Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Magdeburg (SAN)
Aktenzeichen
S 10 R 154/09
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 1 R 225/09
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
SGG § 105, Gerichtsbescheid, fehlende Voraussetzungen. Zurückverweisung
Der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Magdeburg vom 15. Juni 2009 wird aufgehoben und der Rechtsstreit an das Sozialgericht Magdeburg zurückverwiesen. Die Entscheidung über die Kosten bleibt dem Sozialgericht vorbehalten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte in ihrer Eigenschaft als Zusatzversorgungsträger Zeiten der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz (AVItech) und das in dieser Zeit erzielte Entgelt festzustellen hat.
Der 1948 geborene Kläger erhielt ausweislich der Urkunde der Ingenieurschule für Maschinenbau W. vom Juli 1974 das Recht, die Berufsbezeichnung Ingenieur zu führen. Vom 1. September 1974 bis über den 30. Juni 1990 hinaus arbeitete er als Ingenieur beim VEB Waggonbau A. bzw. dessen Rechtsnachfolger. Mit Wirkung ab dem 1. Januar 1982 zahlte er Beiträge zur Freiwilligen Zusatzrentenversicherung. Eine schriftliche Versorgungszusage erhielt er während des Bestehens der DDR nicht.
Mit Bescheid vom 13. Oktober 2008 lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers vom 27. August 2008 auf Feststellung von Zeiten der Zugehörigkeit zur AVItech mit der Begründung ab, der VEB Waggonbau A. sei am 30. Juni 1990 nur noch eine leere Hülle gewesen, weil die wirtschaftliche Tätigkeit zugunsten und für Rechnung der Nachfolge-Kapitalgesellschaft verrichtet worden sei. Die betrieblichen Voraussetzungen für eine Einbeziehung in die AVItech lägen daher nicht vor. Den dagegen am 22. Oktober 2008 ohne Begründung eingelegten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 23. Februar 2009 zurück.
Dagegen hat der Kläger am 5. März 2009 Klage beim Sozialgericht Magdeburg (SG) erhoben und zur Begründung ausgeführt, die Nachfolge-GmbH sei erst nach dem 30. Juni 1990 in das Handelsregister eingetragen worden. Erst ab diesem Zeitpunkt sei sie Rechtsnachfolgerin des VEB Waggonbau A. gewesen.
Mit Datum vom 8. Mai 2009 hat das SG den Kläger mit folgendem Wortlaut angeschrieben: "Nach vorläufiger Sach- und Rechtslage sind die von Ihnen angefochtenen Bescheide im Ergebnis nicht zu beanstanden. Wir nehmen insoweit Bezug auf das Urteil des Landessozialgerichtes Sachsen-Anhalt vom 19.03.2009, Az.: L 1 R 91/06. Sollten Sie Ihre Klage dennoch aufrecht erhalten, sehen wir eine Entscheidung durch Gerichtsbescheid vor. Für eine entsprechende Stellungnahme setzen wir Ihnen eine Frist von 3 Wochen." Eine Abschrift dieses Schreibens hat das SG zur Kenntnisnahme an die Beklagte gesandt. Sodann hat es mit Gerichtsbescheid vom 15. Juni 2009 die Klage abgewiesen. Es hat zur Begründung unter anderem auf das Urteil des Landessozialgerichts (LSG) Sachsen-Anhalt vom 19. März 2009 – L 1 R 91/06 – verwiesen, in dem das LSG der Rechtsprechung des früheren 4. Senats des Bundessozialgerichts (BSG) zur fiktiven Einbeziehung in ein Zusatzversorgungssystem ausdrücklich nicht folgt. Infolgedessen komme es nicht darauf an, ob der Kläger am 30. Juni 1990 in einem volkseigenen Produktionsbetrieb im Sinne der AVItech tätig gewesen sei, so das SG.
Gegen den ihm am 17. Juni 2009 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 16. Juli 2009 Berufung eingelegt und vorgetragen, die Auffassung des SG wie auch die des LSG Sachsen-Anhalt stehe im Widerspruch zur einschlägigen Rechtsprechung des BSG.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Magdeburg vom 15. Juni 2009 und den Bescheid der Beklagten vom 13. Oktober 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. Februar 2009 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, den Zeitraum vom 26. Juli 1974 bis zum 30. Juni 1990 als Zeit der Zugehörigkeit zur AVItech mit den entsprechenden Entgelten festzustellen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Kläger und die Beklagte haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Verfahrens sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichts- und Verwaltungsakten Bezug genommen. Diese haben bei der Beratung des Senats vorgelegen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist im Sinne einer Zurückverweisung begründet. Hierüber konnte der Senat gemäß § 153 Abs. 1, § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne mündliche Verhandlung entscheiden, weil sich die Beteiligten damit einverstanden erklärt haben.
Der Gerichtsbescheid des SG vom 15. Juni 2009 war aufzuheben und der Rechtsstreit an das SG zurückzuverweisen. Nach § 159 Abs. 1 Nr. 2 SGG kann das LSG durch Urteil die angefochtene Entscheidung aufheben und die Sache an das SG zurückverweisen, wenn das Verfahren an einem wesentlichen Mangel leidet. Ein Verfahrensmangel im Sinne dieser Norm ist gegeben, wenn ein Verstoß gegen eine das Gerichtsverfahren regelnde Vorschrift vorliegt. Wesentlich ist dieser Verfahrensmangel, wenn die Entscheidung des SG darauf beruhen kann (Keller in Meyer-Ladewig/Keller/ Leitherer, SGG, 9. Aufl. § 159 Rdnr. 3, 3 a m. w. N.). Die Entscheidung des SG leidet an mehreren wesentlichen Verfahrensmängeln.
Das SG hat verfahrensfehlerhaft durch den Kammervorsitzenden als Einzelrichter mittels Gerichtsbescheid ohne Mitwirkung der ehrenamtlichen Richter (§ 12 Abs. 1 Satz 2 Regelung 2 SGG) entschieden, obwohl die Voraussetzungen des § 105 Abs. 1 Satz 1 SGG nicht vorlagen. Dadurch hat es dem Kläger seinen gesetzlichen Richter i.S. des Art. 101 Abs. 1 Satz 2 Grundgesetz (GG) entzogen, nämlich der Kammer in voller Besetzung (§ 12 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 125 SGG). Die vom Gesetz bestimmte Mitwirkung ehrenamtlicher Richter ist ein tragender Grundsatz des sozialgerichtlichen Verfahrens, der in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen zu beachten ist (BSG, Urteil vom 16. März 2006 – B 4 RA 59/04 R –, SozR 4–1500 § 105 Nr. 1). Nach § 105 Abs. 1 Satz 1 SGG ist der Erlass eines Gerichtsbescheides nur dann möglich, wenn die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist. Bei der Frage, ob ein schwieriger Fall vorliegt, steht dem SG ein Beurteilungsspielraum zu (BSG, a.a.O.; Pawlak in Hennig, SGG, § 105 Rdnr. 40). Das LSG kann im Allgemeinen nur prüfen, ob die Grenzen dieses Spielraums überschritten sind. Zu den Voraussetzungen für eine Entscheidung durch Gerichtsbescheid enthält die angefochtene Entscheidung keinerlei Ausführungen. Es ist dem Gerichtsbescheid nicht einmal andeutungsweise zu entnehmen, ob sich die Kammer der Voraussetzungen für eine Entscheidung mittels Gerichtsbescheid überhaupt bewusst gewesen ist. Dies wiegt umso schwerer, als das SG sogar bewusst von der ihm bekannten Rechtsprechung des BSG abgewichen ist, wonach eine fiktive Einbeziehung in die AVItech möglich ist. Zwar ist das SG nicht an die höchstrichterliche Rechtsprechung gebunden. Allerdings liegt bei einem Abweichen von der Rechtsprechung des BSG eine besondere Schwierigkeit rechtlicher Art vor, die eine Entscheidung durch Gerichtsbescheid unzulässig macht. Dieser Besetzungsmangel ist auch wesentlich, weil nicht ausgeschlossen werden kann, dass die Kammer in ihrer gesetzlich vorgeschriebenen Besetzung zu einer anderen Entscheidung gekommen wäre.
Zudem ist eine Entscheidung durch Gerichtsbescheid nur zulässig, wenn die Beteiligten zuvor gemäß § 105 Abs. 1 Satz 2 SGG ordnungsgemäß angehört worden sind. Dies gewährleistet der Grundsatz des rechtlichen Gehörs (§ 62 SGG; Art. 103 Abs. 1 GG).
Die hier vorgenommene Anhörung ist verfahrensfehlerhaft. Denn sie muss klarstellen, dass das Gericht im konkreten Fall vom Vorliegen der Voraussetzungen des § 105 Abs. 1 SGG ausgeht und eine mündliche Verhandlung nicht beabsichtigt ist. Das an den Kläger gerichtete Schreiben vom 8. Mai 2009 erwähnt weder die Vorschrift des § 105 SGG noch bezeichnet es deren Voraussetzungen. Darüber hinaus hat die Beklagte lediglich eine Abschrift dieses Schreibens zur Kenntnisnahme erhalten. Dabei hätte auch die Beklagte zu der Absicht, durch Gerichtsbescheid zu entscheiden, angehört werden müssen.
Im Rahmen seines nach § 159 SGG auszuübenden Ermessens hat der Senat das Interesse des Klägers an einer möglichst zeitnahen Erledigung des Rechtsstreits einerseits mit den Nachteilen durch den Verlust einer Tatsacheninstanz andererseits miteinander abgewogen. Angesichts der erheblichen Mängel des sozialgerichtlichen Verfahrens hat sich der Senat für eine Zurückverweisung entschieden.
Das SG wird auch über die Kosten zu entscheiden haben.
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 SGG bestehen nicht.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte in ihrer Eigenschaft als Zusatzversorgungsträger Zeiten der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz (AVItech) und das in dieser Zeit erzielte Entgelt festzustellen hat.
Der 1948 geborene Kläger erhielt ausweislich der Urkunde der Ingenieurschule für Maschinenbau W. vom Juli 1974 das Recht, die Berufsbezeichnung Ingenieur zu führen. Vom 1. September 1974 bis über den 30. Juni 1990 hinaus arbeitete er als Ingenieur beim VEB Waggonbau A. bzw. dessen Rechtsnachfolger. Mit Wirkung ab dem 1. Januar 1982 zahlte er Beiträge zur Freiwilligen Zusatzrentenversicherung. Eine schriftliche Versorgungszusage erhielt er während des Bestehens der DDR nicht.
Mit Bescheid vom 13. Oktober 2008 lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers vom 27. August 2008 auf Feststellung von Zeiten der Zugehörigkeit zur AVItech mit der Begründung ab, der VEB Waggonbau A. sei am 30. Juni 1990 nur noch eine leere Hülle gewesen, weil die wirtschaftliche Tätigkeit zugunsten und für Rechnung der Nachfolge-Kapitalgesellschaft verrichtet worden sei. Die betrieblichen Voraussetzungen für eine Einbeziehung in die AVItech lägen daher nicht vor. Den dagegen am 22. Oktober 2008 ohne Begründung eingelegten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 23. Februar 2009 zurück.
Dagegen hat der Kläger am 5. März 2009 Klage beim Sozialgericht Magdeburg (SG) erhoben und zur Begründung ausgeführt, die Nachfolge-GmbH sei erst nach dem 30. Juni 1990 in das Handelsregister eingetragen worden. Erst ab diesem Zeitpunkt sei sie Rechtsnachfolgerin des VEB Waggonbau A. gewesen.
Mit Datum vom 8. Mai 2009 hat das SG den Kläger mit folgendem Wortlaut angeschrieben: "Nach vorläufiger Sach- und Rechtslage sind die von Ihnen angefochtenen Bescheide im Ergebnis nicht zu beanstanden. Wir nehmen insoweit Bezug auf das Urteil des Landessozialgerichtes Sachsen-Anhalt vom 19.03.2009, Az.: L 1 R 91/06. Sollten Sie Ihre Klage dennoch aufrecht erhalten, sehen wir eine Entscheidung durch Gerichtsbescheid vor. Für eine entsprechende Stellungnahme setzen wir Ihnen eine Frist von 3 Wochen." Eine Abschrift dieses Schreibens hat das SG zur Kenntnisnahme an die Beklagte gesandt. Sodann hat es mit Gerichtsbescheid vom 15. Juni 2009 die Klage abgewiesen. Es hat zur Begründung unter anderem auf das Urteil des Landessozialgerichts (LSG) Sachsen-Anhalt vom 19. März 2009 – L 1 R 91/06 – verwiesen, in dem das LSG der Rechtsprechung des früheren 4. Senats des Bundessozialgerichts (BSG) zur fiktiven Einbeziehung in ein Zusatzversorgungssystem ausdrücklich nicht folgt. Infolgedessen komme es nicht darauf an, ob der Kläger am 30. Juni 1990 in einem volkseigenen Produktionsbetrieb im Sinne der AVItech tätig gewesen sei, so das SG.
Gegen den ihm am 17. Juni 2009 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 16. Juli 2009 Berufung eingelegt und vorgetragen, die Auffassung des SG wie auch die des LSG Sachsen-Anhalt stehe im Widerspruch zur einschlägigen Rechtsprechung des BSG.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Magdeburg vom 15. Juni 2009 und den Bescheid der Beklagten vom 13. Oktober 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. Februar 2009 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, den Zeitraum vom 26. Juli 1974 bis zum 30. Juni 1990 als Zeit der Zugehörigkeit zur AVItech mit den entsprechenden Entgelten festzustellen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Kläger und die Beklagte haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Verfahrens sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichts- und Verwaltungsakten Bezug genommen. Diese haben bei der Beratung des Senats vorgelegen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist im Sinne einer Zurückverweisung begründet. Hierüber konnte der Senat gemäß § 153 Abs. 1, § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne mündliche Verhandlung entscheiden, weil sich die Beteiligten damit einverstanden erklärt haben.
Der Gerichtsbescheid des SG vom 15. Juni 2009 war aufzuheben und der Rechtsstreit an das SG zurückzuverweisen. Nach § 159 Abs. 1 Nr. 2 SGG kann das LSG durch Urteil die angefochtene Entscheidung aufheben und die Sache an das SG zurückverweisen, wenn das Verfahren an einem wesentlichen Mangel leidet. Ein Verfahrensmangel im Sinne dieser Norm ist gegeben, wenn ein Verstoß gegen eine das Gerichtsverfahren regelnde Vorschrift vorliegt. Wesentlich ist dieser Verfahrensmangel, wenn die Entscheidung des SG darauf beruhen kann (Keller in Meyer-Ladewig/Keller/ Leitherer, SGG, 9. Aufl. § 159 Rdnr. 3, 3 a m. w. N.). Die Entscheidung des SG leidet an mehreren wesentlichen Verfahrensmängeln.
Das SG hat verfahrensfehlerhaft durch den Kammervorsitzenden als Einzelrichter mittels Gerichtsbescheid ohne Mitwirkung der ehrenamtlichen Richter (§ 12 Abs. 1 Satz 2 Regelung 2 SGG) entschieden, obwohl die Voraussetzungen des § 105 Abs. 1 Satz 1 SGG nicht vorlagen. Dadurch hat es dem Kläger seinen gesetzlichen Richter i.S. des Art. 101 Abs. 1 Satz 2 Grundgesetz (GG) entzogen, nämlich der Kammer in voller Besetzung (§ 12 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 125 SGG). Die vom Gesetz bestimmte Mitwirkung ehrenamtlicher Richter ist ein tragender Grundsatz des sozialgerichtlichen Verfahrens, der in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen zu beachten ist (BSG, Urteil vom 16. März 2006 – B 4 RA 59/04 R –, SozR 4–1500 § 105 Nr. 1). Nach § 105 Abs. 1 Satz 1 SGG ist der Erlass eines Gerichtsbescheides nur dann möglich, wenn die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist. Bei der Frage, ob ein schwieriger Fall vorliegt, steht dem SG ein Beurteilungsspielraum zu (BSG, a.a.O.; Pawlak in Hennig, SGG, § 105 Rdnr. 40). Das LSG kann im Allgemeinen nur prüfen, ob die Grenzen dieses Spielraums überschritten sind. Zu den Voraussetzungen für eine Entscheidung durch Gerichtsbescheid enthält die angefochtene Entscheidung keinerlei Ausführungen. Es ist dem Gerichtsbescheid nicht einmal andeutungsweise zu entnehmen, ob sich die Kammer der Voraussetzungen für eine Entscheidung mittels Gerichtsbescheid überhaupt bewusst gewesen ist. Dies wiegt umso schwerer, als das SG sogar bewusst von der ihm bekannten Rechtsprechung des BSG abgewichen ist, wonach eine fiktive Einbeziehung in die AVItech möglich ist. Zwar ist das SG nicht an die höchstrichterliche Rechtsprechung gebunden. Allerdings liegt bei einem Abweichen von der Rechtsprechung des BSG eine besondere Schwierigkeit rechtlicher Art vor, die eine Entscheidung durch Gerichtsbescheid unzulässig macht. Dieser Besetzungsmangel ist auch wesentlich, weil nicht ausgeschlossen werden kann, dass die Kammer in ihrer gesetzlich vorgeschriebenen Besetzung zu einer anderen Entscheidung gekommen wäre.
Zudem ist eine Entscheidung durch Gerichtsbescheid nur zulässig, wenn die Beteiligten zuvor gemäß § 105 Abs. 1 Satz 2 SGG ordnungsgemäß angehört worden sind. Dies gewährleistet der Grundsatz des rechtlichen Gehörs (§ 62 SGG; Art. 103 Abs. 1 GG).
Die hier vorgenommene Anhörung ist verfahrensfehlerhaft. Denn sie muss klarstellen, dass das Gericht im konkreten Fall vom Vorliegen der Voraussetzungen des § 105 Abs. 1 SGG ausgeht und eine mündliche Verhandlung nicht beabsichtigt ist. Das an den Kläger gerichtete Schreiben vom 8. Mai 2009 erwähnt weder die Vorschrift des § 105 SGG noch bezeichnet es deren Voraussetzungen. Darüber hinaus hat die Beklagte lediglich eine Abschrift dieses Schreibens zur Kenntnisnahme erhalten. Dabei hätte auch die Beklagte zu der Absicht, durch Gerichtsbescheid zu entscheiden, angehört werden müssen.
Im Rahmen seines nach § 159 SGG auszuübenden Ermessens hat der Senat das Interesse des Klägers an einer möglichst zeitnahen Erledigung des Rechtsstreits einerseits mit den Nachteilen durch den Verlust einer Tatsacheninstanz andererseits miteinander abgewogen. Angesichts der erheblichen Mängel des sozialgerichtlichen Verfahrens hat sich der Senat für eine Zurückverweisung entschieden.
Das SG wird auch über die Kosten zu entscheiden haben.
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 SGG bestehen nicht.
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