Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
SG Magdeburg (SAN)
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
12
1. Instanz
SG Magdeburg (SAN)
Aktenzeichen
S 12 R 246/06
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Klage wird abgewiesen. Die Beteiligten haben einander keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Feststellung seines Direktstudiums an der PH "Karl Marx" beim ZK der SED als Beitragszeit im Rahmen seiner Rentenberechnung.
Der 1938 geborene Kläger absolvierte nach dem Schulbesuch von 1956 bis 1958 eine Lehre zum Maurer. Anschließend gehörte er der Nationalen Volksarmee an und begann am 15. August 1960 ein Studium an der Ingenieurschule für Bauwesen in L., Fachrichtung Hochbau, dass er nach Unterbrechung vom 16. September 1961 bis 10. März 1962 am 21. Juli 1967 unter Verleihung des Ingenieurstitels abschloss. Die bereits während des Studiums begonnene Beschäftigung beim VEB S. M. führte der Kläger bis zum 8. September 1973 fort. Vom 9. September 1973 bis zum 30. Juni 1976 war er ausweislich des Ausweises für Arbeit und Sozialversicherung Student an der PH "Karl Marx" beim ZK der SED und Mitglied der pauschalen Studentenversicherung. Ihm wurde am 1. Juli 1976 der akademische Grad des Diplomgesellschaftswissenschaftlers verliehen. Nach Abschluss des Studiums war er als Leiter des VEB S. M. tätig. Vom 1. März 1973 bis zum 30. Juni 1990 war der Kläger Mitglied der freiwilligen Zusatzrentenversicherung bei der Sozialversicherung (FZR).
Dem Kläger wurde mit Rentenbescheid vom 9. November 1998 zum 1. Januar 1999 eine Altersrente wegen Arbeitslosigkeit bewilligt. Die Beklagte berücksichtigte die Zeit vom 9. September 1973 bis zum 30. November 1973 als Anrechnungszeit. Die darüber hinausgehende Zeit erkannte sie aufgrund der Überschreitung der Höchstdauer von 84 Kalendermonaten berücksichtigungsfähiger Ausbildungszeiten nicht an. Am 23. Juni 2005 beantragte der Kläger die Neuberechnung seiner Rente. Die Beklagte überprüfte die Rentenberechung im Hinblick auf die Neuregelungen des 2. Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetzes (2. AAÜG-ÄndG), kam aber zum Ergebnis, dass die Neuregelungen keine Auswirkungen für den Kläger hätten. Mit Bescheid vom 14. Dezember 2005 lehnte die Beklagte die beantrage Neufeststellung ab. Hiergegen legte der Kläger Widerspruch ein und begehrte unter Vorlage von Berechnungslisten, Mitgliedsbeitragszahlungen und Arbeitsverträgen die Neufeststellung für die Jahre 1973 bis 1976. Ferner seien auch die Jahre 1991, 1992 und 1994 im Rentenbescheid vom 9. November 1998 unrichtig dargestellt. Das Bruttoeinkommen sei zu gering bewertet worden.
Mit Widerspruchsbescheid vom 27. März 2006 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück. Die Zeit vom 9. September 1973 bis zum 30. Juni 1976 könne nicht als Beitragszeit berücksichtigt werden. Während dieser Zeit habe eine pauschale Studentenversicherung bestanden und der Kläger sei ohne Fortzahlung von Entgelt oder Bezügen beurlaubt gewesen. Hinsichtlich der Berücksichtigung höherer Entgelte für die Jahre 1991, 1992 und 1994 sei auf den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts M. vom 30. April 2002, Az.: S ... zu verweisen.
Hiergegen hat der Kläger am ... 2006 Klage vor dem Sozialgericht M. erhoben. Er begehrt weiterhin die Anerkennung seines Direktstudiums an der PH "Karl Marx" vom 9. September 1973 bis zum 30. Juni 1976 als Beitragszeit. Im Jahr 1973, so trägt er vor, habe er ein Jahresbruttoeinkommen von 13.409,50 Mark, in den Jahren 1974 und 1975 jeweils von 9.840,00 Mark und im Jahr 1976 von 12.697,00 Mark erzielt. Nach Artikel 2 – § 24 Renten-Überleitungsgesetz (RÜG) sei das Direktstudium als Beitragszeit anzuerkennen.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
die Beklagte unter Abänderung des Rentenbescheides vom 9. November 1998 in Gestalt des Bescheides vom 14. Dezember 2005 und in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. März 2006 zu verurteilen, das Direktstudium des Klägers vom 9. September 1973 bis zum 30. Juni 1976 an der PH "Karl Marx" vollständig als Beitragszeit im Rahmen der Rentenberechnung festzustellen und eine höhere Altersrente zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hält an der von ihr im Verwaltungsverfahren vertretenen Rechtsauffassung fest.
Das Gericht hat am 8. Mai 2009 einen Termin zur Erörterung des Sachverhaltes durchgeführt.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes nimmt die Kammer ergänzend Bezug auf die Gerichts- und Verwaltungsakten sowie das Sitzungsprotokoll vom 8. Mai 2009, die bei der Entscheidung vorgelegen haben.
Entscheidungsgründe:
Gemäß § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) konnte das Gericht ohne mündliche Verhandlung entscheiden, da die Beteiligten sich hiermit einverstanden erklärt haben.
Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Rentenbescheid vom 9. November 1998 in Gestalt des Bescheides vom 14. Dezember 2005 und des Widerspruchsbescheides vom 27. März 2006 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Die Ablehnung der Feststellung des Direktstudiums des Klägers vom 9. September 1973 bis zum 30. Juni 1976 an der PH "Karl Marx" als Beitragszeit im Rahmen der Rentenberechnung ist rechtmäßig (§ 54 Abs. 2 Satz 1 SGG).
Der Kläger hat keinen Anspruch auf Anerkennung des Direktstudiums als Beitragszeit im Sinne von § 54 Abs. 1 Nr. 1 i. V. m. § 55 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch – Gesetzliche Rentenversicherung (SGB VI). Danach sind Beitragszeiten Zeiten, für die nach Bundesrecht Pflichtbeiträge oder freiwillige Beiträge gezahlt worden sind bzw. für die Pflichtbeiträge nach besonderen Vorschriften als gezahlt gelten. Der Kläger hat während des Direktstudiums weder Pflichtbeiträge noch freiwillige Beiträge nach Bundesrecht gezahlt. Es bestehen auch keine Vorschriften nach denen Pflichtbeiträge als gezahlt gelten.
Auch eine Anrechnung als gleichgestellte Beitragszeit nach § 248 Abs. 3 Satz 1 SGB VI scheidet aus. Nach dieser Vorschrift stehen den Beitragszeiten nach Bundesrecht Zeiten nach dem 8. Mai 1945 gleich, für die Beiträge zu einem System der gesetzlichen Rentenversicherung nach vor dem Inkrafttreten von Bundesrecht geltenden Rechtsvorschriften gezahlt worden sind. Zwar war der Kläger während des Direktstudiums an der PH "Karl Marx" nach den Regelungen in der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik (DDR) als Student beitragspflichtig zur Sozialversicherung. Aus den Eintragungen im Ausweis für Arbeit und Sozialversicherung des Klägers ergibt sich insoweit auch, dass während des Direktstudiums Beiträge zur Sozialversicherung gezahlt worden sind. Die Pflichtbeitragszeit in der Studentenversicherung der ehemaligen DDR begründet jedoch keine Beitragszeit im Sinne des § 248 Abs. 3 SGB VI (vgl. Landessozialgericht B.-B. vom 22. Juni 2006, Az.: L 21 RA 65/04). Nach § 248 Abs. 3 Satz 2 SGB VI ist eine Gleichstellung einer Zeit der Hochschulausbildung mit geleisteten Beiträgen mit Beitragszeiten nach Bundesrecht ausgeschlossen.
In der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (Urteil vom 25. März 1997, Az.: 4 RA 48/96) wird unter Hochschulausbildung im Sinne dieser Vorschrift jeder (in der ehemaligen DDR als beitragspflichtige Versicherungszeit anerkannte) Erwerbstatbestand im Bereich einer Hochschule der ehemaligen DDR verstanden, soweit er dadurch geprägt ist, dass es sich um Ausbildung an der Hochschule für einen Beruf gehandelt hat. Damit soll, so das Bundessozialgericht, mit der Einführung eines einheitlichen Rentenrechts in Deutschland eine ungerechtfertigte Benachteiligung der Beitragszahler gegenüber den Rentenbeziehern verhindert werden. Es muss ausgeschlossen werden, dass eine im fremden System als Versicherungspflichttatbestand anerkannte Hochschulausbildung zu Gunsten eines Teils der heutigen Rentner Bewertungsvorteile bringt, die dem größten Teil der Rentner und gerade den heute belasteten Beitragszahlern von vornherein nicht zuwachsen können. Grund hierfür ist, dass das SGB VI wie zuvor das Angestelltenversicherungsgesetz (AVG) und die Reichsversicherungsordnung (RVO) Zeiten einer erstmaligen oder berufsqualifizierenden Ausbildung, die außerhalb eines entgeltlichen Beschäftigungsverhältnisses oder eines betrieblichen Ausbildungsverhältnisses zurückgelegt worden sind, nicht als Beitragszeiten (und nur teilweise und unter einschränkenden Voraussetzungen als Anrechnungszeiten) anerkennt. Mit einer Hochschulausbildung können daher keine Beitragszeiten erworben werden.
Eine Anrechnung als Beitragszeit kommt nur dann in Betracht, wenn die Ausbildung in ein entgeltliches Beschäftigungsverhältnis integriert war oder wenn neben der Ausbildung eine entgeltliche Beschäftigung ausgeübt oder ein anderer eine Beitragszeit begründender Tatbestand erfüllt war. Der Kläger hat in dem hier umstrittenen Zeitraum jedoch ausschließlich eine Hochschulausbildung im Sinne von § 248 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 SGB VI absolviert und nicht zugleich in einem beitragspflichtigen Beschäftigungsverhältnis oder in einem betrieblichen Ausbildungsverhältnis gestanden. Ein entgeltliches Beschäftigungsverhältnis oder eine entgeltliche Beschäftigung folgt für den streitigen Zeitraum weder aus den Eintragungen im Ausweis für Arbeit und Sozialversicherung des Klägers noch aus den handschriftlichen Berechnungslisten, die der Kläger vorgelegt hat. Für diesen Zeitraum hat der Kläger nur eine Beitragszahlung im Rahmen der pauschalen Studentenversicherung nachgewiesen. Im Ausweis für Arbeit und Sozialversicherung des Klägers ist in der Spalte "Genaue Bezeichnung der Tätigkeit" Student und in der Spalte "Stempel und Unterschrift des Betriebes, bei Selbständigen der Abteilung der Finanzen" PH "Karl Marx" beim ZK der SED eingetragen.
Es ist demnach bereits keine andere Tätigkeit als die eines Studenten in einer Hochschule eingetragen, so dass damit auch keine andere beitragspflichtige Tätigkeit, für die ein beitragspflichtiger Bruttoverdienst oder ein beitragspflichtiger Gesamtverdienst eingetragen worden wäre, nachgewiesen ist. Vielmehr ist in der entsprechenden Spalte des Ausweises für Arbeit und Sozialversicherung der Vermerk pauschale Studentenversicherung eingetragen. Dieser Sozialversicherungsbeitrag wurde als Pauschale von der Verwaltung der Lehranstalt abgeführt (§ 5 Verordnung über die Pflichtversicherung der Studenten und Aspiranten bei der Sozialversicherung der Arbeiter und Angestellten vom 15. März 1962, GBl. der DDR Teil II S. 126 f. [VO 1962]). Voraussetzung für die pauschale Studentenversicherung in der ehemaligen DDR war aber gerade, dass keine Pflichtversicherung nach anderen Bestimmungen der Sozialversicherung der DDR bestand (§ 1 Abs. 2 VO 1962). Der Kläger hat in Übereinstimmung mit den Eintragungen im Ausweis für Arbeit und Sozialversicherung nicht behauptet, dass er aufgrund eines Arbeitsverhältnisses in den streitigen Zeiträumen Beiträge zur Sozialversicherung geleistet hat. Da für den Kläger von der Lehranstalt Beiträge zur pauschalen Studentenversicherung entrichtet worden sind, ist die Annahme eines gleichzeitig erzielten beitragspflichtigen Arbeitsentgeltes ausgeschlossen. In diesem Fall wäre der Kläger nach § 1 Abs. 2 VO 1962 nicht zur Mitgliedschaft in der pauschalen Studentenversicherung berechtigt gewesen. Dem steht nicht entgegen, dass der Kläger eine Liste mit seinem Jahresbruttoeinkommen für den streitbefangenen Zeitraum vorgelegt hat. Die Tatsache, dass er während seines Direktstudiums Einnahmen erzielt hat, belegt nicht die Verpflichtung, entsprechende Beiträge zur Sozialversicherung zu entrichten. Die Beitragspflicht der Studenten zur Sozialversicherung war unabhängig von der Höhe der entsprechenden Bezüge. Im Gegenteil ist dies durch die bestehende pauschale Studentenversicherung gerade widerlegt. Ebenso wenig lassen die in den FDGB-Beitragsbüchern bescheinigten Beiträge Rückschlüsse darauf zu, ob die in den Beiträgen zu Grunde liegenden Bezüge auch beitragspflichtig in der gesetzlichen Rentenversicherung der ehemaligen DDR waren.
Der Kläger hat gleichzustellende Beitragszeiten für den Zeitraum seines Direktstudiums auch nicht glaubhaft gemacht. Nach § 286b SGB VI sind Beitragszeiten anzuerkennen, wenn der Versicherte glaubhaft macht, dass er im Beitrittsgebiet in der Zeit vom 9. Mai 1945 bis 31. Dezember 1991 ein beitragspflichtiges Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen erzielt hat und von diesem entsprechende Beiträge gezahlt worden sind. Dabei sind die Erzielung eines beitragspflichtigen Arbeitsentgeltes bzw. Einkommens und die Zahlung der dem Einkommen entsprechenden Beiträge glaubhaft zu machen. Der Kläger hat schon nicht glaubhaft gemacht, dass er in dem streitbefangenen Zeitraum ein beitragspflichtiges Arbeitsentgelt erhalten hat. Als Student war er pauschal in der Sozialversicherung in der ehemaligen DDR pflichtversichert. Hochschulausbildungszeiten sind – wie bereits oben ausgeführt – nach § 248 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 SGB VI von der Gleichstellung als Beitragszeiten ausgeschlossen, so dass auch eine Berücksichtigung als glaubhaft gemachte Zeit ausscheidet.
Der Kläger kann sich auch nicht auf die Vermutungsregelung des § 286c SGB VI berufen. Nach dieser Vorschrift wird vermutet, dass wenn in den Versicherungsunterlagen des Beitrittsgebietes für Zeiten vor dem 1. Januar 1992 Arbeitszeiten oder Zeiten der selbständigen Tätigkeit ordnungsgemäß bescheinigt sind, während dieser Zeiten die Versicherungspflicht bestanden hat und für das angegebene Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen die Beiträge gezahlt worden sind. Im Ausweis für Arbeit und Sozialversicherung des Klägers ist jedoch gerade kein beziffertes Einkommen, sondern lediglich "pauschale Studentenversicherung" und als Tätigkeitsbeschreibung "Student" bescheinigt. Die Vermutung des § 286c SGB VI kann aber nur dann gelten, wenn neben den im Versicherungsausweis eingetragenen Arbeitszeiten auch ein Arbeitsentgelt angegeben wurde.
Der Auffassung des Klägers, nach Artikel 2 – § 24 Abs. 2 Nr. 3 RÜG bestehe ein Anspruch auf Anerkennung des Direktstudiums als Beitragszeit, folgt die Kammer nicht. Nach dieser Vorschrift gelten als Beitragszeiten zur FZR auch Zeiten, in denen Versicherte vom Beitritt zur FZR an, längstens bis zum 30. Juni 1990 ein Direktstudium absolviert haben, soweit die Zugehörigkeit zur FZR nicht durch Austritt beendet worden ist. Abgesehen davon, dass die Vorschrift lediglich regelt unter welchen Voraussetzungen Beitragszeiten im Rahmen der FZR anerkannt werden, finden die Vorschriften des Artikel 2 RÜG nach dessen § 1 nur auf Renten Anwendung, die in der Zeit vom 1. Januar 1992 bis zum 31. Dezember 1996 begonnen haben. Die Rente des Klägers begann zum 1. Januar 1999, so dass der Anwendungsbereich des Artikel 2 RÜG nicht eröffnet ist.
Nach alledem war die Klage abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Die Zulässigkeit der Berufung ergibt sich aus § 143 SGG.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Feststellung seines Direktstudiums an der PH "Karl Marx" beim ZK der SED als Beitragszeit im Rahmen seiner Rentenberechnung.
Der 1938 geborene Kläger absolvierte nach dem Schulbesuch von 1956 bis 1958 eine Lehre zum Maurer. Anschließend gehörte er der Nationalen Volksarmee an und begann am 15. August 1960 ein Studium an der Ingenieurschule für Bauwesen in L., Fachrichtung Hochbau, dass er nach Unterbrechung vom 16. September 1961 bis 10. März 1962 am 21. Juli 1967 unter Verleihung des Ingenieurstitels abschloss. Die bereits während des Studiums begonnene Beschäftigung beim VEB S. M. führte der Kläger bis zum 8. September 1973 fort. Vom 9. September 1973 bis zum 30. Juni 1976 war er ausweislich des Ausweises für Arbeit und Sozialversicherung Student an der PH "Karl Marx" beim ZK der SED und Mitglied der pauschalen Studentenversicherung. Ihm wurde am 1. Juli 1976 der akademische Grad des Diplomgesellschaftswissenschaftlers verliehen. Nach Abschluss des Studiums war er als Leiter des VEB S. M. tätig. Vom 1. März 1973 bis zum 30. Juni 1990 war der Kläger Mitglied der freiwilligen Zusatzrentenversicherung bei der Sozialversicherung (FZR).
Dem Kläger wurde mit Rentenbescheid vom 9. November 1998 zum 1. Januar 1999 eine Altersrente wegen Arbeitslosigkeit bewilligt. Die Beklagte berücksichtigte die Zeit vom 9. September 1973 bis zum 30. November 1973 als Anrechnungszeit. Die darüber hinausgehende Zeit erkannte sie aufgrund der Überschreitung der Höchstdauer von 84 Kalendermonaten berücksichtigungsfähiger Ausbildungszeiten nicht an. Am 23. Juni 2005 beantragte der Kläger die Neuberechnung seiner Rente. Die Beklagte überprüfte die Rentenberechung im Hinblick auf die Neuregelungen des 2. Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetzes (2. AAÜG-ÄndG), kam aber zum Ergebnis, dass die Neuregelungen keine Auswirkungen für den Kläger hätten. Mit Bescheid vom 14. Dezember 2005 lehnte die Beklagte die beantrage Neufeststellung ab. Hiergegen legte der Kläger Widerspruch ein und begehrte unter Vorlage von Berechnungslisten, Mitgliedsbeitragszahlungen und Arbeitsverträgen die Neufeststellung für die Jahre 1973 bis 1976. Ferner seien auch die Jahre 1991, 1992 und 1994 im Rentenbescheid vom 9. November 1998 unrichtig dargestellt. Das Bruttoeinkommen sei zu gering bewertet worden.
Mit Widerspruchsbescheid vom 27. März 2006 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück. Die Zeit vom 9. September 1973 bis zum 30. Juni 1976 könne nicht als Beitragszeit berücksichtigt werden. Während dieser Zeit habe eine pauschale Studentenversicherung bestanden und der Kläger sei ohne Fortzahlung von Entgelt oder Bezügen beurlaubt gewesen. Hinsichtlich der Berücksichtigung höherer Entgelte für die Jahre 1991, 1992 und 1994 sei auf den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts M. vom 30. April 2002, Az.: S ... zu verweisen.
Hiergegen hat der Kläger am ... 2006 Klage vor dem Sozialgericht M. erhoben. Er begehrt weiterhin die Anerkennung seines Direktstudiums an der PH "Karl Marx" vom 9. September 1973 bis zum 30. Juni 1976 als Beitragszeit. Im Jahr 1973, so trägt er vor, habe er ein Jahresbruttoeinkommen von 13.409,50 Mark, in den Jahren 1974 und 1975 jeweils von 9.840,00 Mark und im Jahr 1976 von 12.697,00 Mark erzielt. Nach Artikel 2 – § 24 Renten-Überleitungsgesetz (RÜG) sei das Direktstudium als Beitragszeit anzuerkennen.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
die Beklagte unter Abänderung des Rentenbescheides vom 9. November 1998 in Gestalt des Bescheides vom 14. Dezember 2005 und in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. März 2006 zu verurteilen, das Direktstudium des Klägers vom 9. September 1973 bis zum 30. Juni 1976 an der PH "Karl Marx" vollständig als Beitragszeit im Rahmen der Rentenberechnung festzustellen und eine höhere Altersrente zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hält an der von ihr im Verwaltungsverfahren vertretenen Rechtsauffassung fest.
Das Gericht hat am 8. Mai 2009 einen Termin zur Erörterung des Sachverhaltes durchgeführt.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes nimmt die Kammer ergänzend Bezug auf die Gerichts- und Verwaltungsakten sowie das Sitzungsprotokoll vom 8. Mai 2009, die bei der Entscheidung vorgelegen haben.
Entscheidungsgründe:
Gemäß § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) konnte das Gericht ohne mündliche Verhandlung entscheiden, da die Beteiligten sich hiermit einverstanden erklärt haben.
Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Rentenbescheid vom 9. November 1998 in Gestalt des Bescheides vom 14. Dezember 2005 und des Widerspruchsbescheides vom 27. März 2006 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Die Ablehnung der Feststellung des Direktstudiums des Klägers vom 9. September 1973 bis zum 30. Juni 1976 an der PH "Karl Marx" als Beitragszeit im Rahmen der Rentenberechnung ist rechtmäßig (§ 54 Abs. 2 Satz 1 SGG).
Der Kläger hat keinen Anspruch auf Anerkennung des Direktstudiums als Beitragszeit im Sinne von § 54 Abs. 1 Nr. 1 i. V. m. § 55 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch – Gesetzliche Rentenversicherung (SGB VI). Danach sind Beitragszeiten Zeiten, für die nach Bundesrecht Pflichtbeiträge oder freiwillige Beiträge gezahlt worden sind bzw. für die Pflichtbeiträge nach besonderen Vorschriften als gezahlt gelten. Der Kläger hat während des Direktstudiums weder Pflichtbeiträge noch freiwillige Beiträge nach Bundesrecht gezahlt. Es bestehen auch keine Vorschriften nach denen Pflichtbeiträge als gezahlt gelten.
Auch eine Anrechnung als gleichgestellte Beitragszeit nach § 248 Abs. 3 Satz 1 SGB VI scheidet aus. Nach dieser Vorschrift stehen den Beitragszeiten nach Bundesrecht Zeiten nach dem 8. Mai 1945 gleich, für die Beiträge zu einem System der gesetzlichen Rentenversicherung nach vor dem Inkrafttreten von Bundesrecht geltenden Rechtsvorschriften gezahlt worden sind. Zwar war der Kläger während des Direktstudiums an der PH "Karl Marx" nach den Regelungen in der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik (DDR) als Student beitragspflichtig zur Sozialversicherung. Aus den Eintragungen im Ausweis für Arbeit und Sozialversicherung des Klägers ergibt sich insoweit auch, dass während des Direktstudiums Beiträge zur Sozialversicherung gezahlt worden sind. Die Pflichtbeitragszeit in der Studentenversicherung der ehemaligen DDR begründet jedoch keine Beitragszeit im Sinne des § 248 Abs. 3 SGB VI (vgl. Landessozialgericht B.-B. vom 22. Juni 2006, Az.: L 21 RA 65/04). Nach § 248 Abs. 3 Satz 2 SGB VI ist eine Gleichstellung einer Zeit der Hochschulausbildung mit geleisteten Beiträgen mit Beitragszeiten nach Bundesrecht ausgeschlossen.
In der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (Urteil vom 25. März 1997, Az.: 4 RA 48/96) wird unter Hochschulausbildung im Sinne dieser Vorschrift jeder (in der ehemaligen DDR als beitragspflichtige Versicherungszeit anerkannte) Erwerbstatbestand im Bereich einer Hochschule der ehemaligen DDR verstanden, soweit er dadurch geprägt ist, dass es sich um Ausbildung an der Hochschule für einen Beruf gehandelt hat. Damit soll, so das Bundessozialgericht, mit der Einführung eines einheitlichen Rentenrechts in Deutschland eine ungerechtfertigte Benachteiligung der Beitragszahler gegenüber den Rentenbeziehern verhindert werden. Es muss ausgeschlossen werden, dass eine im fremden System als Versicherungspflichttatbestand anerkannte Hochschulausbildung zu Gunsten eines Teils der heutigen Rentner Bewertungsvorteile bringt, die dem größten Teil der Rentner und gerade den heute belasteten Beitragszahlern von vornherein nicht zuwachsen können. Grund hierfür ist, dass das SGB VI wie zuvor das Angestelltenversicherungsgesetz (AVG) und die Reichsversicherungsordnung (RVO) Zeiten einer erstmaligen oder berufsqualifizierenden Ausbildung, die außerhalb eines entgeltlichen Beschäftigungsverhältnisses oder eines betrieblichen Ausbildungsverhältnisses zurückgelegt worden sind, nicht als Beitragszeiten (und nur teilweise und unter einschränkenden Voraussetzungen als Anrechnungszeiten) anerkennt. Mit einer Hochschulausbildung können daher keine Beitragszeiten erworben werden.
Eine Anrechnung als Beitragszeit kommt nur dann in Betracht, wenn die Ausbildung in ein entgeltliches Beschäftigungsverhältnis integriert war oder wenn neben der Ausbildung eine entgeltliche Beschäftigung ausgeübt oder ein anderer eine Beitragszeit begründender Tatbestand erfüllt war. Der Kläger hat in dem hier umstrittenen Zeitraum jedoch ausschließlich eine Hochschulausbildung im Sinne von § 248 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 SGB VI absolviert und nicht zugleich in einem beitragspflichtigen Beschäftigungsverhältnis oder in einem betrieblichen Ausbildungsverhältnis gestanden. Ein entgeltliches Beschäftigungsverhältnis oder eine entgeltliche Beschäftigung folgt für den streitigen Zeitraum weder aus den Eintragungen im Ausweis für Arbeit und Sozialversicherung des Klägers noch aus den handschriftlichen Berechnungslisten, die der Kläger vorgelegt hat. Für diesen Zeitraum hat der Kläger nur eine Beitragszahlung im Rahmen der pauschalen Studentenversicherung nachgewiesen. Im Ausweis für Arbeit und Sozialversicherung des Klägers ist in der Spalte "Genaue Bezeichnung der Tätigkeit" Student und in der Spalte "Stempel und Unterschrift des Betriebes, bei Selbständigen der Abteilung der Finanzen" PH "Karl Marx" beim ZK der SED eingetragen.
Es ist demnach bereits keine andere Tätigkeit als die eines Studenten in einer Hochschule eingetragen, so dass damit auch keine andere beitragspflichtige Tätigkeit, für die ein beitragspflichtiger Bruttoverdienst oder ein beitragspflichtiger Gesamtverdienst eingetragen worden wäre, nachgewiesen ist. Vielmehr ist in der entsprechenden Spalte des Ausweises für Arbeit und Sozialversicherung der Vermerk pauschale Studentenversicherung eingetragen. Dieser Sozialversicherungsbeitrag wurde als Pauschale von der Verwaltung der Lehranstalt abgeführt (§ 5 Verordnung über die Pflichtversicherung der Studenten und Aspiranten bei der Sozialversicherung der Arbeiter und Angestellten vom 15. März 1962, GBl. der DDR Teil II S. 126 f. [VO 1962]). Voraussetzung für die pauschale Studentenversicherung in der ehemaligen DDR war aber gerade, dass keine Pflichtversicherung nach anderen Bestimmungen der Sozialversicherung der DDR bestand (§ 1 Abs. 2 VO 1962). Der Kläger hat in Übereinstimmung mit den Eintragungen im Ausweis für Arbeit und Sozialversicherung nicht behauptet, dass er aufgrund eines Arbeitsverhältnisses in den streitigen Zeiträumen Beiträge zur Sozialversicherung geleistet hat. Da für den Kläger von der Lehranstalt Beiträge zur pauschalen Studentenversicherung entrichtet worden sind, ist die Annahme eines gleichzeitig erzielten beitragspflichtigen Arbeitsentgeltes ausgeschlossen. In diesem Fall wäre der Kläger nach § 1 Abs. 2 VO 1962 nicht zur Mitgliedschaft in der pauschalen Studentenversicherung berechtigt gewesen. Dem steht nicht entgegen, dass der Kläger eine Liste mit seinem Jahresbruttoeinkommen für den streitbefangenen Zeitraum vorgelegt hat. Die Tatsache, dass er während seines Direktstudiums Einnahmen erzielt hat, belegt nicht die Verpflichtung, entsprechende Beiträge zur Sozialversicherung zu entrichten. Die Beitragspflicht der Studenten zur Sozialversicherung war unabhängig von der Höhe der entsprechenden Bezüge. Im Gegenteil ist dies durch die bestehende pauschale Studentenversicherung gerade widerlegt. Ebenso wenig lassen die in den FDGB-Beitragsbüchern bescheinigten Beiträge Rückschlüsse darauf zu, ob die in den Beiträgen zu Grunde liegenden Bezüge auch beitragspflichtig in der gesetzlichen Rentenversicherung der ehemaligen DDR waren.
Der Kläger hat gleichzustellende Beitragszeiten für den Zeitraum seines Direktstudiums auch nicht glaubhaft gemacht. Nach § 286b SGB VI sind Beitragszeiten anzuerkennen, wenn der Versicherte glaubhaft macht, dass er im Beitrittsgebiet in der Zeit vom 9. Mai 1945 bis 31. Dezember 1991 ein beitragspflichtiges Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen erzielt hat und von diesem entsprechende Beiträge gezahlt worden sind. Dabei sind die Erzielung eines beitragspflichtigen Arbeitsentgeltes bzw. Einkommens und die Zahlung der dem Einkommen entsprechenden Beiträge glaubhaft zu machen. Der Kläger hat schon nicht glaubhaft gemacht, dass er in dem streitbefangenen Zeitraum ein beitragspflichtiges Arbeitsentgelt erhalten hat. Als Student war er pauschal in der Sozialversicherung in der ehemaligen DDR pflichtversichert. Hochschulausbildungszeiten sind – wie bereits oben ausgeführt – nach § 248 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 SGB VI von der Gleichstellung als Beitragszeiten ausgeschlossen, so dass auch eine Berücksichtigung als glaubhaft gemachte Zeit ausscheidet.
Der Kläger kann sich auch nicht auf die Vermutungsregelung des § 286c SGB VI berufen. Nach dieser Vorschrift wird vermutet, dass wenn in den Versicherungsunterlagen des Beitrittsgebietes für Zeiten vor dem 1. Januar 1992 Arbeitszeiten oder Zeiten der selbständigen Tätigkeit ordnungsgemäß bescheinigt sind, während dieser Zeiten die Versicherungspflicht bestanden hat und für das angegebene Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen die Beiträge gezahlt worden sind. Im Ausweis für Arbeit und Sozialversicherung des Klägers ist jedoch gerade kein beziffertes Einkommen, sondern lediglich "pauschale Studentenversicherung" und als Tätigkeitsbeschreibung "Student" bescheinigt. Die Vermutung des § 286c SGB VI kann aber nur dann gelten, wenn neben den im Versicherungsausweis eingetragenen Arbeitszeiten auch ein Arbeitsentgelt angegeben wurde.
Der Auffassung des Klägers, nach Artikel 2 – § 24 Abs. 2 Nr. 3 RÜG bestehe ein Anspruch auf Anerkennung des Direktstudiums als Beitragszeit, folgt die Kammer nicht. Nach dieser Vorschrift gelten als Beitragszeiten zur FZR auch Zeiten, in denen Versicherte vom Beitritt zur FZR an, längstens bis zum 30. Juni 1990 ein Direktstudium absolviert haben, soweit die Zugehörigkeit zur FZR nicht durch Austritt beendet worden ist. Abgesehen davon, dass die Vorschrift lediglich regelt unter welchen Voraussetzungen Beitragszeiten im Rahmen der FZR anerkannt werden, finden die Vorschriften des Artikel 2 RÜG nach dessen § 1 nur auf Renten Anwendung, die in der Zeit vom 1. Januar 1992 bis zum 31. Dezember 1996 begonnen haben. Die Rente des Klägers begann zum 1. Januar 1999, so dass der Anwendungsbereich des Artikel 2 RÜG nicht eröffnet ist.
Nach alledem war die Klage abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Die Zulässigkeit der Berufung ergibt sich aus § 143 SGG.
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