Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Dessau-Roßlau (SAN)
Aktenzeichen
S 1 R 91/06
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 3 R 290/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Erwerbsminderung, § 43 SGB VI:
Die Berufung wird zurückgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Bewilligung von Rente wegen Erwerbsminderung nach dem Sechsten Buch Sozialgesetzbuch (Gesetzliche Rentenversicherung – SGB VI) über den 31. Mai 2005 hinaus bis zum 31. März 2006 streitig.
Die am 30. März 1946 geborene Klägerin beendete 1960 mit Abschluss der achten Klasse ihre Schulzeit und arbeitete im Anschluss daran bis 1966 in der Filmfabrik W. als Laborhilfe. Von 1966 bis 1972 war sie Hausfrau, von 1972 bis 1974 absolvierte sie nach ihren Angaben eine Ausbildung zur Sprechstundenschwester und war als solche bis 1992 beschäftigt. Von 1. Oktober 1994 bis 13. Januar 1999 war die Klägerin in der Bäckerei ihres Ehemannes versicherungspflichtig als Backstubenhilfe beschäftigt. Da sie eine Mehlallergie entwickelte, gab sie diese Tätigkeit auf.
Unter dem 9. Februar 2000 hatte die Klägerin erstmals einen Antrag auf Bewilligung von Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit gestellt. Nach Ablehnung dieses Antrags war die daraufhin beim Sozialgericht Dessau erhobene Klage (Az: 4 RJ 298/00) mit Urteil vom 3. Mai 2004 rechtskräftig abgewiesen worden. Das Sozialgericht hatte sich seinerzeit auf das Gutachten des Facharztes für Innere Medizin, Pneumologie, Allergologie und Umweltmedizin Dr. F. vom 18. Juli 2002, der zwar Einschränkungen des Leistungsvermögens der Klägerin wegen ihrer Atemwegserkrankung und chronischischämischen Herzkrankheit festgestellt, aber keine rentenrelevante quantitative Leistungseinschränkung erkannt hatte, sowie auf das Gerichtsgutachten der Fachärztin für Psychiatrie Dr. A. vom 9. Juli 2003 gestützt, die auf psychiatrischem Gebiet bei der Klägerin keine Einschränkungen gesehen hatte.
Mit Bescheid der Berufsgenossenschaft Nahrungsmittel und Gaststätten (BGN) vom 1. April 2003 sind bei der Klägerin eine exogeneallergische Sensibilisierung und Akzentuierung des Asthmaleidens durch Mehlstaub als Folgen ihrer Berufskrankheit anerkannt. Eine Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) resultiert hieraus nicht.
Auf den weiteren Rentenantrag der Klägerin vom 8. März 2004 hatte die Beklagte ihr mit Bescheid vom 25. November 2004 befristet Rente wegen voller Erwerbsminderung für den Zeitraum 1. Oktober 2004 bis zum 31. Mai 2005 bewilligt. Grundlage war die Beurteilung der Fachärztin für Orthopädie Dipl.-Med. H. vom 22. Oktober 2004 gewesen, wonach die Klägerin wegen einer Coxarthrose mit beginnender Hüftkopfnekrose links mit einem Lumbalsyndrom bei Protusionen in mehreren Etagen zur Zeit nur unter drei Stunden täglich einsetzbar sei. Am 8. Dezember 2004 unterzog sich die Klägerin einer Hüftendoprothesenoperation links mit Anschlussheilbehandlungen.
Mit Bescheid vom 23. August 2005 stellte das Landesverwaltungsamt bei der Klägerin zum 16. Februar 2005 einen Grad der Behinderung (GdB) von 50 fest mit der Begründung nachfolgender Funktionsbeeinträchtigungen:
Lungenfunktionseinschränkung bei Asthma bronchiale und chronischer Bronchitis. Herzleistungsminderung mit wiederkehrenden Rhythmus- und Herzklappenverschlussstörung. Funktionsbehinderung des linken Hüftgelenkes mit Endoprothese. Funktionsminderung der Wirbelsäule mit Minderung der Muskelkraft der Beine.
Die Klägerin stellte am 8. Februar 2005 bei der Beklagten den streitgegenständlichen Antrag auf Weiterbewilligung der befristeten Rente wegen voller Erwerbsminderung über den 31. Mai 2005 hinaus. Zur Begründung gab sie an, vom 5. Januar bis zum 2. Februar 2005 zur medizinischen Rehabilitation in Bad S. nach stattgehabter Implantation einer Hüftendoprothese gewesen zu sein. Die Beklagte zog den ärztlichen Entlassungsbericht vom 2. Februar 2005 des Eisenmoorbades Bad S. bei, wonach folgende Diagnosen gestellt wurden:
Insuffizienz der pelvitrochantären und OS-Muskulatur links, Implantation einer Hüft-TEP am 8. Dezember 2004 wegen Coxarthrose. Pseudoradikuläres Lumbalsyndrom beidseits bei degenerativen Veränderungen der LWS, muskuläre Dysbalance. Chronische asthmatoide Bronchitis. Chronisch ischämische Herzkrankheit.
Die Klägerin sei in der Lage, leichte Arbeiten zeitweise im Stehen und Gehen sowie überwiegend im Sitzen in allen Schichtformen sechs Stunden und mehr täglich zu verrichten. Sie sei nach Gesundung aus orthopädischer Sicht für jede leichte körperliche Tätigkeit ohne lange dauernde Zwangshaltungen wie Bücken, Heben, Tragen von schweren Lasten, ohne Überanspruchung des Laufvermögens in allen Tagesschichten leistungsfähig. Diese sozialmedizinische Beurteilung sei mit der Klägerin besprochen worden und sie habe hiermit ihr Einverständnis erklärt. Im Übrigen sei die Klägerin mit dem Ergebnis ihrer operativen Behandlung zufrieden; im Bereich des operierten linken Hüftgelenkes bestünden nur noch leichte Schmerzen und ein gelegentlich auftretendes Spannungsgefühl. Der Verlauf der Anschlussheilbehandlung entspreche im Wesentlichen den Vorstellungen der Klägerin und sie fühle sich deutlich muskulär gekräftigt und im Allgemeinbefinden gebessert. Im Bereich der operierten linken Hüfte bestünden zwischenzeitlich keine wesentlichen Schmerzen mehr und sie könne eine Laufstrecke von etwa 500 Metern am Stück bewältigen.
Die Beklagte zog ferner den Arztbericht des behandelnden Facharztes für Innere Medizin Dr. H. vom 9. Februar 2005 bei, der seinerseits weitere Arztbriefe aus 2004 vorlegte, u.a. die Entlassungsbriefe der Berufsgenossenschaftlichen Kliniken B. über die stationären Aufenthalte der Klägerin vom 25. bis zum 26. Juni 2004 und vom 22. bis zum 23. Juli 2004, jeweils wegen eines Schmerzsyndroms (Lumbosakral bzw. Radikulär S 1 rechts), welches konservativ mit Facettengelenksinfiltrationen therapiert worden sei. Mit Arztbrief vom 19. Dezember 2004 der Martin-Luther-Universität H.-W. (MLU), Medizinische Fakultät, Universitätsklinik und Poliklinik für Orthopädie und Physikalische Medizin, an Dr. H. wird über die Implantation der Hüft-TEP links am 8. Dezember 2004 und den stationären Aufenthalt vom 7. Dezember 2004 bis 19. Dezember 2004 berichtet; danach sei der Eingriff zur Implantation der Hüfttotalendprothese links komplikationslos verlaufen.
Mit Bescheid vom 24. März 2005 lehnte die Beklagte den Rentenantrag unter Berücksichtigung der Hüftgelenksarthrose links, des Zustandes nach Totalendprothese, des degenerativen Wirbelsäulenleidens und des Asthmas bronchiale ab. Mit dem am 12. April 2005 eingegangenen Widerspruch machte die Klägerin geltend, wegen der Schmerzen keine Arbeiten ausführen zu können.
Die Beklagte zog den Arztbericht der MLU an Dr. H. vom 17. Juni 2005 bei, wonach eine Rheumatoidarthritis bei der Klägerin ausgeschlossen werde und die Röntgenaufnahmen des linken Hüftgelenks keinen Anhalt für eine Lockerung der Implantate ergeben habe. Die Klägerin habe gegenüber dem Arzt erklärt, dass die Rente auf Erwerbsunfähigkeit, die sie aufgrund der Implantation der Hüft-TEP im Dezember 2004 erhalten habe, im Mai 2005 auslaufe. Die Klägerin sei aber auf ihren Hüftschmerz nicht mehr eingegangen, ebenso wenig wie auf ihre vormals vorgetragenen Beschwerden in den Händen, Armen und den Schmerzen im rechten Fuß. Dagegen habe sie bei der aktuellen Vorstellung am 15. Juli 2005 über Schmerzen im Gesäß und über beiden Iliosacralfugen geklagt. Auf gezielte Befragung habe sie berichtet, dass die Schmerzen im Bereich des Trochanter major, die eigentlich das Hauptproblem gewesen seien, nunmehr verschwunden seien. Die Symptomatik werde von ihr plötzlich als geändert geschildert. In dem Arztbrief vom 18. November 2005 des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. H. an Dr. H. äußerte dieser Zweifel daran, dass mit der relativen Lumbalstenose in Höhe der Wirbelgelenke L 4/5 nach den MRT-Aufnahmen vom Frühjahr 2004 die Gesamtsituation erklären könne und vermutete, dass das Schmerzbild der Klägerin sich inzwischen verselbständigt habe.
Die Beklagte holte das unter dem 30. November 2005 erstattete orthopädische Gutachten von Dr. S. ein. Die Gutachterin berichtete im Rahmen der Anamnese, die Klägerin klage über extrem starke Schmerzen bereits unmittelbar postoperativ und tue dies in extrem eindrucksvoller Weise und emotional stark betonend. Die Klägerin wird als medizinisch gut gebildete ehemalige Sprechstundenschwester beschrieben, die mit deutlichen Somatisierungszeichen ausführlich und nachhaltig ihre Schmerzen schildere. Bei der Untersuchung hangle sich die Klägerin von Tisch zu Tisch und laufe leicht anteflektiert mit fast steifem linkem Knie. Bei entsprechender Ablenkung verhalte sie sich aber sicher, selbst im Einbeinstand. Die Klägerin sei mit einer Unterarmstütze rechts angereist, habe diese im Zimmer dann aber nicht mehr benutzt. Am Ende der Untersuchung sei das Gangbild deutlich besser gewesen, sie sei sicherer gelaufen und habe beim Verlassen des Raumes auch nicht mehr gehinkt. Beim Aus- und Ankleiden hätten keine Einschränkungen im Überkopfbereich bestanden und es sei eine gute Geschicklichkeit gegeben gewesen. Die Gutachterin stellte fest, dass die eineinhalbstündige orthopädische Untersuchung der Klägerin keine neuen Erklärungen der massiven Schmerzzustände gebracht hätten, insbesondere hätten keine Nervenreizungen bestanden. Die Lendenwirbelsäule sei ausreichend beweglich gewesen und die Hüft-TEP weise einen korrekten Sitz auf. Entzündungszeichen oder andere Ursachen solcher massiven Schmerzen seien ebenso wenig zu finden, wie Zeichen einer Claudicatio spinalis. Es bestehe eine erhebliche Differenz zwischen den starken subjektiven Beschwerden und den Untersuchungs- und den technischen Befunden. Psychische Auffälligkeiten seien bei der Untersuchung und auch im psychiatrischen Gutachten von 2002 nicht festgestellt worden. Es bestehe allerdings ein deutlicher Rentenwunsch. Wesentliche zusätzliche pulmonale oder kardiale Einschränkungen durch die rezidivierenden asthmatoiden Bronchitiden bestünden nicht. Der Blutdruck sei medikamentös gut eingestellt. Folgende Gesundheitsstörungen seien zu berücksichtigen: Kreuzschmerz links. Coxarthrose links. Zustand nach Hüft-TEP links 12/04 ohne Lockerung. asthmoide Bronchitis. Mehlstauballergie. Hypertonus.
Die Klägerin sei daher für leichte körperliche Arbeiten sechs Stunden täglich bis vollschichtig leistungsfähig. Es bestünden qualitative Einschränkungen hinsichtlich des Hebens und Tragens von Lasten über fünf kg und des Arbeitens auf Leitern und Gerüsten sowie des Arbeitens in der Hocke oder im Knien. Aufgrund der Mehlstauballergie sei die Klägerin als Backstubenhilfe nicht mehr einsetzbar. Ihre jetzige Bürotätigkeit im Familienunternehmen könne sie aber vollschichtig ausführen. Weitere Operationen seien nicht indiziert. An einer beruflichen Rehabilitationsmaßnahme habe die Klägerin kein Interesse. Die Gutachterin bejahte schließlich die Fähigkeit der Klägerin, eine einfache Wegstrecke von mehr als 500 Metern zurückzulegen und zwar innerhalb einer Zeit von 20 Minuten, wobei sie diese Wegstrecke auch viermal täglich zurücklegen könne, gegebenenfalls auch unter Zuhilfenahme von Gehhilfen. Im Übrigen verfüge die Klägerin über einen Führerschein und es stehe ihr ein Pkw zur Verfügung.
Mit Widerspruchsbescheid vom 24. Januar 2006 wies die Beklagte den Widerspruch vom 12. April 2005 als unbegründet zurück. Aufgrund der durchgeführten medizinischen Sachaufklärung bestehe ein Leistungsvermögen von sechs Stunden und mehr täglich für leichte Arbeiten ohne Gefährdung durch Kälte, Hitze, Zugluft, starke Temperaturschwankungen, Nässe, Stäube, Rauche und reizende Gase, Allergene, Mehlkontakt, häufiges Heben und Tragen, Bücken, Hocken, Knien, häufiges Klettern und Steigen auf Leitern und Gerüsten sowie erhöhte Unfallgefahr. Im Übrigen sei Berufsunfähigkeit nicht gegeben, da der Hauptberuf der Backstubenhilfe eine ungelernte Tätigkeit darstelle und die Klägerin damit auf Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verweisbar sei.
Mit Bescheid vom 15. Februar 2006 bewilligte die Beklagte der Klägerin zum 1. April 2006 Altersrente für schwerbehinderte Menschen.
Die Klägerin hat mit der am 24. Februar 2006 beim Sozialgericht Dessau erhobenen Klage ihr Begehren weiterverfolgt und geltend gemacht, ihre linke Hüfte sei komplett erneuert worden und sie leide trotz einer Rehabilitationskur bis heute unter Schmerzen. Die Einnahme starker Medikamente mache es ihr unmöglich, Auto zu fahren, und führe zu Konzentrationsstörungen. Es sei von einem Dauerschmerz auszugehen, zusätzlich hätten sich bei ihr Depressionen eingestellt. Über den 31. Mai 2005 hinaus bis zum Beginn der Altersrente stehe ihr Rente wegen voller Erwerbsminderung zu.
Das Gericht hat zunächst unter dem 4. April 2006 von der Fachärztin für Anästhesiologie Dipl.-Med. F. und vom 1. Juni 2006 vom Facharzt für Innere Medizin Dr. H. Befundberichte eingeholt. Dipl.-Med. F. hat ihrem Befundbericht den Arztbericht der MLU vom 28. Februar 2006 beigefügt, ausweislich dessen entsprechend der Angabe der Klägerin die gesamte Therapie zu keiner Beschwerdebesserung geführt habe, und deshalb der Verdacht auf eine Somatisierungsstörung bestehe.
Unter dem 28. Dezember 2006 hat das Gericht von Dr. B. ein nervenärztliches Gutachten eingeholt. Die Klägerin sei wach, bewusstseinsklar und allseits orientiert, Merkfähigkeit und Gedächtnis seien ungestört, Auffassungsgabe, Konzentrationsfähigkeit und Aufmerksamkeitsausrichtung seien unauffällig gewesen. Hinweise für Sinnes- oder Wahrnehmungsstörungen hätten sich nicht gefunden. Auf nervenärztlichem Fachgebiet bestehe die Entwicklung körperlicher Beschwerden aus psychischen Gründen (ICD-10 F 68.0). Eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung liege bei der Klägerin jedoch nicht vor, da sich weder psychische Konflikte noch eine psychosoziale Belastung eruieren ließen, die Bedingungen sine qua non für diese Diagnose seien. Auch eine relevante depressive Symptomatik könne nicht festgestellt werden. Daher bleibe lediglich der deutliche Rentenwunsch als Erklärung für das genannte Schmerzsyndrom, der bereits bei der letzten orthopädischen Begutachtung durch Dr. S. aufgefallen sei, um die Entwicklung der subjektiven Beschwerden zu erklären. Die von der Klägerin geäußerten Schmerzen seien letztlich nicht objektivierbar. Der Gutachter hält die Klägerin für in der Lage, noch körperlich leichte Arbeiten im Wechsel von Gehen, Stehen und Sitzen, in geschlossenen Räumen als auch im Freien unter Witterungsschutz zu verrichten. Es bestünden Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit im Hinblick auf das Heben und Tragen von Lasten über fünf kg und Arbeiten auf Leitern und Gerüsten sowie Arbeiten in der Hocke oder im Knien. Die Wegefähigkeit sei nicht wesentlich eingeschränkt und eine Laufleistung von 500 Metern zumutbar. Beim Mehrfachen der vorgenannten Strecke könne besonders bei schlechter Witterung ein Gehhilfsmittel sinnvoll sein. Angesicht der chronischen asthmatoiden Bronchitis könnten keine Arbeiten an laufenden Maschinen, unter Temperaturschwankungen, in Zugluft, bei Nässeeinwirkungen, unter Einwirkung von Staub, Gas, Dampf oder Rauch durchgeführt werden. Die vorgenannten Einschränkungen ergäben sich aus den Erkrankungen auf orthopädischem und internistischem Fachgebiet. Die Klägerin könne unter Berücksichtigung der Einschränkungen noch auf dem allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich an fünf Wochentagen arbeiten. Insbesondere erscheine die Klägerin noch in der Lage, leichte Beschäftigungen, wie Sortierarbeiten oder Büroarbeiten überwiegend im Sitzen mit den üblichen Ruhepausen mehr als sechs Stunden ausüben zu können. Im Gegensatz zur Diagnose von Dr. A. im Gutachten vom 9. Juli 2003 finde sich bei der jetzigen Untersuchung in psychosozialer Konfliktsituation auf die chronische Atemswegserkrankung keine Anpassungsstörung mehr. Auch der Verdacht der Schmerzstörung bei orthopädischer Erkrankung habe sich nach dem Gutachten von Dr. S. nicht bestätigt, da die Schmerzen orthopädischerseits nicht zu erklären gewesen seien. Aus Sicht von Dr. B. habe die psychiatrische Diagnose der Entwicklung körperlicher Symptome aus psychischen Gründen keine Auswirkungen auf das Leistungsvermögen der Klägerin.
Die Klägerin hat das nervenärztliche Gutachten für unzureichend gehalten, da sich der untersuchende Arzt nicht intensiv mit der eigentlichen Problematik befasst habe. Er habe nicht ansatzweise versucht, die Ursachen der von ihr geschilderten Schmerzen zu ergründen.
Mit Urteil vom 29. Mai 2007 hat das Sozialgericht Dessau die Klage abgewiesen. Die Klägerin sei weder voll noch teilweise erwerbsgemindert, noch berufsunfähig. In Auswertung der vorliegenden Gutachten und medizinische Berichte sei die Kammer der Überzeugung, dass die medizinischen Voraussetzungen für die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung lägen nicht vor. Zur Begründung hat das Gericht ausgeführt, auf der Grundlage der Gutachten von Dr. S. und Dr. B. sei die Klägerin noch in der Lage, unter qualitativen Einschränkungen sechs Stunden und mehr täglich leichte Arbeiten zu verrichten. Aufgrund der letzten versicherungspflichtigen Tätigkeit als ungelernte Backstubenhilfe stehe ihr kein Berufsschutz zu sie sei auf ungelernte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verweisbar.
Gegen das ihr am 19. Juni 2007 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 19. Juli 2007 beim Landessozialgericht Sachsen-Anhalt Berufung eingelegt. Sie trägt zur Begründung vor, es sei mit Bescheid vom 23. August 2005 ein GdB von 50 bei ihr festgestellt worden. Auch nach der Hüftoperation im Dezember 2004 habe sie noch Schmerzen im Leistenbereich und die Medikamenteneinnahme würde es ihr verbieten, ein Fahrzeug zu führen. Sie leide ferner an mangelnder Konzentrationsfähigkeit und häufigen Depressionen. Die neurologische Begutachtung sei völlig unzureichend gewesen.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Dessau vom 29. Mai 2007 und den Bescheid der Beklagten vom 24. März 2005 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 24. Januar 2006 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, ihr Rente wegen voller Erwerbsminderung über den 31. Mai 2005 hinaus bis zum 31. März 2006, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung, weiter hilfsweise Rente wegen teilweise Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit vom 1. Juni 2005 bis 31. März 2006 zu bewilligen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil und ihre Beschwerde für rechtmäßig.
Die Klägerin hat dem Senat noch Arztbriefe des Städtischen Klinikums D., Klinik für Neurochirurgie, vom 13. Februar 2009 und von Dr. S. vom 29. September 2008 vorgelegt.
Mit Richterbrief vom 11. September 2007 hat der Senat darauf hingewiesen, dass eine weitere Beweiserhebung nicht beabsichtigt sei und das sozialgerichtliche Urteil für den streitgegenständlichen Zeitraum nicht zu beanstanden sein dürfte. Nach dem Gutachten von Dr. B. hätten sich keine wesentlichen Einschränkungen der psychischen bzw. geistigen Leistungsfähigkeit der Klägerin feststellen lassen.
Die Beteiligten haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der Verwaltungsakten der Beklagten, die sämtlich Gegenstand der Beratung gewesen sind, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte mit Einverständnis der Beteiligten durch Urteil ohne mündliche Verhandlung entscheiden (§ 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG)).
Zu Recht hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 54 Abs 2 Satz 1 SGG). Der Klägerin steht über den 31. Mai 2005 kein Anspruch auf Bewilligung von Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung, noch wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit zu.
1. Nach § 43 Abs. 1, Abs. 2 SGB VI haben Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersrente Anspruch auf Rente wegen teilweiser oder voller Erwerbsminderung, wenn sie teilweise oder voll erwerbsgemindert sind, in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben.
Die Klägerin ist weder teilweise noch voll erwerbsgemindert. Nach § 43 Abs. 1 Satz 2 sind teilweise erwerbsgemindert Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Nach § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI sind voll erwerbsgemindert Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Erwerbsgemindert ist nach § 43 Abs. 3 SGB VI nicht, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.
Die Klägerin ist in der Lage unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes, leichte körperliche Arbeiten in wechselnder Körperhaltung. ohne schweres Heben und Tragen, ohne Temperaturschwankungen, Staub, Gase, Dämpfe, Rauch und unter Vermeidung von Arbeiten auf Leitern und Gerüsten mindestens als sechs Stunden täglich zu verrichten.
Die Leistungseinschätzung des Senats beruht im Wesentlichen auf den schlüssigen und überzeugenden Gutachten von Dr. S. und Dr. B., die auch durch die beigezogenen Befundberichte der behandelnden Ärzte gestützt werden.
Dr. S. hat auf orthopädischem Fachgebiet einen korrekten Sitz der Hüft-TEP ohne Entzündungsanzeichen oder einer Claudicatio spinalis diagnostiziert. Die Lendenwirbelsäule ist ausreichend beweglich und Nervenreizungen bestehen nicht. Entsprechendes ergibt sich auch aus den Arztbriefen der MLU an Dr. H., nach denen sich die komplikationslose Implantation der Hüftendprothese ergibt und eine Rheumatoidarthritis ausgeschlossen werden konnte. Die dennoch von der Klägerin vorgetragene massive Schmerzsymptomatik war jedoch keiner körperlichen Ursache zuzuordnen. Die Beobachtungen von Dr. S. anlässlich des gutachterlichen Untersuchungstermins lassen zur Überzeugung des Senats hier den Schluss auf Aggravation und Simulation durch die Klägerin zu.
In psychiatrischer Hinsicht hat Dr. B. eine Störung mit Entwicklung körperlicher Symptome aus psychischen Gründen diagnostiziert, die allerdings keine Auswirkungen auf das Leistungsvermögen der Klägerin haben. Dagegen konnte er eine relevante depressive Symptomatik oder eine somatoforme Schmerzstörung nicht feststellen. Da die Schmerzen der Klägerin nicht objektivierbar sind, sieht er, wie zuvor Dr. S., allein den Rentenwunsch der Klägerin als mögliche Ursache für die geklagten Schmerzen an. Bereits in einem vorhergehenden Rentenantragsverfahren der Klägerin waren bei der medizinischen Überprüfung einer Erwerbsminderung Dr. A. und Dr. F. zum Ergebnis gekommen, dass trotz Einschränkungen aufgrund von einer Atemwegserkrankung und der chronisch-ischämischen Herzkrankheit keine rentenrelevante quantitative Leistungseinschränkung vorgelegen hatte. Da es seit den durchgeführten Begutachtungen keinen Anhalt für eine erhebliche Gesundheitsverschlechterung bei der Klägerin gibt, verbleibt es bei dem vom Sozialgericht festgestellten Leistungsbild mit der Konsequenz, dass die Klägerin auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt einsetzbar ist. Die bei der Klägerin festgestellten Gesundheitsstörungen des pseudoradikulären beidseitigen Lumbalsyndroms, des Zustandes nach Implantation einer Hüft-TEP wegen Coxarthrose, der chronischen asthmatoiden Bronchitis und die ischämische Herzkrankheit bedingen lediglich qualitative Leistungseinschränkungen, nicht aber eine quantitative von rentenrechtlicher Relevanz.
Soweit die Klägerin einwendet, die gesamte Therapie habe zu keiner Beschwerdebesserung geführt und sie habe auch nach der Hüftoperation weiterhin starke Schmerzen, setzt sie sich in Widerspruch zu ihren eigenen Angaben, die sie ausweislich des Entlassungsberichtes vom 2. Februar 2005 anlässlich der Anschlussheilbehandlung vom 5. Januar bis 2. Februar 2005 machte. Hier teilte sie mit, die operative Behandlung habe sie zufrieden gestellt und es bestünden im operierten linken Hüftgelenk keine wesentlichen Schmerzen mehr. Auch die Anschlussheilbehandlung hätte sie deutlich muskulär gekräftigt und sie fühle sich in ihrem Allgemeinbefinden gebessert. Nach allen vorliegenden medizinischen Ermittlungen konnte kein Korrelat zu den von der Klägerin nach der Hüftoperation geklagten Schmerzen gefunden werden. Die Behauptung der Klägerin, sie leide unter mangelnder Konzentrationsfähigkeit und Depressionen wird durch das überzeugende Gutachten von Dr. B. widerlegt, der für Sinnes- und Wahrnehmungsstörungen keinen Anhalt finden konnte und auch eine relevante depressive Symptomatik nicht feststellte. Soweit die Klägerin meint, wegen Medikamenteneinnahme könne sie kein Fahrzeug führen, ist nicht erkennbar, inwiefern derartige Medikamente überhaupt erforderlich sind. Es gibt keine ärztliche Feststellung einer Fahruntauglichkeit der Klägerin infolge von Medikamenteneinnahme. Ferner wäre die Klägerin auch nicht gehindert, öffentliche Verkehrsmittel zu benutzen. Schließlich ist die pauschale Kritik der Klägerin, die neurologische Begutachtung sei unzureichend, ohne Substanz. Das Folgerungen und Wertungen des Gutachtens von Dr. B. sind insgesamt verständlich und plausibel dargestellt und stehen im Einklang mit den Denkgesetzen und Erfahrungssätzen. Das Gutachten ist damit geeignet eine Überzeugungsbildung zu begründen. Sowohl die Kammer beim Sozialgericht, als auch der erkennende Senat sind von der Argumentation und dem Ergebnis des kritisierten Gutachtens überzeugt. Insoweit die Klägerin darauf verweist, ihr sei ein GdB von 50 bewilligt worden, steht die Feststellung eines GdB nach dem Neunten Buch Sozialgesetzbuch (Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen - SGB IX) rechtlich in keinem Zusammenhang zur Prüfung, ob eine Rente wegen Erwerbsminderung oder teilweiser Erwerbsminderung bei Berufunfähigkeit nach dem Sechsten Buch Sozialgesetzbuch (Gesetzliche Rentenversicherung - SGB VI) vorliegt. Es handelt sich um völlig unterschiedliche gesetzliche Anspruchsgrundlagen mit verschiedenen Tatbestandvoraussetzungen.
Im Übrigen liegt auch keine Summierung sogenannter ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen vor. Das Restleistungsvermögen der Klägerin reicht vielmehr noch für leichte körperliche Verrichtungen im Wechsel von Gehen, Stehen und Sitzen, wie z. B. Zureichen, Abnehmen, leichte Reinigungsarbeiten ohne Zwangshaltungen, Kleben, Sortieren, Verpacken und Zusammensetzen von Teilen sowie Bürohilfsarbeiten aus (vgl. die Aufzählungen im Beschluss des Großen Senats des Bundessozialgerichts (BSG) vom 19. Dezember 1996 – GS 2/95 -, SozR 3 – 2600 § 44 SGB VI Nr. 8 = BSGE 80, 24, 33 f).
Auch liegt im Falle der Klägerin kein Seltenheits- oder Katalogfall vor, der zur Pflicht der Benennung eines konkreten Arbeitsplatzes führen würde (vgl. BSG, Großer Senat, a.a.O., Seite 35). Der Arbeitsmarkt gilt unter anderem als verschlossen, wenn einer Versicherten die so genannte Wegefähigkeit fehlt. Zur Erwerbsfähigkeit gehört auch das Vermögen, einen Arbeitsplatz aufsuchen zu können. Dabei ist nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts ein abstrakter Maßstab anzuwenden. Ein Katalogfall liegt nicht vor, soweit eine Versicherter täglich viermal Wegstrecken von knapp mehr als 500 Meter mit einem zumutbaren Zeitaufwand von bis zu 20 Minuten zu Fuß zurücklegen und zweimal öffentliche Verkehrsmittel während der Hauptverkehrszeiten unter Berücksichtigung aller ihr zur Verfügung stehender Mobilitätshilfen benutzen kann. Dann gilt die Erwerbsfähigkeit als nicht in beachtlichem Maße einschränkt und die konkrete Benennung einer Verweisungstätigkeit ist nicht erforderlich. Sind Arbeitsplätze auf andere Art als zu Fuß erreichbar, zum Beispiel mit dem eigenen Kraftfahrzeug bzw. mit einem Fahrrad, ist der Arbeitmarkt ebenfalls nicht verschlossen (BSG, Urteil vom 17. Dezember 1991 - 13/5 RJ 73/90 - SozR 3-2200 § 1247 RVO Nr. 10).
Nach übereinstimmender Einschätzung aller im Verfahren gehörten Ärzte bestehen an der Wegefähigkeit der Klägerin keine Zweifel, insbesondere ist sie in der Lage, Gehstrecken von viermal knapp mehr als 500 Meter mehrmals täglich zurücklegen und kann auch mit dem PKW solche Wegstrecken fahren.
2. Die Klägerin hat auch keinen Anspruch auf eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit. Nach § 240 Abs. 1 i.V.m. § 43 Abs. 1 Satz 1 SGB VI haben Anspruch auf eine solche Rente bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Versicherte, die vor dem 2. Januar 1961 geboren sind, in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben und die berufsunfähig sind.
Die Klägerin ist zwar vor dem 2. Januar 1961 geboren, sie ist aber nicht berufsunfähig. Berufsunfähig sind nach § 240 Abs. 2 SGB VI Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als sechs Stunden gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Berufsunfähig ist nach § 240 Abs. 2 Satz 4 SGB VI nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit mindestens sechs Stunden täglich ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.
Für die Frage, ob eine Versicherte berufsunfähig ist, ist ihr "bisheriger Beruf" maßgeblich. Wenn sie diesen aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr ausüben kann, ist die Zumutbarkeit einer anderen Tätigkeit zu prüfen. Bisheriger Beruf im Sinne des § 240 SGB VI ist grundsätzlich die zuletzt ausgeübte und auf Dauer angelegte versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit. Diese muss also mit dem Ziel verrichtet werden, sie bis zur Erreichung der Altersgrenze auszuüben. Dieser Grundsatz gilt jedenfalls dann, wenn die Tätigkeit zugleich die qualitativ höchste im Berufsleben der Versicherten gewesen ist (KassKomm-Niesel § 240 SGB VI Rn. 9,10 m.w.N.). Hat sich eine Versicherte von einer höherwertigen Beschäftigung gelöst, ist diese nicht mehr als bisheriger Beruf anzusehen. Eine solche Lösung liegt nicht vor, wenn diese Beschäftigung aus gesundheitlichen Gründen aufgegeben worden ist (KassKomm-Niesel § 240 SGB VI, Rn. 21 f. m.w.N.).
Als bisheriger Beruf der Klägerin ist der der Backstubenhilfe im Bäckereibetrieb ihres Ehemannes anzusehen. Diese Tätigkeit hat die Klägerin nach dem Versicherungsverlauf von 1.Oktober 1994 bis 13. Januar 1999 versicherungspflichtig verrichtet. Auf ihren erlernten Beruf der Sprechstundenschwester kann bei der Bestimmung des bisherigen Berufs nicht mehr abgestellt werden, da sie sich von dieser Tätigkeit im Jahr 1992 nicht aus gesundheitlichen Gründen gelöst hat.
Wegen der Mehlallergie kann die Klägerin im Bäckereibetrieb ihres Ehemannes nicht mehr tätig sein. Damit ist die Klägerin aber noch nicht berufsunfähig. Auf welche Berufstätigkeiten die Versicherte nach ihrem fachlichen und gesundheitlichen Leistungsvermögen noch zumutbar verwiesen werden kann, beurteilt das BSG nach einem von ihm entwickelten Mehrstufenschema, das auch der Senat seinen Entscheidungen zugrunde legt. Dieses gliedert die Berufe hierarchisch in vier Gruppen mit verschiedenen Leitberufen. An oberster Stelle steht die Gruppe der Facharbeiter mit Vorgesetztenfunktion und der besonders qualifizierten Facharbeiter. Es folgen die Facharbeiter in einem anerkannten Ausbildungsberuf mit einer Ausbildungszeit von mehr als zwei bis drei Jahren, danach die angelernten Arbeiter mit einer Ausbildungszeit von bis zu zwei Jahren. Zuletzt folgen die so genannten Ungelernten, auch mit einer erforderlichen Einarbeitungs- oder Einweisungszeit von bis zu drei Monaten. Eine von der Versicherten täglich mindestens sechsstündig ausübbare Tätigkeit ist ihr zumutbar, wenn sie irgendwelche Tätigkeiten der eigenen Qualifikationsstufe oder aber der nächst niedrigeren Stufe spätestens nach einer Einarbeitung und Einweisung von drei Monaten zum Erwerb der notwendigen Kenntnisse und Fähigkeiten vollwertig ausüben kann. Dabei muss der Versicherten allerdings grundsätzlich ein konkreter Verweisungsberuf benannt und zugeordnet werden können, anhand dessen sich die Zumutbarkeit seiner Ausübung beurteilen lässt. Kann ein anderer Beruf nicht konkret in Betracht gezogen werden, liegt bei der Unfähigkeit der Ausübung des bisherigen Berufs Berufsunfähigkeit vor. Einer Versicherten ist die Ausübung einer ungelernten Arbeitstätigkeit grundsätzlich zuzumuten, wenn ihr bisheriger Beruf entweder dem Leitberuf der angelernten Arbeiterin oder dem der ungelernten Arbeiterin zuzuordnen ist.
Der bisherige Beruf der Klägerin als Backstubenhilfe ist dem Bereich der Ungelernten zuzuordnen. Er konnte von ihr ohne einschlägige Vorkenntnisse verrichtet werden. Die Klägerin hat nicht behauptet, eine mehr als dreimonatige Einarbeitung oder Ausbildung durchlaufen zu haben. Als Ungelernte ist die Klägerin auf alle Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verweisbar, ohne dass es der Benennung einer Verweisungstätigkeit bedarf. Wie oben bereits ausgeführt, ist die Klägerin in der Lage, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt ihr Leistungsvermögen zum Erwerb von nicht nur geringfügigem Arbeitsentgelt zumindest sechs Stunden täglich einzusetzen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision im Sinne von § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor. Es handelt sich um eine Einzelfallentscheidung auf gesicherter Rechtsgrundlage, ohne dass der Senat von einer Entscheidung der in § 160 Abs. 2 Nr. 2 SGG genannten Gerichte abweicht.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Bewilligung von Rente wegen Erwerbsminderung nach dem Sechsten Buch Sozialgesetzbuch (Gesetzliche Rentenversicherung – SGB VI) über den 31. Mai 2005 hinaus bis zum 31. März 2006 streitig.
Die am 30. März 1946 geborene Klägerin beendete 1960 mit Abschluss der achten Klasse ihre Schulzeit und arbeitete im Anschluss daran bis 1966 in der Filmfabrik W. als Laborhilfe. Von 1966 bis 1972 war sie Hausfrau, von 1972 bis 1974 absolvierte sie nach ihren Angaben eine Ausbildung zur Sprechstundenschwester und war als solche bis 1992 beschäftigt. Von 1. Oktober 1994 bis 13. Januar 1999 war die Klägerin in der Bäckerei ihres Ehemannes versicherungspflichtig als Backstubenhilfe beschäftigt. Da sie eine Mehlallergie entwickelte, gab sie diese Tätigkeit auf.
Unter dem 9. Februar 2000 hatte die Klägerin erstmals einen Antrag auf Bewilligung von Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit gestellt. Nach Ablehnung dieses Antrags war die daraufhin beim Sozialgericht Dessau erhobene Klage (Az: 4 RJ 298/00) mit Urteil vom 3. Mai 2004 rechtskräftig abgewiesen worden. Das Sozialgericht hatte sich seinerzeit auf das Gutachten des Facharztes für Innere Medizin, Pneumologie, Allergologie und Umweltmedizin Dr. F. vom 18. Juli 2002, der zwar Einschränkungen des Leistungsvermögens der Klägerin wegen ihrer Atemwegserkrankung und chronischischämischen Herzkrankheit festgestellt, aber keine rentenrelevante quantitative Leistungseinschränkung erkannt hatte, sowie auf das Gerichtsgutachten der Fachärztin für Psychiatrie Dr. A. vom 9. Juli 2003 gestützt, die auf psychiatrischem Gebiet bei der Klägerin keine Einschränkungen gesehen hatte.
Mit Bescheid der Berufsgenossenschaft Nahrungsmittel und Gaststätten (BGN) vom 1. April 2003 sind bei der Klägerin eine exogeneallergische Sensibilisierung und Akzentuierung des Asthmaleidens durch Mehlstaub als Folgen ihrer Berufskrankheit anerkannt. Eine Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) resultiert hieraus nicht.
Auf den weiteren Rentenantrag der Klägerin vom 8. März 2004 hatte die Beklagte ihr mit Bescheid vom 25. November 2004 befristet Rente wegen voller Erwerbsminderung für den Zeitraum 1. Oktober 2004 bis zum 31. Mai 2005 bewilligt. Grundlage war die Beurteilung der Fachärztin für Orthopädie Dipl.-Med. H. vom 22. Oktober 2004 gewesen, wonach die Klägerin wegen einer Coxarthrose mit beginnender Hüftkopfnekrose links mit einem Lumbalsyndrom bei Protusionen in mehreren Etagen zur Zeit nur unter drei Stunden täglich einsetzbar sei. Am 8. Dezember 2004 unterzog sich die Klägerin einer Hüftendoprothesenoperation links mit Anschlussheilbehandlungen.
Mit Bescheid vom 23. August 2005 stellte das Landesverwaltungsamt bei der Klägerin zum 16. Februar 2005 einen Grad der Behinderung (GdB) von 50 fest mit der Begründung nachfolgender Funktionsbeeinträchtigungen:
Lungenfunktionseinschränkung bei Asthma bronchiale und chronischer Bronchitis. Herzleistungsminderung mit wiederkehrenden Rhythmus- und Herzklappenverschlussstörung. Funktionsbehinderung des linken Hüftgelenkes mit Endoprothese. Funktionsminderung der Wirbelsäule mit Minderung der Muskelkraft der Beine.
Die Klägerin stellte am 8. Februar 2005 bei der Beklagten den streitgegenständlichen Antrag auf Weiterbewilligung der befristeten Rente wegen voller Erwerbsminderung über den 31. Mai 2005 hinaus. Zur Begründung gab sie an, vom 5. Januar bis zum 2. Februar 2005 zur medizinischen Rehabilitation in Bad S. nach stattgehabter Implantation einer Hüftendoprothese gewesen zu sein. Die Beklagte zog den ärztlichen Entlassungsbericht vom 2. Februar 2005 des Eisenmoorbades Bad S. bei, wonach folgende Diagnosen gestellt wurden:
Insuffizienz der pelvitrochantären und OS-Muskulatur links, Implantation einer Hüft-TEP am 8. Dezember 2004 wegen Coxarthrose. Pseudoradikuläres Lumbalsyndrom beidseits bei degenerativen Veränderungen der LWS, muskuläre Dysbalance. Chronische asthmatoide Bronchitis. Chronisch ischämische Herzkrankheit.
Die Klägerin sei in der Lage, leichte Arbeiten zeitweise im Stehen und Gehen sowie überwiegend im Sitzen in allen Schichtformen sechs Stunden und mehr täglich zu verrichten. Sie sei nach Gesundung aus orthopädischer Sicht für jede leichte körperliche Tätigkeit ohne lange dauernde Zwangshaltungen wie Bücken, Heben, Tragen von schweren Lasten, ohne Überanspruchung des Laufvermögens in allen Tagesschichten leistungsfähig. Diese sozialmedizinische Beurteilung sei mit der Klägerin besprochen worden und sie habe hiermit ihr Einverständnis erklärt. Im Übrigen sei die Klägerin mit dem Ergebnis ihrer operativen Behandlung zufrieden; im Bereich des operierten linken Hüftgelenkes bestünden nur noch leichte Schmerzen und ein gelegentlich auftretendes Spannungsgefühl. Der Verlauf der Anschlussheilbehandlung entspreche im Wesentlichen den Vorstellungen der Klägerin und sie fühle sich deutlich muskulär gekräftigt und im Allgemeinbefinden gebessert. Im Bereich der operierten linken Hüfte bestünden zwischenzeitlich keine wesentlichen Schmerzen mehr und sie könne eine Laufstrecke von etwa 500 Metern am Stück bewältigen.
Die Beklagte zog ferner den Arztbericht des behandelnden Facharztes für Innere Medizin Dr. H. vom 9. Februar 2005 bei, der seinerseits weitere Arztbriefe aus 2004 vorlegte, u.a. die Entlassungsbriefe der Berufsgenossenschaftlichen Kliniken B. über die stationären Aufenthalte der Klägerin vom 25. bis zum 26. Juni 2004 und vom 22. bis zum 23. Juli 2004, jeweils wegen eines Schmerzsyndroms (Lumbosakral bzw. Radikulär S 1 rechts), welches konservativ mit Facettengelenksinfiltrationen therapiert worden sei. Mit Arztbrief vom 19. Dezember 2004 der Martin-Luther-Universität H.-W. (MLU), Medizinische Fakultät, Universitätsklinik und Poliklinik für Orthopädie und Physikalische Medizin, an Dr. H. wird über die Implantation der Hüft-TEP links am 8. Dezember 2004 und den stationären Aufenthalt vom 7. Dezember 2004 bis 19. Dezember 2004 berichtet; danach sei der Eingriff zur Implantation der Hüfttotalendprothese links komplikationslos verlaufen.
Mit Bescheid vom 24. März 2005 lehnte die Beklagte den Rentenantrag unter Berücksichtigung der Hüftgelenksarthrose links, des Zustandes nach Totalendprothese, des degenerativen Wirbelsäulenleidens und des Asthmas bronchiale ab. Mit dem am 12. April 2005 eingegangenen Widerspruch machte die Klägerin geltend, wegen der Schmerzen keine Arbeiten ausführen zu können.
Die Beklagte zog den Arztbericht der MLU an Dr. H. vom 17. Juni 2005 bei, wonach eine Rheumatoidarthritis bei der Klägerin ausgeschlossen werde und die Röntgenaufnahmen des linken Hüftgelenks keinen Anhalt für eine Lockerung der Implantate ergeben habe. Die Klägerin habe gegenüber dem Arzt erklärt, dass die Rente auf Erwerbsunfähigkeit, die sie aufgrund der Implantation der Hüft-TEP im Dezember 2004 erhalten habe, im Mai 2005 auslaufe. Die Klägerin sei aber auf ihren Hüftschmerz nicht mehr eingegangen, ebenso wenig wie auf ihre vormals vorgetragenen Beschwerden in den Händen, Armen und den Schmerzen im rechten Fuß. Dagegen habe sie bei der aktuellen Vorstellung am 15. Juli 2005 über Schmerzen im Gesäß und über beiden Iliosacralfugen geklagt. Auf gezielte Befragung habe sie berichtet, dass die Schmerzen im Bereich des Trochanter major, die eigentlich das Hauptproblem gewesen seien, nunmehr verschwunden seien. Die Symptomatik werde von ihr plötzlich als geändert geschildert. In dem Arztbrief vom 18. November 2005 des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. H. an Dr. H. äußerte dieser Zweifel daran, dass mit der relativen Lumbalstenose in Höhe der Wirbelgelenke L 4/5 nach den MRT-Aufnahmen vom Frühjahr 2004 die Gesamtsituation erklären könne und vermutete, dass das Schmerzbild der Klägerin sich inzwischen verselbständigt habe.
Die Beklagte holte das unter dem 30. November 2005 erstattete orthopädische Gutachten von Dr. S. ein. Die Gutachterin berichtete im Rahmen der Anamnese, die Klägerin klage über extrem starke Schmerzen bereits unmittelbar postoperativ und tue dies in extrem eindrucksvoller Weise und emotional stark betonend. Die Klägerin wird als medizinisch gut gebildete ehemalige Sprechstundenschwester beschrieben, die mit deutlichen Somatisierungszeichen ausführlich und nachhaltig ihre Schmerzen schildere. Bei der Untersuchung hangle sich die Klägerin von Tisch zu Tisch und laufe leicht anteflektiert mit fast steifem linkem Knie. Bei entsprechender Ablenkung verhalte sie sich aber sicher, selbst im Einbeinstand. Die Klägerin sei mit einer Unterarmstütze rechts angereist, habe diese im Zimmer dann aber nicht mehr benutzt. Am Ende der Untersuchung sei das Gangbild deutlich besser gewesen, sie sei sicherer gelaufen und habe beim Verlassen des Raumes auch nicht mehr gehinkt. Beim Aus- und Ankleiden hätten keine Einschränkungen im Überkopfbereich bestanden und es sei eine gute Geschicklichkeit gegeben gewesen. Die Gutachterin stellte fest, dass die eineinhalbstündige orthopädische Untersuchung der Klägerin keine neuen Erklärungen der massiven Schmerzzustände gebracht hätten, insbesondere hätten keine Nervenreizungen bestanden. Die Lendenwirbelsäule sei ausreichend beweglich gewesen und die Hüft-TEP weise einen korrekten Sitz auf. Entzündungszeichen oder andere Ursachen solcher massiven Schmerzen seien ebenso wenig zu finden, wie Zeichen einer Claudicatio spinalis. Es bestehe eine erhebliche Differenz zwischen den starken subjektiven Beschwerden und den Untersuchungs- und den technischen Befunden. Psychische Auffälligkeiten seien bei der Untersuchung und auch im psychiatrischen Gutachten von 2002 nicht festgestellt worden. Es bestehe allerdings ein deutlicher Rentenwunsch. Wesentliche zusätzliche pulmonale oder kardiale Einschränkungen durch die rezidivierenden asthmatoiden Bronchitiden bestünden nicht. Der Blutdruck sei medikamentös gut eingestellt. Folgende Gesundheitsstörungen seien zu berücksichtigen: Kreuzschmerz links. Coxarthrose links. Zustand nach Hüft-TEP links 12/04 ohne Lockerung. asthmoide Bronchitis. Mehlstauballergie. Hypertonus.
Die Klägerin sei daher für leichte körperliche Arbeiten sechs Stunden täglich bis vollschichtig leistungsfähig. Es bestünden qualitative Einschränkungen hinsichtlich des Hebens und Tragens von Lasten über fünf kg und des Arbeitens auf Leitern und Gerüsten sowie des Arbeitens in der Hocke oder im Knien. Aufgrund der Mehlstauballergie sei die Klägerin als Backstubenhilfe nicht mehr einsetzbar. Ihre jetzige Bürotätigkeit im Familienunternehmen könne sie aber vollschichtig ausführen. Weitere Operationen seien nicht indiziert. An einer beruflichen Rehabilitationsmaßnahme habe die Klägerin kein Interesse. Die Gutachterin bejahte schließlich die Fähigkeit der Klägerin, eine einfache Wegstrecke von mehr als 500 Metern zurückzulegen und zwar innerhalb einer Zeit von 20 Minuten, wobei sie diese Wegstrecke auch viermal täglich zurücklegen könne, gegebenenfalls auch unter Zuhilfenahme von Gehhilfen. Im Übrigen verfüge die Klägerin über einen Führerschein und es stehe ihr ein Pkw zur Verfügung.
Mit Widerspruchsbescheid vom 24. Januar 2006 wies die Beklagte den Widerspruch vom 12. April 2005 als unbegründet zurück. Aufgrund der durchgeführten medizinischen Sachaufklärung bestehe ein Leistungsvermögen von sechs Stunden und mehr täglich für leichte Arbeiten ohne Gefährdung durch Kälte, Hitze, Zugluft, starke Temperaturschwankungen, Nässe, Stäube, Rauche und reizende Gase, Allergene, Mehlkontakt, häufiges Heben und Tragen, Bücken, Hocken, Knien, häufiges Klettern und Steigen auf Leitern und Gerüsten sowie erhöhte Unfallgefahr. Im Übrigen sei Berufsunfähigkeit nicht gegeben, da der Hauptberuf der Backstubenhilfe eine ungelernte Tätigkeit darstelle und die Klägerin damit auf Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verweisbar sei.
Mit Bescheid vom 15. Februar 2006 bewilligte die Beklagte der Klägerin zum 1. April 2006 Altersrente für schwerbehinderte Menschen.
Die Klägerin hat mit der am 24. Februar 2006 beim Sozialgericht Dessau erhobenen Klage ihr Begehren weiterverfolgt und geltend gemacht, ihre linke Hüfte sei komplett erneuert worden und sie leide trotz einer Rehabilitationskur bis heute unter Schmerzen. Die Einnahme starker Medikamente mache es ihr unmöglich, Auto zu fahren, und führe zu Konzentrationsstörungen. Es sei von einem Dauerschmerz auszugehen, zusätzlich hätten sich bei ihr Depressionen eingestellt. Über den 31. Mai 2005 hinaus bis zum Beginn der Altersrente stehe ihr Rente wegen voller Erwerbsminderung zu.
Das Gericht hat zunächst unter dem 4. April 2006 von der Fachärztin für Anästhesiologie Dipl.-Med. F. und vom 1. Juni 2006 vom Facharzt für Innere Medizin Dr. H. Befundberichte eingeholt. Dipl.-Med. F. hat ihrem Befundbericht den Arztbericht der MLU vom 28. Februar 2006 beigefügt, ausweislich dessen entsprechend der Angabe der Klägerin die gesamte Therapie zu keiner Beschwerdebesserung geführt habe, und deshalb der Verdacht auf eine Somatisierungsstörung bestehe.
Unter dem 28. Dezember 2006 hat das Gericht von Dr. B. ein nervenärztliches Gutachten eingeholt. Die Klägerin sei wach, bewusstseinsklar und allseits orientiert, Merkfähigkeit und Gedächtnis seien ungestört, Auffassungsgabe, Konzentrationsfähigkeit und Aufmerksamkeitsausrichtung seien unauffällig gewesen. Hinweise für Sinnes- oder Wahrnehmungsstörungen hätten sich nicht gefunden. Auf nervenärztlichem Fachgebiet bestehe die Entwicklung körperlicher Beschwerden aus psychischen Gründen (ICD-10 F 68.0). Eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung liege bei der Klägerin jedoch nicht vor, da sich weder psychische Konflikte noch eine psychosoziale Belastung eruieren ließen, die Bedingungen sine qua non für diese Diagnose seien. Auch eine relevante depressive Symptomatik könne nicht festgestellt werden. Daher bleibe lediglich der deutliche Rentenwunsch als Erklärung für das genannte Schmerzsyndrom, der bereits bei der letzten orthopädischen Begutachtung durch Dr. S. aufgefallen sei, um die Entwicklung der subjektiven Beschwerden zu erklären. Die von der Klägerin geäußerten Schmerzen seien letztlich nicht objektivierbar. Der Gutachter hält die Klägerin für in der Lage, noch körperlich leichte Arbeiten im Wechsel von Gehen, Stehen und Sitzen, in geschlossenen Räumen als auch im Freien unter Witterungsschutz zu verrichten. Es bestünden Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit im Hinblick auf das Heben und Tragen von Lasten über fünf kg und Arbeiten auf Leitern und Gerüsten sowie Arbeiten in der Hocke oder im Knien. Die Wegefähigkeit sei nicht wesentlich eingeschränkt und eine Laufleistung von 500 Metern zumutbar. Beim Mehrfachen der vorgenannten Strecke könne besonders bei schlechter Witterung ein Gehhilfsmittel sinnvoll sein. Angesicht der chronischen asthmatoiden Bronchitis könnten keine Arbeiten an laufenden Maschinen, unter Temperaturschwankungen, in Zugluft, bei Nässeeinwirkungen, unter Einwirkung von Staub, Gas, Dampf oder Rauch durchgeführt werden. Die vorgenannten Einschränkungen ergäben sich aus den Erkrankungen auf orthopädischem und internistischem Fachgebiet. Die Klägerin könne unter Berücksichtigung der Einschränkungen noch auf dem allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich an fünf Wochentagen arbeiten. Insbesondere erscheine die Klägerin noch in der Lage, leichte Beschäftigungen, wie Sortierarbeiten oder Büroarbeiten überwiegend im Sitzen mit den üblichen Ruhepausen mehr als sechs Stunden ausüben zu können. Im Gegensatz zur Diagnose von Dr. A. im Gutachten vom 9. Juli 2003 finde sich bei der jetzigen Untersuchung in psychosozialer Konfliktsituation auf die chronische Atemswegserkrankung keine Anpassungsstörung mehr. Auch der Verdacht der Schmerzstörung bei orthopädischer Erkrankung habe sich nach dem Gutachten von Dr. S. nicht bestätigt, da die Schmerzen orthopädischerseits nicht zu erklären gewesen seien. Aus Sicht von Dr. B. habe die psychiatrische Diagnose der Entwicklung körperlicher Symptome aus psychischen Gründen keine Auswirkungen auf das Leistungsvermögen der Klägerin.
Die Klägerin hat das nervenärztliche Gutachten für unzureichend gehalten, da sich der untersuchende Arzt nicht intensiv mit der eigentlichen Problematik befasst habe. Er habe nicht ansatzweise versucht, die Ursachen der von ihr geschilderten Schmerzen zu ergründen.
Mit Urteil vom 29. Mai 2007 hat das Sozialgericht Dessau die Klage abgewiesen. Die Klägerin sei weder voll noch teilweise erwerbsgemindert, noch berufsunfähig. In Auswertung der vorliegenden Gutachten und medizinische Berichte sei die Kammer der Überzeugung, dass die medizinischen Voraussetzungen für die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung lägen nicht vor. Zur Begründung hat das Gericht ausgeführt, auf der Grundlage der Gutachten von Dr. S. und Dr. B. sei die Klägerin noch in der Lage, unter qualitativen Einschränkungen sechs Stunden und mehr täglich leichte Arbeiten zu verrichten. Aufgrund der letzten versicherungspflichtigen Tätigkeit als ungelernte Backstubenhilfe stehe ihr kein Berufsschutz zu sie sei auf ungelernte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verweisbar.
Gegen das ihr am 19. Juni 2007 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 19. Juli 2007 beim Landessozialgericht Sachsen-Anhalt Berufung eingelegt. Sie trägt zur Begründung vor, es sei mit Bescheid vom 23. August 2005 ein GdB von 50 bei ihr festgestellt worden. Auch nach der Hüftoperation im Dezember 2004 habe sie noch Schmerzen im Leistenbereich und die Medikamenteneinnahme würde es ihr verbieten, ein Fahrzeug zu führen. Sie leide ferner an mangelnder Konzentrationsfähigkeit und häufigen Depressionen. Die neurologische Begutachtung sei völlig unzureichend gewesen.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Dessau vom 29. Mai 2007 und den Bescheid der Beklagten vom 24. März 2005 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 24. Januar 2006 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, ihr Rente wegen voller Erwerbsminderung über den 31. Mai 2005 hinaus bis zum 31. März 2006, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung, weiter hilfsweise Rente wegen teilweise Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit vom 1. Juni 2005 bis 31. März 2006 zu bewilligen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil und ihre Beschwerde für rechtmäßig.
Die Klägerin hat dem Senat noch Arztbriefe des Städtischen Klinikums D., Klinik für Neurochirurgie, vom 13. Februar 2009 und von Dr. S. vom 29. September 2008 vorgelegt.
Mit Richterbrief vom 11. September 2007 hat der Senat darauf hingewiesen, dass eine weitere Beweiserhebung nicht beabsichtigt sei und das sozialgerichtliche Urteil für den streitgegenständlichen Zeitraum nicht zu beanstanden sein dürfte. Nach dem Gutachten von Dr. B. hätten sich keine wesentlichen Einschränkungen der psychischen bzw. geistigen Leistungsfähigkeit der Klägerin feststellen lassen.
Die Beteiligten haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der Verwaltungsakten der Beklagten, die sämtlich Gegenstand der Beratung gewesen sind, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte mit Einverständnis der Beteiligten durch Urteil ohne mündliche Verhandlung entscheiden (§ 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG)).
Zu Recht hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 54 Abs 2 Satz 1 SGG). Der Klägerin steht über den 31. Mai 2005 kein Anspruch auf Bewilligung von Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung, noch wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit zu.
1. Nach § 43 Abs. 1, Abs. 2 SGB VI haben Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersrente Anspruch auf Rente wegen teilweiser oder voller Erwerbsminderung, wenn sie teilweise oder voll erwerbsgemindert sind, in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben.
Die Klägerin ist weder teilweise noch voll erwerbsgemindert. Nach § 43 Abs. 1 Satz 2 sind teilweise erwerbsgemindert Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Nach § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI sind voll erwerbsgemindert Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Erwerbsgemindert ist nach § 43 Abs. 3 SGB VI nicht, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.
Die Klägerin ist in der Lage unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes, leichte körperliche Arbeiten in wechselnder Körperhaltung. ohne schweres Heben und Tragen, ohne Temperaturschwankungen, Staub, Gase, Dämpfe, Rauch und unter Vermeidung von Arbeiten auf Leitern und Gerüsten mindestens als sechs Stunden täglich zu verrichten.
Die Leistungseinschätzung des Senats beruht im Wesentlichen auf den schlüssigen und überzeugenden Gutachten von Dr. S. und Dr. B., die auch durch die beigezogenen Befundberichte der behandelnden Ärzte gestützt werden.
Dr. S. hat auf orthopädischem Fachgebiet einen korrekten Sitz der Hüft-TEP ohne Entzündungsanzeichen oder einer Claudicatio spinalis diagnostiziert. Die Lendenwirbelsäule ist ausreichend beweglich und Nervenreizungen bestehen nicht. Entsprechendes ergibt sich auch aus den Arztbriefen der MLU an Dr. H., nach denen sich die komplikationslose Implantation der Hüftendprothese ergibt und eine Rheumatoidarthritis ausgeschlossen werden konnte. Die dennoch von der Klägerin vorgetragene massive Schmerzsymptomatik war jedoch keiner körperlichen Ursache zuzuordnen. Die Beobachtungen von Dr. S. anlässlich des gutachterlichen Untersuchungstermins lassen zur Überzeugung des Senats hier den Schluss auf Aggravation und Simulation durch die Klägerin zu.
In psychiatrischer Hinsicht hat Dr. B. eine Störung mit Entwicklung körperlicher Symptome aus psychischen Gründen diagnostiziert, die allerdings keine Auswirkungen auf das Leistungsvermögen der Klägerin haben. Dagegen konnte er eine relevante depressive Symptomatik oder eine somatoforme Schmerzstörung nicht feststellen. Da die Schmerzen der Klägerin nicht objektivierbar sind, sieht er, wie zuvor Dr. S., allein den Rentenwunsch der Klägerin als mögliche Ursache für die geklagten Schmerzen an. Bereits in einem vorhergehenden Rentenantragsverfahren der Klägerin waren bei der medizinischen Überprüfung einer Erwerbsminderung Dr. A. und Dr. F. zum Ergebnis gekommen, dass trotz Einschränkungen aufgrund von einer Atemwegserkrankung und der chronisch-ischämischen Herzkrankheit keine rentenrelevante quantitative Leistungseinschränkung vorgelegen hatte. Da es seit den durchgeführten Begutachtungen keinen Anhalt für eine erhebliche Gesundheitsverschlechterung bei der Klägerin gibt, verbleibt es bei dem vom Sozialgericht festgestellten Leistungsbild mit der Konsequenz, dass die Klägerin auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt einsetzbar ist. Die bei der Klägerin festgestellten Gesundheitsstörungen des pseudoradikulären beidseitigen Lumbalsyndroms, des Zustandes nach Implantation einer Hüft-TEP wegen Coxarthrose, der chronischen asthmatoiden Bronchitis und die ischämische Herzkrankheit bedingen lediglich qualitative Leistungseinschränkungen, nicht aber eine quantitative von rentenrechtlicher Relevanz.
Soweit die Klägerin einwendet, die gesamte Therapie habe zu keiner Beschwerdebesserung geführt und sie habe auch nach der Hüftoperation weiterhin starke Schmerzen, setzt sie sich in Widerspruch zu ihren eigenen Angaben, die sie ausweislich des Entlassungsberichtes vom 2. Februar 2005 anlässlich der Anschlussheilbehandlung vom 5. Januar bis 2. Februar 2005 machte. Hier teilte sie mit, die operative Behandlung habe sie zufrieden gestellt und es bestünden im operierten linken Hüftgelenk keine wesentlichen Schmerzen mehr. Auch die Anschlussheilbehandlung hätte sie deutlich muskulär gekräftigt und sie fühle sich in ihrem Allgemeinbefinden gebessert. Nach allen vorliegenden medizinischen Ermittlungen konnte kein Korrelat zu den von der Klägerin nach der Hüftoperation geklagten Schmerzen gefunden werden. Die Behauptung der Klägerin, sie leide unter mangelnder Konzentrationsfähigkeit und Depressionen wird durch das überzeugende Gutachten von Dr. B. widerlegt, der für Sinnes- und Wahrnehmungsstörungen keinen Anhalt finden konnte und auch eine relevante depressive Symptomatik nicht feststellte. Soweit die Klägerin meint, wegen Medikamenteneinnahme könne sie kein Fahrzeug führen, ist nicht erkennbar, inwiefern derartige Medikamente überhaupt erforderlich sind. Es gibt keine ärztliche Feststellung einer Fahruntauglichkeit der Klägerin infolge von Medikamenteneinnahme. Ferner wäre die Klägerin auch nicht gehindert, öffentliche Verkehrsmittel zu benutzen. Schließlich ist die pauschale Kritik der Klägerin, die neurologische Begutachtung sei unzureichend, ohne Substanz. Das Folgerungen und Wertungen des Gutachtens von Dr. B. sind insgesamt verständlich und plausibel dargestellt und stehen im Einklang mit den Denkgesetzen und Erfahrungssätzen. Das Gutachten ist damit geeignet eine Überzeugungsbildung zu begründen. Sowohl die Kammer beim Sozialgericht, als auch der erkennende Senat sind von der Argumentation und dem Ergebnis des kritisierten Gutachtens überzeugt. Insoweit die Klägerin darauf verweist, ihr sei ein GdB von 50 bewilligt worden, steht die Feststellung eines GdB nach dem Neunten Buch Sozialgesetzbuch (Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen - SGB IX) rechtlich in keinem Zusammenhang zur Prüfung, ob eine Rente wegen Erwerbsminderung oder teilweiser Erwerbsminderung bei Berufunfähigkeit nach dem Sechsten Buch Sozialgesetzbuch (Gesetzliche Rentenversicherung - SGB VI) vorliegt. Es handelt sich um völlig unterschiedliche gesetzliche Anspruchsgrundlagen mit verschiedenen Tatbestandvoraussetzungen.
Im Übrigen liegt auch keine Summierung sogenannter ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen vor. Das Restleistungsvermögen der Klägerin reicht vielmehr noch für leichte körperliche Verrichtungen im Wechsel von Gehen, Stehen und Sitzen, wie z. B. Zureichen, Abnehmen, leichte Reinigungsarbeiten ohne Zwangshaltungen, Kleben, Sortieren, Verpacken und Zusammensetzen von Teilen sowie Bürohilfsarbeiten aus (vgl. die Aufzählungen im Beschluss des Großen Senats des Bundessozialgerichts (BSG) vom 19. Dezember 1996 – GS 2/95 -, SozR 3 – 2600 § 44 SGB VI Nr. 8 = BSGE 80, 24, 33 f).
Auch liegt im Falle der Klägerin kein Seltenheits- oder Katalogfall vor, der zur Pflicht der Benennung eines konkreten Arbeitsplatzes führen würde (vgl. BSG, Großer Senat, a.a.O., Seite 35). Der Arbeitsmarkt gilt unter anderem als verschlossen, wenn einer Versicherten die so genannte Wegefähigkeit fehlt. Zur Erwerbsfähigkeit gehört auch das Vermögen, einen Arbeitsplatz aufsuchen zu können. Dabei ist nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts ein abstrakter Maßstab anzuwenden. Ein Katalogfall liegt nicht vor, soweit eine Versicherter täglich viermal Wegstrecken von knapp mehr als 500 Meter mit einem zumutbaren Zeitaufwand von bis zu 20 Minuten zu Fuß zurücklegen und zweimal öffentliche Verkehrsmittel während der Hauptverkehrszeiten unter Berücksichtigung aller ihr zur Verfügung stehender Mobilitätshilfen benutzen kann. Dann gilt die Erwerbsfähigkeit als nicht in beachtlichem Maße einschränkt und die konkrete Benennung einer Verweisungstätigkeit ist nicht erforderlich. Sind Arbeitsplätze auf andere Art als zu Fuß erreichbar, zum Beispiel mit dem eigenen Kraftfahrzeug bzw. mit einem Fahrrad, ist der Arbeitmarkt ebenfalls nicht verschlossen (BSG, Urteil vom 17. Dezember 1991 - 13/5 RJ 73/90 - SozR 3-2200 § 1247 RVO Nr. 10).
Nach übereinstimmender Einschätzung aller im Verfahren gehörten Ärzte bestehen an der Wegefähigkeit der Klägerin keine Zweifel, insbesondere ist sie in der Lage, Gehstrecken von viermal knapp mehr als 500 Meter mehrmals täglich zurücklegen und kann auch mit dem PKW solche Wegstrecken fahren.
2. Die Klägerin hat auch keinen Anspruch auf eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit. Nach § 240 Abs. 1 i.V.m. § 43 Abs. 1 Satz 1 SGB VI haben Anspruch auf eine solche Rente bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Versicherte, die vor dem 2. Januar 1961 geboren sind, in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben und die berufsunfähig sind.
Die Klägerin ist zwar vor dem 2. Januar 1961 geboren, sie ist aber nicht berufsunfähig. Berufsunfähig sind nach § 240 Abs. 2 SGB VI Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als sechs Stunden gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Berufsunfähig ist nach § 240 Abs. 2 Satz 4 SGB VI nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit mindestens sechs Stunden täglich ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.
Für die Frage, ob eine Versicherte berufsunfähig ist, ist ihr "bisheriger Beruf" maßgeblich. Wenn sie diesen aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr ausüben kann, ist die Zumutbarkeit einer anderen Tätigkeit zu prüfen. Bisheriger Beruf im Sinne des § 240 SGB VI ist grundsätzlich die zuletzt ausgeübte und auf Dauer angelegte versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit. Diese muss also mit dem Ziel verrichtet werden, sie bis zur Erreichung der Altersgrenze auszuüben. Dieser Grundsatz gilt jedenfalls dann, wenn die Tätigkeit zugleich die qualitativ höchste im Berufsleben der Versicherten gewesen ist (KassKomm-Niesel § 240 SGB VI Rn. 9,10 m.w.N.). Hat sich eine Versicherte von einer höherwertigen Beschäftigung gelöst, ist diese nicht mehr als bisheriger Beruf anzusehen. Eine solche Lösung liegt nicht vor, wenn diese Beschäftigung aus gesundheitlichen Gründen aufgegeben worden ist (KassKomm-Niesel § 240 SGB VI, Rn. 21 f. m.w.N.).
Als bisheriger Beruf der Klägerin ist der der Backstubenhilfe im Bäckereibetrieb ihres Ehemannes anzusehen. Diese Tätigkeit hat die Klägerin nach dem Versicherungsverlauf von 1.Oktober 1994 bis 13. Januar 1999 versicherungspflichtig verrichtet. Auf ihren erlernten Beruf der Sprechstundenschwester kann bei der Bestimmung des bisherigen Berufs nicht mehr abgestellt werden, da sie sich von dieser Tätigkeit im Jahr 1992 nicht aus gesundheitlichen Gründen gelöst hat.
Wegen der Mehlallergie kann die Klägerin im Bäckereibetrieb ihres Ehemannes nicht mehr tätig sein. Damit ist die Klägerin aber noch nicht berufsunfähig. Auf welche Berufstätigkeiten die Versicherte nach ihrem fachlichen und gesundheitlichen Leistungsvermögen noch zumutbar verwiesen werden kann, beurteilt das BSG nach einem von ihm entwickelten Mehrstufenschema, das auch der Senat seinen Entscheidungen zugrunde legt. Dieses gliedert die Berufe hierarchisch in vier Gruppen mit verschiedenen Leitberufen. An oberster Stelle steht die Gruppe der Facharbeiter mit Vorgesetztenfunktion und der besonders qualifizierten Facharbeiter. Es folgen die Facharbeiter in einem anerkannten Ausbildungsberuf mit einer Ausbildungszeit von mehr als zwei bis drei Jahren, danach die angelernten Arbeiter mit einer Ausbildungszeit von bis zu zwei Jahren. Zuletzt folgen die so genannten Ungelernten, auch mit einer erforderlichen Einarbeitungs- oder Einweisungszeit von bis zu drei Monaten. Eine von der Versicherten täglich mindestens sechsstündig ausübbare Tätigkeit ist ihr zumutbar, wenn sie irgendwelche Tätigkeiten der eigenen Qualifikationsstufe oder aber der nächst niedrigeren Stufe spätestens nach einer Einarbeitung und Einweisung von drei Monaten zum Erwerb der notwendigen Kenntnisse und Fähigkeiten vollwertig ausüben kann. Dabei muss der Versicherten allerdings grundsätzlich ein konkreter Verweisungsberuf benannt und zugeordnet werden können, anhand dessen sich die Zumutbarkeit seiner Ausübung beurteilen lässt. Kann ein anderer Beruf nicht konkret in Betracht gezogen werden, liegt bei der Unfähigkeit der Ausübung des bisherigen Berufs Berufsunfähigkeit vor. Einer Versicherten ist die Ausübung einer ungelernten Arbeitstätigkeit grundsätzlich zuzumuten, wenn ihr bisheriger Beruf entweder dem Leitberuf der angelernten Arbeiterin oder dem der ungelernten Arbeiterin zuzuordnen ist.
Der bisherige Beruf der Klägerin als Backstubenhilfe ist dem Bereich der Ungelernten zuzuordnen. Er konnte von ihr ohne einschlägige Vorkenntnisse verrichtet werden. Die Klägerin hat nicht behauptet, eine mehr als dreimonatige Einarbeitung oder Ausbildung durchlaufen zu haben. Als Ungelernte ist die Klägerin auf alle Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verweisbar, ohne dass es der Benennung einer Verweisungstätigkeit bedarf. Wie oben bereits ausgeführt, ist die Klägerin in der Lage, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt ihr Leistungsvermögen zum Erwerb von nicht nur geringfügigem Arbeitsentgelt zumindest sechs Stunden täglich einzusetzen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision im Sinne von § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor. Es handelt sich um eine Einzelfallentscheidung auf gesicherter Rechtsgrundlage, ohne dass der Senat von einer Entscheidung der in § 160 Abs. 2 Nr. 2 SGG genannten Gerichte abweicht.
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