Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Halle (Saale) (SAN)
Aktenzeichen
S 8 KN 91/04 KR
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 4 KN 93/04 KR
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Kein Zinsanspruch bei mangelnder Mitwirkung an der Sachaufklärung
Die Berufung wird zurückgewiesen. Die Klägerin hat auch die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen. Die Revision wird nicht zugelassen. Der Streitwert wird auf 1.252,20 EUR festgesetzt.
Tatbestand:
Nachdem die Beklagte die streitige Klageforderung im Berufungsverfahren anerkannt hat, streiten die Beteiligten in der Hauptsache noch über den geltend gemachten Zinsanspruch.
Die Klägerin betreibt u. a. das G.-A.-Klinikum in Z., wo der bei der Beklagten versicherte E. N. (im Folgenden: Versicherter) vom 18. Juli bis 22. August 2002 stationär behandelt wurde. In dem Kostenübernahmeantrag der Klinik an die Beklagte waren die folgenden Aufnahmediagnosen benannt: C26.0 Bösartige Neubildung sonstiger und ungenau bezeichneter Verdauungsorgane; Intestinaltrakt, Teil nicht näher bezeichnet; E11.71 Nicht primär insulinabhängiger Diabetes mellitus, mit multiplen Komplikationen, als entgleist zu bezeichnen; I11.0 Hypertensive Herzkrankheit mit (kongestiver) Herzinsuffizienz; F41.0 Neurotische, Belastungs- und somatoforme Störungen, Panikstörung (episodisch paroxysmale Angst); F32.2 Schwere depressive Episode ohne psychotische Symptome. Als voraussichtliche Dauer der stationären Behandlung war der Zeitraum bis 9. August 2002 angegeben. Der Versicherte wurde mit dem Verdacht auf ein Rektumskarzinom auf der Station für Innere Medizin aufgenommen. Mit Schreiben vom 30. Juli 2002 erteilte die Beklagte der Klägerin eine Kostenzusage in Höhe der allgemeinen Krankenhausleistungen für die von Ärzten als medizinisch notwendig angesehene Verweildauer. Die Beklagte behielt sich ausdrücklich eine zwischenzeitliche Prüfung über die weitere Notwendigkeit der stationären Behandlung vor.
Am 4. September 2002 stellte die Klägerin der Beklagten für den stationären Aufenthalt des Versicherten insgesamt 10.677,98 EUR in Rechnung. Der Rechnung war ein Entlassungsschein mit verschlüsselter Angabe der Haupt- und Nebendiagnosen beigefügt. Darauf teilte die Beklagte der Klägerin mit Schreiben vom 19. September 2002 mit, sie habe den gesamten Rechnungsbetrag unter Vorbehalt angewiesen und behalte sich die Rückforderung vor, falls sich bei einer medizinischen Überprüfung die Voraussetzungen des Vergütungsanspruches nicht bestätigen sollten. Die Abrechnung erscheine unplausibel, da sich anhand der genannten Diagnosen und Operationsschlüssel die Dauer der Krankenhausbehandlung nicht nachvollziehen lasse. Es werde um die Übersendung einer medizinischen Begründung gebeten. Sollte diese nicht bis zum 19. Oktober 2002 eingehen, werde der entsprechende Differenzbetrag von einer der nächsten Rechnungen einbehalten. Mit weiterem Schreiben vom 30. Oktober 2002 kündigte die Beklagte die Einbehaltung eines entsprechenden Differenzbetrages i. H. v. 1.252,20 EUR von einer der nächsten Rechnungen an, da die Voraussetzungen des Vergütungsanspruches nicht nachgewiesen seien. Der Behandlungsfall sei dann mit 9.425,78 EUR vergütet worden.
Die Klägerin bat die Beklagte am 11. März 2003, den noch offenen Zahlungsbetrag i. H. v. 1.252,20 EUR für die Behandlung des Versicherten zu begleichen bzw. den aktuellen Stand mitzuteilen. Mit Schreiben vom 21. Mai 2003 bat der Sozialmedizinische Dienst (SMD) die Klägerin um die Übersendung des Entlassungsberichtes mit datumsbezogenen Angaben über Therapie und Verlauf sowie des Operationsberichtetes einschließlich des histologischen Befundes. Unter Würdigung der bisherigen Angaben sei eine abschließende sozialmedizinische Beurteilung nicht möglich. Sollte bis zum 21. Juni 2003 keine Antwort zu verzeichnen sein, werde der Vorgang an die Verwaltung zurückgegeben.
Am 23. Mai 2003 hat die Klägerin beim Sozialgericht Magdeburg Zahlungsklage erhoben, mit der sie neben dem offenen Rechnungsbetrag i. H. v. 1.252,20 EUR einen Zinsanspruch von 4 Prozent geltend gemacht hat. Zur Begründung der Klage hat sie geltend gemacht, die Klinikärzte hätten die Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit des Versicherten fundiert dargelegt. Es seien keine weiteren Ermittlungen anzustellen, da die stationäre Behandlung medizinisch vertretbar gewesen sei. Aufgrund der unbefristet erteilten Kostenübernahmeerklärung treffe die Beklagte die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass die Krankenhausbehandlung medizinisch nicht vertretbar gewesen sei. Sie sei nach Treu und Glauben nunmehr mit ihren Einwendungen ausgeschlossen und ohne weitere Feststellungen antragsgemäß zu verurteilen. Zudem sei sie nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) verpflichtet, bei der Prüfung von Krankheitsverläufen eine gutachterliche Stellungnahme des SMD einzuholen. Nur der SMD sei nach vorausgegangenem Prüfauftrag durch die Krankenkasse berechtigt, Krankenunterlagen zum Zwecke der Prüfung der Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit abzufordern. Das Schreiben vom 21. Mai 2003, mit dem die Beklagte den SMD eingeschaltet habe, sei der Klägerin erst nach Klageerhebung zugegangen. Sie sei im Übrigen nicht verpflichtet, einen detaillierten Entlassungsbericht mit datumsbezogenen Angaben über Therapie und Verlauf sowie einen OP-Bericht zu erstellen. Es handele sich dabei nicht um die Übermittlung bereits erhobener, verarbeiteter oder genutzter Sozialdaten, sondern um die gesonderte Herstellung von Sozialdaten. Durch eine solche Verpflichtung könne der gesamte Krankenhausbetrieb lahm gelegt werden. Die angeforderten Daten seien außerdem bereits in der vorhandenen Krankenakte vollständig dokumentiert, in die der SMD hätte Einsicht nehmen können. Auch wegen der Missachtung des gesetzlich vorgeschriebenen Prüfverfahrens durch die Krankenkasse sei nach der Rechtsprechung des BSG von einer weiteren Sachaufklärung abzusehen und die Beklagte antragsgemäß zu verurteilen. Die Beklagte sei auch nach § 9 der Pflegesatzvereinbarung verpflichtet, die Rechnung sofort vollständig zu begleichen. Die Klägerin hat in Anlage zur Klagebegründung vom 14. September 2003 den Arztbrief vom 10. September 2002 sowie den Operationsbericht vom 5. August 2002 beigefügt.
Die Beklagte hat die mit der Klagebegründung zur Verfügung gestellten Krankenunterlagen an den SMD weitergeleitet, der in einer Stellungnahme vom 8. Oktober 2003 den langen präoperativen Aufenthalt des Patienten für nicht nachvollziehbar gehalten hat. Daraufhin hat die Beklagte zur Überprüfung des konkreten Behandlungsverlaufs um Übersendung der vollständigen Patientenakte an den SMD gebeten. Die Klägerin hat hierzu mitgeteilt, das Prüfverfahren könne nicht nachgeholt werden, die Rechnung sei wegen § 9 der Pflegesatzvereinbarung sofort auszugleichen und der Rechtsstreit solle durch Gerichtsbescheid entschieden werden.
Nach Verweisung des Rechtsstreits mit Beschluss vom 11. Mai 2004 hat das Sozialgericht Halle die Klage mit Urteil vom 7. Oktober 2004 abgewiesen und in den Entscheidungsgründen im Wesentlichen ausgeführt: Der geltend gemachte Zahlungsanspruch sei durch Erfüllung erloschen sei. Die möglicherweise zu Unrecht gekürzte Sammelrechnung sei nicht zum Gegenstand des Klageverfahrens gemacht worden. Es sei daher unerheblich, ob die Beklagte wirksam aufgerechnet habe.
Gegen das ihr am 19. Oktober 2004 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 16. November 2004 Berufung eingelegt und vorgetragen, das Sozialgericht habe der unter Vorbehalt erfolgten Zahlung des vollständigen Rechnungsbetrages durch die Beklagte zu Unrecht Erfüllungswirkung beigemessen. Nach der Rechtsprechung des BSG sei über die Notwendigkeit der Krankenhausbehandlung nur dann Beweis zu erheben, wenn die Krankenkasse ihre Einwände im Verlaufe eines gerichtlichen Verfahrens spezifiziere. Dies setze substantiierte Einwendungen seitens der Krankenkasse voraus, die einer Spezifikation zugänglich seien. Weil es daran fehle, müsse die Einschätzungsprärogative des behandelnden Krankenhausarztes Bestand haben. Nach mehrfacher Aufforderung durch den Berichterstatter des Senats hat die Klägerin die Patientenakte am 22. Juni 2009 übersandt. Anschließend wurden die Unterlagen auf Wunsch der Beklagten an den SMD übersandt, wo sie am 27. Juli 2009 eingegangen sind. Mit Stellungnahme vom 30. Juli 2009 hat der SMD mitgeteilt, die gesamte Dauer des stationären Aufenthaltes sei anzuerkennen. Die daraufhin von der Beklagten veranlasste Zahlung der Klageforderung ohne die Zinsen ist am 6. August 2009 bei der Klägerin eingegangen, die dann den Rechtsstreit insoweit für erledigt erklärt hat.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Halle vom 7. Oktober 2004 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, an sie 4 Prozent Zinsen aus 1.252,20 EUR für die Zeit vom 30.10.2002 bis 06.08.2009 zu zahlen.
Die Beklagten beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hat vorgetragen, die verspätete Zahlung des streitigen Betrages sei ausschließlich auf die fehlende Mitwirkung der Klägerin an der sozialmedizinischen Prüfung des Behandlungsfalles zurückzuführen. Die Klägerin habe trotz Anforderung keine medizinische Begründung zur Verweildauer abgegeben, obwohl die im Kostenübernahmeantrag angegebene voraussichtliche Verweildauer tatsächlich überschritten worden sei. Auch die Anforderung des Entlassungsberichtes mit datumsbezogenen Angaben über Therapie und Verlauf sowie des OP-Berichtes/histologischen Befundes durch den SMD am 21. Mai 2003 sei unbeantwortet geblieben. Bei Erfüllung der Mitwirkungspflichten hätte der streitige Betrag wäre schon 2002/2003 gezahlt werden können. Dann wäre auch die Klageerhebung im Mai 2003 vermeidbar gewesen.
Für den weiteren Sach- und Streitstand wird auf die Gerichtsakte sowie auf die Verwaltungsakte der Beklagten und die Patientenakte des Versicherten verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung und anschließenden Beratung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Klägerin ist nach §§ 143, 144 Abs. 1 S. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaft. Sie ist auch form- und fristgerecht eingelegt worden (§ 151 SGG) und damit zulässig.
Die Berufung ist jedoch unbegründet. Die Klage ist als Leistungsklage nach § 54 Abs. 5 SGG zulässig, weil es sich um einen Parteienstreit im Gleichordnungsverhältnis handelt, in dem eine Regelung durch Verwaltungsakt nicht in Betracht kommt. Ein Vorverfahren war mithin nicht durchzuführen und die Einhaltung einer Klagefrist nicht geboten (BSG, Urt. v. 17. Mai 2000 – B 3 KR 33/99 R; Urt. v. 10. April 2008 - B 3 KR 19/05 R; Urt. v. 20. November 2008 – B 3 KN 4/08 KR R; B 3 KN 1/08 KR R; Urt. v. 16. Dezember 2008 – B 1 KN 1/07 KR R; B 1 KN 2/08 KR R; B 1 KN 3/08 KR R zitiert nach juris; stRspr.). Diese Grundsätze gelten auch dann, wenn es - wie hier - um Ansprüche aus einer Sammelrechnung geht, gegen die die Krankenkasse mit einem Erstattungsanspruch aus einem früheren Behandlungsfall aufgerechnet hat.
Der jetzt noch von der Klägerin geltend gemachte Zinsanspruch steht ihr jedoch nicht zu, weil jedenfalls in der Zeit vom 30. Oktober 2002 bis 6. August 2009 einem möglichen Zinsanspruch aus der Pflegesatzvereinbarung wie auch einem Anspruch auf Prozesszinsen (vgl. hierzu BSG, Urt. v. 23. März 2006 – B 3 KR 6/05 R – SozR 4-7610 § 291 Nr. 3; anders noch BSG, Urt. v. 11. März 1987 – 8 RK 43/85 – SozR 1300 § 61 Nr. 1) die Mitwirkungspflichtverletzung der Klägerin entgegensteht.
Ein Anspruch auf Prozesszinsen konnte hier frühestens mit der Erhebung der Klage am 23. Mai 2003 entstehen. Nach § 9 der zwischen den Beteiligten geschlossenen Pflegesatzvereinbarung 2002 ist der Rechnungsbetrag spätestens am 28. Kalendertag nach Eingang der Rechnung zu überweisen. Die Fälligkeit tritt am 28. Kalendertag unter Berücksichtigung eines Post- und Banklaufweges von 7 Tagen ab Rechnungsdatum ein. Nach Mahnung können bei Überschreitung des Fälligkeitstermins Verzugszinsen in Höhe von 4 % p.a. erhoben werden. Die Rechnungen sind kontinuierlich und vollständig mit den Daten nach § 301 SGB V zu legen. Entsprechend dieser Zahlungsabrede hat die Beklagte den Rechnungsbetrag aus der Rechnung vom 4. September 2002 bis zum 19. September 2002 vollständig zur Zahlung angewiesen. Dadurch war die Forderung zunächst durch Erfüllung erloschen. Der zugleich erklärte Vorbehalt der Rückforderung ist für die mit der tatsächlichen Zahlung eingetretene Erfüllungswirkung unbeachtlich.
Die Beklagte ist auch weder durch die Ankündigung der Einbehaltung eines Erstattungsbetrages in Höhe von 1.252,20 EUR von einer der nächsten Rechnungen mit Schreiben vom 30. Oktober 2002 noch durch die Einbehaltung selbst in Zahlungsverzug mit der Forderung aus der – nach Art und Höhe unstreitigen – Sammelrechnung geraten.
Eine Mahnung für die Zahlung des von der Sammelrechnung zunächst offen gebliebenen Betrages von 1.252,20 EUR ist erstmalig mit Schreiben vom 11. März 2003 erfolgt, so dass ein auf der Pflegesatzvereinbarung beruhender Verzugszinsanspruch in Höhe von 4 Prozent p. a. frühestens ab dem Zugang dieses Schreibens entstanden sein könnte. Die Beklagte ist jedoch auch mit dem Zugang dieses Schreibens im März 2003 nicht mit der Zahlung von 1.252,20 EUR in Verzug geraten. Ihr stand seit dieser Zeit und in dieser Höhe gegen die Forderung aus der Sammelrechnung ein auch den Prozesszinsanspruch ausschließendes Leistungsverweigerungsrecht (hierzu 1.) aufgrund einer Mitwirkungspflichtverletzung der Klägerin (hierzu 2.) zu, das jedenfalls nicht vor dem 6. August 2009 endete (hierzu 3.). Ein solches Leistungsverweigerungsrecht war nicht durch eine vorbehaltlose Kostenzusage oder durch eine sonstige Vereinbarung oder gesetzliche Vorschrift ausgeschlossen (hierzu 4.).
1. Die Beklagte konnte dem Zinsanspruch ein Leistungsverweigerungsrecht entgegenhalten.
Das BSG hat bereits mehrfach entschieden, dass eine mangelnde Mitwirkung des Krankenhauses an der Aufklärung der Notwendigkeit der stationären Behandlung, z. B. durch die Weigerung, entsprechende medizinische Unterlagen vorzulegen, zu einer Beschränkung der Amtsermittlungspflicht im gerichtlichen Verfahren mit der Folge führen kann, dass der Vergütungsanspruch ohne weitere Erforschung des Sachverhalts von Amts wegen als nicht erwiesen anzusehen ist (vgl. nur BSG, Urt. v. 16. Dezember 2008 – B 1 KN 2/08 KR R; B 1 KN 3/08 KR R; Urt. v. 20. November 2008 – B 3 KN 1/08 KR R; B 3 KN 4/08 KR R; Urt. v. 22. April 2009 – B 3 KR 24/07 R m.w.N., jeweils zitiert nach juris). Dies gilt wegen der Prüfungsbefugnisse und –pflichten der Krankenkasse auch im vorgerichtlichen Verfahren, so dass bei einer entsprechenden Verletzung der Mitwirkungspflicht durch die Klägerin auch die Beklagte den Vergütungsanspruch ohne weitere Erforschung des Sachverhaltes als nicht erwiesen ansehen und die Zahlung verweigern darf bzw. – wenn diese bereits erfolgt ist – den entsprechenden Betrag im Wege der Aufrechnung von einer der nächsten Rechnungen einbehalten darf.
Das BSG hat dieses Leistungsverweigerungsrecht in seiner Entscheidung vom 22. April 2009 (Az.: B 3 KR 24/07 R, Rz. 30, zitiert nach juris) dogmatisch an den in § 66 Abs. 1 Satz 1 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) normierten allgemeinen Rechtsgedanken geknüpft, wonach bei der Verletzung von Mitwirkungspflichten und dadurch bedingter erheblicher Erschwerung der Sachverhaltsaufklärung die begehrte Leistung ohne weitere Ermittlungen versagt werden kann, soweit ihre Voraussetzungen nicht nachgewiesen sind. Dieser Rechtsgedanke, der sich auf die Sozialleistungsträger bezieht, ist nach der zutreffenden Ansicht des BSG auf die gerichtliche Amtsermittlung übertragbar und daher auch auf die Angelegenheiten der Krankenkassen in Krankenhausabrechnungsstreitigkeiten anzuwenden.
Da das BSG nach seiner inzwischen ständigen Rechtsprechung aus einer (endgültigen) Mitwirkungspflichtverletzung des Krankenhauses auf ein (endgültiges) Leistungsverweigerungsrecht schließt, indem es den Vergütungsanspruch als nicht erwiesen ansieht, kann aus einer vorübergehenden Mitwirkungspflichtverletzung des Krankenhauses auf ein vorübergehendes Leistungsverweigerungsrecht der Krankenkasse geschlossen werden, das erst endet, wenn aufgrund der nachgeholten Mitwirkungshandlung eine endgültige Entscheidung über die Zahlungsverpflichtung getroffen werden kann. Dies entspricht dem auch im öffentlichen Recht und im Sozialrecht anwendbaren zivilrechtlichen Rechtsgedanken des Zurückbehaltungsrechts nach § 273 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), das ebenfalls den Schuldnerverzug und den Anspruch auf Prozesszinsen ausschließt (Heinrichs in Palandt, 65. Aufl., 2006, § 286 Rz. 13, § 291 Rz. 5, § 273 Rz. 20). Die Anwendung des Rechtsgedankens des zivilrechtlichen Zurückbehaltungsrechts steht in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des BSG, nach der die Krankenkasse bei einem Mitwirkungsverstoß des Krankenhauses nicht nur berechtigt ist, die Zahlung zu verweigern, sondern – falls sie aufgrund einer besonderen Fälligkeitsabrede unter Vorbehalt bereits bezahlt hat – ihren Erstattungsanspruch auch gegen spätere Zahlungsansprüche des Krankenhauses aufrechnen kann (vgl. BSG, Urt. v. 20. November 2008 – B 3 KN 4/08 KR R; Urt. v. 16. Dezember 2008 – B 1 KN 1/07 KR R, B 1 KN 2/08 KR R, zitiert nach juris). Bei der Aufrechnung und dem Zurückbehaltungsrecht handelt es sich um einander weitgehend entsprechende Rechtsinstitute. Die Aufrechnung setzt im Unterschied zum Zurückbehaltungsrecht lediglich gleichartige Ansprüche voraus (vgl. Heinrichs in Palandt, § 273 Rz. 3, 6). Es ist deshalb folgerichtig, der Krankenkasse nicht nur die Aufrechnung mit einer aus der Mitwirkungspflichtverletzung entstehenden Erstattungsforderung zu erlauben, sondern ihr als "milderes Mittel" bei einem Mitwirkungsverstoß des Krankenhauses auch die (vorübergehende) Zurückbehaltung der streitigen Zahlung selbst oder der Zahlung einer nachfolgenden Rechnung analog § 273 BGB zu ermöglichen, bis aufgrund der nachgeholten Mitwirkungshandlung eine Entscheidung über den Zahlungsanspruch (ohne schuldhafte Verzögerung) getroffen werden kann. Die vorübergehende Zurückbehaltung einer Zahlung aufgrund eines Mitwirkungsverstoßes ist gegenüber der endgültigen Zahlungsverweigerung bzw. Aufrechnung wegen ihrer Nichterweislichkeit das vorrangige Mittel, das dem Krankenhaus unter Billigkeitsgesichtspunkten die Nachholung der Mitwirkungshandlung erlaubt. Diese Verfahrensweise ist in Sozialrechtsverhältnissen auch vorgesehen, wie sich aus §§ 66, 67 SGB I ergibt, wonach die Behörde unter bestimmten Voraussetzungen auf die Nachholung der Mitwirkung hinwirken muss und die Leistung ganz oder teilweise nachträglich erbringen kann, wenn die Mitwirkungshandlung nachgeholt wird und die Leistungsvoraussetzungen vorliegen. Es ist nicht ersichtlich, aus welchen Gründen eine solche Verfahrensweise auf der Ebene der öffentlich-rechtlichen Gleichordnung nicht ebenso statthaft und zweckmäßig sein soll.
Solange aber die Mitwirkungspflichtverletzung andauert, würde es dem Verbot des widersprüchlichen Verhaltens (Verbot des "venire contra factum proprium") und damit dem Grundsatz von Treu und Glauben widersprechen, wenn einem Gläubiger aus einer Verzögerung, die allein auf seiner eigenen Mitwirkungspflichtverletzung beruht, ein Zinsanspruch erwachsen könnte. Es bestehen keine Bedenken, diesen Grundsatz auch im Sozialrecht jedenfalls auf die dauerhaften rechtlichen und wirtschaftlichen Beziehungen zwischen Leistungserbringer und Krankenkasse anzuwenden. Die Partner sind nicht nur auf Dauer, sondern vor allem auch in einer Vielzahl von Fällen auf eine vertrauensvolle und professionelle Zusammenarbeit angewiesen, mit der die Erfüllung der besonders wichtigen gesetzlichen Aufgabe der stationären Krankenhausbehandlung für gesetzlich krankenversicherte Menschen sichergestellt werden kann. In Anbetracht der Größe dieser Aufgabe und der notwendigen intensiven Zusammenarbeit im Rahmen der gesetzlichen und vertraglichen Regelungen bestehen weitgehende gegenseitige Rücksichtnahmepflichten der Beteiligten. Es kann in Anbetracht dieser Vertrags- und Rechtsbeziehungen erwartet werden, dass die Beteiligten jeweils die wechselseitigen Interessenlagen berücksichtigen (vgl. BSG, Urteil vom 8. September 2009 – B 1 KR 11/09 R, zitiert nach juris) und es nicht zu einseitigen Bevorzugungen oder Benachteiligungen kommt. Schon wegen dieser notwendigen und in der Praxis auch ständig geübten engen Zusammenarbeit hätte sich die Klägerin auch in diesem Einzelfall zur aktiven Mitwirkung veranlasst sehen müssen. Deshalb ist es als treuwidrig anzusehen, wenn das Krankenhaus den Bitten der Krankenkasse auf erläuternde medizinische Begründungen zum Behandlungsfall oder nach Aktenübersendung ohne Angabe einer sachlichen Begründung nicht nachkommt, sondern statt dessen Zahlungsklage erhebt. Angesichts der beschriebenen langfristigen Vertragsbeziehungen mit umfangreichen Kooperations- und Rücksichtnahmepflichten kann bei unterschiedlichen Auffassungen zu den jeweiligen Mitwirkungspflichten zunächst ein informeller Besprechungs- und Klärungsversuch zwischen den Beteiligten erwartet werden.
2. Die Klägerin hat die Vorlage der vom SMD ordnungsgemäß angeforderten medizinischen Begründung zur Dauer der stationären Behandlung unter grundlegender Verkennung ihrer Pflicht zur Mitwirkung an der Überprüfung der Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit abgelehnt und damit eine sachgemäße Prüfung bereits im vorgerichtlichen Verfahren verhindert. Schon unmittelbar nach Erhalt der Rechnung vom 4. September 2002 hat die Beklagte die Klägerin mit Schreiben vom 19. September 2002 um die Übersendung einer medizinischen Begründung unter Fristsetzung bis 19. Oktober 2002 gebeten und darauf hingewiesen, andernfalls einen Differenzbetrag von der nächsten Rechnung einzubehalten. Da die Klägerin hierauf nicht reagierte, war die Beklagte nach Ablauf der Frist zu einer entsprechenden Aufrechnung berechtigt. Die Nichterfüllung des berechtigten Verlangens nach einer medizinischen Begründung innerhalb einer angemessenen Frist stellt eine erhebliche Pflichtverletzung der Klägerin dar. Das Krankenhaus hat grundsätzlich im Rahmen der wechselseitigen Leistungsbeziehungen zur Krankenkasse diejenigen Angaben zu machen und Unterlagen beizubringen, die zur Beurteilung der Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit im Einzelfall erforderlich sind. Die Auskunftsverpflichtung der Klägerin ergibt sich nach der Rechtsprechung des BSG (Urt. v. 22. April 2009 – B 3 KR 24/07 R, zitiert nach juris) grundsätzlich aus § 100 Abs. 1 Satz 3 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch – Verwaltungsverfahren – (SGB X) und hier speziell aus § 301 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB V.
Nach § 100 Abs. 1 Satz 3 SGB X ist das Krankenhaus verpflichtet, dem Leistungsträger "im Einzelfall auf Verlangen Auskunft zu erteilen, soweit es für die Durchführung von dessen Aufgaben nach diesem Gesetzbuch erforderlich" ist und entweder der Betroffene eingewilligt hat (§ 100 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB X) oder dies gesetzlich zugelassen ist (§ 100 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB X); ausgenommen hiervon sind nach § 100 Abs. 2 SGB X nur Angaben, die den Arzt oder ihm nahe stehende Personen der Gefahr aussetzen würden, wegen einer Straftat oder einer Ordnungswidrigkeit verfolgt zu werden. Nach den zwingenden gesetzlichen Auskunftspflichten aus § 284 Abs. 1 Nr. 4 und 7 SGB V (in der Fassung vom 12.12.1996, BGBl. I 1859, in Kraft vom 1. Januar 1997 bis 31. Dezember 2001) war die Erhebung von Sozialdaten im Versorgungszeitraum für die Zwecke der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) zugelassen, soweit sie nach Maßgabe der Prüfaufträge von Krankenkasse und SMD u. a. für die "Prüfung der Leistungspflicht und die Gewährung von Leistungen an Versicherte (§§ 2 und 11)" und für die "Beteiligung des Medizinischen Dienstes (§ 275)" erforderlich waren. Diese Vorschrift ist auch in der Folgezeit insoweit im Wesentlichen unverändert geblieben.
Gesetzlich zugelassen im Sinne von § 100 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB X und damit für den Krankenhausträger zwingend sind die Angaben nach § 301 Abs. 1 SGB V (in der insoweit unveränderten Fassung vom 22.12.1999, BGBl. I S. 2626). Danach besteht die Pflicht, der Krankenkasse bei Krankenhausbehandlung u. a. den Grund der Aufnahme sowie die Einweisungsdiagnose, die Aufnahmediagnose, die voraussichtliche Dauer der Krankenhausbehandlung sowie, falls diese überschritten wird, auf Verlangen der Krankenkasse die medizinische Begründung zu übermitteln (§ 301 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB V). Hiermit ist aus datenschutzrechtlichen Gründen abschließend und enumerativ aufgelistet, welche Angaben der Krankenkasse bei einer Krankenhausbehandlung ihrer Versicherten auf jeden Fall zu übermitteln sind (vgl. BT-Drucks. 12/3608, S. 124). In dieser Vorschrift werden die Mindestangaben bezeichnet, die die Krankenkasse insbesondere zur ordnungsgemäßen Abrechnung und zur Überprüfung der Notwendigkeit der Krankenhausbehandlung benötigt (vgl. BT-Drucks. 12/3608, S. 124). Genügt die Anzeige schon diesen (Mindest-)Anforderungen nicht, fehlt es bereits an der Fälligkeit der Vergütungsforderung (BSG SozR 4-2500 § 109 Nr. 1 Rz. 12).
Nach der Rechtsprechung des BSG (Urt. v. 22. April 2009 – B 3 KR 24/07 R, Rz. 18, zitiert nach juris) ist ein Prüfverfahren nach § 275 Abs. 1 Nr. 1 SGB V (hier anwendbar ebenfalls in der insoweit unveränderten Fassung vom 19.06.2001, BGBl. I S. 1046) erst auf einer zweiten Stufe der Sachverhaltserhebung einzuleiten, wenn sich die Notwendigkeit der Krankenhausbehandlung oder weitere Abrechnungsvoraussetzungen den - medizinisch in der Regel nicht besonders ausgebildeten - Mitarbeitern der Krankenkasse aufgrund der Angaben nach § 301 SGB V nicht selbst erschließen.
Die Beklagte war hier zur Einleitung eines solchen Prüfverfahrens durch den SMD nicht verpflichtet, da die Klägerin schon die Angaben nach § 301 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB V nicht vollständig übermittelt hat. Sie hatte als voraussichtliche Dauer der Krankenhausbehandlung zunächst den Zeitraum bis zum 9. August 2002 angegeben. Dieser Zeitraum wurde durch die tatsächliche stationäre Behandlung des Versicherten bis zum 22. August 2002 überschritten, so dass die Klägerin nach § 301 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB V verpflichtet war, der Beklagten auf Verlangen eine medizinische Begründung hierfür zu übermitteln. Die Beklagte hat eine solche Begründung mit Schreiben vom 19. September 2002 unter Fristsetzung bis 19. Oktober 2002 fruchtlos angefordert und war daher zur Ausübung des Leistungsverweigerungsrechts in Bezug auf die nächste Rechnung ab 30. Oktober 2002 berechtigt.
Es kann offen bleiben, ob es aufgrund der fehlenden Angaben nach § 301 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB V bereits an der Fälligkeit der Vergütungsforderung fehlte und ob die Beklagte ihr Begründungsverlangen nach § 301 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB V in einer nach der Datenübermittlungsvereinbarung ggf. einzuhaltenden besonderen Form an die Klägerin übermittelt hat. Denn im Falle der Missachtung einer solchen Formvorschrift wird die Forderung zwar möglicherweise auch ohne die Übersendung einer Begründung zunächst fällig, berechtigt die Klägerin aber nicht, jegliche Auskunft zu verweigern. Sie hätte vielmehr dem Begründungsverlangen im Schreiben vom 19. September 2002 auch dann innerhalb einer angemessenen Frist nachkommen müssen, wenn dies nicht zur Erfüllung der Anforderungen des § 301 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB V (eine medizinische Begründung für die Überschreitung der selbst angegebenen voraussichtlichen Dauer der Krankenhausbehandlung) erforderlich gewesen ist. Denn wenn sich die Notwendigkeit der stationären Behandlung den – medizinisch regelmäßig nicht besonders ausgebildeten – Mitarbeitern der Krankenkasse aufgrund der Angaben nach § 301 SGB V nicht erschließt, müssen diese ein Prüfverfahren nach § 275 Abs. 1 Nr. 1 SGB V einleiten. Das ist aber erst sinnvoll, wenn aussagekräftige Unterlagen über den stationären Aufenthalt vorliegen, weil auch der SMD ansonsten die Notwendigkeit der Behandlung nicht hinreichend beurteilen kann. Auf unzureichende medizinische Unterlagen hat hier der SMD auch nach seiner Beauftragung sogleich hingewiesen. Da § 301 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB V jedenfalls im hier vorliegenden Fall auch die Übersendung einer medizinischen Begründung unmittelbar an die Beklagte erlaubt, bestehen insoweit auch keine datenschutzrechtlichen Bedenken.
Eine besondere Begründung brauchte die Beklagte hier bei der Mitteilung ihres Prüfbegehrens nicht anzugeben. Der 3. Senat des BSG hat in seiner Entscheidung vom 22. April 2009 (Az.: B 3 KR 24/07 R, zitiert nach juris) aus dem Rechtsgedanken des § 35 SGB X eine Begründungspflicht des MDK bzw. SMD hergeleitet, wenn das Krankenhaus Behandlungsunterlagen zur Verfügung stellen soll. Denn das Krankenhaus ist im Verhältnis zu seinen Patienten auf der Grundlage des Behandlungsvertrages und zur Meidung strafrechtlicher Sanktionen nach § 203 Abs. 1 Nr. 1 StGB verpflichtet, die Rechtmäßigkeit solcher Anforderungen zu prüfen. Dies gilt aber nur für Unterlagen und Daten, die über die ohnehin nach § 301 Abs. 1 SGB V gegenüber der Krankenkasse zu machenden Angaben hinausgehen. Da das Begründungsverlangen der Beklagten hier schon nach § 301 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB V berechtigt war, musste sie dies nicht gesondert begründen.
3. Das Leistungsverweigerungsrecht bestand während der gesamten Dauer des streitigen Zinsanspruchs, d. h. vom 30. Oktober 2002 bis 6. August 2009. Die Klägerin ist ihren Mitwirkungspflichten nicht dadurch nachgekommen, dass sie in Anlage zu ihrer Klagebegründung vom 14. September 2003 den Arztbrief vom 10. September 2002 sowie den Operationsbericht vom 5. August 2002 beigefügt hat, nachdem der SMD mit Schreiben vom 21. Mai 2003 um die Übersendung des Entlassungsberichtes mit datumsbezogenen Angaben über Therapie und Verlauf sowie des Operationsberichtes einschließlich des histologischen Befundes gebeten hatte. Auch nach Auswertung dieser Unterlagen hatte der SMD nicht den langen präoperativen Aufenthalt des Versicherten nachvollziehen können, wie er in einer Stellungnahme vom 8. Oktober 2003 mitgeteilt hat. Die Beklagte war deshalb berechtigt, die Übersendung der vollständigen Patientenakte an den SMD zu verlangen, so dass der Mitwirkungsverstoß der Klägerin solange andauerte, bis nach Vorliegen der Patientenakte eine abschließende Beurteilung durch die Beklagte möglich war.
Wie nach der Rechtsprechung des BSG (Urt. v. 22. April 2009 – B 3 KR 24/07 R, zitiert nach juris) vorgesehen, hat die Beklagte nach Übermittlung der medizinischen Unterlagen im Klageverfahren die zweite Stufe der Sachverhaltserhebung mit dem Prüfverfahren nach § 275 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB V unter Einschaltung des SMD eingeleitet. Die Anforderung weiterer Behandlungsunterlagen war mit dem Hinweis auf den nicht nachvollziehbaren langen präoperativen Aufenthalt des Versicherten auch hinreichend begründet. Nach der Rechtsprechung des BSG richten sich die aus § 35 SGB X abzuleitenden Begründungsanforderungen nach den Besonderheiten des jeweiligen Rechtsgebietes und nach den Umständen des Einzelfalles. Es reicht aus, wenn dem Betroffenen die Gründe der Entscheidung in solcher Weise und in solchem Umfang bekannt gegeben werden, dass er seine Rechte sachgemäß verteidigen kann. Die Verwaltung darf sich deshalb auf die Angabe der maßgebend tragenden Erwägungen beschränken und braucht Gesichtspunkte und Umstände, die auf der Hand liegen oder dem Betroffenen bekannt sind, nicht nochmals ausführlich darzulegen (st. Rspr.; vgl. nur BSGE 74, 70, 74 f = SozR 3-2500 § 106 Nr. 23 S. 128 f. m. w. N.; zur Übertragbarkeit der Begründungsanforderungen auf Abrechnungsstreitigkeiten zwischen der Krankenkasse und einem Krankenhaus vgl. BSG, Urt. v. 22. April 2009, a.a.O.). Deshalb durfte der SMD hier davon ausgehen, dass der Klägerin (dem Krankenhaus) der medizinische Anlass für die Anfrage bekannt ist und sich ihr deshalb die Notwendigkeit weiterer Angaben oder Unterlagen zu dem langen präoperativen Aufenthalt ohne weitere Begründung selbst erschließen würde. Denn auch der Klägerin musste sich aufdrängen, dass eine zuverlässige Beurteilung der Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit allein mit den aus der Aufnahme- und Entlassungsanzeige ersichtlichen Daten und den mit der Klagebegründung übersandten Unterlagen nicht möglich war. Da sie zunächst die voraussichtliche Dauer der stationären Krankenhausbehandlung wesentlich kürzer eingeschätzt hatte, war es offensichtlich, dass eine Einschätzung der Krankenkasse erst nach Vorliegen der gesamten Unterlagen möglich war, auch wenn die psychischen Störungen des Versicherten bereits aus der Aufnahmediagnose bekannt waren. Üblicherweise kann bei solchen Erkrankungen allein anhand der Diagnoseschlüssel noch nicht hinreichend auf das Ausmaß der Erkrankung geschlossen werden. Aus der eingereichten Epikrise und dem OP-Bericht lassen sich nicht alle erforderlichen datumsbezogenen Angaben über Therapie und Verlauf der Krankenhausbehandlung – wie von der Beklagten gefordert und für die abschließende Beurteilung erforderlich – entnehmen, zumal es sich bei dem Arztbrief vom 10. September 2002 lediglich um den Entlassungsbericht der chirurgischen Abteilung handelt, die nachrichtlich auch an die Innere Abteilung gesandt wurde. Aus solchen Unterlagen lassen sich keine Erkenntnisse für die Notwendigkeit präoperativer Behandlungsverläufe gewinnen. Dies wird durch die Stellungnahme des SMD vom 30. Juli 2009 nach Auswertung der gesamten Patientenakte bestätigt. Darin sind die stationär durchgeführten Behandlungen und Untersuchungen taggenau nachvollzogen und es ist festgestellt worden, dass bis einschließlich 24. Juli 2002 planmäßige diagnostische Maßnahme ohne Verzögerungen erfolgt waren und an diesem Tag ein chirurgisches Konsil stattgefunden hatte, bei dem die Übernahme in die chirurgische Abteilung auf den 30. Juli 2002 terminiert worden war. Diese Tatsachen waren dem SMD vorher nicht bekannt, für die abschließende Beurteilung der Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit aber notwendig. Nur anhand dieser Unterlagen konnte festgestellt werden, dass eine zwischenzeitliche Entlassung des Versicherten bis zum Operationstermin aufgrund der unmittelbar vorher durchgeführten psychiatrischen stationären Behandlung nicht in Betracht, der gesamte stationäre Aufenthalt also medizinisch erforderlich war.
Aus diesem Grund war die Klägerin im Rahmen der dritten Stufe der Sachverhaltserhebung verpflichtet, dem SMD auch über die Anzeige nach § 301 SGB V hinaus alle weiteren Angaben zu erteilen und Unterlagen vorzulegen, die im Einzelfall zur Beantwortung der Anfrage der Krankenkasse benötigt werden. Rechtsgrundlage hierfür ist nach der Rechtsprechung des BSG (Urt. v. 22. April 2009, a.a.O) § 276 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 2 SGB V (i. d. Fassung vom 13.6.1994, BGBl. I S. 1229, in Kraft vom 1. Januar 1995 bis zum 31. Dezember 2003). Danach galt: "Haben die Krankenkassen nach § 275 Abs. 1 bis 3 eine gutachtliche Stellungnahme oder Prüfung durch den Medizinischen Dienst veranlasst, sind die Leistungserbringer verpflichtet, Sozialdaten auf Anforderung des Medizinischen Dienstes unmittelbar an diesen zu übermitteln, soweit dies für die gutachtliche Stellungnahme und Prüfung erforderlich ist." Auf dieser Grundlage ist der MDK bzw. der SMD ermächtigt, die erforderlichen Sozialdaten bei den Krankenhäusern anzufordern (vgl. BSGE 90, 1 = SozR 3-2500 § 112 Nr. 3) und das Krankenhaus zu deren Vorlage verpflichtet, soweit auch mit medizinischer Expertise nur durch die Angaben gemäß § 301 SGB V eine zuverlässige Beurteilung der Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit oder anderer Fragen der Abrechnung nicht möglich ist.
Die Ausgestaltung des Abrechnungsverfahrens nach den §§ 301, 275 und 276 SGB V i. V. mit der Pflegesatzvereinbarung zielt darauf ab, unter den Bedingungen der Massenabrechnung von Krankenhausaufenthalten eine für Krankenhäuser, Krankenkassen und SMD gleichermaßen tragfähige wie nach den Kriterien des § 39 SGB V inhaltlich zutreffende Überprüfung von Krankenhausabrechnungen sicherzustellen. Sie legen den Beteiligten besondere gegenseitige Obhutspflichten auf. Demgemäß hat das Krankenhaus bereits bei der Erklärung nach § 301 SGB V dafür Sorge zu tragen, dass der Krankenkasse nach Möglichkeit ohne Einleitung eines Prüfverfahrens nach §§ 275, 276 SGB V alle entscheidungserheblichen Angaben zur Verfügung stehen. Andernfalls hat es dem SMD zur Vermeidung weiterer Sanktionen alle für dessen Prüfung erforderlichen Krankenbehandlungsunterlagen zur Verfügung zu stellen. Das enthebt das Krankenhaus zwar nicht von der Prüfung, ob die Weitergabe im Sinne von § 276 Abs. 2 Satz 1 SGB V erforderlich und damit zulässig ist. Jedoch verstößt es schwerwiegend gegen seine gesetzlichen Pflichten, wenn es die Weitergabe angeforderter Unterlagen ohne substantiierten Hinweis auf bereits vorliegende, eine zuverlässige Beurteilung ermöglichende Unterlagen nur formelhaft ablehnt oder sie grundlos verweigert (vgl. BSG, Urt. v. 22. April 2009, a.a.O.).
Das Leistungsverweigerungsrecht endete – trotz der Übersendung der Patientenakte am 22. Juni 2009 – nicht vor dem 6. August 2009, denn das Recht, die geschuldete Leistung zu verweigern, endet in den Fällen der vorliegenden Art nicht zeitgleich mit der Nachholung der Mitwirkungshandlung. Gerade im Hinblick auf die bereits dargestellten erhöhten wechselseitigen Mitwirkungspflichten der Beteiligten ist der Beklagten zunächst ein Prüfungsrecht der übersandten Unterlagen zuzugestehen, das sie nur unter Beteiligung des SMD ausüben kann. Schon aus der entsprechenden Heranziehung der Vorschrift des § 67 SGB I folgt, dass der Beklagten bei einer nachgeholten Mitwirkungshandlung zunächst noch eine angemessene Zeit zur Entscheidung über ihre Leistungspflicht einzuräumen ist. Auch unter Berücksichtigung des Grundsatzes von Treu und Glauben kann ihr bei einem einseitigen Verstoß des Krankenhauses gegen dessen Mitwirkungspflichten keine sofortige Leistungspflicht ohne Prüfungsmöglichkeit abverlangt werden. Dies gilt auch dann, wenn sich aus der Pflegesatzvereinbarung an sich eine Vorleistungspflicht der Krankenkasse ergibt (vgl. hierzu BSG, Urt. v. 30.06.2009 – B 1 KR 24/08 R, zitiert nach juris), weil die durch die Mitwirkungspflichtverletzung eingetretene Störung der Leistungsbeziehung erst beendet wird, wenn die Beklagte aufgrund der nachgeholten Mitwirkung eine endgültige Entscheidung über ihre Zahlungsverpflichtung ohne schuldhafte Verzögerung treffen konnte. Andernfalls würde die Krankenkasse für den Fall, dass sich nach Prüfung der eingereichten Unterlagen die Notwendigkeit der Krankenhausbehandlung nicht oder nicht vollständig ergibt, (ggf. erneut) auf einen Erstattungsanspruch gegen das sich vertragswidrig verhaltende Krankenhaus verwiesen. Zumindest bei der hier gegebenen Sachlage, bei der sich die vergebliche Anforderung der Unterlagen über annähernd sieben Jahre hingezogen hat, wäre eine Vorleistungspflicht der Krankenkasse für die relativ kurze Zeit des Überprüfungsverfahrens unverhältnismäßig.
Das Leistungsverweigerungsrecht endete aus diesen Gründen jedenfalls nicht vor dem 6. August 2009. Nachdem die Patientenakte am 27. Juli 2009 beim SMD eingegangen war, hatte dieser seine Stellungnahme bereits am 30. Juli 2009 erstellt. Die Beklagte hat daraufhin unverzüglich die Zahlung des offenen Restbetrages veranlasst, die bereits am 6. August 2009 bei der Klägerin eingegangen ist. Damit hat die Beklagte im Anschluss an die nachgeholte Mitwirkungshandlung ohne jegliche Verzögerung die endgültige Entscheidung über die Notwendigkeit der Krankenhausbehandlung und die damit verbundene Vergütungspflicht getroffen.
4. Die Ausübung dieses Leistungsverweigerungsrechts war nicht durch eine vorbehaltlose Kostenzusage oder durch eine sonstige Vereinbarung oder gesetzliche Vorschrift ausgeschlossen.
Eine vorbehaltlose Kostenzusage einer Krankenkasse über eine stationäre Aufnahme eines Versicherten führt nach der Rechtsprechung des BSG nicht zu einem eigenen Anspruch aus einem sog. konstitutiven Schuldanerkenntnis. Vielmehr werden damit nur bestimmte, den Vergütungsanspruch begründende Voraussetzungen mit der Folge bestätigt, dass die Krankenkasse mit bekannten oder zumindest erkennbaren Einwendungen ausgeschlossen ist. Außerdem kann in bestimmten Fällen eine Umkehr der Beweislast eintreten (dazu grundlegend: BSG, Urt. v. 17. März 2000 – B 3 KR 33/99 R; Urt. v. 13. Dezember 2001 – B 3 KR 11/01 R, sowie Urt. v. 20. November 2008, a.a.O.). Die Beklagte hat hier keine vorbehaltlose Kostenzusage erteilt, sondern sich mit Schreiben vom 30. Juli 2002 ausdrücklich die zwischenzeitliche Prüfung der weiteren Notwendigkeit der stationären Behandlung vorbehalten. Im Hinblick auf die ihr nicht plausibel erscheinende Behandlungsdauer war sie auch nicht verpflichtet, die Kostenübernahme ohne weitere Prüfung vorbehaltlos zuzusagen (so im Ergebnis auch BSG, Urt. v. 20.11.2008 – B 3 KN 1/08 KR R, RdNr. 12; sowie Urt. v. 16.12.2008 – B 1 KN 2/08 KR R, RdNr. 15, zitiert nach juris). Gesetzliche Regelungen zur Erteilung einer Kostenzusage existieren nicht und es gab dafür auch keine vertragliche Vereinbarung zwischen den Beteiligten.
Auch die Zahlungsregelungen des § 9 der Pflegesatzvereinbarung stehen der Ausübung dieses Leistungsverweigerungsrechts jedenfalls solange nicht entgegen, bis aufgrund der nachgeholten Mitwirkungshandlung eine Entscheidung über den Zahlungsanspruch (ohne schuldhafte Verzögerung seitens der Beklagten) getroffen werden kann. Auch wenn nach dieser Vereinbarung die Fälligkeit der Zahlungsforderung unabhängig von der Einleitung und dem Abschluss eines Prüfverfahrens nach §§ 275, 276 SGB V bezüglich der Erforderlichkeit der stationären Behandlung eintritt (vgl. hierzu BSG, Urt. v. 30.06.2009 – B 1 KR 24/08 R, zitiert nach juris), kann schon wegen des Verbots widersprüchlichen Verhaltens ("venire contra factum proprium") aus einer Zahlungsverzögerung, die allein auf einer Mitwirkungspflichtverletzung des Gläubigers beruht, kein Zinsanspruch entstehen (vgl. z. B. § 301 BGB bzw. Rspr. und Kommentarliteratur zu §§ 273, 286 BGB). Bei einer an dem Grundsatz von Treu und Glauben orientierten Auslegung dieser Regelung steht diese daher nicht der Ausübung dieses (zeitweisen) Leistungsverweigerungsrechts der Beklagten entgegen. Solange der einseitige Verstoß der Klägerin gegen ihre Mitwirkungspflichten angedauert hat und die Beklagte allein aus diesem Grund an der abschließenden Überprüfung der Notwendigkeit der stationären Behandlung gehindert war, kann ihr nicht zugemutet werden, (ggf. erneut) in die Vorleistung zu treten und die Zahlung dann zurückzufordern bzw. aufzurechnen, wenn die abschließende Beurteilung des Leistungsfalls keine Notwendigkeit der Krankenhausbehandlung ergeben hat. Für eine solche Auslegung bietet auch der Wortlaut der Fälligkeitsabrede nach § 9 der Pflegesatzvereinbarung keinen Anhaltspunkt.
5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197 a SGG i. V. m. § 156 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Danach fallen der Klägerin die Prozesskosten zur Last, wenn die Beklagte durch ihr Verhalten keine Veranlassung zur Erhebung der Klage gegeben und den Anspruch sofort anerkannt hat. Da der Beklagten schon zur Zeit der Klageerhebung am 23. Mai 2003 das Leistungsverweigerungsrecht zustand, hat sie durch ihr Verhalten keine Veranlassung zur Klageerhebung gegeben. Sofort nach Wegfall dieser Einrede hat sie den Anspruch anerkannt. Zu einem früheren Anerkenntnis war sie rechtlich nicht verpflichtet. Es handelt sich mithin um ein sofortiges Anerkenntnis, bei dem es sachgerecht ist, der Klägerin allein die Prozesskosten aufzuerlegen.
Gründe für eine Zulassung der Revision im Sinne von § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor, da das BSG die zugrunde liegenden Rechtsfragen spätestens seit den zitierten Entscheidungen des Großen Senats sowie des 3. Senats vom 20. November 2008 und des 1. Senats vom 16. Dezember 2008 und durch die weiteren Folgeentscheidungen vom 22. April 2009 und vom 8. September 2009 umfassend geklärt hat.
Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 63 Abs. 2, § 52 Abs. 1 und § 47 Abs. 1 Gerichtskostengesetz (GKG).
Tatbestand:
Nachdem die Beklagte die streitige Klageforderung im Berufungsverfahren anerkannt hat, streiten die Beteiligten in der Hauptsache noch über den geltend gemachten Zinsanspruch.
Die Klägerin betreibt u. a. das G.-A.-Klinikum in Z., wo der bei der Beklagten versicherte E. N. (im Folgenden: Versicherter) vom 18. Juli bis 22. August 2002 stationär behandelt wurde. In dem Kostenübernahmeantrag der Klinik an die Beklagte waren die folgenden Aufnahmediagnosen benannt: C26.0 Bösartige Neubildung sonstiger und ungenau bezeichneter Verdauungsorgane; Intestinaltrakt, Teil nicht näher bezeichnet; E11.71 Nicht primär insulinabhängiger Diabetes mellitus, mit multiplen Komplikationen, als entgleist zu bezeichnen; I11.0 Hypertensive Herzkrankheit mit (kongestiver) Herzinsuffizienz; F41.0 Neurotische, Belastungs- und somatoforme Störungen, Panikstörung (episodisch paroxysmale Angst); F32.2 Schwere depressive Episode ohne psychotische Symptome. Als voraussichtliche Dauer der stationären Behandlung war der Zeitraum bis 9. August 2002 angegeben. Der Versicherte wurde mit dem Verdacht auf ein Rektumskarzinom auf der Station für Innere Medizin aufgenommen. Mit Schreiben vom 30. Juli 2002 erteilte die Beklagte der Klägerin eine Kostenzusage in Höhe der allgemeinen Krankenhausleistungen für die von Ärzten als medizinisch notwendig angesehene Verweildauer. Die Beklagte behielt sich ausdrücklich eine zwischenzeitliche Prüfung über die weitere Notwendigkeit der stationären Behandlung vor.
Am 4. September 2002 stellte die Klägerin der Beklagten für den stationären Aufenthalt des Versicherten insgesamt 10.677,98 EUR in Rechnung. Der Rechnung war ein Entlassungsschein mit verschlüsselter Angabe der Haupt- und Nebendiagnosen beigefügt. Darauf teilte die Beklagte der Klägerin mit Schreiben vom 19. September 2002 mit, sie habe den gesamten Rechnungsbetrag unter Vorbehalt angewiesen und behalte sich die Rückforderung vor, falls sich bei einer medizinischen Überprüfung die Voraussetzungen des Vergütungsanspruches nicht bestätigen sollten. Die Abrechnung erscheine unplausibel, da sich anhand der genannten Diagnosen und Operationsschlüssel die Dauer der Krankenhausbehandlung nicht nachvollziehen lasse. Es werde um die Übersendung einer medizinischen Begründung gebeten. Sollte diese nicht bis zum 19. Oktober 2002 eingehen, werde der entsprechende Differenzbetrag von einer der nächsten Rechnungen einbehalten. Mit weiterem Schreiben vom 30. Oktober 2002 kündigte die Beklagte die Einbehaltung eines entsprechenden Differenzbetrages i. H. v. 1.252,20 EUR von einer der nächsten Rechnungen an, da die Voraussetzungen des Vergütungsanspruches nicht nachgewiesen seien. Der Behandlungsfall sei dann mit 9.425,78 EUR vergütet worden.
Die Klägerin bat die Beklagte am 11. März 2003, den noch offenen Zahlungsbetrag i. H. v. 1.252,20 EUR für die Behandlung des Versicherten zu begleichen bzw. den aktuellen Stand mitzuteilen. Mit Schreiben vom 21. Mai 2003 bat der Sozialmedizinische Dienst (SMD) die Klägerin um die Übersendung des Entlassungsberichtes mit datumsbezogenen Angaben über Therapie und Verlauf sowie des Operationsberichtetes einschließlich des histologischen Befundes. Unter Würdigung der bisherigen Angaben sei eine abschließende sozialmedizinische Beurteilung nicht möglich. Sollte bis zum 21. Juni 2003 keine Antwort zu verzeichnen sein, werde der Vorgang an die Verwaltung zurückgegeben.
Am 23. Mai 2003 hat die Klägerin beim Sozialgericht Magdeburg Zahlungsklage erhoben, mit der sie neben dem offenen Rechnungsbetrag i. H. v. 1.252,20 EUR einen Zinsanspruch von 4 Prozent geltend gemacht hat. Zur Begründung der Klage hat sie geltend gemacht, die Klinikärzte hätten die Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit des Versicherten fundiert dargelegt. Es seien keine weiteren Ermittlungen anzustellen, da die stationäre Behandlung medizinisch vertretbar gewesen sei. Aufgrund der unbefristet erteilten Kostenübernahmeerklärung treffe die Beklagte die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass die Krankenhausbehandlung medizinisch nicht vertretbar gewesen sei. Sie sei nach Treu und Glauben nunmehr mit ihren Einwendungen ausgeschlossen und ohne weitere Feststellungen antragsgemäß zu verurteilen. Zudem sei sie nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) verpflichtet, bei der Prüfung von Krankheitsverläufen eine gutachterliche Stellungnahme des SMD einzuholen. Nur der SMD sei nach vorausgegangenem Prüfauftrag durch die Krankenkasse berechtigt, Krankenunterlagen zum Zwecke der Prüfung der Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit abzufordern. Das Schreiben vom 21. Mai 2003, mit dem die Beklagte den SMD eingeschaltet habe, sei der Klägerin erst nach Klageerhebung zugegangen. Sie sei im Übrigen nicht verpflichtet, einen detaillierten Entlassungsbericht mit datumsbezogenen Angaben über Therapie und Verlauf sowie einen OP-Bericht zu erstellen. Es handele sich dabei nicht um die Übermittlung bereits erhobener, verarbeiteter oder genutzter Sozialdaten, sondern um die gesonderte Herstellung von Sozialdaten. Durch eine solche Verpflichtung könne der gesamte Krankenhausbetrieb lahm gelegt werden. Die angeforderten Daten seien außerdem bereits in der vorhandenen Krankenakte vollständig dokumentiert, in die der SMD hätte Einsicht nehmen können. Auch wegen der Missachtung des gesetzlich vorgeschriebenen Prüfverfahrens durch die Krankenkasse sei nach der Rechtsprechung des BSG von einer weiteren Sachaufklärung abzusehen und die Beklagte antragsgemäß zu verurteilen. Die Beklagte sei auch nach § 9 der Pflegesatzvereinbarung verpflichtet, die Rechnung sofort vollständig zu begleichen. Die Klägerin hat in Anlage zur Klagebegründung vom 14. September 2003 den Arztbrief vom 10. September 2002 sowie den Operationsbericht vom 5. August 2002 beigefügt.
Die Beklagte hat die mit der Klagebegründung zur Verfügung gestellten Krankenunterlagen an den SMD weitergeleitet, der in einer Stellungnahme vom 8. Oktober 2003 den langen präoperativen Aufenthalt des Patienten für nicht nachvollziehbar gehalten hat. Daraufhin hat die Beklagte zur Überprüfung des konkreten Behandlungsverlaufs um Übersendung der vollständigen Patientenakte an den SMD gebeten. Die Klägerin hat hierzu mitgeteilt, das Prüfverfahren könne nicht nachgeholt werden, die Rechnung sei wegen § 9 der Pflegesatzvereinbarung sofort auszugleichen und der Rechtsstreit solle durch Gerichtsbescheid entschieden werden.
Nach Verweisung des Rechtsstreits mit Beschluss vom 11. Mai 2004 hat das Sozialgericht Halle die Klage mit Urteil vom 7. Oktober 2004 abgewiesen und in den Entscheidungsgründen im Wesentlichen ausgeführt: Der geltend gemachte Zahlungsanspruch sei durch Erfüllung erloschen sei. Die möglicherweise zu Unrecht gekürzte Sammelrechnung sei nicht zum Gegenstand des Klageverfahrens gemacht worden. Es sei daher unerheblich, ob die Beklagte wirksam aufgerechnet habe.
Gegen das ihr am 19. Oktober 2004 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 16. November 2004 Berufung eingelegt und vorgetragen, das Sozialgericht habe der unter Vorbehalt erfolgten Zahlung des vollständigen Rechnungsbetrages durch die Beklagte zu Unrecht Erfüllungswirkung beigemessen. Nach der Rechtsprechung des BSG sei über die Notwendigkeit der Krankenhausbehandlung nur dann Beweis zu erheben, wenn die Krankenkasse ihre Einwände im Verlaufe eines gerichtlichen Verfahrens spezifiziere. Dies setze substantiierte Einwendungen seitens der Krankenkasse voraus, die einer Spezifikation zugänglich seien. Weil es daran fehle, müsse die Einschätzungsprärogative des behandelnden Krankenhausarztes Bestand haben. Nach mehrfacher Aufforderung durch den Berichterstatter des Senats hat die Klägerin die Patientenakte am 22. Juni 2009 übersandt. Anschließend wurden die Unterlagen auf Wunsch der Beklagten an den SMD übersandt, wo sie am 27. Juli 2009 eingegangen sind. Mit Stellungnahme vom 30. Juli 2009 hat der SMD mitgeteilt, die gesamte Dauer des stationären Aufenthaltes sei anzuerkennen. Die daraufhin von der Beklagten veranlasste Zahlung der Klageforderung ohne die Zinsen ist am 6. August 2009 bei der Klägerin eingegangen, die dann den Rechtsstreit insoweit für erledigt erklärt hat.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Halle vom 7. Oktober 2004 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, an sie 4 Prozent Zinsen aus 1.252,20 EUR für die Zeit vom 30.10.2002 bis 06.08.2009 zu zahlen.
Die Beklagten beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hat vorgetragen, die verspätete Zahlung des streitigen Betrages sei ausschließlich auf die fehlende Mitwirkung der Klägerin an der sozialmedizinischen Prüfung des Behandlungsfalles zurückzuführen. Die Klägerin habe trotz Anforderung keine medizinische Begründung zur Verweildauer abgegeben, obwohl die im Kostenübernahmeantrag angegebene voraussichtliche Verweildauer tatsächlich überschritten worden sei. Auch die Anforderung des Entlassungsberichtes mit datumsbezogenen Angaben über Therapie und Verlauf sowie des OP-Berichtes/histologischen Befundes durch den SMD am 21. Mai 2003 sei unbeantwortet geblieben. Bei Erfüllung der Mitwirkungspflichten hätte der streitige Betrag wäre schon 2002/2003 gezahlt werden können. Dann wäre auch die Klageerhebung im Mai 2003 vermeidbar gewesen.
Für den weiteren Sach- und Streitstand wird auf die Gerichtsakte sowie auf die Verwaltungsakte der Beklagten und die Patientenakte des Versicherten verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung und anschließenden Beratung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Klägerin ist nach §§ 143, 144 Abs. 1 S. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaft. Sie ist auch form- und fristgerecht eingelegt worden (§ 151 SGG) und damit zulässig.
Die Berufung ist jedoch unbegründet. Die Klage ist als Leistungsklage nach § 54 Abs. 5 SGG zulässig, weil es sich um einen Parteienstreit im Gleichordnungsverhältnis handelt, in dem eine Regelung durch Verwaltungsakt nicht in Betracht kommt. Ein Vorverfahren war mithin nicht durchzuführen und die Einhaltung einer Klagefrist nicht geboten (BSG, Urt. v. 17. Mai 2000 – B 3 KR 33/99 R; Urt. v. 10. April 2008 - B 3 KR 19/05 R; Urt. v. 20. November 2008 – B 3 KN 4/08 KR R; B 3 KN 1/08 KR R; Urt. v. 16. Dezember 2008 – B 1 KN 1/07 KR R; B 1 KN 2/08 KR R; B 1 KN 3/08 KR R zitiert nach juris; stRspr.). Diese Grundsätze gelten auch dann, wenn es - wie hier - um Ansprüche aus einer Sammelrechnung geht, gegen die die Krankenkasse mit einem Erstattungsanspruch aus einem früheren Behandlungsfall aufgerechnet hat.
Der jetzt noch von der Klägerin geltend gemachte Zinsanspruch steht ihr jedoch nicht zu, weil jedenfalls in der Zeit vom 30. Oktober 2002 bis 6. August 2009 einem möglichen Zinsanspruch aus der Pflegesatzvereinbarung wie auch einem Anspruch auf Prozesszinsen (vgl. hierzu BSG, Urt. v. 23. März 2006 – B 3 KR 6/05 R – SozR 4-7610 § 291 Nr. 3; anders noch BSG, Urt. v. 11. März 1987 – 8 RK 43/85 – SozR 1300 § 61 Nr. 1) die Mitwirkungspflichtverletzung der Klägerin entgegensteht.
Ein Anspruch auf Prozesszinsen konnte hier frühestens mit der Erhebung der Klage am 23. Mai 2003 entstehen. Nach § 9 der zwischen den Beteiligten geschlossenen Pflegesatzvereinbarung 2002 ist der Rechnungsbetrag spätestens am 28. Kalendertag nach Eingang der Rechnung zu überweisen. Die Fälligkeit tritt am 28. Kalendertag unter Berücksichtigung eines Post- und Banklaufweges von 7 Tagen ab Rechnungsdatum ein. Nach Mahnung können bei Überschreitung des Fälligkeitstermins Verzugszinsen in Höhe von 4 % p.a. erhoben werden. Die Rechnungen sind kontinuierlich und vollständig mit den Daten nach § 301 SGB V zu legen. Entsprechend dieser Zahlungsabrede hat die Beklagte den Rechnungsbetrag aus der Rechnung vom 4. September 2002 bis zum 19. September 2002 vollständig zur Zahlung angewiesen. Dadurch war die Forderung zunächst durch Erfüllung erloschen. Der zugleich erklärte Vorbehalt der Rückforderung ist für die mit der tatsächlichen Zahlung eingetretene Erfüllungswirkung unbeachtlich.
Die Beklagte ist auch weder durch die Ankündigung der Einbehaltung eines Erstattungsbetrages in Höhe von 1.252,20 EUR von einer der nächsten Rechnungen mit Schreiben vom 30. Oktober 2002 noch durch die Einbehaltung selbst in Zahlungsverzug mit der Forderung aus der – nach Art und Höhe unstreitigen – Sammelrechnung geraten.
Eine Mahnung für die Zahlung des von der Sammelrechnung zunächst offen gebliebenen Betrages von 1.252,20 EUR ist erstmalig mit Schreiben vom 11. März 2003 erfolgt, so dass ein auf der Pflegesatzvereinbarung beruhender Verzugszinsanspruch in Höhe von 4 Prozent p. a. frühestens ab dem Zugang dieses Schreibens entstanden sein könnte. Die Beklagte ist jedoch auch mit dem Zugang dieses Schreibens im März 2003 nicht mit der Zahlung von 1.252,20 EUR in Verzug geraten. Ihr stand seit dieser Zeit und in dieser Höhe gegen die Forderung aus der Sammelrechnung ein auch den Prozesszinsanspruch ausschließendes Leistungsverweigerungsrecht (hierzu 1.) aufgrund einer Mitwirkungspflichtverletzung der Klägerin (hierzu 2.) zu, das jedenfalls nicht vor dem 6. August 2009 endete (hierzu 3.). Ein solches Leistungsverweigerungsrecht war nicht durch eine vorbehaltlose Kostenzusage oder durch eine sonstige Vereinbarung oder gesetzliche Vorschrift ausgeschlossen (hierzu 4.).
1. Die Beklagte konnte dem Zinsanspruch ein Leistungsverweigerungsrecht entgegenhalten.
Das BSG hat bereits mehrfach entschieden, dass eine mangelnde Mitwirkung des Krankenhauses an der Aufklärung der Notwendigkeit der stationären Behandlung, z. B. durch die Weigerung, entsprechende medizinische Unterlagen vorzulegen, zu einer Beschränkung der Amtsermittlungspflicht im gerichtlichen Verfahren mit der Folge führen kann, dass der Vergütungsanspruch ohne weitere Erforschung des Sachverhalts von Amts wegen als nicht erwiesen anzusehen ist (vgl. nur BSG, Urt. v. 16. Dezember 2008 – B 1 KN 2/08 KR R; B 1 KN 3/08 KR R; Urt. v. 20. November 2008 – B 3 KN 1/08 KR R; B 3 KN 4/08 KR R; Urt. v. 22. April 2009 – B 3 KR 24/07 R m.w.N., jeweils zitiert nach juris). Dies gilt wegen der Prüfungsbefugnisse und –pflichten der Krankenkasse auch im vorgerichtlichen Verfahren, so dass bei einer entsprechenden Verletzung der Mitwirkungspflicht durch die Klägerin auch die Beklagte den Vergütungsanspruch ohne weitere Erforschung des Sachverhaltes als nicht erwiesen ansehen und die Zahlung verweigern darf bzw. – wenn diese bereits erfolgt ist – den entsprechenden Betrag im Wege der Aufrechnung von einer der nächsten Rechnungen einbehalten darf.
Das BSG hat dieses Leistungsverweigerungsrecht in seiner Entscheidung vom 22. April 2009 (Az.: B 3 KR 24/07 R, Rz. 30, zitiert nach juris) dogmatisch an den in § 66 Abs. 1 Satz 1 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) normierten allgemeinen Rechtsgedanken geknüpft, wonach bei der Verletzung von Mitwirkungspflichten und dadurch bedingter erheblicher Erschwerung der Sachverhaltsaufklärung die begehrte Leistung ohne weitere Ermittlungen versagt werden kann, soweit ihre Voraussetzungen nicht nachgewiesen sind. Dieser Rechtsgedanke, der sich auf die Sozialleistungsträger bezieht, ist nach der zutreffenden Ansicht des BSG auf die gerichtliche Amtsermittlung übertragbar und daher auch auf die Angelegenheiten der Krankenkassen in Krankenhausabrechnungsstreitigkeiten anzuwenden.
Da das BSG nach seiner inzwischen ständigen Rechtsprechung aus einer (endgültigen) Mitwirkungspflichtverletzung des Krankenhauses auf ein (endgültiges) Leistungsverweigerungsrecht schließt, indem es den Vergütungsanspruch als nicht erwiesen ansieht, kann aus einer vorübergehenden Mitwirkungspflichtverletzung des Krankenhauses auf ein vorübergehendes Leistungsverweigerungsrecht der Krankenkasse geschlossen werden, das erst endet, wenn aufgrund der nachgeholten Mitwirkungshandlung eine endgültige Entscheidung über die Zahlungsverpflichtung getroffen werden kann. Dies entspricht dem auch im öffentlichen Recht und im Sozialrecht anwendbaren zivilrechtlichen Rechtsgedanken des Zurückbehaltungsrechts nach § 273 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), das ebenfalls den Schuldnerverzug und den Anspruch auf Prozesszinsen ausschließt (Heinrichs in Palandt, 65. Aufl., 2006, § 286 Rz. 13, § 291 Rz. 5, § 273 Rz. 20). Die Anwendung des Rechtsgedankens des zivilrechtlichen Zurückbehaltungsrechts steht in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des BSG, nach der die Krankenkasse bei einem Mitwirkungsverstoß des Krankenhauses nicht nur berechtigt ist, die Zahlung zu verweigern, sondern – falls sie aufgrund einer besonderen Fälligkeitsabrede unter Vorbehalt bereits bezahlt hat – ihren Erstattungsanspruch auch gegen spätere Zahlungsansprüche des Krankenhauses aufrechnen kann (vgl. BSG, Urt. v. 20. November 2008 – B 3 KN 4/08 KR R; Urt. v. 16. Dezember 2008 – B 1 KN 1/07 KR R, B 1 KN 2/08 KR R, zitiert nach juris). Bei der Aufrechnung und dem Zurückbehaltungsrecht handelt es sich um einander weitgehend entsprechende Rechtsinstitute. Die Aufrechnung setzt im Unterschied zum Zurückbehaltungsrecht lediglich gleichartige Ansprüche voraus (vgl. Heinrichs in Palandt, § 273 Rz. 3, 6). Es ist deshalb folgerichtig, der Krankenkasse nicht nur die Aufrechnung mit einer aus der Mitwirkungspflichtverletzung entstehenden Erstattungsforderung zu erlauben, sondern ihr als "milderes Mittel" bei einem Mitwirkungsverstoß des Krankenhauses auch die (vorübergehende) Zurückbehaltung der streitigen Zahlung selbst oder der Zahlung einer nachfolgenden Rechnung analog § 273 BGB zu ermöglichen, bis aufgrund der nachgeholten Mitwirkungshandlung eine Entscheidung über den Zahlungsanspruch (ohne schuldhafte Verzögerung) getroffen werden kann. Die vorübergehende Zurückbehaltung einer Zahlung aufgrund eines Mitwirkungsverstoßes ist gegenüber der endgültigen Zahlungsverweigerung bzw. Aufrechnung wegen ihrer Nichterweislichkeit das vorrangige Mittel, das dem Krankenhaus unter Billigkeitsgesichtspunkten die Nachholung der Mitwirkungshandlung erlaubt. Diese Verfahrensweise ist in Sozialrechtsverhältnissen auch vorgesehen, wie sich aus §§ 66, 67 SGB I ergibt, wonach die Behörde unter bestimmten Voraussetzungen auf die Nachholung der Mitwirkung hinwirken muss und die Leistung ganz oder teilweise nachträglich erbringen kann, wenn die Mitwirkungshandlung nachgeholt wird und die Leistungsvoraussetzungen vorliegen. Es ist nicht ersichtlich, aus welchen Gründen eine solche Verfahrensweise auf der Ebene der öffentlich-rechtlichen Gleichordnung nicht ebenso statthaft und zweckmäßig sein soll.
Solange aber die Mitwirkungspflichtverletzung andauert, würde es dem Verbot des widersprüchlichen Verhaltens (Verbot des "venire contra factum proprium") und damit dem Grundsatz von Treu und Glauben widersprechen, wenn einem Gläubiger aus einer Verzögerung, die allein auf seiner eigenen Mitwirkungspflichtverletzung beruht, ein Zinsanspruch erwachsen könnte. Es bestehen keine Bedenken, diesen Grundsatz auch im Sozialrecht jedenfalls auf die dauerhaften rechtlichen und wirtschaftlichen Beziehungen zwischen Leistungserbringer und Krankenkasse anzuwenden. Die Partner sind nicht nur auf Dauer, sondern vor allem auch in einer Vielzahl von Fällen auf eine vertrauensvolle und professionelle Zusammenarbeit angewiesen, mit der die Erfüllung der besonders wichtigen gesetzlichen Aufgabe der stationären Krankenhausbehandlung für gesetzlich krankenversicherte Menschen sichergestellt werden kann. In Anbetracht der Größe dieser Aufgabe und der notwendigen intensiven Zusammenarbeit im Rahmen der gesetzlichen und vertraglichen Regelungen bestehen weitgehende gegenseitige Rücksichtnahmepflichten der Beteiligten. Es kann in Anbetracht dieser Vertrags- und Rechtsbeziehungen erwartet werden, dass die Beteiligten jeweils die wechselseitigen Interessenlagen berücksichtigen (vgl. BSG, Urteil vom 8. September 2009 – B 1 KR 11/09 R, zitiert nach juris) und es nicht zu einseitigen Bevorzugungen oder Benachteiligungen kommt. Schon wegen dieser notwendigen und in der Praxis auch ständig geübten engen Zusammenarbeit hätte sich die Klägerin auch in diesem Einzelfall zur aktiven Mitwirkung veranlasst sehen müssen. Deshalb ist es als treuwidrig anzusehen, wenn das Krankenhaus den Bitten der Krankenkasse auf erläuternde medizinische Begründungen zum Behandlungsfall oder nach Aktenübersendung ohne Angabe einer sachlichen Begründung nicht nachkommt, sondern statt dessen Zahlungsklage erhebt. Angesichts der beschriebenen langfristigen Vertragsbeziehungen mit umfangreichen Kooperations- und Rücksichtnahmepflichten kann bei unterschiedlichen Auffassungen zu den jeweiligen Mitwirkungspflichten zunächst ein informeller Besprechungs- und Klärungsversuch zwischen den Beteiligten erwartet werden.
2. Die Klägerin hat die Vorlage der vom SMD ordnungsgemäß angeforderten medizinischen Begründung zur Dauer der stationären Behandlung unter grundlegender Verkennung ihrer Pflicht zur Mitwirkung an der Überprüfung der Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit abgelehnt und damit eine sachgemäße Prüfung bereits im vorgerichtlichen Verfahren verhindert. Schon unmittelbar nach Erhalt der Rechnung vom 4. September 2002 hat die Beklagte die Klägerin mit Schreiben vom 19. September 2002 um die Übersendung einer medizinischen Begründung unter Fristsetzung bis 19. Oktober 2002 gebeten und darauf hingewiesen, andernfalls einen Differenzbetrag von der nächsten Rechnung einzubehalten. Da die Klägerin hierauf nicht reagierte, war die Beklagte nach Ablauf der Frist zu einer entsprechenden Aufrechnung berechtigt. Die Nichterfüllung des berechtigten Verlangens nach einer medizinischen Begründung innerhalb einer angemessenen Frist stellt eine erhebliche Pflichtverletzung der Klägerin dar. Das Krankenhaus hat grundsätzlich im Rahmen der wechselseitigen Leistungsbeziehungen zur Krankenkasse diejenigen Angaben zu machen und Unterlagen beizubringen, die zur Beurteilung der Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit im Einzelfall erforderlich sind. Die Auskunftsverpflichtung der Klägerin ergibt sich nach der Rechtsprechung des BSG (Urt. v. 22. April 2009 – B 3 KR 24/07 R, zitiert nach juris) grundsätzlich aus § 100 Abs. 1 Satz 3 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch – Verwaltungsverfahren – (SGB X) und hier speziell aus § 301 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB V.
Nach § 100 Abs. 1 Satz 3 SGB X ist das Krankenhaus verpflichtet, dem Leistungsträger "im Einzelfall auf Verlangen Auskunft zu erteilen, soweit es für die Durchführung von dessen Aufgaben nach diesem Gesetzbuch erforderlich" ist und entweder der Betroffene eingewilligt hat (§ 100 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB X) oder dies gesetzlich zugelassen ist (§ 100 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB X); ausgenommen hiervon sind nach § 100 Abs. 2 SGB X nur Angaben, die den Arzt oder ihm nahe stehende Personen der Gefahr aussetzen würden, wegen einer Straftat oder einer Ordnungswidrigkeit verfolgt zu werden. Nach den zwingenden gesetzlichen Auskunftspflichten aus § 284 Abs. 1 Nr. 4 und 7 SGB V (in der Fassung vom 12.12.1996, BGBl. I 1859, in Kraft vom 1. Januar 1997 bis 31. Dezember 2001) war die Erhebung von Sozialdaten im Versorgungszeitraum für die Zwecke der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) zugelassen, soweit sie nach Maßgabe der Prüfaufträge von Krankenkasse und SMD u. a. für die "Prüfung der Leistungspflicht und die Gewährung von Leistungen an Versicherte (§§ 2 und 11)" und für die "Beteiligung des Medizinischen Dienstes (§ 275)" erforderlich waren. Diese Vorschrift ist auch in der Folgezeit insoweit im Wesentlichen unverändert geblieben.
Gesetzlich zugelassen im Sinne von § 100 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB X und damit für den Krankenhausträger zwingend sind die Angaben nach § 301 Abs. 1 SGB V (in der insoweit unveränderten Fassung vom 22.12.1999, BGBl. I S. 2626). Danach besteht die Pflicht, der Krankenkasse bei Krankenhausbehandlung u. a. den Grund der Aufnahme sowie die Einweisungsdiagnose, die Aufnahmediagnose, die voraussichtliche Dauer der Krankenhausbehandlung sowie, falls diese überschritten wird, auf Verlangen der Krankenkasse die medizinische Begründung zu übermitteln (§ 301 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB V). Hiermit ist aus datenschutzrechtlichen Gründen abschließend und enumerativ aufgelistet, welche Angaben der Krankenkasse bei einer Krankenhausbehandlung ihrer Versicherten auf jeden Fall zu übermitteln sind (vgl. BT-Drucks. 12/3608, S. 124). In dieser Vorschrift werden die Mindestangaben bezeichnet, die die Krankenkasse insbesondere zur ordnungsgemäßen Abrechnung und zur Überprüfung der Notwendigkeit der Krankenhausbehandlung benötigt (vgl. BT-Drucks. 12/3608, S. 124). Genügt die Anzeige schon diesen (Mindest-)Anforderungen nicht, fehlt es bereits an der Fälligkeit der Vergütungsforderung (BSG SozR 4-2500 § 109 Nr. 1 Rz. 12).
Nach der Rechtsprechung des BSG (Urt. v. 22. April 2009 – B 3 KR 24/07 R, Rz. 18, zitiert nach juris) ist ein Prüfverfahren nach § 275 Abs. 1 Nr. 1 SGB V (hier anwendbar ebenfalls in der insoweit unveränderten Fassung vom 19.06.2001, BGBl. I S. 1046) erst auf einer zweiten Stufe der Sachverhaltserhebung einzuleiten, wenn sich die Notwendigkeit der Krankenhausbehandlung oder weitere Abrechnungsvoraussetzungen den - medizinisch in der Regel nicht besonders ausgebildeten - Mitarbeitern der Krankenkasse aufgrund der Angaben nach § 301 SGB V nicht selbst erschließen.
Die Beklagte war hier zur Einleitung eines solchen Prüfverfahrens durch den SMD nicht verpflichtet, da die Klägerin schon die Angaben nach § 301 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB V nicht vollständig übermittelt hat. Sie hatte als voraussichtliche Dauer der Krankenhausbehandlung zunächst den Zeitraum bis zum 9. August 2002 angegeben. Dieser Zeitraum wurde durch die tatsächliche stationäre Behandlung des Versicherten bis zum 22. August 2002 überschritten, so dass die Klägerin nach § 301 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB V verpflichtet war, der Beklagten auf Verlangen eine medizinische Begründung hierfür zu übermitteln. Die Beklagte hat eine solche Begründung mit Schreiben vom 19. September 2002 unter Fristsetzung bis 19. Oktober 2002 fruchtlos angefordert und war daher zur Ausübung des Leistungsverweigerungsrechts in Bezug auf die nächste Rechnung ab 30. Oktober 2002 berechtigt.
Es kann offen bleiben, ob es aufgrund der fehlenden Angaben nach § 301 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB V bereits an der Fälligkeit der Vergütungsforderung fehlte und ob die Beklagte ihr Begründungsverlangen nach § 301 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB V in einer nach der Datenübermittlungsvereinbarung ggf. einzuhaltenden besonderen Form an die Klägerin übermittelt hat. Denn im Falle der Missachtung einer solchen Formvorschrift wird die Forderung zwar möglicherweise auch ohne die Übersendung einer Begründung zunächst fällig, berechtigt die Klägerin aber nicht, jegliche Auskunft zu verweigern. Sie hätte vielmehr dem Begründungsverlangen im Schreiben vom 19. September 2002 auch dann innerhalb einer angemessenen Frist nachkommen müssen, wenn dies nicht zur Erfüllung der Anforderungen des § 301 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB V (eine medizinische Begründung für die Überschreitung der selbst angegebenen voraussichtlichen Dauer der Krankenhausbehandlung) erforderlich gewesen ist. Denn wenn sich die Notwendigkeit der stationären Behandlung den – medizinisch regelmäßig nicht besonders ausgebildeten – Mitarbeitern der Krankenkasse aufgrund der Angaben nach § 301 SGB V nicht erschließt, müssen diese ein Prüfverfahren nach § 275 Abs. 1 Nr. 1 SGB V einleiten. Das ist aber erst sinnvoll, wenn aussagekräftige Unterlagen über den stationären Aufenthalt vorliegen, weil auch der SMD ansonsten die Notwendigkeit der Behandlung nicht hinreichend beurteilen kann. Auf unzureichende medizinische Unterlagen hat hier der SMD auch nach seiner Beauftragung sogleich hingewiesen. Da § 301 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB V jedenfalls im hier vorliegenden Fall auch die Übersendung einer medizinischen Begründung unmittelbar an die Beklagte erlaubt, bestehen insoweit auch keine datenschutzrechtlichen Bedenken.
Eine besondere Begründung brauchte die Beklagte hier bei der Mitteilung ihres Prüfbegehrens nicht anzugeben. Der 3. Senat des BSG hat in seiner Entscheidung vom 22. April 2009 (Az.: B 3 KR 24/07 R, zitiert nach juris) aus dem Rechtsgedanken des § 35 SGB X eine Begründungspflicht des MDK bzw. SMD hergeleitet, wenn das Krankenhaus Behandlungsunterlagen zur Verfügung stellen soll. Denn das Krankenhaus ist im Verhältnis zu seinen Patienten auf der Grundlage des Behandlungsvertrages und zur Meidung strafrechtlicher Sanktionen nach § 203 Abs. 1 Nr. 1 StGB verpflichtet, die Rechtmäßigkeit solcher Anforderungen zu prüfen. Dies gilt aber nur für Unterlagen und Daten, die über die ohnehin nach § 301 Abs. 1 SGB V gegenüber der Krankenkasse zu machenden Angaben hinausgehen. Da das Begründungsverlangen der Beklagten hier schon nach § 301 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB V berechtigt war, musste sie dies nicht gesondert begründen.
3. Das Leistungsverweigerungsrecht bestand während der gesamten Dauer des streitigen Zinsanspruchs, d. h. vom 30. Oktober 2002 bis 6. August 2009. Die Klägerin ist ihren Mitwirkungspflichten nicht dadurch nachgekommen, dass sie in Anlage zu ihrer Klagebegründung vom 14. September 2003 den Arztbrief vom 10. September 2002 sowie den Operationsbericht vom 5. August 2002 beigefügt hat, nachdem der SMD mit Schreiben vom 21. Mai 2003 um die Übersendung des Entlassungsberichtes mit datumsbezogenen Angaben über Therapie und Verlauf sowie des Operationsberichtes einschließlich des histologischen Befundes gebeten hatte. Auch nach Auswertung dieser Unterlagen hatte der SMD nicht den langen präoperativen Aufenthalt des Versicherten nachvollziehen können, wie er in einer Stellungnahme vom 8. Oktober 2003 mitgeteilt hat. Die Beklagte war deshalb berechtigt, die Übersendung der vollständigen Patientenakte an den SMD zu verlangen, so dass der Mitwirkungsverstoß der Klägerin solange andauerte, bis nach Vorliegen der Patientenakte eine abschließende Beurteilung durch die Beklagte möglich war.
Wie nach der Rechtsprechung des BSG (Urt. v. 22. April 2009 – B 3 KR 24/07 R, zitiert nach juris) vorgesehen, hat die Beklagte nach Übermittlung der medizinischen Unterlagen im Klageverfahren die zweite Stufe der Sachverhaltserhebung mit dem Prüfverfahren nach § 275 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB V unter Einschaltung des SMD eingeleitet. Die Anforderung weiterer Behandlungsunterlagen war mit dem Hinweis auf den nicht nachvollziehbaren langen präoperativen Aufenthalt des Versicherten auch hinreichend begründet. Nach der Rechtsprechung des BSG richten sich die aus § 35 SGB X abzuleitenden Begründungsanforderungen nach den Besonderheiten des jeweiligen Rechtsgebietes und nach den Umständen des Einzelfalles. Es reicht aus, wenn dem Betroffenen die Gründe der Entscheidung in solcher Weise und in solchem Umfang bekannt gegeben werden, dass er seine Rechte sachgemäß verteidigen kann. Die Verwaltung darf sich deshalb auf die Angabe der maßgebend tragenden Erwägungen beschränken und braucht Gesichtspunkte und Umstände, die auf der Hand liegen oder dem Betroffenen bekannt sind, nicht nochmals ausführlich darzulegen (st. Rspr.; vgl. nur BSGE 74, 70, 74 f = SozR 3-2500 § 106 Nr. 23 S. 128 f. m. w. N.; zur Übertragbarkeit der Begründungsanforderungen auf Abrechnungsstreitigkeiten zwischen der Krankenkasse und einem Krankenhaus vgl. BSG, Urt. v. 22. April 2009, a.a.O.). Deshalb durfte der SMD hier davon ausgehen, dass der Klägerin (dem Krankenhaus) der medizinische Anlass für die Anfrage bekannt ist und sich ihr deshalb die Notwendigkeit weiterer Angaben oder Unterlagen zu dem langen präoperativen Aufenthalt ohne weitere Begründung selbst erschließen würde. Denn auch der Klägerin musste sich aufdrängen, dass eine zuverlässige Beurteilung der Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit allein mit den aus der Aufnahme- und Entlassungsanzeige ersichtlichen Daten und den mit der Klagebegründung übersandten Unterlagen nicht möglich war. Da sie zunächst die voraussichtliche Dauer der stationären Krankenhausbehandlung wesentlich kürzer eingeschätzt hatte, war es offensichtlich, dass eine Einschätzung der Krankenkasse erst nach Vorliegen der gesamten Unterlagen möglich war, auch wenn die psychischen Störungen des Versicherten bereits aus der Aufnahmediagnose bekannt waren. Üblicherweise kann bei solchen Erkrankungen allein anhand der Diagnoseschlüssel noch nicht hinreichend auf das Ausmaß der Erkrankung geschlossen werden. Aus der eingereichten Epikrise und dem OP-Bericht lassen sich nicht alle erforderlichen datumsbezogenen Angaben über Therapie und Verlauf der Krankenhausbehandlung – wie von der Beklagten gefordert und für die abschließende Beurteilung erforderlich – entnehmen, zumal es sich bei dem Arztbrief vom 10. September 2002 lediglich um den Entlassungsbericht der chirurgischen Abteilung handelt, die nachrichtlich auch an die Innere Abteilung gesandt wurde. Aus solchen Unterlagen lassen sich keine Erkenntnisse für die Notwendigkeit präoperativer Behandlungsverläufe gewinnen. Dies wird durch die Stellungnahme des SMD vom 30. Juli 2009 nach Auswertung der gesamten Patientenakte bestätigt. Darin sind die stationär durchgeführten Behandlungen und Untersuchungen taggenau nachvollzogen und es ist festgestellt worden, dass bis einschließlich 24. Juli 2002 planmäßige diagnostische Maßnahme ohne Verzögerungen erfolgt waren und an diesem Tag ein chirurgisches Konsil stattgefunden hatte, bei dem die Übernahme in die chirurgische Abteilung auf den 30. Juli 2002 terminiert worden war. Diese Tatsachen waren dem SMD vorher nicht bekannt, für die abschließende Beurteilung der Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit aber notwendig. Nur anhand dieser Unterlagen konnte festgestellt werden, dass eine zwischenzeitliche Entlassung des Versicherten bis zum Operationstermin aufgrund der unmittelbar vorher durchgeführten psychiatrischen stationären Behandlung nicht in Betracht, der gesamte stationäre Aufenthalt also medizinisch erforderlich war.
Aus diesem Grund war die Klägerin im Rahmen der dritten Stufe der Sachverhaltserhebung verpflichtet, dem SMD auch über die Anzeige nach § 301 SGB V hinaus alle weiteren Angaben zu erteilen und Unterlagen vorzulegen, die im Einzelfall zur Beantwortung der Anfrage der Krankenkasse benötigt werden. Rechtsgrundlage hierfür ist nach der Rechtsprechung des BSG (Urt. v. 22. April 2009, a.a.O) § 276 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 2 SGB V (i. d. Fassung vom 13.6.1994, BGBl. I S. 1229, in Kraft vom 1. Januar 1995 bis zum 31. Dezember 2003). Danach galt: "Haben die Krankenkassen nach § 275 Abs. 1 bis 3 eine gutachtliche Stellungnahme oder Prüfung durch den Medizinischen Dienst veranlasst, sind die Leistungserbringer verpflichtet, Sozialdaten auf Anforderung des Medizinischen Dienstes unmittelbar an diesen zu übermitteln, soweit dies für die gutachtliche Stellungnahme und Prüfung erforderlich ist." Auf dieser Grundlage ist der MDK bzw. der SMD ermächtigt, die erforderlichen Sozialdaten bei den Krankenhäusern anzufordern (vgl. BSGE 90, 1 = SozR 3-2500 § 112 Nr. 3) und das Krankenhaus zu deren Vorlage verpflichtet, soweit auch mit medizinischer Expertise nur durch die Angaben gemäß § 301 SGB V eine zuverlässige Beurteilung der Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit oder anderer Fragen der Abrechnung nicht möglich ist.
Die Ausgestaltung des Abrechnungsverfahrens nach den §§ 301, 275 und 276 SGB V i. V. mit der Pflegesatzvereinbarung zielt darauf ab, unter den Bedingungen der Massenabrechnung von Krankenhausaufenthalten eine für Krankenhäuser, Krankenkassen und SMD gleichermaßen tragfähige wie nach den Kriterien des § 39 SGB V inhaltlich zutreffende Überprüfung von Krankenhausabrechnungen sicherzustellen. Sie legen den Beteiligten besondere gegenseitige Obhutspflichten auf. Demgemäß hat das Krankenhaus bereits bei der Erklärung nach § 301 SGB V dafür Sorge zu tragen, dass der Krankenkasse nach Möglichkeit ohne Einleitung eines Prüfverfahrens nach §§ 275, 276 SGB V alle entscheidungserheblichen Angaben zur Verfügung stehen. Andernfalls hat es dem SMD zur Vermeidung weiterer Sanktionen alle für dessen Prüfung erforderlichen Krankenbehandlungsunterlagen zur Verfügung zu stellen. Das enthebt das Krankenhaus zwar nicht von der Prüfung, ob die Weitergabe im Sinne von § 276 Abs. 2 Satz 1 SGB V erforderlich und damit zulässig ist. Jedoch verstößt es schwerwiegend gegen seine gesetzlichen Pflichten, wenn es die Weitergabe angeforderter Unterlagen ohne substantiierten Hinweis auf bereits vorliegende, eine zuverlässige Beurteilung ermöglichende Unterlagen nur formelhaft ablehnt oder sie grundlos verweigert (vgl. BSG, Urt. v. 22. April 2009, a.a.O.).
Das Leistungsverweigerungsrecht endete – trotz der Übersendung der Patientenakte am 22. Juni 2009 – nicht vor dem 6. August 2009, denn das Recht, die geschuldete Leistung zu verweigern, endet in den Fällen der vorliegenden Art nicht zeitgleich mit der Nachholung der Mitwirkungshandlung. Gerade im Hinblick auf die bereits dargestellten erhöhten wechselseitigen Mitwirkungspflichten der Beteiligten ist der Beklagten zunächst ein Prüfungsrecht der übersandten Unterlagen zuzugestehen, das sie nur unter Beteiligung des SMD ausüben kann. Schon aus der entsprechenden Heranziehung der Vorschrift des § 67 SGB I folgt, dass der Beklagten bei einer nachgeholten Mitwirkungshandlung zunächst noch eine angemessene Zeit zur Entscheidung über ihre Leistungspflicht einzuräumen ist. Auch unter Berücksichtigung des Grundsatzes von Treu und Glauben kann ihr bei einem einseitigen Verstoß des Krankenhauses gegen dessen Mitwirkungspflichten keine sofortige Leistungspflicht ohne Prüfungsmöglichkeit abverlangt werden. Dies gilt auch dann, wenn sich aus der Pflegesatzvereinbarung an sich eine Vorleistungspflicht der Krankenkasse ergibt (vgl. hierzu BSG, Urt. v. 30.06.2009 – B 1 KR 24/08 R, zitiert nach juris), weil die durch die Mitwirkungspflichtverletzung eingetretene Störung der Leistungsbeziehung erst beendet wird, wenn die Beklagte aufgrund der nachgeholten Mitwirkung eine endgültige Entscheidung über ihre Zahlungsverpflichtung ohne schuldhafte Verzögerung treffen konnte. Andernfalls würde die Krankenkasse für den Fall, dass sich nach Prüfung der eingereichten Unterlagen die Notwendigkeit der Krankenhausbehandlung nicht oder nicht vollständig ergibt, (ggf. erneut) auf einen Erstattungsanspruch gegen das sich vertragswidrig verhaltende Krankenhaus verwiesen. Zumindest bei der hier gegebenen Sachlage, bei der sich die vergebliche Anforderung der Unterlagen über annähernd sieben Jahre hingezogen hat, wäre eine Vorleistungspflicht der Krankenkasse für die relativ kurze Zeit des Überprüfungsverfahrens unverhältnismäßig.
Das Leistungsverweigerungsrecht endete aus diesen Gründen jedenfalls nicht vor dem 6. August 2009. Nachdem die Patientenakte am 27. Juli 2009 beim SMD eingegangen war, hatte dieser seine Stellungnahme bereits am 30. Juli 2009 erstellt. Die Beklagte hat daraufhin unverzüglich die Zahlung des offenen Restbetrages veranlasst, die bereits am 6. August 2009 bei der Klägerin eingegangen ist. Damit hat die Beklagte im Anschluss an die nachgeholte Mitwirkungshandlung ohne jegliche Verzögerung die endgültige Entscheidung über die Notwendigkeit der Krankenhausbehandlung und die damit verbundene Vergütungspflicht getroffen.
4. Die Ausübung dieses Leistungsverweigerungsrechts war nicht durch eine vorbehaltlose Kostenzusage oder durch eine sonstige Vereinbarung oder gesetzliche Vorschrift ausgeschlossen.
Eine vorbehaltlose Kostenzusage einer Krankenkasse über eine stationäre Aufnahme eines Versicherten führt nach der Rechtsprechung des BSG nicht zu einem eigenen Anspruch aus einem sog. konstitutiven Schuldanerkenntnis. Vielmehr werden damit nur bestimmte, den Vergütungsanspruch begründende Voraussetzungen mit der Folge bestätigt, dass die Krankenkasse mit bekannten oder zumindest erkennbaren Einwendungen ausgeschlossen ist. Außerdem kann in bestimmten Fällen eine Umkehr der Beweislast eintreten (dazu grundlegend: BSG, Urt. v. 17. März 2000 – B 3 KR 33/99 R; Urt. v. 13. Dezember 2001 – B 3 KR 11/01 R, sowie Urt. v. 20. November 2008, a.a.O.). Die Beklagte hat hier keine vorbehaltlose Kostenzusage erteilt, sondern sich mit Schreiben vom 30. Juli 2002 ausdrücklich die zwischenzeitliche Prüfung der weiteren Notwendigkeit der stationären Behandlung vorbehalten. Im Hinblick auf die ihr nicht plausibel erscheinende Behandlungsdauer war sie auch nicht verpflichtet, die Kostenübernahme ohne weitere Prüfung vorbehaltlos zuzusagen (so im Ergebnis auch BSG, Urt. v. 20.11.2008 – B 3 KN 1/08 KR R, RdNr. 12; sowie Urt. v. 16.12.2008 – B 1 KN 2/08 KR R, RdNr. 15, zitiert nach juris). Gesetzliche Regelungen zur Erteilung einer Kostenzusage existieren nicht und es gab dafür auch keine vertragliche Vereinbarung zwischen den Beteiligten.
Auch die Zahlungsregelungen des § 9 der Pflegesatzvereinbarung stehen der Ausübung dieses Leistungsverweigerungsrechts jedenfalls solange nicht entgegen, bis aufgrund der nachgeholten Mitwirkungshandlung eine Entscheidung über den Zahlungsanspruch (ohne schuldhafte Verzögerung seitens der Beklagten) getroffen werden kann. Auch wenn nach dieser Vereinbarung die Fälligkeit der Zahlungsforderung unabhängig von der Einleitung und dem Abschluss eines Prüfverfahrens nach §§ 275, 276 SGB V bezüglich der Erforderlichkeit der stationären Behandlung eintritt (vgl. hierzu BSG, Urt. v. 30.06.2009 – B 1 KR 24/08 R, zitiert nach juris), kann schon wegen des Verbots widersprüchlichen Verhaltens ("venire contra factum proprium") aus einer Zahlungsverzögerung, die allein auf einer Mitwirkungspflichtverletzung des Gläubigers beruht, kein Zinsanspruch entstehen (vgl. z. B. § 301 BGB bzw. Rspr. und Kommentarliteratur zu §§ 273, 286 BGB). Bei einer an dem Grundsatz von Treu und Glauben orientierten Auslegung dieser Regelung steht diese daher nicht der Ausübung dieses (zeitweisen) Leistungsverweigerungsrechts der Beklagten entgegen. Solange der einseitige Verstoß der Klägerin gegen ihre Mitwirkungspflichten angedauert hat und die Beklagte allein aus diesem Grund an der abschließenden Überprüfung der Notwendigkeit der stationären Behandlung gehindert war, kann ihr nicht zugemutet werden, (ggf. erneut) in die Vorleistung zu treten und die Zahlung dann zurückzufordern bzw. aufzurechnen, wenn die abschließende Beurteilung des Leistungsfalls keine Notwendigkeit der Krankenhausbehandlung ergeben hat. Für eine solche Auslegung bietet auch der Wortlaut der Fälligkeitsabrede nach § 9 der Pflegesatzvereinbarung keinen Anhaltspunkt.
5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197 a SGG i. V. m. § 156 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Danach fallen der Klägerin die Prozesskosten zur Last, wenn die Beklagte durch ihr Verhalten keine Veranlassung zur Erhebung der Klage gegeben und den Anspruch sofort anerkannt hat. Da der Beklagten schon zur Zeit der Klageerhebung am 23. Mai 2003 das Leistungsverweigerungsrecht zustand, hat sie durch ihr Verhalten keine Veranlassung zur Klageerhebung gegeben. Sofort nach Wegfall dieser Einrede hat sie den Anspruch anerkannt. Zu einem früheren Anerkenntnis war sie rechtlich nicht verpflichtet. Es handelt sich mithin um ein sofortiges Anerkenntnis, bei dem es sachgerecht ist, der Klägerin allein die Prozesskosten aufzuerlegen.
Gründe für eine Zulassung der Revision im Sinne von § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor, da das BSG die zugrunde liegenden Rechtsfragen spätestens seit den zitierten Entscheidungen des Großen Senats sowie des 3. Senats vom 20. November 2008 und des 1. Senats vom 16. Dezember 2008 und durch die weiteren Folgeentscheidungen vom 22. April 2009 und vom 8. September 2009 umfassend geklärt hat.
Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 63 Abs. 2, § 52 Abs. 1 und § 47 Abs. 1 Gerichtskostengesetz (GKG).
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