine Lese-Rechtschreibschwäche sowie Gedächtnisschwierigkeiten von dem Kläger angegeben worden. Eine Einschränkung der konzentrativen Belastbarkeit des Klägers sei nicht mehr nachweisbar. Der Faustschluss und die Beugung des III. Fingers der linken Hand seien noch eingeschränkt. Das Gangbild sei sicher.
Der Kläger beantragte am 3. Januar 2002 bei der Beklagten die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung auf Grund der Unfallfolgen. Aus dem von der Beklagten eingeholten Befundbericht der Fachärztin für Allgemeinmedizin Dr. K. vom 4. März 2002 ergibt sich eine schnelle psychische und physische Erschöpfbarkeit des Klägers. Nach einem von der Beklagten u.a. beigezogenen Arztbrief des Facharztes für Neurologie/Chirotherapie Dr. W. vom 11. Januar 2002 lagen noch ein leichtes hirnorganisches Psychosyndrom, eine sensomotorische Halbseitensymptomatik links sowie elektrophysiologisch pathologische Befunde in den Tibia somatosensibel evozierten Potentialen (SEP) und im Elektroenzephalogramm (EEG) vor. Im Alltag wirkten sich deutlich limitierend die kognitiven Einschränkungen, die Feinmotorikstörung des linken Armes und die noch bestehende Leistungsinsuffizienz aus. Aus dem für das die private Krankenversicherung des Klägers durchführende Unternehmen erstellten Gutachten von Dr. H. vom 11. Februar 2002 geht hervor, der Kläger wirke sowohl motorisch als auch sprachlich verlangsamt. Er könne sich schlecht konzentrieren und zeige ein unsicheres, leicht hinkendes Gangbild. Es sei voraussichtlich von einer weiteren Arbeitsunfähigkeit des Klägers bis zum 30. April 2002 auszugehen. Bezüglich einer Berufsunfähigkeit könne zurzeit gutachterlich noch keine abschließende Empfehlung gegeben werden. Die positive Leistungseinschätzung der Rehabilitationsklinik bei Ende der Kur könne zum Untersuchungszeitpunkt "in keinster Weise" geteilt werden.
Die Beklagte lehnte den Antrag des Klägers mit Bescheid vom 18. März 2002 ab. Mit dem vorhandenen Leistungsvermögen könne er noch mindestens sechs Stunden täglich unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes erwerbstätig sein. Zur Begründung seines hiergegen am 27. März 2002 eingelegten Widerspruchs führte der Kläger aus, er sei körperlich kaum belastbar, könne nicht lange stehen oder sitzen und nicht kontrolliert zugreifen. Er sei durch einen unsicheren Gang, Schmerzen in der linken Hand, eine eingeschränkte Bewegungsfähigkeit des linken Armes, Kopfschmerzen mit Konzentrationsschwierigkeiten, ein trockenes linkes Auge sowie eine auf 45 v.H. verminderte Hörfähigkeit auf dem linken Ohr beeinträchtigt. Er fühle sich schnell ermüdet und erschöpft.
Unter dem 9. August 2002 wurde dem Kläger ärztlich attestiert, auf Grund seines Unfalls und der damit verbundenen Behinderungen nicht in der Lage zu sein, allein öffentliche Verkehrsmittel zu benutzen. Nach dem von der Beklagten beigezogenen Ergebnis der durch die Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie Dr. S. durchgeführten Leistungsdiagnostik vom 30. August 2002 verfügt der Kläger über ein relativ niedriges prämorbides allgemeines Intelligenzniveau bei einer guten Fähigkeit zum logischen Denken. Der Kläger könne noch durchschnittlich schnell, aber mit relativ vielen Fehlern arbeiten. Aus der während des Widerspruchsverfahrens in der Zeit vom 14. Oktober bis zum 11. Dezember 2002 - mit Unterbrechungen durch stationäre und ambulante Behandlungen - durchgeführten stationären Rehabilitationsmaßnahme wurde der Kläger nach dem Entlassungsbericht der Tagesklinik des Neurologischen Rehabilitationszentrums L. mit einem Leistungsvermögen für Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt von drei bis unter sechs Stunden täglich entlassen. Die Leistungsfähigkeit des Klägers sei durch die vorhandenen kognitiven Defizite und die psychische Überformung mit einer starken Fixierung auf die wahrgenommenen Defizite eingeschränkt. Erst nach einer erfolgreichen gesprächstherapeutischen Intervention und Psychotherapie sei eine erneute Erwerbsprognose sinnvoll.
Die Beklagte holte ein Gutachten von der Neurologin Dipl.-Med. F. vom 22. Mai 2003 ein. Der Kläger habe bei der Untersuchung angegeben, aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr Auto zu fahren. Öffentliche Verkehrsmittel könne er nicht benutzen, da er in einer zu großen Menschenmasse Druck empfinde. Der auch befragte Vater des Klägers habe angegeben, der Kläger leide an einer großen Vergesslichkeit. Die Gutachterin ist auf Grund der Untersuchung zu dem Ergebnis gelangt, der Kläger befinde sich in einem guten Allgemeinzustand. Seine Körperbewegungen seien koordiniert, sein Gangbild unsicher und stockend unter Benutzung einer Stütze rechts. Der neurologische Befund habe sich bis auf eine fragliche leichte Sensibilitätsstörung und Kraftminderung der linken Körperhälfte vollständig zurückgebildet. Im Vordergrund stehe jetzt eine ausgeprägte Konversionsstörung, Überbetonung der körperlichen Einschränkungen und Merkfähigkeitsstörung. Letztere stehe in krassem Widerspruch zu Detailangaben des Klägers. Es liege die Vermutung eines offensichtliches Rentenbegehrens bei finanzieller Notlage nahe. Der Kläger könne nach Auffassung der Gutachterin auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt noch vollschichtig leichte Arbeiten, zeitweise im Stehen oder Gehen und überwiegend im Sitzen, ohne höhere geistige Beanspruchung, ein Steigen auf Leiter bzw. Gerüste, Arbeiten an rotierenden Maschinen und ohne ein Führen von Kraftfahrzeugen verrichten.
Die Beklagte wies den Widerspruch des Klägers mit Widerspruchsbescheid vom 29. Juli 2003 als unbegründet zurück. Bei den Kläger liege noch ein Leistungsvermögen von sechs Stunden und mehr täglich für leichte bis mittelschwere Arbeiten in wechselnder Körperhaltung, ohne starken Zeitdruck (z.B. Akkord), Wechsel- bzw. Nachtschicht, häufiges schweres Heben und Tragen, häufiges Klettern und Steigen, erhöhte Unfallgefahr, erhöhte mentale Anforderungen, häufigen Publikumsverkehr sowie ohne besondere Anforderungen an die Feinmotorik der linken Hand unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes vor.
Mit seiner am 11. August 2003 bei dem Sozialgericht Halle erhobenen Klage hat der Kläger sein Begehren weiterverfolgt. Er sei auf Grund der mannigfaltigen Beschwerden, insbesondere der Hirnleistungsstörung und der epileptischen Anfälle, keinesfalls mehr in der Lage, einer geregelten Erwerbstätigkeit nachzugehen. Er könne sich Dinge - z.B. einen Auftrag - keine fünf Minuten merken und sei nicht in der Lage, selbstständig einen Arbeitsplatz zu erreichen.
Das Sozialgericht hat zunächst Befundberichte eingeholt. Dr. W. hat in seinem Befundbericht vom 28. November/1. Dezember 2003 angegeben, bei dem Kläger sei Anfang des Jahres 2003 eine Epilepsie diagnostiziert worden. Im Übrigen hätten sich wesentliche Änderungen seit der Erstuntersuchung im Januar 2002 nicht ergeben. Auf Grund der kognitiven Einschränkungen, die zum Teil noch durch die notwendige antiepileptische Medikation verstärkt würden, und weiterer neurologischer Ausfallsymptome halte er den Kläger nicht für fähig, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt eine sechsstündige Tätigkeit zu verrichten.
Aus dem in dem Verfahren über die Feststellung des GdB des Klägers vor dem Sozialgericht Halle - S 12 SB 111/03 - eingeholten Befundbericht des Facharztes für HNO/Allergologie Dr. K. vom 18. April 2004 ergibt sich ein Hörverlust des Klägers auf dem rechten Ohr von 0 bis 20 v.H. und auf dem linken Ohr von 40 bis 60 v.H. Bei der mittel- bis hochgradige kombinierte Schwerhörigkeit sei wahrscheinlich mit einer Hörhilfe eine ausreichende Verständigung mit dem Kläger über das Gehör möglich.
Das Sozialgericht hat sodann ein Gutachten von dem Facharzt für Nervenheilkunde Dr. F., Oberarzt der Neurologischen Klinik des Fachkrankenhauses B., vom 27. September 2004 mit einem psychologischen Zusatzgutachten von Dipl.-Psych. Sichting vom 20. September 2004 eingeholt. Nach dem Zusatzgutachten sind bei dem Kläger bei einer durchschnittlichen intellektuellen Befähigung leichte Störungen der anterograden Gedächtnisleistungen und Aufmerksamkeitsleistungen anzunehmen. Eine sichere Beurteilung sei auf Grund von Aggravationstendenzen erschwert. Es fänden sich Hinweise auf eine Konversionsstörung. Dr. F. hat ausgeführt, der Kläger habe angegeben, eine Gehhilfe zu benutzen, weil sein linkes Bein beim Laufen wegknicke, wenn er sich nicht darauf konzentriere. Wegen eines zunehmenden Müdigkeitsgefühls und des Eindrucks, sich "belämmert" zu fühlen, habe er eigenmächtig das Arzneimittel "Orfiril" in seiner täglichen Dosis verdoppelt. Diese Angabe werde durch den Sachverständigen stark angezweifelt. Der Kläger habe starke Beeinträchtigungen seines Kurzzeit- und Langzeitgedächtnisses angegeben. So wisse er sein Geburtsdatum und sein Alter nicht. Wenn er sich mit etwas im Kopf beschäftige, kippe er plötzlich aus dem Stehen heraus um, verliere das Bewusstsein und wisse später selbst nicht, was passiert sei. Sein Vater habe ihm - dem Kläger - über ein dabei auftretendes leichtes "Zucken" berichtet. Die Anfälle ereigneten sich ca. zwei- bis dreimal im Monat. Der Kläger habe bei der Untersuchung links ein Hörgerät getragen. Die Sprache des Klägers wirke stockend und leicht dysarthrisch mit gelegentlichem Grimassieren und aufgesetztem Lidschluss. Unter Beobachtung zeige der in seiner Intelligenz nicht geminderte Kläger ein stark hinkendes Gangbild mit Gehhilfe, unbeobachtet ein problemloses Laufen. Es bestehe ein Verdacht auf erhebliche Aggravations- und Simulationstendenzen. Die unkritische Paarung retro- und anterograder Gedächtnisdefizite erscheine unlogisch und sei psychopathologisch nicht nachvollziehbar. Die Anforderungen im Rahmen der Untersuchung, diverse Untersuchungsräume aufzusuchen und sich an gewisse Zeitpläne zum zügigen Ablauf der Untersuchungsgänge zu halten, seien dem Kläger völlig problemlos und selbstständig gelungen. Als Diagnosen lägen vor: Schädel-Hirn-Trauma im Rahmen eines Polytraumas nach Verkehrsunfall mit Contusio cerebri. Postkontusionelles Syndrom mit symptomatischen, am ehesten komplex-fokalen Anfällen mit teilweise sekundärer Generalisierung, inkompletter sensomotorischer Hemisymptomatik links und amnestischem Psychosyndrom. Die auffälligen laborchemischen Parameter könnten durch die Einnahme des Orfiril bedingt sein. Differentialdiagnostisch müsse aber auch ein nicht eindeutig nachweisbarer Alkoholmissbrauch diskutiert werden. In der neurologischen Zusatzuntersuchung seien im EEG keine Anfallszeichen nachweisbar gewesen. Der Kläger könne auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt täglich maximal sechs Stunden leichte bis mittelschwere Arbeiten im Wechsel der Haltungsarten, ohne starken Zeitdruck, Wechsel-/Nachtschicht, schweres Heben oder Tragen, Klettern, Steigen, ohne Arbeiten an rotierenden Maschinen, in absturzgefährdender Höhe bzw. mit Unfallgefahr sowie ohne erhöhte Anforderungen an kognitive Fähigkeiten und die Feinmotorik der linken Hand verrichten. Die Gehfähigkeit des Klägers sei eingeschränkt. Einen Fußweg von mehr als 500 Metern könne der Kläger mit einer Pause von fünf bis zehn Minuten nach einer Gehstrecke von ca. zehn Minuten zurücklegen. Er könne öffentliche Verkehrsmittel benutzen, die angegebenen epileptischen Anfälle stünden dem Führen eines Kraftfahrzeuges entgegen. In seiner ergänzenden gutachterlichen Stellungnahme vom 21. Januar 2005 hat Dr. F. ausgeführt, der Kläger sei in der Lage, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt im Rahmen eines unter vollschichtigen Leistungsvermögens maximal sechs Stunden täglich leichte bis mittelschwere Arbeiten mit den genannten Einschränkungen durchzuführen. Auf Grund der gegebenen kognitiven Einschränkungen und Konzentrationsstörungen seien dem Kläger auch leichte Arbeiten nicht über einen längeren Zeitraum als sechs Stunden täglich zuzumuten.
Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 11. Mai 2005 abgewiesen. Der Kläger sei weder voll noch teilweise erwerbsgemindert, da er noch über ein tägliches sechsstündiges Leistungsvermögen für leichte bis mittelschwere Arbeiten in wechselnder Körperhaltung, ohne häufiges schweres Heben und Tragen, ohne ein Klettern oder Steigen, starken Zeitdruck und ohne Arbeiten in Wechsel-/Nachtschicht verfüge. Zu vermeiden seien Arbeiten an rotierenden Elementen und Maschinen, mit dem Führen eines Pkw, Arbeiten in absturzgefährendenden Höhen, solche mit Unfallgefahr, erhöhten kognitiven Anforderungen oder besonderen Anforderungen an die Feinmotorik der linken Hand. Dem Kläger seien ein Fußweg von 500 Metern mit maximal einer Pause von fünf bis zehn Minuten, die Benutzung örtlicher Verkehrsmittel einschließlich öffentlicher Verkehrsmittel und die Wege zwischen Wohnung, Verkehrsmittel und Arbeitsplatz möglich. Die Leistungseinschränkungen des Klägers seien typisch im Sinne einer Beschränkung auf leichte Tätigkeiten.
Gegen das ihm am 15. Juni 2005 zugestellte Urteil hat der Kläger am 13. Juli 2005 Berufung bei dem Landessozialgericht Sachsen-Anhalt eingelegt. Die Beklagte sei ihrer Verpflichtung, eine konkrete Verweisungstätigkeit zu benennen, nicht nachgekommen. Zur Begründung hat der Kläger im Wesentlichen ausgeführt, unter Berücksichtigung seiner Gesundheitseinschränkungen, insbesondere seiner kognitiven Defizite und der psychiatrischen Einschränkungen, sei es ihm nicht möglich, sich einem Arbeitsplatz anzupassen. Er gehe davon aus, dass für ihn ein Arbeitsangebot mit einer ausreichenden Anzahl von Arbeitsplätzen nicht mehr vorhanden sei. Ihm sei es nicht möglich, eine Arbeitsstelle mit dem Pkw oder zu Fuß in einer zumutbaren Zeit zu erreichen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Halle vom 11. Mai 2005 sowie den Bescheid der Beklagten vom 18. März 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. Juli 2003 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm ab dem 1. April 2002 Rente wegen voller Erwerbsminderung, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung zu bewilligen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Der Senat hat zunächst durch Einholung von Befundberichten ermittelt. Dr. W. hat in seinem Befundbericht vom 23. Februar 2006 angegeben, während der im November 2005 wieder aufgenommenen Behandlung des Klägers scheine nur bezüglich der Anfallsereignisse bei symptomatischer Epilepsie unter der laufenden medikamentösen Therapie eine diskrete Besserung eingetreten zu sein. Dr. L. hat nach seinem Befundbericht vom 25. Juli 2006 bei dem Kläger eine Hyperlipidämie und einen Leberparenchymschaden festgestellt.
Der Kläger hat eine ärztliche Bescheinigung vom 6. Dezember 2006 vorgelegt, in der Dr. W. attestiert, er halte ein sechsstündiges Leistungsvermögen des Klägers für leichte bis mittelschwere Arbeiten für nicht gegeben. Dies lasse sich ganz praktisch nachvollziehen, da der Kläger z.B. immer wieder Hilfe bei der Interpretation behördlicher Schreiben benötige, Schwierigkeiten habe, sich Termine oder Dosierungen von Medikamenten zu merken etc. Hinzu kämen wiederkehrende Anfälle mit Funktionsstörungen des linken Beines, sodass eine erneute neurologische Begutachtung des Klägers angezeigt sei.
Der Senat hat sodann unter Genehmigung eines stationären Aufenthalts des Klägers von zwei Tagen in der Neurologischen Klinik Hessisch Oldendorf ein Gutachten von dem Facharzt für Neurologie Prof. Dr. R., Leitender Arzt und Ärztlicher Direktor dieser Klinik, vom 3. /18. Dezember 2007 und drei Zusatzgutachten eingeholt: einem neuropsychologischen und einem elektroencephalographischen Zusatzgutachten von dem Facharzt für Neurologie Dr. D. vom 23. bzw. 29. November 2007 sowie einem neuropsychologischen Zusatzgutachten von Dipl. Psych. A.r vom 29. November 2007.
Nach dem neuropsychologischen und dem elektroencephalographischen Zusatzgutachten von Dr. D. sind Zeichen einer umschriebenen oder allgemeinen Hirnfunktionsstörung oder ein Anhalt für eine erhöhte cerebrale Erregbarkeit nicht zu finden gewesen. Es liege ein EEG mit einem leicht unregelmäßigen Alpha-Grundrhythmus vor. Im Verlauf hätten sich kurze dysrhythmische Phasen ohne pathologische Signifikanz gezeigt. Unter Provokation sei es nicht zu einer Veränderung der elektroencephalographischen Kurven oder der Aktivität gekommen.
Nach dem neuropsychologischen Zusatzgutachten von Dipl.-Psych. A. war der Kläger insgesamt nur in einem sehr begrenzten Maße in der Lage, zur Anamnese sachlich beizutragen. Zu seiner sozialen Situation habe er angegeben, allein zu leben, aber auf die Hilfe seiner Eltern und seines Bruders, z.B. für die Zubereitung von Mahlzeiten, angewiesen zu sein. Er verlasse das Haus nur selten und ,z.B. zum Einkaufen, nur in Begleitung. Er unternehme viel mit seinem damals sechs Jahre alten Sohn und gehe mit ihm (ohne Begleitung) auf den Spielplatz, ins Kino oder zum Schwimmen. Er habe keinen geregelten Tagesablauf und verbringe viel Zeit mit Lesen und Malen; hin und wieder gehe er zum Schwimmen und besuche oft seine Eltern und die Familie seines Bruders. Er habe angegeben, keinerlei Erinnerung an seine biographischen Daten zu haben, sich aber an die Einschulung seines Sohnes gut erinnern zu können. Unter gezeigter Unsicherheit habe er einzelne Angaben machen, z.B. sein Geburtsdatum benennen können. Er sei aber in der Lage gewesen, am zweiten Untersuchungstag sowohl ausführlich den Verlauf des Vorabends zu schildern als auch detailliert darüber zu berichten, was er gelesen habe (u.a. eine Biographie). Er habe ohne Unterbrechung eineinhalb bis zwei Stunden kontinuierlich sitzend Testverfahren bearbeiten können. Die affektive Schwingungsfähigkeit des Klägers sei verflacht bei einem angemessenen Antrieb. Die Stimmung sei zum Teil leicht gehoben, zum Teil - insbesondere bei der Erhebung der Anamnese - habe sich der Kläger unterschwellig aggressiv gezeigt. Während des Anamnesegesprächs und im Verlauf der Untersuchung hätten sich weder sichtbare Anzeichen einer herabgesetzten psychischen Belastbarkeit noch Anzeichen für eine depressive Symptomatik gezeigt. In der Gesamtschau liege die intellektuelle Leistungsfähigkeit im engeren Sinne und die kognitive Umstellfähigkeit und Flexibilität des Klägers unter dem Durchschnitt an der Grenze zur leichten Störung. Bei einer durchschnittlich ausgeprägten Daueraufmerksamkeit sei im Hinblick auf die Bearbeitungsgüte von einer leichten Störung auszugehen. Insgesamt hätten sich die Gedächtnisleistungen mittelschwer vermindert gezeigt. Die Verfahren zur Diagnostik der Beschwerdevalidität deuteten auf eine klar eingeschränkte Kooperation im Sinne entweder einer Aggravation, Simulation oder negativen Grundeinstellung hin. Inkohärenzen zeigten sich auch, soweit der Kläger in der Lage sei, persönlich-biographische Daten nur rudimentär zu erinnern, aber aktuelle politisch-gesellschaftliche Ereignisse ausführlich zu schildern und darüber zu diskutieren. Es sei davon auszugehen, dass im Lauf der Zeit mit großer Wahrscheinlichkeit eine Überlagerung der hirnorganischen Beeinträchtigungen durch eine psychisch-reaktive Störung aufgetreten sei. Diese habe sich in der Folgezeit verstärkt und zeige zunehmend Zeichen einer erhöhten Eigenbeobachtung und klare Merkmale einer Neigung zur Verdeutlichung der Beschwerden. Aktive Bewältigungskompetenzen des Klägers seien aktuell nicht zu eruieren.
Prof. Dr. R. hat ausgeführt, der Kläger habe bei der Untersuchung angegeben, sein linkes Bein nicht zu spüren; es fehle dort auch die Kraft. Abends zucke das linke Bein regelmäßig für ca. eine Stunde. In der Frühe fühle er sich manchmal "hundeelend". Wenn er sich nicht darauf konzentriere, fielen ihm oft Sachen aus der linken Hand. Er empfinde ca. alle zwei Tage einen starken drückenden Schmerz im Bereich der Narbe des Kopfes, der vor allem durch Wetterwechsel verstärkt werde. Er vergesse auch "ab und zu mal was". Der Kläger sei mit einer Unterarmgehstütze in das Untersuchungszimmer gekommen, die er nach eigenen Angaben benutze, da er Angst habe "zusammenzuklappen". Während der Untersuchung habe er die Unterarmgehstütze sporadisch mal auf der rechten, mal auf der linken Seite benutzt. Der Gang sei in der Untersuchungssituation jedoch sicher und das Gangbild auch ohne Benutzung einer Unterarmgehstütze flüssig gewesen, wenn der Kläger sich unbeobachtet gefühlt habe. Der Romberg (Versuch der Standsicherheit) sei demonstrativ unsicher vorgeführt worden. Der Kläger habe im Rahmen des psychopathologischen Befundes Einschränkungen nur im Hinblick auf die affektive Schwingungsfähigkeit gezeigt. Im Hinblick auf die von dem Kläger angegebenen körperlichen Symptome habe sich eine klare Diskrepanz von Befund und Befinden ergeben. Für die angegebene halbseitige Lähmung habe sich in der klinischen Untersuchung keine objektivierbare Evidenz ergeben. Die Angabe einer streng median begrenzten Gefühlsstörung spreche gegen eine echte organische Schädigung. Vor dem Hintergrund der Zusatzgutachten sei von nur noch leichten Störungen anterograder Gedächtnisleistungen sowie einer leichten Minderung der Aufmerksamkeitsmodalitäten infolge des Schädel-Hirntraumas auszugehen. Glaubhaft sei, dass eine vermehrte "Vergesslichkeit" bei dem Kläger auftrete. Keineswegs sei das Ausmaß der neuropsychologischen Beeinträchtigung so stark, dass Aktivitäten des täglichen Lebens hierdurch schwer beeinträchtigt wären. Neurologisch objektivierbare Lähmungserscheinungen bestünden nicht. Es seien dem Kläger bewusstseinsnahe Anteile im Sinne von Simulationstendenzen zu attestieren. Auf die Frage 3 d) der Beweisanordnung "Ist dem Kläger ein ursprünglich zweckgerichtetes Verhalten im Laufe des Verfahrens der willkürlichen (bewussten) Steuerung entglitten?" gab der Sachverständige an, seines Erachtens sei eine derartige Entwicklung nicht feststellbar. Der Kläger könne noch körperlich schwere Tätigkeiten unter Vermeidung von Arbeiten mit besonderen Anforderungen an Gedächtnis und Aufmerksamkeit sechs Stunden und mehr täglich zu verrichten. Die Gehfähigkeit des Klägers sei nicht eingeschränkt. Eine Leistungsminderung habe bis zum Ende der Rehabilitationsmaßnahme vorgelegen. Spezifische Heilmaßnahmen seien nicht erforderlich.
Der Kläger hat nachfolgend die Fachkompetenz von Prof. Dr. R. und dessen Feststellung, er - der Kläger - könne seine Einschränkungen bei Willensanspannung selbst überwinden, angezweifelt. Unter Bezugnahme auf den Entlassungsbericht über seine stationäre Behandlung in der Zeit vom 18. April bis zum 1. Mai 2008 in der orthopädischen Klinik des Universitätsklinikums der F.-Sch.-Universität vom 1. Mai 2008 hat der Kläger auf seine Funktionseinschränkungen auch auf orthopädischem Gebiet hingewiesen. Aus dem Entlassungsbericht ergibt sich als Aufnahmebefund ein deutlich vornübergebeugtes kleinschrittiges Gangbild bei einer akuten Exazerbation einer chronischen Lumboischialgie linksbetont mit NPP (Nucleus pulposus Prolaps) L 4/5. Da auf Grund des konservativen Therapieregimes eine Beschwerdelinderung nicht habe erreicht werden können, sei am 25. April 2008 eine mikroskopisch assistierte percutane Nukleotomie L 4/5 durchgeführt worden.
Die Beklagte hat dem Kläger daraufhin eine stationäre medizinische Rehabilitationsmaßnahme in der Zeit vom 17. Juni bis zum 5. Juli 2008 bewilligt. Nach dem Entlassungsbericht des S. Reha-Klinikums Bad K. vom 9. Juli 2008 ist der Kläger links schwachsichtig und schwerhörig mit Versorgung durch ein Hörgerät. Nach einem einstündigen Gespräch sei der Kläger schnell müde geworden. Das Gangbild sei links hinkend, ataktisch und unsicher ohne Gehhilfen. Der Kläger schleppe das linke Bein etwas nach. Zwischen den subjektiven Beschwerden des Klägers und den objektiven Befunden liege keine Diskrepanz vor. Auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt könne der Kläger aus rein orthopädischer Sicht leichte körperliche Tätigkeiten jeweils zeitweise im Stehen oder Gehen und überwiegend im Sitzen sechs Stunden und mehr täglich verrichten. Aus neurologischer Sicht bestehe bei dem Zustand nach Polytrauma mit schwerem Schädel-Hirn-Trauma und intracranieller Blutung etc. sicher nur ein Leistungsvermögen von unter drei Stunden täglich.
Der Senat hat sodann ein Gutachten von dem Arzt für Neurologie/Psychiatrie/Psychotherapie Dr. S., Chefarzt der Abteilung für psychische Erkrankungen der Klinik B. W., vom 22. März 2009 eingeholt. Nach den Ausführungen des Sachverständigen hat der Kläger dort angegeben, ein verändertes Temperaturempfinden im Bereich der Kalotte zu haben. Ohne Mütze trete ein Druckgefühl im Kopf auf. Er lese viel und könne sich z.B. mit Essen selbst versorgen, wenn es ihm gutgehe. Mit dem Auto fahre er nur noch selten im Bereich seiner Stadt. Der Kläger benutze beim Gehen zwar eine Gehstütze und zeige ein leichtes Hinken, weise insgesamt jedoch ein flüssiges Gangbild auf. In seinem Antwortverhalten wirke er zunächst etwas langsam, teilweise mit längeren Gesprächspausen und Wortfindungsstörungen, dann aber flüssig. Während er im Kontaktverhalten freundlich sei, wirkten die Mimik und Affekte dabei flach und wiesen eine verminderte Resonanzfähigkeit auf. Das falle besonders dann auf, wenn Gesprächsbestandteile mit dramatischen Inhalten affektiv nicht untermauert würden. Die Stimmung wirke etwas niedergedrückt, die Konzentration und Aufmerksamkeit und Umstellfähigkeit wirkten etwas vermindert. Die Intelligenz liege im unteren Normbereich. Die kognitiven Defizite seien nach Durchsicht der Akten bisher vorwiegend neuropsychologisch interpretiert worden. Bei den vorangegangenen Begutachtungen seien die Auswirkungen der nachgewiesenen neuropsychologischen Defizite häufig damit relativiert worden, die Ausprägung der Störung sei durch Aggravations- und Simulationstendenzen stark beeinflusst. Selbst dann, wenn das Ergebnis der zur Verifizierung der Aggravations- und Simulationstendenzen eingesetzten testpsychologische Simulationstests dieses Ergebnis nicht erbracht hätten, seien diese als Ausdruck von Aggravation/Simulation interpretiert worden. Aus psychiatrisch-psychotherapeutischer Sicht könnten sich als Folge einer durch ein Schädel-Hirn-Trauma verursachten Hirnschädigung nicht nur neurologische und neuropsychologische Defizite einstellen, sondern auch psychische Wesensveränderungen. Aggravations- und Simulationstendenzen könnten hierbei auch selbst als Symptom einer Hirnschädigung verstanden werden. Er könne Aggravation und Simulation hier nicht mit Sicherheit ausschließen; die testpsychologischen Ergebnisse wiesen eher darauf hin, dass eine Aggravation nicht vorliege. Vielmehr sei der Kläger bemüht gewesen, mit einem Erfolg bei ausreichender Zeit. Ihm sei dies aber unter Leistungsaspekten nicht mehr möglich gewesen. Durch die antiepileptische Medikation sei eine Verstärkung der kognitiven Symptome möglich. Bezüglich der verminderten körperlichen Leistungsfähigkeit, die aus der im April 2008 hinzugetretenen neuen Erkrankung resultiere, verweise er auf den Entlassungsbericht des S. Reha-Klinikums Bad K ... Als Gesundheitsstörungen seien zu berücksichtigen: Zustand nach Schädel-Hirn-Trauma im Rahmen eines Polytraumas nach Verkehrsunfall am 27. August 2001 mit organischem Psychosyndrom nach Schädelhirntrauma im Sinne einer Persönlichkeits- und Verhaltensstörung auf Grund einer Krankheit, Schädigung oder Funktionsstörung des Gehirns, persistierenden kognitiven Störungen, amnestischem Psychosyndrom, postkontusionellem Syndrom mit symptomatischen, am ehesten komplex-fokalen Anfällen mit teilweise sekundärer Generalisierung, inkompletter, sensomotorischer Hemisymptomatik links. Zustand nach mikroskopisch assistierter percutaner Nukleotomie L 4/5 links am 25. April 2008. Hyperlipidämie. Leberparenchymschaden. Das organische Psychosyndrom mit psychischen und neuropsychologischen Störungen sowie die persistierende neurologische Symptomatik seien als Folgen des Unfalls im Jahr 2001 anzusehen. Mit der Besserung der akuten Symptomatik, der Stabilisierung des Allgemeinzustandes und Wiedererlangung der Mobilität habe sich die persistierende komplexe Symptomatik eines postkontusionellen Syndroms ausgebildet. Es sei anzunehmen, dass sich bestimmte Teilaspekte bessern könnten (möglicherweise neurologische, neuropsychologische Funktionen), andere jedoch auch zu einer Verstärkung führen könnten (Akzentuierung einer psychischen Wesensveränderung). Nach Durchsicht der vorliegenden Unterlagen müsse davon ausgegangen, dass die aktuell beschriebene Symptomatik in wesentlichen Grundzügen bereits im Jahr 2002 bestanden habe. Bei dem komplexen Störungsbild mit gegenseitiger Beeinflussung der einzelnen Störungen seien die resultierenden Defizite so ausgeprägt, dass es dem Kläger aus aktueller Sicht nicht mehr möglich sei, drei Stunden täglich einer Tätigkeit im Erwerbsleben nachzugehen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten, die Verwaltungsakte der Beklagten und die Kopien aus der beigezogenen Verwaltungsakte des Landesversorgungsamtes Sachsen-Anhalt - Az. -, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist unbegründet.
Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen.
Dem Kläger steht ein Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung oder wegen teilweiser Erwerbsminderung nicht zu. Der angefochtene Bescheid der Beklagten ist rechtmäßig und verletzt den Kläger deshalb nicht in seinen Rechten (§ 54 Abs. 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG)).
Der Kläger hat keinen Anspruch auf eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung.
Gemäß § 43 Abs. 1 SGB VI haben Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie teilweise erwerbsgemindert sind, in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Erwerbstätigkeit und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben. Erwerbsgemindert ist nach § 43 Abs. 3 SGB VI nicht, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.
Bei dem Kläger liegt seit dem gesicherten Hinzutreten der Funktionseinschränkungen durch eine chronische Lumboischialgie im April 2008 eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen vor, die auch bei einem - hier nicht eindeutig feststehenden - täglich sechsstündigen Leistungsvermögen des Klägers zu diesem Zeitpunkt zur Verschlossenheit des allgemeinen Arbeitsmarktes führt. Gleichzeitig fehlt es bei dem damit maßgebenden Leistungsfall im April 2008 an den besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für die begehrte Rentenbewilligung.
Der Senat hat im Ergebnis offen lassen können, ob sich aus den Feststellungen von Dr. S. ein Leistungsfall bei der Untersuchung durch diesen Sachverständigen im Februar 2009 auf Grund eines quantitativen Leistungsvermögens des Klägers ergeben würde. Denn zu Überzeugung des Senats steht fest, dass das Restleistungsvermögen des Kläger bereits seit der Operation am 25. April 2008 nicht mehr für zumindest leichte körperliche Verrichtungen im Wechsel der drei Körperhaltungen wie z.B. Zureichen, Abnehmen, leichte Reinigungsarbeiten ohne Zwangshaltungen, Kleben, Sortieren, Verpacken und Zusammensetzen von Teilen sowie Bürohilfsarbeiten ausreichte (vgl. die Aufzählungen in dem Beschluss des Großen Senats (GS) des Bundessozialgerichts (BSG) vom 19. Dezember 1996 - GS 2/95 - SozR 3-2600 § 44 Nr. 8 = BSGE 80, 24, 33 f.). Bei dem Kläger liegen seit April 2008 erhebliche orthopädische Funktionseinschränkungen in Verbindung mit Einschränkungen der verbalen Kommunikationsfähigkeit, Aufmerksamkeitsdefiziten und zumindest leichten Beeinträchtigungen des Hör- und Sehvermögens vor.
Auf Grund des bei dem Kläger vorleigenden Zustands nach mikroskopisch assistierter percutaner Nukleotomie L 4/5 links am 25. April 2008 ist bei ihm von einer verminderten Belastbarkeit des Skelettsystems auszugehen. Das vom Kläger gezeigte Gangbild ist links hinkend, ataktisch, unsicher ohne Gehhilfen und er schleppt das linke Bein etwas nach. Unabhängig davon, ob diesen Einschränkungen, die sowohl von dem Reha-Klinikum Bad K. als auch von Dr. S. als nicht simuliert angegeben worden sind, eine neurologische Schädigung zugrunde liegt, beeinträchtigen sie das Leistungsvermögen des Klägers.
Aus neurologischer Sicht besteht bei dem Kläger ein Zustand nach Polytrauma mit schwerem Schädel-Hirn-Trauma und intracranieller Blutung. Als Gesundheitseinschränkungen sind ein organisches Psychosyndrom im Sinne einer Persönlichkeits- und Verhaltensstörung, persistierende kognitive Störungen und ein postkontusionelles Syndrom mit symptomatischen, am ehesten komplex-fokalen Anfällen mit teilweise sekundärer Generalisierung und inkompletter, sensomotorischer Hemisymptomatik links zu berücksichtigen. Nach den Festellungen von Dr. S. wirkt der Kläger in seinem Antwortverhalten etwas langsam, teilweise mit längeren Gesprächspausen und Wortfindungsstörungen. Konzentration, Aufmerksamkeit und Umstellfähigkeit wirken etwas vermindert bei einer Intelligenz im unteren Normbereich.
Nach dem Entlassungsbericht des S. Reha-Klinikums Bad K. vom 9. Juli 2008 ist der Kläger links schwachsichtig und schwerhörig, wobei eine Versorgung mit einem Hörgerät stattgefunden hat.
Zu diesem Zeitpunkt liegen bei dem Kläger die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für eine Rente wegen Erwerbsminderung nicht mehr vor. Die Beklagte hat unter Vorlage eines aktuellen Versicherungsverlaufs des Klägers mit Schriftsatz vom 1. September 2009 bestätigt, dass die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nur bei einem bis zum 1. Oktober 2003 eingetretenen Leistungsfall erfüllt wären.
Der Kläger hat während seiner selbstständigen Tätigkeit vom 1. März bis zum 8. November 2001 keine Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung geleistet. Damit können nachfolgende Zeiten der Arbeitsunfähigkeit, Arbeitsuchendmeldung etc. nicht zu Anrechnungszeiten führen, die den Zeitraum von fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung nach § 43 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 SGB VI verlängern. Anrechnungszeiten sind nach § 58 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 3 und Abs. 2 Satz 1 SGB VI Zeiten, in denen der Versicherte wegen Krankheit arbeitsunfähig gewesen ist, Leistungen zur medizinischen Rehabilitation erhalten hat oder wegen Arbeitslosigkeit bei einem deutschen Arbeitsamt als Arbeitssuchender gemeldet war und Leistungen bezogen (bzw. unter bestimmten Bedingungen nicht bezogen hat), wenn dadurch eine versicherte Beschäftigung oder selbstständige Tätigkeit unterbrochen ist. Eine Unterbrechung in diesem Sinne liegt nur vor, wenn zwischen dem Ende der versicherten Beschäftigung oder Tätigkeit und der Arbeitsunfähigkeit kein voller Kalendermonat liegt (vgl. z.B. Niesel in Kasseler Kommentar, § 58 SGB VI, RdNr. 100). Bereits die "Lücke" im Versicherungsverlauf von März bis Oktober 2001 überschreitet diesen Zeitraum.
Demgegenüber hat der Senat für einen vor dem 1. Oktober 2003 liegenden Zeitpunkt mit der erforderlichen Gewissheit weder ein quantitativ gemindertes Leistungsvermögen des Klägers noch eine Verschlossenheit des Arbeitsmarktes feststellen können.
Aus der vom 9. November bis zum 6. Dezember 2001 durchgeführten Rehabilitationsmaßnahme wurde der Kläger nach dem Entlassungsbericht der M. Klinik vom 20. Dezember 2001 mit einem Leistungsvermögen von mehr als sechs Stunden täglich sogar für mittelschwere Arbeiten entlassen. Unter Berücksichtigung der Kritik die bezüglich der Feststellungen in diesem Entlassungsbericht aus dem Gutachten von Dr. H. vom 11. Februar 2002 zu entnehmen ist, liegt dem Senat keine konkrete andere Leistungseinschätzung vor. Gewisse Anhaltspunkte für ein quantitativ gemindertes Leistungsvermögen des Klägers von drei bis unter sechs Stunden täglich lassen sich aus dem Entlassungsbericht der Tagesklinik des Neurologischen Rehabilitationszentrums L. vom 29. Januar 2003 entnehmen. Dipl.-Med. F. kommt in ihrem Gutachten vom 22. Mai 2003 demgegenüber zum Ergebnis eines vollschichtigen Leistungsvermögens des Klägers für leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt. Dr. F. ist in seinem Gutachten vom 27. September 2004 sogar darüber hinausgegangen und hat den Kläger noch für fähig erachtet, körperlich leichte bis mittelschwere Arbeiten sechs Stunden und mehr täglich verrichten zu können. Dipl.-Med. F. und Dr. F. geben eine deutliche bewusstseinsnahe Aggravation und Simulation des Klägers an. Sie belegen diese Feststellung jeweils mit Beispielen, die der Senat gut nachvollziehen kann. Es ist plausibel, dass die Einsatzfähigkeit im Arbeitsleben beeinträchtigende Merkfähigkeitsstörungen nicht vorliegen, wenn der Kläger - von der Untersuchungssituation abgelenkt - Sachverhalte detailgenau wiedergeben kann, ihm genannte Untersuchungsräume finden und sich Untersuchungsabläufe merken kann. Wenn das Erklärungsmodell von Dr. S. für Aggravation als eine Ausprägung einer krankhaften psychischen Störung nicht vom Senat widerlegt werden kann, genügt dies in Rückschau nicht, um die vorgenannten Gutachten in ihren Feststellungen zu entkräften. Denn dies setzt insbesondere voraus, dass eine wesentliche Veränderung des Krankheitsbildes des Klägers ausgeschlossen werden kann. Bezüglich der körperlichen Funktionseinbußen ist dies, wie oben dargelegt, bereits auf Grund der im April 2008 durchgeführten Operation nicht möglich. Es kann damit auch nicht ausgeschlossen werden, dass diese weitergehende körperliche Einschränkung auch Auswirkungen auf das Verhalten und Befinden des Klägers gehabt hat. Insoweit fällt auf, dass während der Rehabilitationsmaßnahme vom 17. Juni bis 5. Juli 2008 eine Diskrepanz zwischen den subjektiven Beschwerden des Klägers und den objektiven Befunden nicht mehr festgestellt wurde.
Für die Annahme einer Verschlossenheit des Arbeitsmarktes für einen vor November 2003 liegenden Zeitpunkt liegen dem Senat keine Befunde vor, an die eine solche Feststellung anknüpfen könnte. Damit standen dem Kläger auch körperlich zumindest bis mittelschwere Tätigkeiten offen, bei denen insbesondere die Einschränkungen des Klägers im Hinblick auf seine Kommunikationsfähigkeit und Daueraufmerksamkeit kein Hindernis darstellen müssen. Anhaltspunkte für eine erheblich herabgesetzte körperliche Leistungsfähigkeit des Klägers lassen sich erst mit der erforderlichen Gewissheit aus dem Verlauf seiner Erkrankung seit Frühjahr 2008 entnehmen. Der Kläger hat seinen Rentenantrag auf eine einseitige Lähmung und eine eingeschränkte Gedächtnisfunktion nach schwerem Schädel-Hirn-Trauma gestützt. Die einseitige Lähmung hat sich hier in sämtlichen Begutachtungen des Klägers nicht objektivieren lassen. Die eingeschränkte Gedächtnisfunktion hatte nach den überzeugenden Ausführungen von Dr. F. zum damaligen Zeitpunkt nicht die Ausprägung, dass der Kläger nicht in der Lage gewesen wäre, sich im Untersuchungsablauf und damit vergleichbar auch im Arbeitsablauf zurechtzufinden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision im Sinne von § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor. Es handelt sich um eine Entscheidung auf gesicherter Rechtsgrundlage, ohne dass der Senat von einer Entscheidung der in § 160 Abs. 2 Nr. 2 SGG genannten Gerichte abweicht.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung nach dem Sechsten Buch Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Rentenversicherung - (SGB VI).
Der am ... 1967 geborene Kläger absolvierte nach seiner Schulzeit (Acht-Klassen-Abschluss) vom 1. September 1981 bis zum 15. Februar 1984 eine Berufsausbildung zum Schlosser bzw. Instandhaltungsmechaniker. Danach war er als Heizer, Schweißer und Disponent tätig. Er war nach einer Zeit der Arbeitslosigkeit war der Kläger zuletzt vom 1. September bis zum 31. Dezember 2000 versicherungspflichtig in der Möbelmontage beschäftigt. Seit dem 1. März 2001 war er selbstständig tätig mit einem angemeldeten Gewerbe "Möbel- und Küchenmontagen, Küchenumsetzung, Kleintransporte bis 3,5 t, Hausmeisterservice". Die Gewerbeabmeldung erfolgte zum 31. Dezember 2001.
Der Kläger, der in seiner selbstständigen Tätigkeit weder in der gesetzlichen Rentenversicherung noch in der gesetzlichen Unfallversicherung versichert war, erlitt auf einem Arbeitsweg am 27. August 2001 einen schweren Verkehrsunfall. Nach dem Bericht bei Entlassung des Klägers aus der stationären Behandlung vom Unfalltag bis zum 20. September 2001 trug der Kläger ein schweres Polytrauma, ein Schädel-Hirn-Trauma, eine Felsenbein-, eine Kalottenfraktur links, ein kleines und nachfolgend ein großes epidurales Hämatom links-temporal, eine kleine Kontusionsblutung rechts-frontal sowie Frakturen im Bereich der Rippen und der Finger der linken Hand davon (der Kläger ist Rechtshänder).
Der Kläger bezieht seit September 2002 eine Rente aus einer privaten Berufsunfähigkeitsversicherung, jedoch keine Sozialleistungen. Bei ihm wurden ein Grad der Behinderung (GdB) von 80 und die Merkzeichen "G" und "B" festgestellt.
Aus der ihm von der Beklagten in der Zeit vom 9. November bis zum 6. Dezember 2001 gewährten stationären Rehabilitationsmaßnahme wurde der Kläger nach dem Entlassungsbericht der M. Klinik, Bad K., vom 20. Dezember 2001 mit einem Leistungsvermögen von sechs Stunden und mehr täglich ohne besondere Einschränkungen für eine Tätigkeit als selbstständiger Mechaniker bzw. im Küchenaufbau sowie für mittelschwere Arbeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt entlassen. Der logopädische Befund habe noch diskrete Wortfindungsstörungen gezeigt. Aus neuropsychologischer Sicht bestünden noch Einschränkungen der mnestischen Funktionen. Auch für die Zeit vor dem Unfall seien eine Lese-Rechtschreibschwäche sowie Gedächtnisschwierigkeiten von dem Kläger angegeben worden. Eine Einschränkung der konzentrativen Belastbarkeit des Klägers sei nicht mehr nachweisbar. Der Faustschluss und die Beugung des III. Fingers der linken Hand seien noch eingeschränkt. Das Gangbild sei sicher.
Der Kläger beantragte am 3. Januar 2002 bei der Beklagten die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung auf Grund der Unfallfolgen. Aus dem von der Beklagten eingeholten Befundbericht der Fachärztin für Allgemeinmedizin Dr. K. vom 4. März 2002 ergibt sich eine schnelle psychische und physische Erschöpfbarkeit des Klägers. Nach einem von der Beklagten u.a. beigezogenen Arztbrief des Facharztes für Neurologie/Chirotherapie Dr. W. vom 11. Januar 2002 lagen noch ein leichtes hirnorganisches Psychosyndrom, eine sensomotorische Halbseitensymptomatik links sowie elektrophysiologisch pathologische Befunde in den Tibia somatosensibel evozierten Potentialen (SEP) und im Elektroenzephalogramm (EEG) vor. Im Alltag wirkten sich deutlich limitierend die kognitiven Einschränkungen, die Feinmotorikstörung des linken Armes und die noch bestehende Leistungsinsuffizienz aus. Aus dem für das die private Krankenversicherung des Klägers durchführende Unternehmen erstellten Gutachten von Dr. H. vom 11. Februar 2002 geht hervor, der Kläger wirke sowohl motorisch als auch sprachlich verlangsamt. Er könne sich schlecht konzentrieren und zeige ein unsicheres, leicht hinkendes Gangbild. Es sei voraussichtlich von einer weiteren Arbeitsunfähigkeit des Klägers bis zum 30. April 2002 auszugehen. Bezüglich einer Berufsunfähigkeit könne zurzeit gutachterlich noch keine abschließende Empfehlung gegeben werden. Die positive Leistungseinschätzung der Rehabilitationsklinik bei Ende der Kur könne zum Untersuchungszeitpunkt "in keinster Weise" geteilt werden.
Die Beklagte lehnte den Antrag des Klägers mit Bescheid vom 18. März 2002 ab. Mit dem vorhandenen Leistungsvermögen könne er noch mindestens sechs Stunden täglich unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes erwerbstätig sein. Zur Begründung seines hiergegen am 27. März 2002 eingelegten Widerspruchs führte der Kläger aus, er sei körperlich kaum belastbar, könne nicht lange stehen oder sitzen und nicht kontrolliert zugreifen. Er sei durch einen unsicheren Gang, Schmerzen in der linken Hand, eine eingeschränkte Bewegungsfähigkeit des linken Armes, Kopfschmerzen mit Konzentrationsschwierigkeiten, ein trockenes linkes Auge sowie eine auf 45 v.H. verminderte Hörfähigkeit auf dem linken Ohr beeinträchtigt. Er fühle sich schnell ermüdet und erschöpft.
Unter dem 9. August 2002 wurde dem Kläger ärztlich attestiert, auf Grund seines Unfalls und der damit verbundenen Behinderungen nicht in der Lage zu sein, allein öffentliche Verkehrsmittel zu benutzen. Nach dem von der Beklagten beigezogenen Ergebnis der durch die Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie Dr. S. durchgeführten Leistungsdiagnostik vom 30. August 2002 verfügt der Kläger über ein relativ niedriges prämorbides allgemeines Intelligenzniveau bei einer guten Fähigkeit zum logischen Denken. Der Kläger könne noch durchschnittlich schnell, aber mit relativ vielen Fehlern arbeiten. Aus der während des Widerspruchsverfahrens in der Zeit vom 14. Oktober bis zum 11. Dezember 2002 - mit Unterbrechungen durch stationäre und ambulante Behandlungen - durchgeführten stationären Rehabilitationsmaßnahme wurde der Kläger nach dem Entlassungsbericht der Tagesklinik des Neurologischen Rehabilitationszentrums L. mit einem Leistungsvermögen für Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt von drei bis unter sechs Stunden täglich entlassen. Die Leistungsfähigkeit des Klägers sei durch die vorhandenen kognitiven Defizite und die psychische Überformung mit einer starken Fixierung auf die wahrgenommenen Defizite eingeschränkt. Erst nach einer erfolgreichen gesprächstherapeutischen Intervention und Psychotherapie sei eine erneute Erwerbsprognose sinnvoll.
Die Beklagte holte ein Gutachten von der Neurologin Dipl.-Med. F. vom 22. Mai 2003 ein. Der Kläger habe bei der Untersuchung angegeben, aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr Auto zu fahren. Öffentliche Verkehrsmittel könne er nicht benutzen, da er in einer zu großen Menschenmasse Druck empfinde. Der auch befragte Vater des Klägers habe angegeben, der Kläger leide an einer großen Vergesslichkeit. Die Gutachterin ist auf Grund der Untersuchung zu dem Ergebnis gelangt, der Kläger befinde sich in einem guten Allgemeinzustand. Seine Körperbewegungen seien koordiniert, sein Gangbild unsicher und stockend unter Benutzung einer Stütze rechts. Der neurologische Befund habe sich bis auf eine fragliche leichte Sensibilitätsstörung und Kraftminderung der linken Körperhälfte vollständig zurückgebildet. Im Vordergrund stehe jetzt eine ausgeprägte Konversionsstörung, Überbetonung der körperlichen Einschränkungen und Merkfähigkeitsstörung. Letztere stehe in krassem Widerspruch zu Detailangaben des Klägers. Es liege die Vermutung eines offensichtliches Rentenbegehrens bei finanzieller Notlage nahe. Der Kläger könne nach Auffassung der Gutachterin auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt noch vollschichtig leichte Arbeiten, zeitweise im Stehen oder Gehen und überwiegend im Sitzen, ohne höhere geistige Beanspruchung, ein Steigen auf Leiter bzw. Gerüste, Arbeiten an rotierenden Maschinen und ohne ein Führen von Kraftfahrzeugen verrichten.
Die Beklagte wies den Widerspruch des Klägers mit Widerspruchsbescheid vom 29. Juli 2003 als unbegründet zurück. Bei den Kläger liege noch ein Leistungsvermögen von sechs Stunden und mehr täglich für leichte bis mittelschwere Arbeiten in wechselnder Körperhaltung, ohne starken Zeitdruck (z.B. Akkord), Wechsel- bzw. Nachtschicht, häufiges schweres Heben und Tragen, häufiges Klettern und Steigen, erhöhte Unfallgefahr, erhöhte mentale Anforderungen, häufigen Publikumsverkehr sowie ohne besondere Anforderungen an die Feinmotorik der linken Hand unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes vor.
Mit seiner am 11. August 2003 bei dem Sozialgericht Halle erhobenen Klage hat der Kläger sein Begehren weiterverfolgt. Er sei auf Grund der mannigfaltigen Beschwerden, insbesondere der Hirnleistungsstörung und der epileptischen Anfälle, keinesfalls mehr in der Lage, einer geregelten Erwerbstätigkeit nachzugehen. Er könne sich Dinge - z.B. einen Auftrag - keine fünf Minuten merken und sei nicht in der Lage, selbstständig einen Arbeitsplatz zu erreichen.
Das Sozialgericht hat zunächst Befundberichte eingeholt. Dr. W. hat in seinem Befundbericht vom 28. November/1. Dezember 2003 angegeben, bei dem Kläger sei Anfang des Jahres 2003 eine Epilepsie diagnostiziert worden. Im Übrigen hätten sich wesentliche Änderungen seit der Erstuntersuchung im Januar 2002 nicht ergeben. Auf Grund der kognitiven Einschränkungen, die zum Teil noch durch die notwendige antiepileptische Medikation verstärkt würden, und weiterer neurologischer Ausfallsymptome halte er den Kläger nicht für fähig, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt eine sechsstündige Tätigkeit zu verrichten.
Aus dem in dem Verfahren über die Feststellung des GdB des Klägers vor dem Sozialgericht Halle - S 12 SB 111/03 - eingeholten Befundbericht des Facharztes für HNO/Allergologie Dr. K. vom 18. April 2004 ergibt sich ein Hörverlust des Klägers auf dem rechten Ohr von 0 bis 20 v.H. und auf dem linken Ohr von 40 bis 60 v.H. Bei der mittel- bis hochgradige kombinierte Schwerhörigkeit sei wahrscheinlich mit einer Hörhilfe eine ausreichende Verständigung mit dem Kläger über das Gehör möglich.
Das Sozialgericht hat sodann ein Gutachten von dem Facharzt für Nervenheilkunde Dr. F., Oberarzt der Neurologischen Klinik des Fachkrankenhauses B., vom 27. September 2004 mit einem psychologischen Zusatzgutachten von Dipl.-Psych. Sichting vom 20. September 2004 eingeholt. Nach dem Zusatzgutachten sind bei dem Kläger bei einer durchschnittlichen intellektuellen Befähigung leichte Störungen der anterograden Gedächtnisleistungen und Aufmerksamkeitsleistungen anzunehmen. Eine sichere Beurteilung sei auf Grund von Aggravationstendenzen erschwert. Es fänden sich Hinweise auf eine Konversionsstörung. Dr. F. hat ausgeführt, der Kläger habe angegeben, eine Gehhilfe zu benutzen, weil sein linkes Bein beim Laufen wegknicke, wenn er sich nicht darauf konzentriere. Wegen eines zunehmenden Müdigkeitsgefühls und des Eindrucks, sich "belämmert" zu fühlen, habe er eigenmächtig das Arzneimittel "Orfiril" in seiner täglichen Dosis verdoppelt. Diese Angabe werde durch den Sachverständigen stark angezweifelt. Der Kläger habe starke Beeinträchtigungen seines Kurzzeit- und Langzeitgedächtnisses angegeben. So wisse er sein Geburtsdatum und sein Alter nicht. Wenn er sich mit etwas im Kopf beschäftige, kippe er plötzlich aus dem Stehen heraus um, verliere das Bewusstsein und wisse später selbst nicht, was passiert sei. Sein Vater habe ihm - dem Kläger - über ein dabei auftretendes leichtes "Zucken" berichtet. Die Anfälle ereigneten sich ca. zwei- bis dreimal im Monat. Der Kläger habe bei der Untersuchung links ein Hörgerät getragen. Die Sprache des Klägers wirke stockend und leicht dysarthrisch mit gelegentlichem Grimassieren und aufgesetztem Lidschluss. Unter Beobachtung zeige der in seiner Intelligenz nicht geminderte Kläger ein stark hinkendes Gangbild mit Gehhilfe, unbeobachtet ein problemloses Laufen. Es bestehe ein Verdacht auf erhebliche Aggravations- und Simulationstendenzen. Die unkritische Paarung retro- und anterograder Gedächtnisdefizite erscheine unlogisch und sei psychopathologisch nicht nachvollziehbar. Die Anforderungen im Rahmen der Untersuchung, diverse Untersuchungsräume aufzusuchen und sich an gewisse Zeitpläne zum zügigen Ablauf der Untersuchungsgänge zu halten, seien dem Kläger völlig problemlos und selbstständig gelungen. Als Diagnosen lägen vor: Schädel-Hirn-Trauma im Rahmen eines Polytraumas nach Verkehrsunfall mit Contusio cerebri. Postkontusionelles Syndrom mit symptomatischen, am ehesten komplex-fokalen Anfällen mit teilweise sekundärer Generalisierung, inkompletter sensomotorischer Hemisymptomatik links und amnestischem Psychosyndrom. Die auffälligen laborchemischen Parameter könnten durch die Einnahme des Orfiril bedingt sein. Differentialdiagnostisch müsse aber auch ein nicht eindeutig nachweisbarer Alkoholmissbrauch diskutiert werden. In der neurologischen Zusatzuntersuchung seien im EEG keine Anfallszeichen nachweisbar gewesen. Der Kläger könne auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt täglich maximal sechs Stunden leichte bis mittelschwere Arbeiten im Wechsel der Haltungsarten, ohne starken Zeitdruck, Wechsel-/Nachtschicht, schweres Heben oder Tragen, Klettern, Steigen, ohne Arbeiten an rotierenden Maschinen, in absturzgefährdender Höhe bzw. mit Unfallgefahr sowie ohne erhöhte Anforderungen an kognitive Fähigkeiten und die Feinmotorik der linken Hand verrichten. Die Gehfähigkeit des Klägers sei eingeschränkt. Einen Fußweg von mehr als 500 Metern könne der Kläger mit einer Pause von fünf bis zehn Minuten nach einer Gehstrecke von ca. zehn Minuten zurücklegen. Er könne öffentliche Verkehrsmittel benutzen, die angegebenen epileptischen Anfälle stünden dem Führen eines Kraftfahrzeuges entgegen. In seiner ergänzenden gutachterlichen Stellungnahme vom 21. Januar 2005 hat Dr. F. ausgeführt, der Kläger sei in der Lage, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt im Rahmen eines unter vollschichtigen Leistungsvermögens maximal sechs Stunden täglich leichte bis mittelschwere Arbeiten mit den genannten Einschränkungen durchzuführen. Auf Grund der gegebenen kognitiven Einschränkungen und Konzentrationsstörungen seien dem Kläger auch leichte Arbeiten nicht über einen längeren Zeitraum als sechs Stunden täglich zuzumuten.
Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 11. Mai 2005 abgewiesen. Der Kläger sei weder voll noch teilweise erwerbsgemindert, da er noch über ein tägliches sechsstündiges Leistungsvermögen für leichte bis mittelschwere Arbeiten in wechselnder Körperhaltung, ohne häufiges schweres Heben und Tragen, ohne ein Klettern oder Steigen, starken Zeitdruck und ohne Arbeiten in Wechsel-/Nachtschicht verfüge. Zu vermeiden seien Arbeiten an rotierenden Elementen und Maschinen, mit dem Führen eines Pkw, Arbeiten in absturzgefährendenden Höhen, solche mit Unfallgefahr, erhöhten kognitiven Anforderungen oder besonderen Anforderungen an die Feinmotorik der linken Hand. Dem Kläger seien ein Fußweg von 500 Metern mit maximal einer Pause von fünf bis zehn Minuten, die Benutzung örtlicher Verkehrsmittel einschließlich öffentlicher Verkehrsmittel und die Wege zwischen Wohnung, Verkehrsmittel und Arbeitsplatz möglich. Die Leistungseinschränkungen des Klägers seien typisch im Sinne einer Beschränkung auf leichte Tätigkeiten.
Gegen das ihm am 15. Juni 2005 zugestellte Urteil hat der Kläger am 13. Juli 2005 Berufung bei dem Landessozialgericht Sachsen-Anhalt eingelegt. Die Beklagte sei ihrer Verpflichtung, eine konkrete Verweisungstätigkeit zu benennen, nicht nachgekommen. Zur Begründung hat der Kläger im Wesentlichen ausgeführt, unter Berücksichtigung seiner Gesundheitseinschränkungen, insbesondere seiner kognitiven Defizite und der psychiatrischen Einschränkungen, sei es ihm nicht möglich, sich einem Arbeitsplatz anzupassen. Er gehe davon aus, dass für ihn ein Arbeitsangebot mit einer ausreichenden Anzahl von Arbeitsplätzen nicht mehr vorhanden sei. Ihm sei es nicht möglich, eine Arbeitsstelle mit dem Pkw oder zu Fuß in einer zumutbaren Zeit zu erreichen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Halle vom 11. Mai 2005 sowie den Bescheid der Beklagten vom 18. März 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. Juli 2003 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm ab dem 1. April 2002 Rente wegen voller Erwerbsminderung, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung zu bewilligen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Der Senat hat zunächst durch Einholung von Befundberichten ermittelt. Dr. W. hat in seinem Befundbericht vom 23. Februar 2006 angegeben, während der im November 2005 wieder aufgenommenen Behandlung des Klägers scheine nur bezüglich der Anfallsereignisse bei symptomatischer Epilepsie unter der laufenden medikamentösen Therapie eine diskrete Besserung eingetreten zu sein. Dr. L. hat nach seinem Befundbericht vom 25. Juli 2006 bei dem Kläger eine Hyperlipidämie und einen Leberparenchymschaden festgestellt.
Der Kläger hat eine ärztliche Bescheinigung vom 6. Dezember 2006 vorgelegt, in der Dr. W. attestiert, er halte ein sechsstündiges Leistungsvermögen des Klägers für leichte bis mittelschwere Arbeiten für nicht gegeben. Dies lasse sich ganz praktisch nachvollziehen, da der Kläger z.B. immer wieder Hilfe bei der Interpretation behördlicher Schreiben benötige, Schwierigkeiten habe, sich Termine oder Dosierungen von Medikamenten zu merken etc. Hinzu kämen wiederkehrende Anfälle mit Funktionsstörungen des linken Beines, sodass eine erneute neurologische Begutachtung des Klägers angezeigt sei.
Der Senat hat sodann unter Genehmigung eines stationären Aufenthalts des Klägers von zwei Tagen in der Neurologischen Klinik Hessisch Oldendorf ein Gutachten von dem Facharzt für Neurologie Prof. Dr. R., Leitender Arzt und Ärztlicher Direktor dieser Klinik, vom 3. /18. Dezember 2007 und drei Zusatzgutachten eingeholt: einem neuropsychologischen und einem elektroencephalographischen Zusatzgutachten von dem Facharzt für Neurologie Dr. D. vom 23. bzw. 29. November 2007 sowie einem neuropsychologischen Zusatzgutachten von Dipl. Psych. A.r vom 29. November 2007.
Nach dem neuropsychologischen und dem elektroencephalographischen Zusatzgutachten von Dr. D. sind Zeichen einer umschriebenen oder allgemeinen Hirnfunktionsstörung oder ein Anhalt für eine erhöhte cerebrale Erregbarkeit nicht zu finden gewesen. Es liege ein EEG mit einem leicht unregelmäßigen Alpha-Grundrhythmus vor. Im Verlauf hätten sich kurze dysrhythmische Phasen ohne pathologische Signifikanz gezeigt. Unter Provokation sei es nicht zu einer Veränderung der elektroencephalographischen Kurven oder der Aktivität gekommen.
Nach dem neuropsychologischen Zusatzgutachten von Dipl.-Psych. A. war der Kläger insgesamt nur in einem sehr begrenzten Maße in der Lage, zur Anamnese sachlich beizutragen. Zu seiner sozialen Situation habe er angegeben, allein zu leben, aber auf die Hilfe seiner Eltern und seines Bruders, z.B. für die Zubereitung von Mahlzeiten, angewiesen zu sein. Er verlasse das Haus nur selten und ,z.B. zum Einkaufen, nur in Begleitung. Er unternehme viel mit seinem damals sechs Jahre alten Sohn und gehe mit ihm (ohne Begleitung) auf den Spielplatz, ins Kino oder zum Schwimmen. Er habe keinen geregelten Tagesablauf und verbringe viel Zeit mit Lesen und Malen; hin und wieder gehe er zum Schwimmen und besuche oft seine Eltern und die Familie seines Bruders. Er habe angegeben, keinerlei Erinnerung an seine biographischen Daten zu haben, sich aber an die Einschulung seines Sohnes gut erinnern zu können. Unter gezeigter Unsicherheit habe er einzelne Angaben machen, z.B. sein Geburtsdatum benennen können. Er sei aber in der Lage gewesen, am zweiten Untersuchungstag sowohl ausführlich den Verlauf des Vorabends zu schildern als auch detailliert darüber zu berichten, was er gelesen habe (u.a. eine Biographie). Er habe ohne Unterbrechung eineinhalb bis zwei Stunden kontinuierlich sitzend Testverfahren bearbeiten können. Die affektive Schwingungsfähigkeit des Klägers sei verflacht bei einem angemessenen Antrieb. Die Stimmung sei zum Teil leicht gehoben, zum Teil - insbesondere bei der Erhebung der Anamnese - habe sich der Kläger unterschwellig aggressiv gezeigt. Während des Anamnesegesprächs und im Verlauf der Untersuchung hätten sich weder sichtbare Anzeichen einer herabgesetzten psychischen Belastbarkeit noch Anzeichen für eine depressive Symptomatik gezeigt. In der Gesamtschau liege die intellektuelle Leistungsfähigkeit im engeren Sinne und die kognitive Umstellfähigkeit und Flexibilität des Klägers unter dem Durchschnitt an der Grenze zur leichten Störung. Bei einer durchschnittlich ausgeprägten Daueraufmerksamkeit sei im Hinblick auf die Bearbeitungsgüte von einer leichten Störung auszugehen. Insgesamt hätten sich die Gedächtnisleistungen mittelschwer vermindert gezeigt. Die Verfahren zur Diagnostik der Beschwerdevalidität deuteten auf eine klar eingeschränkte Kooperation im Sinne entweder einer Aggravation, Simulation oder negativen Grundeinstellung hin. Inkohärenzen zeigten sich auch, soweit der Kläger in der Lage sei, persönlich-biographische Daten nur rudimentär zu erinnern, aber aktuelle politisch-gesellschaftliche Ereignisse ausführlich zu schildern und darüber zu diskutieren. Es sei davon auszugehen, dass im Lauf der Zeit mit großer Wahrscheinlichkeit eine Überlagerung der hirnorganischen Beeinträchtigungen durch eine psychisch-reaktive Störung aufgetreten sei. Diese habe sich in der Folgezeit verstärkt und zeige zunehmend Zeichen einer erhöhten Eigenbeobachtung und klare Merkmale einer Neigung zur Verdeutlichung der Beschwerden. Aktive Bewältigungskompetenzen des Klägers seien aktuell nicht zu eruieren.
Prof. Dr. R. hat ausgeführt, der Kläger habe bei der Untersuchung angegeben, sein linkes Bein nicht zu spüren; es fehle dort auch die Kraft. Abends zucke das linke Bein regelmäßig für ca. eine Stunde. In der Frühe fühle er sich manchmal "hundeelend". Wenn er sich nicht darauf konzentriere, fielen ihm oft Sachen aus der linken Hand. Er empfinde ca. alle zwei Tage einen starken drückenden Schmerz im Bereich der Narbe des Kopfes, der vor allem durch Wetterwechsel verstärkt werde. Er vergesse auch "ab und zu mal was". Der Kläger sei mit einer Unterarmgehstütze in das Untersuchungszimmer gekommen, die er nach eigenen Angaben benutze, da er Angst habe "zusammenzuklappen". Während der Untersuchung habe er die Unterarmgehstütze sporadisch mal auf der rechten, mal auf der linken Seite benutzt. Der Gang sei in der Untersuchungssituation jedoch sicher und das Gangbild auch ohne Benutzung einer Unterarmgehstütze flüssig gewesen, wenn der Kläger sich unbeobachtet gefühlt habe. Der Romberg (Versuch der Standsicherheit) sei demonstrativ unsicher vorgeführt worden. Der Kläger habe im Rahmen des psychopathologischen Befundes Einschränkungen nur im Hinblick auf die affektive Schwingungsfähigkeit gezeigt. Im Hinblick auf die von dem Kläger angegebenen körperlichen Symptome habe sich eine klare Diskrepanz von Befund und Befinden ergeben. Für die angegebene halbseitige Lähmung habe sich in der klinischen Untersuchung keine objektivierbare Evidenz ergeben. Die Angabe einer streng median begrenzten Gefühlsstörung spreche gegen eine echte organische Schädigung. Vor dem Hintergrund der Zusatzgutachten sei von nur noch leichten Störungen anterograder Gedächtnisleistungen sowie einer leichten Minderung der Aufmerksamkeitsmodalitäten infolge des Schädel-Hirntraumas auszugehen. Glaubhaft sei, dass eine vermehrte "Vergesslichkeit" bei dem Kläger auftrete. Keineswegs sei das Ausmaß der neuropsychologischen Beeinträchtigung so stark, dass Aktivitäten des täglichen Lebens hierdurch schwer beeinträchtigt wären. Neurologisch objektivierbare Lähmungserscheinungen bestünden nicht. Es seien dem Kläger bewusstseinsnahe Anteile im Sinne von Simulationstendenzen zu attestieren. Auf die Frage 3 d) der Beweisanordnung "Ist dem Kläger ein ursprünglich zweckgerichtetes Verhalten im Laufe des Verfahrens der willkürlichen (bewussten) Steuerung entglitten?" gab der Sachverständige an, seines Erachtens sei eine derartige Entwicklung nicht feststellbar. Der Kläger könne noch körperlich schwere Tätigkeiten unter Vermeidung von Arbeiten mit besonderen Anforderungen an Gedächtnis und Aufmerksamkeit sechs Stunden und mehr täglich zu verrichten. Die Gehfähigkeit des Klägers sei nicht eingeschränkt. Eine Leistungsminderung habe bis zum Ende der Rehabilitationsmaßnahme vorgelegen. Spezifische Heilmaßnahmen seien nicht erforderlich.
Der Kläger hat nachfolgend die Fachkompetenz von Prof. Dr. R. und dessen Feststellung, er - der Kläger - könne seine Einschränkungen bei Willensanspannung selbst überwinden, angezweifelt. Unter Bezugnahme auf den Entlassungsbericht über seine stationäre Behandlung in der Zeit vom 18. April bis zum 1. Mai 2008 in der orthopädischen Klinik des Universitätsklinikums der F.-Sch.-Universität vom 1. Mai 2008 hat der Kläger auf seine Funktionseinschränkungen auch auf orthopädischem Gebiet hingewiesen. Aus dem Entlassungsbericht ergibt sich als Aufnahmebefund ein deutlich vornübergebeugtes kleinschrittiges Gangbild bei einer akuten Exazerbation einer chronischen Lumboischialgie linksbetont mit NPP (Nucleus pulposus Prolaps) L 4/5. Da auf Grund des konservativen Therapieregimes eine Beschwerdelinderung nicht habe erreicht werden können, sei am 25. April 2008 eine mikroskopisch assistierte percutane Nukleotomie L 4/5 durchgeführt worden.
Die Beklagte hat dem Kläger daraufhin eine stationäre medizinische Rehabilitationsmaßnahme in der Zeit vom 17. Juni bis zum 5. Juli 2008 bewilligt. Nach dem Entlassungsbericht des S. Reha-Klinikums Bad K. vom 9. Juli 2008 ist der Kläger links schwachsichtig und schwerhörig mit Versorgung durch ein Hörgerät. Nach einem einstündigen Gespräch sei der Kläger schnell müde geworden. Das Gangbild sei links hinkend, ataktisch und unsicher ohne Gehhilfen. Der Kläger schleppe das linke Bein etwas nach. Zwischen den subjektiven Beschwerden des Klägers und den objektiven Befunden liege keine Diskrepanz vor. Auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt könne der Kläger aus rein orthopädischer Sicht leichte körperliche Tätigkeiten jeweils zeitweise im Stehen oder Gehen und überwiegend im Sitzen sechs Stunden und mehr täglich verrichten. Aus neurologischer Sicht bestehe bei dem Zustand nach Polytrauma mit schwerem Schädel-Hirn-Trauma und intracranieller Blutung etc. sicher nur ein Leistungsvermögen von unter drei Stunden täglich.
Der Senat hat sodann ein Gutachten von dem Arzt für Neurologie/Psychiatrie/Psychotherapie Dr. S., Chefarzt der Abteilung für psychische Erkrankungen der Klinik B. W., vom 22. März 2009 eingeholt. Nach den Ausführungen des Sachverständigen hat der Kläger dort angegeben, ein verändertes Temperaturempfinden im Bereich der Kalotte zu haben. Ohne Mütze trete ein Druckgefühl im Kopf auf. Er lese viel und könne sich z.B. mit Essen selbst versorgen, wenn es ihm gutgehe. Mit dem Auto fahre er nur noch selten im Bereich seiner Stadt. Der Kläger benutze beim Gehen zwar eine Gehstütze und zeige ein leichtes Hinken, weise insgesamt jedoch ein flüssiges Gangbild auf. In seinem Antwortverhalten wirke er zunächst etwas langsam, teilweise mit längeren Gesprächspausen und Wortfindungsstörungen, dann aber flüssig. Während er im Kontaktverhalten freundlich sei, wirkten die Mimik und Affekte dabei flach und wiesen eine verminderte Resonanzfähigkeit auf. Das falle besonders dann auf, wenn Gesprächsbestandteile mit dramatischen Inhalten affektiv nicht untermauert würden. Die Stimmung wirke etwas niedergedrückt, die Konzentration und Aufmerksamkeit und Umstellfähigkeit wirkten etwas vermindert. Die Intelligenz liege im unteren Normbereich. Die kognitiven Defizite seien nach Durchsicht der Akten bisher vorwiegend neuropsychologisch interpretiert worden. Bei den vorangegangenen Begutachtungen seien die Auswirkungen der nachgewiesenen neuropsychologischen Defizite häufig damit relativiert worden, die Ausprägung der Störung sei durch Aggravations- und Simulationstendenzen stark beeinflusst. Selbst dann, wenn das Ergebnis der zur Verifizierung der Aggravations- und Simulationstendenzen eingesetzten testpsychologische Simulationstests dieses Ergebnis nicht erbracht hätten, seien diese als Ausdruck von Aggravation/Simulation interpretiert worden. Aus psychiatrisch-psychotherapeutischer Sicht könnten sich als Folge einer durch ein Schädel-Hirn-Trauma verursachten Hirnschädigung nicht nur neurologische und neuropsychologische Defizite einstellen, sondern auch psychische Wesensveränderungen. Aggravations- und Simulationstendenzen könnten hierbei auch selbst als Symptom einer Hirnschädigung verstanden werden. Er könne Aggravation und Simulation hier nicht mit Sicherheit ausschließen; die testpsychologischen Ergebnisse wiesen eher darauf hin, dass eine Aggravation nicht vorliege. Vielmehr sei der Kläger bemüht gewesen, mit einem Erfolg bei ausreichender Zeit. Ihm sei dies aber unter Leistungsaspekten nicht mehr möglich gewesen. Durch die antiepileptische Medikation sei eine Verstärkung der kognitiven Symptome möglich. Bezüglich der verminderten körperlichen Leistungsfähigkeit, die aus der im April 2008 hinzugetretenen neuen Erkrankung resultiere, verweise er auf den Entlassungsbericht des S. Reha-Klinikums Bad K ... Als Gesundheitsstörungen seien zu berücksichtigen: Zustand nach Schädel-Hirn-Trauma im Rahmen eines Polytraumas nach Verkehrsunfall am 27. August 2001 mit organischem Psychosyndrom nach Schädelhirntrauma im Sinne einer Persönlichkeits- und Verhaltensstörung auf Grund einer Krankheit, Schädigung oder Funktionsstörung des Gehirns, persistierenden kognitiven Störungen, amnestischem Psychosyndrom, postkontusionellem Syndrom mit symptomatischen, am ehesten komplex-fokalen Anfällen mit teilweise sekundärer Generalisierung, inkompletter, sensomotorischer Hemisymptomatik links. Zustand nach mikroskopisch assistierter percutaner Nukleotomie L 4/5 links am 25. April 2008. Hyperlipidämie. Leberparenchymschaden. Das organische Psychosyndrom mit psychischen und neuropsychologischen Störungen sowie die persistierende neurologische Symptomatik seien als Folgen des Unfalls im Jahr 2001 anzusehen. Mit der Besserung der akuten Symptomatik, der Stabilisierung des Allgemeinzustandes und Wiedererlangung der Mobilität habe sich die persistierende komplexe Symptomatik eines postkontusionellen Syndroms ausgebildet. Es sei anzunehmen, dass sich bestimmte Teilaspekte bessern könnten (möglicherweise neurologische, neuropsychologische Funktionen), andere jedoch auch zu einer Verstärkung führen könnten (Akzentuierung einer psychischen Wesensveränderung). Nach Durchsicht der vorliegenden Unterlagen müsse davon ausgegangen, dass die aktuell beschriebene Symptomatik in wesentlichen Grundzügen bereits im Jahr 2002 bestanden habe. Bei dem komplexen Störungsbild mit gegenseitiger Beeinflussung der einzelnen Störungen seien die resultierenden Defizite so ausgeprägt, dass es dem Kläger aus aktueller Sicht nicht mehr möglich sei, drei Stunden täglich einer Tätigkeit im Erwerbsleben nachzugehen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten, die Verwaltungsakte der Beklagten und die Kopien aus der beigezogenen Verwaltungsakte des Landesversorgungsamtes Sachsen-Anhalt - Az. -, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist unbegründet.
Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen.
Dem Kläger steht ein Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung oder wegen teilweiser Erwerbsminderung nicht zu. Der angefochtene Bescheid der Beklagten ist rechtmäßig und verletzt den Kläger deshalb nicht in seinen Rechten (§ 54 Abs. 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG)).
Der Kläger hat keinen Anspruch auf eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung.
Gemäß § 43 Abs. 1 SGB VI haben Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie teilweise erwerbsgemindert sind, in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Erwerbstätigkeit und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben. Erwerbsgemindert ist nach § 43 Abs. 3 SGB VI nicht, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.
Bei dem Kläger liegt seit dem gesicherten Hinzutreten der Funktionseinschränkungen durch eine chronische Lumboischialgie im April 2008 eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen vor, die auch bei einem - hier nicht eindeutig feststehenden - täglich sechsstündigen Leistungsvermögen des Klägers zu diesem Zeitpunkt zur Verschlossenheit des allgemeinen Arbeitsmarktes führt. Gleichzeitig fehlt es bei dem damit maßgebenden Leistungsfall im April 2008 an den besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für die begehrte Rentenbewilligung.
Der Senat hat im Ergebnis offen lassen können, ob sich aus den Feststellungen von Dr. S. ein Leistungsfall bei der Untersuchung durch diesen Sachverständigen im Februar 2009 auf Grund eines quantitativen Leistungsvermögens des Klägers ergeben würde. Denn zu Überzeugung des Senats steht fest, dass das Restleistungsvermögen des Kläger bereits seit der Operation am 25. April 2008 nicht mehr für zumindest leichte körperliche Verrichtungen im Wechsel der drei Körperhaltungen wie z.B. Zureichen, Abnehmen, leichte Reinigungsarbeiten ohne Zwangshaltungen, Kleben, Sortieren, Verpacken und Zusammensetzen von Teilen sowie Bürohilfsarbeiten ausreichte (vgl. die Aufzählungen in dem Beschluss des Großen Senats (GS) des Bundessozialgerichts (BSG) vom 19. Dezember 1996 - GS 2/95 - SozR 3-2600 § 44 Nr. 8 = BSGE 80, 24, 33 f.). Bei dem Kläger liegen seit April 2008 erhebliche orthopädische Funktionseinschränkungen in Verbindung mit Einschränkungen der verbalen Kommunikationsfähigkeit, Aufmerksamkeitsdefiziten und zumindest leichten Beeinträchtigungen des Hör- und Sehvermögens vor.
Auf Grund des bei dem Kläger vorleigenden Zustands nach mikroskopisch assistierter percutaner Nukleotomie L 4/5 links am 25. April 2008 ist bei ihm von einer verminderten Belastbarkeit des Skelettsystems auszugehen. Das vom Kläger gezeigte Gangbild ist links hinkend, ataktisch, unsicher ohne Gehhilfen und er schleppt das linke Bein etwas nach. Unabhängig davon, ob diesen Einschränkungen, die sowohl von dem Reha-Klinikum Bad K. als auch von Dr. S. als nicht simuliert angegeben worden sind, eine neurologische Schädigung zugrunde liegt, beeinträchtigen sie das Leistungsvermögen des Klägers.
Aus neurologischer Sicht besteht bei dem Kläger ein Zustand nach Polytrauma mit schwerem Schädel-Hirn-Trauma und intracranieller Blutung. Als Gesundheitseinschränkungen sind ein organisches Psychosyndrom im Sinne einer Persönlichkeits- und Verhaltensstörung, persistierende kognitive Störungen und ein postkontusionelles Syndrom mit symptomatischen, am ehesten komplex-fokalen Anfällen mit teilweise sekundärer Generalisierung und inkompletter, sensomotorischer Hemisymptomatik links zu berücksichtigen. Nach den Festellungen von Dr. S. wirkt der Kläger in seinem Antwortverhalten etwas langsam, teilweise mit längeren Gesprächspausen und Wortfindungsstörungen. Konzentration, Aufmerksamkeit und Umstellfähigkeit wirken etwas vermindert bei einer Intelligenz im unteren Normbereich.
Nach dem Entlassungsbericht des S. Reha-Klinikums Bad K. vom 9. Juli 2008 ist der Kläger links schwachsichtig und schwerhörig, wobei eine Versorgung mit einem Hörgerät stattgefunden hat.
Zu diesem Zeitpunkt liegen bei dem Kläger die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für eine Rente wegen Erwerbsminderung nicht mehr vor. Die Beklagte hat unter Vorlage eines aktuellen Versicherungsverlaufs des Klägers mit Schriftsatz vom 1. September 2009 bestätigt, dass die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nur bei einem bis zum 1. Oktober 2003 eingetretenen Leistungsfall erfüllt wären.
Der Kläger hat während seiner selbstständigen Tätigkeit vom 1. März bis zum 8. November 2001 keine Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung geleistet. Damit können nachfolgende Zeiten der Arbeitsunfähigkeit, Arbeitsuchendmeldung etc. nicht zu Anrechnungszeiten führen, die den Zeitraum von fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung nach § 43 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 SGB VI verlängern. Anrechnungszeiten sind nach § 58 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 3 und Abs. 2 Satz 1 SGB VI Zeiten, in denen der Versicherte wegen Krankheit arbeitsunfähig gewesen ist, Leistungen zur medizinischen Rehabilitation erhalten hat oder wegen Arbeitslosigkeit bei einem deutschen Arbeitsamt als Arbeitssuchender gemeldet war und Leistungen bezogen (bzw. unter bestimmten Bedingungen nicht bezogen hat), wenn dadurch eine versicherte Beschäftigung oder selbstständige Tätigkeit unterbrochen ist. Eine Unterbrechung in diesem Sinne liegt nur vor, wenn zwischen dem Ende der versicherten Beschäftigung oder Tätigkeit und der Arbeitsunfähigkeit kein voller Kalendermonat liegt (vgl. z.B. Niesel in Kasseler Kommentar, § 58 SGB VI, RdNr. 100). Bereits die "Lücke" im Versicherungsverlauf von März bis Oktober 2001 überschreitet diesen Zeitraum.
Demgegenüber hat der Senat für einen vor dem 1. Oktober 2003 liegenden Zeitpunkt mit der erforderlichen Gewissheit weder ein quantitativ gemindertes Leistungsvermögen des Klägers noch eine Verschlossenheit des Arbeitsmarktes feststellen können.
Aus der vom 9. November bis zum 6. Dezember 2001 durchgeführten Rehabilitationsmaßnahme wurde der Kläger nach dem Entlassungsbericht der M. Klinik vom 20. Dezember 2001 mit einem Leistungsvermögen von mehr als sechs Stunden täglich sogar für mittelschwere Arbeiten entlassen. Unter Berücksichtigung der Kritik die bezüglich der Feststellungen in diesem Entlassungsbericht aus dem Gutachten von Dr. H. vom 11. Februar 2002 zu entnehmen ist, liegt dem Senat keine konkrete andere Leistungseinschätzung vor. Gewisse Anhaltspunkte für ein quantitativ gemindertes Leistungsvermögen des Klägers von drei bis unter sechs Stunden täglich lassen sich aus dem Entlassungsbericht der Tagesklinik des Neurologischen Rehabilitationszentrums L. vom 29. Januar 2003 entnehmen. Dipl.-Med. F. kommt in ihrem Gutachten vom 22. Mai 2003 demgegenüber zum Ergebnis eines vollschichtigen Leistungsvermögens des Klägers für leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt. Dr. F. ist in seinem Gutachten vom 27. September 2004 sogar darüber hinausgegangen und hat den Kläger noch für fähig erachtet, körperlich leichte bis mittelschwere Arbeiten sechs Stunden und mehr täglich verrichten zu können. Dipl.-Med. F. und Dr. F. geben eine deutliche bewusstseinsnahe Aggravation und Simulation des Klägers an. Sie belegen diese Feststellung jeweils mit Beispielen, die der Senat gut nachvollziehen kann. Es ist plausibel, dass die Einsatzfähigkeit im Arbeitsleben beeinträchtigende Merkfähigkeitsstörungen nicht vorliegen, wenn der Kläger - von der Untersuchungssituation abgelenkt - Sachverhalte detailgenau wiedergeben kann, ihm genannte Untersuchungsräume finden und sich Untersuchungsabläufe merken kann. Wenn das Erklärungsmodell von Dr. S. für Aggravation als eine Ausprägung einer krankhaften psychischen Störung nicht vom Senat widerlegt werden kann, genügt dies in Rückschau nicht, um die vorgenannten Gutachten in ihren Feststellungen zu entkräften. Denn dies setzt insbesondere voraus, dass eine wesentliche Veränderung des Krankheitsbildes des Klägers ausgeschlossen werden kann. Bezüglich der körperlichen Funktionseinbußen ist dies, wie oben dargelegt, bereits auf Grund der im April 2008 durchgeführten Operation nicht möglich. Es kann damit auch nicht ausgeschlossen werden, dass diese weitergehende körperliche Einschränkung auch Auswirkungen auf das Verhalten und Befinden des Klägers gehabt hat. Insoweit fällt auf, dass während der Rehabilitationsmaßnahme vom 17. Juni bis 5. Juli 2008 eine Diskrepanz zwischen den subjektiven Beschwerden des Klägers und den objektiven Befunden nicht mehr festgestellt wurde.
Für die Annahme einer Verschlossenheit des Arbeitsmarktes für einen vor November 2003 liegenden Zeitpunkt liegen dem Senat keine Befunde vor, an die eine solche Feststellung anknüpfen könnte. Damit standen dem Kläger auch körperlich zumindest bis mittelschwere Tätigkeiten offen, bei denen insbesondere die Einschränkungen des Klägers im Hinblick auf seine Kommunikationsfähigkeit und Daueraufmerksamkeit kein Hindernis darstellen müssen. Anhaltspunkte für eine erheblich herabgesetzte körperliche Leistungsfähigkeit des Klägers lassen sich erst mit der erforderlichen Gewissheit aus dem Verlauf seiner Erkrankung seit Frühjahr 2008 entnehmen. Der Kläger hat seinen Rentenantrag auf eine einseitige Lähmung und eine eingeschränkte Gedächtnisfunktion nach schwerem Schädel-Hirn-Trauma gestützt. Die einseitige Lähmung hat sich hier in sämtlichen Begutachtungen des Klägers nicht objektivieren lassen. Die eingeschränkte Gedächtnisfunktion hatte nach den überzeugenden Ausführungen von Dr. F. zum damaligen Zeitpunkt nicht die Ausprägung, dass der Kläger nicht in der Lage gewesen wäre, sich im Untersuchungsablauf und damit vergleichbar auch im Arbeitsablauf zurechtzufinden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision im Sinne von § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor. Es handelt sich um eine Entscheidung auf gesicherter Rechtsgrundlage, ohne dass der Senat von einer Entscheidung der in § 160 Abs. 2 Nr. 2 SGG genannten Gerichte abweicht.
Rechtskraft
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