L 1 R 93/06

Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Dessau-Roßlau (SAN)
Aktenzeichen
S 1 RA 61/04
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 1 R 93/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Dessau vom 19. Dezember 2005 wird zurückgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist die Rentenhöhe umstritten.

Der am 1934 geborene Kläger war bis zum 31. März 1989 Berufsoffizier der Nationalen Volksarmee (NVA). Danach bewilligte die NVA ihm mit Bescheid vom 17. Mai 1989 ab 1. April 1989 eine Übergangsrente nach ihrer Versorgungsordnung. Mit Bescheid vom 2. April 1990 gewährte die NVA ihm ab 1. Mai 1990 eine Invalidenrente in Höhe von 1.780,- Mark. Diese Rente wurde mit Wirkung ab 1. Januar 1992 als Rente wegen Erwerbsunfähigkeit nach dem Sechsten Buch des Sozialgesetzbuches – Gesetzliche Rentenversicherung (SGB VI) weiter gezahlt.

Mit Bescheiden vom 20. Juni 1996 – hiergegen legte der Kläger Widerspruch ein unter Hinweis auf ein Verfahren gegen die Entgeltfeststellungen durch den Sonderversorgungsträger – und vom 9. Juli 1997 berechnete die Beklagte die Rente wegen Erwerbsunfähigkeit jeweils mit Wirkung ab 1. Juli 1990 neu, ohne dass sich ein höherer Rentenanspruch bzw. ein Nachzahlungsanspruch ergab.

Mit Bescheid vom 23. Juli 1997 berechnete die Beklagte die Rente wegen Erwerbsunfähigkeit mit Wirkung ab 1. Januar 1997 neu, da ab diesem Zeitpunkt höhere Entgelte auf der Grundlage des Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetzes (AAÜG) zu berücksichtigen seien. Für die Zeit vom 1. Januar 1997 bis zum 31. August 1997 ergab sich ein Nachzahlungsbetrag in Höhe von 5.396,70 DM. Hiergegen legte der Kläger Widerspruch ein und begehrte die Berücksichtigung höherer Entgelte auch für den Rentenbezugszeitraum vom 1. Juli 1990 bis zum 31. Dezember 1996 sowie von Beiträgen der Höherversicherung und die Aufhebung der Beitragsbemessungsgrenze.

Mit Bescheid vom 9. Februar 2000 stellte die Beklagte die Rente wegen Erwerbsunfähigkeit für den Zeitraum vom 1. Juli 1990 bis zum 31. Dezember 1996 neu fest. Dabei wurde der durch den Einigungsvertrag zum 1. Juli 1990 garantierte Betrag der Summe aus Rente und der Zusatz- bzw. Sonderversorgungsleistung auf der Grundlage der Entscheidung des Bundessozialgerichts (BSG) vom 3. August 1999 (B 4 RA 24/98 R) dynamisiert. Für den Zeitraum vom 1. Juli 1990 bis zum 31. Dezember 1996 ergab sich ein Nachzahlungsbetrag in Höhe von 2.442,96 DM. Auch dagegen legte der Kläger Widerspruch ein.

Mit Bescheid vom 23. März 2000 bewilligte die Beklagte dem Kläger mit Wirkung ab 1. Januar 2000 eine Regelaltersrente nach Vollendung des 65. Lebensjahres anstelle der bisherigen Rente wegen Erwerbsunfähigkeit. Der Kläger legte erneut Widerspruch ein.

Mit weiterem Bescheid vom 25. Oktober 2001 stellte die Beklagte die Rente wegen Erwerbsunfähigkeit für den Zeitraum vom 1. Juli 1993 bis zum 31.12.1999 neu fest. Hintergrund waren höhere Entgelte nach dem AAÜG auch für Rentenbezugszeiten vom 1. Juli 1993 bis zum 31. Dezember 1996, die Berechnung einer Vergleichsrente auf der Grundlage der Entgelte der letzten 20 Kalenderjahre vor dem Ende der letzten versicherungspflichtigen Beschäftigung oder Tätigkeit sowie die Dynamisierung des nach dem Einigungsvertrag besitzgeschützten Zahlbetrages. Dabei ergab sich ein Nachzahlungsanspruch in Höhe von 26.956,31 DM. Anschließend stellte die Beklagte mit Bescheid vom 1. November 2001 die Rente wegen Erwerbsunfähigkeit für den Zeitraum vom 1. Juli 1990 bis zum 30. Juni 1993 neu fest, wobei sie die Berechnung einer Vergleichsrente auf der Grundlage der Entgelte der letzten 20 Kalenderjahre vor dem Ende der letzten versicherungspflichtigen Beschäftigung oder Tätigkeit sowie die Dynamisierung des nach dem Einigungsvertrag besitzgeschützten Zahlbetrages vornahm. Ein Nachzahlungsanspruch ergab sich daraus nicht. Gegen beide Bescheide legte der Kläger Widerspruch ein.

Mit Bescheid vom 17. Januar 2002 berechnete die Beklagte die Regelaltersrente ab deren Beginn – 1. Januar 2000 – neu. Dabei ergab sich für den Zeitraum vom 1. Januar 2000 bis zum 28. Februar 2002 ein Nachzahlungsanspruch in Höhe von 965,30 Euro.

Mit einem weiteren Bescheid vom 5. Juni 2002 stellte die Beklagte die Rente wegen Erwerbsunfähigkeit für den Zeitraum vom 1. Juli 1993 bis zum 31. Dezember 1999 neu fest. Dabei nahm sie die Berechnung einer Vergleichsrente auf der Grundlage der Entgelte der letzten 20 Kalenderjahre vor dem Ende der letzten versicherungspflichtigen Beschäftigung ohne Begrenzung auf die Anlage 3 zum AAÜG vor; für die Zeit vor dem 1. März 1971 wurden jedoch nur 600,- Mark je Kalendermonat berücksichtigt. Daraus ergab sich ein Nachzahlungsbetrag in Höhe von 11.212,29 Euro. Mit Schreiben vom 29. Juni 2002, bei der Beklagten am 2. Juli 2002 eingegangen, machte der Kläger geltend, seine Entgelte und die von ihm eingezahlten Beiträge seien nach wie vor nicht zutreffend berücksichtigt.

Mit Bescheid vom 15. August 2002 berechnete die Beklagte die Regelaltersrente ab deren Beginn – 1. Januar 2000 – erneut neu, weil bei dieser Rente mindestens die persönlichen Entgeltpunkte der zuvor neuberechneten Rente wegen Erwerbsunfähigkeit – 75,9000 – zu Grunde zu legen waren (Anlage 6 des Bescheides vom 15. August 2002). Dabei ergab sich für den Zeitraum vom 1. Januar 2000 bis zum 30. September 2002 ein Nachzahlungsbetrag in Höhe von 4.573,56 Euro. Der Kläger teilte daraufhin mit, dass er seinen Widerspruch aufrecht erhalte. Seine Einwände bekräftigte er mit einem Schreiben vom 27. November 2002 und stellte mit Schreiben vom 2. Dezember 2002 einen Antrag auf Überprüfung aller seit dem 1. Juli 1990 erteilten Rentenbescheide.

Mit Bescheiden vom 16. Januar 2003 und vom 24. Januar 2003 stellte die Beklagte die Regelaltersrente sowie – für den Zeitraum vom 1. Juli 1990 bis zum 30. Juni 1993 – die Rente wegen Erwerbsunfähigkeit neu fest. Dabei ergaben sich jedoch keine höheren Rentenbeträge als zuvor festgestellt. Auch hiergegen erhob der Kläger Widerspruch, weil seinem Anliegen nach wie vor nicht entsprochen worden sei. Schließlich lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 24. Juni 2003 eine Rücknahme der Bescheide vom 5. Juni 2002, 16. Januar 2003 und 24. Januar 2003 ab. Zur Begründung führte sie aus, es sei weder das Recht unrichtig angewandt noch sei von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen worden. Dagegen erhob der Kläger am 7. Juli 2003 Widerspruch, den die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 13. Januar 2004 zurückwies.

Am 11. Februar 2004 hat der Kläger Klage beim Sozialgericht (SG) Dessau erhoben. Zur Begründung hat er ausgeführt, bei den Rentenberechnungen sei bis zum 30. Juni 1993 keine Dynamisierung des besitzgeschützten Zahlbetrages in Höhe von 1.780,- Mark erfolgt. Er fordere eine umfassende Neuberechnung seiner Rentenansprüche. Darüber hinaus sei er im Jahre 1991 rechtswidrig aus der Krankenversicherung ausgeschlossen worden. Die deshalb aufgewendeten Beiträge verlange er zurück.

Mit Urteil vom 19. Dezember 2005 hat das Sozialgericht Dessau die Klage abgewiesen und ausgeführt, die vom Kläger begehrte Dynamisierung sei durchgeführt worden. Ein Anspruch auf Erstattung gezahlter Beiträge zur Krankenversicherung für das Jahr 1991 bestehe nicht. Die Beklagte habe keine Beiträge zur Krankenversicherung einbehalten. Schon deshalb gehe ein Erstattungsanspruch gegen sie ins Leere. Allerdings habe auch ein Vorgehen gegen den damaligen Krankenversicherer keine Aussicht auf Erfolg. Die für den Kläger geltende gesetzliche Regelung, nach der er im Jahre 1991 als freiwillig Versicherter den Krankenversicherungsbeitrag allein zu tragen gehabt habe, sei verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Er habe auch keinen Anspruch auf Neuberechnung der Rente wegen Erwerbsunfähigkeit für die Zeit vor dem 1. Juli 1993 unter Anwendung ungekürter Entgelte.

Gegen das ihm am 24. Januar 2006 zugestellte Urteil hat der Kläger am 21. Februar 2006 "Widerspruch" beim SG Dessau eingelegt. Er müsse erkennen, dass er sich gegen die geltende Rechtslage nicht wehren könne. Für ihn bleibe die gegen die Angehörigen der ehemaligen NVA verfügte Weigerung von Rentennachzahlungen für Zeit vor dem 1. Juli 1993 sowie die Weigerung und Nichtanerkennung von Zahlungen über die Beitragsbemessungsgrenze der Bundesrepublik Deutschland – entsprechend ordnungsgemäßer und nachgewiesener Einzahlungen – nach wie vor bitteres Unrecht. Die Nichtanerkennung eingezahlter SV-Beiträge – unter anderem Höherversicherungsbeiträge – in vollem Umfang komme einer Aberkennung seines Hochschulstudiums der Militärwissenschaften gleich und stelle ihn hinsichtlich der Rentenhöhe auf die gleiche Stufe von Bürgern ohne ein solches Studium.

Der Kläger beantragt nach seinem schriftlichen Vorbringen sinngemäß,

das Urteil des Sozialgerichts Dessau vom 19. Dezember 2005 und den Bescheid der Beklagten vom 24. Juni 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. Januar 2004 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung ihrer Bescheide vom 5. Juni 2002, 16. Januar 2003 und 24. Januar 2003 zu verurteilen, die Rente wegen Erwerbsunfähigkeit und die Altersrente ohne Begrenzung seiner Entgelte zu berechnen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das Urteil des SG für zutreffend.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (Schriftsatz der Beklagten vom 15. März 2006, Schriftsatz des Klägers vom 3. Juni 2006).

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten sowie die Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen. Die Akten haben bei der Beratung vorgelegen.

Entscheidungsgründe:

Der Senat konnte gemäß §§ 153 Abs. 1 in Verbindung mit 124 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) ohne mündliche Verhandlung entscheiden, weil sich die Beteiligten hiermit einverstanden erklärt haben.

Die gemäß § 143 SGG statthafte und auch im Übrigen zulässige Berufung des Klägers – als solche ist bei verständiger Würdigung der mit "Widerspruch" bezeichnete, am 21. Februar 2006 beim SG eingegangene Schriftsatz des Klägers auszulegen – hat keinen Erfolg.

Das Begehren des Klägers umfasst eine Anfechtungs- und Leistungsklage im Sinne von § 54 Abs. 4 SGG gegen die Bescheide der Beklagten vom 5. Juni 2002, 16. Januar 2003 und vom 24. Januar 2003. Der Bescheid vom 24. Januar 2003 beinhaltet die zeitlich letzte Berechnung der Rente wegen Erwerbsunfähigkeit für die Zeit vom 1. Juli 1990 bis zum 30. Juni 1993, der Bescheid vom 5. Juni 2002 die zeitlich letzte Berechnung der Rente wegen Erwerbsunfähigkeit für die Zeit vom 1. Juli 1993 bis zum 31. Dezember 1999 und der Bescheid vom 16. Januar 2003 die zeitlich letzte Berechnung der Altersrente ab 1. Januar 2000. Bereits gegen den Bescheid vom 20. Juni 1996 über die Berechnung der Rente wegen Erwerbsunfähigkeit für die Zeit ab 1. Juli 1990 und gegen den ersten Bescheid über die Berechnung der Altersrente vom 23. März 2000 für die Zeit ab 1. Januar 2000 legte der Kläger jeweils innerhalb der Frist des § 84 Abs. 1 Satz 1 SGG Widerspruch ein. Alle folgenden Bescheide sind gemäß § 86 SGG Gegenstand des Vorverfahrens geworden und haben die vorhergehenden Bescheide im Hinblick auf die vom Kläger geltend gemachte Beschwer vollständig ersetzt. Auch der Bescheid vom 24. Juni 2003, mit dem die Beklagte eine Rücknahme der Bescheide vom 5. Juni 2002, 16. Januar 2003 und vom 24. Januar 2003 ablehnte, ist zumindest in entsprechender Anwendung des § 86 SGG Gegenstand des Verfahrens geworden, weil die Beklagte darin an ihrer Rechtsauffassung festgehalten hat. Anders als Kläger und Beklagte offenbar gemeint haben, war ein Antrag auf Rücknahme der genannten Bescheide jedoch nicht erforderlich, weil das Vorverfahren aufgrund der bis dahin unterbliebenen Entscheidung über die Widersprüche des Klägers noch offen war.

Die angefochtenen Bescheide beschweren den Kläger jedoch nicht im Sinne von §§ 157, 54 Abs. 2 Satz 1 SGG, weil die Beklagte die Rentenansprüche des Klägers zutreffend festgestellt hat.

Der Kläger hat keinen Anspruch auf die Berücksichtigung der von ihm in der DDR erzielten, in DM umgewerteten und durch Multiplikation mit den Werten der Anlage 10 zum SGB VI auf das Entgeltniveau der Altbundesländer hochgewerteten Entgelte ohne Begrenzung auf die Werte der Anlage 3 zum AAÜG und damit auf die Feststellung eines höheren Rentenwertes. Die Beklagte hat den Wert der Rente des Klägers auch unter Berücksichtigung der nach § 5 AAÜG gleichgestellten Pflichtbetragszeiten während der Zugehörigkeit zum Sonderversorgungssystem Nr. 1 der Anlage 2 zum AAÜG zutreffend festgesetzt. Im Rahmen dieser Gleichstellung von in der DDR zurückgelegten Beitragszeiten hatte die Beklagte nach § 6 Abs. 1 Satz 1 AAÜG für jedes Kalenderjahr als Verdienst das erzielte Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen höchstens bis zur jeweiligen Beitragsbemessungsgrenze nach der Anlage 3 zum AAÜG zu Grunde zu legen. Dies hat die Beklagte rechtsfehlerfrei getan.

Die in der gesetzlichen Rentenversicherung geltende Beitragsbemessungsgrenze (§§ 157, 159, 260 SGB VI) ist verfassungsgemäß. Die Beitragsbemessungsgrenze gewährleistet unter verschiedenen Gesichtspunkten ein Mindestmaß an Chancen- und Lastengleichheit zwischen den Beitragszahlern und den Rentenempfängern. Die auf versicherungsrechtlichen Vorleistungen, insbesondere Beitragszahlung, beruhenden Rechte und Ansprüche können nur in diesen Grenzen entstehen und bestehen. Verdienste oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze sind versicherungsrechtlich nicht relevant (vgl. BVerfGE 29, 221, 236 f.). Die Beitragsbemessungsgrenze ist nicht willkürlich, sie begrenzt den mit der Versicherungspflicht zur Rentenversicherung verbundenen Eingriff in die allgemeine Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG)) dadurch, dass die zu erbringenden Vorleistungen nach oben begrenzt sind (BVerfGE, a.a.O.).

Die Beitragsbemessungsgrenze ist auch im Zusammenhang mit der Überleitung der im Beitrittsgebiet erworbenen Ansprüche und Anwartschaften auf das bundesdeutsche Recht zum 1. Januar 1992 verfassungsgemäß. Insbesondere sind keine Gründe erkennbar, die es rechtfertigen, den Kläger besser zu stellen als alle anderen in der gesetzlichen Rentenversicherung Versicherten, die Arbeitsverdienste über der Beitragsbemessungsgrenze hatten. Das Bundesverfassungsgericht hat es bereits als verfassungsgemäß erachtet, dass der auf DM aufgewertete und mittels der Anlage 10 zum SGB VI auf das Niveau der westlichen Arbeitsverdienste wirtschaftlich hochgewertete, in der DDR erzielte Arbeitsverdienst bei der Rentenberechnung nach dem SGB VI stets nur bis zur allgemeinen Beitragsbemessungsgrenze (West) als – fiktiver – versicherter Arbeitsverdienst zu Grunde zu legen ist (BVerfGE 100, 1, 40). Durch die vom bundesdeutschen Gesetzgeber getroffene verfassungsgemäße Grundentscheidung, die in der DDR – auch in Zusatz- und Sonderversorgungssystemen – erworbenen Ansprüche und Anwartschaften in die gesetzliche Rentenversicherung nach dem SGB VI zu überführen, sind ab dem 1. Januar 1992 an die Stelle des Rentenrechts des Beitrittsgebietes die Vorschriften des SGB VI und der entsprechenden Nebengesetze getreten und die im Beitrittsgebiet erworbenen Ansprüche und Anwartschaften durch Ansprüche und Anwartschaften aus dem SGB VI ersetzt worden (BVerfGE 100, 1, 39 ff.). Daher können Rechte und Ansprüche alleine nach den Maßstäben der gesetzlichen Rentenversicherung nach dem SGB VI, also auch nur unter Berücksichtung der allgemeinen Beitragsbemessungsgrenze bestehen (BSG, Urteil vom 10. April 2003 – B 4 RA 41/02 R –, Juris).

Insbesondere verstößt die Anwendung der Beitragsbemessungsgrenze im Zusammenhang mit der Um- und Hochwertung der in der DDR erzielten Entgelte nicht gegen Art. 14 Abs. 1 GG. Der Schutz des Art. 14 Abs. 1 GG erstreckt sich allein auf die nach Maßgabe des Einigungsvertrages ausgestalteten und als Rechtspositionen der gesamtdeutschen Rechtsordnung anerkannten Ansprüche und Anwartschaften aus der Sozialversicherung und den Zusatzversorgungssystemen (vgl. hierzu BVerfGE 100, 1, 33 f.), nicht jedoch auf die in der DDR erworbenen Rechte des Einzelnen gegen die sozialen Sicherungssysteme der DDR. Eigentumsschutz genießen sie nur, sofern sie durch den Einigungsvertrag und die diesen umsetzenden nachfolgenden bundesdeutschen Gesetze ausgestaltet worden sind. Durch die Überführung der in der DDR erworbenen Ansprüche und Anwartschaften wurde ein gerechter Ausgleich zwischen den schutzwürdigen Interessen der Rentner und Anwartschaftsberechtigten im Beitrittsgebiet und den Belangen des Gemeinwohls erreicht (BVerfG 100, 1, 40). Die Überführung als Ganzes hat nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichts einem wichtigen Gemeinwohlbelang gedient. Mit der Rechtsangleichung im Rentenrecht bleibt die Finanzierbarkeit der Sozialversicherung insgesamt erhalten. Durch die Entscheidung des Gesetzgebers zu Gunsten der verfassungsrechtlich zulässigen Eingliederung der in der DDR erworbenen Anwartschaften und Ansprüche in die Rentenversicherung der Bundesrepublik Deutschland war die Erstreckung der Beitragsbemessungsgrenze (West) auf die überführten Leistungen vorgeprägt und kann nicht entfallen, ohne dass das System gesprengt wird (BVerfGE 100, 1, 40 f.).

Die Anwendung der Beitragsbemessungsgrenze verstößt auch nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG (BSG, Urteil vom 10. April 2003 – B 4 RA 41/02 R –, Juris). Ab 1. Januar 1992 werden die Arbeitsentgelte aller Versicherten mit Rentenberechtigungen aus dem SGB VI nur bis zur Beitragsbemessungsgrenze berücksichtigt. Nach Um- und Hochwertung der Arbeitsverdienste wird der Wert der Renten der Zugangsrentner aus dem Beitrittsgebiet ebenso nach den Vorschriften des SGB VI bestimmt wie bei allen anderen nach dem SGB VI Versicherten, bei denen sich die Höhe der Rente vor allem nach der Höhe des während des Versicherungslebens durch Beiträge versicherten Arbeitsentgelts richtet. Diese Beiträge können jedoch nur bis zur jeweiligen Beitragsbemessungsgrenze entrichtet werden. Der Kläger kann auch nicht geltend machen, seine um- und hochgewerteten Entgelte müssten auch oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze berücksichtigt werden, da er gegenüber westdeutschen Versicherten benachteiligt sei, weil diese im Gegensatz zu ihm eine günstigere Altersversorgung hätten aufbauen können. Eine mögliche günstigere Altersversorgung von westdeutschen Versicherten beruht jedoch nicht auf der Berücksichtigung von Entgelten oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze, sondern – soweit es sich um private Vorsorge handelt – auf der Verwendung eines Teils des nach Steuern und Sozialabgaben verbleibenden Einkommens auf die Bildung von Altersrücklagen, die jedoch nicht die Rente erhöhen, sondern deren Verbrauch lediglich die gesetzliche Rente ergänzt. Insoweit wäre auch der Kläger nicht daran gehindert gewesen, seine in der DDR hohen Arbeitsverdienste für private Altersvorsorge zu nutzen.

Gleichfalls zutreffend hat die Beklagte bei der Neuberechnung der Rente wegen Erwerbsunfähigkeit für die Zeit vor dem 1. Juli 1993 mit Bescheid vom 24. Januar 2003 im Rahmen der Berechnung der Vergleichsrente nach § 307b Abs. 1 Satz 2, Abs. 3 SGB VI nicht – wie bei den Rentenberechnungen ab 1. Juli 1993 – die tatsächlich erzielten, ungekürzten Entgelte berücksichtigt. Denn vor dem 1. Juli 1993 sind die Entgelte in verfassungsrechtlich nicht zu beanstandender Weise zu Recht gemäß § 6 Abs. 2 AAÜG in der bis dahin geltenden Fassung des Gesetzes zur Ergänzung der Rentenüberleitung (Rentenüberleitungs-Ergänzungsgesetz – Rü-ErgG) vom 24. Juni 1993 (BGBl I S. 1038)) begrenzt worden. Danach ist für Zeiten der Zugehörigkeit zu dem Versorgungssystem nach der Anlage 2 Nr. 1 – Sonderversorgung der Angehörigen der NVA, der auch der Kläger angehörte –, in denen eine Beschäftigung oder Tätigkeit ausgeübt wurde, in der ein Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen mindestens in Höhe des jeweiligen Betrages der Anlage 4 bezogen wurde, den Pflichtbeitragszeiten als Verdienst der jeweilige Betrag der Anlage 5 zu Grunde zu legen. Ebenso wenig wie der Rentenversicherungsträger im Rahmen der Rentenwertermittlung auf der Grundlage der individuellen Versicherungsbiographie verpflichtet werden kann, Entgelte oberhalb dieser "besonderen Beitragsbemessungsgrenze" zu berücksichtigen, kann ein Überschreiten dieser Grenze im Rahmen der Vergleichsrente begehrt werden. Andernfalls würde das vom Bundesverfassungsgericht jedenfalls für die Zeit bis zum 30. Juni 1993 als noch verfassungsgemäß beurteilte Konzept der Aussonderung von Entgeltbestandteilen durch das AAÜG gleichsam durch die "Hintertür" der Vergleichsrente bei der Gruppe der Bestandsrentner aufgehoben. Das Bundesverfassungsgericht hat bis zum 30. Juni 1993 noch keinen Verstoß des § 6 Abs. 2 AAÜG gegen Art. 3 Abs. 1 und Art. 14 GG festgestellt. Hintergrund ist die Tatsache, dass es sich bei der Rentenüberleitung um die Regelung komplexer Lebenssachverhalte gehandelt hat. In einem derartigen Fall kann dem Gesetzgeber eine angemessene Zeit zur Sammlung von Erkenntnissen und Erfahrungen eingeräumt werden. In dieser Zeit darf er sich mit gröberen Typisierungen und Generalisierungen begnügen. Damit einhergehende Härten und Ungerechtigkeiten geben erst dann Anlass zur verfassungsrechtlichen Beanstandung, wenn der Gesetzgeber seine Regelungen nicht anhand inzwischen möglicher Erkenntnisse und Erfahrungen überprüft und auf den Versuch einer sachgerechteren Lösung verzichtet. Das war nicht der Fall, denn es galt, die Überführung von Ansprüchen und Anwartschaften aus Zusatz- und Sonderversorgungssystemen der DDR in die gesetzliche Rentenversicherung erstmals gesetzlich zu regeln. Besondere Probleme bereitete dabei die Frage der Berücksichtigungsfähigkeit von Arbeitsentgelten oder Arbeitseinkommen, die vor oder während der Zugehörigkeit zu diesen Versorgungssystemen erzielt worden waren. Hinreichende Erkenntnisse und Erfahrungen lagen insoweit noch nicht vor. Anders als etwa für Renten aus der Sozialpflichtversicherung und der Freiwilligen Zusatzrentenversicherung konnte für die Berechtigungen aus Zusatz- und Sonderversorgungssystemen auf aussagefähige Daten zunächst nicht zurückgegriffen werden (vgl. die Gesetzentwürfe zum Renten-Überleitungsgesetz, BR-Drucks. 197/91, S. 113, und BT-Drucks. 12/405, S. 113). Verwertbare Unterlagen über Versicherungsverläufe waren häufig nicht vorhanden. Insoweit fehlte es an ausreichenden und zuverlässigen Informationen über individuell erzielte Arbeitsentgelte oder Arbeitseinkommen, Verdienstspannen und Durchschnittseinkünfte. Teilweise mussten die Rechtsgrundlagen der zahlreichen Versorgungssysteme erst ermittelt werden, weil sie nicht veröffentlicht waren. Bei dieser Sachlage hätten genauere rechtliche Unterscheidungen nur mit erheblicher Verzögerung getroffen werden können. Der Gesetzgeber war aber zu Recht darauf bedacht, so schnell wie möglich Überleitungsregelungen zu erlassen und ihren Vollzug sicherzustellen (BVerfG, Urteil vom 28. April 1999 – 1 BvL 22/95, 1 BvL 34/95 – Rn. 163 bis 165, Juris). Entgegen der Ansicht des Klägers ist es auch nicht zu beanstanden, dass die Beklagte bei der Berechnung der Vergleichsrente die Entgeltpunkte pro Monat auf 0,15 begrenzt hat. Dies beruht auf § 307b Abs. 3 Nr. 1 SGB VI, wonach die Anzahl der bei der Rentenneuberechnung berücksichtigten Kalendermonate mit rentenrechtlichen Zeiten mit den durchschnittlichen Entgeltpunkten pro Monat, höchstens jedoch mit dem Wert 0,15 vervielfältigt wird. Dieser Wert – vervielfältigt mit 12 – spiegelt in etwa den jährlichen Entgeltpunktewert wider, der der allgemeinen Beitragsbemessungsgrenze entspricht. Die Begrenzung auf die allgemeine Beitragsbemessungsgrenze ist jedoch – wie bereits ausgeführt – verfassungsgemäß.

Schließlich hat die Beklagte den nach dem Einigungsvertrag besitzgeschützten Zahlbetrag zum 1. Juli 1990 in Höhe von 1.780,- DM entgegen der Auffassung des Klägers zutreffend – und zwar auch für die Zeit vor dem 1. Juli 1993 – dynamisiert (vgl. die Anlagen 1 der Bescheide vom 5. Juni 2002, 16. Januar 2003 und 24. Januar 2003). Diese Dynamisierung wirkt sich jedoch für die Zeit ab 1. Juli 1993 nicht aus, weil die Vergleichsrente nach § 307b Abs. 1 Satz 2, Abs. 3 SGB VI, die auf der Grundlage von 75,9000 Entgeltpunkten berechnet wird, wesentlich höher ist.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 SGG bestehen nicht.
Rechtskraft
Aus
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