Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Duisburg (NRW)
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
37
1. Instanz
SG Duisburg (NRW)
Aktenzeichen
S 37 R 777/11
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 8 R 194/13
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 04.11.2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16.05.2011 verurteilt, den Kläger gemäß § 6 Abs.1 Nr.1 SGB VI mit Wirkung ab dem 26.10.2010 von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung zu befreien.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Beklagte trägt 90% der außergerichtlichen Kosten des Klägers.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, ob der Kläger für seine Tätigkeit bei der Beigeladenen der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung unterliegt.
Der Kläger ist Architekt und seit dem 01.07.2007 im Versorgungswerk der Architektenkammer NRW Pflichtmitglied. Seit dem 01.07.2010 ist er als Flächenmanager für die Beigeladene tätig.
Mit Schreiben vom 19.08.2010 wandte sich die Beigeladene an die Beklagte und bat um Ausstellung einer aktuellen Bescheinigung, dass der Kläger für die Tätigkeit als Flächenmanager nicht der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung unterliegt. Dem Schreiben waren eine aktuelle Stellenbeschreibung sowie die Kopie eines Bescheides der Beklagten vom 05.08.2008 beigefügt, wonach der Kläger für die Zeit ab dem 26.05.2008 von der Versicherungspflicht befreit worden ist. Damals war der Kläger noch für einen anderen Arbeitgeber tätig.
Die Beklagte bat daraufhin den Kläger unter dem 05.10.2010 um Übersendung einer Kopie des damaligen Befreiungsbescheides, des Arbeitsvertrages sowie einer Stellen- und Funktionsbeschreibung.
Mit Schreiben vom 22.10.2010 (Eingang bei der Beklagten am 26.10.2010) beantragte dann der Kläger die Befreiung von der Versicherungspflicht und fügte seinem Schreiben neben einer ausführlichen Stellenbeschreibung auch eine Kopie des Arbeitsvertrages bei. In der offiziellen Stellenausschreibung hieß es u.a.:
"Ihre Aufgaben: Standortübergreifende Flächenbelegungsplanung auf Gesellschafts- und Abteilungsebenen Projektleitung von Umzugsprojekten Kommunikation auf allen Führungsebenen Budgetplanung und kaufmännische Abwicklung Planung und Steuerung der Umsetzungsphasen Terminüberwachung und Monitoring aller Projektphasen Fachliche Führung von externen Dienstleistern Erstellung von Belegungsplänen und Möbelplanungen per CAD o.a. Systemen
Schnittstellenkoordinator zwischen den verschiedenen Gewerken (Transport, Bau-Renovierung etc.) Führung von Raumbüchern (SAP-PM) Mietflächenberechnung nach MF-G und DIN 277 Ihr Profil: Abgeschlossenes Studium der Ing.-Wissenschaften (Architektur, Hochbau, Wirtschaft), Facility Management, techn. BWL Mind. 3-jährige Berufserfahrung Erfahrung im Projektmanagement Immobilien- u./o. Organisationsbackground [ ]"
Mit Bescheid vom 04.11.2010 lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers auf Erstreckung der mit Bescheid vom 26.05.2008 ausgesprochenen Befreiung auf die Tätigkeit als Flächenmanager bei der Beigeladenen mit der Begründung ab, es handele sich dabei nicht um eine berufsspezifische Tätigkeit als Architekt. Eine Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung sei gemäß § 6 Abs.1 S.1 Nr.1 SGB VI möglich, wenn Beschäftigte wegen einer Beschäftigung aufgrund einer gesetzlichen Verpflichtung Mitglied einer berufsspezifischen Versorgungseinrichtung und zugleich kraft gesetzlicher Verpflichtung Mitglied einer berufsständischen Kammer sind. Die Befreiung erfolge tätigkeitsbezogen. Aus dem Stellenprofil ergebe sich aber, dass sich auf die Stelle des Klägers nicht nur Architekten, sondern auch Absolventen anderer Studiengänge bewerben konnten. Zudem sei ein Studium der Architektur auch keine unabdingbare Voraussetzung für die Tätigkeit gewesen, so dass es sich nicht um eine berufsspezifische Tätigkeit als Architekt handele.
Gegen diesen Bescheid legte der Kläger mit Schreiben vom 24.11.2010 Widerspruch ein, den er damit begründete, mit Aufnahme seiner Tätigkeit bei der Beigeladenen habe er die Voraussetzungen des § 6 Abs.1 S.1 Nr.1 SGB VI erfüllt. Der Bescheid vom 26.05.2008 müsse somit fortgelten. Er verrichte bei der Beigeladenen überwiegend Leistungen gemäß der HOAI. Sein Aufgabenfeld umfasse die standortbezogene Flächenplanung bzw. Festlegung und Überprüfung der Flächennutzung für verschiedene Standorte. Dabei müsse er die Anforderungen der Nutzer analysieren und Prognosen der Entwicklung der Bereiche für mögliche zukünftige Bedarfe aufstellen. Im Zusammenhang mit möglichen Standorterweiterungen seien Konzepte zu erstellen, die nach Prüfung und Einbindung aller Beteiligter umgesetzt würden. Das Ziel sei dabei, die jeweiligen Standorte sowohl als attraktive und optimierte Arbeitsstätten oder Betriebsstätten zu gestalten und deren Wirtschaftlichkeit zu optimieren. Er übernehme zudem Tätigkeiten bei Umbau- oder Sanierungsarbeiten, Bauwerkserweiterungen oder Umstrukturierungen sowie bei kleinen Neubauprojekten. Außerdem obliege ihm die Unterstützung der Planung und Steuerung von Einrichtungsgegenständen für die Mitarbeiter verschiedener Standorte. Die Leistungen würden sich dabei auf die Bestandserfassung, die Steuerung von Reparaturmaßnahmen die Steuerung der Lagerhaltung von Standardmöbeln, die Beschaffung neuer Möbel und die Planung und Steuerung von Umzügen erstrecken. Die Beigeladene habe aus versicherungsrechtlichen Gründen bislang davon abgesehen, die Leistungsphase 4 – Genehmigungsplanung gem. HOAI selbst durchführen zu lassen. Daher sei in der Stellenausschreibung nicht ausdrücklich ein Architekt gesucht worden. Seinem Schreiben fügte der Kläger eine Stellungnahme der Beigeladenen bei, in der ausgeführt wurde, dass die Tätigkeit des Klägers von einem Architekten ausgeübt werden sollte, aber auch von den anderen in der Stellenausschreibung genannten Personen ausgeübt werden könne. Durch die Vergabe der Stelle an den Kläger könne man nun Leistungen in Eigenleistung durchführen, mit deren Erbringung man früher externe Dienstleister beauftragt habe. Die Berufserfahrung als Architekt sei zudem ein ausschlaggebendes Einstellungskriterium gewesen.
Mit Bescheid vom 16.05.2011 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Zur Begründung führte sie aus, eine Befreiung von der Versicherungspflicht nicht erfolgen, da der Kläger keine berufsspezifische Tätigkeit als Architekt ausübe. Ein entsprechendes abgeschlossenes Studium sei nämlich keine unabdingbare Voraussetzung für diese Tätigkeit. Allein aufgrund dieser Tätigkeit entstehe keine Pflichtmitgliedschaft im Versorgungswerk der Architekten und der entsprechenden berufsständischen Kammer. Eine Befreiung wegen berufsfremder Beschäftigung nach § 6 Abs.5 S.2 SGB VI komme nicht in Betracht, da es sich bei der Tätigkeit für die Beigeladene um eine unbefristete Beschäftigung handele.
Gegen diesen Bescheid hat der Kläger am 17.06.2011 Klage erhoben.
Er ist der Ansicht, dass er von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung zu befreien ist, da er bei der Beigeladenen als Flächenmanager/Architekt beschäftigt ist und ganz überwiegend Tätigkeiten als Architekt nach der HOAI ausführe.
Der Kläger beantragt schriftsätzlich sinngemäß,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 04.11.2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16.05.2011 zu verurteilen, ihn mit Wirkung ab dem 01.07.2010 von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung nach § 6 Abs.1 Nr.1 SGB VI zu befreien.
Die Beklagte beantragt schriftsätzlich,
die Klage abzuweisen.
Sie ist weiterhin der Ansicht, dass der Kläger nicht berufsspezifisch als Architekt beschäftigt ist und verweist im Übrigen auf ihre Ausführungen in dem angefochtenen Widerspruchsbescheid.
Die Beigeladene hat keinen Antrag gestellt.
Das Gericht hat am 20.12.2011 einen Erörterungstermin durchgeführt und die Beteiligten angehört. Wegen der Einzelheiten wird auf das Sitzungsprotokoll (Bl. 34-38 d.A.) verwiesen. Außerdem hat das Gericht die Architektenkammer NRW angeschrieben und dazu befragt, ob die Tätigkeit des Klägers mit dem Berufsbild eines Architekten vereinbar ist.
Am 20.07.2012 hat das Gericht eine mündliche Verhandlung durchgeführt. Die Beteiligten haben darin einen Vergleich geschlossen, in dessen Rahmen der Kläger von der Versicherungspflicht befreit wurde. Im Anschluss an diesen Termin hat die Beklagte von dem ihr im Vergleich zugestandenden Widerrufsrecht Gebrauch gemacht.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den sonstigen Inhalt der Gerichtsakte und der den Kläger betreffenden Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen, die Gegenstand der Entscheidungsfindung ohne mündliche Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Das Gericht konnte ohne mündliche Verhandlung entscheiden, da die Beteiligten hierzu im Verhandlungstermin am 20.07.2012 ihr Einverständnis zu Protokoll erklärt haben (§ 123 Abs.2 SGG).
Die Klage ist zulässig und teilweise begründet.
Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 04.11.2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16.05.2011 ist rechtswidrig und beschwert den Kläger im Sinne des § 54 Abs.2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) insoweit in seinen Rechten, als darin die Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung für die Zeit ab dem 26.10.2010 abgelehnt worden ist.
Gemäß § 6 Abs.1 S.1 Nr. 1 i.V.m. Abs.2 SGB VI werden Beschäftigte und selbständig Tätige für die Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit, wegen der sie aufgrund einer durch Gesetz angeordneten oder auf Gesetz beruhenden Verpflichtung Mitglied einer öffentlich-rechtlichen Versicherungseinrichtung oder Versorgungseinrichtung oder Versorgungseinrichtung ihrer Berufsgruppe (berufsständische Versorgungseinrichtung) und zugleich kraft gesetzlicher Verpflichtung Mitglied einer berufsständischen Kammer sind, auf Antrag von der Versicherungspflicht befreit, wenn (a) am jeweiligen Ort der Beschäftigung oder der selbständigen Tätigkeit für ihre Berufsgruppe bereits vor dem 01.01.1995 eine gesetzliche Verpflichtung zur Mitgliedschaft in der berufsständischen Kammer bestanden hat, (b) für sie nach näherer Maßgabe der Satzung einkommens-bezogene Beiträge unter Berücksichtigung der Beitragsbemessungsgrenze zur berufsständischen Versorgungseinrichtung zu zahlen sind und (c) auf Grund der Beiträge Leistungen für den Fall verminderter Erwerbsfähigkeit und des Alters sowie für Hinterbliebene erbracht und angepasst werden, wobei auch die finanzielle Lage der berufsständischen Versorgungseinrichtung zu berücksichtigen ist.
Die Voraussetzungen für eine Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung für die von dem Kläger bei der Beigeladenen ausgeübte Tätigkeit sind erfüllt.
Der Kläger ist unstreitig seit dem 01.07.2010 im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses für die Beigeladene tätig. Seit dem 01.07.2007 ist er Pflichtmitglied der Architektenkammer Nordrhein-Westfalen (NRW). Die gesetzliche Pflichtmitgliedschaft der Architekten in der Architektenkammer NRW bestand auch schon vor dem 01.01.1995 und ergibt sich aus dem Baukammerngesetz NRW. Der Kläger ist zudem aufgrund dieser Pflichtmitgliedschaft zugleich Pflichtmitglied des Versorgungswerks der Architektenkammer NRW. Aufgrund dieser Mitgliedschaft sind auch grundsätzlich einkommensgerechte Beiträge an das Versorgungswerk zu leisten. Aufgrund der Beitragszahlungen an das Versorgungswerk werden auch Leistungen für den Fall verminderter Erwerbsfähigkeit und des Alters sowie für Hinterbliebene erbracht.
Voraussetzung für eine Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung ist gemäß § 6 Abs.1 S.1 Nr. 1 SGB VI darüber hinaus, das der Kläger gerade wegen seiner Tätigkeit für die Beigeladene Pflichtmitglied der Rechtsanwaltskammer und des Versorgungswerkes ist. Die Befreiungsmöglichkeit ist insoweit tätigkeits- und nicht personenbezogen.
Die Kammer ist davon überzeugt, dass der Kläger bei der Beigeladenen seit dem 01.07.2010 eine dem Berufsbild des Architekten entsprechende Tätigkeit ausübt und somit aufgrund dieser Tätigkeit eine Pflichtmitgliedschaft in der Architektenkammer NRW und dem zugehörigen Versorgungswerk besteht.
Die Aufnahme in die Architektenkammer und das ihr zugeordnete Versorgungswerk hat grundsätzlich eine erhebliche Indizwirkung. Der Rentenversicherungsträger darf und muss angesichts solcher Aufnahmeentscheidungen zunächst durchaus annehmen, dass es sich bei der entsprechenden Person um einen Architekten handelt. Gleichwohl ist vom Gesetz gedeckt und von der Rechtsprechung anerkannt, dass durch den Rentenversicherungsträger geprüft werden muss, ob die Mitgliedschaft in einer berufsständischen Versorgungseinrichtung auf genau jener Beschäftigung oder selbstständigen Tätigkeit beruht, für die eine Befreiung von der Versicherungspflicht begehrt wird. Hieran bestehen seitens der Kammer jedoch keine Zweifel. Der Kläger ist vollschichtig für die Beigeladene tätig; eine Nebentätigkeit als selbständiger Architekt wird nicht ausgeübt. Die von der Architektenkammer NRW in voller Kenntnis von dem Tätigkeits- und Aufgabenfeld des Klägers bestätigte fortbestehende Pflichtmitgliedschaft kann sich daher nur aus der hauptberuflichen Tätigkeit für die Beigeladene ergeben.
Der Annahme einer berufsspezifischen Tätigkeit als Architekt steht es auch nicht entgegen, dass sich die Beigeladene mit ihrer Stellenausschreibung nicht nur an Architekten gewandt hat, sondern auch Absolventen anderer Studiengänge in den potentiellen Bewerberkreis eingeschlossen hat. Diesbezüglich wurde seitens der Beigeladenen im Erörterungstermin überzeugend ausgeführt, dass das klar definierte Leistungsprofil grundsätzlich von verschiedenen Berufsgruppen erfüllt werden kann und man daher die Stellenausschreibung ganz bewusst an einen größeren Bewerberkreis gerichtet hat. Insoweit wurde nicht zwingend ein Architekt gesucht. Durch die Beigeladene wurde jedoch ausgeführt, dass durch die Einstellung des Klägers das Tätigkeitsprofil noch erweitert werden konnte und durch den Kläger Aufgaben wahrgenommen werden, die früher extern hätten vergeben werden müssen. Der Kläger übernimmt z.B. Aufgaben bei Umbau- und Sanierungsarbeiten, Bauwerkserweiterungen oder Umstrukturierungen und ist auch bei kleinen Neubauprojekten involviert. Insoweit wurde durch die Beigeladene glaubhaft vorgetragen, dass diese Aufgaben nicht von den übrigen in der Stellenausschreibung angesprochenen Berufsgruppen ausgeführt werden können. Zwar bestünde grundsätzlich die Möglichkeit, dass die Tätigkeit des Klägers von einem Bauingenieur ausgeübt wird; dies ist nach Auffassung der Kammer aber unschädlich, da das Leistungsspektrum eines Architekten und eines Bauingenieurs spiegelbildlich sind. Dies folgt bereits aus der HOAI. Die darin aufgeführten Leistungsphasen können von beiden genannten Berufgruppen erbracht werden. Der Umstand, dass es wesensverwandte Berufe mit sich weit entsprechenden Tätigkeitsprofilen gibt, kann aber nach Auffassung der Kammer nicht per se zur Ablehnung einer berufsspezifischen Tätigkeit führen, wenn tatsächlich eine dem Ausbildungsberuf entsprechende Tätigkeit ausgeführt wird. Genau dies ist aber vorliegend der Fall.
Dass in der Stellenausschreibung ursprünglich ein engeres Tätigkeitsprofil aufgeführt wurde, ist unschädlich. Dieses hat bei der Beurteilung der Tätigkeit lediglich eine Indizwirkung. Vielmehr kommt es auf die konkret ausgeübte Tätigkeit an. Diesbezüglich ist die Kammer davon überzeugt, dass von dem Kläger über die in der Stellenausschreibung aufgelisteten Aufgaben hinaus noch die von der Beigeladenen angegebenen weiteren Tätigkeiten, z.B. bei Neubauprojekten und Umstrukturierungen, ausgeführt werden. Die Aufgaben bei Umbau- und Sanierungsarbeiten sowie Umstrukturierungen gehören nach den nachvollziehbaren und überzeugenden Ausführungen der Architektenkammer NRW zu Architektenleistungen beim Bauen im Bestand. Auch die Einbeziehung bei Neubauprojekten zählt zu den Architektenleistungen. Der Kläger übernimmt bei der Beigeladenen alle Leistungsphasen der HOAI. Lediglich die Leistungsphase I wird nicht vollständig ausgeführt, sondern von dem Kläger vorbereitet. Der formeller Akt der Unterschrift wird dann aus versicherungsrechtlichen Gründen von einer anderen Person geleistet. Dies ist aber auch nach Auffassung der Architektenkammer NRW unbeachtlich und führ nicht dazu, dass überhaupt keine Architektenleistung vorliegt. Zudem hat auch die Architektenkammer NRW überzeugend dargelegt, dass das Tätigkeitsprofil des Klägers, so wie es sich aus der tatsächlich gelebten Vertragsbeziehung ergibt, dem eines Architekten entspricht.
Der Kläger ist daher von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung zu befreien.
Die Befreiung von der Versicherungspflicht beginnt grundsätzlich mit dem Zeitpunkt der erstmaligen Erfüllung aller notwendigen Befreiungsvoraussetzungen, § 6 Abs.4 SGB VI. Zu diesen notwendigen Voraussetzungen gehören das betreffende Beschäftigungs-verhältnis oder die selbstständige Tätigkeit mit den in § 6 Abs.1 SGB VI genannten Merkmalen und der Befreiungsantrag nach § 6 Abs.2 SGB VI. Für den Beginn der Befreiung gilt kein Monatsprinzip, der Beginn kann an jedem beliebigen Tag liegen, an dem die Voraussetzungen erstmals erfüllt sind (vgl. Gürtnerin: Kasseler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht, § 6 SGB VI Rn.27). Sofern bei Stellung des Antrags bereits alle übrigen Voraussetzungen für die Befreiung erfüllt sind, wirkt die Befreiung vom Eingang des Antrags an. Liegen beim Eingang des Antrags die übrigen Voraussetzungen für die Befreiung noch nicht länger als drei Monate vor, wirkt der Antrag auf den Zeitpunkt der erstmaligen Erfüllung aller übrigen Befreiungsvoraussetzungen zurück (vgl. Gürtner in Kasseler Kommentar aaO).
Danach ist der Kläger mit Wirkung ab dem 26.10.2010 von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung zu befreien, da er erstmals mit Schreiben vom 22.10.2010 bei der Beklagten einen Befreiungsantrag gestellt hat, der dort am 26.10.2010 eingegangen ist. Zwar wurde seitens der Beigeladenen bereits unter dem 19.08.2010 die Beklagte angeschrieben und um eine Bestätigung gebeten, dass der Kläger nicht der Versicherungspflicht unterliegt; das Antragsrecht steht im Falle des § 6 Abs.1 S.1 Nr.1 jedoch nicht dem Arbeitgeber, sondern dem Versicherten zu, so dass hier der spätere Antrag des Klägers zugrunde zu legen ist.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Beklagte trägt 90% der außergerichtlichen Kosten des Klägers.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, ob der Kläger für seine Tätigkeit bei der Beigeladenen der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung unterliegt.
Der Kläger ist Architekt und seit dem 01.07.2007 im Versorgungswerk der Architektenkammer NRW Pflichtmitglied. Seit dem 01.07.2010 ist er als Flächenmanager für die Beigeladene tätig.
Mit Schreiben vom 19.08.2010 wandte sich die Beigeladene an die Beklagte und bat um Ausstellung einer aktuellen Bescheinigung, dass der Kläger für die Tätigkeit als Flächenmanager nicht der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung unterliegt. Dem Schreiben waren eine aktuelle Stellenbeschreibung sowie die Kopie eines Bescheides der Beklagten vom 05.08.2008 beigefügt, wonach der Kläger für die Zeit ab dem 26.05.2008 von der Versicherungspflicht befreit worden ist. Damals war der Kläger noch für einen anderen Arbeitgeber tätig.
Die Beklagte bat daraufhin den Kläger unter dem 05.10.2010 um Übersendung einer Kopie des damaligen Befreiungsbescheides, des Arbeitsvertrages sowie einer Stellen- und Funktionsbeschreibung.
Mit Schreiben vom 22.10.2010 (Eingang bei der Beklagten am 26.10.2010) beantragte dann der Kläger die Befreiung von der Versicherungspflicht und fügte seinem Schreiben neben einer ausführlichen Stellenbeschreibung auch eine Kopie des Arbeitsvertrages bei. In der offiziellen Stellenausschreibung hieß es u.a.:
"Ihre Aufgaben: Standortübergreifende Flächenbelegungsplanung auf Gesellschafts- und Abteilungsebenen Projektleitung von Umzugsprojekten Kommunikation auf allen Führungsebenen Budgetplanung und kaufmännische Abwicklung Planung und Steuerung der Umsetzungsphasen Terminüberwachung und Monitoring aller Projektphasen Fachliche Führung von externen Dienstleistern Erstellung von Belegungsplänen und Möbelplanungen per CAD o.a. Systemen
Schnittstellenkoordinator zwischen den verschiedenen Gewerken (Transport, Bau-Renovierung etc.) Führung von Raumbüchern (SAP-PM) Mietflächenberechnung nach MF-G und DIN 277 Ihr Profil: Abgeschlossenes Studium der Ing.-Wissenschaften (Architektur, Hochbau, Wirtschaft), Facility Management, techn. BWL Mind. 3-jährige Berufserfahrung Erfahrung im Projektmanagement Immobilien- u./o. Organisationsbackground [ ]"
Mit Bescheid vom 04.11.2010 lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers auf Erstreckung der mit Bescheid vom 26.05.2008 ausgesprochenen Befreiung auf die Tätigkeit als Flächenmanager bei der Beigeladenen mit der Begründung ab, es handele sich dabei nicht um eine berufsspezifische Tätigkeit als Architekt. Eine Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung sei gemäß § 6 Abs.1 S.1 Nr.1 SGB VI möglich, wenn Beschäftigte wegen einer Beschäftigung aufgrund einer gesetzlichen Verpflichtung Mitglied einer berufsspezifischen Versorgungseinrichtung und zugleich kraft gesetzlicher Verpflichtung Mitglied einer berufsständischen Kammer sind. Die Befreiung erfolge tätigkeitsbezogen. Aus dem Stellenprofil ergebe sich aber, dass sich auf die Stelle des Klägers nicht nur Architekten, sondern auch Absolventen anderer Studiengänge bewerben konnten. Zudem sei ein Studium der Architektur auch keine unabdingbare Voraussetzung für die Tätigkeit gewesen, so dass es sich nicht um eine berufsspezifische Tätigkeit als Architekt handele.
Gegen diesen Bescheid legte der Kläger mit Schreiben vom 24.11.2010 Widerspruch ein, den er damit begründete, mit Aufnahme seiner Tätigkeit bei der Beigeladenen habe er die Voraussetzungen des § 6 Abs.1 S.1 Nr.1 SGB VI erfüllt. Der Bescheid vom 26.05.2008 müsse somit fortgelten. Er verrichte bei der Beigeladenen überwiegend Leistungen gemäß der HOAI. Sein Aufgabenfeld umfasse die standortbezogene Flächenplanung bzw. Festlegung und Überprüfung der Flächennutzung für verschiedene Standorte. Dabei müsse er die Anforderungen der Nutzer analysieren und Prognosen der Entwicklung der Bereiche für mögliche zukünftige Bedarfe aufstellen. Im Zusammenhang mit möglichen Standorterweiterungen seien Konzepte zu erstellen, die nach Prüfung und Einbindung aller Beteiligter umgesetzt würden. Das Ziel sei dabei, die jeweiligen Standorte sowohl als attraktive und optimierte Arbeitsstätten oder Betriebsstätten zu gestalten und deren Wirtschaftlichkeit zu optimieren. Er übernehme zudem Tätigkeiten bei Umbau- oder Sanierungsarbeiten, Bauwerkserweiterungen oder Umstrukturierungen sowie bei kleinen Neubauprojekten. Außerdem obliege ihm die Unterstützung der Planung und Steuerung von Einrichtungsgegenständen für die Mitarbeiter verschiedener Standorte. Die Leistungen würden sich dabei auf die Bestandserfassung, die Steuerung von Reparaturmaßnahmen die Steuerung der Lagerhaltung von Standardmöbeln, die Beschaffung neuer Möbel und die Planung und Steuerung von Umzügen erstrecken. Die Beigeladene habe aus versicherungsrechtlichen Gründen bislang davon abgesehen, die Leistungsphase 4 – Genehmigungsplanung gem. HOAI selbst durchführen zu lassen. Daher sei in der Stellenausschreibung nicht ausdrücklich ein Architekt gesucht worden. Seinem Schreiben fügte der Kläger eine Stellungnahme der Beigeladenen bei, in der ausgeführt wurde, dass die Tätigkeit des Klägers von einem Architekten ausgeübt werden sollte, aber auch von den anderen in der Stellenausschreibung genannten Personen ausgeübt werden könne. Durch die Vergabe der Stelle an den Kläger könne man nun Leistungen in Eigenleistung durchführen, mit deren Erbringung man früher externe Dienstleister beauftragt habe. Die Berufserfahrung als Architekt sei zudem ein ausschlaggebendes Einstellungskriterium gewesen.
Mit Bescheid vom 16.05.2011 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Zur Begründung führte sie aus, eine Befreiung von der Versicherungspflicht nicht erfolgen, da der Kläger keine berufsspezifische Tätigkeit als Architekt ausübe. Ein entsprechendes abgeschlossenes Studium sei nämlich keine unabdingbare Voraussetzung für diese Tätigkeit. Allein aufgrund dieser Tätigkeit entstehe keine Pflichtmitgliedschaft im Versorgungswerk der Architekten und der entsprechenden berufsständischen Kammer. Eine Befreiung wegen berufsfremder Beschäftigung nach § 6 Abs.5 S.2 SGB VI komme nicht in Betracht, da es sich bei der Tätigkeit für die Beigeladene um eine unbefristete Beschäftigung handele.
Gegen diesen Bescheid hat der Kläger am 17.06.2011 Klage erhoben.
Er ist der Ansicht, dass er von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung zu befreien ist, da er bei der Beigeladenen als Flächenmanager/Architekt beschäftigt ist und ganz überwiegend Tätigkeiten als Architekt nach der HOAI ausführe.
Der Kläger beantragt schriftsätzlich sinngemäß,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 04.11.2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16.05.2011 zu verurteilen, ihn mit Wirkung ab dem 01.07.2010 von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung nach § 6 Abs.1 Nr.1 SGB VI zu befreien.
Die Beklagte beantragt schriftsätzlich,
die Klage abzuweisen.
Sie ist weiterhin der Ansicht, dass der Kläger nicht berufsspezifisch als Architekt beschäftigt ist und verweist im Übrigen auf ihre Ausführungen in dem angefochtenen Widerspruchsbescheid.
Die Beigeladene hat keinen Antrag gestellt.
Das Gericht hat am 20.12.2011 einen Erörterungstermin durchgeführt und die Beteiligten angehört. Wegen der Einzelheiten wird auf das Sitzungsprotokoll (Bl. 34-38 d.A.) verwiesen. Außerdem hat das Gericht die Architektenkammer NRW angeschrieben und dazu befragt, ob die Tätigkeit des Klägers mit dem Berufsbild eines Architekten vereinbar ist.
Am 20.07.2012 hat das Gericht eine mündliche Verhandlung durchgeführt. Die Beteiligten haben darin einen Vergleich geschlossen, in dessen Rahmen der Kläger von der Versicherungspflicht befreit wurde. Im Anschluss an diesen Termin hat die Beklagte von dem ihr im Vergleich zugestandenden Widerrufsrecht Gebrauch gemacht.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den sonstigen Inhalt der Gerichtsakte und der den Kläger betreffenden Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen, die Gegenstand der Entscheidungsfindung ohne mündliche Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Das Gericht konnte ohne mündliche Verhandlung entscheiden, da die Beteiligten hierzu im Verhandlungstermin am 20.07.2012 ihr Einverständnis zu Protokoll erklärt haben (§ 123 Abs.2 SGG).
Die Klage ist zulässig und teilweise begründet.
Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 04.11.2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16.05.2011 ist rechtswidrig und beschwert den Kläger im Sinne des § 54 Abs.2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) insoweit in seinen Rechten, als darin die Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung für die Zeit ab dem 26.10.2010 abgelehnt worden ist.
Gemäß § 6 Abs.1 S.1 Nr. 1 i.V.m. Abs.2 SGB VI werden Beschäftigte und selbständig Tätige für die Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit, wegen der sie aufgrund einer durch Gesetz angeordneten oder auf Gesetz beruhenden Verpflichtung Mitglied einer öffentlich-rechtlichen Versicherungseinrichtung oder Versorgungseinrichtung oder Versorgungseinrichtung ihrer Berufsgruppe (berufsständische Versorgungseinrichtung) und zugleich kraft gesetzlicher Verpflichtung Mitglied einer berufsständischen Kammer sind, auf Antrag von der Versicherungspflicht befreit, wenn (a) am jeweiligen Ort der Beschäftigung oder der selbständigen Tätigkeit für ihre Berufsgruppe bereits vor dem 01.01.1995 eine gesetzliche Verpflichtung zur Mitgliedschaft in der berufsständischen Kammer bestanden hat, (b) für sie nach näherer Maßgabe der Satzung einkommens-bezogene Beiträge unter Berücksichtigung der Beitragsbemessungsgrenze zur berufsständischen Versorgungseinrichtung zu zahlen sind und (c) auf Grund der Beiträge Leistungen für den Fall verminderter Erwerbsfähigkeit und des Alters sowie für Hinterbliebene erbracht und angepasst werden, wobei auch die finanzielle Lage der berufsständischen Versorgungseinrichtung zu berücksichtigen ist.
Die Voraussetzungen für eine Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung für die von dem Kläger bei der Beigeladenen ausgeübte Tätigkeit sind erfüllt.
Der Kläger ist unstreitig seit dem 01.07.2010 im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses für die Beigeladene tätig. Seit dem 01.07.2007 ist er Pflichtmitglied der Architektenkammer Nordrhein-Westfalen (NRW). Die gesetzliche Pflichtmitgliedschaft der Architekten in der Architektenkammer NRW bestand auch schon vor dem 01.01.1995 und ergibt sich aus dem Baukammerngesetz NRW. Der Kläger ist zudem aufgrund dieser Pflichtmitgliedschaft zugleich Pflichtmitglied des Versorgungswerks der Architektenkammer NRW. Aufgrund dieser Mitgliedschaft sind auch grundsätzlich einkommensgerechte Beiträge an das Versorgungswerk zu leisten. Aufgrund der Beitragszahlungen an das Versorgungswerk werden auch Leistungen für den Fall verminderter Erwerbsfähigkeit und des Alters sowie für Hinterbliebene erbracht.
Voraussetzung für eine Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung ist gemäß § 6 Abs.1 S.1 Nr. 1 SGB VI darüber hinaus, das der Kläger gerade wegen seiner Tätigkeit für die Beigeladene Pflichtmitglied der Rechtsanwaltskammer und des Versorgungswerkes ist. Die Befreiungsmöglichkeit ist insoweit tätigkeits- und nicht personenbezogen.
Die Kammer ist davon überzeugt, dass der Kläger bei der Beigeladenen seit dem 01.07.2010 eine dem Berufsbild des Architekten entsprechende Tätigkeit ausübt und somit aufgrund dieser Tätigkeit eine Pflichtmitgliedschaft in der Architektenkammer NRW und dem zugehörigen Versorgungswerk besteht.
Die Aufnahme in die Architektenkammer und das ihr zugeordnete Versorgungswerk hat grundsätzlich eine erhebliche Indizwirkung. Der Rentenversicherungsträger darf und muss angesichts solcher Aufnahmeentscheidungen zunächst durchaus annehmen, dass es sich bei der entsprechenden Person um einen Architekten handelt. Gleichwohl ist vom Gesetz gedeckt und von der Rechtsprechung anerkannt, dass durch den Rentenversicherungsträger geprüft werden muss, ob die Mitgliedschaft in einer berufsständischen Versorgungseinrichtung auf genau jener Beschäftigung oder selbstständigen Tätigkeit beruht, für die eine Befreiung von der Versicherungspflicht begehrt wird. Hieran bestehen seitens der Kammer jedoch keine Zweifel. Der Kläger ist vollschichtig für die Beigeladene tätig; eine Nebentätigkeit als selbständiger Architekt wird nicht ausgeübt. Die von der Architektenkammer NRW in voller Kenntnis von dem Tätigkeits- und Aufgabenfeld des Klägers bestätigte fortbestehende Pflichtmitgliedschaft kann sich daher nur aus der hauptberuflichen Tätigkeit für die Beigeladene ergeben.
Der Annahme einer berufsspezifischen Tätigkeit als Architekt steht es auch nicht entgegen, dass sich die Beigeladene mit ihrer Stellenausschreibung nicht nur an Architekten gewandt hat, sondern auch Absolventen anderer Studiengänge in den potentiellen Bewerberkreis eingeschlossen hat. Diesbezüglich wurde seitens der Beigeladenen im Erörterungstermin überzeugend ausgeführt, dass das klar definierte Leistungsprofil grundsätzlich von verschiedenen Berufsgruppen erfüllt werden kann und man daher die Stellenausschreibung ganz bewusst an einen größeren Bewerberkreis gerichtet hat. Insoweit wurde nicht zwingend ein Architekt gesucht. Durch die Beigeladene wurde jedoch ausgeführt, dass durch die Einstellung des Klägers das Tätigkeitsprofil noch erweitert werden konnte und durch den Kläger Aufgaben wahrgenommen werden, die früher extern hätten vergeben werden müssen. Der Kläger übernimmt z.B. Aufgaben bei Umbau- und Sanierungsarbeiten, Bauwerkserweiterungen oder Umstrukturierungen und ist auch bei kleinen Neubauprojekten involviert. Insoweit wurde durch die Beigeladene glaubhaft vorgetragen, dass diese Aufgaben nicht von den übrigen in der Stellenausschreibung angesprochenen Berufsgruppen ausgeführt werden können. Zwar bestünde grundsätzlich die Möglichkeit, dass die Tätigkeit des Klägers von einem Bauingenieur ausgeübt wird; dies ist nach Auffassung der Kammer aber unschädlich, da das Leistungsspektrum eines Architekten und eines Bauingenieurs spiegelbildlich sind. Dies folgt bereits aus der HOAI. Die darin aufgeführten Leistungsphasen können von beiden genannten Berufgruppen erbracht werden. Der Umstand, dass es wesensverwandte Berufe mit sich weit entsprechenden Tätigkeitsprofilen gibt, kann aber nach Auffassung der Kammer nicht per se zur Ablehnung einer berufsspezifischen Tätigkeit führen, wenn tatsächlich eine dem Ausbildungsberuf entsprechende Tätigkeit ausgeführt wird. Genau dies ist aber vorliegend der Fall.
Dass in der Stellenausschreibung ursprünglich ein engeres Tätigkeitsprofil aufgeführt wurde, ist unschädlich. Dieses hat bei der Beurteilung der Tätigkeit lediglich eine Indizwirkung. Vielmehr kommt es auf die konkret ausgeübte Tätigkeit an. Diesbezüglich ist die Kammer davon überzeugt, dass von dem Kläger über die in der Stellenausschreibung aufgelisteten Aufgaben hinaus noch die von der Beigeladenen angegebenen weiteren Tätigkeiten, z.B. bei Neubauprojekten und Umstrukturierungen, ausgeführt werden. Die Aufgaben bei Umbau- und Sanierungsarbeiten sowie Umstrukturierungen gehören nach den nachvollziehbaren und überzeugenden Ausführungen der Architektenkammer NRW zu Architektenleistungen beim Bauen im Bestand. Auch die Einbeziehung bei Neubauprojekten zählt zu den Architektenleistungen. Der Kläger übernimmt bei der Beigeladenen alle Leistungsphasen der HOAI. Lediglich die Leistungsphase I wird nicht vollständig ausgeführt, sondern von dem Kläger vorbereitet. Der formeller Akt der Unterschrift wird dann aus versicherungsrechtlichen Gründen von einer anderen Person geleistet. Dies ist aber auch nach Auffassung der Architektenkammer NRW unbeachtlich und führ nicht dazu, dass überhaupt keine Architektenleistung vorliegt. Zudem hat auch die Architektenkammer NRW überzeugend dargelegt, dass das Tätigkeitsprofil des Klägers, so wie es sich aus der tatsächlich gelebten Vertragsbeziehung ergibt, dem eines Architekten entspricht.
Der Kläger ist daher von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung zu befreien.
Die Befreiung von der Versicherungspflicht beginnt grundsätzlich mit dem Zeitpunkt der erstmaligen Erfüllung aller notwendigen Befreiungsvoraussetzungen, § 6 Abs.4 SGB VI. Zu diesen notwendigen Voraussetzungen gehören das betreffende Beschäftigungs-verhältnis oder die selbstständige Tätigkeit mit den in § 6 Abs.1 SGB VI genannten Merkmalen und der Befreiungsantrag nach § 6 Abs.2 SGB VI. Für den Beginn der Befreiung gilt kein Monatsprinzip, der Beginn kann an jedem beliebigen Tag liegen, an dem die Voraussetzungen erstmals erfüllt sind (vgl. Gürtnerin: Kasseler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht, § 6 SGB VI Rn.27). Sofern bei Stellung des Antrags bereits alle übrigen Voraussetzungen für die Befreiung erfüllt sind, wirkt die Befreiung vom Eingang des Antrags an. Liegen beim Eingang des Antrags die übrigen Voraussetzungen für die Befreiung noch nicht länger als drei Monate vor, wirkt der Antrag auf den Zeitpunkt der erstmaligen Erfüllung aller übrigen Befreiungsvoraussetzungen zurück (vgl. Gürtner in Kasseler Kommentar aaO).
Danach ist der Kläger mit Wirkung ab dem 26.10.2010 von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung zu befreien, da er erstmals mit Schreiben vom 22.10.2010 bei der Beklagten einen Befreiungsantrag gestellt hat, der dort am 26.10.2010 eingegangen ist. Zwar wurde seitens der Beigeladenen bereits unter dem 19.08.2010 die Beklagte angeschrieben und um eine Bestätigung gebeten, dass der Kläger nicht der Versicherungspflicht unterliegt; das Antragsrecht steht im Falle des § 6 Abs.1 S.1 Nr.1 jedoch nicht dem Arbeitgeber, sondern dem Versicherten zu, so dass hier der spätere Antrag des Klägers zugrunde zu legen ist.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Rechtskraft
Aus
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