L 6 U 17/06

Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Magdeburg (SAN)
Aktenzeichen
S 23 U 97/04
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 6 U 17/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung wird zurückgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Klägerin Anspruch auf Witwenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung hat, weil der Tod ihres Ehemannes, des Versicherten, Folge eines Arbeitsunfalls war.

Der im September 1947 geborene Versicherte war am Mittag des 12. August 2003 zusammen mit der Zeugin B. im Rahmen einer Arbeitsbeschaffungsmaßnahme bei der Schutzgemeinschaft Deutscher Wald e.V. mit der Kartierung von Straßenbäumen beschäftigt. Dazu gehörte die Bestimmung des Stammdurchmessers, der Höhe sowie von Krankheiten oder Beschädigungen. Zwischen 12 und 13 Uhr war die Zeugin B. in der Schäfferstraße in M. mit der Niederschrift von Daten beschäftigt, als sie einen Aufschrei des Versicherten hörte. Der Versicherte erklärte dies zumindest später damit, er habe sich gestoßen, äußerte aber gleich, er könne seine Arbeit noch fortsetzen. Gegen 17 Uhr rief der Versicherte bei der Zeugin B. an und nahm für den folgenden Tag Urlaub. Dies begründete er mit starken Schmerzen durch das Ereignis vom Mittag. Dem Rat der Zeugin B. , einen Arzt aufzusuchen, wollte der Versicherte frühestens am 14. August 2003 nachkommen.

Am 14. August 2003 rief die Klägerin morgens den Notarzt, der in der Wohnung der Eheleute den Tod des Versicherten feststellte. Als Todesursache stellte Dr. B. vom Institut für Rechtsmedizin der Universitätsklinik M. ein stumpfes Rumpftrauma fest. Im Rahmen der Obduktion fanden die Ärzte einen Bruch des Schlüsselbeines und der zweiten bis neunten Rippe rechts mit Durchspießung des Rippenfells der vierten, sechsten und siebenten Rippe. Im Verlauf der sechsten und siebenten Rippe war das Lungenfell der rechten Lunge hinten angespießt. Dort befand sich eine umschriebene Einblutung in das Lungengewebe. Bei der Diskussion der Todesursache führen die obduzierenden Ärzte aus, die Brüche seien Folge erheblicher stumpfer Gewalteinwirkung gegen den Brustkorb. Durch Eröffnung relativ kleiner Gefäße bei der Anspießung sei es in der rechten Brusthöhle nur langsam zur Einblutung gekommen. Auch die rechte Lunge sei oberflächlich angespießt worden. Die Befunde seien zu einer hinreichenden Erklärung des Todes geeignet. Ein einfaches Anstoßen gegen Gegenstände sei zur Verursachung der vorgefundenen Verletzungen ungeeignet.

Die Beklagte erhielt die Unfallanzeige der Schutzgemeinschaft Deutscher Wald e. V. vom 14. August 2003, die auf einem Schreiben der Klägerin vom gleichen Tag an die Arbeitgeberin beruhte. Auch eine schriftliche Darstellung der Zeugin B. erreichte die Beklagte. Die Beklagte zog Unterlagen der zuständigen Polizeidienststelle bei.

Am Todestag hatte die Klägerin dort angegeben, der Versicherte habe sich nach seiner Erklärung am 12. August 2003 mittags beim Bücken an einem Baumstumpf im Bereich des Oberkörpers gestoßen. Unmittelbare Zeugen habe es nicht gegeben. Wegen dieser Verletzung habe er für den folgenden Tag Urlaub beantragt und sei nicht zur Arbeit gegangen. Den ganzen Tag über habe der Versicherte immer wieder über starke Schmerzen geklagt, jedoch einen Arztbesuch abgelehnt. Gegen 22.30 Uhr habe sie sich zu ihrem Mann ins Ehebett gelegt und sich noch kurz mit ihm unterhalten. Er habe weiterhin über Schmerzen geklagt und seinen Brustbereich gekühlt. Als sie morgens gegen 7 Uhr erwacht sei, habe sie ihren Mann in leblosem Zustand im Ehebett vorgefunden.

Die Zeugin B. hatte gegenüber der Polizei angegeben, sie habe den Versicherten aufschreien hören und nachgefragt, was los sei. Er habe ihr gesagt, er habe sich gerade gestoßen. Dies sei kurz vor dem Feierabend um 14 Uhr geschehen, sodass der Versicherte gemeint habe, die restlichen drei bis vier Bäume könnten trotz Schmerzen noch vermessen werden. Zum Feierabend hätten sie sich getrennt und auf den Heimweg begeben. Sie habe dem Versicherten geraten einen Arzt aufzusuchen, der es jedoch mit der Bemerkung abgelehnt habe, es sei schon nicht so schlimm. Der Versicherte habe an dem Tag große Probleme mit der herrschenden Hitze gehabt. Seine Bewegungen seien sehr langsam gewesen. Beim Gehen habe er Probleme mit seiner Luft gehabt.

Mit Bescheid vom 26. Januar 2004 lehnte die Beklagte eine Entschädigung aus Anlass des Geschehens vom 12. August 2003 ab. Sie führte aus, der Tod sei nicht als Folge eines Arbeitsunfalles bewiesen. Ein Zusammenstoß mit einem Ast oder Baumstumpf sei zur Verursachung der vorgefundenen schweren Verletzungen nicht geeignet. Eine Besichtigung des Bereiches des möglichen Unfallortes habe keine Erklärung für die schweren Verletzungen geben können.

Mit dem am 26. Februar 2004 bei der Beklagten eingegangenen Widerspruch machte die Klägerin geltend, der Versicherte sei in unmittelbarer zeitlicher Nähe zum Arbeitsunfall verstorben. Hinweise auf eine tätliche Auseinandersetzung gebe es ebenso wenig wie auf eine zeitlich spätere Ursache. Eine Alternativursache könne ausgeschlossen werden. Ansonsten müsse der Verstorbene bereits länger starke Beeinträchtigungen gehabt haben. Auch seien die bei der Obduktion festgestellten Unterblutungen noch frisch und allenfalls teilweise locker geronnen gewesen.

Mit Widerspruchsbescheid vom 30. April 2004 wies der Widerspruchsausschuss der Beklagten den Widerspruch zurück. Er führte ergänzend aus, der durch das geschilderte Ereignis tatsächlich eingetretene Körperschaden sei nicht dokumentiert, da sich der Versicherte nicht in ärztliche Behandlung begeben habe. Weder die Beschreibung des äußeren Erscheinungsbildes und der Verletzungen noch die Schilderung der Beschwerdeäußerungen des Versicherten seien geeignet, eine konkrete Körperschädigung, auch im Sinne innerer Verletzungen, zu belegen. Die Beklagte übersandte den Bescheid auf dem Postwege.

Mit der am 3. Juni 2004 beim Sozialgericht Magdeburg eingegangenen Klage hat die Klägerin ihr Anliegen weiter verfolgt. In der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht vom ... 2005 hat die Klägerin angegeben, ihr Mann habe ihr bei der Rückkehr nach Hause mitgeteilt, er habe sich gestoßen. Außer der Angabe "irgendwie beim Bücken" habe er keine weiteren Auskünfte gegeben. Einen Arzt habe er nicht rufen wollen, weil er zunächst eine mögliche Besserung habe abwarten wollen. Er habe den geschwollenen Verletzungsbereich ständig mit einem Kühlkissen gekühlt. Am 13. August habe sich im Brustbereich ein blauer Fleck gebildet. Auf ihren entsprechenden Hinweis habe ihr Mann entgegnet, er bekomme Luft und wolle weiter abwarten. Schmerzen habe er nur, wenn er sich bücke. Er sei an diesem Tag im Haus geblieben und auch nur mit einem Unterhemd bekleidet gewesen. Soweit im Rahmen der polizeilichen Ermittlungen die Verletzungen auf einen Ast oder einen Baumstumpf zurückgeführt worden seien, handele es sich nur um Vermutungen. Sie mache sich selbst Vorwürfe, nicht genauer nachgefragt zu haben. Der Versicherte habe überwiegend gesessen und auch seinen Arm bewegt. Warum er keinen Arzt aufgesucht habe, wisse sie nicht. Sie wisse nur, dass er Angst vor Spritzen gehabt habe. Er sei am 12. August zur üblichen Zeit nach Hause gekommen. Sein Oberteil habe er abends allein gewechselt. Er habe sich auch waschen und Zähne putzen können. Zwischendurch habe er mal "aua" gerufen. Dies sei an dem Tag mehrfach geschehen, wohl immer bei ruckartigen Bewegungen.

Die Zeugin B. hat angegeben, der Kläger habe aufgeschrien, weil er sich irgendwo an einem Baum bzw. einem Container gestoßen habe. Er sei in gebückter Haltung gewesen und habe aufgeschrien. Er habe auch Luftprobleme gehabt. Zum Feierabend, den sie etwa gegen 13 Uhr angetreten hätten, habe sie ihn noch zur Straßenbahn gebracht. Der Versicherte habe den Arbeitstag über seine Arme bewegen können und zur Erledigung der Aufgaben auch bewegen müssen. Sie habe vielleicht eineinhalb Meter vom Versicherten entfernt gestanden. Zur Zeit des Aufschreies habe sie gerade geschrieben und den Vorgang nicht gesehen. Nach dem Aufschrei habe er eine Weile in gebückter Haltung gestanden. Er habe weder dicht neben einem Baum gestanden noch habe sie ihn liegen sehen. Nach etwa fünf bis zehn Minuten Pause, in denen er schlecht Luft bekommen habe, habe er die wenigen restlichen Bäume aufnehmen wollen. Nach dem Vorfall habe er auf sie ein bisschen eingeschränkt gewirkt. Auf dem Weg zur Straßenbahn sei er langsamer als morgens gegangen. Weitere Beobachter des Vorfalls habe es nicht gegeben. Der Versicherte habe zum Unfallhergang nichts sagen wollen. Auf ihre Nachfrage zum Geschehensablauf habe er nicht eingehen wollen. Er habe so getan, als ob es schon gut sei. Nachdem er weitere Bäume habe aufmessen wollen, habe sie dem Vorfall auch keine weitere Beachtung geschenkt.

Mit Urteil vom gleichen Tag hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Es hat ausgeführt, der genaue Unfallvorgang lasse sich nicht feststellen. Andere Ursachen für den Gesundheitsschaden beim Arbeitsunfall könnten hier nicht mit Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden. Der Versicherte könne zum Zeitpunkt des Aufschreis bereits die Verletzungen gehabt haben. Am Eintritt der schweren Verletzungen in diesem Moment blieben deutliche Zweifel. Die Verletzungen des Klägers könnten nur durch eine erhebliche stumpfe Gewalteinwirkung entstehen, die in einem einfachen Anstoßen nicht zu sehen sei. Dies ergebe sich aus dem Obduktionsbericht. Zu einem schweren Sturz könne es nicht gekommen sein. Dies hätte die Zeugin B. sehen müssen, weil der Versicherte sich nicht so schnell hätte aufrichten können, ohne dass sie dies nicht noch hätte wahrnehmen müssen. Der Aufschrei könne durch eine ruckartige Bewegung hervorgerufen worden sein, wie dies auch später zu Hause der Fall gewesen sei. Die weitere Fähigkeit des Versicherten zur Beendigung der Arbeit spreche gegen eine erhebliche Verletzung. Zweifel begründe auch, dass der Versicherte eine genaue Schilderung des Unfallherganges vermieden habe.

Gegen das ihr am 3. Januar 2006 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 2. Februar 2006 Berufung eingelegt. Sie führt aus, die mangelnde Feststellung eines genauen Unfallhergangs schließe einen Arbeitsunfall nicht aus, wenn die überwiegenden Umstände auf einen Arbeitsunfall hinwiesen und andere Ursachen mit Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden könnten. Die gebückte Haltung des Versicherten nach seinem Aufschrei und die erheblichen Schmerzen am Abend des Unfalltages ließen auf eine intensive Einwirkung schließen, die nicht in einem Sturz bestanden haben müsse. Für die Vermutung von Vorverletzungen fehle jegliche Grundlage. Auch gebe es keinen Erfahrungssatz, wonach jemand nach einer Verletzung durch Sturz nicht sofort wieder aufstehen könne. Gegen eine schwere Verletzung bei dieser Gelegenheit spreche auch nicht die Fähigkeit, noch für kurze Zeit die Arbeit zu beenden. Denn ausweislich des Obduktionsberichtes sei nur langsam Blut in den Brustkorb geflossen.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Magdeburg vom 1. Dezember 2005 und den Bescheid der Beklagten vom 26. Januar 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. April 2004 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr vom 14. August 2003 an Witwenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung nach ihrem verstorbenen Ehemann zu leisten.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Sie verweist darauf, dass alle bekannten Umstände des zum Aufschrei führenden Ereignisses keinerlei Hinweis auf eine schwerere Einwirkung auf den Versicherten enthielten.

Das Gericht hat die Krankenakte der Hausärztin des Versicherten, Fachärztin für Innere Medizin O. , beigezogen.

Neben dieser hat in der mündlichen Verhandlung und bei der Entscheidung die Verwaltungsakte der Beklagten – Az. 1503 U 20.59343.3 – vorgelegen.

Entscheidungsgründe:

Die gem. §§ 143, 144 Abs. 1 S. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) statthafte Berufung hat keinen Erfolg. Der Bescheid der Beklagten vom 26. Januar 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. April 2004 beschwert die Klägerin nicht im Sinne von §§ 157, 54 Abs. 2 S. 1 SGG, weil die Beklagte darin zu Recht die Leistung einer Unfallwitwenrente an die Klägerin abgelehnt hat. Es fehlt bereits am Nachweis eines Arbeitsunfalls. Hinterbliebenenrenten nach § 63 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 des Siebten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB VII – in der Ausgangsfassung vom 7. August 1996, BGBl. I S. 1254) setzen nach § 63 Abs. 1 S. 2 SGB VII einen Versicherungsfall voraus, als der hier nur der vorgetragene Unfall vom 12. August 2002 in Betracht käme; dieser wäre ggf. nach § 7 Abs. 1 SGB VII ein Versicherungsfall. Der Senat kann sich aber nicht gegen verbleibende vernünftige Zweifel von einem Unfall im Sinne von § 8 S. 2 SGB VII überzeugen. Es gibt keine Beweismittel für das Unfallereignis als Haupttatsache, insbesondere keine Zeugen. Die allein bei dem Ereignis anwesende Zeugin Baake hat kein Unfallereignis wahrgenommen, sondern allein einen Schmerzensaufschrei gehört. Der Versicherte hat keine nachvollziehbare Erklärung für den Schmerzensaufschrei gegeben. Zwar hat er spätestens bei einem Telefonat am Abend des Unfalltages gegenüber der Zeugin behauptet, er habe sich mittags verletzt. Der Klägerin gegenüber hat er angegeben, sich gestoßen zu haben. Von der Richtigkeit seiner Behauptung kann sich der Senat aber nicht überzeugen, weil gewichtige Gesichtspunkte dagegen sprechen. Gegen die Wahrheit dieser Angaben des Versicherten spricht, dass er der Schilderung eines konkreten Geschehensablaufs ausgewichen ist. Die Zeugin B. hat selbst auf konkrete Nachfrage keine Auskunft zum Unfallhergang erhalten und daraus die nachvollziehbare Schlussfolgerung gezogen, der Versicherte habe dazu nichts sagen wollen. Der Klägerin gegenüber hat er nur erklärt, sich "irgendwie beim Bücken" schwer gestoßen zu haben; sie hat gegenüber dem Sozialgericht bedauert, nicht genauer nachgefragt zu haben. Dies alles legt die Möglichkeit nahe, dass der Versicherte sich die Verletzungen bei anderer Gelegenheit zugezogen hatte, über die er nicht sprechen wollte. Auch durch die Unterlassung eines Arztbesuches lassen sich keine Gesichtspunkte für ein Unfallereignis durch die versicherte Tätigkeit gewinnen. Dieses Verhalten wäre ebenfalls dadurch schlüssig zu erklären, dass der Versicherte nicht unter den Druck geraten wollte, eine plausible Ursache für seine Verletzungen zu nennen. Es kann weiter erklären, dass der Versicherte – wie aus den Angaben der Klägerin und der Zeugin B. hervorgeht – sich zwar für arbeitsunfähig hielt, sich dies aber nicht ärztlich bescheinigen ließ, sondern wegen der Beschwerden lieber einen Tag Urlaub nahm. Der Beschwerdeverlauf beim Versicherten gibt keinen hinreichenden Beleg für die Entstehung der später vorgefundenen Verletzung zum Zeitpunkt des behaupteten Unfalls. Zwar ergeben sich keine Hinweise auf eine frühere Verletzung aus den Angaben der Klägerin und der Zeugin B. , soweit bei letzterer die Aussage vor dem Sozialgericht zu Grunde gelegt wird. Der Senat unterstellt die Angaben der Zeugin Baake vor dem Sozialgericht als wahr, ohne dass dies zu Lasten der Klägerin geht. Ginge man nämlich von den Angaben aus, die sie nach den Polizeiakten gemacht hat, wäre der Versicherte bereits den ganzen Arbeitstag über durch beeinträchtigtes Verhalten aufgefallen, das sich die Zeugin lediglich durch das warme Wetter erklärt hat, ohne dass dies zutreffen muss. Umgekehrt wäre danach eine wesentliche Verschlechterung der Beschwerden nicht erkennbar; eine Begleitung des Versicherten zur Haltestelle liegt angesichts der Formulierung fern, die Zeugin und der Versicherte hätten sich getrennt und dann den Heimweg angetreten. Der Senat kann aber auch die Angaben der Zeugin B. vor dem Sozialgericht als wahr unterstellen, ohne daraus die Überzeugung ableiten zu können, bei dem Ereignis vom 12. August 2002 habe es sich um ein Unfallereignis im Sinne der gesetzlichen Unfallversicherung gehandelt. Denn auch danach hat sich die Beschwerdeentwicklung nach dem Ereignis nicht so bezeichnend verändert, dass dies nur durch eine unmittelbar vorher entstandene Verletzung erklärlich wäre. So hat der Versicherte noch den Rest seiner Arbeit erledigt, ist ohne konkrete Hilfestellung zur Straßenbahn gegangen, allein nach Hause gefahren und hat auf ärztliche Behandlung verzichtet. Dementsprechend hat die Zeugin B. auch nur aus langsamem Gehen den Eindruck gewonnen, mit dem Versicherten sei nicht alles in Ordnung. Auch am Folgetag war er nicht bettlägerig, konnte sich an- und ausziehen, bekam nach seinen Angaben Luft und litt nur beim Bücken unter Schmerzen. Die Klägerin hat auch keine Beobachtungen gemacht, wonach er seinen rechten Arm nicht hätte gebrauchen können. Diese verbliebenen Fertigkeiten lassen es nicht ausgeschlossen erscheinen, dass der Versicherte auch am Vortag bei einer schon vorhandenen Verletzung den Großteil des Arbeitstages bewältigen konnte, ohne dass der Zeugin B. schon zu dieser Zeit Einschränkungen auffallen mussten. Zusätzlich ist davon auszugehen, dass der Versicherte bei dem Versuch, schon vorhandene Verletzungen zu überspielen, Beschwerdeäußerungen möglichst unterdrückte. Auf entsprechende Anstrengungen lässt sein späteres Verhalten schließen, die Unfallfolgen herunterzuspielen. Insgesamt lässt aber auch der fortschreitende Eintritt von Beschwerden durch Verletzungen, die nur zwei Tage später zum Tod führen, nicht den Schluss auf ein konkretes Ereignis anlässlich einer Beschwerdeäußerung zu. Gegen einen Zusammenhang von Beschwerdeeintritt und Verletzungsereignis spricht hier insbesondere, dass aus der Arbeitssituation heraus kein Vorgang ersichtlich ist, der den Umfang der Verletzungen erklären könnte. Die Zeugin B. konnte keinen konkret erinnerten Umstand oder Gegenstand aus der Umgebung des Versicherten benennen, der mit einer solchen Verletzung in Verbindung gebracht werden könnte. Alle zwischenzeitlich von ihr genannten Gegenstände – Fahrradständer, Container oder Äste – hat sie nach ihrer Aussage vor dem Sozialgericht unmittelbar nach dem Aufschrei nicht konkret in der Nähe des Versicherten beobachtet. Auch einen Sturz hat sie nicht beobachtet, obwohl sie angesichts der Kürze der Zeit zumindest ein Aufstehen hätte sehen müssen. Denn um den Versicherten nach seinem Aufschrei in gebückter Haltung stehen zu sehen, hat sie nach ihrer Aussage vor dem Sozialgericht nur von ihrem Schriftstück hoch geschaut, was – davon geht auch die Klägerin in ihrer Berufungsbegründung aus – sofort geschah. Eine Verletzung durch ein Anstoßen an einen Gegenstand erklärt die erlittenen Gesundheitsschäden nicht. Dies geht aus dem Obduktionsbericht von Dr. B. hervor und ist aus der Lebenserfahrung heraus unmittelbar nachvollziehbar. Denn zum Bruch des Schlüsselbeins und von acht Rippen bedarf es naturgemäß einer großflächigen oder einer hoch energiegeladenen Einwirkung, um überhaupt alle diese Stellen mit solch zerstörerischer Kraft erreichen zu können. Eine solche Krafteinwirkung tritt bei einem Sich-Stoßen nicht auf. Für die Meinung der Klägerin, letztlich handele es sich dabei um ein unzulässiges Spekulieren über eine Alternativursache, fehlt die Grundlage. Diese Frage wird erst aufgeworfen, wenn angesichts eines Unfallereignisses dessen innerer Zusammenhang mit der betrieblichen Tätigkeit zu prüfen ist. Hier fehlt es aber am Nachweis eines Unfallereignisses. Die konkrete Benennung eines anderen Schadensereignisses ist nicht Voraussetzung für vernünftige Zweifel an einem Arbeitsunfallereignis, die eine Anerkennung ausschließen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nach § 160 Abs. 2 Nr. 1, 2 SGG nicht vor.
Rechtskraft
Aus
Saved