Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG Halle (Saale) (SAN)
Aktenzeichen
S 7 AL 365/04
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 2 AL 40/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt von der Beklagten die Gewährung von Überbrückungsgeld für die Förderung der Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit am 15. Januar 2004.
Der am. 1979 geborene Kläger war durchgängig seit dem 1. August 1995 bis zum 21. Oktober 2001 als Auszubildender bzw. Arbeitnehmer beschäftigt. In der am 22. Oktober 2001 beginnenden beschäftigungslosen Zeit bezog er vom Arbeitsamt H. Arbeitslosengeld. Ab dem 1. Oktober 2002 nahm er eine selbständige Beschäftigung als Handelsvertreter auf. Das Arbeitsamt H gewährte wegen der Aufnahme dieser selbständigen Beschäftigung für den Zeitraum vom 1. Oktober 2002 bis zum 31. März 2003 ein Überbrückungsgeld in Höhe von 1.084,30 Euro monatlich. Am 17. Oktober 2003 gab der Kläger diese selbständige Tätigkeit auf. Der Kläger meldete sich daraufhin am 24. November 2003 erneut bei dem Arbeitsamt in H. arbeitslos, das ihm erneut ab dem 24. November 2003 bis zur Ausschöpfung des Anspruchs am 9. Dezember 2003 Arbeitslosengeld bewilligte. Am 15. Dezember 2003 händigten Mitarbeiter des Arbeitsamts H dem Kläger Antragsformulare für das Überbrückungsgeld aus.
Nach einem Wohnsitzwechsel nach H. (S. ) meldete sich der Kläger bei der Beklagten in H ... am 17. Dezember 2003 persönlich arbeitslos und beantragte Arbeitslosenhilfe. Die Beklagte übergab dem Kläger zugleich Antragsformulare auf das Überbrückungsgeld.
Bei dem Gewerbeamt der Stadt H. (S ... ) meldete der Kläger am 18. Dezember 2003 die Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit als Versicherungsmakler ab dem 15. Januar 2004.
Am 30. Dezember 2003 sprach der Kläger persönlich bei der Beklagten vor und übergab die unter dem 22. Dezember 2003 unterzeichneten Antragsformulare auf Überbrückungsgeld, die ihm die Beklagte am 17. Dezember 2003 ausgehändigt hatte. Der Kläger erklärte darin, er beantrage die Gewährung von Überbrückungsgeld für eine selbständige Tätigkeit als Versicherungsmakler in H ... , die er ab dem 15. Januar 2004 aufnehmen werde. Dem Antrag fügte der Kläger eine insgesamt positive Stellungnahme einer in C beheimateten Steuerberatungsgesellschaft vom 22. Dezember 2003 zur Tragfähigkeit der Existenzgründung als Versicherungsmakler bei.
Die Beklagte gewährte dem Kläger Arbeitslosenhilfe ab dem 17. Dezember 2003 bis zum 14. Januar 2004.
Die Gewährung von Überbrückungsgeld lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 9. März 2004 ab. Zu Begründung führte sie aus, dass für eine erneute Förderung mit Überbrückungsgeld nach der seit dem 1. Januar 2004 geltenden Rechtslage seit der letzten Förderung mit Überbrückungsgeld 24 Monate verstrichen sein müssten, was in der Person des Klägers nicht erfüllt sei.
Gegen die Ablehnung des Überbrückungsgeldes erhob der Kläger Widerspruch: Er habe seinen Antrag auf Überbrückungsgeld bereits am 17. Dezember 2005 gestellt, so dass für ihn noch die im Jahr 2003 geltende Rechtslage anwendbar sei. Des Weiteren sei ihm von Mitarbeitern der Beklagte gesagt worden, er solle seine Tätigkeit am 15. Januar 2004 aufnehmen, da man den Antrag sowieso nicht vorher bearbeiten könne.
Mit Widerspruchsbescheid vom 15. April 2004 wies die Beklagte den Widerspruch zurück: Eine erneute Förderung innerhalb von 24 Monaten sei ausgeschlossen. Der Antrag sei am 17. Dezember 2003 mit einem Geschäftsbeginn zum 15. Januar 2004 gestellt worden. Ihrem Aktenvermerk vom 17. Dezember 2003 zufolge sei der Kläger nicht zum Beginn der selbständigen Tätigkeit beraten worden. Sie gehe davon aus, dass der Kläger den Beginn seiner Tätigkeit selbst gewählt habe.
Das Sozialgericht Halle (SG) hat die am 26. April 2004 erhobene Klage nach Beweisaufnahme durch Vernehmung eines Beraters des Klägers und einer Mitarbeiterin der Beklagten mit Urteil vom 23. Februar 2007 abgewiesen: Nach der seit dem 1. Januar 2004 geltenden neuen Rechtslage sei die Förderung ausgeschlossen, wenn nach der Beendigung einer Förderung noch nicht 24 Monate vergangen seien. Diese neue Rechtslage gelte trotz der Antragstellung am 17. Dezember 2003. Es sei das Recht anzuwenden, das bei der Aufnahme der selbständigen Tätigkeit gilt. Der Kläger habe seine selbständige Tätigkeit erst am 15. Januar 2004 aufgenommen. Weil er zuvor schon vom 1. Oktober 2002 bis zum 31. März 2003 Überbrückungsgeld bezogen habe, seien noch nicht 24 Monate verstrichen gewesen. Besondere Gründe, von der Frist abzuweichen, seien nicht zu erkennen. Der Kläger sei auch nicht so zu behandeln, als habe er seine Tätigkeit noch zur vorherigen Rechtslage aufgenommen. Nach der Beweisaufnahme sei das Gericht nicht davon überzeugt, dass die Darstellung des Klägers zutreffe, ihm sei von einer Mitarbeiterin der Beklagten die Aufnahme der selbständigen Tätigkeit im Jahr 2004 geraten worden. Zudem sei nicht festzustellen gewesen, ob der Bedarf bestanden habe, den Kläger zu den Voraussetzungen des Überbrückungsgeldes zu beraten.
Am 16. April 2007 hat der Kläger gegen das ihm am 28. März 2007 zugestellte Urteil Berufung erhoben: Nach seiner Ansicht sei die Beweisaufnahme zu seinen Gunsten ausgegangen. Das Urteil sei für ihn nicht nachvollziehbar.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Halle vom 23. Februar 2007 und den Bescheid der Beklagten vom 9. März 2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. April 2004 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm Überbrückungsgeld ab dem 17. Dezember 2003 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die Berufung nicht für begründet und verweist auf die ihrer Ansicht nach zutreffenden Ausführungen des SG im Urteil.
Die Gerichtsakte und die Verwaltungsakte der Beklagten haben vorgelegen und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Sachvortrages der Beteiligten wird auf den Inhalt der Akten ergänzend verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers ist fristgerecht im Sinne des § 151 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) eingelegt. Die Berufung ist auch im Übrigen zulässig. Insbesondere ist die Berufung nicht nach § 144 Abs. 1 SGG ausgeschlossen.
Die Berufung gegen das Urteil des SG ist nicht begründet. Wie das SG zu Recht entschieden hat, ist der die Gewährung von Überbrückungsgeld ablehnende Verwaltungsakt der Beklagten vom 9. März 2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. April 2004 nicht aufzuheben und dem Kläger Überbrückungsgeld zu gewähren. Die Beklagte hat die Gewährung des Überbrückungsgeldes zutreffend abgelehnt, weil der Kläger keinen Anspruch auf eine erneute Förderung hat.
Nach der im Streitfall wegen der erst am 15. Januar 2004 aufgenommenen selbständigen Tätigkeit anzuwendenden Rechtslage gemäß § 57 Abs. 4 Drittes Buch des Sozialgesetzbuches – Arbeitsförderung (SGB III) – eingefügt durch Art. 1 Nr. 45 Buchst. e des Dritten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23. Dezember 2003, BGBl. I S. 2848, in Kraft ab dem 1. Januar 2004 – war die Förderung durch Überbrückungsgeld ausgeschlossen, wenn nach Beendigung einer Förderung der Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit nach dem SGB III noch nicht 24 Monate vergangen sind; von dieser Frist kann wegen besonderer in der Person des Arbeitnehmers liegender Gründe abgesehen werden.
Die neue Regelung in § 57 Abs. 4 SGB III war auch für sämtliche ab dem 1. Januar 2004 eintretenden Leistungsfälle anzuwenden. Eine besondere Übergangsregelung zur Anwendung des § 57 Abs. 4 SGB III ist mit dem Dritten Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt nicht geschaffen worden. In der dieses Gesetz betreffenden Übergangsvorschrift des § 434j SGB III findet sich hierzu keine Regelung. Dementsprechend gilt bei Rechtsänderungen die allgemeine Regelung des § 422 Abs. 1 SGB III, wonach bei Änderungen des SGB III, soweit nichts Abweichendes bestimmt ist, auf Leistungen der aktiven Arbeitsförderung höchstens bis zum Ende der Leistungen oder der Maßnahme die Vorschriften in der vor dem Tag des Inkrafttretens der Änderung geltenden Fassung weiter anzuwenden sein könnten. Für noch nicht begonnene Förderungen bzw. Maßnahmen kann daher älteres Recht nicht weiter gelten.
Vorliegend waren seit der letzten Förderung mit Überbrückungsgeld noch nicht 24 Monate verstrichen. Die Beklagte hatte dem Kläger bereits zuvor bis zum 31. März 2003 auf der Grundlage des § 57 SGB III Überbrückungsgeld geleistet.
Der Kläger hat die neuerliche selbständige Tätigkeit in H (S ... ) tatsächlich erst am 15. Januar 2004 aufgenommen. Wie der Kläger in der mündlichen Verhandlung schildert, hat er zwar im Dezember 2003 bereits in H ... gearbeitet bzw. sich eingearbeitet, war aber hierbei nicht selbstbestimmt tätig. Wie der Kläger weiter erklärt, hat er im Dezember 2003 bei der A nur Versicherungen auf deren Weisung bei einer Beschäftigungszeit von unter 15 Stunden wöchentlich vermittelt. Daher hat der Kläger im Dezember 2003 noch keine selbständige Beschäftigung aufgenommen.
Nach Ansicht des Senats liegen keine Umstände vor, nach denen gemäß § 57 Abs. 4 Halbsatz 2 SGB III wegen besonderer in der Person des Arbeitnehmers liegender Gründe von der 24monatigen Wartefrist abgesehen werden könnte. Der Einführung der Wartefrist lag das Motiv zugrunde, dass für die Klärung der wirtschaftlichen und sonstigen Voraussetzungen einer erneuten Selbständigkeit eine gewisse Zeit benötigt wird. Hiervon sollte nur in besonderen Fällen aus persönlichen Gründen abgesehen werden können, z.B. bei Krankheit oder Unfall während der ersten Förderung (vgl. BT-Drs. 15/1515 S. 81). Darüber hinaus sollen auch solche Gründe ein Absehen von der Wartefrist rechtfertigen, die ohne Verschulden des Arbeitslosen das Scheitern der vorherigen Selbständigkeit herbeiführten (Winkler in Gagel, SGB II/SGB III, Kommentar, § 57 SGB III, Rn. 34). Solche tatsächlichen Umstände liegen nach der Überzeugung des Senats nicht vor. Bereits in seinem Schreiben vom 3. Dezember 2003 an die Beklagte gab der Kläger für das Scheitern der vorherigen Selbständigkeit wirtschaftliche Gründe an. Auch in der mündlichen Verhandlung führte der Kläger aus, dass er nicht genügend Einkünfte aus der vorigen Selbständigkeit erzielte, mithin allein wirtschaftliche Gründe für die Aufgabe maßgeblich waren.
Soweit der Kläger wegen der nicht erfüllten Wartezeit keinen Anspruch die Gewährung des Existenzgründungszuschusses hat, kann er auch nach den Grundsätzen des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs nicht so behandelt werden, als hätte er seine Selbständigkeit noch im Jahr 2003 aufgenommen. Der sozialrechtliche Herstellungsanspruch setzt voraus, dass der Sozialleistungsträger eine ihm auf Grund Gesetzes oder eines Sozialrechtsverhältnisses obliegende Pflicht, insbesondere zur Auskunft und Beratung (§§ 15, 14 Sozialgesetzbuch Erstes Buch – Allgemeiner Teil (SGB I), verletzt hat. Darüber hinaus muss zwischen der Pflichtverletzung des Sozialleistungsträgers und dem Nachteil des Betroffenen ein ursächlicher Zusammenhang bestehen und der durch das pflichtwidrige Verwaltungshandeln eingetretene Nachteil muss durch eine zulässige Amtshandlung beseitigt werden können. Die Korrektur durch den Herstellungsanspruch darf dem jeweiligen Gesetzeszweck auch nicht widersprechen (vgl. BSG in st. Rspr., z.B. v. 01.04.2004 - B 7 AL 52/03 R - BSGE 92, 267 – Juris Rn. 37) Hier ist irrelevant, ob der Kläger keine oder keine den Gründsätzen für die Auskunft und Beratung gemäß §§ 14, 15 SGB I genügende Auskunft zu den ab dem 1. Januar 2004 geltenden Regelungen durch die Beklagte erfahren haben will. Selbst wenn den Mitarbeitern der Beklagten diesbezüglich falsches Verhalten vorgeworfen werden könnte und darüber hinaus feststünde, dass dies zu dem hiesigen Nachteil des Anspruchsverlusts durch die "verspätete" Aufnahme der selbständigen Tätigkeit geführt hat, könnte der Nachteil nicht mehr durch rechtmäßiges Verwaltungshandeln ausgeglichen werden. Lebensvorgänge außerhalb des Verwaltungshandelns können nicht durch Verwaltungshandeln negiert oder fingiert werden (vgl. auch BSG v. 01.04.2004 - B 7 AL 52/03 R - BSGE 92, 267 – Juris Rn. 39 ff.; LSG Berlin-Brandenburg v. 27.04.2010 - L 18 AL 160/09 – Juris Rn. 28; Bayerisches LSG v. 12. Februar 2004 – L 8 AL 100/02 – Juris). Der Zeitpunkt der Aufnahme einer Beschäftigung kann nur durch den Kläger und nicht durch rechtmäßiges Verwaltungshandeln beeinflusst werden.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Abs. 1 und 4 SGG und berücksichtigt den Ausgang des Rechtsstreits.
Die Revision wird nicht zugelassen, weil keine Gründe für die Zulassung im Sinne des § 160 Abs. 2 SGG vorliegen. Es handelt sich um eine Einzelfallentscheidung, der keine grundsätzliche Bedeutung beizumessen ist.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt von der Beklagten die Gewährung von Überbrückungsgeld für die Förderung der Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit am 15. Januar 2004.
Der am. 1979 geborene Kläger war durchgängig seit dem 1. August 1995 bis zum 21. Oktober 2001 als Auszubildender bzw. Arbeitnehmer beschäftigt. In der am 22. Oktober 2001 beginnenden beschäftigungslosen Zeit bezog er vom Arbeitsamt H. Arbeitslosengeld. Ab dem 1. Oktober 2002 nahm er eine selbständige Beschäftigung als Handelsvertreter auf. Das Arbeitsamt H gewährte wegen der Aufnahme dieser selbständigen Beschäftigung für den Zeitraum vom 1. Oktober 2002 bis zum 31. März 2003 ein Überbrückungsgeld in Höhe von 1.084,30 Euro monatlich. Am 17. Oktober 2003 gab der Kläger diese selbständige Tätigkeit auf. Der Kläger meldete sich daraufhin am 24. November 2003 erneut bei dem Arbeitsamt in H. arbeitslos, das ihm erneut ab dem 24. November 2003 bis zur Ausschöpfung des Anspruchs am 9. Dezember 2003 Arbeitslosengeld bewilligte. Am 15. Dezember 2003 händigten Mitarbeiter des Arbeitsamts H dem Kläger Antragsformulare für das Überbrückungsgeld aus.
Nach einem Wohnsitzwechsel nach H. (S. ) meldete sich der Kläger bei der Beklagten in H ... am 17. Dezember 2003 persönlich arbeitslos und beantragte Arbeitslosenhilfe. Die Beklagte übergab dem Kläger zugleich Antragsformulare auf das Überbrückungsgeld.
Bei dem Gewerbeamt der Stadt H. (S ... ) meldete der Kläger am 18. Dezember 2003 die Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit als Versicherungsmakler ab dem 15. Januar 2004.
Am 30. Dezember 2003 sprach der Kläger persönlich bei der Beklagten vor und übergab die unter dem 22. Dezember 2003 unterzeichneten Antragsformulare auf Überbrückungsgeld, die ihm die Beklagte am 17. Dezember 2003 ausgehändigt hatte. Der Kläger erklärte darin, er beantrage die Gewährung von Überbrückungsgeld für eine selbständige Tätigkeit als Versicherungsmakler in H ... , die er ab dem 15. Januar 2004 aufnehmen werde. Dem Antrag fügte der Kläger eine insgesamt positive Stellungnahme einer in C beheimateten Steuerberatungsgesellschaft vom 22. Dezember 2003 zur Tragfähigkeit der Existenzgründung als Versicherungsmakler bei.
Die Beklagte gewährte dem Kläger Arbeitslosenhilfe ab dem 17. Dezember 2003 bis zum 14. Januar 2004.
Die Gewährung von Überbrückungsgeld lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 9. März 2004 ab. Zu Begründung führte sie aus, dass für eine erneute Förderung mit Überbrückungsgeld nach der seit dem 1. Januar 2004 geltenden Rechtslage seit der letzten Förderung mit Überbrückungsgeld 24 Monate verstrichen sein müssten, was in der Person des Klägers nicht erfüllt sei.
Gegen die Ablehnung des Überbrückungsgeldes erhob der Kläger Widerspruch: Er habe seinen Antrag auf Überbrückungsgeld bereits am 17. Dezember 2005 gestellt, so dass für ihn noch die im Jahr 2003 geltende Rechtslage anwendbar sei. Des Weiteren sei ihm von Mitarbeitern der Beklagte gesagt worden, er solle seine Tätigkeit am 15. Januar 2004 aufnehmen, da man den Antrag sowieso nicht vorher bearbeiten könne.
Mit Widerspruchsbescheid vom 15. April 2004 wies die Beklagte den Widerspruch zurück: Eine erneute Förderung innerhalb von 24 Monaten sei ausgeschlossen. Der Antrag sei am 17. Dezember 2003 mit einem Geschäftsbeginn zum 15. Januar 2004 gestellt worden. Ihrem Aktenvermerk vom 17. Dezember 2003 zufolge sei der Kläger nicht zum Beginn der selbständigen Tätigkeit beraten worden. Sie gehe davon aus, dass der Kläger den Beginn seiner Tätigkeit selbst gewählt habe.
Das Sozialgericht Halle (SG) hat die am 26. April 2004 erhobene Klage nach Beweisaufnahme durch Vernehmung eines Beraters des Klägers und einer Mitarbeiterin der Beklagten mit Urteil vom 23. Februar 2007 abgewiesen: Nach der seit dem 1. Januar 2004 geltenden neuen Rechtslage sei die Förderung ausgeschlossen, wenn nach der Beendigung einer Förderung noch nicht 24 Monate vergangen seien. Diese neue Rechtslage gelte trotz der Antragstellung am 17. Dezember 2003. Es sei das Recht anzuwenden, das bei der Aufnahme der selbständigen Tätigkeit gilt. Der Kläger habe seine selbständige Tätigkeit erst am 15. Januar 2004 aufgenommen. Weil er zuvor schon vom 1. Oktober 2002 bis zum 31. März 2003 Überbrückungsgeld bezogen habe, seien noch nicht 24 Monate verstrichen gewesen. Besondere Gründe, von der Frist abzuweichen, seien nicht zu erkennen. Der Kläger sei auch nicht so zu behandeln, als habe er seine Tätigkeit noch zur vorherigen Rechtslage aufgenommen. Nach der Beweisaufnahme sei das Gericht nicht davon überzeugt, dass die Darstellung des Klägers zutreffe, ihm sei von einer Mitarbeiterin der Beklagten die Aufnahme der selbständigen Tätigkeit im Jahr 2004 geraten worden. Zudem sei nicht festzustellen gewesen, ob der Bedarf bestanden habe, den Kläger zu den Voraussetzungen des Überbrückungsgeldes zu beraten.
Am 16. April 2007 hat der Kläger gegen das ihm am 28. März 2007 zugestellte Urteil Berufung erhoben: Nach seiner Ansicht sei die Beweisaufnahme zu seinen Gunsten ausgegangen. Das Urteil sei für ihn nicht nachvollziehbar.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Halle vom 23. Februar 2007 und den Bescheid der Beklagten vom 9. März 2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. April 2004 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm Überbrückungsgeld ab dem 17. Dezember 2003 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die Berufung nicht für begründet und verweist auf die ihrer Ansicht nach zutreffenden Ausführungen des SG im Urteil.
Die Gerichtsakte und die Verwaltungsakte der Beklagten haben vorgelegen und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Sachvortrages der Beteiligten wird auf den Inhalt der Akten ergänzend verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers ist fristgerecht im Sinne des § 151 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) eingelegt. Die Berufung ist auch im Übrigen zulässig. Insbesondere ist die Berufung nicht nach § 144 Abs. 1 SGG ausgeschlossen.
Die Berufung gegen das Urteil des SG ist nicht begründet. Wie das SG zu Recht entschieden hat, ist der die Gewährung von Überbrückungsgeld ablehnende Verwaltungsakt der Beklagten vom 9. März 2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. April 2004 nicht aufzuheben und dem Kläger Überbrückungsgeld zu gewähren. Die Beklagte hat die Gewährung des Überbrückungsgeldes zutreffend abgelehnt, weil der Kläger keinen Anspruch auf eine erneute Förderung hat.
Nach der im Streitfall wegen der erst am 15. Januar 2004 aufgenommenen selbständigen Tätigkeit anzuwendenden Rechtslage gemäß § 57 Abs. 4 Drittes Buch des Sozialgesetzbuches – Arbeitsförderung (SGB III) – eingefügt durch Art. 1 Nr. 45 Buchst. e des Dritten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23. Dezember 2003, BGBl. I S. 2848, in Kraft ab dem 1. Januar 2004 – war die Förderung durch Überbrückungsgeld ausgeschlossen, wenn nach Beendigung einer Förderung der Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit nach dem SGB III noch nicht 24 Monate vergangen sind; von dieser Frist kann wegen besonderer in der Person des Arbeitnehmers liegender Gründe abgesehen werden.
Die neue Regelung in § 57 Abs. 4 SGB III war auch für sämtliche ab dem 1. Januar 2004 eintretenden Leistungsfälle anzuwenden. Eine besondere Übergangsregelung zur Anwendung des § 57 Abs. 4 SGB III ist mit dem Dritten Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt nicht geschaffen worden. In der dieses Gesetz betreffenden Übergangsvorschrift des § 434j SGB III findet sich hierzu keine Regelung. Dementsprechend gilt bei Rechtsänderungen die allgemeine Regelung des § 422 Abs. 1 SGB III, wonach bei Änderungen des SGB III, soweit nichts Abweichendes bestimmt ist, auf Leistungen der aktiven Arbeitsförderung höchstens bis zum Ende der Leistungen oder der Maßnahme die Vorschriften in der vor dem Tag des Inkrafttretens der Änderung geltenden Fassung weiter anzuwenden sein könnten. Für noch nicht begonnene Förderungen bzw. Maßnahmen kann daher älteres Recht nicht weiter gelten.
Vorliegend waren seit der letzten Förderung mit Überbrückungsgeld noch nicht 24 Monate verstrichen. Die Beklagte hatte dem Kläger bereits zuvor bis zum 31. März 2003 auf der Grundlage des § 57 SGB III Überbrückungsgeld geleistet.
Der Kläger hat die neuerliche selbständige Tätigkeit in H (S ... ) tatsächlich erst am 15. Januar 2004 aufgenommen. Wie der Kläger in der mündlichen Verhandlung schildert, hat er zwar im Dezember 2003 bereits in H ... gearbeitet bzw. sich eingearbeitet, war aber hierbei nicht selbstbestimmt tätig. Wie der Kläger weiter erklärt, hat er im Dezember 2003 bei der A nur Versicherungen auf deren Weisung bei einer Beschäftigungszeit von unter 15 Stunden wöchentlich vermittelt. Daher hat der Kläger im Dezember 2003 noch keine selbständige Beschäftigung aufgenommen.
Nach Ansicht des Senats liegen keine Umstände vor, nach denen gemäß § 57 Abs. 4 Halbsatz 2 SGB III wegen besonderer in der Person des Arbeitnehmers liegender Gründe von der 24monatigen Wartefrist abgesehen werden könnte. Der Einführung der Wartefrist lag das Motiv zugrunde, dass für die Klärung der wirtschaftlichen und sonstigen Voraussetzungen einer erneuten Selbständigkeit eine gewisse Zeit benötigt wird. Hiervon sollte nur in besonderen Fällen aus persönlichen Gründen abgesehen werden können, z.B. bei Krankheit oder Unfall während der ersten Förderung (vgl. BT-Drs. 15/1515 S. 81). Darüber hinaus sollen auch solche Gründe ein Absehen von der Wartefrist rechtfertigen, die ohne Verschulden des Arbeitslosen das Scheitern der vorherigen Selbständigkeit herbeiführten (Winkler in Gagel, SGB II/SGB III, Kommentar, § 57 SGB III, Rn. 34). Solche tatsächlichen Umstände liegen nach der Überzeugung des Senats nicht vor. Bereits in seinem Schreiben vom 3. Dezember 2003 an die Beklagte gab der Kläger für das Scheitern der vorherigen Selbständigkeit wirtschaftliche Gründe an. Auch in der mündlichen Verhandlung führte der Kläger aus, dass er nicht genügend Einkünfte aus der vorigen Selbständigkeit erzielte, mithin allein wirtschaftliche Gründe für die Aufgabe maßgeblich waren.
Soweit der Kläger wegen der nicht erfüllten Wartezeit keinen Anspruch die Gewährung des Existenzgründungszuschusses hat, kann er auch nach den Grundsätzen des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs nicht so behandelt werden, als hätte er seine Selbständigkeit noch im Jahr 2003 aufgenommen. Der sozialrechtliche Herstellungsanspruch setzt voraus, dass der Sozialleistungsträger eine ihm auf Grund Gesetzes oder eines Sozialrechtsverhältnisses obliegende Pflicht, insbesondere zur Auskunft und Beratung (§§ 15, 14 Sozialgesetzbuch Erstes Buch – Allgemeiner Teil (SGB I), verletzt hat. Darüber hinaus muss zwischen der Pflichtverletzung des Sozialleistungsträgers und dem Nachteil des Betroffenen ein ursächlicher Zusammenhang bestehen und der durch das pflichtwidrige Verwaltungshandeln eingetretene Nachteil muss durch eine zulässige Amtshandlung beseitigt werden können. Die Korrektur durch den Herstellungsanspruch darf dem jeweiligen Gesetzeszweck auch nicht widersprechen (vgl. BSG in st. Rspr., z.B. v. 01.04.2004 - B 7 AL 52/03 R - BSGE 92, 267 – Juris Rn. 37) Hier ist irrelevant, ob der Kläger keine oder keine den Gründsätzen für die Auskunft und Beratung gemäß §§ 14, 15 SGB I genügende Auskunft zu den ab dem 1. Januar 2004 geltenden Regelungen durch die Beklagte erfahren haben will. Selbst wenn den Mitarbeitern der Beklagten diesbezüglich falsches Verhalten vorgeworfen werden könnte und darüber hinaus feststünde, dass dies zu dem hiesigen Nachteil des Anspruchsverlusts durch die "verspätete" Aufnahme der selbständigen Tätigkeit geführt hat, könnte der Nachteil nicht mehr durch rechtmäßiges Verwaltungshandeln ausgeglichen werden. Lebensvorgänge außerhalb des Verwaltungshandelns können nicht durch Verwaltungshandeln negiert oder fingiert werden (vgl. auch BSG v. 01.04.2004 - B 7 AL 52/03 R - BSGE 92, 267 – Juris Rn. 39 ff.; LSG Berlin-Brandenburg v. 27.04.2010 - L 18 AL 160/09 – Juris Rn. 28; Bayerisches LSG v. 12. Februar 2004 – L 8 AL 100/02 – Juris). Der Zeitpunkt der Aufnahme einer Beschäftigung kann nur durch den Kläger und nicht durch rechtmäßiges Verwaltungshandeln beeinflusst werden.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Abs. 1 und 4 SGG und berücksichtigt den Ausgang des Rechtsstreits.
Die Revision wird nicht zugelassen, weil keine Gründe für die Zulassung im Sinne des § 160 Abs. 2 SGG vorliegen. Es handelt sich um eine Einzelfallentscheidung, der keine grundsätzliche Bedeutung beizumessen ist.
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