Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG Magdeburg (SAN)
Aktenzeichen
S 4 AL 484/04
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 2 AL 89/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Rückforderung der Berufsausbildungsbeihilfe
Landessozialgericht Sachsen-Anhalt L 2 AL 89/06 S 4 AL 484/04 (Sozialgericht Magdeburg) Aktenzeichen Im Namen des Volkes Urteil In dem Rechtsstreit Klägers und Berufungsklägers, gegen die Bundesagentur für Arbeit vertreten durch das vorsitzende Mitglied der, Geschäftsführung der Regionaldirektion, Sachsen-Anhalt/Thüringen, Frau-von-Selmnitz-Str. 6, 06110 Halle, Beklagte und Berufungsbeklagte, wegen Rückforderung vorläufig gewährter Berufsausbildungsbeihilfe Die Berufung wird zurückgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger wendet sich gegen die Erstattung vorläufig gewährter Berufsausbildungsbeihilfe für die Zeit vom 1. Oktober 2000 bis zum 28. Februar 2002 in Höhe von 4.278,39 Euro.
Der am ... 1977 geborene Kläger begann ab dem 1. Oktober 1998 erstmals eine vierjährige Berufsausbildung als Gas- und Wasserinstallateur. Am 17. September 1998 beantragte er unter Vorlage des in der Lehrlingsrolle eingetragenen Ausbildungsvertrages bei der Beklagten die Förderung dieser Ausbildung durch Berufsausbildungsbeihilfe (BAB), die diese mit Bescheiden vom 24. März 1999 und 12. Januar 2000 bis zum 30. September 2000 gewährte. Hierbei berücksichtigte sie die Angaben des Klägers, dass er jährlich steigende Einkünfte von 300 DM, 315 DM, 330 DM und 345 DM erzielte und eine Miete in Höhe von 350 DM einschließlich Nebenkosten ohne Heizung zu zahlen hatte.
Am 31. Juli 2000 beantragte der Kläger die Fortzahlung der BAB. Zur Ausbildungsstätte musste der Kläger 70 km zurücklegen und zum Blockunterricht (vom 9. bis 22. Oktober 2000, 27. November 2000 bis 10. Dezember 2000, 15. Januar 2001 bis 28. Januar 2001, 12. März 2001 bis 25. März 2001, 14. Mai 2001 bis 20. Mai 2001) zur Berufsschule fahren, wofür er 30 km täglich zurücklegte. Im Wohnheim musste er 400 DM Miete zahlen. Seine Mutter erhielt Kindergeld in Höhe von 220 DM monatlich.
Mit Bescheid vom 6. Oktober 2000 gewährte die Beklagte BAB vom 1. Oktober 2000 bis zum 8. August 2001 in Höhe von 385,51 Euro für die Zeiten praktischer Ausbildung und 217,30 Euro für die Zeiten des Unterrichts. Einen wegen der Leistungshöhe erhobenen Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 14. Dezember 2000 zurück.
Am 21. November 2000 beantragte der Kläger die Überprüfung der Leistungshöhe, da er seine Miete nicht zahlen könne und bat um aktuelle Berechnung, weil sich das Einkommen seiner Mutter ab dem Januar 2000 verringert habe. Hierzu legte er eine Abrechnung der Einkünfte seiner Mutter aus dem Monat September 2000 vor.
Mit änderndem Bescheid vom 17. Januar 2001 bewilligte die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 6. Oktober 2000 BAB für die Zeit vom 1. Oktober 2000 bis zum 8. August 2001 in Höhe von 657,52 Euro für die Zeiten praktischer Ausbildung (1. Oktober bis 8. Oktober 2000, 23.Oktober 2000 bis 26. November 2000, 11. Dezember 2000 bis 14. Januar 2001, 29. Januar 2001 bis 11. März 2001, 26. März 2001 bis 13. Mai 2001 und 21. Mai 2001 bis 8. August 2001) und 489,31 Euro für die Zeiten des Unterrichts (9. bis 22. Oktober 2000, 27. November 2000 bis 10. Dezember 2000, 15. Januar 2001 bis 28. Januar 2001, 12. März 2001 bis 25. März 2001, 14. Mai 2001 bis 20. Mai 2001). Die Beklagte bezog in den Bescheid eine Anlage ein, wonach die Bewilligung unter dem Vorbehalt der Rückforderung stand. Eine endgültige Bewilligung sei nicht möglich, weil sich das Einkommen der Mutter des Klägers im Bewilligungszeitraum nicht abschließend feststellen ließe. Die Beklagte bat um Nachweise, sobald das Einkommen in den Kalenderjahren 2000 und 2001 feststehe.
Mit Bescheid vom 4. Oktober 2001 gewährte die Beklagte dem Kläger BAB ab dem 9. August 2001 für die Zeiten der praktischen Ausbildung in Höhe von 657,52 Euro monatlich (27. August 2001 bis 23. September 2001, 3. Oktober 2001 bis 25. November 2001, 10. Dezember 2001 bis 31. März 2002) und für die Zeiten des Berufsschulunterrichts in Höhe von 489,31 Euro monatlich (9. August 2001 bis 26. August 2001, 24. September 2001 bis 2. Oktober 2001, 26. November 2001 bis 9. Dezember 2001). Der Bescheid enthielt den Hinweis auf die einbezogenen Anlagen, wonach die Bewilligung unter dem Vorbehalt der Rückforderung stehe. Eine endgültige Bewilligung sei derzeit nicht möglich, weil sich das Einkommen der Mutter des Klägers im Bewilligungszeitraum nicht abschließend feststellen ließe. Der Kläger wurde gebeten, der Beklagten Nachweise vorzulegen, sobald das Einkommen in den Kalenderjahren 2000 und 2001 feststehe.
Am 28. Februar 2002 bestand der Kläger seine Gesellenprüfung. Die Beklagte zahlte ihm für die Zeit vom 1. Oktober 2000 bis zum 28. Februar 2002 BAB in Höhe von 10.616,64 Euro.
Auf Anforderung der Beklagten vom 13. Januar 2003 legte der Kläger bei der Beklagten am 17. Februar 2003 die Einkommensteuerbescheide seiner Mutter vom 17. Januar 2002 für das Jahr 2000 (80.814 DM Einkünfte) bzw. vom 7. November 2002 für das Jahr 2001 (74.601 DM Einkünfte) vor.
Die Beklagte errechnete auf dieser Grundlage den Anspruch auf BAB neu und setzte die Förderung mit Bescheid vom 26. Februar 2003 für die Zeiten vom 1. Oktober 2000 bis zum 8. August 2001 auf eine Höhe von 405,97 Euro für die Zeiten praktischer Ausbildung (1. Oktober bis 8. Oktober 2000, 23.Oktober 2000 bis 26. November 2000, 11. Dezember 2000 bis 14. Januar 2001, 29. Januar 2001 bis 11. März 2001, 26. März 2001 bis 13. Mai 2001 und 21. Mai 2001 bis 8. August 2001) und 237,24 Euro für die Zeiten des Unterrichts (9. bis 22. Oktober 2000, 27. November 2000 bis 10. Dezember 2000, 15. Januar 2001 bis 28. Januar 2001, 12. März 2001 bis 25. März 2001, 14. Mai 2001 bis 20. Mai 2001) endgültig fest. Mit weiterem Bescheid vom 26. Februar 2003 setzte die Beklagte für den Zeitraum vom 9. August 2001 bis zum 28. Februar 2002 die Förderung für die Zeiten der praktischen Ausbildung in Höhe von 405,97 Euro monatlich (27. August 2001 bis 23. September 2001, 3. Oktober 2001 bis 25. November 2001, 10. Dezember 2001 bis 28. Februar 2002) und für die Zeiten des Berufsschulunterrichts in Höhe von 237,24 Euro monatlich (9. August 2001 bis 26. August 2001, 24. September 2001 bis 2. Oktober 2001, 26. November 2001 bis 9. Dezember 2001) endgültig fest. In den zu Bestandteilen dieser beiden Bescheide erklärten Anlagen wies die Beklagte darauf hin, dass die Förderung mit den Bescheiden vom 17. Januar 2001 und 4. Oktober 2001 BAB nur vorläufig gewährt war und eine endgültige Berechnung eine Überzahlung von 4.278,39 Euro ergeben habe, die der Kläger zu erstatten habe.
Mit Schreiben vom 2. März 2003 erhob der Kläger Widerspruch gegen die Bescheide vom 26. Februar 2003. Zur Begründung führte er aus, dass die Überzahlung nicht nachvollziehbar sei, weil seine Mutter in den Jahren nach 1999 weniger verdient habe.
Am 30. Januar 2004 reichte der Kläger den Einkommensteuerbescheid seiner Mutter für das Jahr 2002 (32.302 Euro Einkünfte) ein.
Mit Widerspruchsbescheid vom 2. Juni 2004 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück und verwies erneut auf die Vorläufigkeit der vorherigen Bewilligungen und ihre Berechnungen zum Leistungsanspruch, aus denen sich zu Unrecht erbrachte BAB in Höhe von 4.411,84 Euro ergebe.
Am 16. Juni 2004 hat der Kläger beim Sozialgericht Magdeburg (SG) Klage erhoben. Er sei davon ausgegangen, dass es sich bei den ursprünglichen Bewilligungen um rechtsgültige und richtige Verwaltungsakte gehandelt habe.
Mit Urteil vom 29. Juni 2006 hat das Sozialgericht Magdeburg die Klage abgewiesen und ausgeführt, dass die Bewilligung nur vorläufig erfolgt sei, so dass bei einer endgültig niedrigeren Festsetzung der Leistungen die Überzahlungen von der Beklagten zwingend zurückzufordern seien. Es sei geradezu das Wesen der vorläufigen Bewilligung, dass sich ein schutzwürdiges Vertrauen nicht entwickeln könne.
Gegen das ihm am 18. Juli 2006 zugestellte Urteil hat der Kläger am 8. August 2006 Berufung eingelegt. Die Beklagte habe die ersten Bewilligungen mit den vollständigen Unterlagen seiner Mutter vorgenommen, so dass er sich nicht als Schuldigen sehe. Dies ergebe sich auch aus einem ihm von der Beklagten angebotenen Vergleich.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Magdeburg vom 29. Juli 2006 und die Bescheide der Beklagten vom 26. Februar 2003 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das Urteil des SG auch in der Begründung für zutreffend. Auf ein Verschulden des Klägers komme es nicht an.
Die Beteiligten haben sich im Termin zur Erörterung am 6. August 2009 mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Die Gerichtsakte und die Verwaltungsakte der Beklagten haben vorgelegen und waren Gegenstand der Beratung. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Sachvortrages der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakte ergänzend verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheiden, § 124 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG).
Die Berufung ist zulässig, insbesondere im Sinne des § 151 Abs. 1 SGG fristgerecht eingelegt, erweist sich allerdings als unbegründet. Das SG hat die Klage zutreffend abgewiesen. Die als Anfechtungsklage nach § 54 Abs. 1 S. 1 SGG statthafte Klage ist nicht begründet. Die Bescheide der Beklagten vom 26. Februar 2003 sind nicht im Sinne des § 54 Abs. 1 S. 2 SGG aufzuheben, weil sie sich als rechtmäßig erweisen und den Kläger demnach nicht in seinen Rechten verletzen. Die Beklagte verlangt vom Kläger zu Recht (mindestens) die Erstattung von 4.278,39 Euro. Dabei kann dahinstehen, ob dieses - wie das SG meint - allein auf Grundlage des § 328 Abs. 3 S. 2 des Sozialgesetzbuches Drittes Buch – Arbeitsförderung – (SGB III) zu erfolgen hat oder ob für die Rückforderung – wie die Beklagte im Widerspruchsbescheid ausführt – auch gemäß dem Verweis in § 70 Abs. 2 SGB III die Vorschriften der §§ 24 Abs. 3 S. 4 i.V.m. § 20 Abs. 1 Nr. 4 des Bundesausbildungsförderungsgesetzes (BAföG) heranzuziehen sind. Für die Bewilligung von BAB als einer Geldleistung nach dem SGB III gilt jedenfalls die Vorschrift des § 328 Abs. 1 SGB III (in der Fassung durch Gesetz vom 24. März 1997, BGBl. I S. 594). Nach § 328 Abs. 1 Nr. 3 SGB III kann über die Erbringung von Geldleistungen vorläufig entschieden werden, wenn zur Feststellung der Voraussetzungen des Anspruchs eines Arbeitnehmers auf Geldleistungen voraussichtlich längere Zeit erforderlich ist, die Voraussetzungen für den Anspruch mit hinreichender Wahrscheinlichkeit vorliegen und der Arbeitnehmer die Umstände, die einer sofortigen abschließenden Entscheidung entgegenstehen, nicht zu vertreten hat. Umfang und Grund der Vorläufigkeit sind anzugeben. Für die BAB sind gemäß § 71 Abs. 2 SGB III für die Ermittlung des Einkommens und dessen Anrechnung sowie die Berücksichtigung von Freibeträgen § 11 Abs. 4 BAföG sowie die Vorschriften des Vierten Abschnittes des BAföG anzuwenden. In § 24 Abs. 3 S. 1 BAföG - als eine der Vorschriften des Vierten Abschnitts in der Fassung des Gesetzes vom 22. Mai 1990, BGBl. I S. 936 - ist bestimmt, dass auf besonderen Antrag des Auszubildenden bei der Anrechnung von den Einkommensverhältnissen im Bewilligungszeitraum auszugehen ist, wenn das Einkommen im Bewilligungszeitraum voraussichtlich wesentlich niedriger als in dem nach § 24 Abs. 1 BAföG maßgeblichen Zeitraum (Einkommensverhältnisse im vorletzten Kalenderjahr vor Beginn des Bewilligungszeitraums). Ausbildungsförderung wird dann nach § 24 Abs. 3 S. 4 BAföG unter dem Vorbehalt der Rückforderung geleistet. Sobald sich das Einkommen in dem Bewilligungszeitraum endgültig feststellen lässt, wird über den Antrag abschließend entschieden (§ 24 Abs. 3 S. 5 BAföG). Für diesen Fall bestimmt § 20 Abs. 1 Nr. 4 BAföG, dass insoweit der Bewilligungsbescheid aufzuheben und der Förderungsbetrag zu erstatten ist. Für einen Vorrang der eben genannten Regelungen gegenüber § 328 SGB III zumindest in dem Zeitraum bis zum 8. August 2001 spricht vorliegend, dass die Beklagte die vorgängige endgültige Bewilligung durch Bescheid vom 6. Oktober 2000 durch die vorläufige Bewilligung vom 17. Januar 2001 abgeändert hat. Hierfür war nicht – wie die Beklagte meint – § 48 des Sozialgesetzbuches Zehntes Buch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz (SGB X) heranzuziehen, weil sich die Verhältnisse tatsächlich geändert hätten. Der Kläger hat eine solche Änderung mit seinem Antrag auf Aktualisierung vom 21. November 2000 nur glaubhaft gemacht. Die Aufhebung ergibt sich aus dem mit dem Begehren auf Berücksichtigung der aktuellen Einkommensverhältnisse verbundenen Antrag im Sinne des § 24 Abs. 3 BAföG, der eine eigenständige Änderungsmöglichkeit bietet. Die Bescheide der Beklagten lassen sich im Ergebnis aber sowohl auf § 328 SGB III als auch auf §§ 71 Abs. 2 SGB III i.V.m. 24 Abs. 3 S. 4, 20 Abs. 1 Nr. 4 BAföG stützen. Die Beklagte hat erkennbar nur eine vorläufige Entscheidung treffen wollen, wenn sie nach den ihren Bescheiden beigefügten Anlagen einen "Vorbehalt der Rückforderung" erklärte. Hieraus wird hinreichend klar und deutlich, dass sie an ihre Entscheidungen nur bis zur Vorlage der Nachweise zu den in den Kalenderjahren 2000 und 2001 erzielten Einkünften der Mutter des Klägers gebunden sein wollte. Die fehlenden Unterlagen zur Höhe der Einkünfte waren hinreichende Gründe für eine vorläufige Entscheidung. Sind die Bescheide also vorläufig, muss keine Aufhebung stattfinden. Die für die verwaltungsförmliche Aufhebung und Erstattung geltenden Regelungen der §§ 45 ff. SGB X treten als allgemeine Regelungen für endgültige Verwaltungsakte gegenüber der besonderen Regelung in § 328 SGB III für vorläufige Verwaltungsakte zurück. Vorläufige Verwaltungsakte binden die Beklagte nur so lange, wie keine endgültige Entscheidung ergeht. Die Beklagte kann ihre Neuberechnung unter Einbezug der vorläufigen Zahlungen auf § 328 Abs. 3 S. 1 SGB III stützen, wonach auf Grund der vorläufigen Entscheidung erbrachte Leistungen auf die zustehende Leistung anzurechnen sind. Soweit mit der abschließenden Entscheidung ein Leistungsanspruch nicht oder nur in geringerer Höhe zuerkannt wird, bestimmt § 328 Abs. 3 S. 2 1. Halbsatz SGB III (in der Fassung des Gesetzes vom 16.12.1997, BGBl. I S. 2970), dass auf Grund der vorläufigen Entscheidung erbrachte Leistungen zu erstatten sind. Zudem hat erst der Kläger mit seinem Antrag auf Neuberechnung bzw. Aktualisierung auf der Grundlage von § 24 Abs. 3 BAföG die Ursache für die vorläufig höheren Leistungen gesetzt, so dass gemäß § 24 Abs. 3 S. 4 BAföG eine Vorbehaltsentscheidung zu treffen war. Die Beklagte hat diesen notwendigen Vorbehalt ausweislich der Zusatzerklärungen zu den Bescheiden vom 17. Januar 2001 und 4. Oktober 2001 auch erklärt. Mit Vorlage der Einkommensteuerbescheide für die Jahre 2000 und 2001 ließ sich das Einkommen der Mutter des Klägers, das für die Leistungshöhe der BAB ausschlaggebend ist, im Sinne des § 24 Abs. 3 S. 5 BAföG endgültig feststellen, so dass über den Antrag abschließend entschieden werden musste, § 24 Abs. 3 S. 5 BAföG. Dementsprechend waren gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 4 BAföG die vorbehaltlichen Bewilligungsbescheide aufzuheben und der Förderungsbetrag ist vom Kläger zu erstatten. Diese Regelung stellt wie § 328 SGB III (vgl. BSG, Urteil vom 15. August 2002, B 7 AL 24/01 R, SozR 3-4100 § 147 Nr. 1) eine Besonderheit zu den allgemeinen Regelungen zur Aufhebung und Erstattung nach §§ 45 ff. SGB X dar (vgl. Ramsauer, BAföG, 4. Aufl. 2005, § 20 Rn. 2). Der Einwand des Klägers, er habe die Überzahlung nicht verschuldet, ist unerheblich. Dem klaren Wortlaut des § 328 SGB III als auch des § 20 Abs. 1 Nr. 4 BAföG ist zu entnehmen, dass die Erstattung vom Verschulden eines Beteiligten nicht abhängig ist, d.h. eine vorwerfbare Verursachung der Überzahlung durch den Kläger wird nicht vorausgesetzt und wird hier auch nicht angenommen. Dies ist mit den Prinzipien der Rückforderung öffentlich-rechtlicher Geldleistungen auch vereinbar. Nach den Vorschriften der §§ 45 ff. SGB X und § 328 Abs. 3 SGB III, § 20 Abs. 1 Nr. 4 BAföG ist die Erstattung nicht an das Verschulden an einer Überzahlung geknüpft, sondern beruht auf der Erwägung, dass eine Rückforderung gerechtfertigt sein kann, wenn in die Fortgeltung einer vorherigen Entscheidung kein Vertrauen gesetzt werden konnte. Eine Berücksichtigung von Vertrauensschutzgesichtspunkten ist aber ausgeschlossen. Dies erschließt sich aus der Besonderheit der vorläufigen bzw. vorbehaltlichen Bewilligung, bei der dem Empfänger von Anfang an mitgeteilt wird, dass er aus bestimmten Gründen keine verbindliche, sondern nur eine vorläufige Entscheidung erhält. Da Veränderungen in den zum Vorbehalt berechtigenden Gründen eintreten können, darf insoweit in die Entscheidung kein Vertrauen gesetzt werden. Es wird dann kein Rechtsschein gesetzt, dass die Leistungen behalten werden dürfen (zu § 328 SGB III BSG, Urteil vom 15. August 2002, B 7 AL 24/01 R, SozR 3-4100 § 147 Nr. 1; vgl. zu § 20 Abs. 1 Nr. 4 BAföG BVerwGE 88, 342, 344). Die Beklagte ist auf der Grundlage von § 328 SGB III bzw. § 20 Abs. 1 Nr. 4 BAföG nicht gehalten, bei der Neuberechnung und Festsetzung einer Erstattungsforderung Ermessen auszuüben, denn sie muss die Erstattungsforderung gegen einen überzahlten Leistungsempfänger durchsetzen (vgl. zu § 328 SGB III BSG, Urteil vom 15. August 2002, B 7 AL 24/01; zu § 20 Abs. 1 Nr. 4 BAföG BVerwGE 88, 342, 344). Eine Verwirkung des Erstattungsanspruchs ist nicht eingetreten. Aus dem auch im öffentlichen Recht anwendbaren Gebot des Handelns nach Treu und Glauben (§ 242 des Bürgerlichen Gesetzbuches) kann eine Anspruchsdurchsetzung verwirkt sein, wenn die Behörde ein schützenswertes Vertrauen beim Betroffenen weckt, er müsse mit einer Rückforderung nicht mehr rechnen und dieser daraufhin Dispositionen trifft, die nicht mehr ohne weiteres rückgängig zu machen sind. Es fehlen jedoch jegliche Anhaltspunkte, dass die Beklagte entgegen ihrer schriftlichen Vorbehalte bei dem Kläger berechtigte Erwartungen geweckt hat, dass die Leistungen nicht endgültig nach Vorlage der Einkommensteuererklärungen zurückzufordern sein könnten. Die Bestimmung der Rückforderungssumme durch Beklagte verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der tatsächliche Leistungsanspruch des Klägers auf BAB richtet sich bei Bewilligungszeiträumen, die vor dem 1. August 2001 begonnen haben, gemäß § 76a SGB III nach den auch vom SG herangezogenen Vorschriften des Vierten Abschnitts des BAföG in der bis zum 31. März 2001 geltenden Fassung und im Übrigen nach der bis zum 31. Juli 2001 maßgebenden Fassung der Vorschriften zur Höhe des Förderungsbetrages. Zur Berechnung der Überzahlung des Klägers wird auf die ausführliche Berechnung im Urteil des SG verwiesen, die nach Prüfung des Senats rechtsfehlerfrei eine Überzahlung ergibt, die noch über der von der Beklagten festgesetzten Erstattungssumme liegt. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 193 Abs. 1 und 4 SGG. Die Revision ist nicht zuzulassen. Gründe für die Zulassung im Sinne des § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor. Es handelt sich um eine Einzelfallentscheidung auf gesicherter höchstrichterlicher Rechtsprechung, der keine grundsätzliche Bedeutung beizumessen ist.
Tatbestand:
Der Kläger wendet sich gegen die Erstattung vorläufig gewährter Berufsausbildungsbeihilfe für die Zeit vom 1. Oktober 2000 bis zum 28. Februar 2002 in Höhe von 4.278,39 Euro.
Der am ... 1977 geborene Kläger begann ab dem 1. Oktober 1998 erstmals eine vierjährige Berufsausbildung als Gas- und Wasserinstallateur. Am 17. September 1998 beantragte er unter Vorlage des in der Lehrlingsrolle eingetragenen Ausbildungsvertrages bei der Beklagten die Förderung dieser Ausbildung durch Berufsausbildungsbeihilfe (BAB), die diese mit Bescheiden vom 24. März 1999 und 12. Januar 2000 bis zum 30. September 2000 gewährte. Hierbei berücksichtigte sie die Angaben des Klägers, dass er jährlich steigende Einkünfte von 300 DM, 315 DM, 330 DM und 345 DM erzielte und eine Miete in Höhe von 350 DM einschließlich Nebenkosten ohne Heizung zu zahlen hatte.
Am 31. Juli 2000 beantragte der Kläger die Fortzahlung der BAB. Zur Ausbildungsstätte musste der Kläger 70 km zurücklegen und zum Blockunterricht (vom 9. bis 22. Oktober 2000, 27. November 2000 bis 10. Dezember 2000, 15. Januar 2001 bis 28. Januar 2001, 12. März 2001 bis 25. März 2001, 14. Mai 2001 bis 20. Mai 2001) zur Berufsschule fahren, wofür er 30 km täglich zurücklegte. Im Wohnheim musste er 400 DM Miete zahlen. Seine Mutter erhielt Kindergeld in Höhe von 220 DM monatlich.
Mit Bescheid vom 6. Oktober 2000 gewährte die Beklagte BAB vom 1. Oktober 2000 bis zum 8. August 2001 in Höhe von 385,51 Euro für die Zeiten praktischer Ausbildung und 217,30 Euro für die Zeiten des Unterrichts. Einen wegen der Leistungshöhe erhobenen Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 14. Dezember 2000 zurück.
Am 21. November 2000 beantragte der Kläger die Überprüfung der Leistungshöhe, da er seine Miete nicht zahlen könne und bat um aktuelle Berechnung, weil sich das Einkommen seiner Mutter ab dem Januar 2000 verringert habe. Hierzu legte er eine Abrechnung der Einkünfte seiner Mutter aus dem Monat September 2000 vor.
Mit änderndem Bescheid vom 17. Januar 2001 bewilligte die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 6. Oktober 2000 BAB für die Zeit vom 1. Oktober 2000 bis zum 8. August 2001 in Höhe von 657,52 Euro für die Zeiten praktischer Ausbildung (1. Oktober bis 8. Oktober 2000, 23.Oktober 2000 bis 26. November 2000, 11. Dezember 2000 bis 14. Januar 2001, 29. Januar 2001 bis 11. März 2001, 26. März 2001 bis 13. Mai 2001 und 21. Mai 2001 bis 8. August 2001) und 489,31 Euro für die Zeiten des Unterrichts (9. bis 22. Oktober 2000, 27. November 2000 bis 10. Dezember 2000, 15. Januar 2001 bis 28. Januar 2001, 12. März 2001 bis 25. März 2001, 14. Mai 2001 bis 20. Mai 2001). Die Beklagte bezog in den Bescheid eine Anlage ein, wonach die Bewilligung unter dem Vorbehalt der Rückforderung stand. Eine endgültige Bewilligung sei nicht möglich, weil sich das Einkommen der Mutter des Klägers im Bewilligungszeitraum nicht abschließend feststellen ließe. Die Beklagte bat um Nachweise, sobald das Einkommen in den Kalenderjahren 2000 und 2001 feststehe.
Mit Bescheid vom 4. Oktober 2001 gewährte die Beklagte dem Kläger BAB ab dem 9. August 2001 für die Zeiten der praktischen Ausbildung in Höhe von 657,52 Euro monatlich (27. August 2001 bis 23. September 2001, 3. Oktober 2001 bis 25. November 2001, 10. Dezember 2001 bis 31. März 2002) und für die Zeiten des Berufsschulunterrichts in Höhe von 489,31 Euro monatlich (9. August 2001 bis 26. August 2001, 24. September 2001 bis 2. Oktober 2001, 26. November 2001 bis 9. Dezember 2001). Der Bescheid enthielt den Hinweis auf die einbezogenen Anlagen, wonach die Bewilligung unter dem Vorbehalt der Rückforderung stehe. Eine endgültige Bewilligung sei derzeit nicht möglich, weil sich das Einkommen der Mutter des Klägers im Bewilligungszeitraum nicht abschließend feststellen ließe. Der Kläger wurde gebeten, der Beklagten Nachweise vorzulegen, sobald das Einkommen in den Kalenderjahren 2000 und 2001 feststehe.
Am 28. Februar 2002 bestand der Kläger seine Gesellenprüfung. Die Beklagte zahlte ihm für die Zeit vom 1. Oktober 2000 bis zum 28. Februar 2002 BAB in Höhe von 10.616,64 Euro.
Auf Anforderung der Beklagten vom 13. Januar 2003 legte der Kläger bei der Beklagten am 17. Februar 2003 die Einkommensteuerbescheide seiner Mutter vom 17. Januar 2002 für das Jahr 2000 (80.814 DM Einkünfte) bzw. vom 7. November 2002 für das Jahr 2001 (74.601 DM Einkünfte) vor.
Die Beklagte errechnete auf dieser Grundlage den Anspruch auf BAB neu und setzte die Förderung mit Bescheid vom 26. Februar 2003 für die Zeiten vom 1. Oktober 2000 bis zum 8. August 2001 auf eine Höhe von 405,97 Euro für die Zeiten praktischer Ausbildung (1. Oktober bis 8. Oktober 2000, 23.Oktober 2000 bis 26. November 2000, 11. Dezember 2000 bis 14. Januar 2001, 29. Januar 2001 bis 11. März 2001, 26. März 2001 bis 13. Mai 2001 und 21. Mai 2001 bis 8. August 2001) und 237,24 Euro für die Zeiten des Unterrichts (9. bis 22. Oktober 2000, 27. November 2000 bis 10. Dezember 2000, 15. Januar 2001 bis 28. Januar 2001, 12. März 2001 bis 25. März 2001, 14. Mai 2001 bis 20. Mai 2001) endgültig fest. Mit weiterem Bescheid vom 26. Februar 2003 setzte die Beklagte für den Zeitraum vom 9. August 2001 bis zum 28. Februar 2002 die Förderung für die Zeiten der praktischen Ausbildung in Höhe von 405,97 Euro monatlich (27. August 2001 bis 23. September 2001, 3. Oktober 2001 bis 25. November 2001, 10. Dezember 2001 bis 28. Februar 2002) und für die Zeiten des Berufsschulunterrichts in Höhe von 237,24 Euro monatlich (9. August 2001 bis 26. August 2001, 24. September 2001 bis 2. Oktober 2001, 26. November 2001 bis 9. Dezember 2001) endgültig fest. In den zu Bestandteilen dieser beiden Bescheide erklärten Anlagen wies die Beklagte darauf hin, dass die Förderung mit den Bescheiden vom 17. Januar 2001 und 4. Oktober 2001 BAB nur vorläufig gewährt war und eine endgültige Berechnung eine Überzahlung von 4.278,39 Euro ergeben habe, die der Kläger zu erstatten habe.
Mit Schreiben vom 2. März 2003 erhob der Kläger Widerspruch gegen die Bescheide vom 26. Februar 2003. Zur Begründung führte er aus, dass die Überzahlung nicht nachvollziehbar sei, weil seine Mutter in den Jahren nach 1999 weniger verdient habe.
Am 30. Januar 2004 reichte der Kläger den Einkommensteuerbescheid seiner Mutter für das Jahr 2002 (32.302 Euro Einkünfte) ein.
Mit Widerspruchsbescheid vom 2. Juni 2004 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück und verwies erneut auf die Vorläufigkeit der vorherigen Bewilligungen und ihre Berechnungen zum Leistungsanspruch, aus denen sich zu Unrecht erbrachte BAB in Höhe von 4.411,84 Euro ergebe.
Am 16. Juni 2004 hat der Kläger beim Sozialgericht Magdeburg (SG) Klage erhoben. Er sei davon ausgegangen, dass es sich bei den ursprünglichen Bewilligungen um rechtsgültige und richtige Verwaltungsakte gehandelt habe.
Mit Urteil vom 29. Juni 2006 hat das Sozialgericht Magdeburg die Klage abgewiesen und ausgeführt, dass die Bewilligung nur vorläufig erfolgt sei, so dass bei einer endgültig niedrigeren Festsetzung der Leistungen die Überzahlungen von der Beklagten zwingend zurückzufordern seien. Es sei geradezu das Wesen der vorläufigen Bewilligung, dass sich ein schutzwürdiges Vertrauen nicht entwickeln könne.
Gegen das ihm am 18. Juli 2006 zugestellte Urteil hat der Kläger am 8. August 2006 Berufung eingelegt. Die Beklagte habe die ersten Bewilligungen mit den vollständigen Unterlagen seiner Mutter vorgenommen, so dass er sich nicht als Schuldigen sehe. Dies ergebe sich auch aus einem ihm von der Beklagten angebotenen Vergleich.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Magdeburg vom 29. Juli 2006 und die Bescheide der Beklagten vom 26. Februar 2003 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das Urteil des SG auch in der Begründung für zutreffend. Auf ein Verschulden des Klägers komme es nicht an.
Die Beteiligten haben sich im Termin zur Erörterung am 6. August 2009 mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Die Gerichtsakte und die Verwaltungsakte der Beklagten haben vorgelegen und waren Gegenstand der Beratung. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Sachvortrages der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakte ergänzend verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheiden, § 124 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG).
Die Berufung ist zulässig, insbesondere im Sinne des § 151 Abs. 1 SGG fristgerecht eingelegt, erweist sich allerdings als unbegründet. Das SG hat die Klage zutreffend abgewiesen. Die als Anfechtungsklage nach § 54 Abs. 1 S. 1 SGG statthafte Klage ist nicht begründet. Die Bescheide der Beklagten vom 26. Februar 2003 sind nicht im Sinne des § 54 Abs. 1 S. 2 SGG aufzuheben, weil sie sich als rechtmäßig erweisen und den Kläger demnach nicht in seinen Rechten verletzen. Die Beklagte verlangt vom Kläger zu Recht (mindestens) die Erstattung von 4.278,39 Euro. Dabei kann dahinstehen, ob dieses - wie das SG meint - allein auf Grundlage des § 328 Abs. 3 S. 2 des Sozialgesetzbuches Drittes Buch – Arbeitsförderung – (SGB III) zu erfolgen hat oder ob für die Rückforderung – wie die Beklagte im Widerspruchsbescheid ausführt – auch gemäß dem Verweis in § 70 Abs. 2 SGB III die Vorschriften der §§ 24 Abs. 3 S. 4 i.V.m. § 20 Abs. 1 Nr. 4 des Bundesausbildungsförderungsgesetzes (BAföG) heranzuziehen sind. Für die Bewilligung von BAB als einer Geldleistung nach dem SGB III gilt jedenfalls die Vorschrift des § 328 Abs. 1 SGB III (in der Fassung durch Gesetz vom 24. März 1997, BGBl. I S. 594). Nach § 328 Abs. 1 Nr. 3 SGB III kann über die Erbringung von Geldleistungen vorläufig entschieden werden, wenn zur Feststellung der Voraussetzungen des Anspruchs eines Arbeitnehmers auf Geldleistungen voraussichtlich längere Zeit erforderlich ist, die Voraussetzungen für den Anspruch mit hinreichender Wahrscheinlichkeit vorliegen und der Arbeitnehmer die Umstände, die einer sofortigen abschließenden Entscheidung entgegenstehen, nicht zu vertreten hat. Umfang und Grund der Vorläufigkeit sind anzugeben. Für die BAB sind gemäß § 71 Abs. 2 SGB III für die Ermittlung des Einkommens und dessen Anrechnung sowie die Berücksichtigung von Freibeträgen § 11 Abs. 4 BAföG sowie die Vorschriften des Vierten Abschnittes des BAföG anzuwenden. In § 24 Abs. 3 S. 1 BAföG - als eine der Vorschriften des Vierten Abschnitts in der Fassung des Gesetzes vom 22. Mai 1990, BGBl. I S. 936 - ist bestimmt, dass auf besonderen Antrag des Auszubildenden bei der Anrechnung von den Einkommensverhältnissen im Bewilligungszeitraum auszugehen ist, wenn das Einkommen im Bewilligungszeitraum voraussichtlich wesentlich niedriger als in dem nach § 24 Abs. 1 BAföG maßgeblichen Zeitraum (Einkommensverhältnisse im vorletzten Kalenderjahr vor Beginn des Bewilligungszeitraums). Ausbildungsförderung wird dann nach § 24 Abs. 3 S. 4 BAföG unter dem Vorbehalt der Rückforderung geleistet. Sobald sich das Einkommen in dem Bewilligungszeitraum endgültig feststellen lässt, wird über den Antrag abschließend entschieden (§ 24 Abs. 3 S. 5 BAföG). Für diesen Fall bestimmt § 20 Abs. 1 Nr. 4 BAföG, dass insoweit der Bewilligungsbescheid aufzuheben und der Förderungsbetrag zu erstatten ist. Für einen Vorrang der eben genannten Regelungen gegenüber § 328 SGB III zumindest in dem Zeitraum bis zum 8. August 2001 spricht vorliegend, dass die Beklagte die vorgängige endgültige Bewilligung durch Bescheid vom 6. Oktober 2000 durch die vorläufige Bewilligung vom 17. Januar 2001 abgeändert hat. Hierfür war nicht – wie die Beklagte meint – § 48 des Sozialgesetzbuches Zehntes Buch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz (SGB X) heranzuziehen, weil sich die Verhältnisse tatsächlich geändert hätten. Der Kläger hat eine solche Änderung mit seinem Antrag auf Aktualisierung vom 21. November 2000 nur glaubhaft gemacht. Die Aufhebung ergibt sich aus dem mit dem Begehren auf Berücksichtigung der aktuellen Einkommensverhältnisse verbundenen Antrag im Sinne des § 24 Abs. 3 BAföG, der eine eigenständige Änderungsmöglichkeit bietet. Die Bescheide der Beklagten lassen sich im Ergebnis aber sowohl auf § 328 SGB III als auch auf §§ 71 Abs. 2 SGB III i.V.m. 24 Abs. 3 S. 4, 20 Abs. 1 Nr. 4 BAföG stützen. Die Beklagte hat erkennbar nur eine vorläufige Entscheidung treffen wollen, wenn sie nach den ihren Bescheiden beigefügten Anlagen einen "Vorbehalt der Rückforderung" erklärte. Hieraus wird hinreichend klar und deutlich, dass sie an ihre Entscheidungen nur bis zur Vorlage der Nachweise zu den in den Kalenderjahren 2000 und 2001 erzielten Einkünften der Mutter des Klägers gebunden sein wollte. Die fehlenden Unterlagen zur Höhe der Einkünfte waren hinreichende Gründe für eine vorläufige Entscheidung. Sind die Bescheide also vorläufig, muss keine Aufhebung stattfinden. Die für die verwaltungsförmliche Aufhebung und Erstattung geltenden Regelungen der §§ 45 ff. SGB X treten als allgemeine Regelungen für endgültige Verwaltungsakte gegenüber der besonderen Regelung in § 328 SGB III für vorläufige Verwaltungsakte zurück. Vorläufige Verwaltungsakte binden die Beklagte nur so lange, wie keine endgültige Entscheidung ergeht. Die Beklagte kann ihre Neuberechnung unter Einbezug der vorläufigen Zahlungen auf § 328 Abs. 3 S. 1 SGB III stützen, wonach auf Grund der vorläufigen Entscheidung erbrachte Leistungen auf die zustehende Leistung anzurechnen sind. Soweit mit der abschließenden Entscheidung ein Leistungsanspruch nicht oder nur in geringerer Höhe zuerkannt wird, bestimmt § 328 Abs. 3 S. 2 1. Halbsatz SGB III (in der Fassung des Gesetzes vom 16.12.1997, BGBl. I S. 2970), dass auf Grund der vorläufigen Entscheidung erbrachte Leistungen zu erstatten sind. Zudem hat erst der Kläger mit seinem Antrag auf Neuberechnung bzw. Aktualisierung auf der Grundlage von § 24 Abs. 3 BAföG die Ursache für die vorläufig höheren Leistungen gesetzt, so dass gemäß § 24 Abs. 3 S. 4 BAföG eine Vorbehaltsentscheidung zu treffen war. Die Beklagte hat diesen notwendigen Vorbehalt ausweislich der Zusatzerklärungen zu den Bescheiden vom 17. Januar 2001 und 4. Oktober 2001 auch erklärt. Mit Vorlage der Einkommensteuerbescheide für die Jahre 2000 und 2001 ließ sich das Einkommen der Mutter des Klägers, das für die Leistungshöhe der BAB ausschlaggebend ist, im Sinne des § 24 Abs. 3 S. 5 BAföG endgültig feststellen, so dass über den Antrag abschließend entschieden werden musste, § 24 Abs. 3 S. 5 BAföG. Dementsprechend waren gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 4 BAföG die vorbehaltlichen Bewilligungsbescheide aufzuheben und der Förderungsbetrag ist vom Kläger zu erstatten. Diese Regelung stellt wie § 328 SGB III (vgl. BSG, Urteil vom 15. August 2002, B 7 AL 24/01 R, SozR 3-4100 § 147 Nr. 1) eine Besonderheit zu den allgemeinen Regelungen zur Aufhebung und Erstattung nach §§ 45 ff. SGB X dar (vgl. Ramsauer, BAföG, 4. Aufl. 2005, § 20 Rn. 2). Der Einwand des Klägers, er habe die Überzahlung nicht verschuldet, ist unerheblich. Dem klaren Wortlaut des § 328 SGB III als auch des § 20 Abs. 1 Nr. 4 BAföG ist zu entnehmen, dass die Erstattung vom Verschulden eines Beteiligten nicht abhängig ist, d.h. eine vorwerfbare Verursachung der Überzahlung durch den Kläger wird nicht vorausgesetzt und wird hier auch nicht angenommen. Dies ist mit den Prinzipien der Rückforderung öffentlich-rechtlicher Geldleistungen auch vereinbar. Nach den Vorschriften der §§ 45 ff. SGB X und § 328 Abs. 3 SGB III, § 20 Abs. 1 Nr. 4 BAföG ist die Erstattung nicht an das Verschulden an einer Überzahlung geknüpft, sondern beruht auf der Erwägung, dass eine Rückforderung gerechtfertigt sein kann, wenn in die Fortgeltung einer vorherigen Entscheidung kein Vertrauen gesetzt werden konnte. Eine Berücksichtigung von Vertrauensschutzgesichtspunkten ist aber ausgeschlossen. Dies erschließt sich aus der Besonderheit der vorläufigen bzw. vorbehaltlichen Bewilligung, bei der dem Empfänger von Anfang an mitgeteilt wird, dass er aus bestimmten Gründen keine verbindliche, sondern nur eine vorläufige Entscheidung erhält. Da Veränderungen in den zum Vorbehalt berechtigenden Gründen eintreten können, darf insoweit in die Entscheidung kein Vertrauen gesetzt werden. Es wird dann kein Rechtsschein gesetzt, dass die Leistungen behalten werden dürfen (zu § 328 SGB III BSG, Urteil vom 15. August 2002, B 7 AL 24/01 R, SozR 3-4100 § 147 Nr. 1; vgl. zu § 20 Abs. 1 Nr. 4 BAföG BVerwGE 88, 342, 344). Die Beklagte ist auf der Grundlage von § 328 SGB III bzw. § 20 Abs. 1 Nr. 4 BAföG nicht gehalten, bei der Neuberechnung und Festsetzung einer Erstattungsforderung Ermessen auszuüben, denn sie muss die Erstattungsforderung gegen einen überzahlten Leistungsempfänger durchsetzen (vgl. zu § 328 SGB III BSG, Urteil vom 15. August 2002, B 7 AL 24/01; zu § 20 Abs. 1 Nr. 4 BAföG BVerwGE 88, 342, 344). Eine Verwirkung des Erstattungsanspruchs ist nicht eingetreten. Aus dem auch im öffentlichen Recht anwendbaren Gebot des Handelns nach Treu und Glauben (§ 242 des Bürgerlichen Gesetzbuches) kann eine Anspruchsdurchsetzung verwirkt sein, wenn die Behörde ein schützenswertes Vertrauen beim Betroffenen weckt, er müsse mit einer Rückforderung nicht mehr rechnen und dieser daraufhin Dispositionen trifft, die nicht mehr ohne weiteres rückgängig zu machen sind. Es fehlen jedoch jegliche Anhaltspunkte, dass die Beklagte entgegen ihrer schriftlichen Vorbehalte bei dem Kläger berechtigte Erwartungen geweckt hat, dass die Leistungen nicht endgültig nach Vorlage der Einkommensteuererklärungen zurückzufordern sein könnten. Die Bestimmung der Rückforderungssumme durch Beklagte verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der tatsächliche Leistungsanspruch des Klägers auf BAB richtet sich bei Bewilligungszeiträumen, die vor dem 1. August 2001 begonnen haben, gemäß § 76a SGB III nach den auch vom SG herangezogenen Vorschriften des Vierten Abschnitts des BAföG in der bis zum 31. März 2001 geltenden Fassung und im Übrigen nach der bis zum 31. Juli 2001 maßgebenden Fassung der Vorschriften zur Höhe des Förderungsbetrages. Zur Berechnung der Überzahlung des Klägers wird auf die ausführliche Berechnung im Urteil des SG verwiesen, die nach Prüfung des Senats rechtsfehlerfrei eine Überzahlung ergibt, die noch über der von der Beklagten festgesetzten Erstattungssumme liegt. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 193 Abs. 1 und 4 SGG. Die Revision ist nicht zuzulassen. Gründe für die Zulassung im Sinne des § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor. Es handelt sich um eine Einzelfallentscheidung auf gesicherter höchstrichterlicher Rechtsprechung, der keine grundsätzliche Bedeutung beizumessen ist.
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