L 10 KR 32/10 B

Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Magdeburg (SAN)
Aktenzeichen
S 4 KR 56/10
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 10 KR 32/10 B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
Einstweilige Anordnung; Krankengeld
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Prozesskostenhilfe-beschluss des Sozialgerichts Magdeburg vom 17. März 2010 wird zu-rückgewiesen.

Kosten für das Beschwerdeverfahren sind nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Die Antragstellerin wendet sich mit ihrer Beschwerde gegen die Versagung von Prozesskostenhilfe durch das Sozialgericht wegen unzureichender Erfolgsaussichten ihres Antrages auf Erlass einer einstweiligen Regelung.

Die 1957 geborene Antragstellerin begehrt von der Antragsgegnerin die Weitergewährung von Krankengeld (Krg) über den 7. Februar 2010 hinaus. Sie ist seit dem 1. Mai 2009 arbeitslos und bei der Antragsgegnerin gesetzlich krankenversichert. Ab dem 4. Juni 2009 war sie wegen eines Karpaltunnelsyndroms links sowie wegen eines Sulcus-Ulnaris-Syndroms links arbeitsunfähig geschrieben. Ab dem 16. Juli 2009 leistete die Antragsgegnerin Krankengeld gem. § 47b Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V). Eine symptombezogene Untersuchung des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung Sachsen-Anhalt (MDK) am 27. Januar 2010 führte zu der Einschätzung, dass die Antragstellerin körperlich leichte bis mittelschwere Tätigkeiten bei Einschränkungen in Bezug auf ihre linke Hand vollschichtig verrichten könne. Auf Anfrage der Antragsgegnerin bestätigte der behandelnde Hausarzt der Antragstellerin, der bis dahin die Arbeitsunfähigkeiten attestiert hatte, die Feststellung des MDK. Mit Schreiben vom 2. Februar 2010 teilte die Antragsgegnerin der Antragstellerin unter Hinweis auf die MDK-Begutachtung mit, die Krg-Zahlung mit Ablauf des 7. Februar 2010 einzustellen. Den Widerspruch der Antragstellerin wies sie mit Bescheid vom 30. März 2010 zurück. Hiergegen erhob die Antragstellerin beim Sozialgericht Magde-burg Klage (S 7 KR 108/10).

Bereits am 24. Februar 2010 hat die Antragstellerin das Sozialgericht Magdeburg um einstweiligen Rechtsschutz auf vorläufige Weiterzahlung von Krankengeld über den 7. Februar 2010 hinaus bis zur Entscheidung im Widerspruchsverfahren ersucht. Für diese Rechtsverfolgung hat sie die Gewährung von Prozesskostenhilfe beantragt. Auf Grund ihrer Erkrankungen sei sie weiterhin arbeitsunfähig gewesen. Der behandelnde Arzt könne ihr keine weitere Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ausstellen, da ihm dies von der Antragsgegnerin verwehrt werde. Demgegenüber hat die Antragsgegnerin auf die medizinischen Stellungnahmen verwiesen, wonach der Antragstellerin eine Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt mit Einschränkungen in Bezug auf den linken Arm zumutbar sei. Das Sozialgericht hat mit rechtskräftigem Beschluss vom 17. März 2010 den Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz zurückgewiesen und zur Begründung ausgeführt, dass weder ein Anordnungsanspruch noch ein Anordnungsgrund bestünden. Ein Anspruch aus § 46 Abs 1 Satz 1 SGB V sei nicht glaubhaft, also überwiegend wahrscheinlich gemacht worden, da die Antragstellerin keine medizinische Stellungnahme vorgelegt habe, die der vom MDK und ihrem Hausarzt festgestellten Beendigung der Arbeitsunfähigkeit am 7. Februar 2010 entgegenstehe. Am Anordnungsgrund fehle es, da die Antragstellerin eine Entscheidung in der Hauptsache abwarten könne. Neben dem Krankengeld habe sie ergänzende Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) bezogen, die sie nach Wegfall des Krankengeldes in entsprechend höherem Umfang beanspruchen könne. Auch sei die Antragstellerin weiterhin krankenversichert. Sofern Ansprüche auf Arbeitslosengeld nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) bestünden, könne sie sich entsprechend ihrem vom MDK festgestellten Leistungsbild der Arbeitsvermittlung zur Verfügung stellen. Ein Nachteil, der durch eine Regelung im einstweiligen Rechtsschutzverfahren abgewendet werden könne, folge daraus nicht.

Mit Beschluss vom gleichen Tage hat das Sozialgericht den Prozesskostenhilfeantrag der Antragstellerin mangels hinreichender Erfolgsaussichten abgelehnt und zur Begründung auf den Beschluss im einstweiligen Verfahren verwiesen.

Gegen den der Antragstellerin am 17. März 2010 zugestellten Prozesskostenhilfebeschluss hat diese am 8. April 2010 Beschwerde eingelegt und zur Begründung ausgeführt, das Sozialgericht habe zu Unrecht den Erfolg des Rechtsbegehrens als unwahrscheinlich eingeschätzt. Das Gericht hätte Stellungnahmen eines Sachverständigen oder des behandelnden Hausarztes einholen müssen. Ein Abwarten des Hauptverfahrens sei ihr nicht zumutbar gewesen, da dies "möglicherweise den zeitlichen Anspruch auf Arbeitslosengeld nachhaltig irreversibel belasten würde."

II. 1. Die gem. § 127 Abs 2 Sätze 2 und 3 Zivilprozessordnung (ZPO) form- und fristgerecht eingelegte und gem. § 172 Abs 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte, insbesondere nicht gem. § 172 Abs 3 Nr 2 SGG ausgeschlossene Beschwerde ist zulässig.

2. Die Beschwerde hat in der Sache jedoch keinen Erfolg. Das Sozialgericht hat mit zutreffenden Gründen die Bewilligung von Prozesskostenhilfe versagt, weil für das Begehren der Antragstellerin im einstweiligen Rechtsschutzverfahren hinreichende Erfolgsaussichten iSv § 114 ZPO nicht bestanden.

Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts sind die Erfolgsaussichten im Sinne dieser Norm als hinreichend einzuschätzen, wenn der Erfolg zwar nicht gewiss, eine Erfolgschance jedoch nicht unwahrscheinlich ist (BVerfG 13. März 1990 – 2 BvR 94/88, BVerfGE 81, 347, ständige Rechtsprechung). Für das Begehren der Antragstellerin bestanden keinerlei Erfolgsaussichten. Es bestehen bereits Bedenken, ob im Hinblick auf den im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes bestehenden engen Zeitrahmen der Amtsermittlungsgrundsatz weitere Ermittlungen in Bezug auf den Anordnungsanspruch geboten hat. Sowohl der MDK als auch der Hausarzt der Antragstellerin haben ihre Arbeitsfähigkeit ab dem 8. Februar 2010 bestätigt. Gegenteilige Stellungnahmen für diesen Zeitraum sind nicht ersichtlich und finden sich insbesondere nicht in den von der Antragstellerin vorgelegten Unterlagen.

Die Frage weiterer Ermittlungen bedarf jedoch keiner Vertiefung. Denn jedenfalls fehlte es an einem Anordnungsgrund, wie das Sozialgericht zutreffend erkannt hat. Die Antragstellerin war insbesondere wirtschaftlich abgesichert durch die Leistung von Arbeitslosengeld II. Auch der Umstand, dass sie Anspruch auf Arbeitslosengeld nach dem SGB III hatte, lässt ein Bedürfnis für eine gerichtliche Regelungsanordnung nicht erkennen. Der Antragstellerin drohte ohne eine gerichtliche Regelung weder ein wesentlicher noch überhaupt ein Nachteil. Sie kann ihre Ansprüche auf Arbeitslosengeld wahren, indem sie sich im Rahmen ihrer verbliebenen Leistungsfähigkeit der Arbeitsvermittlung zur Verfügung stellt. Zugleich kann sie ihren Rechtsanspruch auf Zahlung von Krankengeld im Hauptverfahren wahren. Die Aussicht auf das gem. § 142 Abs 1 Nr 2 SGB III vorrangige Krankengeld bleibt damit erhalten. Sie hängt vom Bestehen der Voraussetzungen für die Leistung von Krankengeld gem. §§ 44, 47b SGB V ab. Der Anspruch auf Krankengeld ruht auch nicht wegen des Bezugs von Arbeitslosengeld. Die Vorschrift des § 49 Abs 1 Nr 2 SGB V, die ein solches Ruhen anordnet, bezieht sich nach ständiger Rechtsprechung des Bundessozialgerichts nur auf die Leistung im Krankheitsfall von sechs Wochen gem. § 126 Abs 1 Satz 1 SGB III (vgl. BSG vom 03. Juni 2004 – B 11 Al 55/03 R, SozR 4-4300 § 125 Nr 1). Nach alledem ist nicht ersichtlich, warum die Antragstellerin meint, dass ein "Abwarten möglicherweise den zeitlichen Anspruch auf Zahlung von Arbeitslosengeld nachhaltig irreversibel belasten würde".

Im Übrigen wird auf die zutreffenden Ausführungen des Sozialgerichts in dem Beschluss zum Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz Bezug genommen.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 127 Abs 4 ZPO.

Diese Entscheidung ist unanfechtbar (§ 177 SGG).

gez. Quecke gez. Dr. Ulmer gez. Dr. Waßer
Rechtskraft
Aus
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