L 7 SB 23/09 B

Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
7.
1. Instanz
SG Stendal (SAN)
Aktenzeichen
S 6 SB 47/08 P
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 7 SB 23/09 B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
Erfolgversprechende Rechtsverfolgung bei PKH-Prüfung
Der Beschluss des Sozialgerichts Stendal vom 11. Februar 2009 wird aufgehoben. Dem Beschwerdeführer wird für die Durchführung des erstinstanzlichen Verfahrens Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung unter Beiordnung von Rechtsanwältin P. , Stendal, bewilligt.

Gründe:

I. Der Beschwerdeführer wendet sich gegen die Ablehnung von Prozesskostenhilfe wegen fehlender Erfolgsaussicht.

Das Versorgungsamt M. setzte mit bestandskräftigem Bescheid vom 3. November 2006 den Grad der Behinderung (GdB) des Beschwerdeführers wegen einer Herzleistungsminderung bei Durchblutungsstörungen und Bluthochdruck sowie einer Stenteinpflanzung auf 20 v. H. ab dem 31. Juli 2006 fest. Am 30. April 2007 stellte der Beschwerdeführer erneut einen Antrag auf Feststellung von Behinderungen nach dem Neunten Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) und fügte Befundberichte/Entlassungsberichte bei. Mit Bescheid vom 9. Juli 2007 lehnte das Versorgungsamt eine Neufestsetzung ab, da sich der Zustand des Beschwerdeführers nicht wesentlich geändert habe. Hiergegen erhob der Beschwerdeführer am 25. Juli 2007 Widerspruch. In der von seiner Bevollmächtigten gefertigten Widerspruchsbegründung begehrte er nicht nur eine Neufestsetzung des GdB für die Zukunft, sondern auch für die Zeit ab dem 31. Juli 2006. Zur Begründung führte er im Wesentlichen aus, es liege bereits bei alltäglicher leichter Belastung eine Leistungsbeeinträchtigung vor. Er könne Treppen und sonstige alltägliche Höhenunterschiede nur unter großer Anstrengung überwinden und leide dabei unter erheblicher Atemnot. Forsches Gehen (5 - 6 km/h) sei ihm nicht mehr möglich. Selbst beim Spazierengehen (3 - 4 km/h) leide er unter Atemnot. Schwere körperliche Tätigkeiten seien ihm nicht zuträglich. Er könne nur leichte bis mittelschwere Tätigkeiten ausüben. Aus diesem Grunde sei bereits der ursprüngliche Bescheid rechtswidrig und nach § 44 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X) aufzuheben. Mit Widerspruchsbescheid vom 25. Juni 2008 wies das Landesverwaltungsamt den Widerspruch zurück. Es gab an, der Vergleich der jetzt vorliegenden ärztlichen Unterlagen mit den der letzten Feststellung des GdB zugrunde liegenden ärztlichen Unterlagen zeige keine wesentliche Änderung in den gesundheitlichen Verhältnissen. Die Behinderung sei mit einem GdB von 20 nach wie vor zutreffend bewertet. Weitere Gesundheitsstörungen, die einen GdB um mindestens 10 bedingen und somit als Behinderung festzustellen wären, lägen nicht vor. Die Feststellung des GdB erfolge anhand der "Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im Sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht (AHP) 2004/2008". Eine Berücksichtigung von beruflichen Beeinträchtigungen durch die festgestellten Behinderungen sehe das SGB IX nicht vor.

Am 23. Juli 2008 hat der Beschwerdeführer vor dem Sozialgericht Stendal einen Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) sowie eine Klage auf Aufhebung des Bescheides vom 9. Juli 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. Juni 2008 und Neufestsetzung des GdB in Aussicht gestellt. Zur Begründung hat er im Wesentlichen ausgeführt, sein Leistungsvermögen habe sich erheblich verschlechtert. Auch der ursprüngliche Feststellungsbescheid sei nicht korrekt.

Das Sozialgericht Stendal hat Befundberichte von dem Facharzt für Allgemeinmedizin M. und dem Facharzt für Innere Medizin/Kardiologie Dr. S., jeweils vom 18. Dezember 2008, eingeholt.

Mit Beschluss vom 11. Februar 2009 hat das Sozialgericht Stendal den PKH-Antrag des Beschwerdeführers abgelehnt. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Rechtsverfolgung biete keine hinreichende Aussicht auf Erfolg, weil keine erhebliche Verschlechterung des Gesundheitszustandes eingetreten sei. Die im Wege des Urkundsbeweises beigezogenen Befundberichte von M. und Dr. S. stützten den Vortrag des Beschwerdeführers nicht.

Gegen den am 19. März 2009 zugegangenen Beschluss hat der Beschwerdeführer rechtzeitig am 26. März 2009 bei dem Sozialgericht Beschwerde eingelegt.

Er beantragt nach seinem schriftlichen Vorbringen,

den Beschluss des Sozialgerichts Stendal vom 11. Februar 2009 aufzuheben und ihm für das Klageverfahren Prozesskostenkostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwältin Prigge zu bewilligen.

Der Beschwerdegegner hat sich zu der Beschwerde nicht geäußert.

Dem Gericht haben bei der Entscheidung neben den Streitakten S 6 SB 47/08 die Akte der Beschwerdegegnerin - GZ 87 5984 - sowie die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Beschwerdeführers vom 24. Februar 2010 nebst Anlagen vorgelegen.

II. Die gemäß § 172 Abs. 1 des Sozialgesetzes (SGG) statthafte Beschwerde hat Erfolg.

Der Beschwerdeführer hat gemäß § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit § 114 Satz 1 Zivilprozessordnung (ZPO) Anspruch auf PKH.

Die Streitsache bietet hinreichende Aussicht auf Erfolg und ist nicht mutwillig. Der Beschwerdeführer begehrt mit der beabsichtigten Klage nicht nur die Neufeststellung des GdB ab Antragstellung, sondern auch die Überprüfung des Ausgangsbescheides vom 3. November 2006. So hat er den Antrag vom 30. April 2007 nicht auf dem Antragsformular "Neufestsetzung des GdB" gestellt, sondern auf dem Formular "Feststellung von Behinderungen". In seiner Widerspruchsbegründung hat er ausdrücklich die Feststellung eines GdB ab 31. Juli 2006 begehrt und darauf hingewiesen, dass der Ausgangsbescheid rechtswidrig und aufzuheben sei. Im Entwurf der Klageschrift hat er nochmals darauf hingewiesen, dass der ursprüngliche Feststellungsbescheid nicht korrekt sei.

Der Beschwerdegegner hat mit dem Widerspruchsbescheid vom 25. Juni 2008 den Widerspruch des Beschwerdeführers ohne Einschränkung des Antragsbegehrens insgesamt zurückgewiesen. Der Begründung des Bescheides ist nicht eindeutig zu entnehmen, dass nur über den Widerspruch im Neufeststellungsverfahren und nicht auch über das Verfahren nach § 44 SGB X entschieden werden sollte. Insoweit hat das Sozialgericht noch Feststellungen zum Streitgegenstand zu treffen.

Für eine Klage auf Aufhebung des Ausgangsbescheides bestünden hinreichende Erfolgsaussichten. Die "Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im Sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht (AHP) 2004/2008" sehen bei einer Herzkrankheit mit Leistungsbeeinträchtigung bei mittelschwerer Belastung, Beschwerden und Auftreten pathologischer Messdaten bei Ergometerbelastung mit 75 Watt einen GdB zwischen 20 und 40 vor. Der Beschwerdeführer hat eine entsprechende Leistungsbeeinträchtigung bei mittelschwerer Belastung dargelegt. Ob der von ihm begehrte GdB um 30 festzustellen ist, wird möglicherweise nicht allein anhand der Befundberichte zu beurteilen sein.

Der Beschwerdeführer ist auch nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen nicht in der Lage, die Kosten der Prozessführung aus seinem Einkommen oder Vermögen aufzubringen. So verfügt er über kein verwertbares Vermögen oberhalb des Schonvermögens von 2.600 EUR. Sein Einkommen besteht aus Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch und beträgt seit Februar 2010 monatlich 263,41 EUR. Eine Ratenzahlung ist deshalb von ihm nicht zu leisten.

Diese Entscheidung ist gemäß § 177 SGG unanfechtbar.

gez. Fock gez. Dr. Fechner gez. Boldt
Rechtskraft
Aus
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