L 2 AS 4/10 B ER

Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
2
1. Instanz
SG Halle (Saale) (SAN)
Aktenzeichen
S 24 AS 2695/09 ER
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 2 AS 4/10 B ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
Versagung von Leistungen nach dem SGB II
Der Beschluss des Sozialgerichts Halle vom 7. Dezember 2009 wird abgeändert. Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 2. Oktober 2009 wird angeordnet und die Antragsgegnerin wird verpflichtet, für die Zeit vom 1. Oktober 2009 bis zum 31. Januar 2010 vorläufig Leistungen entsprechend der Bewilligung mit Bescheid vom 28. Juli 2009 an den Antragsteller zu zahlen. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

Die Antragsgegnerin hat dem Antragsteller ½ der außergerichtlichen Kosten des Antrags- und Beschwerdeverfahrens zu erstatten.

Gründe:

I.

Die Beteiligten streiten darüber, ob und in welchem Umfang dem Antragsteller Leistungen zur Sicherung Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch des Sozialgesetzbuches – Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II) zu erbringen sind.

Erstmals am 19. Januar 2006 stellte der am 1959 geborene Antragsteller bei der Antragsgegnerin einen Antrag auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts. Er gab an, selbständig zu sein ("H P ..."), seit Dezember 2005 dauernd getrennt von seiner Ehefrau zu leben und alleine ein seiner Ehefrau und ihm gehörendes Haus mit einer Wohnfläche von 106 qm zu bewohnen. Er legte Belege über die mit dem Hauseigentum verbundenen Kosten und eine von einer Steuerberatungsgesellschaft erstellte Gewinnermittlung für die selbstständige Tätigkeit für das Jahr 2004 vor, wonach Verluste in Höhe 7.856,13 EUR angefallen waren. Mit einem Schreiben vom 24. März 2006 reichte der Antragsteller eine von ihm erstellte "Gewinnermittlung 2005" nach, worin ein Verlust von 6.452,11 EUR ausgewiesen wurde. Mit einem Bescheid vom 6. April 2006 bewilligte die Antragsgegnerin dem Antragsteller Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für die Zeit vom 19. Januar 2006 bis zum 31. Juli 2006. In der Folgezeit bewilligte die Antragsgegnerin dem Antragsteller Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts auch für Folgezeiträume. Für die Zeit vom 1. Juni bis 31. Juli 2009 bewilligte sie dem Antragsteller mit Bescheid vom 7. Mai 2009 Leistungen in Höhe von 494,58 EUR monatlich. Dabei entfielen im Monat 351,00 EUR auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts, 102,78 EUR auf Leistungen für Unterkunft und Heizung und 40,80 EUR auf einen Zuschuss zur Rentenversicherung (Lebensversicherung). Bezüglich der Berechung der übernommenen Kosten für Unterkunft und Heizung wird auf Blatt 762 der Verwaltungsakten Bezug genommen. Für den Monat Juli und August 2009 bewilligte die Antragsgegnerin dem Antragsteller mit Bescheid vom 9. Juni 2009 Leistungen in Höhe von 502,21 EUR, wobei 359,00 EUR auf die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts, 102,41 EUR auf Leistungen für Unterkunft und Heizung und 40,80 EUR auf den Zuschuss zur Rentenversicherung entfielen.

Der Antragsteller hat am 11. Juni 2009 einen Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes beim Sozialgericht Halle (SG) gestellt und vorgetragen, die Antragsgegnerin hätte bei den Kosten der Unterkunft von ihm mitgeteilte Änderungen nicht berücksichtigt. Sie habe die zu leistenden Nachzahlungen ignoriert. Außerdem werde der Zuschuss zur Rentenversicherung regelmäßig zu spät geleistet.

Die Antragsgegnerin teilte daraufhin mit Schreiben vom 18. Juni 2009 mit, wegen der vom Antragsteller mitgeteilten von ihm zu leistenden Nachzahlungen für Trink- und Abwasser in Höhe von 29,93 EUR und 57,21 EUR sei mit Bescheid vom 17. Juni 2009 eine Nachzahlung gewährt worden. Für den Zeitraum vom 1. Juli 2009 bis zum 31. Januar 2010 hat die Antragsgegnerin dem Antragsteller mit Bescheiden vom 18. Juni und 28. Juli 2009 (hier für die Zeit ab dem 1. August 2009) Leistungen in Höhe von monatlich 492,80 EUR bewilligt, wobei 359,00 EUR auf die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts, 93,00 EUR auf Leistungen für Unterkunft und Heizung und 40,80 EUR auf den Zuschuss zur Rentenversicherung entfielen. Dabei erfolgte die Leistungsbewilligung im Hinblick auf die noch nicht bekannte Höhe des Einkommens des Antragstellers aus seiner selbständigen Tätigkeit jeweils vorläufig. Eine Einkommensanrechnung erfolgte nicht.

In einem Erörterungstermin vor dem SG am 2. Juli 2009 hat der Antragsteller erklärt, das Problem mit den Zuschüssen zur Rentenversicherung habe sich erledigt. Zu den Kosten der Unterkunft könne er nicht im Einzelnen sagen, wie viel Leistungen er mehr haben möchte.

In einem Zwangsversteigerungstermin beim Amtsgericht Sangerhausen am 11. August 2009 hat der Antragsteller nach Hinterlegung einer Sicherheitsleistung von 9.300,00 EUR das je zur Hälfte in seinem Eigentum und dem Eigentum seiner Ehefrau stehende von ihm bewohnte Hausgrundstück für ein Gebot in Höhe von 126.000,00 EUR ersteigert. Im Hinblick darauf hat die Antragsgegnerin dem Antragsteller in einem Schreiben vom 12. August 2009 mitgeteilt, es besteht der Verdacht, dass er über nicht mitgeteiltes Vermögen verfüge. Es sei beabsichtigt, die Zahlung der ihm bewilligten Leistungen ab dem 1. September 2009 vorläufig einzustellen. Der Antragsteller teilte daraufhin mit, er habe die aufgewendeten bzw. aufzuwendenden Mittel als Darlehen bekommen. Darlehen veränderten die Vermögenssituation nicht und seien deshalb nicht zu berücksichtigen.

Die Antragsgegnerin forderte den Antragsteller mit Schreiben vom 1. September 2009 auf, Nachweise u. a. durch die Vorlage aktueller Kontoauszüge und des Kreditvertrages zu führen. Nachdem der Antragsteller die geforderten Nachweise nicht erbrachte, hat die Antragsgegnerin die Zahlungen ab dem 1. September 2009 vorläufig eingestellt und den Antragsteller mit Schreiben vom 23. September 2009 nochmals auffordert, die angeforderten Nachweise zu erbringen. Mit Bescheid vom 2. Oktober 2009 hat die Antragsgegnerin die Bewilligung von Leistungen für die Zeit ab dem 1. August 2009 ganz aufgehoben und zur Begründung ausgeführt, es sei anzunehmen, dass der Antragsteller über Einkommen und/oder Vermögen verfüge, weshalb keine Leistungen nach dem SGB II rechtfertigt seien. Tatsächlich hat die Antragstellerin aber Leistungen noch für den Monat August 2009 an den Antragsteller überwiesen.

Am 6. Oktober 2009 hat der Antragsteller bei der Antragsgegnerin einen neuen Leistungsantrag gestellt. Die Antragsgegnerin hat den Antragsteller daraufhin mit Schreiben vom 19. Oktober 2009 aufgefordert, auf Vordrucken/Anlagen Angaben zu den aktuellen Kosten der Unterkunft, zum Vermögen und zum vorläufigen Einkommen zu machen und den Antragsteller darauf hingewiesen, dass Leistungen versagt würden, wenn er nicht bis spätestens 13. November 2009 seiner Mitwirkungspflicht nachkomme.

Mit einem weiteren beim SG am 31. Oktober 2009 eingegangenen einstweiligen Rechtsschutzantrag hat der Antragsteller begehrt, die Antragsgegnerin zu verpflichten, ihm wieder laufende Leistungen zu gewähren. Das SG hat beide Verfahren mit Beschluss vom 20. November 2009 verbunden. Mit Beschluss vom 7. Dezember 2009 hat das SG den Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt und zur Begründung ausgeführt, es stehe nicht fest, dass der Antragsteller bedürftig sei.

Gegen den ihm am 9. Dezember 2009 zugestellten Beschluss hat der Antragsteller am 9. Januar 2001 Beschwerde erhoben.

Mit Bescheid vom 5. Januar 2010 hat die Antragsgegnerin gegenüber dem Antragsteller Leistungen ab dem 6. Oktober 2009 "ganz versagt" und zur Begründung ausgeführt: Durch die Nichtvorlage der Nachweise zu seinem vorhandenen Vermögen, zu den Kosten der Unterkunft und zum vorläufigen Einkommen sei der Antragsteller seinen Mitwirkungspflichten nicht nachgekommen. Falls die Mitwirkung nachgeholt werde, werde die Antragsgegnerin prüfen, ob die Anspruchsvoraussetzungen erfüllt seien und ob Leistungen ganz oder teilweise nachzuzahlen seien.

Im Beschwerdeverfahren hat der Antragsteller in Kopie den ausgefüllten und der Antragsgegnerin zwischenzeitlich übergebenen Vordruck zu einem Einkommen aus der selbständigen Tätigkeit für den Zeitraum vom 1. Februar bis zum 31. Juli 2009 nebst Anlagen und eine "vorläufige Betriebswirtschaftliche Auswertung 2009" für die "W ... und W ... J. P ..." vorgelegt (wegen der näheren Einzelheiten wird auf Blatt 92 bis 106 der Gerichtsakten Bezug genommen).

Auf Hinweis des Berichterstatters, dass für den Monat September 2009 keine rechtmäßige Versagung der Leistungen vorliegen dürfte, hat die Antragsgegnerin dem Antragsteller für diesen Monat mit Bescheid vom 3. Februar 2010 Leistungen in Höhe von 492,80 EUR bewilligt und den Betrag überwiesen.

Der Antragsgegner hat mit Schreiben vom 6. Februar 2009 in Ablichtung folgende Unterlagen an das Gericht übersandt: 1.) einen mit seiner Mutter abgeschlossenen Kreditvertrag vom 6. Januar 2010 über die Gewährung eines zinslosen Darlehens in Höhe von 60.500,00 EUR für den Erwerb des von ihm bewohnten Hausgrundstückes im Wege der Teilungsversteigerung; 2.) Kontoauszüge des Kontos seiner Mutter, aus denen sich ein nach Angaben des Antragsteller aus einem Grundstücksverkauf stammender Zahlungseingang vom 45.745,64 EUR im Juli 2009 und drei Barabhebungen in Höhe von insgesamt 47.000,00 EUR im Juli und August 2009 ergeben; 3.) Auszüge seines Konto aus denen sich unter anderem im Juli und August 2009 Bareinzahlungen in Höhe von 88.000,00 EUR, die Überweisung der Sicherheitsleistung im Zwangsvollstreckungsverfahren an die Landeshauptkasse D ... in Höhe von 9.300,00 EUR am 31. Juli 2009, eine Überweisung in Höhe von 51.255,49 EUR an die Rechtsanwälte seiner Ehefrau am 9. September 2009, die Überweisung der Grunderwerbssteuer in Höhe von 2.205,00 EUR am 12. Oktober 2009 und die Rückerstattung der Sicherheitsleistung in Höhe von 6.507,93 EUR am 16. November 2010 ergeben.

Die Antragsgegnerin hat dem Antragsteller mit Schreiben vom 3. Februar 2010 aufgefordert, bis zum 20. Februar 2002 weitere Nachweise zu erbringen und zwar: Kontoauszüge seines Privatkontos der letzten drei Monate und Kontoauszüge seines Geschäftskontos, Belege für die von ihm bei der Ausgabenaufstellung berücksichtigten Raumkosten, eine vorläufige Einnahmen- und Ausgabenaufstellung für den aktuellen Zeitraum, einen Darlehensvertrag bezügliches eines Darlehens, für dass nach der eingereichten Einnahmen- Ausgabenaufstellung Tilgungen in Höhe von 500,00 EUR im Monat erfolgen.

Der Antragsteller hat in einem Schreiben vom 6. März 2010 erklärt, die im Rahmen der Teilungsversteigerung kurzfristig benötigten Mittel habe er von seiner Mutter und seinem Bruder erhalten und zudem auf Barmittel seiner Firma zurückgegriffen. Weiter hat er mitgeteilt, die Tilgung der bestehenden Darlehen beruhe auf Krediten, die er zur Existenzgründung aufgenommen habe und in Kopie Kreditverträge vorgelegt: Drei mit seiner Mutter abgeschlossene Kreditverträge und zwar vom 1. August 2004 über 10.000 EUR, vom 1. Januar 2006 über 5.000 EUR und vom 1. August 2009 über 10.000,00 EUR; weiter hat er Bestätigung der D. Bank über einen ihm für dem Geschäftbetrieb eingeräumten Kreditrahmen von 25.000,00 EUR vorgelegt. Für den Zeitraum vom 1. Februar bis Ende Juli 2010 hat der Antragsteller eine Aufstellung über die vorläufigen bzw. zu erwartenden Einnahme und Ausgaben aus seiner selbständigen Tätigkeit vorgelegt. Wegen der näheren Einzelheiten wird auf Blatt 155 ff. der Gerichtsakten Bezug genommen.

Der Antragsteller ist der Auffassung, er habe seine Bedürftigkeit in ausreichendem Umfang nachgewiesen. Die Antragsgegnerin müsse nachweisen, dass er über "verschwiegenes Vermögen" verfüge, was sie nicht getan habe. Er beantragt sinngemäß,

den Beschluss des Sozialgerichts Halle vom 7. Dezember 2009 aufzuheben und die Antragstellerin zu verpflichten, ihm für die Zeit vom 11. Juni 2009 bis Ende September 2009 höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts zu gewähren und für die Zeit ab dem 1. Oktober 2009 laufende Leistungen zum Lebensunterhalt zu zahlen.

Die Antragsgegnerin beantragt,

die Bewerde zurückzuweisen.

Sie meint, der Antragsteller habe die im Rahmen seiner Mitwirkungspflichten zu erbringenden Nachweise noch immer nicht im ausreichenden Umfang erbracht.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten und die Verwaltungsakten der Antragsgegnerin Bezug genommen. Die Akten haben vorgelegen und sind Gegenstand der Beratung gewesen.

II.

Die Beschwerde ist zulässig, insbesondere ist sie gemäß § 172 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaft und gemäß § 173 SGG form- und fristgerecht eingelegt worden. Der Ausschluss der Beschwerde nach § 172 SGG greift nicht ein, weil die Differenz zwischen der Summe der für den streitigen Zeitraum begehrten Leistungen zu den tatsächlich erbrachten Leistungen schon bei ganz überschlägiger Betrachtung über dem für die Zulässigkeit einer Berufung erforderliche Wert des Beschwerdegegenstandes von 750,00 EUR liegt.

Die Beschwerde ist zum Teil begründet.

Erfolg hat die Beschwerde im sich aus dem Tenor ergebenden Umfang. Hier ist das Rechtsschutzbegehren des Antragstellers als Antrag nach § 86b Abs. 1 Nr. 2 SGG auf Herstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 2. Oktober 2009 auszulegen. Die Antraggegnerin hatte dem Antragsteller mit Bescheid vom 28. Juli 2009 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für die Zeit vom 1. Juli 2009 bis zum 31. Januar 2009 bewilligt und diese Leistungsbewilligung mit Bescheid vom 2. Oktober 2009 für die Zeit ab dem 1. August 2009 aufgehoben. Weil die Antragsgegnerin die Leistungen aber noch für August 2009 ausgezahlt und für September 2009 in der Höhe wie zuvor mit Bescheid vom 3. Februar 2010 erneut bewilligt und auch überwiesen hat, ist hier nur der Zeitraum ab Oktober 2010 relevant. Der Antragsteller hat gegen denn Bescheid vom 2. Oktober 2010 mit dem am 31. Oktober 2009 eingegangenem Rechtsschutzantrag auch Widerspruch erhoben. Mit der Anrufung des Gerichts aufgrund der auf den Bescheid vom 2. Oktober 2010 gestützten Einstellung der Leistungserbringung hat der Antragsteller zugleich ausreichend deutlich gemacht, dass er mit dem Bescheid nicht einverstanden ist. Dieser Widerspruch hat aber keine aufschiebende Wirkung, weil diese gesetzlich durch § 39 SGB II ausgeschlossen ist. Insofern ist sein Rechtsschutzantrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung durch das Gericht gerichtet.

Über den Antrag auf Herstellung der aufschiebenden Wirkung entscheidet das angerufene Gericht aufgrund einer Interessenabwägung. Dabei kommt der summarischen Beurteilung der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides eine entscheidende Rolle zu. Denn an der sofortigen Vollziehung eines offensichtlichen oder nach summarischer Prüfung mit hoher Gewissheit rechtswidrigen Bescheides kann kein öffentliches Interesse bestehen. Hier ist nach summarischer Prüfung davon auszugehen, dass der angefochtene Bescheid vom 2. Oktober 2009 unrechtmäßig ist. Daraus folgt, dass dem Antrag auf Herstellung der aufschiebenden Wirkung statt zu geben und die Antragsgegnerin zur Auszahlung der (vorläufig) bewilligten Leistung verpflichtet ist. Es steht ihr frei die Leistung später aufgrund neuer Erkenntnisse endgültig festzusetzen. Solange dies aber nicht geschehen ist, ergibt sich aus dem Bescheid vom 28. Juli 2009 ein konkretisierter Leistungsanspruch für den Antragsteller.

Die Antragsgegnerin hat hier die Leistungsbewilligung mit der Begründung aufgehoben, es sei anzunehmen, dass der Antragsteller über Einkommen und/oder Vermögen verfüge. Hierin ist keine auf eine mangelnde Mitwirkung des Antragstellers gestützte Entziehungs- oder Versagungsentscheidung zu sehen. Der Bescheid kann auch nicht auf eine § 45 oder § 48 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz (SGB X) gestützt werden. Denn es steht nicht fest, dass der Antragsteller entweder schon zum Zeitpunkt der Bewilligung über die Bedürftigkeit ausschließendes Vermögen oder Einkommen verfügte oder dass dieser Fall während des Bewilligungszeitraums eingetreten ist. Auf die bloße Annahme oder Vermutung kann die Aufhebung der Leistungsbewilligung nicht gestützt werden. Eine Rechtsgrundlage ergibt sich auch nicht (hilfsweise) aus dem Bescheid der Antragstellerin vom 5. Januar 2010. Dieser zielt seinem erkennbaren Regelungsinhalt nach nicht auf die Entziehung der bewilligten Leistung ab, sondern es soll einer Versagung wegen fehlender Mitwirkung im Verwaltungsverfahren auf den Neuantrag vom 6. Oktober 2009 hin ausgesprochen werden. Für eine Leistungsversagung bezogen auf die bewilligten Leistungen bestand für die Antragsgegnerin keine Veranlassung, weil sie von der Wirksamkeit ihres Bescheides vom 2. Oktober 2009 ausging.

Das Begehren des Antragstellers ihm höhere Leistungen als die bewilligten zu gewähren, bzw. für den Zeitraum ab dem 1. Februar 2010, für den keine Leistungsbewilligung vorliegt, überhaupt Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II zu erbringen, ist als Antrag auf Erlass einer Regelungsverfügung nach § 86b Abs. 2 S. 2 SGG auszulegen. Das Gericht der Hauptsache kann auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (Sicherungsanordnung). Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (Regelungsanordnung). Hier kommt allein eine Regelungsanordnung in Betracht. Die Anordnung kann erlassen werden, wenn der Antragsteller glaubhaft macht, dass ein geltend gemachtes Recht gegenüber dem Antragsgegner besteht (Anordnungsanspruch) und der Antragsteller ohne den Erlass der begehrten Anordnung den Ausgang des Hauptsacheverfahrens (hier des Klageverfahrens) abwarten müsste und deswegen wesentliche Nachteile erleiden würde (Anordnungsgrund). Maßgebend für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist der Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts über den Antrag.

Ein Anordnungsgrund für die begehrten höheren Leistungen für den Zeitraum vom 11. Juni 2009 (Eingang des einstweiligen Rechtsschutzantrags beim SG) bis zum Ende des Monats Januar 2009 (bis zum Ende des Zeitraums für den Bewilligungsbescheide vorliegen) hat der Antragsteller nicht glaubhaft gemacht. Das anfängliche Begehren des Antragstellers war darauf gestützt, dass die Antragsgegnerin zu geringe Unterkunftskosten berücksichtigt hat, insbesondere weil zu leistende Nachzahlungen nicht berücksichtigt worden seien; außerdem sei der Zuschuss zur Rentenversicherung regelmäßig zu spät geleistet werde. Zum letzten Punkt hat der Kläger im Erörterungstermin vor dem SG am 2. Juli 2009 erklärt, dass Problem habe sich erledigt. Er hat weiter auf Nachfrage, welche höhere Unterkunftskosten er im Einzelnen nach Erlass des Bescheides der Beklagten vom 9. Juni 2009 noch geltend mache, sein Begehren nicht konkretisiert. Die von der Antragsgegnerin vorgenommene und auf Blatt 762 der Verwaltungsakten dokumentierte Berechnung geht auch korrekterweise von den nachgewiesenen tatsächlichen Unterkunftskosten aus und lässt keine rechtlichen oder rechnerischen Fehler erkennen.

Im Übrigen spricht bei der hier im einstweiligen Rechtsschutzverfahren summarischen Prüfung viel dafür, dass weitere Ansprüche des Antragsstellers jedenfalls wegen mangelnder Bedürftigkeit ausscheiden, weil der Antragsteller für seinen Lebensunterhalt zu verwendendes Einkommen aus seiner selbständigen Erwerbstätigkeit erzielt.

Bei der Berechnung des Einkommens aus selbstständiger Arbeit, Gewerbebetrieb oder Land- und Forstwirtschaft ist nach § 3 Abs. 1 der Arbeitslosengeld II/Sozialgeld-Verordnung (Alg II-V) von den Betriebseinnahmen auszugehen. Betriebseinahmen sind dabei die Einnahmen, die im Bewilligungszeitraum tatsächlich zufließen. Nach § 3 Abs. 2 Alg II-V sind zur Berechnung des Einkommens von den Betriebseinnahmen die tatsächlichen geleisteten notwendigen Ausgaben ohne Rücksicht auf steuerrechtliche Vorschriften abzusetzen. Von dem so ermittelten Einkommen sind dann für den selbständigen Hilfebedürftigen die Absetzungen der nicht betriebsbedingten Ausgaben nach § 11 Abs. 2 i.V.m. § 6 Alg II-V vorzunehmen. Tatsächliche Ausgaben sollen nicht abgesetzt werden, soweit diese ganz oder teilweise vermeidbar sind oder offensichtlich nicht den Lebensumständen während des Bezugs der Leistungen zur Grundsicherung für Arbeitsuchende entsprechen (§ 3 Abs. 3 Satz 1 Alg II-V). Nachgewiesene Einnahmen können bei der Berechnung angemessen erhöht werden, wenn anzunehmen ist, dass die nachgewiesene Höhe offensichtlich nicht den tatsächlichen Einnahmen entspricht (§ 3 Abs. 3 Satz 2 Alg II-V). Ausgaben können bei der Berechnung nicht abgesetzt werden, soweit das Verhältnis der Ausgaben zu den jeweiligen Erträgen in einem auffälligen Missverhältnis steht (§ 3 Abs. 3 Satz 3 Alg II-V).

Nach der vom Antragsteller im Beschwerdeverfahren vorgelegten Aufstellung zum Einkommen aus selbständiger Tätigkeit für den Zeitraum vom 1. Februar bis zum 31. Juli 2009 sind in diesem Zeitraum Betriebseinnahmen in einer Höhe von 21.054,46 EUR erzielt worden. Von diesen sind die Betriebsausgaben abzusetzen. Zumindest im einstweiligen Rechtsschutzverfahren ist auch hierbei grundsätzlich von Angaben des Antragstellers auszugehen, weil keine überprüfbaren Belege vorliegen. Allerdings sind hierbei keine Positionen zu berücksichtigen, die offensichtlich nicht zu den Betriebsausgaben gehören oder bei denen trotz entsprechender Aufforderung nicht belegt ist, dass sie angefallen sind. Der Antragsteller hat Betriebsausgaben in einer Gesamthöhe von 21.536,18 EUR aufgelistet. Dabei hat er aber zumindest in zwei Fällen Absetzungen vorgenommen, die hier keine Berücksichtigung finden können. Er hat monatlich 500,00 EUR für die "Tilgung bestehender Darlehen" abgesetzt. Dabei handelt es sich um die Darlehen, die der Antragsteller nach seinem Vortrag von seiner Mutter als persönliche Darlehen zur Finanzierung seiner Existenzgründung erhalten hat. Die Tilgung von Darlehen stellt generell - anders als die Zahlung von Zinsen für in Anspruch genommene Geschäftskredite – keine Betriebsausgabe dar. Hier kommt noch hinzu, dass der Antragssteller die von ihm behaupteten Darlehen persönlich erhalten hat. Er hat auch nicht Nachweise dafür beigebracht, die entsprechenden Tilgungsleistungen tatsächlich an seine Mutter zu erbringen. Weiter hat der Antragsteller Raumkosten in einer Gesamthöhe von 1.369,37 EUR berücksichtigt. Hierbei soll es sich um Kosten handeln, die für die geschäftliche Nutzung von Räumen im Eigenheim des Klägers anfallen. Er hat hierzu trotz schriftlicher Aufforderung durch die Antragsgegnerin, zuletzt im Schreiben vom 3. Februar 2010 mit Fristsetzung bis zum 20. Februar 2010 keine Belege erbracht, dass solche Raumkosten tatsächlich angefallen sind. Daraus folgt, dass im summarischen Verfahren nur um insgesamt 4,369,37 EUR verminderte Betriebkosten berücksichtigt werden können, so dass sich für den Zeitraum vom 1. Februar 2009 bis Ende Juli 2009 bei Einnahmen in einer Höhe von 21.054,46 EUR und Betriebsausgaben von 17.166,81 EUR ein Gewinn von 3.887,65 EUR bzw. umgerechnet auf den Monat von 647,94 EUR ergibt. Auch bei Berücksichtigung der Freibeträge nach § 11 Abs. 2 Satz 2 und § 30 SGB II verbleibt bei dem Antragsteller überschlägig ein anzurechnendes Einkommen. Für nachfolgende Zeiträume liegen nur sehr bruchstückhaft, vorläufige Angaben zu dem Einkommen aus selbstständiger Tätigkeit vor. Nach den Angaben des Antragstellers für den Zeitraum vom 1. Februar bis Ende Juli 2010 geht er von Betriebseinnahmen in Höhe von 18.000 EUR bei erwarteten Ausgaben von 23.664,02 EUR aus. Dabei hat der Antragsteller hier nur noch monatliche Raumkosten in Höhe von 20,00 EUR aber Darlehenstilgungen in Höhe von monatlich 1.000,00 EUR angesetzt. Werden diese von den Betriebsausgaben abgesetzt ergeben sind nur noch Betriebsausgaben in Höhe von 17.544,02 EUR, so dass auch hier ein geringer (geschätzter) Gewinn verbleibt.

Für den Zeitraum ab dem 1. Februar 2010 kann die Antragsgegnerin sich bei ihrer Nichtbewilligung darauf stützen, dass die mangelnde Mitwirkung des Antragstellers im Antragsverfahren dazu führt, dass sie nicht abschließend über eine Leistungsbewilligung (auch nicht vorläufig) entscheiden kann und deshalb die Voraussetzungen für eine Versagung nach § 66 Abs. 1 Erstes Buch Sozialgesetzbuch – Allgemeiner Teil des Sozialgesetzbuches (SGB I) vorliegen.

Die Antragsgegnerin hat den Antragsteller auf den neuen Leistungsantrag vom 6. Oktober 2009 hin mit Schreiben vom 19. Oktober 2009 unter anderem aufgefordert, auf dem entsprechenden Vordruck einen Nachweis über sein vorhandenes Vermögen zu führen. Dies ist auch vor dem Hintergrund zu sehen, dass der Antragsteller bis heute nicht nachvollziehbar darlegt hat, woher genau die Mittel stammen, die er im Zusammenhang mit dem Erwerb seines Hause im Zwangsversteigerungsverfahren in einer Gesamthöhe von 56.252,56 EUR (Sicherheitsleistung von 9.300,00 EUR abzüglich der Rückerstattung von 6.507,93 EUR, Überweisung in Höhe von 51.255,49 EUR an die Rechtsanwälte seiner Ehefrau, Überweisung der Grunderwerbssteuer in Höhe von 2.205,00 EUR) aufgewendet hat. Nachdem er zunächst angegeben hat, die Mittel darlehensweise von seiner Mutter erhalten zu haben, hat er nun vorgetragen, auch Geld von seinem Bruder erhalten und Barmittel vom Geschäftskonto verwendet zu haben. In diesem Zusammenhang stellt sich dann auch die Frage, ob der Rest der Bareinzahlungen in Höhe von 88.000,00 EUR im Zeitraum von Juli bis Augst 2009 zurückgezahlt wurde, oder dem Antragsteller noch zur Verfügung steht. Dies alles lässt es geboten erscheinen, vom Antragsteller eine genauere Aufstellung über seine Vermögensverhältnisse zu fordern. Die Antragsgegnerin hat im Schreiben vom 19. Oktober 2009 auch auf die Rechtsfolge hingewiesen worden, dass die Leistungen wegen mangelnder Mitwirkung versagt werden können. Nach alledem ist der Versagungsbescheid vom 5. Januar 2010 damit rechtmäßig ergangen. Die Antragsgegnerin hat die von ihr getroffene Entscheidung zutreffend auf § 66 SGB I gestützt. Der Antragsteller ist im Hinblick auf die von ihm beantragte Sozialleistung seiner Mitwirkungspflicht nach § 60 Abs. 1 SGB I nicht nachgekommen und hat hierdurch die Aufklärung des Sachverhalts erheblich erschwert. Dadurch war es für die Antragsgegnerin unmöglich, die Voraussetzungen für die Bewilligung von Leistungsgewährung abschließend zu prüfen. Der Antragsteller war nach § 60 Abs. 1 Nr. 1 SGB I im Rahmen seiner Mitwirkungspflicht verpflichtet, die von der Beklagten abgeforderten Angaben zu machen. Er hätte dies auch tun können, ohne den ihm übersandten Formularbogen zu nutzen. Grenzen der Mitwirkungspflicht im Sinne des § 65 SGB I wurden hierdurch nicht berührt. Die Antragsgegnerin hat den Kläger auch vor dem Erlass des Versagungsbescheides gemäß § 66 Abs. 3 SGB I über die Rechtsfolgen der fehlenden Mitwirkung informiert und ihn aufgefordert, diese nachzuholen. Anhaltspunkte für Fehler bei der Aufforderung und Fristsetzung ergeben sich nicht. Die Voraussetzungen für eine nachträgliche Erbringung der Leistungen nach § 67 SGB I bei Nachholung der Mitwirkung liegen nach Auffassung des Senats zumindest derzeit noch nicht vor, weil es an einer nachvollziehbaren Darlegung der Vermögenssituation des Antragstellers fehlt.

Die Kostenentscheidung erfolgt entsprechend § 193 SGG.

Dieser Beschluss ist gemäß § 177 SGG nicht mit der Beschwerde anfechtbar.
Rechtskraft
Aus
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