Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
7
1. Instanz
SG Dessau-Roßlau (SAN)
Aktenzeichen
S 5 V 5/03
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 7 V 8/04
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Berechnung des Berufsschadensausgleich
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Klägerin wendet sich als Sonderrechtsnachfolgerin ihres Vaters (nachfolgend der Beschädigte) im Überprüfungsverfahren gegen die vom Beklagten vorgenommene Berechnung des Berufsschadensausgleichs (BSA).
Mit Bescheid vom 2. Juli 1991 gewährte der Beklagte dem am ... 1916 geborenen und am ... 2001 verstorbenen Beschädigten ab 1. Januar 1991 eine Beschädigtenversorgung nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 80 vom Hundert (v.H.) nach § 30 Abs. 1 des Bundesversorgungsgesetzes (BVG). Nach dem Tod seiner Ehefrau im April 1994 gewährte ihm die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) mit Bescheid vom 28. Juli 1994 ab 1. Mai 1994 die große Witwerrente.
Am 2. April 1997 erteilte der Beschädigte der Klägerin notarielle Vollmacht für die gerichtliche und außergerichtliche Vertretung in allen persönlichen und vermögensrechtlichen Angelegenheiten.
Mit Bescheid vom 24. Oktober 1997 gewährte der Beklagte dem Beschädigten einen BSA gemäß § 30 Abs. 2 BVG ab 1. Januar 1991 und stellte fest, dass er in seinem ohne die Schädigungsfolgen wahrscheinlich ausgeübten Beruf (Maurer) einen Einkommensverlust habe. Wegen besonderer beruflicher Betroffenheit betrage die Gesamt-MdE ab diesem Zeitpunkt gemäß § 30 Abs. 1 und 2 BVG 90 v.H. Mit Bescheid vom 1. September 1998 hob der Beklagte den Bescheid vom 24. Oktober 1997 auf, weil die Versorgungsbezüge nach der 7. KOV-Anpassungsverordnung 1998 ab 1. Juli 1998 neu zu berechnen seien. Er gewährte dem Beschädigten eine Grundrente nach einer MdE um 90 v.H. in Höhe von 861,00 DM, eine Alterserhöhung in Höhe von 58,00 DM und einen BSA in Höhe von 446,00 DM. Mit dem Bescheid übersandte der Beklagte ein Beiblatt mit einer Übersicht über das zu berücksichtigende Einkommen sowie über ruhende und/oder anzurechnende Beträge. Weiterhin übersandte er eine Anlage BSA über die Berechnung des günstigeren Berufsschadensausgleichs (Brutto-/Nettoberechnung). Aus diesen Berechnungen geht hervor, dass das Vergleichseinkommen für die Berechnung des BSA unter Berücksichtigung einer "fiktiven Ausgleichsrente" in Höhe von 105,00 DM festgesellt wurde.
Gegen den Bescheid vom 5. November 1998, mit dem eine Verzinsung der mit Bescheid vom 24. Oktober 1997 festgestellten Leistungen gewährte wurde, erhob die Klägerin am 7. Dezember 1998 Widerspruch. Mit Schreiben vom 1. Februar 1999, eingegangen beim Beklagten am 4. Dezember 1999, beantragte sie die Neuberechnung der Grundrente, der Ausgleichsrente, des BSA und der Alterserhöhung nach § 31 BVG ab 1. Januar 1991. Sie habe bei Überprüfung der Bescheide vom 1. September 1998 und 24. Oktober 1997 Abweichungen von der Norm festgestellt. So sei die bei der Feststellung des Vergleicheinskommens zugrunde gelegte Ausgleichsrente in Höhe von 105,00 DM nicht gezahlt worden.
Mit Widerspruchsbescheid vom 1. Juli 1999 wies der Beklagte den Widerspruch gegen den Bescheid vom 5. November 1998 zurück. Am 1. Oktober 1999 erhob die Klägerin dagegen Klage beim SG Dessau mit dem Antrag, die Bescheide vom 24. Oktober 1997 und 1. September 1998 für unwirksam zu erklären und den Beklagten zu verpflichten, ihrem Antrag vom 1. Februar 1999 zu entsprechen. Mit Urteil vom 27. Mai 2002 hat das SG die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Eine Entscheidung des Gerichts zur Rechtmäßigkeit der bestandskräftigen Bescheide aus den Jahren 1997 und 1998 habe nicht ergehen können, da eine Einbeziehung nicht sachdienlich sei und der Beklagte sich nicht eingelassen habe.
Mit Schreiben vom 6. September 2002 erhob die Klägerin Widerspruch gegen die Bescheide vom 24. Oktober 1997 und 1. September 1998. Sie verwies erneut auf die nach ihrer Ansicht nicht rechtmäßige einkommenserhöhende Berücksichtigung der nicht gezahlten Ausgleichsrente. Mit Schreiben vom 20. September 2002 erläuterte ihr der Beklagte, die angegriffenen Bescheide entsprächen der Sach- und Rechtslage. Nach § 30 Abs. 4 Satz 2 BVG sei zu dem festgestellten Bruttoeinkommen die Ausgleichsrente hinzuzurechnen, weil sie dem Zweck diene, den Lebensunterhalt zu bestreiten und damit geeignet sei, einen Teil des beruflichen Schadens auszugleichen. Die fiktive Ausgleichsrente trete an die Stelle der Witwerrente, deren Höhe bei der Berechnung des BSA nicht zu berücksichtigen sei. Mit Schreiben vom 24. September 2002 hat die Klägerin mitgeteilt, sie könne die Berechnung auch weiterhin nicht nachvollziehen. Daraufhin lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 8. Oktober 2002 den Antrag vom 10. September 2002 auf Rücknahme der Bescheide vom 24. Oktober 1997 und 1. September 1998 ab. Mit Widerspruchsschreiben vom 18. Oktober 2002 trug die Klägerin vor, da ihr Antrag vom 1. Februar 1999 nicht beschieden worden sei, müsse sich der Bescheid auf diesen Antrag beziehen. Außerdem wiederholte und vertiefte sie ihr bisheriges Vorbringen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 30. April 2003 wies der Beklagte den Widerspruch der Klägerin zurück. Zur Begründung verwies er erneut auf § 30 Abs. 4 Satz 2 BVG. Da der Beschädigte einen Anspruch auf eine Witwerrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung gehabt habe, sei bei Berechnung des BSA die Ausgleichsrente zugrunde gelegt worden, die sich ohne Berücksichtigung der Rente wegen Todes nach den Vorschriften anderer Sozialbereiche ergäbe. Bei der Ausgleichsrente handele es sich nur um eine unterstellte, also eine angenommene Ausgleichsrente. Diese könne und werde, eben weil sie nur eine Fiktion und keinen reellen Anspruch darstelle, nicht ausgezahlt.
Am 5. Mai 2003 hat die Klägerin erneut beim SG Dessau Klage erhoben und ihre bisherige Rechtsauffassung wiederholt. Der Beklagte hat auf die Ausführungen im Widerspruchsbescheid verwiesen. Mit Urteil ohne mündliche Verhandlung hat das SG am 3. Februar 2004 die Klage abgewiesen und sich der Rechtsauffassung des Beklagten angeschlossen, wonach bei der Berechnung des BSA nach § 30 Abs. 4 Satz 2 BVG abweichend von § 30 Abs. 1 Satz 1 BVG die Ausgleichsrente zugrunde zu legen sei, die sich ohne Berücksichtigung der Rente wegen Todes ergäbe.
Gegen das ihr am 10. Februar 2004 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 26. Februar 2004 Berufung bei Landessozialgericht Sachsen-Anhalt eingelegt. Sie hat vorgetragen, sie könne nicht nachvollziehen, dass eine fiktive, nicht gezahlte Ausgleichsrente zum Nachteil des Geschädigten den BSA mindere. Diese Berechnung sei nicht nur ungerecht, sondern begründe eine Grundrechtsverletzung und damit einen Verfassungsverstoß.
Die Klägerin beantragt nach ihrem schriftsätzlichen Vorbringen,
das Urteil des Sozialgerichts Dessau vom 3. Februar 2004 und den Bescheid des Beklagten vom 8. Oktober 2002 in der Fassung des Widerspruchbescheids vom 30. April 2003 aufzuheben, die Bescheide des Beklagten vom 24. Oktober 1997 und 1. September 1998 zurückzunehmen und bei der Berechnung des Berufsschadensausgleichs keine fiktive Ausgleichsrente zu berücksichtigen.
Der Beklagte beantragt nach seinem schriftsätzlichen Vorbringen,
die Berufung zurückzuweisen.
Er verweist aus seine bisherigen Ausführungen.
Am 16. November 2009 hat eine nichtöffentliche Sitzung vor dem Landessozialgericht Sachsen-Anhalt stattgefunden. In dieser haben sich die Beteiligten mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Die Gerichtsakte und die Verwaltungsakte des Beklagten haben vorgelegen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Sachvortrages der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakte ergänzend verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Mit Einverständnis der Beteiligten hat der Senat ohne mündliche Verhandlung durch Urteil nach § 153 Abs. 1 in Verbindung mit § 124 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) entscheiden.
Die von der Klägerin eingelegte Berufung ist nach § 143 SGG statthaft und gemäß § 141 Abs. 2 SGG form- und fristgerecht eingelegt worden. Die Berufung ist aber unbegründet. Zwar geht die Klägerin zu Recht davon aus, dass der Beklagte über ihren Antrag vom 1. Februar 1999, den sie mit Vollmacht des Beschädigten gestellt hat, erstmals mit dem Bescheid vom 8. Oktober 2002 in der Gestalt des Widerspruchbescheids vom 30. April 2003 entschieden hat. Doch ist dieser Bescheid nicht zu beanstanden. Der Beklagte hat es zu Recht abgelehnt, die bestandskräftigen Bescheide vom 24. Oktober 1997 und 1. September 1998 auf Antrag der Klägerin abzuändern.
Nach § 44 Abs. 1 des Zehnten Buchs des Sozialgesetzbuchs (Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - SGB X) ist ein eine Sozialleistung gewährender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei seinem Erlass das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist. Die Klägerin ist als Sonderrechtsnachfolgerin des Beschädigten zur Geltendmachung des von ihr verfolgten Anspruchs auf Gewährung eines höheren Berufsschadensausgleichs (BSA) aktivlegitimiert, denn Rechtsnachfolger des Versicherten bzw. eines Beschädigten können auch nach dessen Tod eine Überprüfung eines bestandskräftigen Verwaltungsakts nach § 44 Abs. 1 SGB X fordern (BSG, Urteil vom 29. November 1984 – 5b RJ 56/84 = SozR 1300, § 44 Nr. 15; LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 26. Juni 2007 – L 13 VH 7/94 W04-11 – zitiert nach juris). Die Voraussetzungen des § 44 Abs. 1 SGB X sind aber nicht erfüllt. Bei Erlass der bestandskräftigen Bescheide hat der Beklagte das Recht weder unrichtig angewandt noch ist er von einem Sachverhalt ausgegangen, der sich als unrichtig erweist.
Die Berechnung des BSA ist rechtmäßig erfolgt. Die Rechtsgrundlage dafür ist bei dem zum Zeitpunkt der Berechnung bereits rentenberechtigt gewesenen Beschädigten § 30 Abs. 3 BVG. Danach erhalten rentenberechtigte Beschädigte, deren Einkommen aus gegenwärtiger oder früherer Tätigkeit durch die Schädigungsfolgen gemindert ist, nach Anwendung des Absatzes 2 einen BSA in Höhe von 42,5 v.H. des auf volle Euro aufgerundeten Einkommensverlustes (Absatz 4) oder, falls dies günstiger ist, einen BSA nach Absatz 6. Nach § 30 Abs. 4 Satz 1 BVG ist der Einkommensverlust der Unterschiedsbetrag zwischen dem derzeitigen Bruttoeinkommen aus gegenwärtiger oder früherer Tätigkeit zuzüglich der Ausgleichsrente (derzeitiges Einkommen) und dem höheren Vergleichseinkommen. Abweichend davon bestimmt der durch das Hinterbliebenen- und Erziehungszeitengesetz vom 11. Juli 1985 (BGBl. I S. 1450) eingefügte § 30 Abs. 4 Satz 2 BVG: Haben Beschädigte Anspruch auf eine der Höhe vom Einkommen beeinflusste Rente wegen Todes nach den Vorschriften anderer Sozialleistungsbereiche, ist abweichend von Satz 1 der Berechnung des Einkommensverlustes die Ausgleichsrente zugrunde zu legen, die sich ohne Berücksichtigung dieser Rente wegen Todes ergäbe.
Der Beklagte hat unter rechtmäßiger Anwendung des § 30 Abs. 4 Satz 2 BVG das für den BSA maßgebliche Vergleichseinkommen unter Berücksichtigung einer fiktiven Ausgleichsrente festgestellt. Der Beschädigte hatte einen Anspruch auf eine Rente wegen Todes nach den Vorschriften anderer Sozialleistungsbereiche, denn er erhielt nach dem Tod seiner Ehefrau im April 1994 ab 1. Mai 1994 eine Witwerrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung. Diese ist auch in ihrer Höhe nach § 18 a Abs. 3 Nr. 8 des Vierten Buchs des Sozialgesetzbuchs (SGB IV) einkommensabhängig. Ohne diese bei der Ausgleichsrente zu berücksichtigende Witwerrente (vgl. § 33 Abs. 1 BVG i.V.m. § 1 Abs. 3 Nr. 4 der Verordnung über die Einkommensfeststellung nach dem BVG - Ausgleichsrentenverordnung – AusglV) hätte der Geschädigte einen Anspruch auf eine Ausgleichsrente in Höhe von 105,00 DM gehabt. Diese tatsächlich nicht gezahlte Ausgleichsrente wird durch § 30 Abs. 4 Satz 2 BVG dem Vergleichseinkommen (also der Altersrente des Beschädigten) zugerechnet, sodass der Beklagte diesen Betrag von zunächst 105,00 DM rechtmäßig als Vergleichseinkommen berücksichtigt hat.
Entgegen der Ansicht der Klägerin findet § 30 Abs. 4 Satz 2 BVG auch bei einer nur fiktiven Ausgleichsrente Anwendung. Das ergibt sich schon aus dem im Konjunktiv formulierten Wortlaut der Vorschrift (die Ausgleichsrente ist zugrunde zu legen, die sich ... "ergäbe"). Zudem ist gerade diese Vorschrift notwendig, um eine Anrechung einer nicht oder nicht in voller Höhe gezahlten Ausgleichsrente zu ermöglichen. Denn die tatsächlich gezahlte Ausgleichsrente wird schon nach § 30 Abs. 4 Satz 1 BVG dem Vergleichseinkommen zugerechnet. Wenn auch in § 30 Abs. 4 Satz 2 BVG eine tatsächlich gezahlte Ausgleichsrente gemeint wäre, hätte es dieser Norm gar nicht bedurft. Schließlich geht auch die Gesetzesbegründung ausdrücklich von der Berücksichtigung einer fiktiven Ausgleichsrente aus (BT-Drs. 10/2677, S. 48). Der Regelungszweck von § 30 Abs. 4 Satz 2 BVG ergibt sich nach der Gesetzesbegründung aus den Anrechnungsvorschriften der verschiedenen Sozialleistungen: Die volle Ausgleichsrente ist nach § 33 Abs. 1 BVG um das anzurechnende Einkommen zu mindern. Dazu gehört nach § 1 Abs. 3 Nr. 4 AusglV auch eine Rente wegen Todes. Die aus der gesetzlichen Rentenversicherung zu zahlende Hinterbliebenenrente ist wiederum unter Berücksichtigung des BSA zu gewähren (§ 18 a Abs. 3 Nr. 8 SGB IV). Um diese fortlaufende wechselseitige Anrechnung zu unterbrechen, soll bei der Feststellung des BSA nach § 30 Abs. 4 Satz 2 BVG die fiktive Ausgleichsrente zugrunde gelegt werden, die ohne Anrechnung der Hinterbliebenenrente zu zahlen wäre (BT-Drs., a.a.O.). Dass diese Fiktion keinen Einfluss auf die tatsächliche Zahlung einer Ausgleichsrente haben kann, wird auch durch die Gesetzesbegründung noch einmal klargestellt. In dieser wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die tatsächliche Ausgleichsrente sich unter Berücksichtigung der Hinterbliebenenrente errechnet (BT-Drs., a.a.O.). Daraus folgt zugleich, dass die Klägerin auch nicht aufgrund der fiktiven Anrechnung eine tatsächliche Auszahlung der Ausgleichsrente beanspruchen kann.
Die von der Klägerin behauptete Verfassungsverletzung durch die Anwendung von § 30 Abs. 4 Satz 2 BVG liegt nicht vor. Insbesondere liegt kein Verstoß gegen die Grundrechte von Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) und Art. 14 Abs. 1 GG vor.
Art. 3 Abs. 1 GG wird durch die Anwendung von § 30 Abs. 4 Satz 2 BVG nicht verletzt. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts liegt ein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz nur vor, wenn der Gesetzgeber es versäumt, tatsächliche Gleichheiten der zu ordnenden Lebensverhältnisse zu berücksichtigen, die so bedeutsam sind, dass sie bei einer am Gerechtigkeitsgedanken orientierten Betrachtungsweise beachtet werden müssen (BVerfG, Beschluss vom 30. Mai 1978, 1 BvL 26/76 – zitiert nach juris). Der Gesetzgeber hat hierbei eine weite Gestaltungsfreiheit (BVerfG, a.a.O. m.w.N.). Zwar wird der Beschädigte durch § 30 Abs. 4 Satz 2 BVG schlechter gestellt als jemand, der nur eine eigene Altersrente, aber auch keine Ausgleichsrente erhält (Fallgruppe § 30 Abs. 4 Satz 1 BVG). Doch sind die Sachverhalte nicht vergleichbar. Wenn jemand - wie der Beschädigte - neben der eigenen Altersrente noch eine Rente wegen Todes nach den Vorschriften anderer Sozialbereiche bezieht, steht er wirtschaftlich besser als derjenige, der zwar auch keine Ausgleichsrente, aber auch keine anderen Sozialleistungen bezieht. Bei dieser tatsächlichen Ungleichheit von Lebenssachverhalten ist auch eine einheitliche Versorgungsregelung verfassungsrechtlich nicht geboten. Zwar ist das Recht der Kriegsopferversorgung als Ausgleich für das dem Staat an Gesundheit und Leben erbrachte Opfer im Sinne eines Aufopferungsanspruchs zu verstehen (BSG, Urteil vom 24. November 2005, a.a.O.). Doch sollen die Leistungen nach dem BVG auch einen wirtschaftlichen Schaden ausgleichen (BVerfG, Urteil vom 9. November 2004, 1 BvR 684/98 – zitiert nach juris m.w.N.). Ein solcher Ausgleich ist bei einem aufgrund einer Rente wegen Todes wirtschaftlich besser gestellten Witwer nicht gleichermaßen notwendig wie bei einem Beschädigten ohne einen solchen Anspruch.
Soweit durch eine fiktive Ausgleichsrente das Vergleichseinkommen erhöht wird und sich damit die Höhe des BSA verringert, ist auch nicht der Eigentumsschutz des Art. 14 Abs. 1 GG verletzt. Dabei kann offen bleiben, ob Ansprüche auf Versorgungsleistungen aus der Kriegsopferversorgung dem Eigentumsschutz des Art. 14 Abs. 1 GG unterfallen (ausdrücklich offen gelassen BSG, Urteil vom 24. November 2005 – B 9a/9V 8/03 R – zitiert nach juris). Selbst wenn ein derartiger Eigentumsschutz gegeben sein sollte, stellt ein Eingriff durch § 30 Abs. 4 Satz 2 BVG eine zulässige Inhalts- und Schrankenbestimmung dar. Die Regelung ist durch legitime öffentliche Interessen gerechtfertigt. Nach der Gesetzesbegründung soll die Vorschrift eine wechselseitige fortlaufende Anrechnung von Sozialleistungen unterbrechen (BT-Drs. 10/2677, a.a.O.) und dient damit der Praktikabilität bei der Feststellung der verschiedenen Leistungen. Die Vorschrift ist zur Erfüllung des Gesetzeszwecks geeignet und erforderlich, da es ohne diese Sonderregelung zu einem Anrechnungskreisel käme (Hansen, Der Berufsschadensausgleich, S. 78). Sie ist schließlich auch verhältnismäßig im engeren Sinne. Eine weniger eingreifende Maßnahme ist unter Beachtung der gesetzgeberischen Freiheit bei der Ausgestaltung der Sozialversicherungssysteme nicht erkennbar.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision wird nicht zugelassen, weil die in § 160 Abs. 2 SGG aufgeführten Gründe nicht vorliegen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Klägerin wendet sich als Sonderrechtsnachfolgerin ihres Vaters (nachfolgend der Beschädigte) im Überprüfungsverfahren gegen die vom Beklagten vorgenommene Berechnung des Berufsschadensausgleichs (BSA).
Mit Bescheid vom 2. Juli 1991 gewährte der Beklagte dem am ... 1916 geborenen und am ... 2001 verstorbenen Beschädigten ab 1. Januar 1991 eine Beschädigtenversorgung nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 80 vom Hundert (v.H.) nach § 30 Abs. 1 des Bundesversorgungsgesetzes (BVG). Nach dem Tod seiner Ehefrau im April 1994 gewährte ihm die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) mit Bescheid vom 28. Juli 1994 ab 1. Mai 1994 die große Witwerrente.
Am 2. April 1997 erteilte der Beschädigte der Klägerin notarielle Vollmacht für die gerichtliche und außergerichtliche Vertretung in allen persönlichen und vermögensrechtlichen Angelegenheiten.
Mit Bescheid vom 24. Oktober 1997 gewährte der Beklagte dem Beschädigten einen BSA gemäß § 30 Abs. 2 BVG ab 1. Januar 1991 und stellte fest, dass er in seinem ohne die Schädigungsfolgen wahrscheinlich ausgeübten Beruf (Maurer) einen Einkommensverlust habe. Wegen besonderer beruflicher Betroffenheit betrage die Gesamt-MdE ab diesem Zeitpunkt gemäß § 30 Abs. 1 und 2 BVG 90 v.H. Mit Bescheid vom 1. September 1998 hob der Beklagte den Bescheid vom 24. Oktober 1997 auf, weil die Versorgungsbezüge nach der 7. KOV-Anpassungsverordnung 1998 ab 1. Juli 1998 neu zu berechnen seien. Er gewährte dem Beschädigten eine Grundrente nach einer MdE um 90 v.H. in Höhe von 861,00 DM, eine Alterserhöhung in Höhe von 58,00 DM und einen BSA in Höhe von 446,00 DM. Mit dem Bescheid übersandte der Beklagte ein Beiblatt mit einer Übersicht über das zu berücksichtigende Einkommen sowie über ruhende und/oder anzurechnende Beträge. Weiterhin übersandte er eine Anlage BSA über die Berechnung des günstigeren Berufsschadensausgleichs (Brutto-/Nettoberechnung). Aus diesen Berechnungen geht hervor, dass das Vergleichseinkommen für die Berechnung des BSA unter Berücksichtigung einer "fiktiven Ausgleichsrente" in Höhe von 105,00 DM festgesellt wurde.
Gegen den Bescheid vom 5. November 1998, mit dem eine Verzinsung der mit Bescheid vom 24. Oktober 1997 festgestellten Leistungen gewährte wurde, erhob die Klägerin am 7. Dezember 1998 Widerspruch. Mit Schreiben vom 1. Februar 1999, eingegangen beim Beklagten am 4. Dezember 1999, beantragte sie die Neuberechnung der Grundrente, der Ausgleichsrente, des BSA und der Alterserhöhung nach § 31 BVG ab 1. Januar 1991. Sie habe bei Überprüfung der Bescheide vom 1. September 1998 und 24. Oktober 1997 Abweichungen von der Norm festgestellt. So sei die bei der Feststellung des Vergleicheinskommens zugrunde gelegte Ausgleichsrente in Höhe von 105,00 DM nicht gezahlt worden.
Mit Widerspruchsbescheid vom 1. Juli 1999 wies der Beklagte den Widerspruch gegen den Bescheid vom 5. November 1998 zurück. Am 1. Oktober 1999 erhob die Klägerin dagegen Klage beim SG Dessau mit dem Antrag, die Bescheide vom 24. Oktober 1997 und 1. September 1998 für unwirksam zu erklären und den Beklagten zu verpflichten, ihrem Antrag vom 1. Februar 1999 zu entsprechen. Mit Urteil vom 27. Mai 2002 hat das SG die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Eine Entscheidung des Gerichts zur Rechtmäßigkeit der bestandskräftigen Bescheide aus den Jahren 1997 und 1998 habe nicht ergehen können, da eine Einbeziehung nicht sachdienlich sei und der Beklagte sich nicht eingelassen habe.
Mit Schreiben vom 6. September 2002 erhob die Klägerin Widerspruch gegen die Bescheide vom 24. Oktober 1997 und 1. September 1998. Sie verwies erneut auf die nach ihrer Ansicht nicht rechtmäßige einkommenserhöhende Berücksichtigung der nicht gezahlten Ausgleichsrente. Mit Schreiben vom 20. September 2002 erläuterte ihr der Beklagte, die angegriffenen Bescheide entsprächen der Sach- und Rechtslage. Nach § 30 Abs. 4 Satz 2 BVG sei zu dem festgestellten Bruttoeinkommen die Ausgleichsrente hinzuzurechnen, weil sie dem Zweck diene, den Lebensunterhalt zu bestreiten und damit geeignet sei, einen Teil des beruflichen Schadens auszugleichen. Die fiktive Ausgleichsrente trete an die Stelle der Witwerrente, deren Höhe bei der Berechnung des BSA nicht zu berücksichtigen sei. Mit Schreiben vom 24. September 2002 hat die Klägerin mitgeteilt, sie könne die Berechnung auch weiterhin nicht nachvollziehen. Daraufhin lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 8. Oktober 2002 den Antrag vom 10. September 2002 auf Rücknahme der Bescheide vom 24. Oktober 1997 und 1. September 1998 ab. Mit Widerspruchsschreiben vom 18. Oktober 2002 trug die Klägerin vor, da ihr Antrag vom 1. Februar 1999 nicht beschieden worden sei, müsse sich der Bescheid auf diesen Antrag beziehen. Außerdem wiederholte und vertiefte sie ihr bisheriges Vorbringen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 30. April 2003 wies der Beklagte den Widerspruch der Klägerin zurück. Zur Begründung verwies er erneut auf § 30 Abs. 4 Satz 2 BVG. Da der Beschädigte einen Anspruch auf eine Witwerrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung gehabt habe, sei bei Berechnung des BSA die Ausgleichsrente zugrunde gelegt worden, die sich ohne Berücksichtigung der Rente wegen Todes nach den Vorschriften anderer Sozialbereiche ergäbe. Bei der Ausgleichsrente handele es sich nur um eine unterstellte, also eine angenommene Ausgleichsrente. Diese könne und werde, eben weil sie nur eine Fiktion und keinen reellen Anspruch darstelle, nicht ausgezahlt.
Am 5. Mai 2003 hat die Klägerin erneut beim SG Dessau Klage erhoben und ihre bisherige Rechtsauffassung wiederholt. Der Beklagte hat auf die Ausführungen im Widerspruchsbescheid verwiesen. Mit Urteil ohne mündliche Verhandlung hat das SG am 3. Februar 2004 die Klage abgewiesen und sich der Rechtsauffassung des Beklagten angeschlossen, wonach bei der Berechnung des BSA nach § 30 Abs. 4 Satz 2 BVG abweichend von § 30 Abs. 1 Satz 1 BVG die Ausgleichsrente zugrunde zu legen sei, die sich ohne Berücksichtigung der Rente wegen Todes ergäbe.
Gegen das ihr am 10. Februar 2004 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 26. Februar 2004 Berufung bei Landessozialgericht Sachsen-Anhalt eingelegt. Sie hat vorgetragen, sie könne nicht nachvollziehen, dass eine fiktive, nicht gezahlte Ausgleichsrente zum Nachteil des Geschädigten den BSA mindere. Diese Berechnung sei nicht nur ungerecht, sondern begründe eine Grundrechtsverletzung und damit einen Verfassungsverstoß.
Die Klägerin beantragt nach ihrem schriftsätzlichen Vorbringen,
das Urteil des Sozialgerichts Dessau vom 3. Februar 2004 und den Bescheid des Beklagten vom 8. Oktober 2002 in der Fassung des Widerspruchbescheids vom 30. April 2003 aufzuheben, die Bescheide des Beklagten vom 24. Oktober 1997 und 1. September 1998 zurückzunehmen und bei der Berechnung des Berufsschadensausgleichs keine fiktive Ausgleichsrente zu berücksichtigen.
Der Beklagte beantragt nach seinem schriftsätzlichen Vorbringen,
die Berufung zurückzuweisen.
Er verweist aus seine bisherigen Ausführungen.
Am 16. November 2009 hat eine nichtöffentliche Sitzung vor dem Landessozialgericht Sachsen-Anhalt stattgefunden. In dieser haben sich die Beteiligten mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Die Gerichtsakte und die Verwaltungsakte des Beklagten haben vorgelegen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Sachvortrages der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakte ergänzend verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Mit Einverständnis der Beteiligten hat der Senat ohne mündliche Verhandlung durch Urteil nach § 153 Abs. 1 in Verbindung mit § 124 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) entscheiden.
Die von der Klägerin eingelegte Berufung ist nach § 143 SGG statthaft und gemäß § 141 Abs. 2 SGG form- und fristgerecht eingelegt worden. Die Berufung ist aber unbegründet. Zwar geht die Klägerin zu Recht davon aus, dass der Beklagte über ihren Antrag vom 1. Februar 1999, den sie mit Vollmacht des Beschädigten gestellt hat, erstmals mit dem Bescheid vom 8. Oktober 2002 in der Gestalt des Widerspruchbescheids vom 30. April 2003 entschieden hat. Doch ist dieser Bescheid nicht zu beanstanden. Der Beklagte hat es zu Recht abgelehnt, die bestandskräftigen Bescheide vom 24. Oktober 1997 und 1. September 1998 auf Antrag der Klägerin abzuändern.
Nach § 44 Abs. 1 des Zehnten Buchs des Sozialgesetzbuchs (Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - SGB X) ist ein eine Sozialleistung gewährender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei seinem Erlass das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist. Die Klägerin ist als Sonderrechtsnachfolgerin des Beschädigten zur Geltendmachung des von ihr verfolgten Anspruchs auf Gewährung eines höheren Berufsschadensausgleichs (BSA) aktivlegitimiert, denn Rechtsnachfolger des Versicherten bzw. eines Beschädigten können auch nach dessen Tod eine Überprüfung eines bestandskräftigen Verwaltungsakts nach § 44 Abs. 1 SGB X fordern (BSG, Urteil vom 29. November 1984 – 5b RJ 56/84 = SozR 1300, § 44 Nr. 15; LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 26. Juni 2007 – L 13 VH 7/94 W04-11 – zitiert nach juris). Die Voraussetzungen des § 44 Abs. 1 SGB X sind aber nicht erfüllt. Bei Erlass der bestandskräftigen Bescheide hat der Beklagte das Recht weder unrichtig angewandt noch ist er von einem Sachverhalt ausgegangen, der sich als unrichtig erweist.
Die Berechnung des BSA ist rechtmäßig erfolgt. Die Rechtsgrundlage dafür ist bei dem zum Zeitpunkt der Berechnung bereits rentenberechtigt gewesenen Beschädigten § 30 Abs. 3 BVG. Danach erhalten rentenberechtigte Beschädigte, deren Einkommen aus gegenwärtiger oder früherer Tätigkeit durch die Schädigungsfolgen gemindert ist, nach Anwendung des Absatzes 2 einen BSA in Höhe von 42,5 v.H. des auf volle Euro aufgerundeten Einkommensverlustes (Absatz 4) oder, falls dies günstiger ist, einen BSA nach Absatz 6. Nach § 30 Abs. 4 Satz 1 BVG ist der Einkommensverlust der Unterschiedsbetrag zwischen dem derzeitigen Bruttoeinkommen aus gegenwärtiger oder früherer Tätigkeit zuzüglich der Ausgleichsrente (derzeitiges Einkommen) und dem höheren Vergleichseinkommen. Abweichend davon bestimmt der durch das Hinterbliebenen- und Erziehungszeitengesetz vom 11. Juli 1985 (BGBl. I S. 1450) eingefügte § 30 Abs. 4 Satz 2 BVG: Haben Beschädigte Anspruch auf eine der Höhe vom Einkommen beeinflusste Rente wegen Todes nach den Vorschriften anderer Sozialleistungsbereiche, ist abweichend von Satz 1 der Berechnung des Einkommensverlustes die Ausgleichsrente zugrunde zu legen, die sich ohne Berücksichtigung dieser Rente wegen Todes ergäbe.
Der Beklagte hat unter rechtmäßiger Anwendung des § 30 Abs. 4 Satz 2 BVG das für den BSA maßgebliche Vergleichseinkommen unter Berücksichtigung einer fiktiven Ausgleichsrente festgestellt. Der Beschädigte hatte einen Anspruch auf eine Rente wegen Todes nach den Vorschriften anderer Sozialleistungsbereiche, denn er erhielt nach dem Tod seiner Ehefrau im April 1994 ab 1. Mai 1994 eine Witwerrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung. Diese ist auch in ihrer Höhe nach § 18 a Abs. 3 Nr. 8 des Vierten Buchs des Sozialgesetzbuchs (SGB IV) einkommensabhängig. Ohne diese bei der Ausgleichsrente zu berücksichtigende Witwerrente (vgl. § 33 Abs. 1 BVG i.V.m. § 1 Abs. 3 Nr. 4 der Verordnung über die Einkommensfeststellung nach dem BVG - Ausgleichsrentenverordnung – AusglV) hätte der Geschädigte einen Anspruch auf eine Ausgleichsrente in Höhe von 105,00 DM gehabt. Diese tatsächlich nicht gezahlte Ausgleichsrente wird durch § 30 Abs. 4 Satz 2 BVG dem Vergleichseinkommen (also der Altersrente des Beschädigten) zugerechnet, sodass der Beklagte diesen Betrag von zunächst 105,00 DM rechtmäßig als Vergleichseinkommen berücksichtigt hat.
Entgegen der Ansicht der Klägerin findet § 30 Abs. 4 Satz 2 BVG auch bei einer nur fiktiven Ausgleichsrente Anwendung. Das ergibt sich schon aus dem im Konjunktiv formulierten Wortlaut der Vorschrift (die Ausgleichsrente ist zugrunde zu legen, die sich ... "ergäbe"). Zudem ist gerade diese Vorschrift notwendig, um eine Anrechung einer nicht oder nicht in voller Höhe gezahlten Ausgleichsrente zu ermöglichen. Denn die tatsächlich gezahlte Ausgleichsrente wird schon nach § 30 Abs. 4 Satz 1 BVG dem Vergleichseinkommen zugerechnet. Wenn auch in § 30 Abs. 4 Satz 2 BVG eine tatsächlich gezahlte Ausgleichsrente gemeint wäre, hätte es dieser Norm gar nicht bedurft. Schließlich geht auch die Gesetzesbegründung ausdrücklich von der Berücksichtigung einer fiktiven Ausgleichsrente aus (BT-Drs. 10/2677, S. 48). Der Regelungszweck von § 30 Abs. 4 Satz 2 BVG ergibt sich nach der Gesetzesbegründung aus den Anrechnungsvorschriften der verschiedenen Sozialleistungen: Die volle Ausgleichsrente ist nach § 33 Abs. 1 BVG um das anzurechnende Einkommen zu mindern. Dazu gehört nach § 1 Abs. 3 Nr. 4 AusglV auch eine Rente wegen Todes. Die aus der gesetzlichen Rentenversicherung zu zahlende Hinterbliebenenrente ist wiederum unter Berücksichtigung des BSA zu gewähren (§ 18 a Abs. 3 Nr. 8 SGB IV). Um diese fortlaufende wechselseitige Anrechnung zu unterbrechen, soll bei der Feststellung des BSA nach § 30 Abs. 4 Satz 2 BVG die fiktive Ausgleichsrente zugrunde gelegt werden, die ohne Anrechnung der Hinterbliebenenrente zu zahlen wäre (BT-Drs., a.a.O.). Dass diese Fiktion keinen Einfluss auf die tatsächliche Zahlung einer Ausgleichsrente haben kann, wird auch durch die Gesetzesbegründung noch einmal klargestellt. In dieser wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die tatsächliche Ausgleichsrente sich unter Berücksichtigung der Hinterbliebenenrente errechnet (BT-Drs., a.a.O.). Daraus folgt zugleich, dass die Klägerin auch nicht aufgrund der fiktiven Anrechnung eine tatsächliche Auszahlung der Ausgleichsrente beanspruchen kann.
Die von der Klägerin behauptete Verfassungsverletzung durch die Anwendung von § 30 Abs. 4 Satz 2 BVG liegt nicht vor. Insbesondere liegt kein Verstoß gegen die Grundrechte von Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) und Art. 14 Abs. 1 GG vor.
Art. 3 Abs. 1 GG wird durch die Anwendung von § 30 Abs. 4 Satz 2 BVG nicht verletzt. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts liegt ein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz nur vor, wenn der Gesetzgeber es versäumt, tatsächliche Gleichheiten der zu ordnenden Lebensverhältnisse zu berücksichtigen, die so bedeutsam sind, dass sie bei einer am Gerechtigkeitsgedanken orientierten Betrachtungsweise beachtet werden müssen (BVerfG, Beschluss vom 30. Mai 1978, 1 BvL 26/76 – zitiert nach juris). Der Gesetzgeber hat hierbei eine weite Gestaltungsfreiheit (BVerfG, a.a.O. m.w.N.). Zwar wird der Beschädigte durch § 30 Abs. 4 Satz 2 BVG schlechter gestellt als jemand, der nur eine eigene Altersrente, aber auch keine Ausgleichsrente erhält (Fallgruppe § 30 Abs. 4 Satz 1 BVG). Doch sind die Sachverhalte nicht vergleichbar. Wenn jemand - wie der Beschädigte - neben der eigenen Altersrente noch eine Rente wegen Todes nach den Vorschriften anderer Sozialbereiche bezieht, steht er wirtschaftlich besser als derjenige, der zwar auch keine Ausgleichsrente, aber auch keine anderen Sozialleistungen bezieht. Bei dieser tatsächlichen Ungleichheit von Lebenssachverhalten ist auch eine einheitliche Versorgungsregelung verfassungsrechtlich nicht geboten. Zwar ist das Recht der Kriegsopferversorgung als Ausgleich für das dem Staat an Gesundheit und Leben erbrachte Opfer im Sinne eines Aufopferungsanspruchs zu verstehen (BSG, Urteil vom 24. November 2005, a.a.O.). Doch sollen die Leistungen nach dem BVG auch einen wirtschaftlichen Schaden ausgleichen (BVerfG, Urteil vom 9. November 2004, 1 BvR 684/98 – zitiert nach juris m.w.N.). Ein solcher Ausgleich ist bei einem aufgrund einer Rente wegen Todes wirtschaftlich besser gestellten Witwer nicht gleichermaßen notwendig wie bei einem Beschädigten ohne einen solchen Anspruch.
Soweit durch eine fiktive Ausgleichsrente das Vergleichseinkommen erhöht wird und sich damit die Höhe des BSA verringert, ist auch nicht der Eigentumsschutz des Art. 14 Abs. 1 GG verletzt. Dabei kann offen bleiben, ob Ansprüche auf Versorgungsleistungen aus der Kriegsopferversorgung dem Eigentumsschutz des Art. 14 Abs. 1 GG unterfallen (ausdrücklich offen gelassen BSG, Urteil vom 24. November 2005 – B 9a/9V 8/03 R – zitiert nach juris). Selbst wenn ein derartiger Eigentumsschutz gegeben sein sollte, stellt ein Eingriff durch § 30 Abs. 4 Satz 2 BVG eine zulässige Inhalts- und Schrankenbestimmung dar. Die Regelung ist durch legitime öffentliche Interessen gerechtfertigt. Nach der Gesetzesbegründung soll die Vorschrift eine wechselseitige fortlaufende Anrechnung von Sozialleistungen unterbrechen (BT-Drs. 10/2677, a.a.O.) und dient damit der Praktikabilität bei der Feststellung der verschiedenen Leistungen. Die Vorschrift ist zur Erfüllung des Gesetzeszwecks geeignet und erforderlich, da es ohne diese Sonderregelung zu einem Anrechnungskreisel käme (Hansen, Der Berufsschadensausgleich, S. 78). Sie ist schließlich auch verhältnismäßig im engeren Sinne. Eine weniger eingreifende Maßnahme ist unter Beachtung der gesetzgeberischen Freiheit bei der Ausgestaltung der Sozialversicherungssysteme nicht erkennbar.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision wird nicht zugelassen, weil die in § 160 Abs. 2 SGG aufgeführten Gründe nicht vorliegen.
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