Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Halle (Saale) (SAN)
Aktenzeichen
S 13 R 580/05
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 3 R 577/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
volle Erwerbsminderung auf Zeit
Die Berufung wird zurückgewiesen. Die Beklagte trägt die erstattungsfähigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin auch im Berufungsverfahren. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten streitig, ob der Klägerin – wie das Sozialgericht entschieden hat – Rente wegen voller Erwerbsminderung vom 1. Oktober 2006 bis zum 30. September 2009 zusteht.
Die am ... 1950 geborene Klägerin absolvierte nach ihren Angaben nach dem Schulabschluss der Achten Klasse der Polytechnischen Oberschule (POS) von 1964 bis 1967 eine Ausbildung zur Wirtschaftspflegerin. Von 1968 bis 1972 sei sie Hausfrau, von 1972 bis 1975 Produktionsarbeiterin in einer Molkerei und danach bis 1997 Verkäuferin einem Lebensmittelgeschäft gewesen. Von 1997 bis 2002 arbeitete sie als Verkäuferin in einem Baumarkt. Nach ihrer Arbeitslosigkeit von 2002 bis 2003 war sie zuletzt von Dezember 2003 bis Mai 2004 im Rahmen einer Arbeitsbeschaffungsmaßnahme tätig.
Am 29. Mai 2004 erlitt die Klägerin einen Autounfall, bei dem sie eine Brustwirbelkörperfraktur sowie eine Trümmerfraktur des Humeruskopfes rechts erlitt, und deshalb bis zum 25. Juni 2004 im Carl-von-Basedow-Klinikum M. stationär behandelt werden musste. Vom 3. bis zum 24. November 2004 nahm sie an einer Rehabilitation in der Rehabilitationsklinik G. teil. Ausweislich des Entlassungsberichtes vom 1. Dezember 2004 seien als Gesundheitsstörungen eine Fraktur des proximalen Endes des Humerus, eine Fraktur eines Brustwirbels, Läsionen der Rotatorenmanschette, eine Hypercholesterinämie und eine Adipositas (Körpergröße 161 cm und bei Aufnahme 83 kg, bei Entlassung 82 kg) zu berücksichtigen. Die Klägerin könne noch leichte bis mittelschwere Arbeiten auch überwiegend im Gehen, Stehen und/oder Sitzen in Tages-, Früh-, Spät- und Nachtschicht sechs Stunden und mehr täglich verrichten. Arbeiten mit überwiegend einseitiger Körperhaltung, häufigem Bücken, Überkopfarbeit, Torsionsbewegungen der Wirbelsäule, starken Vibrationsbelastungen und Temperaturschwankungen sowie Arbeiten unter Witterungseinflüssen wie Kälte, Nässe oder Zugluft seien zu meiden. Die Gebrauchsfähigkeit der linken Hand sei zusätzlich durch einen Geburtsfehler eingeschränkt. Ihre letzte Tätigkeit als Verkäuferin in einem Baumarkt könne die Klägerin nur noch unter drei Stunden täglich zumutbar verrichten.
Am 29. Dezember 2004 beantragte die Klägerin die Bewilligung von Rente wegen Erwerbsminderung bei der Beklagten. Wegen starker Schmerzen im Rücken- und Brustwirbelbereich seien ihr weder langes Stehen noch Sitzen möglich. Es bestehe aufgrund der erlittenen Trümmerfraktur eine starke Einschränkung der Beweglichkeit des rechten Armes; zudem liege eine Behinderung an der linken Hand vor. Zurzeit könne sie keinerlei Arbeiten verrichten.
Die Beklagte holte zunächst einen Behandlungs- und Befundbericht von der Fachärztin für Allgemeinmedizin Dipl.-Med. F. vom 14. Januar 2005 ein, die die Epikrise des Carl-von-Basedow-Klinikums M. vom 7. September 2004 über die Behandlung der Klägerin nach ihrem Verkehrsunfall am 29. Mai 2004 sowie die Gutachten für den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) Sachsen-Anhalt vom 27. August und 1. September 2004 sowie vom 10. Januar 2005 beifügte. Unter dem 1. September 2004 hatte Dipl.-Med. M. kein Restleistungsvermögen für eine Vermittlung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt gesehen; unter dem 10. Januar 2005 hielt er körperlich leichte Tätigkeiten im Wechselrhythmus von Gehen, Stehen und Sitzen mit weiteren qualitativen Einschränkungen sechs Stunden täglich für möglich. Daraufhin lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 28. Januar 2005 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 18. Mai 2005 den Rentenantrag ab. Die Klägerin sei weder voll oder teilweise erwerbsgemindert noch berufsunfähig. Zwar könne sie ihre bisherige Tätigkeit als Verkäuferin nicht mehr ausüben. Sie sei jedoch gesundheitlich und sozial zumutbar auf die Tätigkeiten der Telefonistin und der Bürohilfskraft verweisbar.
Hiergegen hat die Klägerin am 15. Juni 2005 beim Sozialgericht Halle Klage erhoben. Aufgrund der Unfallfolgen leide sie weiterhin unter ständigen Schmerzen und benötige selbst im Haushalt Hilfe, sodass sie sich nicht mehr in der Lage sehe, dem Arbeitsmarkt zur Verfügung zu stehen.
Das Sozialgericht hat Behandlungs- und Befundberichte von Dipl.-Med. F. vom 8. August 2005 und von dem Facharzt für Orthopädie und Oberarzt in der Universitätsklinik und Poliklinik für Orthopädie und Physikalische Medizin Dr. G. vom 26. Oktober 2005 eingeholt. Dipl.-Med. F. hat darauf hingewiesen, dass sich die Befunde besonders im Bereich der Brustwirbelsäule (BWS) und der Lendenwirbelsäule (LWS) erheblich verschlechtert hätten. Dr. G. hat mitgeteilt, die Diagnosen einer Kompressionsfraktur des Brustwirbelkörpers (BWK) 11 mit posttraumatischer Kyphose des thorakolumbalen Übergangs und einer knöchern in Fehlstellung konsolidierten subcapitalen Humerusfraktur rechts mit erheblichem Defizit gestellt zu haben. Wegen der Leiden nehme die Klägerin regelmäßig Tramadol und Dolgit 600 ein. Über den Verlauf könne er anhand seiner lückenhaften Unterlagen keine Auskunft geben. Auf die Frage, ob die Klägerin noch leichte körperliche Arbeiten mit zusätzlichen qualitativen Einschränkungen sechs Stunden täglich auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt verrichten könne, hat er geantwortet, dass der rechte Arm und die Wirbelsäule kaum belastbar seien. Da zudem eine instabile Wirbelsäule im Bereich des thorakolumbalen Überganges vorliege, könne die Klägerin auch leichte körperliche Arbeiten mit Unterbrechungen nur bedingt über sechs Stunden verrichten.
Daraufhin hat das Sozialgericht ein Gutachten von dem Facharzt für Orthopädie Dr. K. vom 23. April 2006 eingeholt. Bei der ambulanten Untersuchung der Klägerin habe diese über sehr starke Schmerzen und eine Einschränkung der Gehstrecke auf zehn bis fünfzehn Meter geklagt, dann müsse sie durch Schmerzen in der LWS, zunehmendes Hinken und Kraftlosigkeit im linken Bein stehen bleiben. Sitzen sei ungefähr eine Viertelstunde lang möglich, dann müsse sie aufgrund eines starken thorakolumbalen Drucks aufstehen und sich bewegen. Stehen könne sie ca. zehn Minuten lang. Bücken sei nur mit zusätzlichem Hinknien möglich, Lasten könnten bis ca. fünf kg gehoben und getragen werden, Treppensteigen falle aufwärts schwer, Hocken sei schlecht möglich. Bei der Untersuchung seien die Halswirbelsäule (HWS) in der Rückneige deutlich eingeschränkt beweglich, der Schürzen- und Nackengriff rechts nicht möglich und die Kraft rechts auf Janda 3 bis 4 gemindert gewesen. Die linke Hand habe eine Dysmelie aufgewiesen, d.h. es fehlten die Mittel- und Endglieder des 2., 3. und 5. Fingers und der 4. Finger sei im PIP-Gelenk in 15°-Flexionsstellung versteift. Die BWS und LWS seien bei der Rotation und der Seitneigung schmerzhaft, die Rückneige aufgehoben sowie die Vorbeuge stark schmerzhaft eingeschränkt gewesen. Der Fingerbodenabstand habe 76 cm betragen. Das Lasègue´sche-Zeichen sei beidseits bei 45° positiv gewesen. Nach Auswertung der bildgebenden Befunde sowie der anlässlich der Begutachtung erstellten Röntgenaufnahmen seien folgende Diagnosen zu stellen:
Chronisches thorakolumbales Pseudoradikulärsyndrom bei Dekompensation der Wirbelsäule infolge einer Fehlstatik nach deutlicher BWK-11-Kompression und leichter Kompression BWK-12, unfallbedingt. Radikuläre Reizung L 5 links bei Gefügestörung L 4/L 5. Schwere posttraumatische schmerzhafte Funktionsstörung aufgrund in Dislokalisation verheilter proximaler Humerusfraktur mit latenter Reizung des Plexus brachialis des rechten Schultergelenks. Dysmelie linke Hand.
Die Klägerin könne nur noch körperlich leichte Arbeiten im Wechsel zwischen Sitzen, Stehen und Gehen ohne Zwangshaltungen, mit nur gelegentlich möglichem Knien und Hocken, Tragen oder Bewegen von Lasten ohne mechanische Hilfsmittel und ohne Gerüst- und Leiterarbeiten ausüben. Die Gebrauchsfähigkeit der Hände sei rechts durch die Gesamteinschränkung in der Einsetzbarkeit und Kraftentfaltung behindert. Links bestünden durch die angeborenen Veränderungen der Finger Einschränkungen hinsichtlich feinerer körperlicher Arbeiten und der Kraftentfaltung. Arbeiten im Freien unter Witterungsschutz seien zwar möglich, jedoch sollten Zugluft und starke Temperaturschwankungen vermieden werden. Die Klägerin sei Arbeiten mit durchschnittlichen Anforderungen an das Seh- und Hörvermögen und mittelschwierigen Anforderungen an geistige und mnestische Fähigkeiten gewachsen; an die Reaktionsfähigkeit könnten wegen der bewegungsabhängigen Schmerzen nur geringe Anforderungen gestellt werden. Arbeiten unter besonderem Zeitdruck sollten vermieden werden. Die der Art nach zumutbaren Arbeiten könne die Klägerin nur noch vier Stunden täglich verrichten. Denn durch die frakturbedingte Kyphosierung des für die Gesamtstatik bedeutsamen thorakolumbalen Übergangs sei es zu einer zunehmenden ausgedehnten schmerzhaften Funktionsstörung der Wirbelsäule gekommen. Komplizierend wirkten hierbei die Gefügestörung L 4/L 5 und die degenerativen Veränderungen der HWS, die die Kompensationsmöglichkeiten behinderten. Auch bei einem Wechsel der Körperhaltungen komme es im Laufe weniger Stunden zu unzumutbaren Beschwerden. Die ständige ausgeprägte schmerzhafte Funktionsstörung des rechten Schultergelenks wirke sich, auch bei vorrangiger Tätigkeit mit der linken Hand, einschränkend auf die Gesamtbelastbarkeit aus. Die Gehfähigkeit der Klägerin sei im Sinne einer Claudicatio spinalis eingeschränkt. Auch mit Pausen liege die Belastbarkeitsgrenze bei unter 450 Metern. Die Klägerin könne öffentliche Verkehrsmittel benutzen. Ein Kfz könne sie nur als Beifahrer maximal eine halbe Stunde lang nutzen. Die festgestellte Einschränkung der Leistungsfähigkeit bestehe auf Dauer mit der Tendenz zur weiteren Verschlechterung. Von den Vorgutachtern weiche er wegen der nun nachweisbaren und mit dem Zeitablauf nachvollziehbaren Verschlechterung der Beweglichkeit der Wirbelsäule und des rechten Schultergelenks sowie des Beschwerdebildes ab. Außerdem seien erst jetzt die Gefügestörung der LWS und die degenerativen Veränderungen der HWS auf den neu angefertigten Röntgenaufnahmen sichtbar geworden. Des Weiteren sei bisher zu wenig berücksichtigt worden, dass durch die stark unfallbedingt eingeschränkte Verwendbarkeit des rechten Armes die angeborenen Veränderungen der linken Hand nunmehr besonders hervorträten.
Die Beklagte ist unter Bezugnahme auf eine ärztliche Stellungnahme des Prüfarztes Dr. R. vom 18. Juli 2006 der gutachterlichen Einschätzung nicht gefolgt. Danach bedingten die Bewegungseinschränkungen des rechten Schultergelenks und die Funktionsstörungen der Wirbelsäule qualitative Einschränkungen, aber keine quantitative Leistungsminderung. Die beschriebenen subjektiven Beschwerden begründeten keine Minderung des quantitativen Leistungsvermögens. Die Wegefähigkeit sei gegeben, da keine Funktionseinschränkungen der unteren Gliedmaßen vorlägen; die aufgeführte Fahruntauglichkeit könne medizinisch nicht nachvollzogen werden.
In seiner hierzu eingeholten ergänzenden gutachterlichen Stellungnahme vom 20. August 2006 hat Dr. K. nochmals die beträchtliche Zunahme der schmerzhaften Bewegungseinschränkung des rechten Schultergelenkes hervorgehoben. Ferner sei wesentlich für seine Beurteilung die erst jetzt auffällige Nervenreizung des rechten Arms hervorheben gewesen. Insoweit berge die zu starke Beanspruchung des Arms die Gefahr zunehmender und bleibender Nervenschädigungen. Im Vergleich zum Kuraufenthalt sei es zudem zu einer erheblichen Zunahme der schmerzhaften Bewegungseinschränkungen der Wirbelsäule gekommen. Insgesamt sei die zeitliche Gesamtbelastbarkeit der Klägerin aus seiner Sicht auf vier Stunden täglich und damit auf halbschichtig gesunken.
Die Beklagte hat an ihrer Einschätzung, wonach das qualitative, aber nicht das quantitative Leistungsvermögen der Klägerin eingeschränkt sei, festgehalten. Diese qualitativen Einschränkungen des Leistungsvermögens hinderten die Klägerin nicht, die benannten Verweisungstätigkeiten als Telefonistin und Bürohilfskraft zu verrichten.
Die Klägerin hat das Gutachten von Dr. G. vom 21. Juni 2005 für die Allianz Versicherungs-AG zu den Akten gereicht. Dieser hat die Diagnosen einer Kompressionsfraktur BWK 11 mit posttraumatischer Kyphose des thorakolumbalen Übergangs und eine knöchern in Fehlstellung konsolidierte subcapitale Humerusfraktur rechts mit erheblichem funktionellen Defizit gestellt. Die Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) betrage aufgrund der Folgen im Bereich des rechten Schultergelenks 20 v.H. und im Bereich des thorakolumbalen Übergangs aufgrund der BWK-11-Fraktur ebenfalls 20 v.H. Die konzentrische Bewegungseinschränkung im Bereich des rechten Schultergelenkes führe dazu, dass alle Arbeiten oberhalb der Brusthöhe von der Klägerin mit dem rechten Arm, der die Händigkeit betreffe, nicht mehr ausgeführt werden könnten. Die wahrscheinlich vorliegende Instabilität aufgrund der BWK-11-Fraktur könne nur durch eine Aufrichtung des ventral kollabierten Bewegungssegmentes und durch eine operative Fusion der Segmente Th 10 – Th 12 erreicht werden. Hinsichtlich des rechten Schultergelenks seien die Möglichkeiten zur Funktionsverbesserung erheblich begrenzt. Hier sollten konservative krankengymnastische Behandlungen durchgeführt werden.
Mit Urteil vom 16. November 2006 hat das Sozialgericht Halle die Beklagte unter Änderung des Bescheides vom 28. Januar 2005 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 18. Mai 2005 verurteilt, der Klägerin unter Zugrundelegung eines Leistungsfalls vom 28. März 2006 Rente wegen voller Erwerbsminderung vom 1. Oktober 2006 bis zum 30. September 2009 zu zahlen und die Klage im Übrigen abgewiesen. Unter Zugrundelegung der überzeugenden ausführlichen Feststellungen von Dr. K. in dessen Gutachten vom 23. April 2006 verfüge die Klägerin nur noch über ein Leistungsvermögen von vier Stunden. Sie könne nur noch leichte Arbeiten im Wechsel der Körperhaltungen ohne Zwangshaltung, ohne Zugluft, starke Temperaturschwankungen und ohne besondere Anforderungen an die rechte Hand bzw. den rechten Arm verrichten. Da die Beklagte der Klägerin keinen leidensgerechten Teilzeitarbeitsplatz nachgewiesen habe, sei der Arbeitsmarkt für sie verschlossen, sodass ihr eine von der Arbeitsmarktlage abhängige Rente wegen voller Erwerbsminderung zuzusprechen sei. Gemäß § 102 Abs. 2 Satz 2 SGB VI habe eine Befristung für längstens drei Jahre nach Rentenbeginn zu erfolgen. Rentenbeginn sei hier der 1. Oktober 2006. Die Kammer sei zu der Feststellung gekommen, dass der Leistungsfall seit dem Gutachten (März 2006) eingetreten sei.
Gegen das ihr am 28. November 2006 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 20. Dezember 2006 Berufung beim Landessozialgericht Sachsen-Anhalt eingelegt. Der Auffassung des Sozialgerichts, wonach die Klägerin nur noch über ein Leistungsvermögen von vier Stunden am Tag verfüge, werde nicht gefolgt. Diese Einschätzung, die sich maßgeblich auf das orthopädische Gutachten vom 23. April 2006 stütze, sei medizinisch nicht begründet. Im Vordergrund der Beschwerdesymptomatik stünden bei der Klägerin die Bewegungseinschränkung des rechten Schultergelenks nach Fraktur bei normaler Handfunktion und einer mäßigen Funktionsstörung der Wirbelsäule nach BWK-11-Fraktur. Bewegungseinschränkungen anderer großer Gelenke oder neurologische Ausfallerscheinungen lägen nicht vor. Die Hüft-, Knie- und Sprunggelenke seien frei beweglich, motorische und sensible Nervenausfallerscheinungen bestünden nicht. Die angeborene Fingerverkürzung an einigen Fingern der linken Hand habe die Klägerin nicht an einer langjährigen beruflichen Tätigkeit als Verkäuferin gehindert. Sie sei deshalb nach wie vor in der Lage, leichte körperliche Arbeiten mit weiteren qualitativen Einschränkungen sechs Stunden am Tag zu verrichten. Sie könne insbesondere noch körperlich leichte Verpackertätigkeiten oder die Tätigkeit als Museumsaufsicht ausüben.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Halle vom 16. November 2005 aufzuheben und die Klage insgesamt abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Sie hat nochmals darauf hingewiesen, immer extremen Schmerzen ausgesetzt zu sein, was auf die schmerzhafte Funktionsstörung der Wirbelsäule infolge der frakturbedingten Kyphosierung und der Gefügestörung zwischen L 4 und L 5 sowie auf die degenerativen Veränderungen der HWS zurückzuführen sei. Auch eine wechselnde Körperhaltung könne an der Schmerzhaftigkeit nichts ändern. Ferner habe sie die angeborene Fingerverkürzung an einigen Fingern der linken Hand zunächst durch die Benutzung der rechten Hand kompensieren können. Durch den Unfall sei sie aber nun nicht mehr in der Lage, ihre rechte Hand uneingeschränkt zu benutzen, sodass durch die Kombination aller Erkrankungen eine extreme Beeinträchtigung bestehe. Ferner sei ihre Gehfähigkeit erheblich eingeschränkt.
Im Berufungsverfahren sind Behandlungs- und Befundberichte von Dipl.-Med. F. vom 11. Februar und vom 30. Oktober 2008 und von dem Facharzt für Orthopädie/Chirotherapie Maennicke vom 5. September 2009 sowie von dem Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. K. vom 11. September 2009 eingeholt worden. Dipl.-Med. F. hat angegeben, dass sich die Beschwerden im Bereich der Wirbelsäule und der rechten Schulter zunehmend verschlechtert hätten. Er hat den an ihn gerichteten Arztbrief von dem Arztbrief für Neurologie/Chirotherapie Dr. W. vom 25. Juni 2007 beigefügt, der die Diagnose einer Claudicatio spinalis und einer Fraktur des Humerus rechts gestellt hat. Ferner hat er den Bericht der Fachärztin für Neurochirurgie Dr. J. vom Medizinischen Versorgungszentrum (MVZ) Bergmannstrost GmbH vom 28. November 2007 über die ambulante Vorstellung der Klägerin am 26. November 2007 beigefügt. Danach sei die Diagnose eines funktionellen Schmerzsyndroms nach BWK-11-Fraktur zu stellen. Es bestehe keine OP-Indikation, da die Fraktur zu alt sei und der Wirbelkörper nicht mehr angehoben werden könne. Herr M. hat die Frage, ob die Klägerin noch leichte körperliche Arbeiten im Wechsel der Haltungsarten mit einfachen Anforderungen an geistige und mnestische Fähigkeiten mindestens sechs Stunden täglich erbringen könne, dahingehend beantwortet, dass die Klägerin im derzeitigen Zustand maximal drei Stunden arbeitsfähig sei. Dies sei in dem Dauerschmerz bei leichter Belastung wie Sitzen, Stehen und Laufen und einer nahezu vollständigen Gebrauchsunfähigkeit der rechten Schulter begründet. Er hat den an ihn gerichteten Arztbrief des Facharztes für die diagnostische Radiologe Dr. H. vom 25. Mai 2009 über die am selben Tag durchgeführte Kernspintomographie der LWS beigefügt. Danach bestünden Bandscheibenprotrusionen in Höhe LWK 3/4 und LWK 4/5 und bei LWK 5/SWK 1 ein kleiner subligamentärer Prolaps. Eine Spinalkanalstenosierung sei nicht erkennbar. Ferner sei hinsichtlich der neuronalen Strukturen eine Thekalsackimpression LWK 5/SWK 1 festzustellen. Die Fachärztin für Radiologie Dipl.-Med. F. hat in ihrem Arztbrief vom 6. Juni 2009 die am selben Tag erstellte Röntgenaufnahme des rechten Schultergelenks dahingehend interpretiert, dass ein Humeruskopfhochstand, ein deformierter Kopf, mehrere wolkenartige Sklerosierungen des Humeruskopfes und Degenerationen im Akromialgelenk sichtbar seien. Dies sei dahingehend zu beurteilen, dass ein Zustand nach Humeruskopffraktur mit Abkippung sowie vermehrte Sklerosierungen bestünden. Der Subakromialraum sei deutlich eingeengt und es bestehe wahrscheinlich die Ruptur einer Rotatorenmanschette. Herr K. hat über seine Behandlung der Klägerin vom 16. Februar bis zum 16. Juli 2009 berichtet. Die Konzentration sei deutlich vermindert, das Auffassungsvermögen und die Merkfähigkeit seien beeinträchtigt gewesen. Es seien ein verlangsamter, aber geordneter Formalgedankengang und ein reduzierter Antrieb aufgefallen. Es habe eine psychomotorische Unruhe bestanden. Die Affektivität habe sich ängstlich, labil und weinerlich und die Grundstimmung depressiv und ängstlich gezeigt. Aus psychiatrischer Sicht bestehe die Diagnose "Angst und depressive Störung gemischt". Zur Leistungsfähigkeit der Klägerin befragt, hat er die Auffassung vertreten, die Klägerin könne leichte körperliche Arbeit ohne Zeitdruck und ohne Zwangshaltungen unter drei Stunden in der Woche leisten.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichts- und der Verwaltungsakte der Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Beklagten ist unbegründet. Insoweit hat das Sozialgericht im Ergebnis zu Recht hat den Bescheid der Beklagten vom 28. Januar 2005 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 18. Mai 2005 abgeändert und die Beklagte verurteilt, ausgehend vom Eintritt des Leistungsfalls der teilweisen Erwerbsminderung am Untersuchungstag durch Dr. K., d.h. am 28. März 2006, wegen der Verschlossenheit des Arbeitsmarktes Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Zeit zu bewilligen. Insoweit ist der Bescheid der Beklagten rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 54 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG)). Denn der Klägerin steht der Anspruch auf Bewilligung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung vom 1. Oktober 2006 bis zum 30. September 2009 zu.
Nach § 43 Abs. 1, Abs. 2 SGB VI in der ab dem 1. Januar 2001 geltenden Fassung haben Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersrente Anspruch auf Rente wegen teilweiser oder voller Erwerbsminderung, wenn sie teilweise oder voll erwerbsgemindert sind, in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben.
Nach § 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI sind teilweise erwerbsgemindert Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Nach § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI sind voll erwerbsgemindert Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Erwerbsgemindert ist nach § 43 Abs. 3 SGB VI nicht, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.
Die Klägerin war in der Zeit vom 28. März 2006 bis zum 30. September 2009 zumindest teilweise erwerbsgemindert, da sie zur Überzeugung des Senats nicht mehr mindestens sechs Stunden täglich, sondern nur noch vier Stunden täglich erwerbstätig sein konnte.
Dies ergibt sich für den Senat aus dem Gutachten von Dr. K. vom 23. April 2006, aus den Befundberichten der behandelnden Ärzte der Klägerin und aus dem Gutachten von Dr. G. vom 21. Juni 2005. Danach konnte die Klägerin nur noch körperlich leichte Arbeiten im Wechsel der Körperhaltungen vier Stunden täglich verrichten. Ausgeschlossen waren das Zurücklegen von längeren Gehstrecken, langes Stehen sowie Leiter- und Gerüstarbeiten. Arbeiten unter besonderem Zeitdruck waren ebenso wenig möglich wie Arbeiten, bei denen der rechte Arm oberhalb der Brusthöhe angehoben werden musste. Auch konnten Arbeiten, die eine volle Gebrauchsfähigkeit der Hände erforderten, nicht bewältigt werden; beide Hände waren in der Kraftentfaltung eingeschränkt, links konnten wegen der angeborenen Fehlbildung keine feinmotorischen Arbeiten verrichtet werden. Die Klägerin war durchschnittlichen Anforderungen an das Seh- und Hörvermögen, an das geistige Leistungsvermögen und an die mnestischen Fähigkeiten wie Übersicht, Aufmerksamkeit, Verantwortungsbewusstsein und Zuverlässigkeit gewachsen. An die Reaktionsfähigkeit konnten nur geringe Anforderungen gestellt werden.
Die quantitativen und qualitativen Leistungseinschränkungen im vom Senat zu beurteilenden Zeitraum resultierten aus den Folgen des am 29. Mai 2004 erlittenen Verkehrsunfalls im Zusammenwirken mit angeborenen und erworbenen Leiden. Aufgrund der Kompressionsfraktur BWK 11 war es zu einer posttraumatischen Kyphose des thorakalumbalen Übergangs und zu einer Instabilität dieses Wirbelsäulenabschnitts gekommen. Darüber hinaus bestanden eine Gefügestörung in Höhe L 4/L 5 sowie Bandscheibenprotrusionen in Höhe LWK 3/4 und LWK 4/5 sowie bei LWK 5/SWK 1 ein kleiner subligamentärer Prolaps. Hierdurch war die Belastbarkeit der Wirbelsäule schmerzhaft eingeschränkt und es bestanden Nervenwurzelreizerscheinungen; letztere sind durch die bildgebende Diagnostik bei Dr. K. belegt und durch die Kernspintomographie von Dr. H. vom 25. Mai 2009 bestätigt worden. Schließlich lagen degenerative Veränderungen der HWS vor, die die Belastbarkeit der Wirbelsäule und eventuelle Kompensationsmöglichkeiten weiter verringerten.
Ferner hatte die in Fehlstellung konsolidierte subcapitale Humerusfraktur rechts zu einem erheblichen funktionellen Defizit dahingehend geführt, dass aufgrund der Bewegungseinschränkung im Bereich des rechten Schultergelenks alle Arbeiten oberhalb der Brusthöhe mit dem rechten Arm nicht mehr ausgeführt werden konnten. Durch die latente Reizung des Plexus brachialis des rechten Schultergelenks litt die Klägerin unter ständigen Schmerzen. In Folge der stark schmerzhaft eingeschränkten Belastbarkeit des rechten Armes bei bestehender Rechtshändigkeit konnte die Klägerin schließlich die Einschränkungen der linken Hand aufgrund der angeborenen Fehlbildung der Finger der linken Hand nicht mehr kompensieren, sodass eine eingeschränkte Kraftminderung, eine fehlende Feinmotorik links und die fehlende Einsetzbarkeit des rechten Armes über Brusthöhe die Arbeitsmöglichkeiten und das ausdauernde Arbeiten der Klägerin weiter einschränkten.
Leidensgerechte Arbeiten konnte die Klägerin nur noch vier Stunden täglich verrichten. Wegen der Schmerzen in Folge der latenten Reizung des Plexus brachialis am rechten Schultergelenk und der Nervenwurzelreizerscheinungen der LWS und der BWS war ihr ein längeres Arbeiten täglich nicht zumutbar. Der Senat schließt sich insoweit den Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen Dr. K. an. Dessen Befunderhebungen und Diagnosen sind von Dr. G. und den behandelnden Ärzten, insbesondere den Radiologen Dr. H. und Dr. F., bestätigt worden. Da der Senat über einen abgelaufenen Zeitraum zu entscheiden hatte, hat er von der Einholung eines weiteren Sachverständigengutachtens im Berufungsverfahren abgesehen, da dies für den streitgegenständlichen Zeitraum keinen wesentlichen Erkenntnisgewinn erbracht hätte.
Bei der Klägerin lagen auch die (besonderen) versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für eine Rentengewährung vor: Die Klägerin ist bei der Beklagten versichert und hatte zum Zeitpunkt der Rentenantragstellung am 29. Dezember 2004 die allgemeine Wartezeit nach § 50 Abs. 1 SGB VI von fünf Jahren (60 Monaten) erfüllt. Ausweislich der in der Verwaltungsakte enthaltenen Wartezeitaufstellung lagen bis zu diesem Zeitpunkt 431 Monate mit Beitragszeiten vor und es waren im maßgeblichen Zeitraum von fünf Jahren vor dem Rentenantrag alle Monate mit Pflichtbeiträgen belegt, sodass die so genannte Drei-Fünftel-Belegung sowohl im Zeitpunkt der Rentenantragstellung als auch noch im März 2006 erfüllt war.
Die Klägerin hatte ab dem 1. Oktober 2006 zumindest Anspruch auf Bewilligung der Rente wegen voller Erwerbsminderung wegen der Verschlossenheit des Teilzeitarbeitsmarktes.
Nach § 102 Abs. 2 Satz 1, 2 SGB VI werden Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit auf Zeit geleistet, wobei die Befristung für längstens drei Jahre nach Rentenbeginn erfolgt. Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit können nur unbefristet geleistet werden, wenn der Anspruch auf diese Rente unabhängig von der jeweiligen Arbeitsmarktlage besteht, und es darüber hinaus unwahrscheinlich ist, dass die Minderung der Erwerbsfähigkeit behoben werden kann (§ 102 Abs. 1 Satz 5 SGB VI).
Hier kam eine befristete Rente deshalb in Betracht, weil der Klägerin der Anspruch auf eine Rente wegen voller Erwerbsminderung jedenfalls wegen der Verschlossenheit des Teilzeitarbeitsmarktes zustand. Nach der vom Bundessozialgericht (BSG) entwickelten Rechtsprechung zur "konkreten Betrachtungsweise" ist von einem verschlossenen Teilzeitarbeitsmarkt auszugehen, wenn die Versicherte nur noch drei bis unter sechs Stunden täglich arbeiten kann und arbeitslos ist bzw. keine Tätigkeit ausübt (BSG, Großer Senat, Beschluss vom 10. Dezember 1976 - GS 2/75, 3/75, 4/75, 3/76 - BSGE 43, 75, 80 ff). Die Klägerin war im hier maßgeblichen Zeitraum nur noch vier Stunden täglich einsetzbar und nicht erwerbstätig. Hier ist vom Eintritt der teilweisen Erwerbsminderung am Tag der Untersuchung bei Dr. K., d.h. am 28. März 2004, auszugehen, da für den Zeitraum ab Rentenantragstellung bis zum 28. März 2004 die Einschätzungen der behandelnden Ärzte in der Rehabilitationsklinik Göhren im Entlassungsbericht vom 1. Dezember 2004 und des Dipl.-Med. M. im MDK-Gutachten vom 10. Januar 2005 entgegen stehen.
Befristete Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit werden nach § 101 Abs. 1 SGB VI nicht vor Beginn des siebten Kalendermonats nach dem Eintritt der Minderung der Erwerbsfähigkeit geleistet. Der siebte Kalendermonat nach Eintritt der nachgewiesenen Erwerbsminderung begann am 1. Oktober 2004.
Der Klägerin war die Rente wegen voller Erwerbsminderung jedenfalls für drei Jahre zu bewilligen. Gesichtspunkte, die eine hinter dieser Regeldauer der Leistungsgewährung bei befristeten Renten zurückbleibende Bewilligung rechtfertigen könnten, sind nicht erkennbar.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision im Sinne von § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor. Es handelt sich um eine Einzelfallentscheidung auf gesicherter Rechtsgrundlage, ohne dass der Senat von einer Entscheidung der in § 160 Abs. 2 Nr. 2 SGG genannten Gerichte abweicht.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten streitig, ob der Klägerin – wie das Sozialgericht entschieden hat – Rente wegen voller Erwerbsminderung vom 1. Oktober 2006 bis zum 30. September 2009 zusteht.
Die am ... 1950 geborene Klägerin absolvierte nach ihren Angaben nach dem Schulabschluss der Achten Klasse der Polytechnischen Oberschule (POS) von 1964 bis 1967 eine Ausbildung zur Wirtschaftspflegerin. Von 1968 bis 1972 sei sie Hausfrau, von 1972 bis 1975 Produktionsarbeiterin in einer Molkerei und danach bis 1997 Verkäuferin einem Lebensmittelgeschäft gewesen. Von 1997 bis 2002 arbeitete sie als Verkäuferin in einem Baumarkt. Nach ihrer Arbeitslosigkeit von 2002 bis 2003 war sie zuletzt von Dezember 2003 bis Mai 2004 im Rahmen einer Arbeitsbeschaffungsmaßnahme tätig.
Am 29. Mai 2004 erlitt die Klägerin einen Autounfall, bei dem sie eine Brustwirbelkörperfraktur sowie eine Trümmerfraktur des Humeruskopfes rechts erlitt, und deshalb bis zum 25. Juni 2004 im Carl-von-Basedow-Klinikum M. stationär behandelt werden musste. Vom 3. bis zum 24. November 2004 nahm sie an einer Rehabilitation in der Rehabilitationsklinik G. teil. Ausweislich des Entlassungsberichtes vom 1. Dezember 2004 seien als Gesundheitsstörungen eine Fraktur des proximalen Endes des Humerus, eine Fraktur eines Brustwirbels, Läsionen der Rotatorenmanschette, eine Hypercholesterinämie und eine Adipositas (Körpergröße 161 cm und bei Aufnahme 83 kg, bei Entlassung 82 kg) zu berücksichtigen. Die Klägerin könne noch leichte bis mittelschwere Arbeiten auch überwiegend im Gehen, Stehen und/oder Sitzen in Tages-, Früh-, Spät- und Nachtschicht sechs Stunden und mehr täglich verrichten. Arbeiten mit überwiegend einseitiger Körperhaltung, häufigem Bücken, Überkopfarbeit, Torsionsbewegungen der Wirbelsäule, starken Vibrationsbelastungen und Temperaturschwankungen sowie Arbeiten unter Witterungseinflüssen wie Kälte, Nässe oder Zugluft seien zu meiden. Die Gebrauchsfähigkeit der linken Hand sei zusätzlich durch einen Geburtsfehler eingeschränkt. Ihre letzte Tätigkeit als Verkäuferin in einem Baumarkt könne die Klägerin nur noch unter drei Stunden täglich zumutbar verrichten.
Am 29. Dezember 2004 beantragte die Klägerin die Bewilligung von Rente wegen Erwerbsminderung bei der Beklagten. Wegen starker Schmerzen im Rücken- und Brustwirbelbereich seien ihr weder langes Stehen noch Sitzen möglich. Es bestehe aufgrund der erlittenen Trümmerfraktur eine starke Einschränkung der Beweglichkeit des rechten Armes; zudem liege eine Behinderung an der linken Hand vor. Zurzeit könne sie keinerlei Arbeiten verrichten.
Die Beklagte holte zunächst einen Behandlungs- und Befundbericht von der Fachärztin für Allgemeinmedizin Dipl.-Med. F. vom 14. Januar 2005 ein, die die Epikrise des Carl-von-Basedow-Klinikums M. vom 7. September 2004 über die Behandlung der Klägerin nach ihrem Verkehrsunfall am 29. Mai 2004 sowie die Gutachten für den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) Sachsen-Anhalt vom 27. August und 1. September 2004 sowie vom 10. Januar 2005 beifügte. Unter dem 1. September 2004 hatte Dipl.-Med. M. kein Restleistungsvermögen für eine Vermittlung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt gesehen; unter dem 10. Januar 2005 hielt er körperlich leichte Tätigkeiten im Wechselrhythmus von Gehen, Stehen und Sitzen mit weiteren qualitativen Einschränkungen sechs Stunden täglich für möglich. Daraufhin lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 28. Januar 2005 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 18. Mai 2005 den Rentenantrag ab. Die Klägerin sei weder voll oder teilweise erwerbsgemindert noch berufsunfähig. Zwar könne sie ihre bisherige Tätigkeit als Verkäuferin nicht mehr ausüben. Sie sei jedoch gesundheitlich und sozial zumutbar auf die Tätigkeiten der Telefonistin und der Bürohilfskraft verweisbar.
Hiergegen hat die Klägerin am 15. Juni 2005 beim Sozialgericht Halle Klage erhoben. Aufgrund der Unfallfolgen leide sie weiterhin unter ständigen Schmerzen und benötige selbst im Haushalt Hilfe, sodass sie sich nicht mehr in der Lage sehe, dem Arbeitsmarkt zur Verfügung zu stehen.
Das Sozialgericht hat Behandlungs- und Befundberichte von Dipl.-Med. F. vom 8. August 2005 und von dem Facharzt für Orthopädie und Oberarzt in der Universitätsklinik und Poliklinik für Orthopädie und Physikalische Medizin Dr. G. vom 26. Oktober 2005 eingeholt. Dipl.-Med. F. hat darauf hingewiesen, dass sich die Befunde besonders im Bereich der Brustwirbelsäule (BWS) und der Lendenwirbelsäule (LWS) erheblich verschlechtert hätten. Dr. G. hat mitgeteilt, die Diagnosen einer Kompressionsfraktur des Brustwirbelkörpers (BWK) 11 mit posttraumatischer Kyphose des thorakolumbalen Übergangs und einer knöchern in Fehlstellung konsolidierten subcapitalen Humerusfraktur rechts mit erheblichem Defizit gestellt zu haben. Wegen der Leiden nehme die Klägerin regelmäßig Tramadol und Dolgit 600 ein. Über den Verlauf könne er anhand seiner lückenhaften Unterlagen keine Auskunft geben. Auf die Frage, ob die Klägerin noch leichte körperliche Arbeiten mit zusätzlichen qualitativen Einschränkungen sechs Stunden täglich auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt verrichten könne, hat er geantwortet, dass der rechte Arm und die Wirbelsäule kaum belastbar seien. Da zudem eine instabile Wirbelsäule im Bereich des thorakolumbalen Überganges vorliege, könne die Klägerin auch leichte körperliche Arbeiten mit Unterbrechungen nur bedingt über sechs Stunden verrichten.
Daraufhin hat das Sozialgericht ein Gutachten von dem Facharzt für Orthopädie Dr. K. vom 23. April 2006 eingeholt. Bei der ambulanten Untersuchung der Klägerin habe diese über sehr starke Schmerzen und eine Einschränkung der Gehstrecke auf zehn bis fünfzehn Meter geklagt, dann müsse sie durch Schmerzen in der LWS, zunehmendes Hinken und Kraftlosigkeit im linken Bein stehen bleiben. Sitzen sei ungefähr eine Viertelstunde lang möglich, dann müsse sie aufgrund eines starken thorakolumbalen Drucks aufstehen und sich bewegen. Stehen könne sie ca. zehn Minuten lang. Bücken sei nur mit zusätzlichem Hinknien möglich, Lasten könnten bis ca. fünf kg gehoben und getragen werden, Treppensteigen falle aufwärts schwer, Hocken sei schlecht möglich. Bei der Untersuchung seien die Halswirbelsäule (HWS) in der Rückneige deutlich eingeschränkt beweglich, der Schürzen- und Nackengriff rechts nicht möglich und die Kraft rechts auf Janda 3 bis 4 gemindert gewesen. Die linke Hand habe eine Dysmelie aufgewiesen, d.h. es fehlten die Mittel- und Endglieder des 2., 3. und 5. Fingers und der 4. Finger sei im PIP-Gelenk in 15°-Flexionsstellung versteift. Die BWS und LWS seien bei der Rotation und der Seitneigung schmerzhaft, die Rückneige aufgehoben sowie die Vorbeuge stark schmerzhaft eingeschränkt gewesen. Der Fingerbodenabstand habe 76 cm betragen. Das Lasègue´sche-Zeichen sei beidseits bei 45° positiv gewesen. Nach Auswertung der bildgebenden Befunde sowie der anlässlich der Begutachtung erstellten Röntgenaufnahmen seien folgende Diagnosen zu stellen:
Chronisches thorakolumbales Pseudoradikulärsyndrom bei Dekompensation der Wirbelsäule infolge einer Fehlstatik nach deutlicher BWK-11-Kompression und leichter Kompression BWK-12, unfallbedingt. Radikuläre Reizung L 5 links bei Gefügestörung L 4/L 5. Schwere posttraumatische schmerzhafte Funktionsstörung aufgrund in Dislokalisation verheilter proximaler Humerusfraktur mit latenter Reizung des Plexus brachialis des rechten Schultergelenks. Dysmelie linke Hand.
Die Klägerin könne nur noch körperlich leichte Arbeiten im Wechsel zwischen Sitzen, Stehen und Gehen ohne Zwangshaltungen, mit nur gelegentlich möglichem Knien und Hocken, Tragen oder Bewegen von Lasten ohne mechanische Hilfsmittel und ohne Gerüst- und Leiterarbeiten ausüben. Die Gebrauchsfähigkeit der Hände sei rechts durch die Gesamteinschränkung in der Einsetzbarkeit und Kraftentfaltung behindert. Links bestünden durch die angeborenen Veränderungen der Finger Einschränkungen hinsichtlich feinerer körperlicher Arbeiten und der Kraftentfaltung. Arbeiten im Freien unter Witterungsschutz seien zwar möglich, jedoch sollten Zugluft und starke Temperaturschwankungen vermieden werden. Die Klägerin sei Arbeiten mit durchschnittlichen Anforderungen an das Seh- und Hörvermögen und mittelschwierigen Anforderungen an geistige und mnestische Fähigkeiten gewachsen; an die Reaktionsfähigkeit könnten wegen der bewegungsabhängigen Schmerzen nur geringe Anforderungen gestellt werden. Arbeiten unter besonderem Zeitdruck sollten vermieden werden. Die der Art nach zumutbaren Arbeiten könne die Klägerin nur noch vier Stunden täglich verrichten. Denn durch die frakturbedingte Kyphosierung des für die Gesamtstatik bedeutsamen thorakolumbalen Übergangs sei es zu einer zunehmenden ausgedehnten schmerzhaften Funktionsstörung der Wirbelsäule gekommen. Komplizierend wirkten hierbei die Gefügestörung L 4/L 5 und die degenerativen Veränderungen der HWS, die die Kompensationsmöglichkeiten behinderten. Auch bei einem Wechsel der Körperhaltungen komme es im Laufe weniger Stunden zu unzumutbaren Beschwerden. Die ständige ausgeprägte schmerzhafte Funktionsstörung des rechten Schultergelenks wirke sich, auch bei vorrangiger Tätigkeit mit der linken Hand, einschränkend auf die Gesamtbelastbarkeit aus. Die Gehfähigkeit der Klägerin sei im Sinne einer Claudicatio spinalis eingeschränkt. Auch mit Pausen liege die Belastbarkeitsgrenze bei unter 450 Metern. Die Klägerin könne öffentliche Verkehrsmittel benutzen. Ein Kfz könne sie nur als Beifahrer maximal eine halbe Stunde lang nutzen. Die festgestellte Einschränkung der Leistungsfähigkeit bestehe auf Dauer mit der Tendenz zur weiteren Verschlechterung. Von den Vorgutachtern weiche er wegen der nun nachweisbaren und mit dem Zeitablauf nachvollziehbaren Verschlechterung der Beweglichkeit der Wirbelsäule und des rechten Schultergelenks sowie des Beschwerdebildes ab. Außerdem seien erst jetzt die Gefügestörung der LWS und die degenerativen Veränderungen der HWS auf den neu angefertigten Röntgenaufnahmen sichtbar geworden. Des Weiteren sei bisher zu wenig berücksichtigt worden, dass durch die stark unfallbedingt eingeschränkte Verwendbarkeit des rechten Armes die angeborenen Veränderungen der linken Hand nunmehr besonders hervorträten.
Die Beklagte ist unter Bezugnahme auf eine ärztliche Stellungnahme des Prüfarztes Dr. R. vom 18. Juli 2006 der gutachterlichen Einschätzung nicht gefolgt. Danach bedingten die Bewegungseinschränkungen des rechten Schultergelenks und die Funktionsstörungen der Wirbelsäule qualitative Einschränkungen, aber keine quantitative Leistungsminderung. Die beschriebenen subjektiven Beschwerden begründeten keine Minderung des quantitativen Leistungsvermögens. Die Wegefähigkeit sei gegeben, da keine Funktionseinschränkungen der unteren Gliedmaßen vorlägen; die aufgeführte Fahruntauglichkeit könne medizinisch nicht nachvollzogen werden.
In seiner hierzu eingeholten ergänzenden gutachterlichen Stellungnahme vom 20. August 2006 hat Dr. K. nochmals die beträchtliche Zunahme der schmerzhaften Bewegungseinschränkung des rechten Schultergelenkes hervorgehoben. Ferner sei wesentlich für seine Beurteilung die erst jetzt auffällige Nervenreizung des rechten Arms hervorheben gewesen. Insoweit berge die zu starke Beanspruchung des Arms die Gefahr zunehmender und bleibender Nervenschädigungen. Im Vergleich zum Kuraufenthalt sei es zudem zu einer erheblichen Zunahme der schmerzhaften Bewegungseinschränkungen der Wirbelsäule gekommen. Insgesamt sei die zeitliche Gesamtbelastbarkeit der Klägerin aus seiner Sicht auf vier Stunden täglich und damit auf halbschichtig gesunken.
Die Beklagte hat an ihrer Einschätzung, wonach das qualitative, aber nicht das quantitative Leistungsvermögen der Klägerin eingeschränkt sei, festgehalten. Diese qualitativen Einschränkungen des Leistungsvermögens hinderten die Klägerin nicht, die benannten Verweisungstätigkeiten als Telefonistin und Bürohilfskraft zu verrichten.
Die Klägerin hat das Gutachten von Dr. G. vom 21. Juni 2005 für die Allianz Versicherungs-AG zu den Akten gereicht. Dieser hat die Diagnosen einer Kompressionsfraktur BWK 11 mit posttraumatischer Kyphose des thorakolumbalen Übergangs und eine knöchern in Fehlstellung konsolidierte subcapitale Humerusfraktur rechts mit erheblichem funktionellen Defizit gestellt. Die Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) betrage aufgrund der Folgen im Bereich des rechten Schultergelenks 20 v.H. und im Bereich des thorakolumbalen Übergangs aufgrund der BWK-11-Fraktur ebenfalls 20 v.H. Die konzentrische Bewegungseinschränkung im Bereich des rechten Schultergelenkes führe dazu, dass alle Arbeiten oberhalb der Brusthöhe von der Klägerin mit dem rechten Arm, der die Händigkeit betreffe, nicht mehr ausgeführt werden könnten. Die wahrscheinlich vorliegende Instabilität aufgrund der BWK-11-Fraktur könne nur durch eine Aufrichtung des ventral kollabierten Bewegungssegmentes und durch eine operative Fusion der Segmente Th 10 – Th 12 erreicht werden. Hinsichtlich des rechten Schultergelenks seien die Möglichkeiten zur Funktionsverbesserung erheblich begrenzt. Hier sollten konservative krankengymnastische Behandlungen durchgeführt werden.
Mit Urteil vom 16. November 2006 hat das Sozialgericht Halle die Beklagte unter Änderung des Bescheides vom 28. Januar 2005 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 18. Mai 2005 verurteilt, der Klägerin unter Zugrundelegung eines Leistungsfalls vom 28. März 2006 Rente wegen voller Erwerbsminderung vom 1. Oktober 2006 bis zum 30. September 2009 zu zahlen und die Klage im Übrigen abgewiesen. Unter Zugrundelegung der überzeugenden ausführlichen Feststellungen von Dr. K. in dessen Gutachten vom 23. April 2006 verfüge die Klägerin nur noch über ein Leistungsvermögen von vier Stunden. Sie könne nur noch leichte Arbeiten im Wechsel der Körperhaltungen ohne Zwangshaltung, ohne Zugluft, starke Temperaturschwankungen und ohne besondere Anforderungen an die rechte Hand bzw. den rechten Arm verrichten. Da die Beklagte der Klägerin keinen leidensgerechten Teilzeitarbeitsplatz nachgewiesen habe, sei der Arbeitsmarkt für sie verschlossen, sodass ihr eine von der Arbeitsmarktlage abhängige Rente wegen voller Erwerbsminderung zuzusprechen sei. Gemäß § 102 Abs. 2 Satz 2 SGB VI habe eine Befristung für längstens drei Jahre nach Rentenbeginn zu erfolgen. Rentenbeginn sei hier der 1. Oktober 2006. Die Kammer sei zu der Feststellung gekommen, dass der Leistungsfall seit dem Gutachten (März 2006) eingetreten sei.
Gegen das ihr am 28. November 2006 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 20. Dezember 2006 Berufung beim Landessozialgericht Sachsen-Anhalt eingelegt. Der Auffassung des Sozialgerichts, wonach die Klägerin nur noch über ein Leistungsvermögen von vier Stunden am Tag verfüge, werde nicht gefolgt. Diese Einschätzung, die sich maßgeblich auf das orthopädische Gutachten vom 23. April 2006 stütze, sei medizinisch nicht begründet. Im Vordergrund der Beschwerdesymptomatik stünden bei der Klägerin die Bewegungseinschränkung des rechten Schultergelenks nach Fraktur bei normaler Handfunktion und einer mäßigen Funktionsstörung der Wirbelsäule nach BWK-11-Fraktur. Bewegungseinschränkungen anderer großer Gelenke oder neurologische Ausfallerscheinungen lägen nicht vor. Die Hüft-, Knie- und Sprunggelenke seien frei beweglich, motorische und sensible Nervenausfallerscheinungen bestünden nicht. Die angeborene Fingerverkürzung an einigen Fingern der linken Hand habe die Klägerin nicht an einer langjährigen beruflichen Tätigkeit als Verkäuferin gehindert. Sie sei deshalb nach wie vor in der Lage, leichte körperliche Arbeiten mit weiteren qualitativen Einschränkungen sechs Stunden am Tag zu verrichten. Sie könne insbesondere noch körperlich leichte Verpackertätigkeiten oder die Tätigkeit als Museumsaufsicht ausüben.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Halle vom 16. November 2005 aufzuheben und die Klage insgesamt abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Sie hat nochmals darauf hingewiesen, immer extremen Schmerzen ausgesetzt zu sein, was auf die schmerzhafte Funktionsstörung der Wirbelsäule infolge der frakturbedingten Kyphosierung und der Gefügestörung zwischen L 4 und L 5 sowie auf die degenerativen Veränderungen der HWS zurückzuführen sei. Auch eine wechselnde Körperhaltung könne an der Schmerzhaftigkeit nichts ändern. Ferner habe sie die angeborene Fingerverkürzung an einigen Fingern der linken Hand zunächst durch die Benutzung der rechten Hand kompensieren können. Durch den Unfall sei sie aber nun nicht mehr in der Lage, ihre rechte Hand uneingeschränkt zu benutzen, sodass durch die Kombination aller Erkrankungen eine extreme Beeinträchtigung bestehe. Ferner sei ihre Gehfähigkeit erheblich eingeschränkt.
Im Berufungsverfahren sind Behandlungs- und Befundberichte von Dipl.-Med. F. vom 11. Februar und vom 30. Oktober 2008 und von dem Facharzt für Orthopädie/Chirotherapie Maennicke vom 5. September 2009 sowie von dem Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. K. vom 11. September 2009 eingeholt worden. Dipl.-Med. F. hat angegeben, dass sich die Beschwerden im Bereich der Wirbelsäule und der rechten Schulter zunehmend verschlechtert hätten. Er hat den an ihn gerichteten Arztbrief von dem Arztbrief für Neurologie/Chirotherapie Dr. W. vom 25. Juni 2007 beigefügt, der die Diagnose einer Claudicatio spinalis und einer Fraktur des Humerus rechts gestellt hat. Ferner hat er den Bericht der Fachärztin für Neurochirurgie Dr. J. vom Medizinischen Versorgungszentrum (MVZ) Bergmannstrost GmbH vom 28. November 2007 über die ambulante Vorstellung der Klägerin am 26. November 2007 beigefügt. Danach sei die Diagnose eines funktionellen Schmerzsyndroms nach BWK-11-Fraktur zu stellen. Es bestehe keine OP-Indikation, da die Fraktur zu alt sei und der Wirbelkörper nicht mehr angehoben werden könne. Herr M. hat die Frage, ob die Klägerin noch leichte körperliche Arbeiten im Wechsel der Haltungsarten mit einfachen Anforderungen an geistige und mnestische Fähigkeiten mindestens sechs Stunden täglich erbringen könne, dahingehend beantwortet, dass die Klägerin im derzeitigen Zustand maximal drei Stunden arbeitsfähig sei. Dies sei in dem Dauerschmerz bei leichter Belastung wie Sitzen, Stehen und Laufen und einer nahezu vollständigen Gebrauchsunfähigkeit der rechten Schulter begründet. Er hat den an ihn gerichteten Arztbrief des Facharztes für die diagnostische Radiologe Dr. H. vom 25. Mai 2009 über die am selben Tag durchgeführte Kernspintomographie der LWS beigefügt. Danach bestünden Bandscheibenprotrusionen in Höhe LWK 3/4 und LWK 4/5 und bei LWK 5/SWK 1 ein kleiner subligamentärer Prolaps. Eine Spinalkanalstenosierung sei nicht erkennbar. Ferner sei hinsichtlich der neuronalen Strukturen eine Thekalsackimpression LWK 5/SWK 1 festzustellen. Die Fachärztin für Radiologie Dipl.-Med. F. hat in ihrem Arztbrief vom 6. Juni 2009 die am selben Tag erstellte Röntgenaufnahme des rechten Schultergelenks dahingehend interpretiert, dass ein Humeruskopfhochstand, ein deformierter Kopf, mehrere wolkenartige Sklerosierungen des Humeruskopfes und Degenerationen im Akromialgelenk sichtbar seien. Dies sei dahingehend zu beurteilen, dass ein Zustand nach Humeruskopffraktur mit Abkippung sowie vermehrte Sklerosierungen bestünden. Der Subakromialraum sei deutlich eingeengt und es bestehe wahrscheinlich die Ruptur einer Rotatorenmanschette. Herr K. hat über seine Behandlung der Klägerin vom 16. Februar bis zum 16. Juli 2009 berichtet. Die Konzentration sei deutlich vermindert, das Auffassungsvermögen und die Merkfähigkeit seien beeinträchtigt gewesen. Es seien ein verlangsamter, aber geordneter Formalgedankengang und ein reduzierter Antrieb aufgefallen. Es habe eine psychomotorische Unruhe bestanden. Die Affektivität habe sich ängstlich, labil und weinerlich und die Grundstimmung depressiv und ängstlich gezeigt. Aus psychiatrischer Sicht bestehe die Diagnose "Angst und depressive Störung gemischt". Zur Leistungsfähigkeit der Klägerin befragt, hat er die Auffassung vertreten, die Klägerin könne leichte körperliche Arbeit ohne Zeitdruck und ohne Zwangshaltungen unter drei Stunden in der Woche leisten.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichts- und der Verwaltungsakte der Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Beklagten ist unbegründet. Insoweit hat das Sozialgericht im Ergebnis zu Recht hat den Bescheid der Beklagten vom 28. Januar 2005 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 18. Mai 2005 abgeändert und die Beklagte verurteilt, ausgehend vom Eintritt des Leistungsfalls der teilweisen Erwerbsminderung am Untersuchungstag durch Dr. K., d.h. am 28. März 2006, wegen der Verschlossenheit des Arbeitsmarktes Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Zeit zu bewilligen. Insoweit ist der Bescheid der Beklagten rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 54 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG)). Denn der Klägerin steht der Anspruch auf Bewilligung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung vom 1. Oktober 2006 bis zum 30. September 2009 zu.
Nach § 43 Abs. 1, Abs. 2 SGB VI in der ab dem 1. Januar 2001 geltenden Fassung haben Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersrente Anspruch auf Rente wegen teilweiser oder voller Erwerbsminderung, wenn sie teilweise oder voll erwerbsgemindert sind, in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben.
Nach § 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI sind teilweise erwerbsgemindert Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Nach § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI sind voll erwerbsgemindert Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Erwerbsgemindert ist nach § 43 Abs. 3 SGB VI nicht, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.
Die Klägerin war in der Zeit vom 28. März 2006 bis zum 30. September 2009 zumindest teilweise erwerbsgemindert, da sie zur Überzeugung des Senats nicht mehr mindestens sechs Stunden täglich, sondern nur noch vier Stunden täglich erwerbstätig sein konnte.
Dies ergibt sich für den Senat aus dem Gutachten von Dr. K. vom 23. April 2006, aus den Befundberichten der behandelnden Ärzte der Klägerin und aus dem Gutachten von Dr. G. vom 21. Juni 2005. Danach konnte die Klägerin nur noch körperlich leichte Arbeiten im Wechsel der Körperhaltungen vier Stunden täglich verrichten. Ausgeschlossen waren das Zurücklegen von längeren Gehstrecken, langes Stehen sowie Leiter- und Gerüstarbeiten. Arbeiten unter besonderem Zeitdruck waren ebenso wenig möglich wie Arbeiten, bei denen der rechte Arm oberhalb der Brusthöhe angehoben werden musste. Auch konnten Arbeiten, die eine volle Gebrauchsfähigkeit der Hände erforderten, nicht bewältigt werden; beide Hände waren in der Kraftentfaltung eingeschränkt, links konnten wegen der angeborenen Fehlbildung keine feinmotorischen Arbeiten verrichtet werden. Die Klägerin war durchschnittlichen Anforderungen an das Seh- und Hörvermögen, an das geistige Leistungsvermögen und an die mnestischen Fähigkeiten wie Übersicht, Aufmerksamkeit, Verantwortungsbewusstsein und Zuverlässigkeit gewachsen. An die Reaktionsfähigkeit konnten nur geringe Anforderungen gestellt werden.
Die quantitativen und qualitativen Leistungseinschränkungen im vom Senat zu beurteilenden Zeitraum resultierten aus den Folgen des am 29. Mai 2004 erlittenen Verkehrsunfalls im Zusammenwirken mit angeborenen und erworbenen Leiden. Aufgrund der Kompressionsfraktur BWK 11 war es zu einer posttraumatischen Kyphose des thorakalumbalen Übergangs und zu einer Instabilität dieses Wirbelsäulenabschnitts gekommen. Darüber hinaus bestanden eine Gefügestörung in Höhe L 4/L 5 sowie Bandscheibenprotrusionen in Höhe LWK 3/4 und LWK 4/5 sowie bei LWK 5/SWK 1 ein kleiner subligamentärer Prolaps. Hierdurch war die Belastbarkeit der Wirbelsäule schmerzhaft eingeschränkt und es bestanden Nervenwurzelreizerscheinungen; letztere sind durch die bildgebende Diagnostik bei Dr. K. belegt und durch die Kernspintomographie von Dr. H. vom 25. Mai 2009 bestätigt worden. Schließlich lagen degenerative Veränderungen der HWS vor, die die Belastbarkeit der Wirbelsäule und eventuelle Kompensationsmöglichkeiten weiter verringerten.
Ferner hatte die in Fehlstellung konsolidierte subcapitale Humerusfraktur rechts zu einem erheblichen funktionellen Defizit dahingehend geführt, dass aufgrund der Bewegungseinschränkung im Bereich des rechten Schultergelenks alle Arbeiten oberhalb der Brusthöhe mit dem rechten Arm nicht mehr ausgeführt werden konnten. Durch die latente Reizung des Plexus brachialis des rechten Schultergelenks litt die Klägerin unter ständigen Schmerzen. In Folge der stark schmerzhaft eingeschränkten Belastbarkeit des rechten Armes bei bestehender Rechtshändigkeit konnte die Klägerin schließlich die Einschränkungen der linken Hand aufgrund der angeborenen Fehlbildung der Finger der linken Hand nicht mehr kompensieren, sodass eine eingeschränkte Kraftminderung, eine fehlende Feinmotorik links und die fehlende Einsetzbarkeit des rechten Armes über Brusthöhe die Arbeitsmöglichkeiten und das ausdauernde Arbeiten der Klägerin weiter einschränkten.
Leidensgerechte Arbeiten konnte die Klägerin nur noch vier Stunden täglich verrichten. Wegen der Schmerzen in Folge der latenten Reizung des Plexus brachialis am rechten Schultergelenk und der Nervenwurzelreizerscheinungen der LWS und der BWS war ihr ein längeres Arbeiten täglich nicht zumutbar. Der Senat schließt sich insoweit den Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen Dr. K. an. Dessen Befunderhebungen und Diagnosen sind von Dr. G. und den behandelnden Ärzten, insbesondere den Radiologen Dr. H. und Dr. F., bestätigt worden. Da der Senat über einen abgelaufenen Zeitraum zu entscheiden hatte, hat er von der Einholung eines weiteren Sachverständigengutachtens im Berufungsverfahren abgesehen, da dies für den streitgegenständlichen Zeitraum keinen wesentlichen Erkenntnisgewinn erbracht hätte.
Bei der Klägerin lagen auch die (besonderen) versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für eine Rentengewährung vor: Die Klägerin ist bei der Beklagten versichert und hatte zum Zeitpunkt der Rentenantragstellung am 29. Dezember 2004 die allgemeine Wartezeit nach § 50 Abs. 1 SGB VI von fünf Jahren (60 Monaten) erfüllt. Ausweislich der in der Verwaltungsakte enthaltenen Wartezeitaufstellung lagen bis zu diesem Zeitpunkt 431 Monate mit Beitragszeiten vor und es waren im maßgeblichen Zeitraum von fünf Jahren vor dem Rentenantrag alle Monate mit Pflichtbeiträgen belegt, sodass die so genannte Drei-Fünftel-Belegung sowohl im Zeitpunkt der Rentenantragstellung als auch noch im März 2006 erfüllt war.
Die Klägerin hatte ab dem 1. Oktober 2006 zumindest Anspruch auf Bewilligung der Rente wegen voller Erwerbsminderung wegen der Verschlossenheit des Teilzeitarbeitsmarktes.
Nach § 102 Abs. 2 Satz 1, 2 SGB VI werden Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit auf Zeit geleistet, wobei die Befristung für längstens drei Jahre nach Rentenbeginn erfolgt. Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit können nur unbefristet geleistet werden, wenn der Anspruch auf diese Rente unabhängig von der jeweiligen Arbeitsmarktlage besteht, und es darüber hinaus unwahrscheinlich ist, dass die Minderung der Erwerbsfähigkeit behoben werden kann (§ 102 Abs. 1 Satz 5 SGB VI).
Hier kam eine befristete Rente deshalb in Betracht, weil der Klägerin der Anspruch auf eine Rente wegen voller Erwerbsminderung jedenfalls wegen der Verschlossenheit des Teilzeitarbeitsmarktes zustand. Nach der vom Bundessozialgericht (BSG) entwickelten Rechtsprechung zur "konkreten Betrachtungsweise" ist von einem verschlossenen Teilzeitarbeitsmarkt auszugehen, wenn die Versicherte nur noch drei bis unter sechs Stunden täglich arbeiten kann und arbeitslos ist bzw. keine Tätigkeit ausübt (BSG, Großer Senat, Beschluss vom 10. Dezember 1976 - GS 2/75, 3/75, 4/75, 3/76 - BSGE 43, 75, 80 ff). Die Klägerin war im hier maßgeblichen Zeitraum nur noch vier Stunden täglich einsetzbar und nicht erwerbstätig. Hier ist vom Eintritt der teilweisen Erwerbsminderung am Tag der Untersuchung bei Dr. K., d.h. am 28. März 2004, auszugehen, da für den Zeitraum ab Rentenantragstellung bis zum 28. März 2004 die Einschätzungen der behandelnden Ärzte in der Rehabilitationsklinik Göhren im Entlassungsbericht vom 1. Dezember 2004 und des Dipl.-Med. M. im MDK-Gutachten vom 10. Januar 2005 entgegen stehen.
Befristete Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit werden nach § 101 Abs. 1 SGB VI nicht vor Beginn des siebten Kalendermonats nach dem Eintritt der Minderung der Erwerbsfähigkeit geleistet. Der siebte Kalendermonat nach Eintritt der nachgewiesenen Erwerbsminderung begann am 1. Oktober 2004.
Der Klägerin war die Rente wegen voller Erwerbsminderung jedenfalls für drei Jahre zu bewilligen. Gesichtspunkte, die eine hinter dieser Regeldauer der Leistungsgewährung bei befristeten Renten zurückbleibende Bewilligung rechtfertigen könnten, sind nicht erkennbar.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision im Sinne von § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor. Es handelt sich um eine Einzelfallentscheidung auf gesicherter Rechtsgrundlage, ohne dass der Senat von einer Entscheidung der in § 160 Abs. 2 Nr. 2 SGG genannten Gerichte abweicht.
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