L 8 SO 12/09 NZB

Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
8
1. Instanz
SG Magdeburg (SAN)
Aktenzeichen
S 19 SO 39/06
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 8 SO 12/09 NZB
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
Nichtzulassungsbeschwerde - rechtliches Gehör - Überraschungsentscheidung
Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Magdeburg vom 17. März 2009 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren wird abgelehnt.

Gründe:

I.
Der Kläger und Beschwerdeführer begehrt die Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Magdeburg (SG) vom 17. März 2009 und die Durchführung des Berufungsverfahrens. In der Sache geht es ihm um die Aufhebung eines Aufhebungs- und Erstattungsbescheids.

Der im Jahr 1977 im Irak geborene Kläger stand bei dem Beklagten im Bezug von laufenden Leistungen der Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Bundessozialhilfegesetz (BSHG). Nach Antragstellung am 4. August 2003 erhielt er für August 2003 anteilige Regelleistungen. Auch für die Folgemonate kamen Regelleistungen zur Auszahlung. Nach Anmietung einer Wohnung im November 2003 wurden auch Leistungen für die Kosten der Unterkunft bewilligt. Nach dem Umzug des Klägers nach Magdeburg stellte der Beklagte die Sozialhilfeleistungen zum 30. Juni 2004 ein.

Bereits am 18. August 2003 sprach der Kläger ausweislich eines Aktenvermerks beim Sozialamt der Stadt Helmstedt vor und teilte mit, dass er zum 25. August 2003 in Köln ein Probearbeitsverhältnis bei einer Wäscherei beginnen wolle und dazu seinen Sozialversicherungsausweis benötige, der ihm daraufhin ausgehändigt wurde. Adresse und Arbeitgeber werde er schriftlich mitteilen. Am 1. September 2003 gab der Kläger bei einer weiteren Vorsprache an, zur Arbeitsaufnahme sei es noch nicht gekommen.

Mit Schreiben vom 6. Juni 2005 teilte das Finanzamt Helmstedt dem Sozialamt der Stadt Helmstedt im Wege der Amtshilfe mit, nach den dort vorliegenden Unterlagen sei dem Kläger im Zeitraum ab August 2003 Arbeitslohn von der Firma R. GmbH, S. , gezahlt worden. Es handle sich um einen Gesamtbetrag iHv 2.703,75 EUR, der sich aus Teilbeträgen iHv 1.541,25 EUR für die Zeit vom 12. bis zum 28. August 2003, 540,00 EUR für die Zeit vom 2. bis zum 7. September 2003 und 622,50 EUR für die Zeit vom 6. bis zum 12. Oktober 2003 zusammensetze.

Mit Schreiben vom 18. August 2005 hörte der Beklagte den Kläger zur beabsichtigten Rücknahme der Bewilligungsbescheide gemäß § 45 Abs. 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz – (SGB X) an.

Mit Bescheid vom 12. September 2005 hob der Beklagte die Bewilligungen für den Zeitraum vom 1. August bis zum 31. Oktober 2003 auf und forderte zu Unrecht gewährte Sozialhilfe iHv insgesamt 688,06 EUR zurück.

Im dagegen fristgerecht eingelegten Widerspruch führte der Kläger aus, er kenne keine Firma ". GmbH, S. ", habe nicht für diese gearbeitet und auch keinen Arbeitsvertrag mit ihr abgeschlossen. Als Beleg dafür, dass er kein Gehalt von der Firma bezogen habe, legte er Kontoauszüge seines Girokontos für den Zeitraum August bis Oktober 2003 vor.

Auf Anforderung übersandte das Finanzamt dem Beklagten am 28. Oktober 2005 Kopien der Prüfungsmitteilung der Finanzbehörden und der klägerbezogene Auswertungen der Stundenaufzeichnungen.

Mit Widerspruchsbescheid vom 9. Februar 2006 hob der Beklagte den angegriffenen Bescheid insoweit auf, als ein über 613,06 EUR hinausgehender Betrag zurückgefordert worden war, und wies den Widerspruch im Übrigen als unbegründet zurück.

Im Klageverfahren beim SG hat der Kläger sein Vorbringen wiederholt und ergänzend erklärt, er habe versucht, die Firma zu erreichen, um den Vorfall aufzuklären. Diese sei jedoch nicht mehr existent. Er gehe davon aus, dass ein unbekannter Dritter unter Verwendung seines Namens dort gearbeitet habe. Die Beklagte habe den Sachverhalt nicht aufgeklärt und sich allein auf die Angaben des Finanzamts verlassen. Der Insolvenzverwalter für das Vermögen der Firma R. GmbH habe mitgeteilt, ihm sei aus den vorliegenden, unvollständigen Unterlagen keine Beschäftigung des Klägers in der Firma bekannt. Die Arbeitnehmerunterlagen seien zum Teil vom Finanzamt für Fahndungen in Strafsachen Braunschweig beschlagnahmt worden.

Das SG hat durch Nachfragen beim ehemaligen Geschäftsführer der R. Bau GmbH, ihrem Insolvenzverwalter und den Steuerbehörden versucht, den Sachverhalt weiter aufzuklären, jedoch keine weiteren Informationen zu einer Beschäftigung des Klägers in der Firma erhalten.

In der öffentlichen Sitzung vom 17. März 2009 hat das SG mit den Beteiligten die Sach- und Rechtslage und insbesondere die Ergebnisse der Ermittlungsversuche erörtert. Weiterhin sind die dem Beklagten vom Finanzamt Helmstedt übermittelten Unterlagen zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht und dem Prozessbevollmächtigten des Klägers Einsicht gewährt worden. Ausweislich des Protokolls sind auch die Aushändigung des Sozialversicherungsausweises an den Kläger, die bekundete Absicht der Arbeitsaufnahme in Köln und der Umstand, dass sich die Stundenzettel auf das Bauvorhaben "E. , in Köln" bezogen haben, besprochen worden.

Mit Urteil vom 17. März 2009 hat das SG die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, die Voraussetzungen für eine auf § 45 Abs. 1 und 2 Ziff. 3 SGB X gestützte Rücknahme lägen vor. Es stehe zur Überzeugung der Kammer fest, dass der Kläger das Einkommen iHv 2.703,75 EUR erzielt und dem Beklagten gegenüber nicht angegeben habe. Die Kammer sei davon überzeugt, dass er im Zeitraum von August bis Oktober 2003 bei der später insolventen Firma R. GmbH an einem Bauvorhaben in Köln gearbeitet habe. Die Erklärung, ein anderer müsse unter seinem Namen tätig geworden sein, sei als Schutzbehauptung zu werten. Der Umstand, dass sich der Kläger am 18. August 2003 seinen Sozialversicherungsausweis habe aushändigen lassen, um eine Arbeit in Köln aufzunehmen, spreche dafür, dass er tatsächlich dort gearbeitet habe. Der Kläger habe nicht angezeigt, dass der Sozialversicherungsausweis abhanden gekommen sei, und er habe ihn auch nicht an den Beklagten zurückgegeben. Die einzige schlüssige und die Kammer überzeugende Variante sei, dass er entgegen seiner Behauptung auf der Baustelle in Köln tätig geworden sei. Auf Vertrauensschutz könne er sich nicht berufen. Das SG hat die Berufung nicht zugelassen

Gegen das ihm am 1. April 2009 zugestellte Urteil hat der Kläger am 4. Mai 2009 Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Berufung eingelegt und die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren beantragt. Das Urteil beruhe auf einem Verfahrensmangel iSv § 144 Abs. 2 Nr. 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Sein Recht auf rechtliches Gehör sei verletzt; das Urteil sei eine Überraschungsentscheidung. Streitentscheidend sei gewesen, ob er im Jahr 2003 bei der Firma R. GmbH gearbeitet und daraus Arbeitseinkünfte erzielt habe. Dies habe er bestritten; weitere Ermittlungen des SG seien ergebnislos geblieben. Auf der Grundlage der Informationen aus der Verwaltungsakte (Absicht der Arbeitsaufnahme in Köln; Verwendung der Sozialversicherungsnummer des Klägers auf den Stundenzetteln) habe das SG im Urteil den überraschenden Schluss gezogen, der Nachweis der Erzielung des Einkommens durch den Kläger sei erbracht. Die Unterlagen befänden sich seit drei Jahren in den Akten. Das SG hätte dem Kläger einen rechtlichen Hinweis erteilen müssen, wenn es für seine Überzeugungsbildung ausreiche, dass für eine beabsichtigte Arbeitsaufnahme und eine bestrittene Tätigkeit dieselbe Millionenstadt benannt werde, und dass die Sozialversicherungsnummer des Klägers verwendet worden sei. Ihm hätte Gelegenheit zum weiteren Vortrag eingeräumt werden müssen. Es sei für ihn nicht ersichtlich gewesen, dass seine Bewerbung in einer Wäscherei von Relevanz sein könne. Dasselbe gelte für die Aushändigung des Sozialversicherungsausweises und dessen Verbleib. Es sei fernliegend, aus diesen Umständen auf die Erzielung von Einkommen zu schließen.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Magdeburg vom 17. März 2009 zuzulassen und das Berufungsverfahren durchzuführen und ihm Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren zu bewilligen.

Der Beklagte beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Der Anspruch des Klägers auf rechtliches Gehör aus Art. 103 Abs. 1 Grundgesetz (GG) sei nicht verletzt. Eine unzulässige sog. Überraschungsentscheidung liege vor, wenn das Gericht seine Entscheidung auf einen bis dahin nicht erörterten rechtlichen oder tatsächlichen Gesichtspunkt stütze und damit dem Rechtsstreit eine Wendung gebe, mit der auch ein kundiger Prozessbevollmächtigter selbst unter Berücksichtigung vertretbarer Rechtsauffassungen nach dem bisherigen Verlauf des Verfahrens nicht rechnen musste. Indes seien die Unterlagen, auf die das Gericht seine Entscheidung gestützt habe, Gegenstand der Verhandlung gewesen. Der Kläger habe hinreichend Gelegenheit gehabt, sich dazu zu äußern. Außerdem habe sein Prozessbevollmächtigter bereits im Februar 2006 Akteneinsicht genommen, so dass ihm die Unterlagen bereits seit diesem Zeitpunkt bekannt gewesen seien. Schließlich habe der Kläger nicht dargelegt, welche Tatsachen er noch habe vortragen wollen. Das Fehlschlagen weiterer Ermittlungen führe nicht dazu, dass sich ein Prozessbevollmächtigter darauf verlassen könne, dass die vorliegenden Unterlagen zur entsprechenden Überzeugungsbildung nicht ausreichten.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten ergänzend Bezug genommen. Sie waren Gegenstand der Beratung des Senats.

II.
Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Berufung ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht gemäß § 145 Abs. 1 SGG eingelegt worden. Die Beschwerde ist jedoch nicht begründet. Das SG hat die Berufung gegen das Urteil vom 17. März 2009 zu Recht nicht zugelassen.

Gemäß § 144 Abs. 1 SGG in der seit dem 1. April 2008 geltenden Fassung bedarf die Berufung der Zulassung in einem Urteil des SG, wenn der Wert des Streitgegenstandes bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750,00 EUR nicht übersteigt. Der Beschwerdewert beläuft sich hier auf 613,06 EUR; das ist der mit den angegriffenen Bescheiden vom Kläger zurückgeforderte Betrag. Damit ist der Grenzwert von 750 EUR nicht überschritten.

Die Berufung war auch nicht nach § 144 Abs. 2 SGG zuzulassen. Danach ist die Berufung zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

Der Zulassungsgrund des § 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG liegt nicht vor. Die Sache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Sie wirft keine bislang ungeklärten Rechtsfragen auf, deren Klärung im allgemeinen Interesse liegt, um die Rechtseinheit zu erhalten und die Weiterentwicklung des Rechts zu fördern. Aus dem Vorbringen des Klägers zur Begründung seiner Nichtzulassungsbeschwerde lässt sich eine verallgemeinerungsfähige klärungsbedürftige Rechtsfrage nicht ableiten. Auch eine Divergenz iSv § 144 Abs. 2 Nr. 2 SGG liegt nicht vor. Das SG ist in seiner Entscheidung nicht von der im sozialgerichtlichen Verfahren maßgeblichen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) oder der Rechtsprechung des Landessozialgerichts Sachsen-Anhalt abgewichen.

Schließlich liegt auch der Zulassungsgrund nach § 144 Abs. 2 Nr. 3 SGG nicht vor. Ein solcher ist nur dann gegeben, wenn ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, dieser vorliegt und die Entscheidung auf ihm beruhen kann. Unter einem Verfahrensmangel ist ein Verstoß gegen eine Vorschrift, die das sozialgerichtliche Verfahren regelt, zu verstehen (vgl. Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl. 2008, § 144 RN 36 ff.).

Der Kläger rügt die Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör. Das SG habe seine Hinweispflicht verletzt, indem es – für den Kläger überraschend – auf der Grundlage von Umständen, die bereits seit Jahren aktenkundig seien, zu der Überzeugung gelangt sei, der Kläger sei im streitigen Zeitraum bei einer Baufirma in Köln beschäftigt gewesen und habe dabei ein Arbeitseinkommen erzielt, welches er pflichtwidrig dem Beklagten nicht mitgeteilt habe.

Der Anspruch auf rechtliches Gehör soll verhindern, dass die Beteiligten durch eine Entscheidung überrascht werden, die auf Rechtsauffassungen, Tatsachen oder Beweisergebnissen beruht, zu denen sie sich nicht äußern konnten, und soll sicherstellen, dass ihr Vorbringen vom Gericht in seine Erwägungen mit einbezogen wird (vgl. BSG, Beschluss vom 2. April 2009, Az.: B 2 U 281/08 B m.w.N., zitiert nach juris, RN 6). Aus dem Anspruch auf rechtliches Gehör ergibt sich jedoch keine allgemeine Hinweispflicht des Gerichts zur Sach- und Rechtslage oder eine Pflicht des Gerichts zu einem Rechtsgespräch oder einem Hinweis auf seine Rechtsauffassung.

Wie der Beklagte zutreffend ausgeführt hat, liegt eine Überraschungsentscheidung nur vor, wenn das Gericht seine Entscheidung auf einen bis dahin nicht erörterten rechtlichen oder tatsächlichen Gesichtspunkt gestützt und damit dem Rechtsstreit eine Wendung gegeben hat, mit der auch ein kundiger Prozessbevollmächtigter selbst unter Berücksichtigung vertretbarer Rechtsauffassungen nach dem bisherigen Verlauf des Verfahrens nicht rechnen musste (vgl. Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 29. Mai 1991, Az.: 1 BvR 1383/90, BVerfGE 84, 188).

Zu einer schlüssigen Rüge der Verletzung rechtlichen Gehör gehört auch, dass der Kläger im Einzelnen substantiiert nicht nur darlegt, wozu er sich konkret nicht hat äußern können, sondern auch, was er bei ausreichender Gewährung des rechtlichen Gehörs noch hätte vortragen wollen, und dass bei Berücksichtigung dieses zusätzlichen Vortrags eine andere Entscheidung in der Sache möglich gewesen wäre (vgl. BSG, Beschluss vom 8. Dezember 2008, Az.: B 12 R 37/07 B, juris, RN 11).

Daran fehlt es im vorliegenden Fall. Der Kläger hat nicht dargelegt, was er noch hätte vortragen wollen und aus welchen Gründen sein Vortrag zu einer anderen Entscheidung des SG hätte führen können.

Darüber hinaus liegt auch in der Sache kein Gehörsverstoß vor. Streitentscheidend war, ob der Kläger im Jahr 2003 gearbeitet und aus dieser Arbeit ein Erwerbseinkommen erzielt hatte. Das SG ist auf der Grundlage derjenigen Unterlagen, auf die bereits der Beklagte seine Verwaltungsentscheidung gestützt hatte, zur Überzeugung gelangt, dass dies der Fall war. Im Klageverfahren hatte das SG zunächst versucht, durch eigene Ermittlungen weitere Erkenntnisse über eine Erwerbstätigkeit des Klägers zu erhalten. Diese Ermittlungsversuche führten jedoch nicht zum Erfolg. Dies und auch die aus dem Verwaltungsvorgang des Beklagten ersichtlichen Umstände, die für eine Erwerbstätigkeit des Klägers im fraglichen Zeitraum sprachen, waren Gegenstand der Erörterung in der mündlichen Verhandlung. Diese Umstände waren – wie der Kläger zutreffend ausführt – nicht neu, sie waren Grundlage des Rückforderungsverfahrens des Beklagten und dem Prozessbevollmächtigten des Klägers seit Februar 2006 im Einzelnen bekannt. Denn der Kläger hat den Angaben des Beklagten zur Akteneinsicht nicht widersprochen. Seither bestand Anlass und Gelegenheit für den Kläger, sich zu den Unterlagen und ihrer Indizwirkung zu äußern.

Aufgrund des Verlaufs des Klageverfahrens, in dem weitere Ermittlungen ohne Erfolg geblieben waren, musste der Kläger damit rechnen, dass das Gericht möglicherweise auch aufgrund der vorliegenden Unterlagen zur Überzeugung der von ihm bestrittenen Tatsachen gelangen konnte. Insoweit hat sich das SG im Urteil dem Standpunkt des Beklagten angeschlossen. Damit muss ein sorgfältiger Prozessbevollmächtigter rechnen (vgl. BSG, Beschluss vom 8. Dezember 2008, a.a.O., RN 11). Eine Überraschungsentscheidung in dem Sinne, dass ein gewissenhafter und kundiger Prozessbevollmächtigter mit ihr nicht rechnen konnte, liegt daher nicht vor.

Zudem besteht keine Verpflichtung des Gerichts, die für die richterliche Überzeugungsbildung möglicherweise leitenden Gründe zuvor mit den Beteiligten zu erörtern (vgl. BSG, Beschluss vom 8. Dezember 2008, a.a.O., RN 11). Schließlich wäre es dem anwaltlich vertretenen Kläger auch in der mündlichen Verhandlung noch möglich gewesen, sich ergänzend zu den Unterlagen in der Verwaltungsakte zu äußern und sich damit rechtliches Gehör zu verschaffen. Denn allein der Umstand, dass die in der Verwaltungsakte des Beklagten enthaltenen Unterlagen Gegenstand der Erörterung waren, musste dem Prozessbevollmächtigten deutlich machen, dass diese offensichtlich nicht für belanglos gehalten wurden.

Soweit der Kläger die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren begehrt hat, war dem nicht zu entsprechen, weil die Rechtsverfolgung aus den dargelegten Gründen keine Aussicht auf Erfolg hatte (§ 73a Abs. 1 Satz 1 SGG iVm §§ 114 ff. Zivilprozessordnung).

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.

Gegen diese Entscheidung ist die Beschwerde nicht zulässig (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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