Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Dessau-Roßlau (SAN)
Aktenzeichen
S 9 R 680/05
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 3 R 407/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
volle Erwerbsminderung, Weiterbewilligung, Versagung, Ermessen
Das Urteil des Sozialgerichts Dessau vom 21. Juli 2006 und der Bescheid der Beklagten vom 25. Januar 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. Oktober 2005 sowie der Bescheid vom 31. Juli 2007 werden aufgehoben. Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger über den 31. Januar 2005 hinaus Rente wegen voller Erwerbsminderung zu bewilligen. Die Beklagte hat die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers in beiden Rechtszügen zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Versagung von Rente wegen voller Erwerbsminderung ab dem 1. Februar 2005 bzw. die Weitergewährung von Rente wegen voller Erwerbsminderung über den 31. Januar 2005 hinaus nach dem Sechsten Buch Sozialgesetzbuch (Gesetzliche Rentenversicherung - SGB VI) streitig.
Der am ... 1955 geborene Kläger durchlief nach dem Abschluss der 10. Schulklasse in der Zeit vom 1. September 1972 bis zum 15. Juli 1974 eine Lehre zum Verkäufer. Anschließend arbeitete er in diesem Beruf bis zum 3. November 1974 und leistete dann vom 4. November 1974 bis zum 30. April 1976 seinen Wehrdienst bei der NVA ab. Er war erneut vom 7. Mai 1976 bis zum 14. Januar 1980 als Verkäufer bzw. Verkaufsstellenleiter, vom 22. Januar 1980 bis zum 21. Mai 1981 als Materialbeschaffer und vom 25. Mai 1981 bis zum 31. Oktober 1992 als Anlagenfahrer versicherungspflichtig tätig. Im Anschluss daran war der Kläger arbeitslos, absolvierte dann in der Zeit vom 18. Oktober 1993 bis zum 18. Juli 1995 erfolgreich eine Umschulung zum Trockenbaumonteur und war erneut arbeitslos und arbeitsunfähig. Er bezog Leistungen der Arbeitsverwaltung und Krankengeld.
Der Kläger beantragte am 17. August 2001 bei der Beklagten die Bewilligung von Rente wegen Erwerbsminderung. Die Beklagte zog u.a. die jeweils nach Aktenlage erstellten Gutachten von Dipl.-Med. S. des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung Sachsen-Anhalt (MDK) vom 9. August 2001 sowie der Fachärztin für Allgemeinmedizin Dipl.-Med. K. des Arbeitsamtes Dessau bei, wonach eine Leistungsunfähigkeit des Klägers für länger als sechs Monate zu erwarten sei. Ferner holte die Beklagte einen Befundbericht von der Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie Dr. S. vom 20. November 2001 ein. Bei ihrem Hausbesuch am 20. Juli 2001 habe der Kläger berichtet, die Selbstversorgung nur mit Hilfe seiner Ehefrau sicherstellen zu können. Er sei seit Jahren an die Wohnung gefesselt, da ihn beim ersten Schritt ins Freie Todesangst, Schwindel, Herzschmerz und ein Schwächegefühl überfielen. Er habe kein Zugeständnis bezüglich der Durchführung einer psychotherapeutischen bzw. verhaltenstherapeutischen Maßnahme gemacht. Dr. S. führte als Diagnosen eine soziale Phobie, eine Panikstörung und eine Fehlentwicklung der Persönlichkeit an. Ferner lag der Beklagten die Epikrise des St. J.-Krankenhauses D. vom 27. November 1996 über die stationäre Behandlung des Klägers vom 5. August bis zum 11. Oktober 1996 vor. Dort wurde als Diagnose eine primär neurotische Fehlentwicklung mit hypochondrischer und kardiophobischer Verarbeitungsweise bei schizoider Persönlichkeitsstruktur benannt. Der Kläger habe im Zuge der Einzelgespräche und Gespräche mit der Psychologin der Klinik die Psychogenese, welche die geschilderten Symptome erkläre, nicht akzeptiert. Das Angebot, sich in eine tiefenpsychologische Gruppenarbeit zu integrieren, habe er abgewehrt.
Die Beklagte holte einen Befundbericht des Praktischen Arztes Dr. L. vom 5. Mai 2002 ein, der darin mitteilte, der Kläger könne aufgrund seiner Panikattacken seine Wohnung nicht verlassen und leide beim Betreten der Straße an Schwindel, Brechreiz und Übelkeit. Die Beklagte lehnte mit Bescheid vom 15. Juli 2002 den Rentenantrag ab, wogegen der Kläger am 18. Juli 2002 Widerspruch erhob. Die Prüfärztin Dipl.-Med. F. nahm in der von der Beklagten angeforderten Stellungnahme vom 23. August 2002 Bezug auf das prüfärztliche Votum vom 23. Mai 2002, wonach dem Kläger mittelschwere Arbeiten ohne weitere Einschränkungen vollschichtig zumutbar seien. Wegen der fehlenden Wegefähigkeit seien gegenwärtig jedoch nur Heimarbeiten möglich. Mit Bescheid vom 10. Dezember 2002 bewilligte die Beklagte dem Kläger Rente wegen voller Erwerbsminderung vom 1. Februar 2002 bis zum 31. Oktober 2003 in Höhe von 624,63 EUR monatlich. Nach dem Ergebnis der medizinischen Ermittlungen dürfte eine wesentliche Hebung des Leistungsvermögens des Klägers durch eine psychotherapeutische Heilbehandlung zu erreichen sein. Der Bescheid ergehe daher mit der Auflage - § 32 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - SGB X) -, dass sich der Kläger einer entsprechenden Heilbehandlung unterziehe. Ferner werde in diesem Zusammenhang auf die Mitwirkungspflicht des Klägers gemäß § 63 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (Allgemeiner Teil - SGB I) verwiesen. Mit Schreiben vom 27. Februar 2003 und 13. Mai 2003 zeigte der Kläger auf, dass er sich intensiv, bislang jedoch ohne Erfolg, um eine Psychotherapie bei sich zu Hause bemüht habe. Das Arbeitsamt Dessau teilte mit Schreiben vom 10. Juli 2003 der Beklagten mit, der Kläger habe sich - entgegen der Auskunft vom 9. April 2003 - seit dem 1. August 2001 nicht mehr persönlich gemeldet; dessen Ehefrau habe in bestimmten Abständen vorgesprochen.
Den Antrag des Klägers vom 21. August 2003 auf Weitergewährung der Rente wegen voller Erwerbsminderung über den 31. Oktober 2003 lehnte die Beklagte zunächst mit Bescheid vom 22. Oktober 2003 wegen fehlender Mitwirkung ab.
Mit weiterem Bescheid vom 6. Juli 2004 leistete die Beklagte die Rente wegen voller Erwerbsminderung weiter auf Zeit bis zum 31. Januar 2005 in Höhe von 626,21 EUR monatlich. Im Rahmen der Mitwirkungspflichten nach §§ 60, 66 SGB X (muss SGB I heißen) wurde der Kläger aufgefordert, sich in eine ambulante bzw. stationäre Psychotherapie zu begeben.
Mit Widerspruchsbescheid vom 4. August 2004 wies die Beklagte schließlich den Widerspruch des Klägers gegen den Bescheid vom 15. Juli 2002, soweit nicht bereits Abhilfe erfolgt sei, als unbegründet zurück. Nach den durchgeführten Ermittlungen bestünden keine Anhaltspunkte dafür, dass die Annahme der Wahrscheinlichkeit einer Besserung fehlerhaft sei. Deshalb sei der Anspruch auf eine Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Dauer nicht begründet. Dagegen wandte sich der Kläger mit der am 23. August 2004 beim Sozialgericht Dessau erhobenen Klage (S 9 RJ 249/04).
Dort legte die Beklagte ihren Bescheid vom 13. Oktober 2004 vor, mit welchem sie den Antrag des Klägers vom 1. November 2003 auf Bewilligung von Leistungen zur medizinischen Rehabilitation mit der Begründung abgelehnt hatte, dass sie eine Krankenhausbehandlung für angezeigt halte. Der derzeitige Zustand lasse eine Leistung zur medizinischen Rehabilitation nicht zu. Ferner übersandte sie eine gutachterliche Äußerung des Ärztlichen Dienstes des Arbeitsamtes D., erstellt nach Aktenlage von Dipl.-Med. G. unter dem 21. Januar 2004. Danach sei eine Veränderung des Gesundheitszustandes des Klägers kaum erwartbar, da dieser offensichtlich bislang keine Behandlungsmotivation aufgebracht habe.
In dem auf Veranlassung des Sozialgerichts eingeholten Befundbericht vom 19. Dezember 2004 teilte Dr. L. mit, der Kläger könne aufgrund einer Neurose seine Wohnung nicht verlassen; eine Änderung sei nicht zu erwarten sei, sodass "eine dauerhafte Erwerbsunfähigkeit anzustreben sei". In einem vom Kläger vorgelegten Attest vom 24. Februar 2005 bescheinigte Dr. L., dass die stationäre Behandlung in der psychiatrischen Station des St. J.-Krankenhauses, wo der Kläger – der seit 1987 trockener Alkoholiker ist - mit Alkoholikern untergebracht gewesen sei, wegen der Rückfallgefahr habe abgebrochen werden müssen. Eine erneute Einweisung in das St. J.-Krankenhaus sei wegen der weiterhin bestehenden Suchtgefährdung nicht möglich. Eine ambulante Therapie sei ebenfalls nicht durchführbar. In der prüfärztlichen Stellungsnahme vom 3. Januar 2005 teilte Dipl.-Med. F. mit, zum Wegfallzeitpunkt liege weiterhin ein gemindertes Leistungsvermögen vor, was jedoch auf die fehlende Mitarbeit des Kläger zurückzuführen sei.
Parallel zu diesem Klageverfahren beantragte der Kläger am 28. Oktober 2004 bei der Beklagten die Weitergewährung der Rente wegen voller Erwerbsminderung über den 31. Januar 2005 hinaus. Die Beklagte teilte dem Kläger mit Schreiben vom 7. Januar 2005, abgesandt am selben Tag, mit, dass beabsichtigt sei, "den Antrag auf Weiterzahlung einer Rente wegen Erwerbsminderung gemäß § 66 Abs. 1/Abs. 2 SGB I mit Wirkung vom 1. Februar 2005 zu versagen". Mit Bescheid vom 6. Juli 2004 sei dem Kläger im Rahmen der Mitwirkungspflichten aufgegeben worden, sich in eine ambulante bzw. stationäre Psychotherapie zu begeben. Bereits mit Schreiben vom 10. Dezember 2002 und später im Widerspruchsbescheid vom 4. August 2004 sei ihm nach § 32 SGB X die Auflage erteilt worden, sich einer psychotherapeutischen Behandlung zu unterziehen, mit welcher die psychische Störung erheblich gebessert werden könne. Soweit er seinen Mitwirkungspflichten bis zum 21. Januar 2005 weiterhin nicht nachkäme und bis zum genannten Zeitpunkt keine vertretbaren Gründe vortrage, die dem Ausüben der gesetzlichen Mitwirkungspflichten entgegenstünden, werde bis zum Nachholen seiner Mitwirkungspflicht die Rente versagt werden.
Mit Bescheid vom 25. Januar 2005, abgesandt am selben Tag, teilte die Beklagte mit, "Ihr Antrag vom 28.10.2004 auf Weiterzahlung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung wird gemäß § 66 Abs. 1 des Sozialgesetzbuches – Erstes Buch – Allgemeiner Teil – (SGB I)/§ 66 Abs. 2 des Sozialgesetzbuches – Erstes Buch – Allgemeiner Teil – (SGB I) mit Wirkung vom 01.02.2005 versagt". Trotz der Aufforderungen der Beklagten sei er seinen Mitwirkungspflichten bisher nicht nachgekommen. Die beantragte Weiterzahlung der Rente werde bis zum vollständigen Nachholen der Mitwirkungspflicht vollständig versagt.
Mit Schreiben vom 18. Januar 2005, eingegangen bei der Beklagten am 25. Januar 2005, in der Verwaltungsakte der Beklagte nach dem Bescheid vom 25. Januar 2005 abgeheftet, trug der Kläger vor, dass er zur Durchführung einer ambulanten bzw. stationären Psychotherapie nicht in der Lage sei. Ferner sei nach den Feststellungen im Rehabilitationsablehnungsbescheid vom 13. Oktober 2005 eine Krankenhausbehandlung angezeigt. Damit entfalle seine Mitwirkungspflicht im Rahmen einer ambulanten Psychotherapie. Eine stationäre Behandlung sei jedoch wegen seiner Rückfallgefährdung als trockener Alkoholiker nicht möglich. Den gegen den Bescheid vom 25. Januar 2005 am 21. Februar 2005 erhobenen Widerspruch des Klägers wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 26. Oktober 2005 als unbegründet zurück. Aus medizinischer Sicht sei der Kläger in der Lage, eine ambulante bzw. stationäre Psychotherapie zu absolvieren. Der Tatsache Rechnung tragend, dass er seiner Mitwirkungspflicht gemäß § 63 SGB I nicht nachgekommen sei, habe sie mit Bescheid vom 25. Januar 2005 den Antrag auf Weitergewährung der Rente wegen voller Erwerbsminderung abgelehnt und die Leistung mit Wirkung vom 1. Februar 2005 versagt. Die Versagung der Rente wegen Erwerbsminderung sei gerechtfertigt, da durch die ambulante bzw. stationäre Psychotherapie gegebenenfalls ein Leistungsvermögen von mindestens sechs Stunden täglich erreichbar wäre. In Ausübung des Ermessens gemäß § 66 Abs. 2 SGB I sei das Versagen der Rente wegen Erwerbsminderung durch den Rentenversicherungsträger gerechtfertigt. Zweck der Ermächtigung zur Ermessensausübung durch den Rentenversicherungsträger sei es vordringlich, dem Leistungsberechtigten durch die Ablehnung bzw. das Versagen der beantragten Leistung die nachteiligen Folge seines pflichtwidrigen Verhaltens aufzubürden und nicht der Versichertengemeinschaft. Deshalb sei es gerechtfertigt, dem Kläger die Rente wegen Erwerbsminderung nicht zu gewähren. Er habe keine überzeugenden Gründe vorgetragen, warum er die angezeigte Behandlung nicht wahrnehmen könne.
Dagegen hat sich der Kläger mit der am 7. November 2005 beim Sozialgericht Dessau erhobenen Klage gewandt und die Weitergewährung der Rente wegen voller Erwerbsminderung über den 31. Januar 2005 hinaus begehrt.
In dem Klageverfahren S 9 RJ 249/04 ließ das Sozialgericht den Ärztlichen Direktor des St. J.-Krankenhauses Dr. B. das nervenärztliche Gutachten vom 22. Juni 2005 aufgrund eines Hausbesuches am 19. Mai 2005 erstatten. Dr. B. teilte mit, der Kläger habe über ein starkes Todesangstgefühl, starke Herzbeschwerden, Schmerzen, Orientierungslosigkeit, Panik mit Atemaussetzern, nächtliche starke Schweißausbrüche und Beklemmungen mit Atemluftnot geklagt. Er könne nur bis zum nächsten Bordstein ca. 500 Meter gehen, dann müsse er sich hinsetzen, z.B. wenn er seine Frau abhole. Der Hausarzt mache Hausbesuche, da er - der Kläger - die Menschen im Wartezimmer nicht ertrage. Als er im St. J.-Krankenhaus gewesen sei, habe man die Alkoholiker anbinden müssen, was er nicht ertrage. Die Gruppentherapie habe er auch nicht ausgehalten. Bei der Untersuchung des Klägers seien Merkfähigkeit und Gedächtnis ungestört, Auffassungsvermögen, Konzentrationsfähigkeit, Aufmerksamkeitsausrichtung, Psychomotorik und Antrieb unauffällig gewesen. Sichere Hinweise für Sinnes- oder Wahrnehmungsstörungen hätten sich nicht gefunden. Dr. B. führte als Diagnosen eine Neigung zur Extrasystolie, ein alimentäres Übergewicht, eine Fettstoffwechselstörung, eine Fettleber, eine Zuckerkrankheit, eine Wirbelsäulenosteochondrose, ein Glaukom sowie auf psychiatrischem Gebiet eine Panikstörung an. Letztere äußere sich in wiederkehrenden Panikattacken verbunden mit einer typischen vegetativen Symptomatik und der Angst, durch einen Schlaganfall oder Herzinfarkt sterben zu können. Der Kläger könne die seelischen Störungen bei zumutbarer Willensanspannung mit ärztlich/psychotherapeutischer Hilfe bald bessern. Es bestehe die begründete Aussicht, dass sich die Panikstörung in absehbarer Zeit (innerhalb von sechs bis zwölf Monaten) wesentlich bessern werde, wenn der Kläger bereit sei, sich einer psychotherapeutischen Behandlung zu unterziehen. Zurzeit könne der Kläger aus psychiatrischer Sicht keine Arbeiten verrichten, da eine ausreichende Wegefähigkeit nicht bestehe. Er sei nicht in der Lage, Wege zu Fuß über 500 Meter viermal täglich zurückzulegen oder öffentliche Verkehrsmittel zu benutzen sowie einen PKW zu führen, wobei diese Einschränkungen hauptsächlich auf den subjektiven Angaben des Klägers beruhten, die aber wegen der Aggravationstendenzen nur schwerlich hinsichtlich ihrer tatsächlichen Auswirkungen zu interpretieren seien. Unter dem 25. August 2005 teilte Dipl.-Med. F. mit, aus prüfärztlicher Sicht seien dem Kläger mittelschwere Tätigkeiten ohne besonderen Zeitdruck, ohne Absturzgefahr in Tagesschicht vollschichtig zumutbar. Die eingeschränkte Wegefähigkeit sei auf die fehlende Mitwirkung des Klägers zurückzuführen. Kürzere Wege in Wohnhausnähe könnten inzwischen allein zurückgelegt werden.
Am 16. Dezember 2005 nahm der Kläger in dem Verfahren S 9 RJ 249/04 die Klage zurück.
In dem dem Berufungsverfahren zugrunde liegenden Klageverfahren hat er vorgetragen, ohne die entsprechende Behandlung seiner schweren Angststörung könne er eine ambulante Psychotherapie nicht durchstehen. Die Ausführungen von Dr. B. zur Wegefähigkeit beruhten teilweise auf einem Missverständnis. Auf Befragen habe er dem Gutachter mitgeteilt, dass er immer versucht habe, seine Frau von der Arbeit abzuholen. Er habe jedoch nach wenigen Metern eine Panikattacke in erheblichem Umfang erlitten und sich auf die Straße setzen müssen, wo ihn seine Frau dann aufgesammelt habe. Die Beklagte hat vorgetragen, die Versagung erfolge zwar für die Zeit ab 1. Februar 2005, der direkte Anschluss an den Wegfallzeitpunkt der Zeitrente sei jedoch zufällig. Die Klage, mit der der Kläger die Weitergewährung der Rente wegen voller Erwerbsminderung über den 31. Januar 2005 begehre, sei insoweit unzulässig. Die Versagung einer Sozialleistung wegen fehlender Mitwirkung nach § 66 SGB I sei allein mit der isolierten Anfechtungsklage anzugreifen. Grund für die Versagung sei, dass der Kläger trotz weiteren Vorliegens eines geminderten Leistungsvermögens nicht an der Behebung dieses geminderten Leistungsvermögens mitwirke und Wegefähigkeit bestehe.
Mit Urteil vom 21. Juli 2006 hat das Sozialgericht Dessau die Klage abgewiesen. Die Klage sei zulässig. Richtige Klageart sei die kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage, denn nur durch die Erhebung einer isolierten Anfechtungsklage gegen die Versagung wegen fehlender Mitwirkung könne der Kläger sein Klageziel der Weiterzahlung seiner auf Zeit bewilligten Rente wegen voller Erwerbsminderung nicht erreichen können. Die Klage sei jedoch unbegründet. Die Beklagte habe zu Recht die Weiterzahlung der Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit aufgrund fehlender Mitwirkung versagt. Sie habe den Kläger ausdrücklich mit Schreiben vom 7. Januar 2005 auf die Folgen der fehlenden Mitwirkung hingewiesen und ihm Gelegenheit zur Mitwirkung bis zum 21. Januar 2005 gegeben. Die Kammer halte die Frist für angemessen, da der Kläger bereits mehrfach zuvor aufgefordert worden sei, sich einer psychotherapeutischen Behandlung zu unterziehen. Die Beklagte habe ferner von dem ihr zustehenden Ermessens ordnungsgemäß Gebrauch gemacht. Dr. B. habe nachvollziehbar dargestellt, dass die begründete Aussicht bestehe, dass bei der Bereitschaft des Klägers, sich einer psychotherapeutischen Behandlung zu unterziehen, sich die Panikstörungen in absehbarer Zeit (sechs bis zwölf Monate) wesentlich bessern werden. Bei dem Kläger lägen ferner keine Erkrankungen oder Gebrechen vor, die dazu führten, dass er eine ambulante oder stationäre psychotherapeutische Behandlung nicht durchführen könne. Da der Kläger seine Mitwirkungspflichten bisher nicht nachgeholt habe, sei die Weitergewährung der Rente zu versagen. Die weiteren Voraussetzungen für die Gewährung der Rente wegen Erwerbsminderung seien daher nicht zu prüfen.
Gegen das ihm am 23. August 2006 zugestellte Urteil hat der Kläger am 11. September 2006 beim Landessozialgericht Sachsen-Anhalt Berufung eingelegt und seinen Anspruch auf Weitergewährung der Rente wegen voller Erwerbsminderung über den 31. Januar 2005 hinaus weiterverfolgt.
Die Weiterzahlungsanträge des Klägers vom 20. August 2006 und 18. Dezember 2006 hat die Beklagte mit Bescheid vom 31. Juli 2007 abgelehnt und mitgeteilt: "Ihre Rente wegen fehlender (muss heißen "voller") Erwerbsminderung wird gemäß § 66 Abs. 1/ § 66 Abs. 2 des Sozialgesetzbuches – Erstes Buch – Allgemeiner Teil – (SGB I)SGB I weiterhin über den 31. Januar 2005 hinaus versagt. Mit Wirkung vom 1. September 2006 liegen keine Anhaltspunkte vor, welche eine Aufhebung der Versagung in Verbindung mit § 66 Abs. 1 und § 66 Abs. 2 SGB I rechtfertigen würden". Entsprechend dem Bescheid vom 25. Januar 2005 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 26. Oktober 2005 liege dem Grunde nach ein Rentenanspruch auf Rente wegen Erwerbsunfähigkeit vor. Dieser werde gemäß § 66 Abs. 1 SGB I versagt. Ein neuer Stammanspruch auf eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit könne in Verbindung mit § 89 SGB VI nicht entstehen. Ferner hätten sich keine medizinischen Befunde ergeben, wonach ab Dezember 2006 von einer Minderung der Erwerbsfähigkeit und damit von einem Aufleben des Rentenanspruchs auszugehen sei. Der Bescheid werde gemäß § 96 SGG Gegenstand des anhängigen Gerichtsverfahrens.
Im Berufungsverfahren hat der Kläger unter Vorlage einer ärztlichen Bescheinung vom 26. Juli 2006 vorgetragen, die Fachärztin für Allgemeinmedizin Dr. H. übernehme zurzeit die psychiatrische Betreuung mit; sie bemühe sich zudem intensiv um die Hinzuziehung eines entsprechenden Facharztes zur Unterstützung. Damit sei die Auflage, sich in eine psychiatrische Behandlung zu begeben, erfüllt und es bestehe kein Grund mehr, ihm die Rente wegen "voller Erwerbsunfähigkeit" zu versagen. Die ihm im Schreiben vom 7. Januar 2005 gesetzte Frist zum Erhalt einer ambulanten bzw. psychotherapeutischen Behandlung bis zum 21. Januar 2005 sei nicht angemessen. Es sei ihm bereits nicht möglich gewesen, eine ihm zur Wahl stehende stationäre oder ambulante Psychotherapie innerhalb der 14-Tage-Frist zu erhalten. Darüber hinaus sei er aus medizinischen Gründen nicht in der Lage gewesen, sich dieser Therapie ohne Weiteres zu unterziehen. Eine häusliche Therapie sei nach Darstellung der von ihm angesprochenen Ärzte nicht möglich.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Dessau vom 21. Juli 2006 und den Bescheid der Beklagten vom 25. Januar 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. Oktober 2005 sowie den Bescheid vom 31. Juli 2007 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm über den 31. Januar 2005 hinaus Rente wegen voller Erwerbsminderung zu bewilligen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen und die Klage gegen den Bescheid vom 31. Juli 2007 abzuweisen.
Sie hält das Urteil des Sozialgerichts und ihre angefochtenen Bescheide für zutreffend.
Die Beklagte hat dem Senat einen im Weitergewährungsverfahren von Dr. H. erstellten Befundbericht vom 26. September 2006 vorgelegt. Ferner hat der Senat Befund- und Behandlungsberichte eingeholt. Dr. H. hat unter dem 22. April 2008 mitgeteilt, der Kläger verweigere jegliche fachärztliche Hilfe ("Psychiater wäre dringend notwendig sowie auch Einweisungen"), da er das Haus wegen "Orientierungslosigkeit" nicht verlassen wolle. Eine Änderung des Gesundheitszustandes sei seit 2005 nicht feststellbar. Ein Facharzt sei nicht aufgesucht worden bzw. zum Hausbesuch nicht bereit. Der Kläger lehne jede stationäre Behandlung im psychiatrischen Krankenhaus ab. Er wolle sich nicht einsperren lassen. Dr. L. hat unter dem 27. April 2008 eingeschätzt, der Kläger sei bei dem Hausbesuch am 15. September 2005 in der Lage gewesen, eine Psychotherapie in einer Klinik durchzuführen.
Dr. B. hat auf Nachfrage des Senates mit Schreiben vom 14. Juli 2008 mitgeteilt, dem Kläger sei es im Jahr 2005 zuzumuten gewesen, umgehend an einer psychotherapeutischen Behandlung teilzunehmen. Diese Behandlung hätte auf jeden Fall sofort stationär durchgeführt werden können. In der Regel sei eine Aufnahme auf die Psychotherapiestation des St. J.-Krankenhauses innerhalb von zwei Wochen möglich. Dazu hätte sich der Kläger auf der Psychotherapiestation anmelden und sich zuvor zu dieser Therapie über den Haus- bzw. Nervenarzt einweisen lassen müssen. Retrospektiv lasse sich jedoch nicht mehr exakt beantworten, ob eine mögliche Wartezeit zu beachten gewesen wäre, da Wartelisten aus der damaligen Zeit nicht mehr zur Verfügung stünden. Ob eine ambulante Psychotherapie außerhalb seines Hauses dem Kläger zumutbar gewesen wäre, könne nicht sicher beantwortet werden, da dieser widersprüchliche Angaben zu seiner Fähigkeit gemacht habe, das Haus zu verlassen. Die Wartezeit für eine ambulante Psychotherapie habe im Januar 2005 allerdings ein bis zwei Jahre betragen.
Der Senat hat schließlich noch den Befundbericht des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie Dipl.-Med. Z. vom 7. April 2009 nach einer einmaligen Behandlung des Klägers in dessen Praxis am 9. Februar 2009 eingeholt. Dipl.-Med. Z. hat als Diagnose eine Agoraphobie mit Panikstörung benannt. Der Kläger könne an einer ambulanten oder stationären Psychotherapie teilnehmen. Dem Vermeidensverhalten müsse entgegengewirkt werden. Er habe den Kläger zu einer Psychotherapie überwiesen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Gerichts- und des Verwaltungsverfahrens sowie des Vorbringens der Beteiligten und der Ergebnisse der Beweisaufnahme wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, der Verwaltungsakten der Beklagten sowie der beigezogenen Gerichtsakte S 9 RI 249/04, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung und der Entscheidungsfindung des Senates waren, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist begründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Unrecht abgewiesen. Die kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage des Klägers ist zulässig und begründet. Der Bescheid der Beklagten vom 25. Januar 2005 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 26. Oktober 2005 und der Bescheid vom 31. Juli 2007 sind rechtswidrig und verletzen den Kläger insoweit in seinen Rechten (§ 54 Abs. 2 SGG). Dem Kläger steht ein Anspruch auf Weiterbewilligung der Rente wegen voller Erwerbsminderung über den 31. Januar 2005 hinaus zu (dazu unter 1.). Die Beklagte hat dem Kläger diese ihm zustehende Rente auch nicht rechtmäßig versagt (dazu unter 2.). Schließlich war die Beklagte zur Weiterbewilligung der Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Dauer zu verurteilen (dazu unter 3.).
1. Der Kläger hat Anspruch auf Erteilung eines Bescheides durch die Beklagte, in dem diese sich zur Bewilligung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung über den 31. Januar 2005 hinaus verpflichtet. Er hat die Weiterbewilligung der ihm bis zum 31. Januar 2005 zuerkannten Rente beantragt und es liegen die gesetzlichen Voraussetzungen für diesen Rentenanspruch weiterhin vor.
Nach § 43 Abs. 2 SGB VI in der ab dem 1. Januar 2001 geltenden Fassung haben Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung, wenn sie voll erwerbsgemindert sind, in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben. Der Kläger hatte in Anbetracht des Bezuges der Rente wegen voller Erwerbsminderung die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für die Weitergewährung der Erwerbsminderungsrente erfüllt.
Darüber hinaus liegen auch die medizinischen Voraussetzungen für die Weiterbewilligung dieser Rente über den 31. Januar 2005 hinaus aufgrund der weiterhin bestehenden Wegeunfähigkeit des Klägers vor. Nach § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI sind voll erwerbsgemindert Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbarer Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Ein Anspruch auf Bewilligung von Rente wegen voller Erwerbsminderung besteht auch dann, wenn ein Seltenheits- oder Katalogfall vorliegt, der zur Pflicht der Benennung eines konkreten Arbeitsplatzes führt (vgl. Beschluss des Großen Senats des Bundessozialgerichts (BSG) vom 19. Dezember 1996 - GS 2/95 -, SozR 3-2600 § 44 SGB VI Nr. 8 = BSGE 80, 24, 33 f., a.a.O., Seite 35), der die Beklagte nicht nachkommt. Der Arbeitsmarkt gilt unter anderem als verschlossen, wenn einem Versicherten die so genannte Wegefähigkeit fehlt. Zur Erwerbsfähigkeit gehört auch das Vermögen, einen Arbeitsplatz aufsuchen zu können. Dabei ist nach der Rechtsprechung des BSG ein abstrakter Maßstab anzuwenden. Ein Katalogfall liegt nicht vor, soweit ein Versicherter täglich viermal Wegstrecken von knapp mehr als 500 Meter mit einem zumutbaren Zeitaufwand von bis zu 20 Minuten zu Fuß zurücklegen und zweimal öffentliche Verkehrsmittel während der Hauptverkehrszeiten unter Berücksichtigung aller ihm zur Verfügung stehender Mobilitätshilfen benutzen kann. Dann gilt die Erwerbsfähigkeit als nicht in beachtlichem Maße einschränkt und die konkrete Benennung einer Verweisungstätigkeit ist nicht erforderlich. Sind Arbeitsplätze auf andere Art als zu Fuß erreichbar, zum Beispiel mit dem eigenen Kraftfahrzeug bzw. mit einem Fahrrad, ist der Arbeitmarkt ebenfalls nicht verschlossen (BSG, Urteil vom 17. Dezember 1991 - 13/5 RJ 73/90 - SozR 3-2200 § 1247 RVO Nr. 10).
Nach dem Gutachten von Dr. B. vom 22. Juni 2005 war der Kläger aufgrund seiner Panikstörung nicht fähig, viermal täglich mehr als 500 Meter innerhalb von 20 Minuten zu Fuß zurückzulegen. Zudem konnte er aufgrund der Erkrankung keine öffentlichen Verkehrsmittel benutzen und war nicht in der Lage, einen PKW zu führen. Diese Einschätzung von Dr. B. wird bestätigt durch die Feststellungen der den Kläger behandelnden Ärzten in ihren Befundberichten. Dr. L. hat unter dem 19. Dezember 2004 die Fähigkeit des Klägers zum Verlassen der Wohnung verneint. Dr. H. hat in ihrem Befundbericht vom 22. April 2008 keine Änderung der gesundheitlichen Situation seit 2005 aufgezeigt. Wegen Orientierungslosigkeit verlasse der Kläger seine Wohnung nicht. Dr. S. hat unter dem 20. November 2001 auf die Angaben des Klägers verwiesen, wonach dieser die Selbstversorgung nur durch seine Ehefrau sicherstellen könne, da er seit Jahren nicht mehr die Wohnung verlasse. Ferner das Arbeitsamt Dessau unter dem 10. Juli 2003 bestätigt, dass der Kläger dort seit dem 1. August 2001 nicht mehr persönlich vorgesprochen hat.
Darüber hinaus hat auch Dipl.-Med. F. in der prüfärztlichen Stellungsnahme vom 3. Januar 2005 ein gemindertes Leistungsvermögen zum Wegfallzeitpunkt aufgezeigt. Auch unter dem 25. August 2005 verwies sie auf eine weiterhin eingeschränkte Wegefähigkeit des Klägers. Zwar hat sie angeführt, der Kläger könne inzwischen kürzere Wege in Wohnhausnähe allein zurücklegen. Von einer Änderung der gesundheitlichen Situation ist sie dabei jedoch nicht ausgegangen, sondern hat sich vielmehr auf die Angaben des Klägers bei der Begutachtung durch Dr. B. gestützt.
Zudem ergibt sich aus den Formulierungen in den angefochtenen Bescheiden, dass die Beklagte selbst von dem Vorliegen der Anspruchsvoraussetzungen für die Weiterleistung der Rente und damit von dem Bestehen des Stammrechts auf Rente wegen voller Erwerbsminderung dem Grunde nach ausgegangen ist. Bereits im Bescheid vom 25. Januar 2005 hat sie darauf verwiesen, der Kläger stehe dem allgemeinen Arbeitsmarkt nicht zur Verfügung. Im Widerspruchsbescheid vom 26. Oktober 2005 hat sie ausgeführt, dass durch die ambulante oder stationäre Psychotherapie gegebenenfalls ein Leistungsvermögen von mindestens sechs Stunden erreichbar wäre. Schließlich hat sie im Bescheid vom 31. Juli 2007 ausgeführt, "entsprechend des Bescheides vom 25. 01.2005 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 26. 10. 2005 liegt dem Grunde nach ein Rentenanspruch des Klägers auf Rente wegen Erwerbsunfähigkeit vor. Ein neuer Rentenanspruch auf eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit kann in Verbindung mit § 89 des Sozialgesetzbuches – Sechstes Buch – (SGB VI) nicht entstehen." Insoweit geht auch die Beklagte vom Vorliegen des Rentenanspruchs dem Grunde nach aus. Der Kläger hat deshalb Anspruch auf Erteilung eines Weiterbewilligungsbescheides durch die Beklagte. Diese hat jedoch mit Bescheid vom 25. Januar 2005 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 26. Oktober 2005 einen Anspruch des Klägers auf Weiterbewilligung der Rente wegen voller Erwerbsminderung über den 31. Januar 2005 hinaus gerade nicht festgestellt, sondern im Verfügungssatz des Bescheides vom 25. Januar 2005 "den Antrag vom 28.10.2004 auf Weiterzahlung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung.mit Wirkung vom 1.02.2010 versagt" Diesem in sich widersprüchlichen Tenor zu entnehmen, dass der Anspruch auf Weiterzahlung bereits dem Grunde nach nicht anerkannt wird. Auch aus dem Bescheidtext im Übrigen und dem Widerspruchsbescheid vom 26. Oktober 2005 ist zu entnehmen, dass ein Rentenanspruch nicht zuerkannt werden sollte.
Aus dem Bescheid vom 31. Juli 2007 ergibt sich insoweit nichts Anderes. Auch hier hat die Beklagte keinen Anspruch des Klägers auf die Weiterbewilligung der Rente wegen voller Erwerbsminderung über den 31. Januar 2005 hinaus festgestellt, sondern vielmehr diesen weiterhin versagt. Allerdings ist dem Bescheidtext zu entnehmen, dass die Beklagte fälschlicherweise davon ausgegangen ist, mit Bescheid vom 25. Januar 2005 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 26. Oktober 2005 einen Rentenanspruch des Klägers auf Rente wegen Erwerbsunfähigkeit (gemeint ist wohl wegen Erwerbsminderung) dem Grunde nach anerkannt zu haben. Dies hat sie ausweislich der angefochtenen Bescheide jedoch unterlassen.
Der Bescheid der Beklagten vom 31. Juli 2007 ist nach § 96 Abs. 1 SGG zum Gegenstand des Berufungsverfahrens geworden. Denn gemäß § 96 Abs. 1 SGG wird, wenn nach Klageerhebung ein Verwaltungsakt durch einen neuen abgeändert oder ersetzt wird, der neue Verwaltungsakt Gegenstand des Verfahrens. Dabei setzt ein Ändern oder Ersetzen voraus, dass der Regelungsgehalt des neuen einzubeziehenden Verwaltungsaktes mit dem des früheren identisch ist. Ob dies der Fall ist, muss durch Vergleich der in beiden Verwaltungsakten getroffenen Verfügungssätze festgestellt werden (Leitherer in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG Kommentar, 9. Aufl. 2005, § 96 Rdnr.4a). Sowohl der Bescheid vom 25. Januar 2005 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 26. Oktober 2005 als auch der Bescheid vom 31. Juli 2007 enthalten den Verfügungssatz, dass die Rente wegen voller Erwerbsminderung weiterhin über den 31. Januar 2005 hinaus bzw. mit Wirkung vom 1. Februar 2005 versagt wird. Mit dem Verweis im Bescheid vom 31. Juli 2007 darauf, dass keine Anhaltspunkte vorliegen, die eine Aufhebung der Versagung in Verbindung mit § 66 Abs. 1 und § 66 Abs. 2 SGB I rechtfertigen könnten, hat die Beklagte erneut dem Kläger wegen fehlender Mitwirkung die Rente wegen voller Erwerbsminderung versagt.
Da der dem Kläger über den 31. Januar 2005 hinaus zustehende Anspruch auf Weiterbewilligung der Rente wegen voller Erwerbsminderung nicht zuerkannt wurde und ein neuer Stammanspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung auf dessen weitere Rentenanträge aus dem Jahr 2007 nicht entstehen konnte, hat der Kläger Anspruch auf Weiterbewilligung der Rente wegen voller Erwerbsminderung über den 31. Januar 2005 hinaus.
2. Der angefochtene Bescheid vom 25. Januar 2005 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 26. Oktober 2005 stellt zudem weder nach § 66 Abs. 1 SGB I noch nach § 66 Abs. 2 SGB I einen Versagungsbescheid dar.
Nach § 66 Abs. 1 SGB I kann der Leistungsträger, wenn derjenige, der eine Sozialleistung beantragt oder erhält, seinen Mitwirkungspflichten nach den §§ 60 bis 62, 65 nicht nachkommt, und hierdurch die Aufklärung des Sachverhalts erheblich erschwert wird, ohne weitere Ermittlungen die Leistungen bis zur Nachholung der Mitwirkung ganz oder teilweise versagen oder entziehen, soweit die Voraussetzungen der Leistung nicht nachgewiesen sind. Dies gilt entsprechend, wenn der Antragsteller oder Leistungsberechtigte in anderer Weise absichtlich die Aufklärung des Sachverhalts erheblich erschwert. Diese Vorschrift ist jedoch nicht einschlägig, da der Kläger keine Mitwirkung zur Feststellung der Voraussetzungen des Anspruchs auf Weiterbewilligung der Rente wegen voller Erwerbsminderung über den 31. Januar 2005 hinaus verweigert hat.
Eine Versagung kommt hier nur nach § 66 Abs. 2 SGB I in Betracht, da diese Vorschrift voraussetzt, dass die Voraussetzungen für die Erbringung der Leistungen selbst vorliegen. Nach § 66 Abs. 2 Satz 1 SGB I kann der Leistungsträger die Leistung bis zum Nachholung der Mitwirkung ganz oder teilweise versagen oder entziehen, wenn derjenige, der eine Sozialleistung wegen Gefährdung oder Minderung der Erwerbsfähigkeit beantragt oder erhält, seinen Mitwirkungspflichten nach den §§ 62 bis 65 nicht nachkommt und unter Würdigung aller Umstände mit Wahrscheinlichkeit anzunehmen ist, dass deshalb die Erwerbsfähigkeit beeinträchtigt oder nicht verbessert wird. § 66 Abs. 2 Satz 1 SGB I regelt also den Fall, dass der Antragsteller oder Leistungsberechtigte infolge pflichtwidrigen Verhaltens mehr Sozialleistungen in Anspruch nehmen kann oder muss, als bei pflichtgemäßem Verhalten zu erwarten wäre. Die Versagung einer dem Grunde nach zustehenden Rentenleistung ist damit nur für die Zukunft möglich, d.h. sie kann erst ab der Bestandskraft des Versagungsbescheides wirksam werden (Lilge, Berliner Kommentar zum Sozialrecht, 2. Aufl., 2008, SGB I, § 66 Rdnr. 39).
Eine Versagung oder Entziehung von Sozialleistungen liegt im pflichtgemäßen Ermessen des Leistungsträgers. Er ist nach § 39 SGB I gehalten, sein Ermessen entsprechend dem Zweck der Ermächtigung auszuüben und die gesetzlichen Grenzen des Ermessens einzuhalten. § 35 Abs. 1 Satz 2 SGB X bestimmt, dass die Begründung von Ermessensentscheidungen auch die Gesichtspunkte erkennen lassen müssen, von denen die Behörde bei der Ausübung ihres Ermessens ausgegangen ist. Hat die Behörde die gesetzlichen Grenzen des eingeräumten Ermessens überschritten oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise bzw. gar nicht Gebrauch gemacht, ist der Verwaltungsakt rechtswidrig (§ 54 Abs. 2 Satz 2 SGG).
Die Beklagte hat in dem Bescheid vom 25. Januar 2005 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 26. Oktober 2005 bereits nicht deutlich gemacht, auf welche Vorschrift sie ihre Versagensentscheidung stützen wollte. Sie hat vielmehr bei der Versagung des Antrages des Klägers vom 28. Oktober 2004 sowohl § 66 Abs. 1 SGB I als auch § 66 Abs. 2 SGB I angeführt. Ohne konkrete gesetzliche Grundlage ist eine ordnungsgemäße Ermessensentscheidung bereits nicht möglich.
Die Beklagte hätte sich zudem im Rahmen der Ermessensentscheidung damit auseinander zu setzen müssen, ob dem Kläger die Teilnahme an einer stationären Psychotherapie zumutbar hätte abverlangt werden können, und die vom Kläger angeführten Begleitumstände der Mitwirkungsverweigerung zu berücksichtigen. Ausführungen dazu fehlen jedoch gänzlich. Insbesondere die konkreten Vorbehalte des Klägers gegenüber einer stationären Therapie im St. J.-Krankenhaus im Hinblick auf seine frühere Alkoholkrankheit finden keine Berücksichtigung. Schließlich hat auch Dr. L. aus medizinischer Sicht Bedenken gegen eine Unterbringung des Klägers im St. J.-Krankenhauses Dessau wegen dessen Rückfallgefährdung geäußert. Unberücksichtigt blieben ferner die Einwände des Klägers, bei einer stationären Therapie eingesperrt und ohne seinen Willen im Krankenhaus festgehalten zu werden, obwohl darin ein erheblicher Eingriff in die körperliche Unversehrtheit des Klägers zu sehen ist. Zudem hätte die Beklagte in ihre Ermessenserwägungen einfließen lassen müssen, aus welchen Gründen eine häusliche Psychotherapie, für deren Teilnahme der Kläger jederzeit Bereitschaft gezeigt und um deren Realisierung er sich vergeblich bemüht hatte, nicht in Betracht gekommen wäre.
Darüber hinaus hatte die Beklagte auch zu berücksichtigen, inwieweit der Kläger überhaupt ohne die Hilfe der Beklagten die Möglichkeit zur Mitwirkung hatte. Denn zur Realisierung der auf sechs bis zwölf Monate angelegten und sehr kostenintensiven Psychotherapie hätte zunächst die zuständige gesetzliche Krankenkasse trotz fehlender Compliance des Klägers eine Zusage erteilen oder die Beklagte sich selbst zur Kostenübernahme verpflichten müssen. Im Übrigen hat die Beklagte auch keine Abwägung dahingehend vorgenommen, ob die Kosten der geforderten Psychotherapie in einem angemessenen Verhältnis zu der monatlichen Rente wegen voller Erwerbsminderung in Höhe von zuletzt 626,21 EUR stehen. Letztendlich hätte der für eine Psychotherapie nicht motivierte Kläger sich einer solchen kostenaufwändigen Behandlung nur zur Einsparung der Rentenzahlungen durch die Beklagte unterziehen sollen.
Das Ermessen des Leistungsträgers bei der Versagung oder Entziehung der Rente erstreckt sich schließlich nicht nur auf das "Ob", sondern auch darauf, ob die Sozialleistung ganz oder teilweise versagt oder entzogen werden soll (Lilge, a.a.O., § 66 Rdnr. 34). Bei der Rentengewährung an den Kläger handelt es sich um eine teilbare Leistung. Da dem Kläger dem Grunde nach der Anspruch auf Weiterzahlung der Rente wegen voller Erwerbsminderung über den 31. Januar 2005 hinaus zustand, hätte die Beklagte innerhalb der Ermessensentscheidung darlegen müssen, ob und gegebenenfalls aus welchen Gründen sie die Rente bei fehlender Mitwirkung des Klägers insgesamt oder lediglich einen Teil davon dem Kläger versagt.
3. Nach § 102 Abs. 2 Sätze 1 bis 5 SGB VI werden Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit auf Zeit geleistet, wobei die Befristung für längstens drei Jahren nach Rentenbeginn erfolgt und verlängert werden kann. Verlängerungen erfolgen für längstens drei Jahre nach dem Ablauf der vorherigen Frist. Renten, auf die ein Anspruch unabhängig von der jeweiligen Arbeitsmarktlage besteht, werden unbefristet geleistet, wenn unwahrscheinlich ist, dass die Minderung der Erwerbsfähigkeit behoben werden kann; hiervon ist nach einer Gesamtdauer der Befristung von neun Jahren auszugehen. Da dem Kläger die Rente vom 1. Februar 2005 befristet bis zum 31. Januar 2008 und dann weiter vom 1. Februar 2008 bis zum 31. Januar 2011 und damit unter Berücksichtigung des erstmaligen Rentenbeginns am 1. Februar 2002 für bereits mehr als neun Jahre zusteht, war die Rente wegen voller Erwerbsminderung über den 31. Januar 2005 hinaus auf Dauer zu bewilligen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision im Sinne von § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor. Es handelt sich um eine Einzelfallentscheidung auf gesicherter Rechtsgrundlage, ohne dass der Senat von einer Entscheidung der in § 160 Abs. 2 Nr. 2 SGG genannten Gerichte abweicht.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Versagung von Rente wegen voller Erwerbsminderung ab dem 1. Februar 2005 bzw. die Weitergewährung von Rente wegen voller Erwerbsminderung über den 31. Januar 2005 hinaus nach dem Sechsten Buch Sozialgesetzbuch (Gesetzliche Rentenversicherung - SGB VI) streitig.
Der am ... 1955 geborene Kläger durchlief nach dem Abschluss der 10. Schulklasse in der Zeit vom 1. September 1972 bis zum 15. Juli 1974 eine Lehre zum Verkäufer. Anschließend arbeitete er in diesem Beruf bis zum 3. November 1974 und leistete dann vom 4. November 1974 bis zum 30. April 1976 seinen Wehrdienst bei der NVA ab. Er war erneut vom 7. Mai 1976 bis zum 14. Januar 1980 als Verkäufer bzw. Verkaufsstellenleiter, vom 22. Januar 1980 bis zum 21. Mai 1981 als Materialbeschaffer und vom 25. Mai 1981 bis zum 31. Oktober 1992 als Anlagenfahrer versicherungspflichtig tätig. Im Anschluss daran war der Kläger arbeitslos, absolvierte dann in der Zeit vom 18. Oktober 1993 bis zum 18. Juli 1995 erfolgreich eine Umschulung zum Trockenbaumonteur und war erneut arbeitslos und arbeitsunfähig. Er bezog Leistungen der Arbeitsverwaltung und Krankengeld.
Der Kläger beantragte am 17. August 2001 bei der Beklagten die Bewilligung von Rente wegen Erwerbsminderung. Die Beklagte zog u.a. die jeweils nach Aktenlage erstellten Gutachten von Dipl.-Med. S. des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung Sachsen-Anhalt (MDK) vom 9. August 2001 sowie der Fachärztin für Allgemeinmedizin Dipl.-Med. K. des Arbeitsamtes Dessau bei, wonach eine Leistungsunfähigkeit des Klägers für länger als sechs Monate zu erwarten sei. Ferner holte die Beklagte einen Befundbericht von der Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie Dr. S. vom 20. November 2001 ein. Bei ihrem Hausbesuch am 20. Juli 2001 habe der Kläger berichtet, die Selbstversorgung nur mit Hilfe seiner Ehefrau sicherstellen zu können. Er sei seit Jahren an die Wohnung gefesselt, da ihn beim ersten Schritt ins Freie Todesangst, Schwindel, Herzschmerz und ein Schwächegefühl überfielen. Er habe kein Zugeständnis bezüglich der Durchführung einer psychotherapeutischen bzw. verhaltenstherapeutischen Maßnahme gemacht. Dr. S. führte als Diagnosen eine soziale Phobie, eine Panikstörung und eine Fehlentwicklung der Persönlichkeit an. Ferner lag der Beklagten die Epikrise des St. J.-Krankenhauses D. vom 27. November 1996 über die stationäre Behandlung des Klägers vom 5. August bis zum 11. Oktober 1996 vor. Dort wurde als Diagnose eine primär neurotische Fehlentwicklung mit hypochondrischer und kardiophobischer Verarbeitungsweise bei schizoider Persönlichkeitsstruktur benannt. Der Kläger habe im Zuge der Einzelgespräche und Gespräche mit der Psychologin der Klinik die Psychogenese, welche die geschilderten Symptome erkläre, nicht akzeptiert. Das Angebot, sich in eine tiefenpsychologische Gruppenarbeit zu integrieren, habe er abgewehrt.
Die Beklagte holte einen Befundbericht des Praktischen Arztes Dr. L. vom 5. Mai 2002 ein, der darin mitteilte, der Kläger könne aufgrund seiner Panikattacken seine Wohnung nicht verlassen und leide beim Betreten der Straße an Schwindel, Brechreiz und Übelkeit. Die Beklagte lehnte mit Bescheid vom 15. Juli 2002 den Rentenantrag ab, wogegen der Kläger am 18. Juli 2002 Widerspruch erhob. Die Prüfärztin Dipl.-Med. F. nahm in der von der Beklagten angeforderten Stellungnahme vom 23. August 2002 Bezug auf das prüfärztliche Votum vom 23. Mai 2002, wonach dem Kläger mittelschwere Arbeiten ohne weitere Einschränkungen vollschichtig zumutbar seien. Wegen der fehlenden Wegefähigkeit seien gegenwärtig jedoch nur Heimarbeiten möglich. Mit Bescheid vom 10. Dezember 2002 bewilligte die Beklagte dem Kläger Rente wegen voller Erwerbsminderung vom 1. Februar 2002 bis zum 31. Oktober 2003 in Höhe von 624,63 EUR monatlich. Nach dem Ergebnis der medizinischen Ermittlungen dürfte eine wesentliche Hebung des Leistungsvermögens des Klägers durch eine psychotherapeutische Heilbehandlung zu erreichen sein. Der Bescheid ergehe daher mit der Auflage - § 32 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - SGB X) -, dass sich der Kläger einer entsprechenden Heilbehandlung unterziehe. Ferner werde in diesem Zusammenhang auf die Mitwirkungspflicht des Klägers gemäß § 63 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (Allgemeiner Teil - SGB I) verwiesen. Mit Schreiben vom 27. Februar 2003 und 13. Mai 2003 zeigte der Kläger auf, dass er sich intensiv, bislang jedoch ohne Erfolg, um eine Psychotherapie bei sich zu Hause bemüht habe. Das Arbeitsamt Dessau teilte mit Schreiben vom 10. Juli 2003 der Beklagten mit, der Kläger habe sich - entgegen der Auskunft vom 9. April 2003 - seit dem 1. August 2001 nicht mehr persönlich gemeldet; dessen Ehefrau habe in bestimmten Abständen vorgesprochen.
Den Antrag des Klägers vom 21. August 2003 auf Weitergewährung der Rente wegen voller Erwerbsminderung über den 31. Oktober 2003 lehnte die Beklagte zunächst mit Bescheid vom 22. Oktober 2003 wegen fehlender Mitwirkung ab.
Mit weiterem Bescheid vom 6. Juli 2004 leistete die Beklagte die Rente wegen voller Erwerbsminderung weiter auf Zeit bis zum 31. Januar 2005 in Höhe von 626,21 EUR monatlich. Im Rahmen der Mitwirkungspflichten nach §§ 60, 66 SGB X (muss SGB I heißen) wurde der Kläger aufgefordert, sich in eine ambulante bzw. stationäre Psychotherapie zu begeben.
Mit Widerspruchsbescheid vom 4. August 2004 wies die Beklagte schließlich den Widerspruch des Klägers gegen den Bescheid vom 15. Juli 2002, soweit nicht bereits Abhilfe erfolgt sei, als unbegründet zurück. Nach den durchgeführten Ermittlungen bestünden keine Anhaltspunkte dafür, dass die Annahme der Wahrscheinlichkeit einer Besserung fehlerhaft sei. Deshalb sei der Anspruch auf eine Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Dauer nicht begründet. Dagegen wandte sich der Kläger mit der am 23. August 2004 beim Sozialgericht Dessau erhobenen Klage (S 9 RJ 249/04).
Dort legte die Beklagte ihren Bescheid vom 13. Oktober 2004 vor, mit welchem sie den Antrag des Klägers vom 1. November 2003 auf Bewilligung von Leistungen zur medizinischen Rehabilitation mit der Begründung abgelehnt hatte, dass sie eine Krankenhausbehandlung für angezeigt halte. Der derzeitige Zustand lasse eine Leistung zur medizinischen Rehabilitation nicht zu. Ferner übersandte sie eine gutachterliche Äußerung des Ärztlichen Dienstes des Arbeitsamtes D., erstellt nach Aktenlage von Dipl.-Med. G. unter dem 21. Januar 2004. Danach sei eine Veränderung des Gesundheitszustandes des Klägers kaum erwartbar, da dieser offensichtlich bislang keine Behandlungsmotivation aufgebracht habe.
In dem auf Veranlassung des Sozialgerichts eingeholten Befundbericht vom 19. Dezember 2004 teilte Dr. L. mit, der Kläger könne aufgrund einer Neurose seine Wohnung nicht verlassen; eine Änderung sei nicht zu erwarten sei, sodass "eine dauerhafte Erwerbsunfähigkeit anzustreben sei". In einem vom Kläger vorgelegten Attest vom 24. Februar 2005 bescheinigte Dr. L., dass die stationäre Behandlung in der psychiatrischen Station des St. J.-Krankenhauses, wo der Kläger – der seit 1987 trockener Alkoholiker ist - mit Alkoholikern untergebracht gewesen sei, wegen der Rückfallgefahr habe abgebrochen werden müssen. Eine erneute Einweisung in das St. J.-Krankenhaus sei wegen der weiterhin bestehenden Suchtgefährdung nicht möglich. Eine ambulante Therapie sei ebenfalls nicht durchführbar. In der prüfärztlichen Stellungsnahme vom 3. Januar 2005 teilte Dipl.-Med. F. mit, zum Wegfallzeitpunkt liege weiterhin ein gemindertes Leistungsvermögen vor, was jedoch auf die fehlende Mitarbeit des Kläger zurückzuführen sei.
Parallel zu diesem Klageverfahren beantragte der Kläger am 28. Oktober 2004 bei der Beklagten die Weitergewährung der Rente wegen voller Erwerbsminderung über den 31. Januar 2005 hinaus. Die Beklagte teilte dem Kläger mit Schreiben vom 7. Januar 2005, abgesandt am selben Tag, mit, dass beabsichtigt sei, "den Antrag auf Weiterzahlung einer Rente wegen Erwerbsminderung gemäß § 66 Abs. 1/Abs. 2 SGB I mit Wirkung vom 1. Februar 2005 zu versagen". Mit Bescheid vom 6. Juli 2004 sei dem Kläger im Rahmen der Mitwirkungspflichten aufgegeben worden, sich in eine ambulante bzw. stationäre Psychotherapie zu begeben. Bereits mit Schreiben vom 10. Dezember 2002 und später im Widerspruchsbescheid vom 4. August 2004 sei ihm nach § 32 SGB X die Auflage erteilt worden, sich einer psychotherapeutischen Behandlung zu unterziehen, mit welcher die psychische Störung erheblich gebessert werden könne. Soweit er seinen Mitwirkungspflichten bis zum 21. Januar 2005 weiterhin nicht nachkäme und bis zum genannten Zeitpunkt keine vertretbaren Gründe vortrage, die dem Ausüben der gesetzlichen Mitwirkungspflichten entgegenstünden, werde bis zum Nachholen seiner Mitwirkungspflicht die Rente versagt werden.
Mit Bescheid vom 25. Januar 2005, abgesandt am selben Tag, teilte die Beklagte mit, "Ihr Antrag vom 28.10.2004 auf Weiterzahlung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung wird gemäß § 66 Abs. 1 des Sozialgesetzbuches – Erstes Buch – Allgemeiner Teil – (SGB I)/§ 66 Abs. 2 des Sozialgesetzbuches – Erstes Buch – Allgemeiner Teil – (SGB I) mit Wirkung vom 01.02.2005 versagt". Trotz der Aufforderungen der Beklagten sei er seinen Mitwirkungspflichten bisher nicht nachgekommen. Die beantragte Weiterzahlung der Rente werde bis zum vollständigen Nachholen der Mitwirkungspflicht vollständig versagt.
Mit Schreiben vom 18. Januar 2005, eingegangen bei der Beklagten am 25. Januar 2005, in der Verwaltungsakte der Beklagte nach dem Bescheid vom 25. Januar 2005 abgeheftet, trug der Kläger vor, dass er zur Durchführung einer ambulanten bzw. stationären Psychotherapie nicht in der Lage sei. Ferner sei nach den Feststellungen im Rehabilitationsablehnungsbescheid vom 13. Oktober 2005 eine Krankenhausbehandlung angezeigt. Damit entfalle seine Mitwirkungspflicht im Rahmen einer ambulanten Psychotherapie. Eine stationäre Behandlung sei jedoch wegen seiner Rückfallgefährdung als trockener Alkoholiker nicht möglich. Den gegen den Bescheid vom 25. Januar 2005 am 21. Februar 2005 erhobenen Widerspruch des Klägers wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 26. Oktober 2005 als unbegründet zurück. Aus medizinischer Sicht sei der Kläger in der Lage, eine ambulante bzw. stationäre Psychotherapie zu absolvieren. Der Tatsache Rechnung tragend, dass er seiner Mitwirkungspflicht gemäß § 63 SGB I nicht nachgekommen sei, habe sie mit Bescheid vom 25. Januar 2005 den Antrag auf Weitergewährung der Rente wegen voller Erwerbsminderung abgelehnt und die Leistung mit Wirkung vom 1. Februar 2005 versagt. Die Versagung der Rente wegen Erwerbsminderung sei gerechtfertigt, da durch die ambulante bzw. stationäre Psychotherapie gegebenenfalls ein Leistungsvermögen von mindestens sechs Stunden täglich erreichbar wäre. In Ausübung des Ermessens gemäß § 66 Abs. 2 SGB I sei das Versagen der Rente wegen Erwerbsminderung durch den Rentenversicherungsträger gerechtfertigt. Zweck der Ermächtigung zur Ermessensausübung durch den Rentenversicherungsträger sei es vordringlich, dem Leistungsberechtigten durch die Ablehnung bzw. das Versagen der beantragten Leistung die nachteiligen Folge seines pflichtwidrigen Verhaltens aufzubürden und nicht der Versichertengemeinschaft. Deshalb sei es gerechtfertigt, dem Kläger die Rente wegen Erwerbsminderung nicht zu gewähren. Er habe keine überzeugenden Gründe vorgetragen, warum er die angezeigte Behandlung nicht wahrnehmen könne.
Dagegen hat sich der Kläger mit der am 7. November 2005 beim Sozialgericht Dessau erhobenen Klage gewandt und die Weitergewährung der Rente wegen voller Erwerbsminderung über den 31. Januar 2005 hinaus begehrt.
In dem Klageverfahren S 9 RJ 249/04 ließ das Sozialgericht den Ärztlichen Direktor des St. J.-Krankenhauses Dr. B. das nervenärztliche Gutachten vom 22. Juni 2005 aufgrund eines Hausbesuches am 19. Mai 2005 erstatten. Dr. B. teilte mit, der Kläger habe über ein starkes Todesangstgefühl, starke Herzbeschwerden, Schmerzen, Orientierungslosigkeit, Panik mit Atemaussetzern, nächtliche starke Schweißausbrüche und Beklemmungen mit Atemluftnot geklagt. Er könne nur bis zum nächsten Bordstein ca. 500 Meter gehen, dann müsse er sich hinsetzen, z.B. wenn er seine Frau abhole. Der Hausarzt mache Hausbesuche, da er - der Kläger - die Menschen im Wartezimmer nicht ertrage. Als er im St. J.-Krankenhaus gewesen sei, habe man die Alkoholiker anbinden müssen, was er nicht ertrage. Die Gruppentherapie habe er auch nicht ausgehalten. Bei der Untersuchung des Klägers seien Merkfähigkeit und Gedächtnis ungestört, Auffassungsvermögen, Konzentrationsfähigkeit, Aufmerksamkeitsausrichtung, Psychomotorik und Antrieb unauffällig gewesen. Sichere Hinweise für Sinnes- oder Wahrnehmungsstörungen hätten sich nicht gefunden. Dr. B. führte als Diagnosen eine Neigung zur Extrasystolie, ein alimentäres Übergewicht, eine Fettstoffwechselstörung, eine Fettleber, eine Zuckerkrankheit, eine Wirbelsäulenosteochondrose, ein Glaukom sowie auf psychiatrischem Gebiet eine Panikstörung an. Letztere äußere sich in wiederkehrenden Panikattacken verbunden mit einer typischen vegetativen Symptomatik und der Angst, durch einen Schlaganfall oder Herzinfarkt sterben zu können. Der Kläger könne die seelischen Störungen bei zumutbarer Willensanspannung mit ärztlich/psychotherapeutischer Hilfe bald bessern. Es bestehe die begründete Aussicht, dass sich die Panikstörung in absehbarer Zeit (innerhalb von sechs bis zwölf Monaten) wesentlich bessern werde, wenn der Kläger bereit sei, sich einer psychotherapeutischen Behandlung zu unterziehen. Zurzeit könne der Kläger aus psychiatrischer Sicht keine Arbeiten verrichten, da eine ausreichende Wegefähigkeit nicht bestehe. Er sei nicht in der Lage, Wege zu Fuß über 500 Meter viermal täglich zurückzulegen oder öffentliche Verkehrsmittel zu benutzen sowie einen PKW zu führen, wobei diese Einschränkungen hauptsächlich auf den subjektiven Angaben des Klägers beruhten, die aber wegen der Aggravationstendenzen nur schwerlich hinsichtlich ihrer tatsächlichen Auswirkungen zu interpretieren seien. Unter dem 25. August 2005 teilte Dipl.-Med. F. mit, aus prüfärztlicher Sicht seien dem Kläger mittelschwere Tätigkeiten ohne besonderen Zeitdruck, ohne Absturzgefahr in Tagesschicht vollschichtig zumutbar. Die eingeschränkte Wegefähigkeit sei auf die fehlende Mitwirkung des Klägers zurückzuführen. Kürzere Wege in Wohnhausnähe könnten inzwischen allein zurückgelegt werden.
Am 16. Dezember 2005 nahm der Kläger in dem Verfahren S 9 RJ 249/04 die Klage zurück.
In dem dem Berufungsverfahren zugrunde liegenden Klageverfahren hat er vorgetragen, ohne die entsprechende Behandlung seiner schweren Angststörung könne er eine ambulante Psychotherapie nicht durchstehen. Die Ausführungen von Dr. B. zur Wegefähigkeit beruhten teilweise auf einem Missverständnis. Auf Befragen habe er dem Gutachter mitgeteilt, dass er immer versucht habe, seine Frau von der Arbeit abzuholen. Er habe jedoch nach wenigen Metern eine Panikattacke in erheblichem Umfang erlitten und sich auf die Straße setzen müssen, wo ihn seine Frau dann aufgesammelt habe. Die Beklagte hat vorgetragen, die Versagung erfolge zwar für die Zeit ab 1. Februar 2005, der direkte Anschluss an den Wegfallzeitpunkt der Zeitrente sei jedoch zufällig. Die Klage, mit der der Kläger die Weitergewährung der Rente wegen voller Erwerbsminderung über den 31. Januar 2005 begehre, sei insoweit unzulässig. Die Versagung einer Sozialleistung wegen fehlender Mitwirkung nach § 66 SGB I sei allein mit der isolierten Anfechtungsklage anzugreifen. Grund für die Versagung sei, dass der Kläger trotz weiteren Vorliegens eines geminderten Leistungsvermögens nicht an der Behebung dieses geminderten Leistungsvermögens mitwirke und Wegefähigkeit bestehe.
Mit Urteil vom 21. Juli 2006 hat das Sozialgericht Dessau die Klage abgewiesen. Die Klage sei zulässig. Richtige Klageart sei die kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage, denn nur durch die Erhebung einer isolierten Anfechtungsklage gegen die Versagung wegen fehlender Mitwirkung könne der Kläger sein Klageziel der Weiterzahlung seiner auf Zeit bewilligten Rente wegen voller Erwerbsminderung nicht erreichen können. Die Klage sei jedoch unbegründet. Die Beklagte habe zu Recht die Weiterzahlung der Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit aufgrund fehlender Mitwirkung versagt. Sie habe den Kläger ausdrücklich mit Schreiben vom 7. Januar 2005 auf die Folgen der fehlenden Mitwirkung hingewiesen und ihm Gelegenheit zur Mitwirkung bis zum 21. Januar 2005 gegeben. Die Kammer halte die Frist für angemessen, da der Kläger bereits mehrfach zuvor aufgefordert worden sei, sich einer psychotherapeutischen Behandlung zu unterziehen. Die Beklagte habe ferner von dem ihr zustehenden Ermessens ordnungsgemäß Gebrauch gemacht. Dr. B. habe nachvollziehbar dargestellt, dass die begründete Aussicht bestehe, dass bei der Bereitschaft des Klägers, sich einer psychotherapeutischen Behandlung zu unterziehen, sich die Panikstörungen in absehbarer Zeit (sechs bis zwölf Monate) wesentlich bessern werden. Bei dem Kläger lägen ferner keine Erkrankungen oder Gebrechen vor, die dazu führten, dass er eine ambulante oder stationäre psychotherapeutische Behandlung nicht durchführen könne. Da der Kläger seine Mitwirkungspflichten bisher nicht nachgeholt habe, sei die Weitergewährung der Rente zu versagen. Die weiteren Voraussetzungen für die Gewährung der Rente wegen Erwerbsminderung seien daher nicht zu prüfen.
Gegen das ihm am 23. August 2006 zugestellte Urteil hat der Kläger am 11. September 2006 beim Landessozialgericht Sachsen-Anhalt Berufung eingelegt und seinen Anspruch auf Weitergewährung der Rente wegen voller Erwerbsminderung über den 31. Januar 2005 hinaus weiterverfolgt.
Die Weiterzahlungsanträge des Klägers vom 20. August 2006 und 18. Dezember 2006 hat die Beklagte mit Bescheid vom 31. Juli 2007 abgelehnt und mitgeteilt: "Ihre Rente wegen fehlender (muss heißen "voller") Erwerbsminderung wird gemäß § 66 Abs. 1/ § 66 Abs. 2 des Sozialgesetzbuches – Erstes Buch – Allgemeiner Teil – (SGB I)SGB I weiterhin über den 31. Januar 2005 hinaus versagt. Mit Wirkung vom 1. September 2006 liegen keine Anhaltspunkte vor, welche eine Aufhebung der Versagung in Verbindung mit § 66 Abs. 1 und § 66 Abs. 2 SGB I rechtfertigen würden". Entsprechend dem Bescheid vom 25. Januar 2005 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 26. Oktober 2005 liege dem Grunde nach ein Rentenanspruch auf Rente wegen Erwerbsunfähigkeit vor. Dieser werde gemäß § 66 Abs. 1 SGB I versagt. Ein neuer Stammanspruch auf eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit könne in Verbindung mit § 89 SGB VI nicht entstehen. Ferner hätten sich keine medizinischen Befunde ergeben, wonach ab Dezember 2006 von einer Minderung der Erwerbsfähigkeit und damit von einem Aufleben des Rentenanspruchs auszugehen sei. Der Bescheid werde gemäß § 96 SGG Gegenstand des anhängigen Gerichtsverfahrens.
Im Berufungsverfahren hat der Kläger unter Vorlage einer ärztlichen Bescheinung vom 26. Juli 2006 vorgetragen, die Fachärztin für Allgemeinmedizin Dr. H. übernehme zurzeit die psychiatrische Betreuung mit; sie bemühe sich zudem intensiv um die Hinzuziehung eines entsprechenden Facharztes zur Unterstützung. Damit sei die Auflage, sich in eine psychiatrische Behandlung zu begeben, erfüllt und es bestehe kein Grund mehr, ihm die Rente wegen "voller Erwerbsunfähigkeit" zu versagen. Die ihm im Schreiben vom 7. Januar 2005 gesetzte Frist zum Erhalt einer ambulanten bzw. psychotherapeutischen Behandlung bis zum 21. Januar 2005 sei nicht angemessen. Es sei ihm bereits nicht möglich gewesen, eine ihm zur Wahl stehende stationäre oder ambulante Psychotherapie innerhalb der 14-Tage-Frist zu erhalten. Darüber hinaus sei er aus medizinischen Gründen nicht in der Lage gewesen, sich dieser Therapie ohne Weiteres zu unterziehen. Eine häusliche Therapie sei nach Darstellung der von ihm angesprochenen Ärzte nicht möglich.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Dessau vom 21. Juli 2006 und den Bescheid der Beklagten vom 25. Januar 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. Oktober 2005 sowie den Bescheid vom 31. Juli 2007 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm über den 31. Januar 2005 hinaus Rente wegen voller Erwerbsminderung zu bewilligen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen und die Klage gegen den Bescheid vom 31. Juli 2007 abzuweisen.
Sie hält das Urteil des Sozialgerichts und ihre angefochtenen Bescheide für zutreffend.
Die Beklagte hat dem Senat einen im Weitergewährungsverfahren von Dr. H. erstellten Befundbericht vom 26. September 2006 vorgelegt. Ferner hat der Senat Befund- und Behandlungsberichte eingeholt. Dr. H. hat unter dem 22. April 2008 mitgeteilt, der Kläger verweigere jegliche fachärztliche Hilfe ("Psychiater wäre dringend notwendig sowie auch Einweisungen"), da er das Haus wegen "Orientierungslosigkeit" nicht verlassen wolle. Eine Änderung des Gesundheitszustandes sei seit 2005 nicht feststellbar. Ein Facharzt sei nicht aufgesucht worden bzw. zum Hausbesuch nicht bereit. Der Kläger lehne jede stationäre Behandlung im psychiatrischen Krankenhaus ab. Er wolle sich nicht einsperren lassen. Dr. L. hat unter dem 27. April 2008 eingeschätzt, der Kläger sei bei dem Hausbesuch am 15. September 2005 in der Lage gewesen, eine Psychotherapie in einer Klinik durchzuführen.
Dr. B. hat auf Nachfrage des Senates mit Schreiben vom 14. Juli 2008 mitgeteilt, dem Kläger sei es im Jahr 2005 zuzumuten gewesen, umgehend an einer psychotherapeutischen Behandlung teilzunehmen. Diese Behandlung hätte auf jeden Fall sofort stationär durchgeführt werden können. In der Regel sei eine Aufnahme auf die Psychotherapiestation des St. J.-Krankenhauses innerhalb von zwei Wochen möglich. Dazu hätte sich der Kläger auf der Psychotherapiestation anmelden und sich zuvor zu dieser Therapie über den Haus- bzw. Nervenarzt einweisen lassen müssen. Retrospektiv lasse sich jedoch nicht mehr exakt beantworten, ob eine mögliche Wartezeit zu beachten gewesen wäre, da Wartelisten aus der damaligen Zeit nicht mehr zur Verfügung stünden. Ob eine ambulante Psychotherapie außerhalb seines Hauses dem Kläger zumutbar gewesen wäre, könne nicht sicher beantwortet werden, da dieser widersprüchliche Angaben zu seiner Fähigkeit gemacht habe, das Haus zu verlassen. Die Wartezeit für eine ambulante Psychotherapie habe im Januar 2005 allerdings ein bis zwei Jahre betragen.
Der Senat hat schließlich noch den Befundbericht des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie Dipl.-Med. Z. vom 7. April 2009 nach einer einmaligen Behandlung des Klägers in dessen Praxis am 9. Februar 2009 eingeholt. Dipl.-Med. Z. hat als Diagnose eine Agoraphobie mit Panikstörung benannt. Der Kläger könne an einer ambulanten oder stationären Psychotherapie teilnehmen. Dem Vermeidensverhalten müsse entgegengewirkt werden. Er habe den Kläger zu einer Psychotherapie überwiesen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Gerichts- und des Verwaltungsverfahrens sowie des Vorbringens der Beteiligten und der Ergebnisse der Beweisaufnahme wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, der Verwaltungsakten der Beklagten sowie der beigezogenen Gerichtsakte S 9 RI 249/04, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung und der Entscheidungsfindung des Senates waren, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist begründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Unrecht abgewiesen. Die kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage des Klägers ist zulässig und begründet. Der Bescheid der Beklagten vom 25. Januar 2005 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 26. Oktober 2005 und der Bescheid vom 31. Juli 2007 sind rechtswidrig und verletzen den Kläger insoweit in seinen Rechten (§ 54 Abs. 2 SGG). Dem Kläger steht ein Anspruch auf Weiterbewilligung der Rente wegen voller Erwerbsminderung über den 31. Januar 2005 hinaus zu (dazu unter 1.). Die Beklagte hat dem Kläger diese ihm zustehende Rente auch nicht rechtmäßig versagt (dazu unter 2.). Schließlich war die Beklagte zur Weiterbewilligung der Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Dauer zu verurteilen (dazu unter 3.).
1. Der Kläger hat Anspruch auf Erteilung eines Bescheides durch die Beklagte, in dem diese sich zur Bewilligung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung über den 31. Januar 2005 hinaus verpflichtet. Er hat die Weiterbewilligung der ihm bis zum 31. Januar 2005 zuerkannten Rente beantragt und es liegen die gesetzlichen Voraussetzungen für diesen Rentenanspruch weiterhin vor.
Nach § 43 Abs. 2 SGB VI in der ab dem 1. Januar 2001 geltenden Fassung haben Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung, wenn sie voll erwerbsgemindert sind, in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben. Der Kläger hatte in Anbetracht des Bezuges der Rente wegen voller Erwerbsminderung die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für die Weitergewährung der Erwerbsminderungsrente erfüllt.
Darüber hinaus liegen auch die medizinischen Voraussetzungen für die Weiterbewilligung dieser Rente über den 31. Januar 2005 hinaus aufgrund der weiterhin bestehenden Wegeunfähigkeit des Klägers vor. Nach § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI sind voll erwerbsgemindert Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbarer Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Ein Anspruch auf Bewilligung von Rente wegen voller Erwerbsminderung besteht auch dann, wenn ein Seltenheits- oder Katalogfall vorliegt, der zur Pflicht der Benennung eines konkreten Arbeitsplatzes führt (vgl. Beschluss des Großen Senats des Bundessozialgerichts (BSG) vom 19. Dezember 1996 - GS 2/95 -, SozR 3-2600 § 44 SGB VI Nr. 8 = BSGE 80, 24, 33 f., a.a.O., Seite 35), der die Beklagte nicht nachkommt. Der Arbeitsmarkt gilt unter anderem als verschlossen, wenn einem Versicherten die so genannte Wegefähigkeit fehlt. Zur Erwerbsfähigkeit gehört auch das Vermögen, einen Arbeitsplatz aufsuchen zu können. Dabei ist nach der Rechtsprechung des BSG ein abstrakter Maßstab anzuwenden. Ein Katalogfall liegt nicht vor, soweit ein Versicherter täglich viermal Wegstrecken von knapp mehr als 500 Meter mit einem zumutbaren Zeitaufwand von bis zu 20 Minuten zu Fuß zurücklegen und zweimal öffentliche Verkehrsmittel während der Hauptverkehrszeiten unter Berücksichtigung aller ihm zur Verfügung stehender Mobilitätshilfen benutzen kann. Dann gilt die Erwerbsfähigkeit als nicht in beachtlichem Maße einschränkt und die konkrete Benennung einer Verweisungstätigkeit ist nicht erforderlich. Sind Arbeitsplätze auf andere Art als zu Fuß erreichbar, zum Beispiel mit dem eigenen Kraftfahrzeug bzw. mit einem Fahrrad, ist der Arbeitmarkt ebenfalls nicht verschlossen (BSG, Urteil vom 17. Dezember 1991 - 13/5 RJ 73/90 - SozR 3-2200 § 1247 RVO Nr. 10).
Nach dem Gutachten von Dr. B. vom 22. Juni 2005 war der Kläger aufgrund seiner Panikstörung nicht fähig, viermal täglich mehr als 500 Meter innerhalb von 20 Minuten zu Fuß zurückzulegen. Zudem konnte er aufgrund der Erkrankung keine öffentlichen Verkehrsmittel benutzen und war nicht in der Lage, einen PKW zu führen. Diese Einschätzung von Dr. B. wird bestätigt durch die Feststellungen der den Kläger behandelnden Ärzten in ihren Befundberichten. Dr. L. hat unter dem 19. Dezember 2004 die Fähigkeit des Klägers zum Verlassen der Wohnung verneint. Dr. H. hat in ihrem Befundbericht vom 22. April 2008 keine Änderung der gesundheitlichen Situation seit 2005 aufgezeigt. Wegen Orientierungslosigkeit verlasse der Kläger seine Wohnung nicht. Dr. S. hat unter dem 20. November 2001 auf die Angaben des Klägers verwiesen, wonach dieser die Selbstversorgung nur durch seine Ehefrau sicherstellen könne, da er seit Jahren nicht mehr die Wohnung verlasse. Ferner das Arbeitsamt Dessau unter dem 10. Juli 2003 bestätigt, dass der Kläger dort seit dem 1. August 2001 nicht mehr persönlich vorgesprochen hat.
Darüber hinaus hat auch Dipl.-Med. F. in der prüfärztlichen Stellungsnahme vom 3. Januar 2005 ein gemindertes Leistungsvermögen zum Wegfallzeitpunkt aufgezeigt. Auch unter dem 25. August 2005 verwies sie auf eine weiterhin eingeschränkte Wegefähigkeit des Klägers. Zwar hat sie angeführt, der Kläger könne inzwischen kürzere Wege in Wohnhausnähe allein zurücklegen. Von einer Änderung der gesundheitlichen Situation ist sie dabei jedoch nicht ausgegangen, sondern hat sich vielmehr auf die Angaben des Klägers bei der Begutachtung durch Dr. B. gestützt.
Zudem ergibt sich aus den Formulierungen in den angefochtenen Bescheiden, dass die Beklagte selbst von dem Vorliegen der Anspruchsvoraussetzungen für die Weiterleistung der Rente und damit von dem Bestehen des Stammrechts auf Rente wegen voller Erwerbsminderung dem Grunde nach ausgegangen ist. Bereits im Bescheid vom 25. Januar 2005 hat sie darauf verwiesen, der Kläger stehe dem allgemeinen Arbeitsmarkt nicht zur Verfügung. Im Widerspruchsbescheid vom 26. Oktober 2005 hat sie ausgeführt, dass durch die ambulante oder stationäre Psychotherapie gegebenenfalls ein Leistungsvermögen von mindestens sechs Stunden erreichbar wäre. Schließlich hat sie im Bescheid vom 31. Juli 2007 ausgeführt, "entsprechend des Bescheides vom 25. 01.2005 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 26. 10. 2005 liegt dem Grunde nach ein Rentenanspruch des Klägers auf Rente wegen Erwerbsunfähigkeit vor. Ein neuer Rentenanspruch auf eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit kann in Verbindung mit § 89 des Sozialgesetzbuches – Sechstes Buch – (SGB VI) nicht entstehen." Insoweit geht auch die Beklagte vom Vorliegen des Rentenanspruchs dem Grunde nach aus. Der Kläger hat deshalb Anspruch auf Erteilung eines Weiterbewilligungsbescheides durch die Beklagte. Diese hat jedoch mit Bescheid vom 25. Januar 2005 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 26. Oktober 2005 einen Anspruch des Klägers auf Weiterbewilligung der Rente wegen voller Erwerbsminderung über den 31. Januar 2005 hinaus gerade nicht festgestellt, sondern im Verfügungssatz des Bescheides vom 25. Januar 2005 "den Antrag vom 28.10.2004 auf Weiterzahlung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung.mit Wirkung vom 1.02.2010 versagt" Diesem in sich widersprüchlichen Tenor zu entnehmen, dass der Anspruch auf Weiterzahlung bereits dem Grunde nach nicht anerkannt wird. Auch aus dem Bescheidtext im Übrigen und dem Widerspruchsbescheid vom 26. Oktober 2005 ist zu entnehmen, dass ein Rentenanspruch nicht zuerkannt werden sollte.
Aus dem Bescheid vom 31. Juli 2007 ergibt sich insoweit nichts Anderes. Auch hier hat die Beklagte keinen Anspruch des Klägers auf die Weiterbewilligung der Rente wegen voller Erwerbsminderung über den 31. Januar 2005 hinaus festgestellt, sondern vielmehr diesen weiterhin versagt. Allerdings ist dem Bescheidtext zu entnehmen, dass die Beklagte fälschlicherweise davon ausgegangen ist, mit Bescheid vom 25. Januar 2005 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 26. Oktober 2005 einen Rentenanspruch des Klägers auf Rente wegen Erwerbsunfähigkeit (gemeint ist wohl wegen Erwerbsminderung) dem Grunde nach anerkannt zu haben. Dies hat sie ausweislich der angefochtenen Bescheide jedoch unterlassen.
Der Bescheid der Beklagten vom 31. Juli 2007 ist nach § 96 Abs. 1 SGG zum Gegenstand des Berufungsverfahrens geworden. Denn gemäß § 96 Abs. 1 SGG wird, wenn nach Klageerhebung ein Verwaltungsakt durch einen neuen abgeändert oder ersetzt wird, der neue Verwaltungsakt Gegenstand des Verfahrens. Dabei setzt ein Ändern oder Ersetzen voraus, dass der Regelungsgehalt des neuen einzubeziehenden Verwaltungsaktes mit dem des früheren identisch ist. Ob dies der Fall ist, muss durch Vergleich der in beiden Verwaltungsakten getroffenen Verfügungssätze festgestellt werden (Leitherer in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG Kommentar, 9. Aufl. 2005, § 96 Rdnr.4a). Sowohl der Bescheid vom 25. Januar 2005 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 26. Oktober 2005 als auch der Bescheid vom 31. Juli 2007 enthalten den Verfügungssatz, dass die Rente wegen voller Erwerbsminderung weiterhin über den 31. Januar 2005 hinaus bzw. mit Wirkung vom 1. Februar 2005 versagt wird. Mit dem Verweis im Bescheid vom 31. Juli 2007 darauf, dass keine Anhaltspunkte vorliegen, die eine Aufhebung der Versagung in Verbindung mit § 66 Abs. 1 und § 66 Abs. 2 SGB I rechtfertigen könnten, hat die Beklagte erneut dem Kläger wegen fehlender Mitwirkung die Rente wegen voller Erwerbsminderung versagt.
Da der dem Kläger über den 31. Januar 2005 hinaus zustehende Anspruch auf Weiterbewilligung der Rente wegen voller Erwerbsminderung nicht zuerkannt wurde und ein neuer Stammanspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung auf dessen weitere Rentenanträge aus dem Jahr 2007 nicht entstehen konnte, hat der Kläger Anspruch auf Weiterbewilligung der Rente wegen voller Erwerbsminderung über den 31. Januar 2005 hinaus.
2. Der angefochtene Bescheid vom 25. Januar 2005 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 26. Oktober 2005 stellt zudem weder nach § 66 Abs. 1 SGB I noch nach § 66 Abs. 2 SGB I einen Versagungsbescheid dar.
Nach § 66 Abs. 1 SGB I kann der Leistungsträger, wenn derjenige, der eine Sozialleistung beantragt oder erhält, seinen Mitwirkungspflichten nach den §§ 60 bis 62, 65 nicht nachkommt, und hierdurch die Aufklärung des Sachverhalts erheblich erschwert wird, ohne weitere Ermittlungen die Leistungen bis zur Nachholung der Mitwirkung ganz oder teilweise versagen oder entziehen, soweit die Voraussetzungen der Leistung nicht nachgewiesen sind. Dies gilt entsprechend, wenn der Antragsteller oder Leistungsberechtigte in anderer Weise absichtlich die Aufklärung des Sachverhalts erheblich erschwert. Diese Vorschrift ist jedoch nicht einschlägig, da der Kläger keine Mitwirkung zur Feststellung der Voraussetzungen des Anspruchs auf Weiterbewilligung der Rente wegen voller Erwerbsminderung über den 31. Januar 2005 hinaus verweigert hat.
Eine Versagung kommt hier nur nach § 66 Abs. 2 SGB I in Betracht, da diese Vorschrift voraussetzt, dass die Voraussetzungen für die Erbringung der Leistungen selbst vorliegen. Nach § 66 Abs. 2 Satz 1 SGB I kann der Leistungsträger die Leistung bis zum Nachholung der Mitwirkung ganz oder teilweise versagen oder entziehen, wenn derjenige, der eine Sozialleistung wegen Gefährdung oder Minderung der Erwerbsfähigkeit beantragt oder erhält, seinen Mitwirkungspflichten nach den §§ 62 bis 65 nicht nachkommt und unter Würdigung aller Umstände mit Wahrscheinlichkeit anzunehmen ist, dass deshalb die Erwerbsfähigkeit beeinträchtigt oder nicht verbessert wird. § 66 Abs. 2 Satz 1 SGB I regelt also den Fall, dass der Antragsteller oder Leistungsberechtigte infolge pflichtwidrigen Verhaltens mehr Sozialleistungen in Anspruch nehmen kann oder muss, als bei pflichtgemäßem Verhalten zu erwarten wäre. Die Versagung einer dem Grunde nach zustehenden Rentenleistung ist damit nur für die Zukunft möglich, d.h. sie kann erst ab der Bestandskraft des Versagungsbescheides wirksam werden (Lilge, Berliner Kommentar zum Sozialrecht, 2. Aufl., 2008, SGB I, § 66 Rdnr. 39).
Eine Versagung oder Entziehung von Sozialleistungen liegt im pflichtgemäßen Ermessen des Leistungsträgers. Er ist nach § 39 SGB I gehalten, sein Ermessen entsprechend dem Zweck der Ermächtigung auszuüben und die gesetzlichen Grenzen des Ermessens einzuhalten. § 35 Abs. 1 Satz 2 SGB X bestimmt, dass die Begründung von Ermessensentscheidungen auch die Gesichtspunkte erkennen lassen müssen, von denen die Behörde bei der Ausübung ihres Ermessens ausgegangen ist. Hat die Behörde die gesetzlichen Grenzen des eingeräumten Ermessens überschritten oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise bzw. gar nicht Gebrauch gemacht, ist der Verwaltungsakt rechtswidrig (§ 54 Abs. 2 Satz 2 SGG).
Die Beklagte hat in dem Bescheid vom 25. Januar 2005 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 26. Oktober 2005 bereits nicht deutlich gemacht, auf welche Vorschrift sie ihre Versagensentscheidung stützen wollte. Sie hat vielmehr bei der Versagung des Antrages des Klägers vom 28. Oktober 2004 sowohl § 66 Abs. 1 SGB I als auch § 66 Abs. 2 SGB I angeführt. Ohne konkrete gesetzliche Grundlage ist eine ordnungsgemäße Ermessensentscheidung bereits nicht möglich.
Die Beklagte hätte sich zudem im Rahmen der Ermessensentscheidung damit auseinander zu setzen müssen, ob dem Kläger die Teilnahme an einer stationären Psychotherapie zumutbar hätte abverlangt werden können, und die vom Kläger angeführten Begleitumstände der Mitwirkungsverweigerung zu berücksichtigen. Ausführungen dazu fehlen jedoch gänzlich. Insbesondere die konkreten Vorbehalte des Klägers gegenüber einer stationären Therapie im St. J.-Krankenhaus im Hinblick auf seine frühere Alkoholkrankheit finden keine Berücksichtigung. Schließlich hat auch Dr. L. aus medizinischer Sicht Bedenken gegen eine Unterbringung des Klägers im St. J.-Krankenhauses Dessau wegen dessen Rückfallgefährdung geäußert. Unberücksichtigt blieben ferner die Einwände des Klägers, bei einer stationären Therapie eingesperrt und ohne seinen Willen im Krankenhaus festgehalten zu werden, obwohl darin ein erheblicher Eingriff in die körperliche Unversehrtheit des Klägers zu sehen ist. Zudem hätte die Beklagte in ihre Ermessenserwägungen einfließen lassen müssen, aus welchen Gründen eine häusliche Psychotherapie, für deren Teilnahme der Kläger jederzeit Bereitschaft gezeigt und um deren Realisierung er sich vergeblich bemüht hatte, nicht in Betracht gekommen wäre.
Darüber hinaus hatte die Beklagte auch zu berücksichtigen, inwieweit der Kläger überhaupt ohne die Hilfe der Beklagten die Möglichkeit zur Mitwirkung hatte. Denn zur Realisierung der auf sechs bis zwölf Monate angelegten und sehr kostenintensiven Psychotherapie hätte zunächst die zuständige gesetzliche Krankenkasse trotz fehlender Compliance des Klägers eine Zusage erteilen oder die Beklagte sich selbst zur Kostenübernahme verpflichten müssen. Im Übrigen hat die Beklagte auch keine Abwägung dahingehend vorgenommen, ob die Kosten der geforderten Psychotherapie in einem angemessenen Verhältnis zu der monatlichen Rente wegen voller Erwerbsminderung in Höhe von zuletzt 626,21 EUR stehen. Letztendlich hätte der für eine Psychotherapie nicht motivierte Kläger sich einer solchen kostenaufwändigen Behandlung nur zur Einsparung der Rentenzahlungen durch die Beklagte unterziehen sollen.
Das Ermessen des Leistungsträgers bei der Versagung oder Entziehung der Rente erstreckt sich schließlich nicht nur auf das "Ob", sondern auch darauf, ob die Sozialleistung ganz oder teilweise versagt oder entzogen werden soll (Lilge, a.a.O., § 66 Rdnr. 34). Bei der Rentengewährung an den Kläger handelt es sich um eine teilbare Leistung. Da dem Kläger dem Grunde nach der Anspruch auf Weiterzahlung der Rente wegen voller Erwerbsminderung über den 31. Januar 2005 hinaus zustand, hätte die Beklagte innerhalb der Ermessensentscheidung darlegen müssen, ob und gegebenenfalls aus welchen Gründen sie die Rente bei fehlender Mitwirkung des Klägers insgesamt oder lediglich einen Teil davon dem Kläger versagt.
3. Nach § 102 Abs. 2 Sätze 1 bis 5 SGB VI werden Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit auf Zeit geleistet, wobei die Befristung für längstens drei Jahren nach Rentenbeginn erfolgt und verlängert werden kann. Verlängerungen erfolgen für längstens drei Jahre nach dem Ablauf der vorherigen Frist. Renten, auf die ein Anspruch unabhängig von der jeweiligen Arbeitsmarktlage besteht, werden unbefristet geleistet, wenn unwahrscheinlich ist, dass die Minderung der Erwerbsfähigkeit behoben werden kann; hiervon ist nach einer Gesamtdauer der Befristung von neun Jahren auszugehen. Da dem Kläger die Rente vom 1. Februar 2005 befristet bis zum 31. Januar 2008 und dann weiter vom 1. Februar 2008 bis zum 31. Januar 2011 und damit unter Berücksichtigung des erstmaligen Rentenbeginns am 1. Februar 2002 für bereits mehr als neun Jahre zusteht, war die Rente wegen voller Erwerbsminderung über den 31. Januar 2005 hinaus auf Dauer zu bewilligen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision im Sinne von § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor. Es handelt sich um eine Einzelfallentscheidung auf gesicherter Rechtsgrundlage, ohne dass der Senat von einer Entscheidung der in § 160 Abs. 2 Nr. 2 SGG genannten Gerichte abweicht.
Rechtskraft
Aus
Login
SAN
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