Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Halle (Saale) (SAN)
Aktenzeichen
S 6 U 52/08
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 6 U 1/09
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung wird zurückgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über einen Anspruch des Klägers gegen die Beklagte auf eine stationäre medizinische Rehabilitationsmaßnahme. Damit verbunden ist das Anliegen auf Feststellung weiterer Folgen eines Arbeitsunfalls aus dem Jahre 1964.
Der Kläger rutschte am 14. Januar 1964 an einer Bushaltestelle auf dem Weg zur Arbeit bei Glatteis aus. Dabei brach er sich den rechten Unterschenkel. Wegen der Folgen des Unfalls erhielt er eine Unfallrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit um 30 vom Hundert. Dies ist Gegenstand von Bescheiden der Verwaltung der Sozialversicherung vom 21. Juni 1965, 28. März 1966 und 20. Dezember 1976.
Im ersten Rentengutachten vom 15. Juni 1965 stellten die Ärzte eine Muskelminderung des rechten Oberschenkels um zwei Zentimeter fest. Die Streckung im Kniegelenk war normal, die Beugung bis auf einen Fersen-Gesäß-Abstand von 36 Zentimetern möglich. Die Beweglichkeit im Fußgelenk war nach allen Seiten stark eingeschränkt. Bei einem starken Unterschenkelödem mit drei Zentimetern Seitendifferenz war das untere Unterschenkeldrittel blaurot verfärbt. Das untere Bruchstück war nach dem Röntgenbild um Schaftbreite nach hinten verschoben. Die Beinverkürzung wurde auf drei Zentimeter geschätzt. Das Gangbild war hinkend ohne volle Belastung des rechten Beines.
Die gleichen Gutachter stellten am 14. Dezember 1965 auch das Ödem, im Knöchelbereich mit einer Umfangsdifferenz von drei Zentimetern, fest. Das rechte Fußgelenk sei in rechtwinkliger Stellung praktisch versteift. Die entzündlichen Erscheinungen seien jedoch zurückgegangen und die Belastungsfähigkeit des Beines verbessert.
In einem orthopädischen Gutachten vom 15. Februar 1966 schilderten die Oberärzte der orthopädischen Universitätsklinik H. Dr. W. und Dozent Dr. habil. M. die Muskulatur des rechten Ober- und Unterschenkels als verschmächtigt. Die Kniegelenkskonturen waren leicht verstrichen bei einer Beweglichkeit in Streckung und Beugung von 0/5/110 Grad. Auf der rechten Seite fand sich ein deutliches O-Bein. Der Unterschenkel war im Knöchelbereich um 1,5 Zentimeter verdickt. Der untere Unterschenkel war blaurötlich verfärbt. Der rechte Fuß stand in Streckstellung von 10 Grad bei einer weiteren Streckmöglichkeit von fünf Grad. Eine Beugung gelang nicht. Es lag eine angedeutete Supinationsstellung bei weiterer Bewegungsmöglichkeit um fünf Grad vor. Die Pronation war aufgehoben. Das linke Bein wurde im Vergleich zum rechten insgesamt und im Unterschenkel um einen Zentimeter kürzer als rechts gemessen. Gleichwohl müsse der rechte Absatz um 3,5 Zentimeter erhöht werden, um das linke Kniegelenk durchstrecken zu können. Dabei stehe aber das rechte Becken deutlich höher als links. Der Gang erfolge deutlich rechtshinkend. Der Kläger sei seit Juli 1965 mit einem Verkürzungsausgleich der Fußbettung rechts um drei Zentimeter mit einer Absatzerhöhung von einem halben Zentimeter versehen. Mit dieser Ausstattung stehe die rechte Beckenseite höher. Im Röntgenbefund zeige sich eine geringe Arthrose des oberen Sprunggelenks und des Tibiofibulargelenkes rechts. Die Knochenstruktur sei vergröbert. Die röntgenologische Messung der Schienbeinlänge ergebe zum Innenknöchel links 37,8 cm, rechts 37,1 cm. Der Kläger zeige im Gang ein deutliches Verkürzungshinken rechts, obwohl die relative Beinlänge größer als links sei. Der Ausgleich der Spitzfußstellung führe zu einer deutlichen Hebung der ganzen rechten Beckenseite. Da weder eine Seitverbiegung der Lendenwirbelsäule noch eine Streckhemmung des rechten Hüftgelenkes vorlägen, müsse es sich um eine gewohnheitsmäßig fixierte Schiefstellung des Beckens handeln.
Anlässlich eines Rentenerhöhungsantrages erstattete Prof. Dr. M. mit dem Facharzt für Orthopädie Dr. K. ein Gutachten vom 17. August 1976. Die Ärzte gaben wieder, der Kläger führe Wirbelsäulenveränderungen auf seinen Arbeitsunfall zurück. Die Ärzte führten aus, es bestünden weiterhin Bewegungseinschränkungen des rechten Knies und Sprunggelenkes ohne Verschlechterung. Der Stauungszustand des rechten Unterschenkels sei zurückgegangen. Die Haltung des Klägers und die Verhältnisse der Beinlängen beschrieben sie wie im Vorgutachten. Die Verschiebung des Schienbeins im Bruchbereich beschrieben sie mit einer halben Schaftbreite nach hinten bei leichter Achsabknickung. Im klinischen Befund teilten sie eine diskrete rechtskonvexe Verbiegung der Brustwirbelsäule mit Gegenkrümmung im Bereich der Lendenwirbelsäule mit. Sie gaben die Einschätzung ab, in allen Wirbelsäulenregionen fänden sich mäßig ausgeprägte degenerative Veränderungen, die nicht unfallbedingt seien.
In einem Gutachten vom 9. September 1985 maßen die Ärzte Dr. A. und Dr. H. von der Orthopädischen Universitätsklinik H. die Kniegelenksbeweglichkeit beiderseits gleich und frei (0/0/135 Grad) bei geringer Valgusinstabilität rechts, die Beugung und Streckung im rechten oberen Sprunggelenk mit 25/5/0 Grad, die Außen- und Innenkippung im unteren Sprunggelenk mit 0/5/5 Grad, den Ober- und Unterschenkelumfang durchgehend vermindert, eine um einen Zentimeter verkürzte Beinlänge rechts bei einer um einen halben Zentimeter verkürzten Unterschenkellänge.
Im Zusammenhang mit einem Kurantrag des Klägers, den dieser vorrangig mit Wirbelsäulenbeschwerden begründete, holte die Beklagte ein Gutachten von Prof. Dr. H., Ärztlicher Direktor der Chirurgischen Klinik der Berufsgenossenschaftlichen Kliniken B. in H. vom 18. Juni 2007 ein. Dr. H. ist im Wesentlichen zu dem Ergebnis gelangt, wegen der Unfallfolgen sei keine stationäre Rehabilitationsmaßnahme angezeigt. Der Beckenschiefstand sei nicht Unfallfolge, sondern ohne eine krankhafte Ursache gewohnheitsmäßig fixiert. Zwar ziehe der Beckenschiefstand eine körperfremde Belastung der anschließenden Wirbelsäulenabschnitte nach sich. Die Veränderungen der Wirbelsäule seien aber nicht altersüberschreitend. Der rechtsseitige Beckenhochstand führe zu einer linkskonvexen Skoliose. Um gerade zu stehen, beuge der Kläger bei vollbelastetem rechten Fuß das linke Knie bzw. hebe bei durchgedrücktem linkem Knie die rechte Ferse an. Der rechte Unterschenkel sei im Bruchbereich etwas verdickt, die Muskelmasse des rechten Beines insgesamt gering vermindert. Die Bewegung des rechten Knies sei gegenüber links stärker eingeschränkt. Das rechte obere wie untere Sprunggelenk sei nahezu eingesteift. Im Röntgenbefund wurden die Unterschenkel praktisch seitengleich vermessen.
Mit Bescheid vom 15. November 2007 lehnte die Beklagte stationäre Rehabilitationsleistungen ab. Sie bezeichnete ambulante Maßnahmen zur Behandlung der verbliebenen Unfallfolgen als ausreichend. Sie verwies darauf, die gewohnheitsmäßig fixierte Beckenschiefstellung sei schon im Rahmen des Verschlimmerungsantrages von 1976 durch Beschluss der Bezirksbeschwerdekommission vom 16. Februar 1978 nicht als Unfallfolge anerkannt worden.
Mit einem am 13. Dezember 2007 bei der Beklagten eingegangenen Widerspruch behauptete der Kläger, der Beckenschiefstand sei durch die lange Gipsbehandlung verursacht. Bei der jetzt behaupteten geringen Beinverkürzung hätte er keine orthopädischen Schuhe bekommen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 14. März 2008 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Sie verwies im Wesentlichen auf das Ergebnis der Begutachtung. Der Widerspruchsbescheid wurde dem Kläger mit der Post übersandt.
Mit der am 15. April 2008 beim Sozialgericht Halle eingegangenen Klage ist der Kläger bei seiner Auffassung geblieben. Er hat ergänzt, im Rahmen der langen Gipsbehandlung sei er mit einem Laufklotz von vier Zentimetern versorgt gewesen.
Mit Gerichtsbescheid vom 1. Dezember 2008 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Es hat ausgeführt, die Klage sei bezüglich der Feststellung weiterer Unfallfolgen unzulässig. Die Beklagte habe in den angegriffenen Bescheiden nicht über die Feststellung von Unfallfolgen entschieden. Die anerkannten Unfallfolgen machten eine stationäre medizinische Rehabilitationsmaßnahme nicht erforderlich, da sie dadurch weder beseitigt, gebessert, noch ihre Verschlimmerung verhütet werden könne. Dies ergebe sich aus dem Gutachten von Prof. Dr. H., nach dem hinsichtlich der Unfallfolgen ein Endzustand erreicht sei.
Gegen den ihm am 11. Dezember 2008 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 5. Januar 2009 Berufung eingelegt. Er bleibt bei seinem Vorbringen.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Halle vom 1. Dezember 2008 und den Bescheid der Beklagten vom 15. November 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. März 2008 aufzuheben und festzustellen, dass der Beckenschiefstand und Wirbelsäulenschäden Folge des Arbeitsunfalls vom 14. Januar 1964 sind.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält ihren Bescheid weiterhin für zutreffend.
Die Beteiligten haben einer Entscheidung allein durch den Berichterstatter mit Schriftsätzen vom 7. April 2009 – der Kläger – und 21. April 2009 – die Beklagte – zugestimmt.
Die Akte der Beklagten über den Unfall – Az. 903-53552-0 – hat in der mündlichen Verhandlung und bei der Beratung vorgelegen.
Entscheidungsgründe:
Die gem. § 143 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) statthafte Berufung hat keinen Erfolg. Darüber konnte das Gericht mit Zustimmung der Beteiligten gem. § 155 Abs. 3, 4 SGG allein durch den Berichterstatter entscheiden, weil die Streitsache rechtlich und tatsächlich einfach ist. Rechtlich wirft eine auf Feststellung weiterer Unfallfolgen gerichtete Berufung keine schwierigen Fragen auf. Tatsächlich ist die Sachlage im Falle des Klägers einfach, weil die maßgeblichen Gutachten übereinstimmend zu eindeutigen Ergebnissen gelangen und über den Fall hinausgehende medizinische Streitfragen schon dem Ansatz nach nicht berührt werden. Die Anfechtungsklage im Sinne von § 54 Abs. 1 S. 1 SGG auf Aufhebung des Bescheides vom 15. November 2007 und Feststellungsklage auf Neufeststellung von Unfallfolgen ist zulässig. Insbesondere ist der Kläger insoweit im Sinne von § 54 Abs. 1 S. 2 SGG klagebefugt, weil die Beklagte in diesem Bescheid die Feststellung weiterer Unfallfolgen sinngemäß abgelehnt hat. Denn sie hat einerseits auf den Beschluss der Bezirksbeschwerdekommission vom 16. Dezember 1977 mit einer Ablehnung des Beckenschiefstandes und von Rückenbeschwerden als Unfallfolge hingewiesen, zum Anderen auch ausgeführt, das Gutachten von Prof. Dr. H. bestätige diesen Sachverhalt erneut. Dies ist aus der Sicht eines verständigen Empfängers nicht anders zu verstehen, als dass eine Feststellung weiterer Unfallfolgen abgelehnt wird. Denn bei Erlass des Bescheides vom 15. November 2007 ging es nicht nur darum, den vom Kläger erhobenen Anspruch auf eine Kur zu bescheiden. Diese hatte die Beklagte erstmals bereits mit Bescheid vom 12. Dezember 2006 abgelehnt. Vielmehr war das Verwaltungsverfahren durch Bescheid abzuschließen, in dem der Kläger am 2. Januar 2007 telefonisch seine Wirbelsäulenbeschwerden und den Beckenschiefstand als Unfallfolge geltend gemacht hatte und die Beklagte ausdrücklich – mit Schreiben vom 10. Januar 2007 – diesem Vortrag durch Einholung des Gutachtens von Prof. Dr. H. nachgegangen war. Dies bestätigt auch die an Prof. Dr. H. gerichtete Beweisfrage, ob der Beckenschiefstand Unfallfolge sei. Die Anfechtungs- und Feststellungsklage ist aber nicht begründet. Der Bescheid der Beklagten vom 15. November 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. März 2008 beschwert den Kläger im Hinblick auf die Ablehnung der Feststellung weiterer Unfallfolgen nicht im Sinne von §§ 157, 54 Abs. 2 S. 1 SGG. Der Kläger hat keinen Feststellungsanspruch (vgl. § 55 Abs. 1 Nr. 3 SGG) auf weitere Unfallfolgen, weil die geltend gemachten Gesundheitsstörungen keine durch einen Versicherungsfall verursachten Gesundheitsschäden (vgl. § 26 Abs. 2 Nr. 1 des Siebten Buches des Sozialgesetzbuches – SGB VII) darstellen. Dies folgt nicht bereits aus Bescheiden der Sozialversicherung der DDR, die nach Art. 19 S. 1 des Einigungsvertrages (G. v. 23. 9. 1990, BGBl. II S. 885) wirksam geblieben und nach Art. 19 S. 1 Einigungsvertrag nur nach den allgemeinen Regeln für bestandskräftige Verwaltungsakte aufzuheben sind. Denn obwohl der Beckenschiefstand beim Kläger jedenfalls schon ummittelbar nach dem Unfall vorgelegen hat, ist kein Bescheid ergangen, der dem Anliegen des Klägers entgegenstünde. Der Ausgangsrentenbescheid vom 21. Juni 1965 enthält im Ausspruch ausschließlich die Feststellung der Höhe des Rechts auf Unfallrente – nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit um 30 v. H. – und die Feststellung des Zahlbetrages. Es kann dahinstehen, ob ein solcher Bescheid wirksame Entscheidungen auch über maßgebliche gesundheitliche Unfallfolgen enthalten kann, weil die Prüfung eines bestimmten Gegenstandes des Verwaltungsverfahrens vorausgeht, zu dem die Unfallfolgen als Sachverhalt gehören. Bezüglich des Beckenschiefstandes ist dies hier nämlich auszuschließen, da aus dem ersten Rentengutachten, das dieser Entscheidung zu Grunde liegt, ein Beckenschiefstand überhaupt nicht (unmittelbar) hervorgeht. Allein dem Umstand, dass ein Beckenschiefstand dann auch nicht in die Bemessung der Minderung der Erwerbsfähigkeit eingeflossen ist, kann aber nicht eine Ablehnung der Anerkennung einer solchen Unfallfolge entnommen werden, wenn die Frage des Beckenschiefstandes im Verwaltungsverfahren nie aufgeworfen worden ist. Auch in dem Bescheid vom 28. März 1966 ist keine Feststellung des Beckenschiefstandes als Unfallfolge getroffen. Trotz der Bezeichnung als Änderungsbescheid handelt es sich sachlich um einen Aufhebungsbescheid, der die vorangegangene Absenkung der Feststellung des Wertes des Rechts auf Unfallrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit um 25 v. H. rückwirkend wieder beseitigt. Auch durch die Bezugnahme auf das Gutachten vom 15. Februar 1966 folgt keine Feststellung. Denn dessen erheblicher Ergebnissatz lautet, eine Besserung lasse sich nicht nachweisen. Inwieweit dafür der in dem Gutachten behandelte Beckenschiefstand eine Rolle gespielt hat, ist schon dem Gutachten nicht zu entnehmen, obwohl die Gutachter hier anscheinend von einer Unfallfolge ausgehen. Ein Einfluss auf die Einschätzung der Minderung der Erwerbsfähigkeit ist aber jedenfalls nicht feststellbar, da keinerlei mit dem Beckenschiefstand einhergehende Funktionsstörungen vermerkt sind. Nur darum geht es aber bei dem Bescheid vom 28. März 1966. Ebenso wenig enthält der Bescheid vom 20. Dezember 1976 eine Feststellung; die nachfolgenden Beschwerdeentscheidungen erschöpfen sich ohnedies in der Zurückweisung der Rechtsbehelfe. Zwar wird im Bescheid vom 20. Dezember 1976 ausdrücklich festgestellt, seit September 1975 geklagte Beschwerden mit Arbeitsunfähigkeit seien nicht Unfallfolge. Dabei handelt es sich aber um eine punktuelle Ablehnung, der keine in Bestandskraft erwachsende Dauerwirkung zukommt. Die ausweislich des – im Bescheid in Bezug genommenen – Gutachtens vom 17. August 1976 geklagten Beschwerden in Form von Schwindelerscheinungen und Kreuzschmerzen sind keine notwendig andauernden Erkrankungen, deren Ablehnung eine spätere Anerkennung ähnlicher Beschwerden als Unfallfolge ausschließen könnte. Die damaligen Gutachter haben diese Krankheitserscheinungen auch nicht in alleinigem Zusammenhang mit der andauernden Beckenschiefstellung abgelehnt, sondern auf die Ausprägung der Abbauveränderungen im Bereich der gesamten Wirbelsäule verwiesen. Die jetzt als Unfallfolgen geltend gemachten Krankheitsbilder gehen nicht auf den Arbeitsunfall vom 14. Januar 1964 (Versicherungsfall nach § 7 Abs. 1 SGB VII) zurück. Dies folgt aus den Gutachten von Prof. Dr. H. und von Prof. Dr. M. und Dr. K. (1976). Aus beiden Gutachten geht übereinstimmend hervor, dass die Höherstellung des Beckens rechts nicht Folge der Unfallverletzungen, sondern eine davon unabhängige Haltungsangewohnheit des Klägers darstellt. Auch die Einschätzung von Prof. Dr. H. ist insoweit eindeutig. Aus der Mitteilung in dem Gliederungspunkt "Vorgeschichte", der Beckenschiefstand resultiere aus der Überkorrektur der Beinverkürzung, lässt sich nicht die Schlussfolgerung ziehen, hier sei bereits die maßgebliche Beweisfrage in anderem Sinne als bei der ausführlichen Erörterung des Ergebnisses beantwortet. Dort nämlich erörtert der Gutachter in Auswertung der vorgefundenen Befunde, für die Haltungsangewohnheit finde sich keine morphologische – aus den Zusammenhängen von Körperfunktionen abzuleitende – Ursache. Einigkeit besteht zwischen den Gutachtern und auch Dr. W. und Doz. Dr. habil. M. in ihrem Gutachten aus dem Jahr 1966, dass der Beckenschiefstand nicht physiologisch zu erklären ist, sondern haltungsbedingt ist. Grundsätzlich liegen beim Kläger in etwa gleich lange Beine vor, wie die verschiedenen Gutachter mit Ausnahme derer des ersten Rentengutachtens unter Angabe der Maße ausführen. Die vergleichsweise geringe Spitzfußstellung führt insoweit nicht zu einer wesentlichen Verlängerung, wie der Ausgleich durch eine Absatzerhöhung um einen halben Zentimeter zeigt. Eine durchgehend gleich hohe Fußbetterhöhung von drei Zentimetern kann diesem Ausgleich nicht dienen, weil sie nicht die dazu allein erforderliche Anhebung der Ferse bewirkt. Dass der Höhenausgleich nicht dem Ausgleich der Spitzfußstellung dient, zeigt auch die Einschätzung im Gutachten von 1966, im Rahmen einer Kur solle die Beckenschiefstellung mit nachfolgendem Wegfall des Ausgleichs im rechten Schuh wieder beseitigt werden. Im Hinblick auf die Spitzfußstellung wäre dies nicht möglich gewesen, weil die Gutachter das Sprunggelenk als in dieser Stellung praktisch versteift beschreiben. Gleichwohl nimmt der Kläger eine Haltung ein, wie sie nur im Falle einer deutlichen Verkürzung des rechten Beines körpergerecht wäre. So knickt er im Geradestand das linke Knie ein und streckt dieses erst bei Vornahme einer Ausgleichserhöhung des rechten Beines. Im Gangbild zeigt der Kläger schon nach dem Gutachten von 1966 ein Hinken rechts "nach Art des Verkürzungshinkens", obwohl eine solche Verkürzung nicht vorliegt. Dabei handelt es sich nach den übereinstimmenden und im Hinblick auf die geschilderten Längenverhältnisse nachvollziehbaren Einschätzungen der Gutachter um eine Angewohnheit. Die geschilderte Angewohnheit des Klägers ist nicht unfallbedingt. Den Gutachtern Dr. W. und Doz. Dr. habil. M. in ihrem Gutachten von 1966 ist nicht zu folgen, soweit sie ausführen, die besondere Haltung des Klägers sei zwar gewohnheitsmäßig fixiert, aber betonen, dies sei nicht psychogen. Soweit darin die Andeutung liegen sollte, der Kläger sei zu seinem Verhalten durch einen Überausgleich der Unfallfolgen mit der verordneten Fußbetterhöhung um drei Zentimeter veranlasst worden, passt dies nicht zu den übrigen Umständen. Denn das Gericht ist mit den übrigen Gutachtern überzeugt, dass die Haltungsangewohnheit schon vor der Fußbetterhöhung bestanden hat. Nach den Angaben im Gutachten von 1966 war der Verkürzungsausgleich seit Juli 1965 verordnet. Schon im ersten Rentengutachten vom 15. Juni 1965 ist aber die Beinverkürzung von drei Zentimetern vermerkt, die tatsächlich nicht besteht. Das Gericht geht nicht davon aus, dass dieses Ergebnis durch eine falsche Messung zu Stande gekommen ist, sondern davon, dass der falsche Eindruck bereits damals durch die Haltungsangewohnheit entstanden ist, die z. B. durch das Einknicken des linken Knies, eine Beinverkürzung nahelegt, wenn der Beckengeradestand nicht kontrolliert wird. Eine solche Kontrolle ist jedenfalls den Befunden nicht zu entnehmen. Weiterhin ist nicht ersichtlich, welche Bedeutung der Ausstattung des bei der Erstbehandlung angelegten Gipses mit einem Laufklotz von vier Zentimetern Höhe für die beschriebene Angewohnheit zukommen kann. Es ist schon nicht zu belegen, dass nicht auch diese Maßnahme eine Reaktion auf eine vorbestehende Haltungsanomalie des Klägers darstellt. Jedenfalls war Grundlage der Gipsbehandlung eine verzögerten Heilung des Bruches, wie aus dem Gutachten von 1966 hervorgeht. Dies schließt eine volle Belastung des Beines mit der Möglichkeit der Fixierung auf ein neues Gangbild aus. Dementsprechend ist in dem Gutachten auch weiter ausgeführt, der Kläger habe "danach" erst langsam wieder laufen gelernt. Dies betrifft einen Zeitraum, in dem der Kläger nach fünfwöchiger Behandlung mit einem Streckverband und neunmonatiger Gipsbehandlung bis zur Versorgung mit dem Fußbettausgleich über ein halbes Jahr ohne wesentliche – d.h. abgesehen von der Spitzfußstellung – Beeinflussung der Beckenhaltung, zunächst unter Verwendung von zwei Gehstöcken, wieder laufen lernen konnte. Die Rückenbeschwerden lassen sich ebenfalls nicht mit Wahrscheinlichkeit auf den Unfall zurückführen. Soweit sie auf die Seitverbiegung der Wirbelsäule zurückgehen sollten, die ihrerseits mit dem Beckenschiefstand in Verbindung steht, liegt eine mittelbare Entstehung durch den Unfall nicht vor, da auch der Beckenschiefstand nicht unfallbedingt ist. Im Übrigen ist ein Zusammenhang mit dem Unfall nicht zu erkennen, wie Prof. Dr. H. überzeugend ausführt. Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG. Gründe für die Zulassung der Revision im Sinne von § 160 Abs. 2 Nr. 1, 2 SGG liegen nicht vor.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über einen Anspruch des Klägers gegen die Beklagte auf eine stationäre medizinische Rehabilitationsmaßnahme. Damit verbunden ist das Anliegen auf Feststellung weiterer Folgen eines Arbeitsunfalls aus dem Jahre 1964.
Der Kläger rutschte am 14. Januar 1964 an einer Bushaltestelle auf dem Weg zur Arbeit bei Glatteis aus. Dabei brach er sich den rechten Unterschenkel. Wegen der Folgen des Unfalls erhielt er eine Unfallrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit um 30 vom Hundert. Dies ist Gegenstand von Bescheiden der Verwaltung der Sozialversicherung vom 21. Juni 1965, 28. März 1966 und 20. Dezember 1976.
Im ersten Rentengutachten vom 15. Juni 1965 stellten die Ärzte eine Muskelminderung des rechten Oberschenkels um zwei Zentimeter fest. Die Streckung im Kniegelenk war normal, die Beugung bis auf einen Fersen-Gesäß-Abstand von 36 Zentimetern möglich. Die Beweglichkeit im Fußgelenk war nach allen Seiten stark eingeschränkt. Bei einem starken Unterschenkelödem mit drei Zentimetern Seitendifferenz war das untere Unterschenkeldrittel blaurot verfärbt. Das untere Bruchstück war nach dem Röntgenbild um Schaftbreite nach hinten verschoben. Die Beinverkürzung wurde auf drei Zentimeter geschätzt. Das Gangbild war hinkend ohne volle Belastung des rechten Beines.
Die gleichen Gutachter stellten am 14. Dezember 1965 auch das Ödem, im Knöchelbereich mit einer Umfangsdifferenz von drei Zentimetern, fest. Das rechte Fußgelenk sei in rechtwinkliger Stellung praktisch versteift. Die entzündlichen Erscheinungen seien jedoch zurückgegangen und die Belastungsfähigkeit des Beines verbessert.
In einem orthopädischen Gutachten vom 15. Februar 1966 schilderten die Oberärzte der orthopädischen Universitätsklinik H. Dr. W. und Dozent Dr. habil. M. die Muskulatur des rechten Ober- und Unterschenkels als verschmächtigt. Die Kniegelenkskonturen waren leicht verstrichen bei einer Beweglichkeit in Streckung und Beugung von 0/5/110 Grad. Auf der rechten Seite fand sich ein deutliches O-Bein. Der Unterschenkel war im Knöchelbereich um 1,5 Zentimeter verdickt. Der untere Unterschenkel war blaurötlich verfärbt. Der rechte Fuß stand in Streckstellung von 10 Grad bei einer weiteren Streckmöglichkeit von fünf Grad. Eine Beugung gelang nicht. Es lag eine angedeutete Supinationsstellung bei weiterer Bewegungsmöglichkeit um fünf Grad vor. Die Pronation war aufgehoben. Das linke Bein wurde im Vergleich zum rechten insgesamt und im Unterschenkel um einen Zentimeter kürzer als rechts gemessen. Gleichwohl müsse der rechte Absatz um 3,5 Zentimeter erhöht werden, um das linke Kniegelenk durchstrecken zu können. Dabei stehe aber das rechte Becken deutlich höher als links. Der Gang erfolge deutlich rechtshinkend. Der Kläger sei seit Juli 1965 mit einem Verkürzungsausgleich der Fußbettung rechts um drei Zentimeter mit einer Absatzerhöhung von einem halben Zentimeter versehen. Mit dieser Ausstattung stehe die rechte Beckenseite höher. Im Röntgenbefund zeige sich eine geringe Arthrose des oberen Sprunggelenks und des Tibiofibulargelenkes rechts. Die Knochenstruktur sei vergröbert. Die röntgenologische Messung der Schienbeinlänge ergebe zum Innenknöchel links 37,8 cm, rechts 37,1 cm. Der Kläger zeige im Gang ein deutliches Verkürzungshinken rechts, obwohl die relative Beinlänge größer als links sei. Der Ausgleich der Spitzfußstellung führe zu einer deutlichen Hebung der ganzen rechten Beckenseite. Da weder eine Seitverbiegung der Lendenwirbelsäule noch eine Streckhemmung des rechten Hüftgelenkes vorlägen, müsse es sich um eine gewohnheitsmäßig fixierte Schiefstellung des Beckens handeln.
Anlässlich eines Rentenerhöhungsantrages erstattete Prof. Dr. M. mit dem Facharzt für Orthopädie Dr. K. ein Gutachten vom 17. August 1976. Die Ärzte gaben wieder, der Kläger führe Wirbelsäulenveränderungen auf seinen Arbeitsunfall zurück. Die Ärzte führten aus, es bestünden weiterhin Bewegungseinschränkungen des rechten Knies und Sprunggelenkes ohne Verschlechterung. Der Stauungszustand des rechten Unterschenkels sei zurückgegangen. Die Haltung des Klägers und die Verhältnisse der Beinlängen beschrieben sie wie im Vorgutachten. Die Verschiebung des Schienbeins im Bruchbereich beschrieben sie mit einer halben Schaftbreite nach hinten bei leichter Achsabknickung. Im klinischen Befund teilten sie eine diskrete rechtskonvexe Verbiegung der Brustwirbelsäule mit Gegenkrümmung im Bereich der Lendenwirbelsäule mit. Sie gaben die Einschätzung ab, in allen Wirbelsäulenregionen fänden sich mäßig ausgeprägte degenerative Veränderungen, die nicht unfallbedingt seien.
In einem Gutachten vom 9. September 1985 maßen die Ärzte Dr. A. und Dr. H. von der Orthopädischen Universitätsklinik H. die Kniegelenksbeweglichkeit beiderseits gleich und frei (0/0/135 Grad) bei geringer Valgusinstabilität rechts, die Beugung und Streckung im rechten oberen Sprunggelenk mit 25/5/0 Grad, die Außen- und Innenkippung im unteren Sprunggelenk mit 0/5/5 Grad, den Ober- und Unterschenkelumfang durchgehend vermindert, eine um einen Zentimeter verkürzte Beinlänge rechts bei einer um einen halben Zentimeter verkürzten Unterschenkellänge.
Im Zusammenhang mit einem Kurantrag des Klägers, den dieser vorrangig mit Wirbelsäulenbeschwerden begründete, holte die Beklagte ein Gutachten von Prof. Dr. H., Ärztlicher Direktor der Chirurgischen Klinik der Berufsgenossenschaftlichen Kliniken B. in H. vom 18. Juni 2007 ein. Dr. H. ist im Wesentlichen zu dem Ergebnis gelangt, wegen der Unfallfolgen sei keine stationäre Rehabilitationsmaßnahme angezeigt. Der Beckenschiefstand sei nicht Unfallfolge, sondern ohne eine krankhafte Ursache gewohnheitsmäßig fixiert. Zwar ziehe der Beckenschiefstand eine körperfremde Belastung der anschließenden Wirbelsäulenabschnitte nach sich. Die Veränderungen der Wirbelsäule seien aber nicht altersüberschreitend. Der rechtsseitige Beckenhochstand führe zu einer linkskonvexen Skoliose. Um gerade zu stehen, beuge der Kläger bei vollbelastetem rechten Fuß das linke Knie bzw. hebe bei durchgedrücktem linkem Knie die rechte Ferse an. Der rechte Unterschenkel sei im Bruchbereich etwas verdickt, die Muskelmasse des rechten Beines insgesamt gering vermindert. Die Bewegung des rechten Knies sei gegenüber links stärker eingeschränkt. Das rechte obere wie untere Sprunggelenk sei nahezu eingesteift. Im Röntgenbefund wurden die Unterschenkel praktisch seitengleich vermessen.
Mit Bescheid vom 15. November 2007 lehnte die Beklagte stationäre Rehabilitationsleistungen ab. Sie bezeichnete ambulante Maßnahmen zur Behandlung der verbliebenen Unfallfolgen als ausreichend. Sie verwies darauf, die gewohnheitsmäßig fixierte Beckenschiefstellung sei schon im Rahmen des Verschlimmerungsantrages von 1976 durch Beschluss der Bezirksbeschwerdekommission vom 16. Februar 1978 nicht als Unfallfolge anerkannt worden.
Mit einem am 13. Dezember 2007 bei der Beklagten eingegangenen Widerspruch behauptete der Kläger, der Beckenschiefstand sei durch die lange Gipsbehandlung verursacht. Bei der jetzt behaupteten geringen Beinverkürzung hätte er keine orthopädischen Schuhe bekommen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 14. März 2008 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Sie verwies im Wesentlichen auf das Ergebnis der Begutachtung. Der Widerspruchsbescheid wurde dem Kläger mit der Post übersandt.
Mit der am 15. April 2008 beim Sozialgericht Halle eingegangenen Klage ist der Kläger bei seiner Auffassung geblieben. Er hat ergänzt, im Rahmen der langen Gipsbehandlung sei er mit einem Laufklotz von vier Zentimetern versorgt gewesen.
Mit Gerichtsbescheid vom 1. Dezember 2008 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Es hat ausgeführt, die Klage sei bezüglich der Feststellung weiterer Unfallfolgen unzulässig. Die Beklagte habe in den angegriffenen Bescheiden nicht über die Feststellung von Unfallfolgen entschieden. Die anerkannten Unfallfolgen machten eine stationäre medizinische Rehabilitationsmaßnahme nicht erforderlich, da sie dadurch weder beseitigt, gebessert, noch ihre Verschlimmerung verhütet werden könne. Dies ergebe sich aus dem Gutachten von Prof. Dr. H., nach dem hinsichtlich der Unfallfolgen ein Endzustand erreicht sei.
Gegen den ihm am 11. Dezember 2008 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 5. Januar 2009 Berufung eingelegt. Er bleibt bei seinem Vorbringen.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Halle vom 1. Dezember 2008 und den Bescheid der Beklagten vom 15. November 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. März 2008 aufzuheben und festzustellen, dass der Beckenschiefstand und Wirbelsäulenschäden Folge des Arbeitsunfalls vom 14. Januar 1964 sind.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält ihren Bescheid weiterhin für zutreffend.
Die Beteiligten haben einer Entscheidung allein durch den Berichterstatter mit Schriftsätzen vom 7. April 2009 – der Kläger – und 21. April 2009 – die Beklagte – zugestimmt.
Die Akte der Beklagten über den Unfall – Az. 903-53552-0 – hat in der mündlichen Verhandlung und bei der Beratung vorgelegen.
Entscheidungsgründe:
Die gem. § 143 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) statthafte Berufung hat keinen Erfolg. Darüber konnte das Gericht mit Zustimmung der Beteiligten gem. § 155 Abs. 3, 4 SGG allein durch den Berichterstatter entscheiden, weil die Streitsache rechtlich und tatsächlich einfach ist. Rechtlich wirft eine auf Feststellung weiterer Unfallfolgen gerichtete Berufung keine schwierigen Fragen auf. Tatsächlich ist die Sachlage im Falle des Klägers einfach, weil die maßgeblichen Gutachten übereinstimmend zu eindeutigen Ergebnissen gelangen und über den Fall hinausgehende medizinische Streitfragen schon dem Ansatz nach nicht berührt werden. Die Anfechtungsklage im Sinne von § 54 Abs. 1 S. 1 SGG auf Aufhebung des Bescheides vom 15. November 2007 und Feststellungsklage auf Neufeststellung von Unfallfolgen ist zulässig. Insbesondere ist der Kläger insoweit im Sinne von § 54 Abs. 1 S. 2 SGG klagebefugt, weil die Beklagte in diesem Bescheid die Feststellung weiterer Unfallfolgen sinngemäß abgelehnt hat. Denn sie hat einerseits auf den Beschluss der Bezirksbeschwerdekommission vom 16. Dezember 1977 mit einer Ablehnung des Beckenschiefstandes und von Rückenbeschwerden als Unfallfolge hingewiesen, zum Anderen auch ausgeführt, das Gutachten von Prof. Dr. H. bestätige diesen Sachverhalt erneut. Dies ist aus der Sicht eines verständigen Empfängers nicht anders zu verstehen, als dass eine Feststellung weiterer Unfallfolgen abgelehnt wird. Denn bei Erlass des Bescheides vom 15. November 2007 ging es nicht nur darum, den vom Kläger erhobenen Anspruch auf eine Kur zu bescheiden. Diese hatte die Beklagte erstmals bereits mit Bescheid vom 12. Dezember 2006 abgelehnt. Vielmehr war das Verwaltungsverfahren durch Bescheid abzuschließen, in dem der Kläger am 2. Januar 2007 telefonisch seine Wirbelsäulenbeschwerden und den Beckenschiefstand als Unfallfolge geltend gemacht hatte und die Beklagte ausdrücklich – mit Schreiben vom 10. Januar 2007 – diesem Vortrag durch Einholung des Gutachtens von Prof. Dr. H. nachgegangen war. Dies bestätigt auch die an Prof. Dr. H. gerichtete Beweisfrage, ob der Beckenschiefstand Unfallfolge sei. Die Anfechtungs- und Feststellungsklage ist aber nicht begründet. Der Bescheid der Beklagten vom 15. November 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. März 2008 beschwert den Kläger im Hinblick auf die Ablehnung der Feststellung weiterer Unfallfolgen nicht im Sinne von §§ 157, 54 Abs. 2 S. 1 SGG. Der Kläger hat keinen Feststellungsanspruch (vgl. § 55 Abs. 1 Nr. 3 SGG) auf weitere Unfallfolgen, weil die geltend gemachten Gesundheitsstörungen keine durch einen Versicherungsfall verursachten Gesundheitsschäden (vgl. § 26 Abs. 2 Nr. 1 des Siebten Buches des Sozialgesetzbuches – SGB VII) darstellen. Dies folgt nicht bereits aus Bescheiden der Sozialversicherung der DDR, die nach Art. 19 S. 1 des Einigungsvertrages (G. v. 23. 9. 1990, BGBl. II S. 885) wirksam geblieben und nach Art. 19 S. 1 Einigungsvertrag nur nach den allgemeinen Regeln für bestandskräftige Verwaltungsakte aufzuheben sind. Denn obwohl der Beckenschiefstand beim Kläger jedenfalls schon ummittelbar nach dem Unfall vorgelegen hat, ist kein Bescheid ergangen, der dem Anliegen des Klägers entgegenstünde. Der Ausgangsrentenbescheid vom 21. Juni 1965 enthält im Ausspruch ausschließlich die Feststellung der Höhe des Rechts auf Unfallrente – nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit um 30 v. H. – und die Feststellung des Zahlbetrages. Es kann dahinstehen, ob ein solcher Bescheid wirksame Entscheidungen auch über maßgebliche gesundheitliche Unfallfolgen enthalten kann, weil die Prüfung eines bestimmten Gegenstandes des Verwaltungsverfahrens vorausgeht, zu dem die Unfallfolgen als Sachverhalt gehören. Bezüglich des Beckenschiefstandes ist dies hier nämlich auszuschließen, da aus dem ersten Rentengutachten, das dieser Entscheidung zu Grunde liegt, ein Beckenschiefstand überhaupt nicht (unmittelbar) hervorgeht. Allein dem Umstand, dass ein Beckenschiefstand dann auch nicht in die Bemessung der Minderung der Erwerbsfähigkeit eingeflossen ist, kann aber nicht eine Ablehnung der Anerkennung einer solchen Unfallfolge entnommen werden, wenn die Frage des Beckenschiefstandes im Verwaltungsverfahren nie aufgeworfen worden ist. Auch in dem Bescheid vom 28. März 1966 ist keine Feststellung des Beckenschiefstandes als Unfallfolge getroffen. Trotz der Bezeichnung als Änderungsbescheid handelt es sich sachlich um einen Aufhebungsbescheid, der die vorangegangene Absenkung der Feststellung des Wertes des Rechts auf Unfallrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit um 25 v. H. rückwirkend wieder beseitigt. Auch durch die Bezugnahme auf das Gutachten vom 15. Februar 1966 folgt keine Feststellung. Denn dessen erheblicher Ergebnissatz lautet, eine Besserung lasse sich nicht nachweisen. Inwieweit dafür der in dem Gutachten behandelte Beckenschiefstand eine Rolle gespielt hat, ist schon dem Gutachten nicht zu entnehmen, obwohl die Gutachter hier anscheinend von einer Unfallfolge ausgehen. Ein Einfluss auf die Einschätzung der Minderung der Erwerbsfähigkeit ist aber jedenfalls nicht feststellbar, da keinerlei mit dem Beckenschiefstand einhergehende Funktionsstörungen vermerkt sind. Nur darum geht es aber bei dem Bescheid vom 28. März 1966. Ebenso wenig enthält der Bescheid vom 20. Dezember 1976 eine Feststellung; die nachfolgenden Beschwerdeentscheidungen erschöpfen sich ohnedies in der Zurückweisung der Rechtsbehelfe. Zwar wird im Bescheid vom 20. Dezember 1976 ausdrücklich festgestellt, seit September 1975 geklagte Beschwerden mit Arbeitsunfähigkeit seien nicht Unfallfolge. Dabei handelt es sich aber um eine punktuelle Ablehnung, der keine in Bestandskraft erwachsende Dauerwirkung zukommt. Die ausweislich des – im Bescheid in Bezug genommenen – Gutachtens vom 17. August 1976 geklagten Beschwerden in Form von Schwindelerscheinungen und Kreuzschmerzen sind keine notwendig andauernden Erkrankungen, deren Ablehnung eine spätere Anerkennung ähnlicher Beschwerden als Unfallfolge ausschließen könnte. Die damaligen Gutachter haben diese Krankheitserscheinungen auch nicht in alleinigem Zusammenhang mit der andauernden Beckenschiefstellung abgelehnt, sondern auf die Ausprägung der Abbauveränderungen im Bereich der gesamten Wirbelsäule verwiesen. Die jetzt als Unfallfolgen geltend gemachten Krankheitsbilder gehen nicht auf den Arbeitsunfall vom 14. Januar 1964 (Versicherungsfall nach § 7 Abs. 1 SGB VII) zurück. Dies folgt aus den Gutachten von Prof. Dr. H. und von Prof. Dr. M. und Dr. K. (1976). Aus beiden Gutachten geht übereinstimmend hervor, dass die Höherstellung des Beckens rechts nicht Folge der Unfallverletzungen, sondern eine davon unabhängige Haltungsangewohnheit des Klägers darstellt. Auch die Einschätzung von Prof. Dr. H. ist insoweit eindeutig. Aus der Mitteilung in dem Gliederungspunkt "Vorgeschichte", der Beckenschiefstand resultiere aus der Überkorrektur der Beinverkürzung, lässt sich nicht die Schlussfolgerung ziehen, hier sei bereits die maßgebliche Beweisfrage in anderem Sinne als bei der ausführlichen Erörterung des Ergebnisses beantwortet. Dort nämlich erörtert der Gutachter in Auswertung der vorgefundenen Befunde, für die Haltungsangewohnheit finde sich keine morphologische – aus den Zusammenhängen von Körperfunktionen abzuleitende – Ursache. Einigkeit besteht zwischen den Gutachtern und auch Dr. W. und Doz. Dr. habil. M. in ihrem Gutachten aus dem Jahr 1966, dass der Beckenschiefstand nicht physiologisch zu erklären ist, sondern haltungsbedingt ist. Grundsätzlich liegen beim Kläger in etwa gleich lange Beine vor, wie die verschiedenen Gutachter mit Ausnahme derer des ersten Rentengutachtens unter Angabe der Maße ausführen. Die vergleichsweise geringe Spitzfußstellung führt insoweit nicht zu einer wesentlichen Verlängerung, wie der Ausgleich durch eine Absatzerhöhung um einen halben Zentimeter zeigt. Eine durchgehend gleich hohe Fußbetterhöhung von drei Zentimetern kann diesem Ausgleich nicht dienen, weil sie nicht die dazu allein erforderliche Anhebung der Ferse bewirkt. Dass der Höhenausgleich nicht dem Ausgleich der Spitzfußstellung dient, zeigt auch die Einschätzung im Gutachten von 1966, im Rahmen einer Kur solle die Beckenschiefstellung mit nachfolgendem Wegfall des Ausgleichs im rechten Schuh wieder beseitigt werden. Im Hinblick auf die Spitzfußstellung wäre dies nicht möglich gewesen, weil die Gutachter das Sprunggelenk als in dieser Stellung praktisch versteift beschreiben. Gleichwohl nimmt der Kläger eine Haltung ein, wie sie nur im Falle einer deutlichen Verkürzung des rechten Beines körpergerecht wäre. So knickt er im Geradestand das linke Knie ein und streckt dieses erst bei Vornahme einer Ausgleichserhöhung des rechten Beines. Im Gangbild zeigt der Kläger schon nach dem Gutachten von 1966 ein Hinken rechts "nach Art des Verkürzungshinkens", obwohl eine solche Verkürzung nicht vorliegt. Dabei handelt es sich nach den übereinstimmenden und im Hinblick auf die geschilderten Längenverhältnisse nachvollziehbaren Einschätzungen der Gutachter um eine Angewohnheit. Die geschilderte Angewohnheit des Klägers ist nicht unfallbedingt. Den Gutachtern Dr. W. und Doz. Dr. habil. M. in ihrem Gutachten von 1966 ist nicht zu folgen, soweit sie ausführen, die besondere Haltung des Klägers sei zwar gewohnheitsmäßig fixiert, aber betonen, dies sei nicht psychogen. Soweit darin die Andeutung liegen sollte, der Kläger sei zu seinem Verhalten durch einen Überausgleich der Unfallfolgen mit der verordneten Fußbetterhöhung um drei Zentimeter veranlasst worden, passt dies nicht zu den übrigen Umständen. Denn das Gericht ist mit den übrigen Gutachtern überzeugt, dass die Haltungsangewohnheit schon vor der Fußbetterhöhung bestanden hat. Nach den Angaben im Gutachten von 1966 war der Verkürzungsausgleich seit Juli 1965 verordnet. Schon im ersten Rentengutachten vom 15. Juni 1965 ist aber die Beinverkürzung von drei Zentimetern vermerkt, die tatsächlich nicht besteht. Das Gericht geht nicht davon aus, dass dieses Ergebnis durch eine falsche Messung zu Stande gekommen ist, sondern davon, dass der falsche Eindruck bereits damals durch die Haltungsangewohnheit entstanden ist, die z. B. durch das Einknicken des linken Knies, eine Beinverkürzung nahelegt, wenn der Beckengeradestand nicht kontrolliert wird. Eine solche Kontrolle ist jedenfalls den Befunden nicht zu entnehmen. Weiterhin ist nicht ersichtlich, welche Bedeutung der Ausstattung des bei der Erstbehandlung angelegten Gipses mit einem Laufklotz von vier Zentimetern Höhe für die beschriebene Angewohnheit zukommen kann. Es ist schon nicht zu belegen, dass nicht auch diese Maßnahme eine Reaktion auf eine vorbestehende Haltungsanomalie des Klägers darstellt. Jedenfalls war Grundlage der Gipsbehandlung eine verzögerten Heilung des Bruches, wie aus dem Gutachten von 1966 hervorgeht. Dies schließt eine volle Belastung des Beines mit der Möglichkeit der Fixierung auf ein neues Gangbild aus. Dementsprechend ist in dem Gutachten auch weiter ausgeführt, der Kläger habe "danach" erst langsam wieder laufen gelernt. Dies betrifft einen Zeitraum, in dem der Kläger nach fünfwöchiger Behandlung mit einem Streckverband und neunmonatiger Gipsbehandlung bis zur Versorgung mit dem Fußbettausgleich über ein halbes Jahr ohne wesentliche – d.h. abgesehen von der Spitzfußstellung – Beeinflussung der Beckenhaltung, zunächst unter Verwendung von zwei Gehstöcken, wieder laufen lernen konnte. Die Rückenbeschwerden lassen sich ebenfalls nicht mit Wahrscheinlichkeit auf den Unfall zurückführen. Soweit sie auf die Seitverbiegung der Wirbelsäule zurückgehen sollten, die ihrerseits mit dem Beckenschiefstand in Verbindung steht, liegt eine mittelbare Entstehung durch den Unfall nicht vor, da auch der Beckenschiefstand nicht unfallbedingt ist. Im Übrigen ist ein Zusammenhang mit dem Unfall nicht zu erkennen, wie Prof. Dr. H. überzeugend ausführt. Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG. Gründe für die Zulassung der Revision im Sinne von § 160 Abs. 2 Nr. 1, 2 SGG liegen nicht vor.
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