L 2 AL 26/07

Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG Halle (Saale) (SAN)
Aktenzeichen
S 2 AL 707/05
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 2 AL 26/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Das Urteil des Sozialgerichts Halle vom 5. Dezember 2006 wird abgeändert. Der Bescheid der Beklagten vom 2. Dezember 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 1. September 2005 wird aufgehoben, soweit die Bewilligung von Arbeitslosengeld für einen Zeitraum über den 10. September 2003 hinaus aufgehoben und ein über 331,10 EUR hinausgehender Erstattungsbetrag festgesetzt wird.

Die Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten des Klägers zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger wendet sich mit seiner Klage gegen die Aufhebung der Bewilligung von Arbeitslosengeld (Alg) für die Zeit vom 1. September 2003 bis 25. August 2004 und die Rückforderung eines Leistungsbetrages von 11.919,60 EUR.

Der am ... 1966 geborene Kläger war vom 1. Februar 1991 bis zum 31. August 2003 als Mitarbeiter im Verkauf bei der Firma S ... Haustechnik L ... KG beschäftigt. Am 7. August 2003 meldete er sich bei der Beklagten zum 1. September 2003 arbeitslos. Bei der Antragstellung erhielt der Kläger eine schriftliche Einladung für den 1. September 2003 zu einem Gespräch über seine Vermittlungsmöglichkeiten. Der Kläger sandte diese Einladung an die Beklagte zurück (Eingang am 2. September 2003) und gab unter dem Datum des 31. August 2003 auf der Rückseite an, er sei ab dem 1. September 2003 in Arbeit bei der H.M. P GmbH und Co. KG (im Folgenden: Firma P ...) und für diese Firma als Handelsvertreter tätig. Er "kreuzte an", dass er an der Vermittlung von Stellenangeboten nicht mehr interessiert sei. Mit Bescheid vom 6. Oktober 2003 bewilligte die Beklagte dem Kläger für die Zeit ab dem 1. September 2003 für 360 Kalendertage Alg in Höhe von 33,11 EUR täglich (auf der Grundlage eines wöchentlichen Bemessungsentgelts von gerundet 455 EUR und der Leistungsgruppe C bei einem Leistungssatz von 67 Prozent). Mit einem Folgebescheid vom Januar 2004 bewilligte die Beklagte dem Kläger ab dem 1. Januar 2004 Alg in Höhe von 33,59 EUR täglich. Die Beklagte überwies dem Kläger in der Folgezeit das bewilligte Alg für die Zeit vom 1. September 2003 bis zum 25. August 2004. Am 30. August 2004 sprach der Kläger wieder persönlich bei der für ihn zuständigen Agentur für Arbeit vor. Er erklärte, sich selbständig machen zu wollen und fragte nach Förderungsmöglichkeiten. In diesem Zusammenhang äußerte er, für die Arbeitsvermittlung in vollem Umfang zur Verfügung zu stehen.

Die Beklagte hörte den Kläger im Oktober 2004 zu einer beabsichtigen Aufhebung der Bewilligung von Alg für den Zeitraum vom 1. September 2003 bis zum 25. August 2004 an, woraufhin dieser am 4. November 2004 antwortete: Er habe in Vorbereitung auf eine gewerbliche Tätigkeit Kundenaquise betrieben und hierfür weniger als 15 Stunden in der Woche aufgewendet. Die Beklagte hob daraufhin mit Bescheid vom 2. Dezember 2004 die Bewilligung von Alg für die Zeit vom 1. September 2003 bis zum 25. August 2004 auf und forderte die für die Zeit erbrachte Leistungen (ohne darauf entrichtete Beiträge für die Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung) in Höhe von insgesamt 11.919,60 EUR zurück. Hiergegen erhob der Kläger am 9. Dezember 2004 Widerspruch, den die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 1. September 2005 als unbegründet zurückwies. Die Beklagte führte aus: Sie habe nach dem Eingang der Mitteilung am 2. September 2009 ihre auf den Kläger bezogenen Vermittlungsbemühungen eingestellt. Durch einen Fehler im Verwaltungsverfahren sei die Leistungsabteilung nicht über diesen Sachstand informiert worden, so dass die Zahlungen bis zum 25. August 2004 weiter erfolgt seien. Der Fehler sei erst bei der Vorsprache des Klägers am 30. August 2004 bemerkt worden.

Der Kläger hat am 30. September 2005 Klage beim Sozialgericht Halle (SG) erhoben. Zur Begründung hat er vorgetragen: Seine Tätigkeit für die Firma P ... habe nur kurze Zeit gedauert. Er habe eine Woche lang an einer Schulung teilgenommen und sei dann anschließend drei Tage im Außendienst tätig gewesen. Die Tätigkeit sei ausschließlich auf eine Zahlung auf Provisionsbasis ausgerichtet gewesen; er habe aber keine Einkünfte bezogen. Die Beendigung seiner Tätigkeit für die Firma P habe er telefonisch der Beklagten mitgeteilt und dabei auch gesagt, dass er keine Einkünfte aus der Tätigkeit erzielt habe. Die das Telefongespräch entgegennehmende Mitarbeiterin habe ihm gesagt, sie gebe diese Mitteilung in den Computer ein; damit sei die Sache erledigt und er brauche sich deswegen nicht persönlich zu melden. Er sei davon ausgegangen, dass dies alles so richtig abgelaufen sei, weil er ja in der Folgezeit Alg bekommen habe.

Das SG hat die Klage mit Urteil vom 5. September 2006 als unbegründet abgewiesen und ausgeführt: Die Bewilligung von Alg für den Kläger sei von Anfang an rechtswidrig gewesen, weil der Kläger aufgrund des ab dem 1. September 2003 bei der Firma P ... aufgenommenen Beschäftigungsverhältnisses nicht mehr arbeitslos gewesen sei. Hinsichtlich der Rechtmäßigkeit des Leistungsbezugs sei der Kläger auch grob fahrlässig gewesen.

Der Kläger hat gegen das ihm am 1. Februar 2007 zugestellt Urteil am 28. Februar 2007 Berufung eingelegt und ausgeführt: Er sei von der Rechtmäßigkeit der erhaltenen Alg-Zahlungen ausgegangen.

In einem vom Berichterstatter am 7. Juli 2010 durchgeführt Erörterungstermin hat der Kläger erklärt: Die Tätigkeit für die Firma P sei auf eine freie Handelvertretertätigkeit auf Provisionsbasis ausgerichtet gewesen. Es sei kein Fixum vereinbart gewesen, sondern er habe nur Provisionen bekommen sollen, wenn er mit Privatkunden Abschlüsse über den Ankauf von Wein vermittelt hätte. In der Woche nach der Schulung sei er mit "erfahrenen Kollegen" zu Supermärkten gefahren, wo die Kollegen Weinstände aufgebaut und Kunden der Supermärkte angesprochen hätten. Er selbst habe keine Verträge abschließen können und nach drei Tagen gemerkt, dass die Sache nichts für ihn sei. Deshalb habe er dann aufgehört.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Halle und den Bescheid der Beklagten vom 2. Dezember 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 1. September 2005 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie meint: Wegen der mitgeteilten Aufnahme der Beschäftigung ab dem 1. September 2003 habe der Kläger nicht auf die Richtigkeit der Leistungsbewilligung - zumindest für die ersten beiden Wochen - vertrauen dürfen. Er habe nicht annehmen dürfen, die Beschäftigung sei leistungsunschädlich und hätte entsprechend nachfragen müssen.

Die Firma P ... hat mit Schreiben vom 10. August 2010 auf eine Anfrage des Berichterstatter mitgeteilt: Nach Rücksprache mit ihrem Verkaufsbüro in L sei der Kläger dort nicht bekannt. Es lägen auch keine schriftlichen Unterlagen bzw. Informationen über einen möglichen Eintritt des Klägers vor.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten und die Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung des Klägers ist ganz überwiegend begründet. Der angefochtene Aufhebungs- und Erstattungsbescheid der Beklagten ist nur rechtmäßig, soweit die Bewilligung von Alg für 1. September bis zum 10. September 2003 rückwirkend aufgehoben und die für diese Zeit gezahlte Leistung in Höhe von insgesamt 331,10 EUR zurückgefordert wird. Die Aufhebung der Bewilligung für den daran anschließenden Zeitraum vom 11. September 2003 bis zum 25. August 2004 und die daran anschließende Erstattungsforderung ist rechtswidrig.

Als Rechtsgrundlage für die hier angefochtene Aufhebung der Bewilligung von Alg für die Zeit vom 1. September 2003 bis 25. August 2004 kommt § 45 Abs. 1 in Verbindung mit Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz (SGB X) i.V.m. § 330 Abs. 2 Sozialgesetzbuch Drittes Buch – Arbeitsförderung (SGB III) in Betracht. Nach § 45 Abs. 1 SGB X ist ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückzunehmen.

Hier ist die mit Bescheiden vom 6. Oktober 2003 und Januar 2004 erfolgte Bewilligung von Alg für den Kläger für die Zeit ab dem 1. September 2003 rechtswidrig erfolgt.

Der Kläger meldete sich zwar am 7. August 2003 zum 1. September 2003 arbeitslos, war am 1. September 2003 aber nicht mehr arbeitslos und hatte deshalb keinen Anspruch auf Alg. Nach § 118 Abs. 1 SGB III haben Arbeitnehmer Anspruch auf Alg, die arbeitslos sind, sich arbeitslos gemeldet und die Anwartschaftszeit erfüllt haben. Arbeitslos ist ein Arbeitnehmer nur dann, wenn er nicht in einem Beschäftigungsverhältnis steht (Beschäftigungslosigkeit) und im Sinne des § 119 eine Beschäftigung sucht. Zur Beschäftigungssuche gehört nach § 119 Abs. Ziffer 2 SGB III, dass der Arbeitslose den Vermittlungsbemühungen der Agentur für Arbeit zur Verfügung steht (Verfügbarkeit). Die Verfügbarkeit setzt auch voraus, dass der Arbeitslose gegenüber der Agentur für Arbeit seine Bereitschaft erklärt hat, sich in eine seiner Arbeitsfähigkeit entsprechenden Arbeit vermitteln zu lassen. Der Kläger hatte der Beklagten am 2. September 2003 angezeigt, wegen der Aufnahme einer Tätigkeit als Handelsvertreter ab dem 1. September 2003 (einem Montag) nicht mehr für Vermittlungsbemühungen der Beklagten zur Verfügung zu stehen. Dies wurde von der Beklagten registriert, die dann auch keine Vermittlungsversuche mehr unternahm. Damit war der Kläger nicht mehr verfügbar im Sinne des § 119 Abs. 1 Ziffer 2 SGB III und damit auch nicht mehr arbeitslos. Nach dem, was der Kläger glaubhaft vorträgt, sollte er als selbständiger Handelsvertreter auf Provisionsbasis für die Firma P.tätig sei und deren Weine vermarkten. In der ersten Woche der Geschäftsbeziehung mit der Firma P ... nahm der Kläger an einer jeweils ganztägigen Schulung teil. Schon deshalb stand er der Arbeitsvermittlung nicht zur Verfügung. Diese Schulung war bereits Teil der selbständigen Tätigkeit und schloss Arbeitslosigkeit nach § 119 Abs. 3 Satz 1 SGB III bei einer (vorausschauend betrachtet) mindestens 15 Wochenstunden umfassenden Tätigkeit aus.

Nach dem glaubhaften Vortrag des Klägers hat er seine Tätigkeit für die Firma P ... beendet, nachdem er in der Woche nach der Schulung noch drei Tage mit "erfahrenen Kollegen" zusammen auf Verkaufveranstaltungen war und dabei zum Schluss kam, die Tätigkeit nicht weiterführen zu wollen. Somit ist davon auszugehen, dass der Kläger ab dem 11. September 2003 (einem Donnerstag) nicht mehr als Handelsvertreter tätig war und seine Geschäftsbeziehung zur Firma P ... auch vollständig beendet hatte. Dass dieser Vortrag des Klägers zutreffend ist und dass er keine Provisionszahlungen erhielt, wird durch die Auskunft der Firma P. vom 10. August 2010 bestätigt. Denn wenn der Kläger dieser Firma gegenüber abgerechnet hätte, müssten oder sollten dort noch Unterlagen vorhanden sein, was aber nicht der Fall ist.

Allerdings "lebte" mit dem Ende der Tätigkeit für die Firma P ... der Anspruch des Klägers auf Alg nicht ohne weiteres wieder auf. Zwar war die ursprüngliche Meldung anlässlich der Antragstellung bei der Beklagten nicht nach § 122 Abs. 2 Nr. 2 SGB III mit der Aufnahme der die Arbeitslosigkeit ausschließenden selbständigen Tätigkeit als Handelsvertreter erloschen, weil der Kläger die selbständige Tätigkeit unverzüglich (nach der Aufnahme) der Beklagten mitgeteilt hatte. Der Kläger stand jedoch nach dem Ende der selbständigen Tätigkeit weiter nicht für Vermittlungsbemühungen der Beklagten zur Verfügung. Die am 2. September 2003 bei der Beklagten eingegangene Mitteilung, wonach der Kläger nicht für Vermittlungsbemühungen zur Verfügung stand, war für die Beklagte immer noch maßgeblich. Dafür, dass der Kläger sich telefonisch - wie von ihm vorgetragen – wieder für die Arbeitsvermittlung zur Verfügung gestellt hat, fehlt ein Nachweis in den Akten. Jedenfalls ist eine solche Mitteilung nicht an die für die Arbeitsvermittlung des Klägers zuständige Stelle gelangt, so dass er nicht in Vermittlungsbemühungen einbezogen wurde.

Im Falle des Klägers liegen aber die Voraussetzungen für eine rückwirkende Aufhebung der rechtswidrigen Leistungsbewilligung nach § 45 Abs. 3 SGB X nur für den Zeitraum vom 1. September bis zum 10. September 2003 vor. Grundsätzlich kann ein Begünstigter auf den Bestand auch einer rechtswidrigen Leitungsbewilligung für die Vergangenheit vertrauen, wenn der Vertrauensschutz nicht nach einem der in Abs. 3 genannten Tatbestände ausgeschlossen ist. Hier ist der Vertrauensschutz nicht nach § 45 Abs. 3 Nr. 2 SGB X ausgeschlossen. Denn die rechtswidrigen Leistungsbewilligungen beruhten hier nicht auf Angaben, die der Kläger vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hatte. Der Kläger hatte sich bei der Beklagten zunächst, als sich das Ende seiner Beschäftigung bei der Firma S Haustechnik abzeichnete, auf der Basis des damaligen Erkenntnisstandes zum 1. September 2003 arbeitslos gemeldet. Als sich dann für ihn später die Möglichkeit ergab, ab dem 1. September 2003 für die Firma P. als freier Handelsvertreter tätig zu sein, teilte er dies der Beklagten korrekt am 2. September 2003 mit. Dabei ist es unschädlich, dass diese Mitteilung auf die Einladung zu einem Vermittlungsgespräch bezogen war. Der Kläger machte deutlich, dass er nicht alleine zu dem konkreten Vermittlungsgespräch nicht erscheinen würde, sondern generell nicht mehr für Vermittlungsbemühungen zur Verfügung stand. Die Nichtumsetzung dieser Mitteilung bei der Leistungsgewährung beruhte allein auf einem der Beklagten zurechenbaren Fehler ihrer Mitarbeiter.

Für den Leistungszeitraum vom 1. September bis zum 10. September 2003 ist das Vertrauen des Klägers auf den Bestand der Leistungsgewährung § 45 Abs. 3 Satz 3 Nr. 3 SGB X ausgeschlossen. Die Voraussetzungen dieses Tatbestands liegen vor, wenn der durch die rechtwidrige Bewilligung Begünstigte die Rechtswidrigkeit der Leistungsbewilligung kannte oder nur infolge grober Fahrlässigkeit nicht kann. Abzustellen ist hier auf den Zeitpunkt des Zugangs der Leistungsbewilligungen mit den Bescheiden vom 6. Oktober 2003 und Januar 2004. Eine positive Kenntnis von der Rechtswidrigkeit der Leistungsbewilligung hat der Kläger glaubhaft verneint. Allerdings beruhte die Unkenntnis für den genannten Zeitraum auf grober Fahrlässigkeit. Grobe Fahrlässigkeit liegt nach der Legaldefinition im § 45 Abs. 2 Nr. 3 SGB X vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat. Dies ist der Fall, wenn der Betroffene schon einfachste, ganz naheliegende Überlegungen nicht angestellt und daher nicht beachtet hat, was im gegebenen Fall jedem hätte einleuchten müssen. Abzustellen ist dabei aber auf einen subjektiven Sorgfaltsmaßstab, also die persönliche Einsichtsfähigkeit des Betroffenen (Schütze in von Wulffen, SGB X, 7. Auflage, § 45 Rdnr, 56 und 52). Wie sich aus den Akten ergibt, hatte der Kläger vor dem Ende der Beschäftigung als Außendienstmitarbeiter Ende August 2003 noch niemals Alg bezogen. Aber auch ohne Erfahrung mit den Modalitäten des Leistungsbezuges musste ihm unmittelbar einleuchten, dass er keinen Anspruch auf Alg für einen Zeitraum haben konnte, während dessen er auf eigene Initiative hin ganztätig an einer Schulung zur Vorbereitung seiner selbständigen Handelsvertretertätigkeit teilnahm und im unmittelbaren Anschluss daran noch für drei Tage zusammen mit schon eingearbeiteten Kollegen Supermärkte besuchte, auf deren Gelände für die Firma P ... Wein angeboten wurde. Folgerichtig hatte der Kläger die Aufnahme der Tätigkeit bei der Firma P der Beklagten angezeigt und mitgeteilt, er stünde der Arbeitsvermittlung nicht zu Verfügung. Als er dann die ab Anfang September 2003 rückwirkende Leistungsbewilligung mit Bescheid vom 6. Oktober 2003 erhielt, musste er bei Anstellung einfachster, ihm zumutbarer Überlegungen erkennen, dass er für die Zeit vom 1. bis zum 10. September 2003 keinen Anspruch auf Alg haben konnte.

Weil die Aufhebung der Leistungsbewilligung für die Zeit vom 1. bis zum 10. September 2003 rechtmäßig ist, hat der Kläger die für diesen Zeitraum zu Unrecht erhaltenen Leistungen nach § 50 Abs. 1 SGB X zu erstatten. Für zehn Tage ergibt sich bei einem dem Kläger erbrachten täglichen Leistungssatz von 33,11 EUR ein Rückforderungsbetrag von 331,10 EUR.

Soweit allerdings der Bewilligungszeitraum ab dem 11. September 2003 betroffen ist, kann sich der Kläger auf Vertrauensschutz berufen. Der Ausschluss des Vertrauensschutzes nach § 45 Abs. 2 Nr. 3 SGB X greift nicht ein. Der Kläger war nicht mehr für die Firma P tätig. Er hatte ursprünglich der Beklagen die Aufnahme der Tätigkeit für die Firma P. mitgeteilt und bei deren Ende noch keine Leistungsbewilligung erhalten. Es lag somit in seinem Interesse, der Beklagten mitzuteilen, er sei ab dem 11. September 2003 nicht mehr für die Firma P ... tätig. Aufgrund dieses Umstandes und insbesondere aufgrund des Eindruckes von dem Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 16. Dezember 2010 hält der Senat die Erklärung des Klägers, er habe der Beklagten die Beendigung seiner Tätigkeit für die Firma P. umgehend telefonisch mitgeteilt, für glaubhaft. Dass ein entsprechender Vermerk über ein solches Telefongespräch nicht in die Verwaltungsakten eingegangen ist bzw. in der elektronisch geführten Bewerberdatei nicht gespeichert ist, mag auf einem in der Massenverwaltung möglichen singulären Bearbeitungsfehler beruhen. Der Senat ist der Überzeugung, dass der Kläger bei Erhalt der Leistungsbewilligung vom 6. Oktober 2003 und auch bei Erhalt der Folgebewilligung vom Januar 2004 davon ausging und auch davon ausgehen konnte, arbeitslos zu sein und auch als arbeitslos bei der Beklagten gemeldet zu sein, so dass ihm Alg zustehe. Im Hinblick darauf, dass er Kläger zu ersten Mal in seinem Leben arbeitslos war, ist es auch nachvollziehbar, dass er sich in der Zeit, als er sich selbst um Arbeit bemühte und Leistungen erhielt, ohne Aufforderung zunächst nicht bei der Beklagten meldete und erst mit einem konkreten Anliegen – nämlich der Förderung der Aufnahme einer selbstständigen Tätigkeit – Ende August 2004 dort vorsprach. Nach alledem beruhte die Annahme des Klägers von der Rechtmäßigkeit der Leistungsbewilligung für die Zeit ab dem 11. September 2003 nicht auf grober Fahrlässigkeit.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG. Das nur geringfügige Unterliegen des Klägers fällt dabei nicht ins Gewicht und ist nicht quotenmäßig zu berücksichtigen.

Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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