Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Sonstige Angelegenheiten
Abteilung
3
1. Instanz
SG Halle (Saale) (SAN)
Aktenzeichen
S 13 R 930/09
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 3 SF 108/10 AB
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
Der Antrag des Klägers auf Ablehnung der Richterin am Sozialgericht T. wegen der Besorgnis der Befangenheit wird abgelehnt.
Gründe:
I.
In der Hauptsache streiten die Beteiligten über die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung. Nachdem die Beklagte den Rentenantrag des Klägers vom 6. Mai 2008 mit Bescheid vom 19. Februar 2009 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 29. September 2009 abgelehnt hatte, hat der Kläger hiergegen am 22. Oktober 2009 Klage beim Sozialgericht Halle erhoben. Diese hat er mit Schriftsatz vom 20. Januar 2010 – Eingang 21. Januar 2010 – begründet und gleichzeitig den Antrag gestellt, nach § 109 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) von Prof. Dr. S. ein Gutachten einzuholen.
Das Sozialgericht hatte bereits mit Verfügung vom 18. November 2009 einen Befundbericht von der Hausärztin Dr. M. eingeholt und nach dessen Eingang bei Gericht am 21. Januar 2010 hat es von den im Bericht genannten Fachärzten für Orthopädie und Psychiatrie weitere Befundberichte angefordert. Nach Eingang dieser Berichte und deren Auswertung durch die Beklagte hat die Kammervorsitzende, die Richterin am Sozialgericht T., den Kläger mit Schreiben vom 21. Juni 2010 gebeten, für den Fall der Aufrechterhaltung seines Antrages nach § 109 SGG bis zum 30. Juli 2010 einen Gutachterkostenvorschuss in Höhe von 1.500,00 EUR einzuzahlen. Mit dem am Freitag, dem 25. Juni 2010, eingegangenen Schriftsatz hat der Kläger um Mitteilung der Bankverbindung gebeten, an die der Vorschuss eingezahlt werden solle. Nach Vorlage des Schriftsatzes am Montag, den 28. Juni 2010, hat die Kammervorsitzende mit Verfügung vom Dienstag, den 29. Juni 2010, die förmliche Kostenanforderung unter Angabe der Bankverbindung und des Verwendungszwecks an den Kläger veranlasst. Nachdem der Kläger ebenfalls am 29. Juni 2010 fernmündlich in der Geschäftsstelle um die Mitteilung der Bankverbindung gebeten hatte, ist ihm ausweislich des in der Gerichtsakte befindlichen Telefonvermerks zugesagt worden, sich am gleichen Tag noch zu melden, woraufhin die Geschäftsstelle dem Kläger die förmliche Kostenanforderung dann um 13.38 Uhr an diesem 29. Juni 2010 per Telefax übermittelt hat.
Am 29. Juni 2010 um 13.00 Uhr hat der Kläger mit Telefax die Richterin am Sozialgericht T. wegen der Besorgnis der Befangenheit abgelehnt. Zur Begründung ist ausgeführt, die Richterin habe ihm nicht mitgeteilt, auf welches Konto und unter welchem Aktenzeichen der Vorschuss einzuzahlen sei. Er habe telefonisch vergeblich versucht, die Kontonummer zu erfragen. Es sei anzunehmen, die Richterin wolle die Begutachtung nach § 109 SGG wegen nichtgezahlten Vorschusses nicht in Auftrag geben. Die Untätigkeit der abgelehnten Richterin vom 21. Juni 2010 und die fehlende Reaktion auf das Schreiben des Antragstellers vom 24. Juni 2010 erweckten den Eindruck, die Richterin habe sich schon vor der Beweisaufnahme endgültig festgelegt.
Die von dem Ablehnungsgesuch betroffene Richterin hat zu dem Gesuch des Klägers unter dem 26. Juli 2010 folgende dienstliche Äußerung abgegeben:
"Die Vorsitzende hält sich nicht für befangen.
Es liegt kein Grund vor, der geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit zu rechtfertigen. Ein objektiv vernünftiger Grund, der dem Kläger von seinem Standpunkt aus befürchten lassen kann, die Vorsitzende der 13. Kammer werde nicht unparteiisch entscheiden, ist meines Erachtens bereits deshalb nicht ersichtlich, weil der Kläger ohne erkennbaren Anlass und ohne Glaubhaftmachung des Ablehnungsgrundes während des laufenden Klageverfahrens schriftlich lediglich einen Antrag auf Richterablehnung gem. § 42 ZPO wegen Befangenheit der Richterin stellte. Mit Verfügung vom 21.06.2010 hat die Vorsitzende angefragt, ob nach den eingeholten Befundberichten an der Antragstellung gemäß § 109 SGG festgehalten wird, und eine Zahlungsfrist bis zum 30.07.2010 gewährt. Auf die Bitte des PB (Schreiben vom 24.6.2010) hat die Vorsitzende am 28.06.2010 alle notwendigen Angaben zur Einholung des beantragten Gutachtens mitgeteilt. Im Übrigen ist der Kostenvorschuss bereits am 30. 06. 2010 eingegangen.
Im Hinblick auf einen zügigen Fortgang des Rechtsstreits wird höflichst gebeten, alsbald über das Ablehnungsgesuch des Klägers zu entscheiden."
Der Kläger hat am 18. August 2010 zur dienstlichen Äußerung Stellung genommen. Er hat vorgetragen, die dienstliche Äußerung sei ein Textbaustein, den die abgelehnte Richterin des Öfteren aus praktischen Gründen benutze, wenn sie wegen Befangenheit abgelehnt werde. Soweit die Richterin erkläre, sie halte sich nicht für befangen, verstoße sie gegen ihre Zuständigkeitskompetenz. Die Richterin habe nicht darüber zu befinden, ob sie befangen sei oder auch nur als befangen erscheine. Ausführungen in der dienstlichen Äußerung zur Zulässigkeit und Begründetheit des Ablehnungsgesuches hätten zu unterbleiben. Mithin liege keine ordnungsgemäße dienstliche Äußerung nach § 42 Zivilprozessordnung (ZPO) vor; die dienstliche Äußerung selbst sei als ein Befangenheitsgrund anzusehen. Folglich sei eine weitere dienstliche Äußerung der abgelehnten Richterin einzuholen; das Verfahren nach § 42 ZPO sei also noch nicht abgeschlossen. Im Übrigen habe die Richterin erst auf den Befangenheitsantrag hin die Bankverbindung und den Zahlungsgrund ordnungsgemäß mitgeteilt.
II.
Der Antrag des Klägers ist abzulehnen, da ein Grund für die Besorgnis der Befangenheit der Richterin am Sozialgericht T. nicht vorliegt.
Für die Entscheidung über Gesuche, mit welchen Richter der Sozialgerichte abgelehnt werden, ist das Landessozialgericht zuständig; es entscheidet durch Beschluss (§ 60 Abs. 1 Satz 2 SGG).
Gemäß § 60 Abs. 1 SGG i.V.m. § 42 Abs. 2 ZPO findet die Ablehnung eines Richters wegen der Besorgnis der Befangenheit statt, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen seine Unparteilichkeit zu rechtfertigen. Dabei kommen nur objektive Gründe in Betracht, die vom Standpunkt des Ablehnenden aus bei vernünftiger Betrachtungsweise die Befürchtungen wecken können, der Richter stehe der Sache nicht unvoreingenommen und damit nicht unparteiisch gegenüber. Rein subjektive, unvernünftige Vorstellungen des Ablehnenden scheiden als Gründe aus (Bundessozialgericht (BSG), SozR 1500 § 60 Nr. 3). Entscheidend ist, ob ein am Verfahren Beteiligter bei vernünftiger Würdigung aller Umstände Anlass hat, an der Unvoreingenommenheit des Richters zu zweifeln (Bundesverfassungsgericht (BVerfG), Beschluss vom 16. Februar 1995 - 2 B VR 1852/54 -, BVerfG 92, 138, 139). Zweifel können beispielsweise erheblich sein, wenn der Richter den Eindruck vermittelt, er wolle das Vorbringen von Beteiligten aus unsachgemäßen Erwägungen nicht zur Kenntnis nehmen, oder er habe sich einseitig auf eine Rechtsauffassung festgelegt und werde von dieser auch nicht abweichen.
Solche Umstände sind hier nicht ersichtlich.
Soweit der Kläger sein Ablehnungsgesuch auf die Behauptung stützt, die Richterin habe ihm nicht mitgeteilt, auf welches Konto der angeforderte Vorschuss einzuzahlen sei, und hieraus sei der Schluss zu ziehen, die Richterin wolle die Begutachtung nach § 109 SGG wegen nicht eingezahlten Vorschusses nicht in Auftrag geben, ist das Gesuch unzulässig, da es rechtsmissbräuchlich ist. Die Vorhaltungen des Klägers sind verunglimpfend und deshalb unbeachtlich. Die Kammervorsitzende hat das Verfahren über Gebühr zügig bearbeitet. Die am Freitag, den 25. Juni 2010, eingegangene schriftliche Anfrage ist von ihr nach Vorlage der Akten am Dienstag, den 29. Juni 2010, bearbeitet worden und nach der telefonischen Rückfrage des Klägers am Morgen des Dienstag, des 29. Juni 2010, hat sie entsprechend der telefonischen Ankündigung, sich am gleichen Tag noch zu melden, unverzüglich die Daten der Bankverbindung per Telefax um 13.38 Uhr übermittelt. Für die bereits um 13 Uhr erhobene Befangenheitsrüge hat die abgelehnte Richterin keinerlei Anlass gegeben, zumal bis zum Ablauf der gesetzten Einzahlungsfrist am 30. Juli 2010 noch über einen Monat Zeit zur Verfügung stand.
Soweit der Antragsteller das Gesuch darauf stützt, die Befangenheit der Vorsitzenden ergebe sich aus dem Inhalt der dienstlichen Äußerung, ist das Gesuch zulässig, aber unbegründet , denn die dienstliche Äußerung ist nicht geeignet, vom Standpunkt eines vernünftigen Beteiligten aus Zweifel an der Unvoreingenommenheit der Kammervorsitzenden zu wecken. Die abgelehnte Richterin hat in ihrer dienstlichen Stellungnahme ausgeführt, sie halte sich nicht für befangen und hat dargelegt, aus welchen Gründen das Ablehnungsgesuch aus ihrer Sicht nicht begründet sei. Bei der Gesamtbetrachtung aller Umstände führt dies jedoch zur Überzeugung des Senats nicht zu dem Schluss, die abgelehnte Richterin werde in der Sache nicht mit der gebotenen Unvoreingenommenheit und Unparteilichkeit entscheiden. Nach § 44 Abs. 3 ZPO hat sich der Richter über den Ablehnungsgrund dienstlich zu äußern. Die dienstliche Äußerung dient der Sachverhaltsaufklärung (vgl. Bundesfinanzhof (BFH), Beschluss vom 24. Juli 2000, Az. VIII B 44/00, Landgericht (LG) Bonn, Beschluss vom 11. September 2007, Az. 5 T 87/07, beide zitiert nach juris). In seiner Äußerung hat der abgelehnte Richter die Möglichkeit, unrichtige Behauptungen des Ablehnungsgesuches zu korrigieren oder die Beweggründe für sein Handeln offen zu legen (LG Bonn, Beschluss vom 11. September 2007, a.a.O.). Deshalb haben in dienstlichen Äußerungen nach § 44 Abs. 3 ZPO Ausführungen zur Zulässigkeit oder Begründetheit des Ablehnungsgesuchs grundsätzlich zu unterbleiben; allerdings kann in der dienstlichen Äußerung mit der gebotenen Zurückhaltung ein zur Ablehnung führender Vorgang auch wertend beurteilt werden (Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt, Beschluss vom 23. September 1997 – 6 W 140/97 -, NJW – RR 1998, 858, 859 m.w.N.). Hier sind die Grenzen einer solchen wertenden Stellungnahme noch eingehalten. Zum einen bezieht sich die Äußerung der abgelehnten Richterin, sie halte sich nicht für befangen, nicht auf einen klärungsbedürftigen Sachverhalt und ist deshalb rechtlich nicht relevant. Zum anderen ergibt sich aus der Schilderung des Ablaufs des Verfahrens in der Hauptsache und der sich anschließenden Bewertung, dass die Richterin inzidenter die offensichtliche Missbräuchlichkeit des Ablehnungsgesuchs geprüft hat. Insoweit durfte die Richterin hier im Hinblick auf die besonderen Umstände des Einzelfalls darauf hinweisen, dass der Kläger ohne erkennbaren Anlass und ohne Glaubhaftmachung eines Ablehnungsgrundes den Befangenheitsantrag gestellt hat. Ihre Schlussfolgerung, ein objektiv vernünftiger Grund für ein Misstrauen gegen ihre Unparteilichkeit sei nicht ersichtlich, überschritt deshalb hier die Grenze der gebotenen Zurückhaltung im Rahmen einer wertenden Stellungnahme nicht. – Schließlich folgt der Senat nicht der Auffassung des Klägers, die Richterin habe sich zu seinen Einwänden gegen die dienstliche Äußerung erneut zu äußern. Eine weitere Stellungnahme wäre nur erforderlich gewesen, wenn die Tatsachen, auf die der Kläger seine Befangenheitsrüge gestützt hat, nicht geklärt gewesen wären. Der zugrundeliegende Sachverhalt ist jedoch unstreitig. Insoweit hätte es einer dienstlichen Äußerung der abgelehnten Richterin zur Aufklärung des Sachverhalts, an den der Kläger anknüpft, bereits nicht bedurft; mit der Einholung der dienstlichen Äußerung ist lediglich in § 44 Abs. 3 ZPO gesetzlich vorgeschriebenen Vorgehensweise Rechnung getragen worden.
Der Beschluss ist mit der Beschwerde nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
Gründe:
I.
In der Hauptsache streiten die Beteiligten über die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung. Nachdem die Beklagte den Rentenantrag des Klägers vom 6. Mai 2008 mit Bescheid vom 19. Februar 2009 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 29. September 2009 abgelehnt hatte, hat der Kläger hiergegen am 22. Oktober 2009 Klage beim Sozialgericht Halle erhoben. Diese hat er mit Schriftsatz vom 20. Januar 2010 – Eingang 21. Januar 2010 – begründet und gleichzeitig den Antrag gestellt, nach § 109 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) von Prof. Dr. S. ein Gutachten einzuholen.
Das Sozialgericht hatte bereits mit Verfügung vom 18. November 2009 einen Befundbericht von der Hausärztin Dr. M. eingeholt und nach dessen Eingang bei Gericht am 21. Januar 2010 hat es von den im Bericht genannten Fachärzten für Orthopädie und Psychiatrie weitere Befundberichte angefordert. Nach Eingang dieser Berichte und deren Auswertung durch die Beklagte hat die Kammervorsitzende, die Richterin am Sozialgericht T., den Kläger mit Schreiben vom 21. Juni 2010 gebeten, für den Fall der Aufrechterhaltung seines Antrages nach § 109 SGG bis zum 30. Juli 2010 einen Gutachterkostenvorschuss in Höhe von 1.500,00 EUR einzuzahlen. Mit dem am Freitag, dem 25. Juni 2010, eingegangenen Schriftsatz hat der Kläger um Mitteilung der Bankverbindung gebeten, an die der Vorschuss eingezahlt werden solle. Nach Vorlage des Schriftsatzes am Montag, den 28. Juni 2010, hat die Kammervorsitzende mit Verfügung vom Dienstag, den 29. Juni 2010, die förmliche Kostenanforderung unter Angabe der Bankverbindung und des Verwendungszwecks an den Kläger veranlasst. Nachdem der Kläger ebenfalls am 29. Juni 2010 fernmündlich in der Geschäftsstelle um die Mitteilung der Bankverbindung gebeten hatte, ist ihm ausweislich des in der Gerichtsakte befindlichen Telefonvermerks zugesagt worden, sich am gleichen Tag noch zu melden, woraufhin die Geschäftsstelle dem Kläger die förmliche Kostenanforderung dann um 13.38 Uhr an diesem 29. Juni 2010 per Telefax übermittelt hat.
Am 29. Juni 2010 um 13.00 Uhr hat der Kläger mit Telefax die Richterin am Sozialgericht T. wegen der Besorgnis der Befangenheit abgelehnt. Zur Begründung ist ausgeführt, die Richterin habe ihm nicht mitgeteilt, auf welches Konto und unter welchem Aktenzeichen der Vorschuss einzuzahlen sei. Er habe telefonisch vergeblich versucht, die Kontonummer zu erfragen. Es sei anzunehmen, die Richterin wolle die Begutachtung nach § 109 SGG wegen nichtgezahlten Vorschusses nicht in Auftrag geben. Die Untätigkeit der abgelehnten Richterin vom 21. Juni 2010 und die fehlende Reaktion auf das Schreiben des Antragstellers vom 24. Juni 2010 erweckten den Eindruck, die Richterin habe sich schon vor der Beweisaufnahme endgültig festgelegt.
Die von dem Ablehnungsgesuch betroffene Richterin hat zu dem Gesuch des Klägers unter dem 26. Juli 2010 folgende dienstliche Äußerung abgegeben:
"Die Vorsitzende hält sich nicht für befangen.
Es liegt kein Grund vor, der geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit zu rechtfertigen. Ein objektiv vernünftiger Grund, der dem Kläger von seinem Standpunkt aus befürchten lassen kann, die Vorsitzende der 13. Kammer werde nicht unparteiisch entscheiden, ist meines Erachtens bereits deshalb nicht ersichtlich, weil der Kläger ohne erkennbaren Anlass und ohne Glaubhaftmachung des Ablehnungsgrundes während des laufenden Klageverfahrens schriftlich lediglich einen Antrag auf Richterablehnung gem. § 42 ZPO wegen Befangenheit der Richterin stellte. Mit Verfügung vom 21.06.2010 hat die Vorsitzende angefragt, ob nach den eingeholten Befundberichten an der Antragstellung gemäß § 109 SGG festgehalten wird, und eine Zahlungsfrist bis zum 30.07.2010 gewährt. Auf die Bitte des PB (Schreiben vom 24.6.2010) hat die Vorsitzende am 28.06.2010 alle notwendigen Angaben zur Einholung des beantragten Gutachtens mitgeteilt. Im Übrigen ist der Kostenvorschuss bereits am 30. 06. 2010 eingegangen.
Im Hinblick auf einen zügigen Fortgang des Rechtsstreits wird höflichst gebeten, alsbald über das Ablehnungsgesuch des Klägers zu entscheiden."
Der Kläger hat am 18. August 2010 zur dienstlichen Äußerung Stellung genommen. Er hat vorgetragen, die dienstliche Äußerung sei ein Textbaustein, den die abgelehnte Richterin des Öfteren aus praktischen Gründen benutze, wenn sie wegen Befangenheit abgelehnt werde. Soweit die Richterin erkläre, sie halte sich nicht für befangen, verstoße sie gegen ihre Zuständigkeitskompetenz. Die Richterin habe nicht darüber zu befinden, ob sie befangen sei oder auch nur als befangen erscheine. Ausführungen in der dienstlichen Äußerung zur Zulässigkeit und Begründetheit des Ablehnungsgesuches hätten zu unterbleiben. Mithin liege keine ordnungsgemäße dienstliche Äußerung nach § 42 Zivilprozessordnung (ZPO) vor; die dienstliche Äußerung selbst sei als ein Befangenheitsgrund anzusehen. Folglich sei eine weitere dienstliche Äußerung der abgelehnten Richterin einzuholen; das Verfahren nach § 42 ZPO sei also noch nicht abgeschlossen. Im Übrigen habe die Richterin erst auf den Befangenheitsantrag hin die Bankverbindung und den Zahlungsgrund ordnungsgemäß mitgeteilt.
II.
Der Antrag des Klägers ist abzulehnen, da ein Grund für die Besorgnis der Befangenheit der Richterin am Sozialgericht T. nicht vorliegt.
Für die Entscheidung über Gesuche, mit welchen Richter der Sozialgerichte abgelehnt werden, ist das Landessozialgericht zuständig; es entscheidet durch Beschluss (§ 60 Abs. 1 Satz 2 SGG).
Gemäß § 60 Abs. 1 SGG i.V.m. § 42 Abs. 2 ZPO findet die Ablehnung eines Richters wegen der Besorgnis der Befangenheit statt, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen seine Unparteilichkeit zu rechtfertigen. Dabei kommen nur objektive Gründe in Betracht, die vom Standpunkt des Ablehnenden aus bei vernünftiger Betrachtungsweise die Befürchtungen wecken können, der Richter stehe der Sache nicht unvoreingenommen und damit nicht unparteiisch gegenüber. Rein subjektive, unvernünftige Vorstellungen des Ablehnenden scheiden als Gründe aus (Bundessozialgericht (BSG), SozR 1500 § 60 Nr. 3). Entscheidend ist, ob ein am Verfahren Beteiligter bei vernünftiger Würdigung aller Umstände Anlass hat, an der Unvoreingenommenheit des Richters zu zweifeln (Bundesverfassungsgericht (BVerfG), Beschluss vom 16. Februar 1995 - 2 B VR 1852/54 -, BVerfG 92, 138, 139). Zweifel können beispielsweise erheblich sein, wenn der Richter den Eindruck vermittelt, er wolle das Vorbringen von Beteiligten aus unsachgemäßen Erwägungen nicht zur Kenntnis nehmen, oder er habe sich einseitig auf eine Rechtsauffassung festgelegt und werde von dieser auch nicht abweichen.
Solche Umstände sind hier nicht ersichtlich.
Soweit der Kläger sein Ablehnungsgesuch auf die Behauptung stützt, die Richterin habe ihm nicht mitgeteilt, auf welches Konto der angeforderte Vorschuss einzuzahlen sei, und hieraus sei der Schluss zu ziehen, die Richterin wolle die Begutachtung nach § 109 SGG wegen nicht eingezahlten Vorschusses nicht in Auftrag geben, ist das Gesuch unzulässig, da es rechtsmissbräuchlich ist. Die Vorhaltungen des Klägers sind verunglimpfend und deshalb unbeachtlich. Die Kammervorsitzende hat das Verfahren über Gebühr zügig bearbeitet. Die am Freitag, den 25. Juni 2010, eingegangene schriftliche Anfrage ist von ihr nach Vorlage der Akten am Dienstag, den 29. Juni 2010, bearbeitet worden und nach der telefonischen Rückfrage des Klägers am Morgen des Dienstag, des 29. Juni 2010, hat sie entsprechend der telefonischen Ankündigung, sich am gleichen Tag noch zu melden, unverzüglich die Daten der Bankverbindung per Telefax um 13.38 Uhr übermittelt. Für die bereits um 13 Uhr erhobene Befangenheitsrüge hat die abgelehnte Richterin keinerlei Anlass gegeben, zumal bis zum Ablauf der gesetzten Einzahlungsfrist am 30. Juli 2010 noch über einen Monat Zeit zur Verfügung stand.
Soweit der Antragsteller das Gesuch darauf stützt, die Befangenheit der Vorsitzenden ergebe sich aus dem Inhalt der dienstlichen Äußerung, ist das Gesuch zulässig, aber unbegründet , denn die dienstliche Äußerung ist nicht geeignet, vom Standpunkt eines vernünftigen Beteiligten aus Zweifel an der Unvoreingenommenheit der Kammervorsitzenden zu wecken. Die abgelehnte Richterin hat in ihrer dienstlichen Stellungnahme ausgeführt, sie halte sich nicht für befangen und hat dargelegt, aus welchen Gründen das Ablehnungsgesuch aus ihrer Sicht nicht begründet sei. Bei der Gesamtbetrachtung aller Umstände führt dies jedoch zur Überzeugung des Senats nicht zu dem Schluss, die abgelehnte Richterin werde in der Sache nicht mit der gebotenen Unvoreingenommenheit und Unparteilichkeit entscheiden. Nach § 44 Abs. 3 ZPO hat sich der Richter über den Ablehnungsgrund dienstlich zu äußern. Die dienstliche Äußerung dient der Sachverhaltsaufklärung (vgl. Bundesfinanzhof (BFH), Beschluss vom 24. Juli 2000, Az. VIII B 44/00, Landgericht (LG) Bonn, Beschluss vom 11. September 2007, Az. 5 T 87/07, beide zitiert nach juris). In seiner Äußerung hat der abgelehnte Richter die Möglichkeit, unrichtige Behauptungen des Ablehnungsgesuches zu korrigieren oder die Beweggründe für sein Handeln offen zu legen (LG Bonn, Beschluss vom 11. September 2007, a.a.O.). Deshalb haben in dienstlichen Äußerungen nach § 44 Abs. 3 ZPO Ausführungen zur Zulässigkeit oder Begründetheit des Ablehnungsgesuchs grundsätzlich zu unterbleiben; allerdings kann in der dienstlichen Äußerung mit der gebotenen Zurückhaltung ein zur Ablehnung führender Vorgang auch wertend beurteilt werden (Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt, Beschluss vom 23. September 1997 – 6 W 140/97 -, NJW – RR 1998, 858, 859 m.w.N.). Hier sind die Grenzen einer solchen wertenden Stellungnahme noch eingehalten. Zum einen bezieht sich die Äußerung der abgelehnten Richterin, sie halte sich nicht für befangen, nicht auf einen klärungsbedürftigen Sachverhalt und ist deshalb rechtlich nicht relevant. Zum anderen ergibt sich aus der Schilderung des Ablaufs des Verfahrens in der Hauptsache und der sich anschließenden Bewertung, dass die Richterin inzidenter die offensichtliche Missbräuchlichkeit des Ablehnungsgesuchs geprüft hat. Insoweit durfte die Richterin hier im Hinblick auf die besonderen Umstände des Einzelfalls darauf hinweisen, dass der Kläger ohne erkennbaren Anlass und ohne Glaubhaftmachung eines Ablehnungsgrundes den Befangenheitsantrag gestellt hat. Ihre Schlussfolgerung, ein objektiv vernünftiger Grund für ein Misstrauen gegen ihre Unparteilichkeit sei nicht ersichtlich, überschritt deshalb hier die Grenze der gebotenen Zurückhaltung im Rahmen einer wertenden Stellungnahme nicht. – Schließlich folgt der Senat nicht der Auffassung des Klägers, die Richterin habe sich zu seinen Einwänden gegen die dienstliche Äußerung erneut zu äußern. Eine weitere Stellungnahme wäre nur erforderlich gewesen, wenn die Tatsachen, auf die der Kläger seine Befangenheitsrüge gestützt hat, nicht geklärt gewesen wären. Der zugrundeliegende Sachverhalt ist jedoch unstreitig. Insoweit hätte es einer dienstlichen Äußerung der abgelehnten Richterin zur Aufklärung des Sachverhalts, an den der Kläger anknüpft, bereits nicht bedurft; mit der Einholung der dienstlichen Äußerung ist lediglich in § 44 Abs. 3 ZPO gesetzlich vorgeschriebenen Vorgehensweise Rechnung getragen worden.
Der Beschluss ist mit der Beschwerde nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
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