L 6 U 32/05

Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Halle (Saale) (SAN)
Aktenzeichen
S 6 U 193/00
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 6 U 32/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung wird zurückgewiesen. Die Beklagte hat dem Kläger auch die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist die Anerkennung einer bandscheibenbedingten Erkrankung der Lendenwirbelsäule im Sinne der Nr. 2110 der Anlage 1 zur Berufskrankheitenverordnung (BKV).

Der am ... 1950 geborene Kläger erlernte von 1966 bis 1968 den Beruf des Landmaschinen- und Traktorenschlossers und war anschließend bis 1969 bei einer Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaft als Traktorist beschäftigt. Während der Ableistung seines Wehrdienstes in der Zeit vom 1. Mai 1969 bis zum 28. April 1972 war er nach eigenen Angaben als Kraftfahrer eingesetzt. Am 10. Mai 1972 nahm er bei der K.-S.-Hütte H. eine Tätigkeit als Dumper- bzw. Großgerätefahrer auf, die er bis zum 31. Oktober 1991 ausübte. Vom 1. November 1991 bis zum 31. Dezember 1994 war der Kläger wiederum als Kraftfahrer und Ladegerätfahrer bei der T.U.L. International H. beschäftigt. Danach war der Kläger arbeitslos.

Im März 1996 zeigte der Kläger bei der Rechtsvorgängerin der Beklagten (nachfolgend einheitlich Beklagte) an, er habe seit 1975 ständig stärkere und länger anhaltende Rückenschmerzen, Verspannungen im Nacken und Kopfschmerzen und führe dies auf das ständige Fahren von Großgeräten und Radladern in der ehemaligen K.-S.-Hütte in H. zurück. Großgeräte fahren bedeute das Bedienen von Staplern, Traktoren, Radladern, Baggern, Dumpern und LKW einschließlich der Wartung, Pflege und Reparatur. Dabei hätten im Sitzen längere Zeit Vibrationen eingewirkt; die Großgeräte seien alle ungefedert gewesen. Seit dem 20. November 1995 sei er wegen der Erkrankung arbeitsunfähig.

Im daraufhin von der Beklagten eingeleiteten Feststellungsverfahren teilte der letzte Arbeitgeber des Klägers, jetzt die Firma N. Transport, mit, der Kläger habe Radlader, Traktoren, Gabelstapler und Kippfahrzeuge bedient bzw. gefahren. Der Einsatz des Klägers sei überwiegend auf Baustellen, in Schotterwerken, auf Deponien und im Gelände der ehemaligen K.-S.-Hütte in H. erfolgt. Die Arbeiten seien in sehr unwegsamem Gelände durchgeführt worden; der Kläger sei hohen Belastungen, die sich negativ auf die Wirbelsäule ausgewirkt hätten, ausgesetzt gewesen.

Der von der Beklagten um Auskunft gebetene Allgemeinmediziner Dr. G. teilte mit einem am 15. März 1996 eingegangenen Befundbericht mit, der Kläger habe sich erstmals im September 1992 wegen Wirbelsäulenbeschwerden behandeln lassen. Wegen des Wirbelsäulenleidens sei er in der Zeit vom 12. bis 14. Juli 1993, 7. bis 14. Februar 1994, 26. bis 28. Oktober 1994 und 12. bis 31. Dezember 1994 arbeitsunfähig gewesen. Der Kläger leide unter chronischen Rückenschmerzen mit Schulter-Arm-Syndrom und häufigen Kopfschmerzen. Die Angaben zu den Arbeitsunfähigkeitszeiten bestätigte die AOK H. in einer Anzeige wegen bandscheibenbedingter Erkrankung der Hals-/Lendenwirbelsäule vom 9. Juli 1996.

Der den Kläger behandelnde Facharzt für Orthopädie Dipl.-Med. E. teilte in seinem Befundbericht vom 2. Dezember 1996 mit, er behandele den Kläger seit dem 20. November 1995; dieser leide unter einer abbaubedingten Bandscheibenschädigung und einer Lendenwirbelkörperverdrehung linkskonvex L 3/4.

Der Technische Aufsichtsdienst der Beklagten teilte in seiner Stellungnahme für die Zeit vom 1. November 1991 bis zum 31. Dezember 1994 mit, die arbeitstechnischen Voraussetzungen im Sinne der Berufskrankheit Nr. 2110 der Anlage 1 zur BKV seien dem Grunde nach gegeben. Allerdings liege aufgrund der kurzen Dauer der hohen Belastung der ermittelte Wert für die Gesamtschwingdosis deutlich unterhalb des kritischen Dosisrichtwertes Dvri von 580 x 103. Für den betrachteten Zeitraum könne daher eine gefährdende Belastung im Sinne der BK 2110 verneint werden.

Die Maschinenbau- und Metallberufsgenossenschaft teilte mit Schreiben vom 15. Oktober 1998 und 25. Januar 1999 mit, der Kläger habe von Mai 1972 bis April 1982 Großgeräte gefahren. Beide Fahrzeugtypen hätten einen ungefederten Polstersitz gehabt. Die Fahrwege seien schlecht gewesen. Die Wegstrecke sei z.T. unbefestigt (auf der Halde) gewesen; an Schlaglöchern, Gleisübergängen und Plattenwegen seien zahlreiche Stöße aufgetreten. Es sei Schlacke und Erz gefahren worden. Die tägliche Fahrzeit habe vier Stunden betragen; es sei ein unregelmäßiger Wechsel zwischen beiden Ladertypen erfolgt. Von Mai 1982 bis Dezember 1988 habe der Kläger fünf Stunden täglich mit einem Gabelstapler Kupferkonzentrat und Zuschlagstoffe zur Bessemerei gefahren. Die Hälfte der Zeit sei der Kläger rückwärts gefahren. Der Stapler habe einen gefederten Polstersitz gehabt; der Straßenzustand sei schlecht gewesen. Im Zeitraum von Januar 1989 bis Oktober 1991 habe der Kläger täglich fünf Stunden mit einem Dumper Schlacke und Krätze von der Halde zur Bleihütte gefahren. Das Fahrzeug habe einen ungefederten Polstersitz gehabt. Der Richtwert der Beurteilungsstärke von 12,5 für stoßartige Belastung bzw. Fahren mit verdrehter Wirbelsäule sei bei allen Fahrzeugtypen deutlich überschritten worden. Der kritische Dosiswert von DVKRIT = 580 x 103 sei mehr als vierfach überschritten worden.

Die Beklagte veranlasste eine Begutachtung des Klägers durch Prof. R. von der Universitätsklinik H ... Er führte in dem Gutachten vom 3. Januar 2000 im Wesentlichen aus, der Kläger leide unter einem örtlichen, durch die Lendenwirbelsäule bedingten Schmerzsyndrom mit muskulärer Unausgewogenheit ohne neurologische Ausfälle. Im Röntgenbild der Lendenwirbelsäule finde sich eine abbaubedingte Veränderung nur im Abschnitt L 4/5 bei sonst hohen Zwischenwirbelräumen. Für die BK 2110 sei in Studien festgestellt worden, dass bei den Vibrationsexponierten spondylotische Veränderungen statistisch auffallend häufiger vorhanden wären. Die spondylotischen Veränderungen seien häufiger an mehreren Abschnitten, vor allem an der mittleren Lendenwirbelsäule und am Übergang von der Brust- zur Lendenwirbelsäule zu finden. Vornehmlich Veränderungen an der letztgenannten Stelle träten bei Ganzkörperschwingungen auf. Die auf einen Abschnitt beschränkten abbaubedingten Veränderungen beim Kläger bei insgesamt hohen Zwischenräumen stellten keine belastungsadaptive Veränderung durch die berufliche Tätigkeit dar. Als konkurrierende, nicht berufsbedingte Erkrankung fänden sich bei dem Kläger die muskuläre Unausgewogenheit, die für einen großen Teil der derzeitigen Beschwerden des Klägers verantwortlich sei.

Der Staatliche Gewerbearzt Dr. W ... M. führte in seiner Stellungnahme vom 23. Februar 2000 aus, er betrachte das vorgelegte Gutachten als nicht ausreichend. Im Gutachten sei die Brustwirbelsäule nicht beschrieben, was unerlässlich sei. Prof. R. habe eine Schädigung allein des Abschnitts L4/5 postuliert, gleichzeitig aber auch Veränderungen in L3/4 beschrieben. Belastungsadaptive Phänomene nach der sog. "Hamburger Formel" seien kein verbindliches Kriterium für die Anerkennung.

Der von der Beklagten hinzugezogene Beratungsarzt und Chirurg Dr. B. schloss sich in seiner Stellungnahme vom 12. März 2000 dem Gutachten von Prof. R. auch gegen die Einwände des Gewerbearztes an. Die Beurteilung sei ausreichend begründet, weitere Ermittlungen seien nicht erforderlich. Bereits am 20. November 1995 sei eine Wirbelkörperrotation bei linkskonvexer Fehlhaltung im Bereich L3/4 erkannt worden, die die Bandscheibenschädigung auch unterhalb sicher begünstigt habe.

Mit Bescheid vom 26. April 2000 lehnte die Beklagte die Gewährung von Entschädigungsleistungen im Zusammenhang mit der Berufskrankheiten-Verordnung (BKV) ab, weil eine BK nach Nr. 2108 oder 2110 der Anlage zur BKV nicht vorliege. Zur Begründung führte sie u.a. aus, dass für die Anerkennung einer Berufskrankheit nach Nr. 2108 der Anlage zur BKV bereits die arbeitstechnischen Voraussetzungen nicht vorlägen. Bei nachgewiesener gefährdender Belastung im Sinne der Berufskrankheit nach Nr. 2110 der Anlage zur BKV ergäben sich jedoch nach dem Gutachten des Prof. R. keine typischen Veränderungen an der Lendenwirbelsäule, die auf die berufliche Belastung zurückzuführen wären.

Hiergegen legte der Kläger mit einem bei der Beklagten am 23. Mai 2000 eingegangenen Schreiben Widerspruch ein, weil die nach seiner Auffassung widersprüchlichen Einschätzungen von Prof. R., Dr. M. und Dr. B. eine nochmalige Überprüfung der ablehnenden Entscheidung erforderlich machten.

Mit Widerspruchsbescheid vom 27. September 2000 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers als unbegründet zurück und verwies zur Begründung im Wesentlichen auf die Ausführungen im Ausgangsbescheid.

Am 19. Oktober 2000 hat der Kläger beim Sozialgericht Halle Klage erhoben und gelend gemacht: Die Einschätzung Prof. R.s sei im Wesentlichen unrichtig. Es liege ein ärztlicher Entlassungsbericht der Knappschaftsklinik W. vom 15. Oktober 1996 vor, wonach bei ihm auch eine Verschmälerung des Zwischenwirbelraumes L5/S1 bei einem Überhang von L5 über S1 nach hinten um etwa 5 mm vorliege. Dies bestätige ein ärztliches Gutachten des Sozialmedizinischen Dienstes der Bundesknappschaft vom 26. Juni 1997.

Der Kläger übersandte zwei Befundberichte der Dres. H. vom 30. August 2002 und 28. Januar 2003, die Computertomogramme der Lenden- und Halswirbelsäule vom jeweiligen Tag beschreiben. Danach finde sich eine hochgradige abbaubedingte Bandscheibenerkrankung mit ausgeprägten verformenden Facettenarthrosen in den Abschnitten L4/5 und L5/S1. In Höhe L4/5 liege eine flache breitbasige Bandscheibenvorwölbung vor, die den Duralschlauch mäßig pelottiere. Die Foramina intervertebralia würden deutlich, insbesondere knöchern eingeengt. Im Bereich L5/S1 sei eine flache, den Duralschlauch nur leicht pelottierende Bandscheibenvorwölbung mit medialer spornartiger spondylophytärer Ausziehung festzustellen. Hinsichtlich der Halswirbelsäule sei eine mäßige abbaubedingte Bandscheibenerkrankung und Spondylose sowie Spondylarthrose der Halswirbelkörper 5 bis 7 ohne Nachweis eines Bandscheibenvorfalls oder einer knöchernen Enge des Rückenmarkkanals festzustellen.

Das Sozialgericht hat ein Gutachten nach Aktenlage des Orthopäden Prof. D., Universitätsklinikum D., eingeholt. Dem Sachverständigen haben zur Begutachtung zwei Röntgenaufnahmen von Dr. V. vom 5. Juli 1985, Aufnahmen von Dipl.-Med. E. vom 20. November 1995 sowie Röntgenaufnahmen des SMD der Bundesknappschaft vom 23. Juni 1997 vorgelegen. Prof. D. führt in seinem Gutachten vom 10. Februar 2003 im Wesentlichen aus, der Kläger leide unter einem wiederkehrenden, Nervenwurzelreizungen ähnlichen Schmerzsyndrom der Halswirbelsäule bei leichten abbaubedingten Veränderungen der unteren Halswirbelsäule und einem örtlichen, Nervenwurzelreizungen ähnlichen Schmerzsyndrom der Lendenwirbelsäule bei abbaubedingten Veränderungen mehrerer Abschnitte. Bei dem Kläger bestünden zwei Formfehler an der Lendenwirbelsäule: eine leichte, nach links ausgebogene Seitverbiegung der unteren Lendenwirbelsäule und Verformungen des 12. Brust- und 1. und 2. Lendenwirbelkörpers zu Keilwirbeln, die zu einer Rückausbiegung des Übergangs von Brust- zu Lendenwirbelsäule geführt hätten. Derartige Keilformen von Wirbeln entstünden durch apophysäre Wachstumsstörungen und führten zu einer Fehlbelastung der Wirbelsäule.

Die Veränderungen der Halswirbelsäule gingen nicht bedeutsam über das altersübliche Maß hinaus. Die Brustwirbelsäule sei röntgenologisch, soweit dargestellt, mit Ausnahme des Übergangs zur Lendenwirbelsäule unauffällig. Die Veränderungen an der unteren Lendenwirbelsäule gingen bei L4/5 über das altersübliche Maß hinaus. L3/4 und L5/S1 seien geringer verändert. Prof. R. sei hingegen hinsichtlich einer regelrechten Höhe des Zwischenwirbelraumes L5/S1 im Röntgenbefund nicht zuzustimmen. Die Fehlform mehrerer Wirbelkörper zwischen D12 und L2 führe zu einer langjährigen Fehlbelastung in den entsprechenden Bewegungsabschnitten mit funktionellen Einschränkungen. Dies erkläre auch, warum der Kläger bereits 1995 über Schmerzen im gesamten Rücken geklagt habe, obwohl die Brust- und Halswirbelsäule zu diesem Zeitpunkt keine nennenswerten bzw. geringgradige Veränderungen aufgewiesen hätten. Auch die Seitverbiegung der unteren Lendenwirbelsäule bedinge eine langjährige Fehlbelastung und damit einen vorzeitigen Verschleiß des Abschnitts. Allerdings beträfen die Veränderungen der unteren Lendenwirbelsäule sehr deutlich drei Abschnitte, was zur geringen Ausprägung der Seitverbiegung nicht zwanglos passe. Auch die Überhänge von L3 zu L4, L4 zu L5 und L5 zu S1 nach hinten seien nicht zwingend mit einer Seitverbiegung verbunden. Vielmehr begünstige Ganzkörpervibration Instabilität zwischen den Abschnitten bei vorbestehender Veränderung, so dass sich ein Teufelskreis aus vorbestehender Verformung und Einwirkung der Ganzkörpervibration ergebe. Es sei von einer richtunggebenden Verschlimmerung eines vorbestehenden Leidens auszugehen. Er halte die Anerkennung einer BK 2110 für angebracht, da neben einer erheblichen beruflichen Exposition mit fast fünffacher Überschreitung der Belastungsdosis ein entsprechendes Krankheitsbild ausgebildet sei. Dies sei zwar auch durch präspondylotische Verformungen bedingt, aber der Schweregrad der Veränderungen in Übereinstimmung mit der klinischen Symptomatik rechtfertige die Anerkennung. Eindeutig seien auch die Veränderungen an der Halswirbelsäule nicht altersvorauseilend, an der Brustwirbelsäule seien keine nachzuweisen.

Hierauf hat die Beklagte eine Stellungnahme der Orthopäden Dres. T. und S. vom 21. Juli 2003 vorgelegt. Danach hätten sich nur bei L4/5 dem Alter etwas voraus eilende Bandscheibenveränderungen entwickelt, während sie bei L3/4 schon fast wieder dem Alter entsprächen. Alle benachbarten Abschnitte zeigten keine auffälligen Veränderungen. Ein solcher Befund stehe nicht mit der Verteilung der einwirkenden Kräfte in Einklang. Gerade bei der Berufskrankheit zu Nr. 2110 sei zu erwarten, dass alle Bewegungsabschnitte im unteren Rumpfbereich von den Schwingungs- und Stoßeinwirkungen erfasst würden. Solche Belastungen könnten nicht nur an einer oder zwei Bandscheiben Spuren hinterlassen. Man könne daher beim Kläger nicht von einem belastungskonformen Schadensbild ausgehen. Im Übrigen sei aufgrund der mitgeteilten, eher diffusen Symptomatik das Vorliegen einer bandscheibenbedingten Erkrankung bereits zweifelhaft. Die angegebenen Beschwerden seien eher Ausdruck der fortgeschrittenen Spondylarthrose der drei unteren Bewegungsabschnitte.

In einer ergänzenden Stellungnahme des vom 8. Oktober 2003 hat Prof. D. an seinem Ergebnis festgehalten. Spondylarthrosen seien als usprüngliche Abbauerscheinung im Krankheitsbild des Klägers nicht zu belegen. Er schlage allenfalls eine erneute Röntgen- und MRT-Untersuchung vor.

Das Sozialgericht hat daraufhin ein Gutachten von Prof. V., Direktor der orthopädischen Universitätsklinik in E., vom 22. Juni 2004 eingeholt, der sich im Ergebnis Dr. D. angeschlossen hat. Der Kläger leide unter einem wurzelreizähnlichen Syndrom der Lendenwirbelsäule bei abbaubedingtem Drehgleiten und hochgradiger Osteochondrose L4/5 sowie geringen Veränderungen der Abschnitte L 3/4 und L5/S1, die alle bandscheibenbedingt seien. Demgegenüber lägen die Veränderungen im Bereich der Halswirbelsäule unter dem Altersdurchschnitt. Der Zwischenwirbelraum im Abschnitt L4/5 sei höchstgradig vermindert; die Anschlussabschnitte L3/4 sowie L5/S1 seien demgegenüber deutlich geringer betroffen. Der Abschnitt L4/5 sei klinisch und röntgenologisch beschwerdebestimmend. Auch der Übergang von der Brust- zur Lendenwirbelsäule sei betroffen, hier nachweisbar durch die Schädigung des Abschnittes Th 11/12. Es gebe keinen Grund, das Schädigungsmuster nicht als belastungskonform anzuerkennen. Der Kläger überschreite die geforderte Expositionszeit von zehn Jahren um das Dreifache. Einer Schädigung der Bandscheiben habe die Wirbelsäule gegen diese Belastung sehr lange standgehalten. Die dann doch eingetretene Erkrankung spreche nicht gegen eine solche Schädigung. Eher hielten die anderen Bewegungsabschnitte der Belastung weiterhin stand.

Die Beklagte hat eine Stellungnahme des Unfallchirurgen Dr. E. vom 13. Dezember 2004 vorgelegt, der ausgeführt hat, beim Kläger lägen langjährige Beschwerden im Sinne einer Muskel-/Nervenreizsymptomatik an der Lendenwirbelsäule vor. Deutliche Verschleißumformungen im Abschnitt L4/5 mit Osteochondrose und geringere Veränderungen in den Abschnitten L3/4, Th11/12 und Th12/L1 seien zu erkennen. Diese Veränderungen könnten einer Berufskrankheit zu Nr. 2110 der Anlage zur BKV nicht zugeordnet werden. Das Freibleiben der Abschnitte L1/2, L2/3 sei für den Fall der Verursachung durch Schwingung nicht zu erklären.

Mit Urteil vom 31. Januar 2005 hat das Sozialgericht die Beklagte verurteilt, bei dem Kläger eine Berufskrankheit nach Nr. 2110 der Anlage zur BKV mit der Folge eines Pseudoradikulärsyndroms der Lendenwirbelsäule aufgrund einer hochgradigen Bandscheibendegeneration mit Spondylose und Osteochondrose L4/5 sowie geringgradigen degenerativen Veränderungen L3/4 sowie L5/S1 anzuerkennen. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen.

Es hat ausgeführt, die versicherte Tätigkeit, die Einwirkung durch Ganzkörperschwingungen im Sitzen sowie die bandscheibenbedingte Erkrankung und der Zwang zur Unterlassung der schädigenden Tätigkeit seien voll bewiesen. Die versicherte Tätigkeit stehe nicht in Frage. Der Kläger sei von 1972 bis 1994 einer Belastungsdosis von Ganzkörperschwingungen ausgesetzt gewesen, die den Grenzwert um das Vier- bis Fünffache überschritten habe. Es handele sich um eine primäre Bandscheibenschädigung, die zur Osteochondrose und zur Ausbildung von Spondylophyten geführt habe. Auf Grund der im Jahr 1994 gehäuft vorliegenden Arbeitsunfähigkeiten wegen des Lendenwirbelsäulensyndroms sei auch der Zwang zur Aufgabe der schädigenden Tätigkeit aus gesundheitlichen Gründen gegeben. Die sog. haftungsausfüllende Kausalität, der rechtlich wesentliche Ursachenzusammenhang zwischen der Einwirkung der Ganzkörperschwingungen im Sitzen und dem Eintritt der bandscheibenbedingten Erkrankung sei hinreichend wahrscheinlich. Dies ergebe sich in besonderer Weise aus dem Gerichtsgutachten und der ergänzenden Stellungnahme des Sachverständigen Prof. D. und dem Gutachten Prof. V.`. Dem Kläger sei aus Anlass der Berufskrankheit allerdings keine Verletztenrente zu gewähren, da sich eine rentenberechtigende Minderung der Erwerbsfähigkeit daraus nicht ergebe.

Gegen das der Beklagten am 21. Februar 2005 zugestellte Urteil richtet sich deren am 11. März 2005 eingelegte Berufung. Die Beklagte ist der Ansicht, die Verursachung des Erkrankungsbildes durch die berufsbedingten Einwirkungen stehe nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit fest. Sie beziehe sich zur Begründung auf die gutachterliche Stellungnahme des Dr. E ... Entsprechend den gegenwärtigen medizinischwissenschaftlichen Erkenntnissen seien für die Feststellung einer bandscheibenbedingten Erkrankung als Berufskrankheit belastungsadaptive Reaktionen Voraussetzung. Auf das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 25. 8. 2003 – L 6 U 326/02 – werde hierzu verwiesen.

Die Beklagte hat eine Stellungnahme des Chirurgen/Unfallchirurgen M.-C. vom 10. Dezember 2007 vorgelegt. Er führt aus, die bandscheibenbedingte Erkrankung habe sich beim Kläger vergleichsweise früh als Osteochondrose im prädiskotisch verformten Abschnitt L4/5 gezeigt. Auffallende Schäden in angrenzenden Abschnitten seien nicht nachgewiesen worden. Schäden im Bereich der oberen Lendenwirbelsäule, wie sie bei Schwingungsbelastungen zwingend erforderlich seien, seien nicht festgestellt worden. Das Schadensbild sei zwanglos ohne Schwingungseinwirkung zu erklären. Die Schwingung sei daher nicht mehr wesentlich. Nach den Konsensempfehlungen liege bei dem Kläger eine B 10-Fallgestaltung vor, da konkurrierende Ursachen vorlägen. Untersuche man das Schadensbild zum Zeitpunkt der Aufgabe der Tätigkeit, könne man aus medizinischer Sicht nur den Ausführungen der Dres. Prof. R., S. und E. folgen.

Die Beklagte beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Halle vom 31. Januar 2005 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Er beruft sich auf sein Vorbringen in erster Instanz sowie die zutreffenden

Entscheidungsgründe:

des angefochtenen Urteils.

Der Senat hat ein Gutachten des Facharztes für Chirurgie MR Doz. Dr. M. vom 5. November 2008 eingeholt. Der Sachverständige führt im Wesentlichen aus, der Kläger leide an einem örtlichen Schmerzsyndrom der Lendenwirbelsäule mit wurzelreizähnlichen Beschwerden bei isolierter Chondrose II. Grades des Abschnittes L4/5 und Spondylarthrosen der mittleren und unteren Lendenwirbelsäule. Die Halswirbelsäule zeige keinen dem Alter vorauseilenden Verschleiß. Die mittlere und untere Lendenwirbelsäule zeige vordergründig einen umformenden Verschleiß der kleinen Wirbelgelenke (Spondylarthrosen), wobei dieser Befund den Bandscheiben nicht zuzuordnen sei. Bei dem Befund im Abschnitt L4/5 handele es sich um eine ursprünglich bandscheibenbedingte Erkrankung. Messbare Funktionseinschränkungen der Wirbelsäule ergäben sich zum Untersuchungszeitpunkt nicht. Es finde sich lediglich ein erhöhter Finger-Boden-Abstand, was auf einen unzureichenden Trainingszustand hinweise. Ansonsten seien sämtliche Funktionen der Brust- und Lendenwirbelsäule frei vorführbar. Nach den Konsensempfehlungen komme er unter Zugrundelegung der bildtechnischen Befunde vom 23. Juni 1997 zu folgendem Ergebnis bei der computergestützten Analyse des Chondrosegrades nach der Messmethode HURXTHAL II:

Segment L1/L2 L2/L3 L3/L4 L4/L5 L5/S1 BS-Höhe in mm 10,0 11,0 9,0 8,0 10,0 Korrekturfaktor 1,26 1,13 1,05 1,0 1,16 korrigierte BS-Höhe 12,6 12,43 9,45 8,0 11,6 Größte korrigierte BS-Höhe 12,6 12,6 12,6 12,6 12,6 Normative relative BS-Höhe (ger.) 100% 99% 75% 63% 92% Ausgehend von gemessener BS- Höhe minus 0,5 mm 95% 94% 71% 60% 87% Ausgehend von gemessener BS- Höhe plus 0,5 mm 100% 100% 79% 67% 97%

Die Interpretation des Chondrosegrades orientiere sich nach den Konsensempfehlungen an folgender Bewertung der normierten relativen Bandscheibenhöhe:

Keine Chondrose ) 80 % Chondrose Grad I ) 66 bis 80 % Chondrose Grad II ) 50 bis 66 % Chondrose Grad III )= 50 %.

Im Abschnitt L3/4 liege demnach eine Chondrose Grad I und im Abschnitt L4/5 eine Chondrose Grad II vor. Beide Chondrosegrade seien für das kalendarische Alter des Klägers zum Zeitpunkt der Herstellung der Röntgenaufnahmen als altersuntypisch einzustufen. Unter der Maßgabe, dass eine ausreichende Exposition vorgelegen habe, gelange er nach den Konsensempfehlungen in die Konstellation B. Da wesentliche konkurrierende Ursachenfaktoren nicht erkennbar seien und auch eine Begleitspondylose fehle, sei die Konstellation B2 zu prüfen. Diese Konstellation scheide letztendlich aber auch aus, da nicht mindestens eins der in den Konsensempfehlungen genannten Kriterien erfüllt sei. Bei dem Kläger treffe die Konstellation B3 zu. Betroffen seien bei dieser Konstellation lediglich die Abschnitte L4/5 und/oder L5/S1. Eine Begleitspondylose als positives Indiz für eine Auswirkung der beruflichen Belastung liege ebenfalls nicht vor. Im Falle des Klägers sei zudem das belastungskonforme Schadensbild nicht erfüllt. Der Kläger habe wegen einer schicksalhaften Erkrankung der Lendenwirbelsäule im Abschnitt L4/5 und der darunter liegenden umformenden Verschleißveränderungen der kleinen Wirbelgelenke (Spondylarthrosen) seine schädigende Tätigkeit 1994 beenden müssen. Eine berufliche Verursachung des Wirbelsäulenschadens lasse sich unter Zugrundelegung der Konsensempfehlungen nicht erkennen, so dass ein Unterlassungszwang wegen einer Berufskrankheit nicht vorliege. Aus medizinischer Sicht sei auch bei einer ausreichenden beruflichen Einwirkung der berufliche Ursachenzusammenhang nicht hinreichend wahrscheinlich.

In einer ergänzenden Stellungnahme vom 22. Januar 2009 legt der Gutachter ergänzend dar, keines der bei der B 2 - Konstellation geforderten zusätzlichen Kriterien sei erfüllt gewesen, da weder eine besonders intensive Belastung noch ein besonderes Gefährdungspotential durch hohe Belastungsspitzen nachgewiesen sei. Folgerichtig sei von einer B 3 - Konstellation auszugehen, bei der wiederum nicht das Kriterium des belastungskonformen Schadensbildes erfüllt sei, so dass es bei der bereits begründeten Ablehnung der Berufskrankheit nach Nr. 2110 nach der Anlage zur BKV bleibe.

Dem Gericht hat in der mündlichen Verhandlung und bei der Beratung die Verwaltungsakte der Beklagten – Az. BK 29602409 L – vorgelegen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß § 143 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) statthafte Berufung hat keinen Erfolg.

Der Bescheid der Beklagten vom 26. April 2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. September 2000 beschwert den Kläger im Sinne von §§ 157, 54 Abs. 2 S. 1 SGG, weil die Beklagte darin zu Unrecht die Anerkennung einer Berufskrankheit nach Nr. 2110 der Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung abgelehnt hat; auf diese Anerkennung hat der Kläger Anspruch.

Der vom Kläger verfolgte Anspruch richtet sich noch nach den bis zum 31. Dezember 1996 geltenden Vorschriften der Reichsversicherungsordnung (RVO), weil die geltend gemachte Berufskrankheit vor Inkrafttreten des Siebten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VII) am 1. Januar 1997 eingetreten ist (Art. 36 des Unfallversicherungs-Einordnungsgesetzes, § 212 SGB VII).

Gemäß § 551 Abs. 1 Satz 2 RVO sind Berufskrankheiten Krankheiten, welche die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates bezeichnet und die ein Versicherter infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 539, 540 und 543 bis 545 RVO begründenden Tätigkeit erleidet. Als Berufskrankheiten kommen solche Krankheiten in Betracht, die nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft durch besondere Einwirkungen verursacht sind, denen bestimmte Personengruppen durch ihre Arbeit in erheblich höherem Grade als die übrige Bevölkerung ausgesetzt sind (§ 551 Abs. 1 Satz 3 RVO). In der Anlage 1 der Berufskrankheitenverordnung (BKV) sind seit Inkrafttreten der 2. Änderungsverordnung vom 18. Dezember 1992 (BGBl. I S. 2343) bandscheibenbedingte Erkrankungen der Wirbelsäule durch langjährige, vorwiegend vertikale Einwirkung von Ganzkörperschwingungen im Sitzen (Nr. 2110) als Berufskrankheit erfasst.

Voraussetzung der Anerkennung der hier strittigen BK 2110 ist das Vorliegen einer bandscheibenbedingten Erkrankung der Lendenwirbelsäule durch langjährige, vorwiegend vertikale Einwirkung von Ganzkörperschwingungen im Sitzen, die zur Unterlassung aller Tätigkeiten gezwungen haben, die für die Entstehung, Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit ursächlich waren oder sein können. Die Erkrankung muss den Zwang zur Unterlassung aller gefährdenden Tätigkeiten herbeigeführt haben, und der Versicherte darf eine solche Tätigkeit tatsächlich nicht mehr ausüben (BSG, Urt. v. 27. 6. 2006 – B 2 U 20/04 R, zitiert nach juris).

Diese Voraussetzungen liegen beim Kläger vor.

Der Kläger hat (schon) in der Zeit vom 10. Mai 1972 bis 31. Dezember 1991 Tätigkeiten auf dem Gebiet der DDR ausgeübt, die denen eines Versicherten nach § 539 Abs. 1 Nr. 1 RVO gleichstehen. Vom 1. Januar 1992 bis zum 31. Dezember 1994 hat er versicherte Tätigkeiten im Sinne des § 539 Abs. 1 Nr. 1 RVO ausgeführt.

Nach den ausführlichen und überzeugenden Feststellungen der Präventionsabteilung der Maschinenbau- und Metallbauberufsgenossenschaft war der Kläger von 1972 bis 1991 einer erheblichen Ganzkörperschwingungsbelastung der Lendenwirbelsäule ausgesetzt. Nach dem Merkblatt zu der BK 2110 (Bekanntmachung des BMGS vom 1. Mai 2005, BArbBl 7/2005 Seite 43, veröffentlicht auch in Mehrtens/Brandenburg, Die Berufskrankheitenverordnung, Stand Januar 2009, M 2110) ist Voraussetzung für die Annahme einer Einwirkung im Sinne der BK 2110 eine langjährige (fünf- bis zehnjährige oder längere), wiederholte Einwirkung von (vorwiegend vertikalen) Ganzkörperschwingungen in Sitzhaltung mit einer "Tagesdosis" in Form der Beurteilungsbeschleunigung aw(8) von im Regelfall 0,63 m/s2 in der vertikalen z-Achse. Bei der Berechnung der aw(8) Werte, welche die Gesamtbelastung während eines Tages kennzeichnen, sind die Maschinenart und zahlreiche weitere Faktoren wie z.B. der befahrene Untergrund, die individuelle Fahrgeschwindigkeit und/oder Zuladung zu berücksichtigen. Der Kläger fuhr in der Zeit von Mai 1972 bis April 1982 auf schlechten, teilweise unbefestigten Untergründen mit Schlaglöchern, Gleisübergängen und Plattenwegen vier Stunden täglich Lader ohne gefederten Polstersitz. Die Beurteilungschwingstärke für die Fahrzeugtypen hat die Präventionsabteilung mit Kr= 21,2 (HON 051) und Kr = 18,1(L 2 A) ermittelt und die täglichen Expositionszeiten wurden hierbei berücksichtigt.

Von Mai 1982 bis Dezember 1988 fuhr der Kläger mit einem Gabelstapler mit gefedertem Polstersitz täglich fünf Stunden, davon die Hälfte der Zeit rückwärts; der Straßenzustand war schlecht. Die Beurteilungsschwingstärke für diesen Zeitraum und diesen Fahrzeugtyp wurde unter Berücksichtigung der täglichen Expositionsdauer von der Präventionsabteilung mit Kr = 24,7 ermittelt und angegeben. In der sich anschließenden Zeit von Januar 1989 bis Oktober 1991 fuhr der Kläger mit einem Dumper mit ungefedertem Polstersitz auf einer unbefestigten Wegstrecke fünf Stunden täglich. Die Beurteilungsschwingstärke für diesen Zeitraum und Fahrzeugtyp wurde unter Zugrundelegung der ermittelten täglichen Expositionsdauer mit Kr = 36,4 ermittelt. Da der bisher verwendete Begriff der Beurteilungsschwingstärke Kr in Anpassung an internationale Definitionen durch aw(8) (in m/s2) ersetzt wurde, ergeben sich unter Anwendung der in dem Merkblatt zur BK 2110 (a.a.O., M 2110, S. 12) mitgeteilten Berechnungsmethode (aw(8) x 20(m/s2) = Kr) folgende Beurteilungsbeschleunigungen:

Lader HON 051 für den Zeitraum Mai 1972 bis April 1982 aw(8)=1,06 m/s2, Lader L 2 A für den Zeitraum Mai 1972 bis April 1982 aw(8)=0,91m/s2, Stapler für den Zeitraum Mai 1982 bis Dezember 1988 aw(8)=1,24m/s2, Dumper für den Zeitraum Januar 1989 bis Oktober 1991 aw(8)=1,82m/s2.

Die ermittelten Werte liegen allesamt weit über der angegebenen "Tagesdosis" von aw(8)= 0,63 m/s2, bei der die Voraussetzung für die Annahme einer arbeitsbezogenen Einwirkung im Sinne der BK 2110 angenommen werden kann, wenn die Einwirkung stoßhaltige Impulse enthält, was durch die vom Kläger – wie dargelegt – befahrenen schlechten Untergründe der Fall war. Jedenfalls überschreiten sie die Dosis von a w (8)= 0,8 m/s², die ohne weitere Voraussetzungen als gefährdend eingestuft ist (Merkblatt, a.a.O.).

Der Kläger war den Ganzkörperschwingungen auch langjährig und wiederholt ausgesetzt. Langjährig setzt nach dem Merkblatt zu der BK 2110 eine fünf- bis zehnjährige oder längere Einwirkungsdauer voraus. Der Kläger war den Ganzkörperschwingungen in Sitzhaltung mit einer Tagesdosis in Form der Beurteilungsbeschleunigung aw(8) von erheblich mehr als 0,8 m/s2 22,5 Jahre lang ausgesetzt. Dies ist jedenfalls langjährig im Sinne der BK 2110.

Nach den Feststellungen des Technischen Aufsichtsdienstes des Beklagten war die zuletzt im Zeitraum von 1. November 1991 bis 31. Dezember 1994 ausgeübte Tätigkeit hinsichtlich der ermittelten Berteilungsschwingstärke "dem Grunde nach" geeignet, die arbeitstechnischen Voraussetzungen zur Annahme einer gefährdenden Belastung zu erfüllen. Dies wurde nachvollziehbar damit begründet, dass aufgrund der kurzen Dauer einer hohen Belastung der ermittelte Wert der Gesamtschwingdosis deutlich unterhalb des kritischen Dosisrichtwertes Dvri von 580 x 103 liegt. Im Umkehrschluss haben zumindest einige der vom Kläger während seiner letzten Beschäftigung bei der T.U.L. International gefahrenen Fahrzeuge Schwingstärken aufgewiesen, die unter Berücksichtigung der täglichen Fahrzeiten die Tagesbelastungsdosen bzw. die Beurteilungsbeschleunigung aw(8)= 0,8 m/s2 überschritten haben.

Eine bandscheibenbedingte Erkrankung der Lendenwirbelsäule des Klägers steht zur Überzeugung des Gerichts in Form eines chronisch wiederkehrenden Lumbalsyndroms fest. Als bandscheibenbedingte Erkrankung der Lendenwirbelsäule im Sinne der BK 2110 kommen ein lokales Lumbalsyndrom, mono- und pseudoradikuläre lumbale Wurzelreizsyndrome sowie ein Kaudasyndrom in Betracht, wobei das Krankheitsbild neben einem durch Veränderungen an der Bandscheibe verursachten objektivierten Schaden zu chronischen oder chronisch wiederkehrenden Beschwerden mit Funktionseinschränkungen geführt haben muss (vgl. BSG, Urt. v. 31. 5. 2005 – B 2 U 12/04 R – zitiert nach Juris). Bei dem Kläger ist wiederholt, unwidersprochen und überzeugend ein lokales Lumbalsyndrom mit wurzelreizähnlichen (pseudoradikulären) Schmerzausstrahlungen diagnostiziert worden, so auch anlässlich der ersten gutachterlichen Untersuchung von Prof. R ... Die Arbeitsunfähigkeitsdiagnosen zwischen Juli 1993 und Dezember 1994 – insgesamt vier – haben alle ein Lumbalsyndrom zum Gegenstand. Dem Krankheitsbild liegen Veränderungen der Lendenwirbelsäule zu Grunde, die sich schon bei Auswertung der Röntgenaufnahmen vom 20. November 1995 als beginnende Verbiegung, Gefügelockerung mit Verschiebung der Wirbelkörper gegeneinander, vermehrte Sklerosierung der Wirbelkörperabschlussplatten L3 - L5 und geringe Ausziehungen ventral an den gegenüber liegenden Grund- und Deckplatten L4/5 zeigen.

Die Krankheit bedingte auch klinische Symptome und Funktionseinschränkungen. Darauf lässt sich zunächst aus der Bescheinigung von Arbeitsunfähigkeit in den Jahren 1993/94 rückschließen. Bei der Behandlung durch den Orthopäden E. war ein Druckschmerz der langen Rückenstrecker zu erheben. Bei Untersuchung durch Prof. R. konnte dieser einen Druckschmerz im lumbosakralen Übergangsbereich sowie einen Finger-Boden-Abstand von 30 cm feststellen. Prof. V. diagnostizierte einen deutlichen paravertebralen Hartspann, betont über der unteren Lendenwirbelsäule. MR Doz. Dr. M. fand einen Klopfschmerz über den Dornfortsätzen der Lendenwirbelsäule sowie eine pseudoradikuläre Schmerzausstrahlung. Ein Segmentbefund mit provozierbarem Schmerz wie auch eine ggf. vorliegende pseudoradikuläre Schmerzausstrahlung werden im Rahmen der Konsensempfehlungen (Medizinische Beurteilungskriterien zu bandscheibenbedingten Erkrankungen der Lendenwirbelsäule, herausgegeben von der vom Hauptverband der gewerblichen Berufsgenossenschaften eingerichteten interdisziplinären Arbeitsgruppe, vgl. Trauma und Berufskrankheit, Heft 3/2005, Springer Medizin Verlag, S. 211 ff.), als klinische Symptome beim lokalen Lumbalsyndrom beschrieben. Unter Berücksichtigung der bei allen Untersuchungen des Klägers festgestellten provozierbaren Schmerzhaftigkeit geht der Senat davon aus, dass die Erkrankung der Lendenwirbelsäule des Klägers klinische Symptome und Funktionseinschränkungen bedingt.

Diese Erkrankung ist bandscheibenbedingt. Prof. R. beantwortet die Frage nach einer bandscheibenbedingten Erkrankung nicht ausdrücklich, erörtert aber immerhin in Bezug auf den Kläger die Verursachung "des bandscheibenbedingten Leidens". MR Doz. Dr. M. sieht (zumindest) den Überhang des dritten über den vierten Lendenwirbelkörper als naheliegend durch einen Bandscheibenschaden bedingt. Prof. V. begründet gegenüber den zuvor von Dres. T./S. geäußerten Zweifeln nachvollziehbar, aus welchen Gründen und mit welchem Krankheitsverlauf es sich beim Kläger um eine bandscheibenbedingte Erkrankung des Abschnittes zwischen dem vierten und fünften Lendenwirbelkörper handelt; insoweit schließt sich Dr. E. an. Insbesondere hält Prof. V. die Auffassung der Dres. T./S., als Ursache der Beschwerden kämen vorrangig Facettenasymmetrien und die Wirbelsäulenverbiegung in Betracht, überzeugend entgegen, die Aufnahmen von 1985 zeigten keine Achsabweichung. Die Wirbelsäulenverkrümmung im Bereich zwischen dem vierten und fünften Lendenwirbelkörper sei erst später entstanden und Folge des Abbauvorgangs in diesem Bereich. Letzteres hält auch Dr. E. für möglich. Prof. V. hält auch Veränderungen im Bereich der Facettengelenke auf den Aufnahmen von 1985 für nicht nachweisbar. Der Verschleiß der Facettengelenke sei erst Folge der Gefügelockerung und Verdrehung des Bewegungsabschnittes auf Grund bandscheibenbedingten Abbaus. Auch MR Doz. Dr. M. geht von einer bandscheibenbedingten Erkrankung im Bereich des vierten und fünften Lendenwirbelkörpers aus.

Das beim Kläger vorliegende Krankheitsbild im Bereich der Lendenwirbelsäule kann auch mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit auf die beruflichen Belastungen zurückgeführt werden. Maßgeblich für den Zusammenhang zwischen den beruflichen Belastungen und dem Gesundheitsschaden ist eine hinreichende Wahrscheinlichkeit, bei der mehr für als gegen den Zusammenhang spricht und ernste Zweifel ausscheiden (BSG, Urteil vom 9. Mai 2006 – B 2 U 1/05 RSozR 4-2700 § 8 Nr. 17). Dabei ist nur die Bedingung rechtlich erheblich, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Eintritt des geltend gemachten Schadens "wesentlich" beigetragen hat (Ricke in Kasseler Kommentar, § 8 SGB VII Rn. 4, 15 m.w.N.). Welche Ursache wesentlich ist und welche nicht, muss aus der Auffassung des praktischen Lebens über die besonderen Beziehungen der Ursache zum Eintritt des Gesundheitsschadens abgeleitet werden (BSG, Urteil vom 9. Mai 2006 – B 2 U 1/05 R – a.a.O.).

Maßgeblich für die Einschätzung, ob ein hinreichender Zusammenhang zwischen beruflicher Belastung und Erkrankung besteht, sind die "Konsensempfehlungen". Im Hinblick auf die Schwierigkeiten der Beurteilung des Ursachenzusammenhanges bei den Berufskrankheiten Nr. 2108 und 2110 war die medizinische Wissenschaft gezwungen, weitere Kriterien zu erarbeiten, die zumindest in ihrer Gesamtschau für oder gegen eine berufliche Verursachung sprechen. Es ist davon auszugehen, dass die dazu erarbeiteten Konsensempfehlungen nach wie vor den aktuellen Stand der nationalen und internationalen Diskussion zur Verursachung von Lendenwirbelsäulenerkrankungen durch körperliche berufliche Belastungen darstellen (vgl. auch BSG, Urteil vom 27. Juni 2006 – B 2 U 13/05 R – in SozR 4 – 2700 § 9 Nr. 9).

Von den verschiedenen Befundkonstellationen, die in den Konsensempfehlungen behandelt werden, gehört das Krankheitsbild des Klägers in die Konstellation B 2.

Der Kläger erfüllt zunächst die Voraussetzungen der Sammelkonstellation "B", weil seine bandscheibenbedingte Erkrankung (auch) den Zwischenwirbelraum L4/5 betrifft und der Schaden dort als Chondrose Grad II ausgeprägt ist, wie MR Doz. Dr. M. belegt hat. Alle im Verwaltungs- und gerichtlichen Verfahren beauftragten Gutachter kommen übereinstimmend zu dem Ergebnis, dass eine Schädigung des Zwischenwirbelraumes L4/5 vorliegt und schon bei Auswertung der Aufnahmen von 1995 vorgelegen hat, die der Tätigkeitsaufgabe zeitlich am nächsten kommen. Insbesondere nach den Feststellungen des MR Doz. Dr. M., der in seinem Gutachten eine Auswertung der Röntgenaufnahmen vom 23. Juni 1997 nach der in den Konsensempfehlungen beschriebenen computergestützten Messmethode zur Ermittlung der Bandscheibenhöhen nach HURXTHAL II (Konsensempfehlungen a.a.O., Tabelle 4, S. 225) vornimmt, geht der Senat davon aus, dass im Segment L4/5 eine Chondrose Grad II vorgelegen hat. Etwas anderes ergibt sich aber auch nicht für die Auswertung der 1995 gefertigten Aufnahmen, von denen Prof. D. unwidersprochen mitteilt, die Verhältnisse seien analog denen auf den Aufnahmen von 1997. Sie werden auch insbesondere von Dr. E. ohne die Vermessung im Sinne der Konsensempfehlungen konkret so beschrieben.

Der Senat ist, entgegen der Auffassung des MR Doz. Dr. M., auch davon überzeugt, dass bei dem Kläger eine Fallkonstellation B 2 vorliegt, die einen Zusammenhang zwischen der bandscheibenbedingten Erkrankung und der beruflichen Tätigkeit wahrscheinlich macht. Insoweit verlässt MR Doz. Dr. M. die Auswertung nach den Konsensempfehlungen, weil er weder eine damit in Einklang stehende Beurteilung der zweiten Chondrose noch der konkreten Belastungssitutation des Klägers abgibt.

Die Konsensempfehlungen zur Fallkonstellation B 2 setzen zunächst voraus, dass bei dem Bandscheibenerkrankten keine wesentlichen konkurrierenden Ursachenfaktoren erkennbar sind und eine Begleitspondylose nicht vorliegt. Als wesentliche konkurrierende Ursachen benennen die Konsensempfehlungen anlagebedingte Faktoren, die als Risiko für die Entwicklung bandscheibenbedingter Wirbelsäulenerkrankungen auch ohne berufliche Einwirkung gelten. Anhaltspunkte für eine Segmentversteifung, eine Lendenwirbelkörperfraktur, einen Beckenschiefstand, eine Spondylodese, einen Morbus Bechterew oder Morbus Paget sind, wie MR Doz. Dr. M. in seinem Gutachten darlegt, nicht gegeben. Die beim Kläger vorhandene leichte linkskonvexe Skoliose der Lendenwirbelsäule scheidet als Konkurrenzursache aus. Nach den Konsensempfehlungen ist eine Skoliose leichteren Grades (Krümmungswinkel weniger als 10° nach Cobb) nach den vorliegenden wissenschaftlichen Erkenntnissen nicht als Prädisposition im Sinne einer wesentlichen Ursache eines Bandscheibenschadens anzusehen. Zu diesem Ergebnis kommt auch MR Doz. Dr. M., der in seinem Gutachten ausführt, die linkskonvexe Skoliose der Lendenwirbelsäule weise einen nicht pathologischen Cobb-Winkel auf. Auch Dres. T. und S. beschreiben in ihrer Stellungnahme in Auswertung des Bildes vom 20.11.1995 nur eine geringe skoliotische Verbiegung der Lendenwirbelsäule, deren Krümmungswinkel 8° nach Cobb beträgt. Selbst Prof. D., der in seinem Gutachten nach Aktenlage der linkskonvexen Skoliose des Klägers zumindest eine prädisponierende Rolle einräumt, weist auf deren geringe Ausprägung hin und leitet daraus ab, dies passe nicht zwanglos zu den Veränderungen der Lendenwirbelsäule. Weiterhin ist aber entscheidend, dass die Verbiegung nach der überzeugenden Darlegung Prof. V.´ zeitlich den bandscheibenbedingten Veränderungen nachfolgt. Auch Dres. T./S. bestätigen für die Aufnahmen von 1985, dort sei eine Verbiegung nicht nachweisbar.

Die von Prof. D. als Ausdruck einer juvenilen Aufbaustörung festgestellte Keilform der dorsolumbalen Übergangswirbel (12. Brustwirbelkörper, 1. und 2. Lendenwirbelkörper) ist ebenfalls nicht als konkurrierende Ursache anzusehen. Prof. V. bestätigt eine Keilwirbelbildung; misst ihr aber aufgrund ihrer anatomischen Normalvariante keinen pathologischen Befund zu. Auch Prof. D. kommt zu dem Ergebnis, dass die Keilwirbelbildung keinen Schweregrad erreicht, der die Annahme einer prädisponierenden Ursache rechtfertigt. Im Übrigen stellen juvenile Aufbaustörungen allenfalls bei mehrsegmental fixierter Kyphose, die nicht beim Kläger vorliegt, eine konkurrierende Ursache im Sinne der Konsensempfehlungen dar (a.a.O., S. 251).

Die in der Stellungnahme der Dres. T./S. beschriebenen Facettenasymmetrien der unteren Lendenwirbel geben keinen Anhaltspunkt für das Vorliegen einer Konkurrenzursache, weil sie nicht belegt sind. Vielmehr hält Prof. V. – wie dargelegt – dieser Diagnose überzeugend entgegen, der Verschleiß der Facettengelenke sei erst Folge der Gefügelockerung und Verdrehung des Bewegungsabschnittes auf Grund bandscheibenbedingten Abbaus.

Hinweise auf sogenannte "Lifestyle"faktoren und Stoffwechselstörungen beim Kläger liegen nicht vor. Insbesondere gehen entsprechende Gesichtspunkte aus keinem der Gutachten hervor.

Ferner besteht zwischen der Entwicklung der bandscheibenbedingten Erkrankung und der ausreichenden Exposition ein plausibler zeitlicher Zusammenhang (vgl. Konsensempfehlungen a.a.O., S. 217). Zwischen den mitgeteilten Behandlungen ist der Kläger in der Zeit vom 12. bis zum 14. Juli 1993, vom 7. bis zum 14. Februar 1994, vom 26. bis zum 28. Oktober 1994 und vom 12. bis 31. Dezember 1994 arbeitsunfähig wegen eines Lumbalsyndroms bzw. einer degenerativen Wirbelsäulenerkrankung gewesen. Dies geht aus den Arbeitsunfähigkeitsmitteilungen der AOK H. vom 9. Juli 1996 hervor. Zu dieser Zeit war der Kläger bereits einer ausreichenden Exposition im Sinne der Berufskrankheit nach Nr. 2110 ausgesetzt gewesen. Hingegen kommt es nicht darauf an, dass der Kläger im Verwaltungsverfahren Beschwerden bereits seit 1975 mitteilt. Abgesehen davon, dass diese nicht zwischen solchen im Bereich der Lendenwirbelsäule und der übrigen Wirbelsäulenabschnitte unterschieden sind, sind für einen Zusammenhangsausschluss die Maßstäbe entscheidend, die die Konsensempfehlungen für den Nachweis der bandscheibenbedingten Erkrankung anlegen. Die erforderliche Einheit von Veränderungen der Wirbelsäule und klinischem Krankheitsbild lässt sich aber erst für das Jahr 1994 herleiten; die Aufnahmen aus dem Jahre 1985 werden einhellig dahin ausgewertet, dass die dort dargestellten Veränderungen keine Grundlage für ein bandscheibenbedingtes Krankheitsbild zu dieser Zeit darstellen.

Voraussetzung für die Annahme einer B 2 - Konstellation ist weiterhin das Fehlen einer Begleitspondylose. Dies ist beim Kläger gegeben. Weiterer Vertiefung bedarf dies nicht, da beim Vorliegen der Begleitspondylose der Zusammenhang als Konstellation B 1 der Konsensempfehlungen ohne weiteres gegeben wäre, hier aber weitere Voraussetzungen der Konstellation B 2 den Zusammenhang begründen.

Der Kläger erfüllt ferner das zusätzliche Merkmal einer Höhenminderung und/oder eines Prolapses an mehreren Bandscheiben (Konstellation B 2). Die Konsensempfehlungen benennen hinter dem Anstrich zu den Zusatzkriterien zwei verschiedene hinreichende Voraussetzungen. Die eine besteht in dem auffälligen Blackdisc-Befund zweier benachbarter Bandscheiben bei monosegmentalem Befall mit dem entsprechenden klinischen Krankheitsbild. Die andere Voraussetzung beschreibt eine Höhenminderung eines zweiten Segmentes als Ausdruck eines bisegmentalen Befalls. Gefordert werden bei dieser Voraussetzung keine bestimmten Chondrosegrade der zweiten Höhenminderung. Höhenminderung ist vielmehr jede Chondrose (Konsensempfehlungen, a.a.O., S. 214, 1.2 A). Neben dem am stärksten von der Höhenminderung betroffenen Segment L4/5 weist auch das benachbarte Segment L3/4 eine Höhenminderung auf. Im Segment L3/4 hat MR Doz. Dr. M. eine Bandscheibenhöhe von 9,0 mm gemessen. Dies entspricht einer normierten relativen Bandscheibenhöhe (gerundet) von 75 %. Ergibt die normierte relative Bandscheibenhöhe einen Prozentwert über 66 und von höchstens 80, so liegt eine Chondrose Grad I vor. Mit 75 % ist dies beim Kläger im Segment L3/4 der Fall. Beim Kläger liegt somit an zwei benachbarten Segmenten eine nach den Konsensempfehlungen maßgebliche, altersuntypische Höhenminderung vor.

Bereits damit erfüllt der Kläger die Voraussetzungen der Konstellation B 2 der Konsensempfehlungen. Zudem ist der Senat davon überzeugt, dass – ebenfalls für die Wahrscheinlichkeit des Zusammenhanges hinreichend – auch die zusätzliche Voraussetzung einer besonders intensiven Belastung vorliegt, womit sich der Sachverständige MR Doz. Dr. M. bei einem nicht nachvollziehbaren Ergebnis mangels jeder Begründung schon nicht auseinandersetzt. Bereits Prof. D. weist aber für seinen Vorschlag einer Anerkennung auf die besonders hohe Belastung des Klägers hin; dem schließt sich der Senat an. Die Konsensempfehlungen geben als (einen) Anhaltspunkt für eine besonders intensive Belastung ein Erreichen des Richtwertes für die Lebensdosis in weniger als zehn Jahren vor. Die besonders intensive Belastung des Klägers ist nach den Ergebnissen der arbeitstechnischen Ermittlungen augenfällig, weil er die Lebensdosis mehr als viermal erfüllt hat und dabei durchschnittlich die Lebensdosis in jedem Zehnjahresabschnitt überschritten hat. Nach den arbeitstechnischen Ermittlungen fällt die mehr als vierfache Erfüllung der Lebensdosis in einen Zeitraum von knapp zwanzig Jahren. Durchschnittlich hat der Kläger eine Lebensdosis in dieser Zeit in weniger als fünf Jahren erfüllt. Die Belastung ist in jedem Teilzeitraum dieser zwanzig Jahre hoch gewesen, weil der Kläger ausschließlich und mindestens vier Stunden arbeitstäglich Fahrzeuge verwendet hat, die die gefährliche Beurteilungsschwingstärke sogar für stoßfreie Belastungen überschritten, gleichwohl aber durchweg auch stoßhaltigen Belastungen ausgesetzt war. Dabei ist innerhalb des Zwanzigjahreszeitraumes von einer stetig zunehmenden Belastung auszugehen, weil die Beurteilungsschwingstärke in der Abfolge der von 1972 bis 1991 jeweils verwendeten Fahrzeuge jeweils höher war und die arbeitstägliche Fahrzeit in dem Zeitraum von vier auf fünf Stunden zunahm.

Auch der zeitliche Zusammenhang zwischen dieser besonders intensiven Belastung und dem erstmaligen Nachweis der bandscheibenbedingten Erkrankung lässt keinen Raum für Zweifel an der Zusammenhangswahrscheinlichkeit, weil der Kläger zwischen der besonders intensiven Belastung (bis November 1991) und dem Auftreten der Lendenwirbelsäulenerkrankung (1994) weiterhin einschlägigen gefährdenden Belastungen im Sinne von Überschreitungen der Beurteilungsschwingstärke ausgesetzt war, wie die arbeitstechnische Einschätzung belegt, der Kläger sei "dem Grunde nach" gefährdenden Tätigkeiten ausgesetzt gewesen.

Die bandscheibenbedingte Erkrankung hat den Kläger auch objektiv zur Aufgabe seiner Tätigkeit als Baumaschinist gezwungen; aus welchen Gründen er sie subjektiv tatsächlich aufgegeben hat, ist unmaßgeblich (BSG, Urt. v. 8. 12. 1983 – 2 RU 33/82BSGE 56, 94). Die entsprechende medizinische Einschätzung folgt aus dem Gutachten von MR Doz. Dr. M., wonach der Kläger seine Tätigkeit wegen der Veränderungen im Lendenwirbelsäulenabschnitt L4/5 habe beenden müssen; dass er selbst diese für schicksalhaft hält, ändert an der Notwendigkeit der Tätigkeitsaufgabe nichts. Entsprechendes folgt auch aus der Einschätzung Prof. V.´, der vordergründig zwar nur die tatsächliche Aufgabe der Tätigkeit beschreibt, diese aber als die Tätigkeit darstellt, die im Sinne des Wortlauts der Voraussetzung für die Entstehung, Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit ursächlich gewesen sei. Dies erscheint auch folgerichtig, weil keine Maßnahmen erkennbar sind, durch welche dem Kläger eine Tätigkeit als Baumaschinist ohne weitere Verschlimmerung seiner Lendenwirbelsäulenerkrankung hätte ermöglicht werden können.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nach § 160 Abs. 2 Nrn. 1, 2 SGG nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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