L 3 R 527/06

Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Dessau-Roßlau (SAN)
Aktenzeichen
S 2 R 38/05
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 3 R 527/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
volle Erwrbsminderung
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Dessau vom 28. September 2006 abgeändert und die Klage insgesamt abgewiesen. Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Bewilligung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung für die Zeit vom 1. November 2004 bis zum 31. Oktober 2006 nach dem Sechsten Buch Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Rentenversicherung – (SGB VI).

Der am ... 1963 geborene Kläger durchlief nach dem Abschluss der 10. Schulklasse in der Zeit vom 1. September 1980 bis zum 15. Juli 1982 eine Ausbildung zum landwirtschaftlichen Schlosser. Er war dann vom 16. Juli 1981 bis 1991 als Landmaschinenschlosser - mit einer Zeit des Wehrdienstes vom 1. Mai 1989 bis zum 30. April 1990 - vom 1. September 1991 bis zum 30. April 1992 im Sicherheitsdienst (ASW) und zuletzt von September 1992 bis zu seinem Arbeitsunfall am 30. April 2002 als Kraftfahrer und Tiefbauer versicherungspflichtig tätig. Der Kläger bezog dann ab dem 12. Juni 2002 Verletztengeld und ab dem 28. Oktober 2003 Unfallrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 30 v. H ...

Er verfügt über einen PKW und einen Führerschein.

Der Kläger beantragte am 10. Dezember 2002 bei der Beklagten die Bewilligung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung unter Hinweis auf die Knieverletzung rechts, die er sich bei dem Arbeitsunfall zugezogen hatte.

Die Beklagte zog mehrere medizinische Unterlagen bei, u.a. den Entlassungsbericht der Klinik am Tharandter Wald vom 28. November 2002, in der sich der Kläger vom 5. bis zum 28. November 2002 zur berufsgenossenschaftlichen stationären Weiterbehandlung befunden hatte. In dem Entlassungsbericht werden als Diagnosen eine Teilsteife des rechten Kniegelenks nach postoperativem Kniegelenksempyem infolge operativ versorgter lateraler Tibiakopffraktur sowie lateraler und medialer Meniskusläsion (Operation 6.05.02, Revisions-Operationen 28.05.-12.06.02), eine Handgelenksfraktur rechts 1992 und eine Sprunggelenksfraktur rechts 1993 berücksichtigt. Trotz intensiver stationärer Behandlung sei eine Verbesserung des Zustandes des rechten Kniegelenkes nicht möglich gewesen. Angesichts der sehr schlechten Röntgenbefunde mit Einsinken des lateralen Femurkondylus in die Tibiaplateauhälfte und unter Berücksichtigung der bakteriellen Kniegelenksentzündung nach operativer Versorgung sei der Zustand derzeit kurzfristig nicht zu bessern. Beruflich sei in den nächsten ein bis zwei Jahren keine Tätigkeit in irgendeiner Form zumutbar. Weder eine Rückkehr in die frühere Tätigkeit als LKW-Fahrer noch andere vollschichtige Fahrtätigkeiten mit einem PKW oder einem Kleintransporter seien zumutbar. Es empfehle sich eine berufliche Neuorientierung in einen sitzenden Beruf.

Die Beklagte bewilligte dem Kläger daraufhin mit Bescheid vom 3. April 2003 Rente wegen voller Erwerbsminderung für die Zeit vom 1. Dezember 2002 bis zum 31. Oktober 2003 und verlängerte diese mit Bescheid vom 5. November 2003 bis zum 31. Oktober 2004.

Auf den Weitergewährungsantrag des Klägers vom 17. Juni 2004 zog die Beklagte zunächst einen Befundbericht des Facharztes für Chirurgie und Unfallchirurgie Dr. S., Oberarzt der Klinik für Unfall- und Handchirurgie im Städtischen Klinikum D., vom 7. Juli 2004 bei, der eine viertgradige posttraumatische Gonarthrose des rechten Kniegelenks bei Zustand nach operativ versorgter Tibiakopffraktur sowie suprakondylärer Oberschenkelfraktur rechts sowie ein Kniege- lenksemphyem rechts mitteilte. Eine Änderung des Gesundheitszustandes sei in den letzten zwölf Monaten nicht eingetreten. Dr. S. fügte eine Magnetresonanztomografie (MRT) des rechten Kniegelenks vom 30. Juni 2004 sowie mehrere selbst erstellte Zwischenberichte zum Stand der Heilbehandlung bei. Er teilte unter dem 2. Oktober 2003 eine Besserung der klinischen Situation durch die Schmerztherapie mit. Unter dem 10. Juni 2004 zeigte er eine deutlich verbesserte Beweglichkeit nach Arthroskopie und Metallentfernung im rechten Kniegelenk auf. Es sei mit einer weiteren Besserung kaum zu rechnen. Die Röntgenuntersuchung des rechten Ober- und Unterschenkels mit Kniegelenk in zwei Ebenen zeige eine leichte Varusfehlstellung innerhalb des Kniegelenks. Die Frakturen seien gut konsolidiert. Die Tätigkeit als Berufskraftfahrer mit Be- und Entladetätigkeiten werde der Kläger nicht mehr ausführen können.

Die Beklagte veranlasste sodann eine Begutachtung des Klägers durch die Fachärztin für Orthopädie Dr. H ... Diese teilte in ihrem Gutachten vom 17. August 2004 mit, der Kläger benutze einen Unterarmgehstock und könne nach seinen Angaben keine 500 Meter gehen. Dr. H. beschrieb einen Gang mit rechts abduziertem Bein sowie ein Schonhinken rechts. Sie diagnostizierte zusätzlich: Posttraumatische Valgus-Gonarthrose rechts, Instabilität des vorderen und hinteren Kreuzbandes rechts, Instabilität der Seitenbänder rechts, erhebliche Muskelatrophie des rechten Oberschenkels. Beginnende degenerative Veränderungen links lateral des Kniegelenks, Coxalgie beidseits mit Funktionseinschränkung rechts. Lumbales Schmerzsyndrom bei Spondylarthrose.

Eine wesentliche Verbesserung des jetzigen Zustands sei nicht zu erwarten. Eine berufliche Rehabilitation erscheine sinnvoll. In seinen letzten Berufen sei der Kläger nicht mehr einsetzbar. Bei der sozialmedizinischen Beurteilung hatte Dr. H. zunächst das Kästchen "drei bis unter sechs Stunden" angekreuzt und dies dann korrigiert in "sechs Stunden und mehr". Auf dem Anlageblatt zum Gutachten "Sozialmedizinische Feststellung des quantitativen Leistungsvermögens nach dem geltenden Recht vor dem 01.01.2001" gab sie an, der Kläger könne eine Tätigkeit entsprechend dem positiven und negativen Leistungsbild zweistündig bis unterhalbschichtig ausüben. Ferner verneinte sie die Fähigkeit des Klägers, eine einfache Wegstrecke von mehr als 500 Metern viermal täglich zu Fuß zurückzulegen.

Mit Bescheid vom 14. September 2004 lehnte die Beklagte den Weitergewährungsantrag des Klägers ab. Die Erwerbsfähigkeit des Klägers sei durch ein Arbeitsunfallfolgeleiden von April 2002 im Bereich des rechten Beines/rechten Kniegelenks, Hüftgelenksschmerzen beidseits, ein beginnendes Aufbrauchleiden des linken Kniegelenks und ein Lendenwirbelsäulensyndrom beeinträchtigt. Der Kläger könne noch mindestens sechs Stunden je Arbeitstag (5-Tage-Woche) unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes erwerbstätig sein. Den dagegen eingelegten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 23. Dezember 2004 als unbegründet zurück. Bei dem Kläger bestehe ein Leistungsvermögen von sechs Stunden und mehr täglich für leichte Arbeiten in wechselnder, überwiegend sitzender Körperhaltung ohne häufiges Bücken, Hocken, Knien, ohne häufige Zwangshaltungen des rechten Knies, ohne häufiges Klettern und Steigen, ohne erhöhte Unfallgefahr (z.B. Absturzgefahr, ungesicherte Maschinen) und unter den Gegebenheiten der Gang- und Standsicherheit unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes.

Hiergegen hat sich der Kläger mit der am 24. Januar 2005 beim Sozialgericht Dessau erhobenen Klage gewandt und seinen Anspruch auf Weitergewährung der Rente wegen voller Erwerbsminderung über den 31. Oktober 2004 weiterverfolgt. Er hat insbesondere auf die erheblichen Schmerzzustände verwiesen, die die Einnahme von starken Schmerzmitteln notwendig machten und selbst der Verrichtung nur leichter Tätigkeiten entgegenstünden.

Das Sozialgericht hat zunächst einen Befundbericht von Dr. S. vom 26. April 2005 eingeholt, der eine medikamentöse dauerhafte Schmerztherapie und keine Veränderung des Gesundheitszustandes seit Beginn des Jahres angegeben hat. Die Beklagte hat daraufhin den stellvertretenden Klinikdirektor der orthopädischen Universitätsklinik der Ottovon-Guericke-Universität M. Prof. Dr. G. das Gutachten vom 13. März 2006 erstatten lassen. Bei der Begutachtung habe der Kläger mitgeteilt, nur mit einer Unterarmstütze und dann lediglich 20 Meter gehen zu können, dann würden sich die Schmerzen verstärken. Prof. Dr. G. beschrieb ein deutliches Schonhinken rechts (mit Unterarmgehstütze). Die Beinverkürzung rechts betrage einen cm im Stand, ferner bestehe eine Muskelathrophie des rechten Oberschenkels. Ein Erguss oder Entzündungszeichen lägen nicht vor. Die Patella sei nur gering verschieblich. Die Seiten- und Kreuzbänder zeigten keine eindeutigen Instabilitätszeichen. Nach der Röntgenaufnahme des rechten Kniegelenkes vom 28. Mai 2005 sei eine nach lateral verbreiterte Patella mit verschmälertem Gelenkspalt nachweisbar. Prof. Dr. G. hat als Diagnosen angeführt:

Zustand nach Tibiakopffraktur mit nachfolgendem Kniegelenksemphyem und suprakondylärer Femurfraktur. Ausgeprägte Bewegungseinschränkung des rechten Kniegelenks mit sekundärer Arthrose. Sekundäre Bewegungseinschränkung im Bereich des rechten Hüft- und Sprunggelenks.

Mit diesen krankhaften Veränderungen gingen die glaubhaften Schmerzen im rechten Kniegelenk und die dadurch verminderte Belastbarkeit des rechten Beines einher. Die Erkrankung des Klägers sei im Vergleich zu dem orthopädischen Gutachten vom 17. August 2004 in etwa gleich geblieben. Der Kläger könne nur noch leichte körperliche Arbeiten mit einfachen Anforderungen im Wechsel zwischen Gehen, Stehen und Sitzen nur noch vier bis sechs Stunden täglich ausüben. Da er aufgrund der Kniegelenkserkrankung mit belastungsabhängigen Beschwerden, der Bewegungseinschränkung im rechten Hüft- und Sprunggelenk und der muskulären Insuffizienz nicht längere Zeit stehen könne und durch die eingeschränkte Beugefähigkeit mit bestehenden Schmerzen auch das Sitzen über längere Zeit nicht möglich sei, sei seine Einsatzfähigkeit zeitlich beschränkt. Hitze, Kälte, Nässe, Feuchtigkeit und Zugluft müssten vermieden werden. Wege von mehr als 500 Meter könne der Kläger zu Fuß nicht mehr täglich in jeweils 20 Minuten zurücklegen. Öffentliche Verkehrsmittel sowie ein PKW könnten genutzt werden. Vermehrte Pausen seien bei der zeitlich begrenzten Arbeitszeit nicht erforderlich. Durch die Implantation eines künstlichen Kniegelenks könne eine Verbesserung der Beweglichkeit und Belastbarkeit des rechten Kniegelenks erreicht werden.

Auf Nachfrage des Gerichts hat Prof. Dr. G. in seiner ersten ergänzenden Stellungnahme vom 14. Juni 2006 angegeben, eine vollschichtige Tätigkeit sei nicht zumutbar, jedoch eine Tätigkeit zwischen vier und sechs Stunden. In seiner zweiten ergänzenden Stellungnahme – eingegangen beim Sozialgericht am 20. Juni 2006 – hat er eine vier- bis einschließlich sechsstündige Tätigkeit für zumutbar erachtet. In seiner dritten ergänzenden Stellungnahme vom 4. Juli 2006 hat er darauf hingewiesen, eine mindestens sechsstündige Tätigkeit sei zumutbar, wobei eine Pausenzeit von 30 Minuten ausreichend sei.

In der ersten mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht am 22. Juni 2006 hat der Kläger angegeben, mittags fahre er mit dem PKW fast regelmäßig ca. zwölf km von seinem Wohnort nach Z., um sich dort mit Essen aus der Gulaschkanone zu versorgen. Ferner kaufe er sich eine Zeitung, die er beim Essen im Auto lese. Er mähe den 70x30 Meter großen Rasen mit einem Traktor, auf dem er sitzen könne. Er benötige dazu insgesamt eine Stunde mit einer mindestens einstündigen Unterbrechung.

Mit Urteil vom 28. September 2006 hat das Sozialgericht Dessau die Beklagte unter Abweisung der Klage im Übrigen verurteilt, dem Kläger für die Zeit vom 1. November 2004 bis zum 31. Oktober 2006 Rente wegen voller Erwerbsminderung zu gewähren. Der Kläger sei nicht mehr in der Lage, mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Die Kammer orientiere sich an der ursprünglichen Leistungseinschätzung von Prof. Dr. G. in seinem Gutachten vom 13. März 2006, zu der dieser nach Befragung und Untersuchung des Klägers sowie Auswertung der vorliegenden Röntgenaufnahmen gekommen sei. Die weiteren Erklärungen des Gutachters, die auf ein größeres Leistungsvermögen hindeuten könnten, seien nicht maßgeblich, da der Gutachter sich bei seinen Antworten vom 20. Juni 2006 und 3. Juli 2006 auf die entsprechenden Anfragen des Gerichts beziehe und deren Wortlaut wiederhole, ohne weitere medizinische Ausführungen zu machen. Ferner habe Dr. S. in seinen Befundberichten vom 26. April 2005 und 7. Juli 2004 ein unter sechsstündiges Leistungsvermögen bestätigt, da er keine Befundänderung habe feststellen können. Zudem habe auch die ursprüngliche Einschätzung von Dr. H. eine Begrenzung auf ein unter sechsstündiges Leistungsvermögen gezeigt. In Anbetracht der möglichen Besserung des Leistungsvermögens des Klägers sei die Rente nur für zwei Jahre zu gewähren.

Gegen das ihr am 6. November 2006 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 15. November 2006 Berufung beim Landessozialgericht Sachsen-Anhalt eingelegt und sich gegen die Verurteilung zur Bewilligung der Rente wegen voller Erwerbsminderung für die Zeit vom 1. November 2004 bis zum 31. Oktober 2006 gewandt.

Der Kläger hat am 13. November 2006 bei der Beklagten einen Antrag auf Weitergewährung der Rente über den 31. Oktober 2006 hinaus gestellt. Gegen den ablehnenden Bescheid der Beklagten vom 25. Januar 2007 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 9. September 2008 hat der Kläger Klage beim Sozialgericht Dessau-Roßlau erhoben (S 1 R 411/08).

Im Berufungsverfahren hat die Beklagte vorgetragen, das Sozialgericht habe entgegen der eindeutigen Feststellung des orthopädischen Gutachters in dessen ergänzender Stellungnahme vom 4. Juli 2006 ein anderes quantitatives Restleistungsvermögen angenommen. Im Übrigen habe auch Dr. H. dem Kläger letztendlich ein Leistungsvermögen von sechs Stunden und mehr täglich auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt bescheinigt. Das Sozialgericht habe die Beweisergebnisse in einer unakzeptablen Weise interpretiert. Unter Berücksichtigung des medizinischen Sachverhaltes sei lediglich das qualitative Leistungsvermögen des Klägers eingeschränkt.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Dessau vom 28. September 2006 abzuändern und die Klage insgesamt abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er hält das Urteil des Sozialgerichts für zutreffend. Maßgeblich sei die Einschätzung des Sachverständigen in seinem Gutachten. Die weiteren Antworten habe der Sachverständige je nach Frageformulierung des Gerichts angepasst, ohne eine plausible Begründung für etwaige Abweichungen zu seinen bisherigen Angaben liefern zu können.

Der Senat hat sodann Befund- und Behandlungsberichte eingeholt. Der Chefarzt der Schmerzambulanz der Berufsgenossenschaftlichen Kliniken Bergmannstrost Dr. S. hat unter dem 16. Juni 2008 aufgezeigt, im Zeitraum der Betreuung vom 3. April 2007 bis zum 13. Februar 2008 sei eine gleichbleibend hohe Schmerzintensität zu beobachten gewesen. Die durchschnittliche Schmerzstärke nach der numerischen Ratingskala (von 0 – 10) sei vom Kläger ohne Medikamenteneinnahme mit 8, nach Einnahme der Medikamente mit 4 bis 5 angegeben worden. Eine Ablenkung habe eine geringe zusätzliche Reduktion der Schmerzintensität erbracht. Aufgrund einer akzeptablen Schmerzsituation am 5. Juni 2007 und einer reduzierten Compliance des Klägers sei von einer stationären interdisziplinären Schmerztherapie bei Beibehaltung der Medikation abgesehen worden. Der Facharzt für Chirurgie Dipl.-Med. R. hat in seinem Befundbericht vom 20. Juni 2008 bezogen auf den streitgegenständlichen Zeitraum angegeben, im gesamten Verlauf der ambulanten Heilbehandlung vom 3. November 2004 bis zum 25. Oktober 2006 sei eine stetige Zunahme der schweren posttraumatischen Arthrose des rechten Kniegelenks zu verzeichnen gewesen. Bereits im Oktober 2004 habe sich röntgenologisch eine Chondromalazie 4. Grades des lateralen Compartementes und eine Chondromalazie 3. bis 4. Grades des medialen Compartementes jeweils des rechtens Kniegelenks gezeigt. Für die wichtigsten Kernmuskeln des rechten Oberschenkels habe nach Janda Stufe III gegolten. Ferner hätten ausgeprägte Bewegungseinschränkungen des rechten Kniegelenks mit einer Extension/Flexion von 0/10/85 Grad vorgelegen. Von einer weiteren Progredienz sei auszugehen. Dr. S. hat unter dem 26. August 2008 auf eine Röntgenkontrolle des rechten Kniegelenks vom 12. August 2005 Bezug genommen, wonach eine regelrechte Gelenkkonfiguration des rechten Kniegelenks bestanden habe, der Knochenkalksalzgehalt etwas vermindert und die Fraktur insgesamt konsolidiert gewesen sei sowie eine patello-femorale Arthrose Grad I bis II vorgelegen habe.

Der Senat hat sodann ein fachorthopädisches Gutachten des Facharztes für Orthopädie, Chirotherapie/Sportmedizin Dr. P. vom 27. Januar 2009 eingeholt. Bei der Begutachtung an demselben Tag habe der Versicherte angegeben, er könne maximal 150 Meter schmerzarm zurücklegen. Nach einer Pause könne er weiter laufen. Längere Wege lege er nur mit dem PKW zurück. Bereits bei der Verrichtung einfacher häuslicher Arbeiten müsse er nach ca. 20 bis 30 Minuten eine Pause einlegen. Dr. P. hat mitgeteilt, das Ausziehen von Schuh und Strumpf am rechten Bein sei dem Kläger schwergefallen. Die Beweglichkeit des rechten Kniegelenks sei mit einer Extension/Flexion 0/0/90 Grad eingeschränkt. Es bestehe ein heftiger Beuge- und Streckschmerz, vor allem im Bereich zwischen 45 und 49 Grad Beugung. Die Kraft der Oberschenkelmuskulatur für die Streckung und Beugung des Kniegelenks betrage nach Janda Stufe IV. Zudem liege eine Myatrophie des rechten Beines gegenüber links vor. Es zeige sich ein rechts hinkender Gang unter Benutzung einer Unterarmgehstütze links, wobei der Fuß rechts beim Abrollen nicht mit der Ferse, sondern gleich mit dem Fußaußenrand aufgesetzt werde. Röntgenologisch zeigten sich sowohl bei 60 Grad, stärker noch bei 90 Grad Flexion deutliche arthrotische Veränderungen im Bereich des rechten Kniegelenks zwischen Patella und Patellagleitlager. Bei 90 Grad Flexion sei der so genannte Gelenkspalt im femoropatellaren Gleitlager nahezu vollständig aufgehoben. Dr. P. hat als Diagnosen angeführt:

Pangonarthrose und insbesondere schwere retropatellare Arthrose rechts bei Zustand nach ostheosynthetischer Versorgung einer Tibiakopffraktur, einer supracondylären Femurfraktur und Materialentfernung. Lumbalgie bei Insuffizienz der Rumpfmuskulatur. Arthralgie rechtes Oberschenkelgelenk bei Zustand nach Distorsion mit leicht eingeschränkter Dorsalflexionsfähigkeit. Kraftminderung des rechten Beines gegenüber links.

Aufgrund der schweren rechtsseitigen Kniegelenkserkrankung sei der Kläger derzeit nicht in der Lage, irgendeiner Erwerbstätigkeit nachzugehen. Arbeiten mit häufigen oder gelegentlichen einseitigen körperlichen Belastungen bzw. Zwangshaltungen wie z.B. Knien, Hocken, Bücken usw. sowie auch Gerüst- und Leiterarbeiten könnten derzeit nicht ausgeübt werden. Unzumutbar seien Arbeiten unter Einwirkung von Temperaturschwankungen, Zugluft, Nässe sowie unter Zeitdruck und mit häufigem Publikumsverkehr. Arbeiten mit Anforderungen an Übersicht, Aufmerksamkeit, Verantwortungsbewusstsein und Zuverlässigkeit könne er uneingeschränkt bewältigen. Eine rückwirkende Einschätzung der Belastbarkeit des Klägers zu früheren Zeitpunkten sei ihm, Dr. P., nicht möglich. Sicherlich sei der Kläger in der Lage, täglich mehrfach 450 oder 500 Meter zu Fuß zurückzulegen. Hierbei wäre aber die Gehgeschwindigkeit im Vergleich zu kniegelenksgesunden Versicherten deutlich herabgesetzt. Im Weiteren wäre das mehrfache Zurücklegen dieses Fußweges nur unter großen und nicht zumutbaren Schmerzen möglich. Ferner sei der Kläger nicht in der Lage, öffentliche Verkehrsmittel zu benutzen, da jeweils ein Weg zum und vom öffentlichen Verkehrsmittel zur Wohnung bzw. zum Arbeitsplatz zurückgelegt werden müsse, was er nicht mehr bewältigen könne. Derzeit sei der Kläger noch in der Lage, mit einem PKW zu fahren. Eine Funktionsverbesserung des rechten Kniegelenks bzw. eine ausreichende Schmerzlinderung sei ohne Endoprothesenplastik nicht möglich.

In seiner ergänzenden Stellungnahme vom 2. März 2009 hat der Gutachter nach Aufforderung des Senats, das Leistungsvermögen des Klägers retrospektiv seit dem 1. November 2004 unter Berücksichtigung der vorliegenden medizinischen Unterlagen einzuschätzen, mitgeteilt, die Schwere der Erkrankung sei durch Dr. H. nicht ausreichend erkannt worden. Unter Berücksichtigung der von Prof. Dr. G. erhobenen Befunden und des Befundberichts von Dipl.-Med. R. vom 20. Juni 2008 sei davon auszugehen, dass der Kläger schon vom 1. November 2004 bis zum 31. Oktober 2006 nur in der Lage gewesen sei, drei bis unter sechs Stunden täglich zu arbeiten. Hinzu komme, dass bereits Dipl.-Med. R. im Oktober 2004 schwerste arthrotische Veränderungen des Gelenkes aufgezeigt habe und bis zum Zeitpunkt des orthopädischen Gutachtens von Prof. Dr. G., anderthalb Jahre später, eine unvermeidlichen Zunahme der Arthroseveränderungen im rechten Kniegelenk und damit eine weitere Abnahme der Belastbarkeit des Kläger anzunehmen sei.

Die Beklagte ist dem Gutachten unter Berufung auf die prüfärztliche Stellungnahme von Dr. K. vom 20. März 2009 entgegengetreten. Entsprechend den Leitlinien zur sozialmedizinischen Begutachtung sei bei Kniegelenksverschleiß im Allgemeinen von einem über sechsstündigen Leistungsvermögen für leichte bis gelegentlich mittelschwere Tätigkeiten überwiegend im Sitzen, durchaus mit gelegentlicher Geh- und Stehbelastung, auszugehen. Bei insbesondere degenerativem Verbrauch der Kniescheibengelenkfläche seien dabei in qualitativer Hinsicht Tätigkeiten mit besonderer Beanspruchung des Kniescheibengelenkes auszuschließen. Insgesamt seien beim Vergleich der einzelnen Befunderhebungen im Laufe der letzten Jahre (ab Mitte 2004) bei annehmbar fortschreitendem posttraumatischem Verschleiß wesentliche Veränderungen der Funktionsbefunde nicht zu verzeichnen.

Auf Anforderung des Senats hat Dr. P. in einer zweiten ergänzenden Stellungnahme vom 9. April 2009 an seiner Leistungseinschätzung ausgehend von seiner beruflichen Erfahrung und unter Berücksichtigung des schwerwiegenden radiologischen Befundes festgehalten. In seiner dritten ergänzenden Stellungnahme vom 16. Juni 2009 hat Dr. P. eingeräumt, der Kläger könne, wenn es ihm möglich sei, ohne unzumutbare Beschwerden bzw. bei ihm angepassten Bedingungen einen Arbeitsweg zurückzulegen, leichte körperliche Arbeiten überwiegend im Sitzen täglich sechs Stunden und mehr zu verrichten.

Der Senat hat in der mündlichen Verhandlung vom 20. August 2009 Beweis erhoben durch Vernehmung des gerichtlichen Sachverständigen Dr. P.; insoweit wird auf das Sitzungsprotokoll verwiesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes und des Sachvortrages der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der Verwaltungsakten Bezug genommen, die Gegenstand der Entscheidungsfindung des Senats gewesen sind.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist nach den §§ 143, 144 Abs. 1 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässig und form- und fristgerecht gemäß § 151 Abs. 1 SGG erhoben worden.

Gegenstand des Berufungsverfahrens ist die Frage, ob dem Kläger Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung für die Zeit vom 1. November 2004 bis zum 31. Oktober 2006 zusteht, da allein die Beklagte Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts eingelegt und sich gegen die Verurteilung zur Zahlung von Rente wegen voller Erwerbsminderung gewandt hat.

Die zulässige Berufung ist begründet. Dementsprechend war das Urteil des Sozialgerichts Dessau abzuändern und die Klage auf Bewilligung von Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung insgesamt abzuweisen. Denn die Bescheide der Beklagten sind auch insoweit rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 54 Abs. 2 SGG). Dem Kläger steht für die Zeit vom 1. November 2004 bis zum 31. Oktober 2006 kein Anspruch auf Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung zu.

1. Nach § 43 Abs. 1, Abs. 2 SGB VI in der ab dem 1. Januar 2001 geltenden Fassung haben Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen teilweiser oder voller Erwerbsminderung, wenn sie teilweise oder voll erwerbsgemindert sind, in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben.

Nach § 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI sind teilweise erwerbsgemindert Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Nach § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI sind voll erwerbsgemindert Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbarer Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Erwerbsgemindert ist nach § 43 Abs. 3 SGB VI nicht, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.

Für die Zeit vom 1. November 2004 bis zum 31. Oktober 2006 ist zur Überzeugung des Senats nicht nachgewiesen, dass der Kläger teilweise oder voll erwerbsgemindert war. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme konnte er unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes Tätigkeiten mindestens sechs Stunden täglich ausführen. Dabei geht der Senat von folgendem Leistungsbild aus: Der Kläger war noch in der Lage, körperlich leichte Arbeiten vorwiegend im Sitzen, im Wechsel von Gehen und Stehen, sechs Stunden und mehr täglich auszuüben. Er war Arbeiten mit einseitigen körperlichen Belastungen bzw. Zwangshaltungen wie z.B. Knien, Hocken, Bücken sowie Gerüst- und Leiterarbeiten nicht gewachsen. Nicht abverlangt werden konnten ferner Arbeiten unter Einwirkung von Temperaturschwankungen, Zugluft, Nässe, unter Zeitdruck und mit häufigem Publikumsverkehr. Der Kläger konnte Arbeiten mit durchschnittlichen Anforderungen an geistige und mnestische Fähigkeiten wie Übersicht, Aufmerksamkeit, Verantwortungsbewusstsein und Zuverlässigkeit bewältigen.

Die Einschränkungen des Leistungsvermögens im streitigen Zeitraum vom 1. November 2004 bis zum 31. Oktober 2006 ergeben sich vordergründig auf orthopädischem Fachgebiet aufgrund einer Kniegelenkserkrankung rechts. Der Kläger litt im streitigen Zeitraum insbesondere an den Folgen einer lateralen Tibiakopffraktur rechts und einer lateralen Meniskusläsion mit einem nachfolgenden Kniegelenksemphyem. Nach mehreren Revisionsoperationen entwickelte sich eine posttraumatische Arthrose des rechten Kniegelenks mit einem ausgeprägten Bewegungsdefizit des gesamten rechten Kniegelenks. Hinzu kam ein Zustand nach suprakondylärer Femurfraktur rechts.

Diese Kniegelenkserkrankung führte im streitigen Zeitraum vom 1. November 2004 bis zum 31. Oktober 2006 lediglich zu mäßigen funktionellen Einschränkungen, die eine mindestens sechsstündige Erwerbstätigkeit noch zuließen. Zu dieser Einschätzung des Leistungsvermögens des Klägers gelangte der Senat unter Würdigung der im Verwaltungs- und Gerichtsverfahren eingeholten medizinischen Befunde und aufgrund der Vernehmung des Sachverständigen Dr. P ... Als Ergebnis der Beweisaufnahme konnte weder eine volle noch eine teilweise Erwerbsminderung des Klägers im streitgegenständlichen Zeitraum nachgewiesen werden. Die Beweislast für das Vorliegen der Voraussetzungen für die Rentengewährung liegt nach dem im sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Grundsatz der objektiven Beweislast beim Kläger. Der Prozessbeteiligte hat im Rahmen des anzuwendenden materiellen Rechts die Beweislast für die Tatsachen zu tragen, die den von ihm geltend gemachten Anspruch begründen; dies gilt für das Vorliegen positiver wie negativer Tatbestandsmerkmale (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Auflage, § 103 Rn. 19a).

Ausweislich der erhobenen klinischen Befunde haben sich im streitgegenständlichen Zeitraum nur mäßige pathologische Auffälligkeiten gezeigt. Es bestanden eine mittelgradig eingeschränkte Bewegungseinschränkung des rechten Kniegelenks mit einer Beugefähigkeit bis ca. 90 Grad sowie leichtgradige Bewegungseinschränkungen des rechten Hüft- und Sprunggelenks. Dr. S. zeigte unter dem 10. Juni 2004 eine Beweglichkeitseinschränkung des rechten Kniegelenks mit einer Streckung/Beugung von 0/0/90 Grad, unter dem 26. April 2005 von 0/10/100 Grad auf. Dr. H. beschrieb in ihrem Gutachten vom 17. August 2004 bei einem Beckentiefstand von 1,7 cm eine geringfügig gebesserte Kniegelenksbeweglichkeit rechts mit einer Flexion/Extension rechts von 0/10/105 Grad sowie auch eine leichte eingeschränkte Beweglichkeit des rechten Hüftgelenks. Bei der Begutachtung durch Prof. Dr. G. war bei einer Beinverkürzung rechts um einen cm eine Extension/Flexion des rechten Kniegelenks von 0/10/90 Grad möglich bei einer verschlechterten Hüftgelenksbeweglichkeit rechts und einer beginnenden Beweglichkeitseinschränkung im Bereich des rechten Sprunggelenks.

Ferner bestand aufgrund der Minderbelastung des rechten Beines eine Myatrophie rechts im Vergleich zu links unter Berücksichtigung der teilweise sehr abweichenden Messergebnisse (Dr. H.: Oberschenkelumfang rechts 42,8 cm, links 44,0 cm, Knieumfang rechts 39,0 cm, links 35,5 cm, Wadenumfang rechts 33,5 cm, links 36,0 cm; Prof. Dr. G.: Oberschenkelumfang rechts 46 cm, links 47 cm, Knieumfang rechts 40 cm, links 37 cm, Unterschenkelumfang rechts 38 cm, links 38 cm; später Dr. P.: Oberschenkelumfang 15 cm suprapatallar rechts 46 cm, links 49,5 cm, Unterschenkel - größter Umfang - rechts 34 cm, links 35,5 cm). Zudem zeigte sich eine schwächere Oberschenkelmuskulatur des rechten Beines. Nach dem Befundbericht von Dipl.-Med. R. vom 20. Juni 2008 wiesen im Zeitraum von November 2004 bis Oktober 2006 die wichtigsten Kernmuskeln des rechten Oberschenkels lediglich einen Kraftgrad der Stufe III nach Janda auf.

Weiterhin bestand bei der Begutachtung durch Dr. H. noch eine Seiten- und Kreuzbandinstalität rechts. Prof. Dr. G. konnte eine solche nicht sicher nachweisen, Dr. P. zeigte später eine Bandstabilität auf. Zudem lagen weder Entzündungszeichen noch ein Reizzustand im Bereich des rechten Kniegelenks vor. Dr. S. hat unter dem 26. April 2005 lediglich auf einen dezenten synovialitischen Reizzustand hingewiesen.

Neben diesen funktionellen Einschränkungen waren ferner nach der bildgebenden Diagnostik schwere arthrotische Veränderungen des rechten Kniegelenks im Bereich der Patella und des Patellagleitlagers nachweisbar. Nach der MRT vom 30. Juni 2004 bestanden eine ausgeprägte Gonarthrose und Retropatellararthrose auf dem Boden der stattgehabten Traumata, ferner ausgedehnte Schäden des Innen- und Außenmeniskus. Die Röntgenkontrolle des rechten Kniegelenks vom 12. August 2005 deutete auf eine patello-femorale Arthrose Grad I bis II hin.

Allein die von den Gutachtern und behandelnden Ärzten weitgehend übereinstimmend beschriebenen funktionellen Einschränkungen und die radiologisch nachgewiesenen arthrotischen Veränderungen, die die Implantation einer Endoprothese notwendig machen, stehen einem mindestens sechsstündigen Leistungsvermögen des Klägers nicht entgegen. Wie der Sachverständige Dr. P. bei seiner Vernehmung selbst ausgesagt hat, muss der funktionelle Befund nicht so schwerwiegend sein, wie der röntgenologische Befund es erwarten lässt. Das Problem bestehe in der Messbarkeit der mit diesem Befund verbundenen Schmerzen, da das Schmerzempfinden unterschiedlich stark ausgeprägt sei. Aufgrund der bildmorphologischen und klinischen Befunde sowie der als glaubhaft angenommenen Schmerzen bestehe beim Kläger auch unter Berücksichtigung der Schmerztherapie bereits seit Ende 2003 ein drei- bis unter sechsstündiges Leistungsvermögen auch bei Arbeiten überwiegend im Sitzen.

Unter Berücksichtigung dieser Aussage, seinen Feststellungen im Gutachten vom 29. Januar 2009 und seinen ergänzenden Stellungnahmen vom 2. Mai, 9. April und 16. Juni 2009 ist für den Senat ein unter sechsstündiges Leistungsvermögen jedoch nicht nachgewiesen. Zum einen konnte der gerichtliche Sachverständige selbst keine eindeutige Leistungseinschätzung abgeben. Vielmehr ist er zunächst von einem gänzlich aufgehobenen Leistungsvermögen des Klägers ausgegangen. Später bejahte er eine mindestens sechsstündige Einsatzfähigkeit des Klägers. In der mündlichen Verhandlung hat er erneut seine Beurteilung geändert und schließlich den Kläger für drei bis unter sechs Stunden täglich für einsetzbar gehalten. Darüber hinaus ist für die jeweilige Leistungseinschätzung von Dr. P. insbesondere dessen Bewertung der beim Kläger bestehenden Schmerzsymptomatik maßgebend gewesen, für die es jedoch keine objektivierbare Grundlage gibt. Dr. P. konnte psychische Auffälligkeiten aufgrund der von ihm dargestellten erheblichen Schmerzsituation nicht beschreiben. Es bestanden keine Anhaltspunkte für eine eingeschränkte psychische Belastbarkeit des Klägers. Zudem hat Dr. S. bereits unter dem 2. Oktober 2003 eine Besserung der klinischen Situation durch die medikamentöse Schmerztherapie aufgezeigt. Schließlich ist eine Zunahme der Muskelatrophie des rechten Beins nicht zu verzeichnen gewesen, die auf einen objektivierbaren schmerzbedingten Nichtgebrauch des rechten Beines hätte schließen lassen. Hinzu kommt, dass sowohl Dr. H. als auch Prof. Dr. G. in ihren Gutachten vom 17. August 2004 bzw. 13. März 2006 dem Kläger eine mindestens sechsstündige Leistungsfähigkeit bescheinigt haben. Dr. H. hat ihre Leistungseinschätzung in Eigeninitiative, d.h. nicht auf Veranlassung der Beklagten, von "drei bis unter sechs Stunden" in "mehr als sechs Stunden" geändert. Prof. Dr. G. hat zu keinem Zeitpunkt eine sechsstündige Tätigkeit ausgeschlossen. Vielmehr ist er von einem drei- bis sechsstündigen Leistungsvermögen ausgegangen und hat in Abgrenzung dazu eine vollschichtige Leistungsfähigkeit nicht für möglich erachtet. Die Kniegelenkserkrankung des Klägers führte damit lediglich zu qualitativen Einschränkungen und stand einer mindestens sechsstündigen Erwerbstätigkeit im streitigen Zeitraum nicht entgegen.

Bei dem Kläger lagen demnach in der Zeit vom 1. November 2004 bis zum 31. Oktober 2006 auch keine schwere spezifische Leistungsbehinderung oder eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen vor, die trotz des sechsstündigen Leistungsvermögens zur Verschlossenheit des allgemeinen Arbeitsmarktes geführt hätten. Die Beklagte war daher nicht verpflichtet, einen konkreten Arbeitsplatz zu benennen. Das Restleistungsvermögen des Klägers reichte vielmehr noch für zumindest leichte körperliche Verrichtungen im Wechsel der drei Körperhaltungen (vorwiegend im Sitzen) wie z.B. Zureichen, Abnehmen, leichte Reinigungsarbeiten ohne Zwangshaltungen, Kleben, Sortieren, Verpacken und Zusammensetzen von Teilen sowie Bürohilfsarbeiten aus (vgl. die Aufzählungen in dem Beschluss des Großen Senats des Bundessozialgerichts (BSG) vom 19. Dezember 1996 - GS 2/95 -, SozR 3-2600 § 44 SGB VI Nr. 8 = BSGE 80, 24, 33f.).

Schließlich lag im Falle des Klägers kein Seltenheits- oder Katalogfall vor, der zur Pflicht der Benennung eines konkreten Arbeitsplatzes geführt hätte (vgl. BSG, Großer Senat, a.a.O., Seite 35). Der Arbeitsmarkt gilt unter anderem als verschlossen, wenn einem Versicherten die so genannte Wegefähigkeit fehlt. Zur Erwerbsfähigkeit gehört auch das Vermögen, einen Arbeitsplatz aufsuchen zu können. Dabei ist nach der Rechtsprechung des BSG ein abstrakter Maßstab anzuwenden. Ein Katalogfall liegt nicht vor, soweit eine Versicherte täglich viermal Wegstrecken knapp mehr als 500 Meter mit einem zumutbaren Zeitaufwand von bis zu 20 Minuten zu Fuß zurücklegen und zweimal öffentliche Verkehrsmittel während der Hauptverkehrszeiten unter Berücksichtigung aller ihm zur Verfügung stehender Mobilitätshilfen benutzen kann. Dann gilt die Erwerbsfähigkeit als nicht in beachtlichem Maße einschränkt und die konkrete Benennung einer Verweisungstätigkeit ist nicht erforderlich. Sind Arbeitsplätze auf andere Art als zu Fuß erreichbar, z.B. mit dem eigenen Kraftfahrzeug bzw. mit einem Fahrrad, ist der Arbeitmarkt ebenfalls nicht verschlossen (BSG, Urteil vom 17. Dezember 1991 - 13/5 RJ 73/90 - SozR 3-2200 § 1247 RVO Nr. 10). Beim Kläger bestand unstreitig aufgrund der Kniegelenksarthrose eine eingeschränkte Gehfähigkeit. Übereinstimmend haben alle Gutachter ein Schonhinken unter Benutzung einer Unterarmgehstütze links beschrieben. Dr. H. und Prof. Dr. G. verneinten in ihren Gutachten die Fähigkeit des Klägers, mehr als 500 Meter viermal täglich zu Fuß zurückzulegen. Dr. P. hat eine nicht ausreichende Wegefähigkeit des Klägers aufgezeigt, da dieser nur mit einem unzumutbaren Zeitaufwand zu Fuß mobil sei. Dr. P. hat diese Einschätzung bei der Befragung durch den Senat konkretisiert und angegeben, der Kläger könne zu Fuß nur 250 Meter und erst nach einer fünf- bis zehnminütigen Pause weitere 250 Meter zurücklegen. Nach einer halbstündigen Pause könne dieser Vorgang öfter am Tag wiederholt werden. Allerdings beruhen die Einschätzungen sämtlicher Gutachter nicht auf entsprechenden objektiven Untersuchungsbefunden, sondern vielmehr auf den subjektiven Angaben des Klägers, insbesondere der Darstellung seiner Schmerzsymptomatik. Der Senat geht deshalb davon aus, dass der Kläger viermal täglich knapp mehr als 500 Meter in bis zu 20 Minuten zu Fuß zurücklegen konnte.

Letztendlich verfügte der Kläger sowohl über eine Fahrerlaubnis als auch über einen Pkw und war nach den Einschätzungen der Sachverständigen Prof. Dr. G. und Dr. P. in der Lage, diesen zu fahren, wobei Dr. P. bei der Vernehmung eine Fahrtzeit von einer halben Stunde für zumutbar erachtete. Dies korreliert mit der Fahrpraxis des Klägers, regelmäßig Entfernungen von zweimal 12 km nach Z. und zurück mit dem Auto bewältigt. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für eine Zulassung der Revision im Sinne von § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor. Es handelt sich um eine Einzelfallentscheidung auf gesicherter Rechtsgrundlage, ohne dass der Senat von einer Entscheidung der in § 160 Abs. 2 Nr. 2 SGG genannten Gerichte abweicht.
Rechtskraft
Aus
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