L 5 AS 253/09 B

Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
5
1. Instanz
SG Dessau-Roßlau (SAN)
Aktenzeichen
S 16 AS 2352/07
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 5 AS 253/09 B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
Beschwerdebefugnis-Prozessbevollmächtigte-Rechtsanwalt-PKH-Verfahren-Beschwerderecht
Die Beschwerde wird als unzulässig verworfen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Der Beschwerdeführer wendet sich mit seiner Beschwerde gegen die Teilablehnung seiner Beiordnung im Wege der Prozesskostenhilfe in einem von seinen Mandanten betriebenen Klageverfahren bei dem Sozialgericht Dessau-Roßlau (SG).

Der Beschwerdeführer ist als Rechtsanwalt in W. tätig. Er ist Pozessbevollmächtigter seiner Mandanten, Eltern mit ihren 20- und 23-jährigen Söhnen, die als Bedarfsgemeinschaft von der Beklagten laufende Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) beziehen. Mit Änderungsbescheid vom 20. Oktober 2006 bewilligte die Beklagte ihnen für den Zeitraum vom 1. September bis zum 30. Oktober 2006 Leistungen iHv monatlich insgesamt 935,27 EUR. Dagegen legten die Mandanten Widerspruch ein. Mit weiterem Änderungsbescheid vom 27. September 2007 setzte die Beklagte die monatliche Gesamtleistung auf 929,03 EUR fest. Gegen diesen Bescheid legte der Beschwerdeführer Widerspruch ein. Mit Widerspruchsbescheid vom 9. Oktober 2007 wies die Beklagte den Widerspruch zurück und lehnte eine Kostenerstattung für das Widerspruchsverfahren ab.

Am 9. November 2007 haben die Mandanten durch den Beschwerdeführer beim SG Klage erhoben, mit der sie ausdrücklich die Bewilligung von monatlichen Leistungen iHv 1.011,13 EUR (Antrag zu 1.) sowie Kostenerstattung für das Widerspruchsverfahren (Antrag zu 2.) begehren. Insbesondere beanstanden sie die volle Anrechnung von Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetzes (BAföG) als Einkommen. Zugleich haben sie die Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) und die Beiordnung des Beschwerdeführers beantragt. Am 6. April 2009 haben sie die Klage um zwei weitere Anträge erweitert.

Mit Beschluss vom 2. Juni 2009 hat das SG den Mandanten PKH ohne Ratenzahlung unter Beiordnung des Beschwerdeführers "dem Grunde nach gewährt zur Hälfte der Kosten des Rechtsstreits" und den weitergehenden PKH-Antrag abgelehnt. Zur Begründung hat das SG ausgeführt, die Prozessführung gegen die teilweise Leistungsaufhebung habe Aussicht auf Erfolg, jedoch diejenige auf Gewährung weiterer Leistungen durch Nichtanrechnung des BAföG-Bezugs nicht. Daher habe auch der Kostenerstattungsanspruch keine Aussicht auf Erfolg. In der Rechtsmittelbelehrung hat das SG auf die Unanfechtbarkeit des Beschlusses hingewiesen.

Gegen den am 26. Juni 2009 zugestellten Beschluss hat der Beschwerdeführer am 10. Juli 2009 sowohl für seine Mandanten (Az. L 5 AS 249/09 B) als auch im eigenen Namen Beschwerde eingelegt. Zur Begründung seiner Beschwerde hat er vorgetragen, der angegriffene Beschluss verletze ihn unmittelbar in seinen Rechten aus Art. 12 Grundgesetz. Durch ihn werde er zur teilweise kostenlosen Vertretung der Mandanten verpflichtet, denn § 122 Abs. 1 Nr. 3 ZPO untersage ihm, seinen Mandanten Gebühren in Rechnung zu stellen.

Auf den Hinweis des Senats vom 23. Juli 2009 auf die Unzulässigkeit der Beschwerde wegen Nichterreichens des Beschwerdewerts gemäß § 73a Abs. 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) iVm § 127 Abs. 2 Satz 2 Zivilprozessordnung hat der Beschwerdeführer ausgeführt, es handle sich nicht um eine Beschwerde nach § 127 ZPO, sondern um eine Beschwerde gegen den Verstoß gegen die Berufsausübungsfreiheit und seine Zwangsverpflichtung zur Prozessvertretung. Die Beiordnung zur Hälfte der Gebühren sei gegen seinen Willen erfolgt.

Er beantragt sinngemäß,

den Beschluss des Sozialgerichts Dessau-Roßlau vom 2. Juni 2009 insoweit aufzuheben, als eine Beiordnung unter der Bedingung "zur Hälfte der Gebühren" erfolgt ist.

Die Beklagte hat sich zum Beschwerdeverfahren nicht geäußert.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und das Prozesskostenhilfebeiheft ergänzend Bezug genommen, die Gegenstand der Entscheidungsfindung des Senats waren.

II. Die Beschwerde gegen den Beschluss des SG vom 2. Juni 2009 ist unzulässig und daher zu verwerfen.

Der Beschwerdeführer ist nicht beschwerdebefugt.

Die PKH dient dem Zweck, unbemittelten Personen den Zugang zu den staatlichen Gerichten zu eröffnen. Sie stellt als Leistung der staatlichen Daseinsfürsorge und als Bestandteil der Rechtsschutzgewährung eine Einrichtung der Sozialhilfe im Bereich der Rechtspflege dar. Die §§ 114 ZPO haben neben dem Allgemeinwohl das Interesse des einzelnen Rechtssuchenden im Blick. Deshalb berührt eine gerichtliche Entscheidung über PKH (Bewilligung oder Versagung) grundsätzlich ausschließlich die rechtlichen Interessen des Rechtsuchenden.

Regelmäßig sind die rechtlichen Interessen des prozessbevollmächtigten Rechtsanwalts nicht berührt. Insbesondere fallen dessen gebührenrechtliche Interessen nicht in den Schutzbereich der richterlichen Prüfungs- und Entscheidungspflichten im PKH-Verfahren (vgl. zum Vorstehenden: Bundesgerichtshof [BGH], Urteil vom 26. Oktober 1989, Az.: III ZR 147/88, BGHZ 109, 171).

Da er selbst keinen Anspruch auf seine Beiordnung hat, steht ihm gegen deren (vollständige) Ablehnung (§ 121 Abs. 3 ZPO) grundsätzlich kein Beschwerderecht zu. Er ist nicht beschwerdebefugt, weil er nicht in eigenen Interessen betroffen ist (vgl. Oberlandesgericht [OLG] Braunschweig, Beschluss vom 10. Oktober 1995, Az.: 2 WF 104/95, unter Verweis auf BGHZ 109, 163; Landesarbeitsgericht [LAG] Nürnberg, Beschluss vom 27. Mai 2002, Az.: 4 Ta 80/02, MDR 2002, S. 1094). Auch eine amtspflichtwidrige Verweigerung der Beiordnung verletzt den Anwalt nicht in seinem Grundrecht auf freie Berufsausübung aus Art. 12 Abs. 1 GG (vgl. BGH, a.a.O.).

Eine Ausnahme davon wurde teilweise in der Rechtsprechung (vgl. OLG Köln, Beschluss vom 28. April 2005, Az.: 14 WF 35/05, MDR 2005, S. 1130; OLG Rostock, Beschluss vom 6. Dezember 2007, Az.: 10 WF 206/07, FamRZ 2008, S. 1356; a.A. BGH, Beschluss vom 10. Oktober 2006, Az.: XI ZB 1/06; a.A. nunmehr: OLG Rostock, Beschluss vom 12. März 2009, Az.: 10 WF 204/08) dann gemacht, wenn die Beiordnung gemäß § 121 Abs. 3 ZPO nur eingeschränkt, nämlich "zu den Bedingungen eines im Gerichtsbezirk niedergelassenen Anwalts" erfolgte. Eine stillschweigende Einwilligung in die Beschränkung der Beiordnung könne bei einem auswärtigen Anwalt nicht unterstellt werden.

Es kann jedoch dahinstehen, ob diese Begründung nach Wegfall der in § 18 Bundesrechtsanwaltsordnung normierten Lokalisierung noch trägt. Denn für den hier vorliegenden Fall einer teilweisen PKH-Bewilligung bzw. Teilablehnung und entsprechenden Rechtsanwaltsbeiordnung kann sie nicht herangezogen werden. Denn dadurch würde in allen Fällen einer teilweisen PKH-Versagung, die – nach den obigen Ausführungen – nur den rechtsuchenden Mandanten beschwert, ein zusätzliches Beschwerderecht des Prozessbevollmächtigten eingeführt, das gesetzlich nicht vorgesehen ist.

Die Beschwerde war daher als unzulässig zu verwerfen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 127 Abs. 4 ZPO.

Der Beschluss ist mit der Beschwerde nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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