Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
6.
1. Instanz
SG Halle (Saale) (SAN)
Aktenzeichen
S 15 U 50/04
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 6 U 54/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt von der Beklagten die Zahlung von Verletztengeld aus einer Zusatzversicherung für die Arbeitsunfälle vom 5. September 2002 und ... 2003.
Der 1960 geborene Kläger ist Landwirt und betrieb zunächst ein landwirtschaftliches Unternehmen in E. in Nordrhein-Westfalen mit einer landwirtschaftlichen Nutzfläche von anfangs ca. 90 Hektar und später ca. 40 Hektar sowie eine Jagdfläche von 106 Hektar. Auf seinen Antrag hin setzte die Beklagte mit Bescheid vom 6. März 1991 den Jahresarbeitsverdienst zur Berechnung von Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung ab dem 26. Februar 1991 auf DM 32.016 fest. Im Versicherungsfall hätte dem Kläger in den Jahren 2002 und 2003 ein zusätzliches Verletztengeld in Höhe von 33,45 EUR kalendertäglich zugestanden.
Im Juni 1994 kaufte der Kläger das Gut H. mit einer Fläche von etwa 386 Hektar und pachtete eine Hof- und Gebäudefläche von ca. 3 Hektar hinzu. Diese Flächen liegen im örtlichen Zuständigkeitsbereich der Beigeladenen. Am 12. Mai 1995 teilte er der Beigeladenen mit, bei dem Unternehmen in H. handle es sich um eine Neugründung eines landwirtschaftlichen Ackerbaubetriebs ohne jegliche Viehhaltung. Nach dem Ende Mai 1995 vorgelegten Betriebsfragebogen betreibe er in H. einen bäuerlichen Einzelbetrieb mit 384 Hektar. Fortan erhielt er von beiden Berufsgenossenschaften für die jeweiligen Flächen in ihrem Zuständigkeitsbereich Beitragsbescheide. Später kamen weitere landwirtschaftliche Nutzflächen in H. hinzu, so dass der Kläger am 1. Oktober 1999 bei der Beigeladenen mit einer Fläche von ca. 500 Hektar in H. erfasst war.
Unter dem 15. April 1997 teilte der Kläger der Beklagten mit, seine Anschrift laute zum 1. Mai 1997 Dorfplatz 3 in H ... Am 19. Juni 1997 gab er der Beklagten bekannt, dass er unter der bisherigen Anschrift in E. zu erreichen sei.
Die Beklagte erhielt den an den Kläger gerichteten Bescheid der Alterskasse der rheinischen Landwirtschaft vom 4. November 1997, worin diese dem Kläger die Beendigung der Versicherungspflicht mitteilte, weil das landwirtschaftliche Unternehmen mit dem größeren Wirtschaftswert im Zuständigkeitsbereich der Landwirtschaftlichen Alterskasse B. liege.
Unter dem 29. März 1999 teilte der Kläger der Beklagten erneut mit, seine Anschrift laute auf Dorfplatz 3 in H ... In einem weiteren Schreiben vom 25. November 2002 wies er darauf hin, das Unternehmen in E. habe sich auf eine Fläche von etwa 39 Hektar reduziert.
Am 5. September 2002 erlitt der Kläger auf dem Gut H. einen Arbeitsunfall, bei dem er sich das linke Sprunggelenk verletzte und bis zum 31. Dezember 2002 arbeitsunfähig erkrankt war. Am 26. Januar 2003 erlitt er auf dem Gut H. durch den Biss seines Jagdhundes einen weiteren Arbeitsunfall, bei dem er sich die rechte Hand verletzte. Anschließend war er fast durchweg - mit Ausnahme des 2. Juli 2003 - bis zum 1. August 2003 arbeitsunfähig erkrankt. Am 3. März 2003 teilte er der Beigeladenen mit, er bewirtschafte in Nordrhein-Westfalen ca. 40 Hektar und in H. ca. 600 Hektar. Es sei von einem einheitlichen Unternehmen auszugehen. Unter dem 5. März 2003 unterrichtete er die Beklagte darüber, der Betriebssitz seiner landwirtschaftlichen Flächen bei L. und K. liege in Ostdeutschland.
Am 10. März 2003 machte er gegenüber der Beklagten aus den Arbeitsunfällen vom 5. September 2002 und 26. Januar 2003 Leistungen aus der Zusatzversicherung geltend und bekräftigte, es handle sich bei der Bewirtschaftung der landwirtschaftlichen Flächen ausschließlich um ein Unternehmen.
Mit Bescheid vom 10. November 2003 lehnte die Beklagte Leistungen aus der Zusatzversicherung ab. Sie sei nur für Arbeitsunfälle zuständig, die sich im Zusammenhang mit landwirtschaftlichen Unternehmen im eigenen sachlichen und örtlichen Zuständigkeitsbereich ereigneten. Davon sei lediglich das landwirtschaftliche Unternehmen in E. erfasst. Im Übrigen sei ihr eine Verlegung des Betriebssitzes nicht bekannt gewesen. Den hiergegen erhobenen Widerspruch wies der Widerspruchsausschuss der Beklagten mit Widerspruchsbescheid vom 27. Januar 2004 zurück.
Mit der am 29. Februar 2004 vor dem Sozialgericht L. erhobenen Klage hat der Kläger sein Begehren weiter verfolgt. Mit Beschluss vom 17. März 2004 hat das Sozialgericht L. den Rechtsstreit an das Sozialgericht Halle verwiesen. Der Kläger überließ dem Gericht einen Antrag auf EG-Förderleistungen vom 26. April 2002, worin er angegeben hatte, eine Unternehmensform auszuüben. Den Antrag hatte er beim zuständigen Amt für Landwirtschaft und Flurneuordnung des Landes Sachsen-Anhalt eingereicht. Mit Beschluss vom 1. August 2005 hat das Sozialgericht Halle die Landwirtschaftliche Berufsgenossenschaft Mittel- und Ostdeutschland nach § 75 Abs. 1 SGG beigeladen.
Mit Bescheid vom 8. Februar 2006 teilte die Beklagte dem Kläger mit, das von ihm in E. betriebene landwirtschaftliche Unternehmen habe sie mit Wirkung vom 1. Januar 2006 der Beigeladenen überwiesen. Die bei ihr bestehende Veranlagung werde für dieses Unternehmen ab diesem Datum aufgehoben.
Mit Urteil vom 4. April 2008 hat das Sozialgericht Halle die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, die Zusatzversicherung beziehe sich lediglich auf Leistungsfälle im Zuständigkeitsbereich der Beklagten. Als landwirtschaftlicher Unternehmer könne nur der verstanden werden, der im Zuständigkeitsbereich der jeweiligen Berufsgenossenschaft ein landwirtschaftliches Unternehmen betreibe. Es sei unzutreffend, dass die Zusatzversicherung lediglich an die Versicherung eines Unternehmens kraft Gesetzes knüpfe, nicht jedoch an eine Versicherung bei einer bestimmten Berufsgenossenschaft. Aus der unterschiedlichen Rechtsaufsicht für die Grundsicherung und die Zusatzversorgung könne nicht auf den vereinbarten Versicherungsschutz geschlossen werden. Formellrechtlich habe die Zuständigkeit der Beklagten für das landwirtschaftliche Unternehmen in E. bis zur Überweisung an die Beigeladene mit Wirkung ab dem 1. Januar 2006 weiter bestanden. Der von der Beklagten gewährte Versicherungsschutz erstrecke sich nicht auf das Gut H., für das die Beigeladene zuständig sei. Zwischen der Beklagten und der Beigeladenen bestehe auch kein Zuständigkeitsstreit, so dass § 139 SGB VII nicht zur Anwendung komme.
Ein Anspruch auf Leistungen folge auch nicht aus dem sog. sozialrechtlichen Herstellungsanspruch. Eine Pflichtverletzung der Beklagten sei nicht ersichtlich. Ohne konkrete Hinweise sei sie nicht verpflichtet, kontinuierlich ihre Zuständigkeit zu prüfen. Der Kläger wäre gehalten gewesen, der Beklagten die veränderten Verhältnisse bekannt zu geben. Allein aufgrund des angegebenen Anschriftenwechsels habe für die Beklagte kein Handlungsbedarf bestanden. Auch sei aufgrund der weiten räumlichen Entfernungen zwischen den landwirtschaftlichen Nutzflächen ein einheitliches Unternehmen nicht zu unterstellen gewesen. Dass die Alterskasse der rheinischen Landwirtschaft ihre Zuständigkeit bereits nach der Adressenänderung beendet habe, indiziere keine Pflichtverletzung der Beklagten. Denn die Alterskasse knüpfe an die Person des Unternehmers an, nicht an das landwirtschaftliche Unternehmen. Ein Beratungs- oder Prüfungsfehler ergebe sich auch nicht aus dem Schreiben vom 11. Juli 2001, mit dem geklärt werden sollte, ob für sog. Geringstland von 4,90 Hektar die Zuständigkeit und Beitragspflicht zur bzw. gegenüber der Berufsgenossenschaft gegeben sei. Die vom Kläger in E. genutzte Fläche von 40 Hektar sei für den Betrieb eines landwirtschaftlichen Unternehmens ohne weiteres ausreichend. Darüber hinaus könne der Kläger im Wege des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs den Abschluss einer Zusatzversicherung mit der Beigeladenen nicht erreichen. Bei einer unterstellten Pflichtverletzung der Beklagten hätte dies allenfalls zur Prüfung einer Überweisung geführt. Schließlich sei auch der Hilfsantrag unbegründet, weil es sich bei der begehrten Leistung nicht um eine Ermessensleistung handle.
Gegen das am 15. Mai 2008 zugegangene Urteil hat der Kläger am 10. Juni 2008 Berufung eingelegt und sein bisheriges Vorbringen vertieft: Ihm stünden für die Arbeitsunfälle vom 5. September 2002 und 26. Januar 2003 Leistungen aus der Zusatzversicherung zu, weil sich die Unfälle im Zusammenhang mit Tätigkeiten für die landwirtschaftlichen Flächen in E. ereignet hätten. So habe er, als er sich am 5. September 2002 verletzt habe, per Handy Bestellungen von Dünger für E. und H. aufgegeben. Sein Jagdhund, der ihn gebissen habe, sei durch den übergreifenden Einsatz beiden landwirtschaftlichen Flächen zuzuordnen. Im Übrigen handle es sich bei der Zusatzversicherung ausschließlich um eine personenbezogene Versicherung ohne territoriale Beschränkungen. Anders als bei der Grundversicherung knüpften die Beitragsbemessungsregeln bei der Zusatzversicherung allein an die Person des Unternehmers und seinen Jahresverdienst an. Zudem würden sich sämtliche Formulierungen der Satzung (z. B. § 11 des Anhangs 3 zu § 43) auf die Person des Unternehmers beziehen. § 11 des Anhangs 3 zu § 43 der Satzung knüpfe allein an die Existenz einer Grundversicherung an, egal bei welcher Berufsgenossenschaft. Auch das allgemein erhältliche Informationsschreiben der Beklagten beinhalte den Begriff des Unternehmers. Er habe sich aus Kostengründen für die Zusatzversicherung der Beklagten entschieden und keine private Zusatzversicherung abgeschlossen, die üblicherweise an seine Person als Unternehmer ohne territoriale Beschränkung gebunden gewesen wäre. Zudem enthalte § 93 Abs. 5 SGB VII eine Öffnungsklausel, wonach für die Zusatzversicherung ein wesentlich weiterer Spielraum gewährt werde, als es für die Grundversicherung der Fall sei. Andernfalls seien die Berufsgenossenschaften gegenüber privaten Versicherungen nicht wettbewerbsfähig. Bei einer territorialen Beschränkung hätten ihn bei Abschluss mehrerer Zusatzversicherungen untragbare wirtschaftliche Konsequenzen getroffen.
Er hat weiter vorgetragen, mit den nach der Überweisung erlassenen Beitragsbescheiden für die Jahre 2007 und 2008 habe die Beklagte seinen Rechtsstandpunkt zur Zusatzversicherung anerkannt, sich selbst hieran gebunden und mit ihrem entgegen gesetzten Verhalten gegen Treu und Glauben verstoßen. Auf die Satzungsregeln der Beklagten fänden die Regelungen des BGB zu den allgemeinen Geschäftsbedingungen Anwendung. Habe die Beklagte eine territoriale Beschränkung der Zusatzversicherung gewollt, so hätte sie dies ausdrücklich regeln müssen. Insoweit greife die Unklarheitenregelung des § 305c Abs. 2 BGB. Zweifel gingen zu Lasten des Verwenders, hier der Beklagten. Seine landwirtschaftlichen Nutzflächen in Sachsen-Anhalt und Nordrhein-Westfalen stellten im Übrigen eine organisatorische Einheit dar. Die Organisation des Unternehmens erfolge zentral, so auch der Einkauf und die Beantragung von Fördermitteln. Die Maschinen setze er sowohl in Nordrhein-Westfalen als auch in Sachsen-Anhalt ein. Auch würden die landwirtschaftlichen Flächen in E. und H. steuerlich einheitlich erfasst. Seinen Jagdhund verwende er sowohl in E. als auch in H ... In jedem Falle habe die Beklagte ihn rechtzeitig darauf hinweisen müssen, dass nach ihrer Auffassung die Zusatzversicherung für sein landwirtschaftlich genutztes Gebiet im Sachsen-Anhalt nicht gelte. Der Beklagten sei die Verlegung des Sitzes des Unternehmens seit Mitte der neunziger Jahre bekannt gewesen. Dies ergebe sich aus dem Aktenvermerk auf der Abschrift des Bescheides der Alterskasse vom 4. November 1997. Unabhängig hiervon müsse sich die Beklagte aufgrund ihrer Zusammenarbeit und der gemeinsamen Nutzung zentraler Einrichtungen die Kenntnis der Alterskasse zurechnen lassen. Der begehrte Anspruch sei auch rechtlich zulässig. Denn es gehöre geradezu den Hauptpflichten der Beklagten, bei Arbeitsunfähigkeit Verletztengeld zu gewähren. Im Übrigen verhalte sich die Beklagte widersprüchlich, indem sie über Jahre hinweg Beiträge für die Zusatzversicherung einkassiere, Leistungen aus dieser Zusatzversicherung jedoch verweigere. Nach dem Rechtsgedanken des § 141 BGB könne die Beklagte die Erbringung der Gegenleistung nicht verweigern, wenn sie bewusst die erhaltenen Versicherungsleistungen einbehalte. Schließlich handle es sich vorliegend um einen Zuständigkeitsstreit im Sinne des § 139 SGB VII. Insofern hätte die Beklagte als erstangegangener Leistungsträger vorläufig Leistungen zu erbringen gehabt.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Halle vom 4. April 2008 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 10. November 2003 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. Januar 2004 zu verurteilen, ihm für den Arbeitsunfall vom 5. September 2002 mit daraus resultierender Arbeitsunfähigkeit bis 31. Dezember 2002 sowie dem Arbeitsunfall vom 26. Januar 2003 mit daraus resultierender Arbeitsunfähigkeit bis 1. August 2003 ein Verletztengeld zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurück zu weisen.
Bei der Zusatzversicherung handle es sich zwar um eine personengebundene Versicherung, diese jedoch nur für den jeweiligen Zuständigkeitsbereich der entsprechenden landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft, bei der die Versicherung abgeschlossen worden sei. Sie könne mit einer Satzung nur für ihren eigenen Hoheitsbereich Recht setzen. Die Satzung sei autonomes Recht und damit keine Regelung im Sinne von allgemeinen Geschäftsbedingungen. Anderes lasse sich auch nicht aus § 93 SGB VII herleiten. Der Erlass von Beitragsbescheiden für die Jahre 2007 und 2008 sei in dem bei ihr weiterhin versicherten Jagdunternehmen des Klägers in E. begründet. Der Bescheid der Alterskasse vom 4. November 1997 habe keine Veranlassung geboten, zu prüfen, ob das Versicherungsverhältnis mit dem Kläger beendet gewesen sei. Anders als in der Alterssicherung der Landwirte stehe in der gesetzlichen Unfallversicherung nicht die Person des Unternehmers im Mittelpunkt, sondern das landwirtschaftliche Unternehmen. Schließlich habe sie keine Pflichten gegenüber dem Kläger verletzt und sich nicht widersprüchlich verhalten.
Die Beigeladene hat keinen Antrag gestellt und sich im Übrigen der Argumentation der Beklagten angeschlossen.
Die Verwaltungsakten der Beklagten (Aktenzeichen ) und der Beigeladenen (Aktenzeichen ) haben in der mündlichen Verhandlung vorgelegen und waren Gegenstand der Beratung.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß §§ 143, 144 Abs. 1 S. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) statthafte und frist- und formgerecht eingelegte Berufung hat keinen Erfolg.
Der Bescheid der Beklagten vom 10. November 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. Januar 2004 beschwert den Kläger nicht im Sinne der §§ 157, 54 Abs. 2 S. 1 SGG. Der Kläger hat für die Unfälle vom 5. September 2002 und 26. Januar 2003 gegen die Beklagte keinen Anspruch auf die Gewährung von Verletztengeld (1.). Ein Anspruch ergibt sich auch nicht im Wege des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs (2.). Der Kläger hat gegen die Beklagte auch keinen Anspruch auf vorläufige Leistungen (3.).
1.
Der Anspruch auf Verletztengeld nach einem Versicherungsfall richtet sich nach den §§ 45 ff. des Siebten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VII). Verletztengeld wird nach § 45 Abs. 1 SGB VII erbracht, wenn der Versicherte infolge eines Versicherungsfalls arbeitsunfähig ist und unmittelbar vor Beginn der Arbeitsunfähigkeit Anspruch auf Arbeitseinkommen hatte. Arbeitsunfälle sind nach § 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Für einen Arbeitsunfall ist in der Regel erforderlich, dass die Verrichtung des Versicherten zur Zeit des Unfalls der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist (innerer bzw. sachlicher Zusammenhang), dass diese Verrichtung zu dem Unfallereignis geführt hat (Unfallkausalität) und dass das Unfallereignis einen Gesundheitserstschaden oder den Tod des Versicherten verursacht hat. (Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 4. September 2007 - B 2 U 28/06 R - SozR 4-2700 § 8 Nr. 24). Die Zuordnung einer versicherten Tätigkeit zu einem Unfallversicherungsträger bestimmt sich nach § 133 Abs. 1 Satz 1 SGB VII grundsätzlich nach der Zuständigkeit des Unfallversicherungsträgers für das Unternehmen, für das der Versicherte tätig ist oder zu dem er in einer besonderen, die Versicherung begründenden Beziehung steht. Nach § 130 Abs. 1 Satz 1 SGB VII richtet sich die örtliche Zuständigkeit des Unfallversicherungsträgers für ein Unternehmen in der Regel nach dem Sitz des Unternehmens. Erstreckt sich ein landwirtschaftliches Unternehmen im Sinne des § 123 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII auf die Bezirke mehrerer Gemeinden, hat es seinen Sitz dort, wo die gemeinsamen oder die seinen Hauptzwecken dienenden Wirtschaftsgebäude liegen (§ 130 Abs. 5 Satz 1 SGB VII). Eine einmal durch bestandskräftigen Bescheid für ein Unternehmen festgestellte formelle Zuständigkeit eines Unfallversicherungsträgers bleibt auch bei einer Änderung der materiellen Zuständigkeit, z. B. durch Verlegung des Sitzes des Unternehmens in den Zuständigkeitsbereich eines anderen Unfallversicherungsträgers, bestehen. Nach § 136 Abs. 1 Satz 4 SGB VII überweist der Unfallversicherungsträger das Unternehmen nach § 136 Abs. 1 Satz 4 SGB VII dem zuständigen Unfallversicherungsträger. In diesem Fall bleibt nach § 137 Abs. 1 Satz 1 SGB VII der bisherige Unfallversicherungsträger grundsätzlich bis zum Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Entscheidung über das Ende der Zuständigkeit des bisherigen Unfallversicherungsträgers gegenüber dem Unternehmen bindend wird, für das Unternehmen zuständig, wenn nichts anderes zwischen den Unfallversicherungsträgern vereinbart ist. Nach § 137 Abs. 2 SGB VII ist der Unfallversicherungsträger, an den das Unternehmen überwiesen wurde, auch hinsichtlich der Versicherungsfälle zuständig, die vor dem Zuständigkeitswechsel eingetreten sind. Versicherungsfälle sind eindeutig einem bestimmten Unfallversicherungsträger zuzuordnen; eine Doppelzuständigkeit zweier Versicherungsträger für einen Versicherungsfall ist demgegenüber nicht gegeben. Dies folgt aus § 134 SGB VII, wonach eine Berufskrankheit dem Unfallversicherungsträger zugeordnet wird, welcher für das Unternehmen zuständig ist, in dem die gefährdende Tätigkeit zuletzt ausgeübt wurde sowie aus § 135 SGB VII, der für die Versicherung nach mehreren Vorschriften der §§ 2, 3 und 6 SGB VII eine Zuordnung an einen bestimmten Unfallversicherungsträger vorsieht. Ist ein Versicherungsfall mehreren versicherten Tätigkeiten zuzuordnen, ist darauf abzustellen, welchem Unternehmen die unfallbringende Tätigkeit letztlich oder überwiegend dient (vgl. BSG, Urteil vom 27. Juni 2000 - B 2 U 23/99 R - SozR 3-2200 § 548 Nr. 39).
Unter diesen Voraussetzungen ist die Beklagte für die Gewährung von Verletztengeld für die Unfälle vom 5. September 2002 und 26. Januar 2003 nicht zuständig. Dies ergibt sich zwar nicht bereits daraus, dass der Kläger - folgt man seiner Behauptung - seit Mitte der Neunziger Jahre ein einheitliches Unternehmen mit Sitz in H. betrieben hat. Denn bis zur formalen Überweisung des Unternehmens in E. an die Beigeladene käme eine Zuständigkeit der Beklagten für Versicherungsfälle, die mit den landwirtschaftlichen Nutzflächen in E. in Zusammenhang stünden, weiterhin in Betracht. Dies war aber bei den Unfällen vom 5. September 2002 und 26. Januar 2003 nicht der Fall. Dabei kann es dahingestellt bleiben, ob die während des Eintritts der Unfälle verrichteten Tätigkeiten ausschließlich dem Unternehmen in H. zuzurechnen waren. Denn sie dienten jedenfalls überwiegend dem Unternehmen in H., was sich aus Folgendem ergibt: Beide Unfälle haben sich auf den landwirtschaftlichen Flächen in H. ereignet, während der Kläger Tätigkeiten für das dortige Unternehmen erbracht hat. Soweit der Kläger behauptet, er habe bei Eintritt des Unfalls am 5. September 2002 telefonisch Dünger sowohl für die landwirtschaftlichen Flächen in H. als auch in E. bestellt, hat sich nicht die Betriebsgefahr des Unternehmens in E. verwirklicht, sondern die Betriebsgefahr des Unternehmens in H ... Die eingetretene Verletzung am Sprunggelenk ist weder durch die Bestellung von Dünger noch durch das Telefonieren mit dem Handy eingetreten. Die überwiegende Handlungstendenz des Klägers stand bei Eintritt des Unfalls in Zusammenhang mit der Bewirtschaftung der landwirtschaftlichen Nutzungsflächen in H ... Diesen haben die verrichteten Tätigkeiten überwiegend gedient.
Nichts anderes gilt für den Unfall vom 26. Januar 2003. Der Biss ist durch den Hund des Klägers erfolgt, den er nach seiner Behauptung sowohl auf den landwirtschaftlichen Nutzflächen in E. als auch in H. eingesetzt hat. Der Biss durch den Hund hat sich während des Einsatzes des Hundes auf den landwirtschaftlichen Nutzungsflächen in H. ereignet, so dass die verrichteten Tätigkeiten im Unfallzeitpunkt berwiegend dem dortigen Unternehmen gedient haben.
Einen Anspruch auf eine Zusatzversorgung für die beiden Unfälle kann der Kläger nicht aus dem Bescheid vom 6. März 1991 herleiten. Mit diesem Bescheid hat die Beklagte die Versicherungssumme des Klägers für Versicherungsfälle gemäß den Satzungsbestimmungen über eine Zusatzversicherung ab dem 26. Februar 1991 auf 32.016 DM festgesetzt. Inhalt des Bescheides ist damit nicht die Begründung eines eigenständigen Anspruchs auf ein Verletztengeld, sondern allein die Vereinbarung eines zusätzlichen Jahresarbeitsverdienstes, nach dem die hiervon abhängigen Geldleistungen an Versicherte zu berechnen sind (siehe § 12 Abs. 2 und 3 der Satzung vom 14. Dezember 2001 in der Fassung vom 27. November 2002). Der Bescheid vom 6. März 1991 bildet daher keine Grundlage für eigenständige Leistungen eines nicht nach den §§ 130 ff. SGB VII zuständigen Unfallversicherungsträgers.
Anderes ergibt sich auch nicht aus den Bestimmungen der Satzung über die Zusatzversicherung. Die Zusatzversicherung für die ehemals zu der Rheinischen landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft gehörenden Unternehmen ist in §§ 12 bis 14 des Anhangs 2 zu § 43 der Satzung vom 14. Dezember 2001 in der Fassung des 1. Nachtrags vom 27. November 2002 (der keine Änderungen der §§ 12 ff. des Anhangs gegenüber den bisherigen Regelungen beinhaltet) geregelt. Nach § 12 Abs. 1 des Anhangs 2 zu § 43 der Satzung können Unternehmer beantragen, mit einem zusätzlichen Verletztengeld und im Übrigen mit einem zusätzlichen Jahresarbeitsverdienst versichert zu werden. In § 13 des Anhangs 2 zu § 43 der Satzung ist die Höhe des Zusatzbeitrags bestimmt und § 14 des Anhangs 2 zu § 43 der Satzung beinhaltet Regelungen zur Antragstellung, zum Inkrafttreten und Erlöschen sowie zur Kündigung. Regelungen über eine von den gesetzlichen Bestimmungen abweichende Zuständigkeit der Beklagten für Arbeitsunfälle, die nicht zu ihrem Zuständigkeitsbereich gehören, finden sich in den § 12 ff. des Anhangs 2 zu § 43 der Satzung nicht. Diese sind auch nicht zu erwarten, weil es sich bei dem Anhang 2 zu § 43 der Satzung - der in der Satzung unter dem Kapitel "Aufbringung der Mittel" steht - um Übergangsregelungen für die Beitragsberechnung handelt, nicht jedoch um die Normierung eigener Leistungsansprüche dem Grunde nach. Da eine Anspruchsgrundlage für Leistungen der Beklagten an den Kläger aus den Unfällen vom 5. September 2002 und 26. März 2003 nicht besteht, kommt es auch nicht entscheidend darauf an, ob die Satzungsregelungen eine territoriale Beschränkung von Leistungen und ggf. insoweit eine mehrdeutige Klausel enthalten. Der Senat kann es deshalb dahingestellt lassen, ob die Regelungen zu den "Allgemeinen Geschäftsbedingungen" der §§ 305 ff. des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) überhaupt auf die Satzung der Beklagten Anwendung finden.
Die Satzungsregelungen zur Zusatzversicherung verstoßen im Übrigen nicht gegen die Ermächtigungsnorm des § 93 Abs. 5 SGB VII. Danach hat die Satzung zu bestimmen, dass und unter welchen Voraussetzungen die Versicherten auf ihren Antrag mit einem höheren Jahresarbeitsverdienst versichert werden. Diese Vorschrift sieht nicht vor, dass über den Zuständigkeitsbereich der jeweiligen Berufsgenossenschaft hinaus Ansprüche auf Leistungen in der Satzung zu normieren sind.
Ein Anspruch des Klägers gegen die Beklagte ergibt sich auch nicht aus dem Erlass der Beitragsbescheide für die Jahre 2007 und 2008. Die Beitragsbescheide beziehen sich nicht auf Leistungen aus den streitigen Arbeitsunfällen. Die Beklagte hat auch nicht mit dem Erlass dieser Bescheide Leistungsansprüche aus den Arbeitsunfällen anerkannt. Ob in dem Erlass der Beitragsbescheide nach der Überweisung des Unternehmens an die Beigeladene ein Verstoß gegen Treu und Glauben liegt, kann dahingestellt bleiben. Denn soweit die Beklagte diese Bescheide rechtswidrig erlassen hat, hat der Kläger unter den Voraussetzungen des § 44 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X) lediglich einen Anspruch auf Aufhebung dieser Bescheide ggf. unter Rückzahlung geleisteter Beiträge.
Die Beklagte verstößt nicht gegen "Treu und Glauben", indem sie einerseits Beiträge aus der Zusatzversicherung erhebt und andererseits Leistungen hieraus für die streitgegenständlichen Arbeitsunfälle verweigert. Der Kläger hatte bis zur Überweisung des Unternehmens in E. an die Beigeladene für die bei der Beklagten versicherten Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten Ansprüche auf erhöhte Leistungen aus der Zusatzversicherung. Die Unfälle vom 5. September 2002 und 26. Januar 2003 haben sich aber gerade nicht bei der Verrichtung versicherter Tätigkeiten für das Unternehmen in E. ereignet.
2.
Der Kläger hat gegen die Beklagte für die Arbeitsunfälle vom 5. September 2002 und 26. Januar 2003 auch keinen Anspruch auf Verletztengeld im Wege des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs.
Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes setzt der sozialrechtliche Herstellungsanspruch voraus, dass der Sozialleistungsträger eine gesetzliche oder aus einem bestehenden Sozialrechtsverhältnis folgende Verpflichtung objektiv rechtswidrig verletzt hat, die ihm gerade gegenüber dem Betroffenen oblag. Diese Pflichtverletzung muss als nicht hinwegdenkbare Bedingung - zumindest gleichwertig neben anderen Bedingungen - ursächlich einen Nachteil für den Betroffenen bewirkt haben. Die verletzte Pflicht muss gerade darauf gerichtet sein, den Betroffenen vor den eingetretenen Nachteilen zu bewahren. Die Nachteile müssen durch eine zulässige Amtshandlung beseitigt werden können (BSG, Urteil vom 2. Mai 2001 - B 2 U 19/00 R - zitiert nach juris; Urteil vom 17. Februar 2009 - B 2 U 34/07 R - SGb 2010, 47). Im Wege des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs besteht kein Anspruch auf Schadensersatz. Der Betroffene ist vielmehr im Wege der Naturalrestitution so zu stellen, wie er bei Einhaltung der ihm gegenüber bestehenden Pflicht der Behörde gestanden hätte (siehe BSG, Urteil vom 20. Oktober 2010 - B 13 R 15/10 R - juris, Rdnr. 39).
Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Dabei kann es dahingestellt bleiben, ob die Beklagte dem Kläger gegenüber überhaupt eine Pflicht verletzt hat, indem sie ihn nicht darauf hingewiesen hat, dass er für Versicherungsfälle außerhalb ihrer Zuständigkeit kein höheres Verletztengeld aus der Zusatzversicherung erhalten werde. Denn der vom Kläger geltend gemachte Nachteil, für die Arbeitsunfälle kein erhöhtes Verletztengeld zu erhalten, lässt sich nicht durch eine zulässige Amtshandlung der Beklagten beseitigen. Denn auch wenn die Beklagte den Kläger über den Geltungsbereich der Zusatzversicherung in Kenntnis gesetzt hätte, hätte sie für die Unfälle vom 5. September 2002 und 26. Februar 2003, die der Kläger bei versicherter Tätigkeit im Unternehmen in H. erlitten hatte, kein erhöhtes Verletztengeld zahlen müssen, weil sie für die Gewährung von Verletztengeld überhaupt nicht zuständig war.
3.
Schließlich hat der Kläger gegen die Beklagte keinen Anspruch auf vorläufige Leistungen nach § 139 Abs. 2 Satz 2 SGB VII. Danach hat der erstangegangene Unfallversicherungsträger, der sich für den angezeigten Versicherungsfall nicht zuständig hält und diesen an den anderen Unfallversicherungsträger abgegeben hat, die weiteren Feststellungen zu treffen und erforderliche Leistungen zu erbringen, wenn sich der andere Unfallversicherungsträger nicht für zuständig hält oder die Zuständigkeit innerhalb von 21 Tagen nicht abschließend geklärt werden kann. Diese Voraussetzungen liegen hinsichtlich der Unfälle vom 5. September 2002 und 26. Januar 2003 jedoch nicht vor. Denn die für die Gewährung von Verletztengeld zuständige Beigeladene hat ihre Zuständigkeit nicht verneint.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt von der Beklagten die Zahlung von Verletztengeld aus einer Zusatzversicherung für die Arbeitsunfälle vom 5. September 2002 und ... 2003.
Der 1960 geborene Kläger ist Landwirt und betrieb zunächst ein landwirtschaftliches Unternehmen in E. in Nordrhein-Westfalen mit einer landwirtschaftlichen Nutzfläche von anfangs ca. 90 Hektar und später ca. 40 Hektar sowie eine Jagdfläche von 106 Hektar. Auf seinen Antrag hin setzte die Beklagte mit Bescheid vom 6. März 1991 den Jahresarbeitsverdienst zur Berechnung von Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung ab dem 26. Februar 1991 auf DM 32.016 fest. Im Versicherungsfall hätte dem Kläger in den Jahren 2002 und 2003 ein zusätzliches Verletztengeld in Höhe von 33,45 EUR kalendertäglich zugestanden.
Im Juni 1994 kaufte der Kläger das Gut H. mit einer Fläche von etwa 386 Hektar und pachtete eine Hof- und Gebäudefläche von ca. 3 Hektar hinzu. Diese Flächen liegen im örtlichen Zuständigkeitsbereich der Beigeladenen. Am 12. Mai 1995 teilte er der Beigeladenen mit, bei dem Unternehmen in H. handle es sich um eine Neugründung eines landwirtschaftlichen Ackerbaubetriebs ohne jegliche Viehhaltung. Nach dem Ende Mai 1995 vorgelegten Betriebsfragebogen betreibe er in H. einen bäuerlichen Einzelbetrieb mit 384 Hektar. Fortan erhielt er von beiden Berufsgenossenschaften für die jeweiligen Flächen in ihrem Zuständigkeitsbereich Beitragsbescheide. Später kamen weitere landwirtschaftliche Nutzflächen in H. hinzu, so dass der Kläger am 1. Oktober 1999 bei der Beigeladenen mit einer Fläche von ca. 500 Hektar in H. erfasst war.
Unter dem 15. April 1997 teilte der Kläger der Beklagten mit, seine Anschrift laute zum 1. Mai 1997 Dorfplatz 3 in H ... Am 19. Juni 1997 gab er der Beklagten bekannt, dass er unter der bisherigen Anschrift in E. zu erreichen sei.
Die Beklagte erhielt den an den Kläger gerichteten Bescheid der Alterskasse der rheinischen Landwirtschaft vom 4. November 1997, worin diese dem Kläger die Beendigung der Versicherungspflicht mitteilte, weil das landwirtschaftliche Unternehmen mit dem größeren Wirtschaftswert im Zuständigkeitsbereich der Landwirtschaftlichen Alterskasse B. liege.
Unter dem 29. März 1999 teilte der Kläger der Beklagten erneut mit, seine Anschrift laute auf Dorfplatz 3 in H ... In einem weiteren Schreiben vom 25. November 2002 wies er darauf hin, das Unternehmen in E. habe sich auf eine Fläche von etwa 39 Hektar reduziert.
Am 5. September 2002 erlitt der Kläger auf dem Gut H. einen Arbeitsunfall, bei dem er sich das linke Sprunggelenk verletzte und bis zum 31. Dezember 2002 arbeitsunfähig erkrankt war. Am 26. Januar 2003 erlitt er auf dem Gut H. durch den Biss seines Jagdhundes einen weiteren Arbeitsunfall, bei dem er sich die rechte Hand verletzte. Anschließend war er fast durchweg - mit Ausnahme des 2. Juli 2003 - bis zum 1. August 2003 arbeitsunfähig erkrankt. Am 3. März 2003 teilte er der Beigeladenen mit, er bewirtschafte in Nordrhein-Westfalen ca. 40 Hektar und in H. ca. 600 Hektar. Es sei von einem einheitlichen Unternehmen auszugehen. Unter dem 5. März 2003 unterrichtete er die Beklagte darüber, der Betriebssitz seiner landwirtschaftlichen Flächen bei L. und K. liege in Ostdeutschland.
Am 10. März 2003 machte er gegenüber der Beklagten aus den Arbeitsunfällen vom 5. September 2002 und 26. Januar 2003 Leistungen aus der Zusatzversicherung geltend und bekräftigte, es handle sich bei der Bewirtschaftung der landwirtschaftlichen Flächen ausschließlich um ein Unternehmen.
Mit Bescheid vom 10. November 2003 lehnte die Beklagte Leistungen aus der Zusatzversicherung ab. Sie sei nur für Arbeitsunfälle zuständig, die sich im Zusammenhang mit landwirtschaftlichen Unternehmen im eigenen sachlichen und örtlichen Zuständigkeitsbereich ereigneten. Davon sei lediglich das landwirtschaftliche Unternehmen in E. erfasst. Im Übrigen sei ihr eine Verlegung des Betriebssitzes nicht bekannt gewesen. Den hiergegen erhobenen Widerspruch wies der Widerspruchsausschuss der Beklagten mit Widerspruchsbescheid vom 27. Januar 2004 zurück.
Mit der am 29. Februar 2004 vor dem Sozialgericht L. erhobenen Klage hat der Kläger sein Begehren weiter verfolgt. Mit Beschluss vom 17. März 2004 hat das Sozialgericht L. den Rechtsstreit an das Sozialgericht Halle verwiesen. Der Kläger überließ dem Gericht einen Antrag auf EG-Förderleistungen vom 26. April 2002, worin er angegeben hatte, eine Unternehmensform auszuüben. Den Antrag hatte er beim zuständigen Amt für Landwirtschaft und Flurneuordnung des Landes Sachsen-Anhalt eingereicht. Mit Beschluss vom 1. August 2005 hat das Sozialgericht Halle die Landwirtschaftliche Berufsgenossenschaft Mittel- und Ostdeutschland nach § 75 Abs. 1 SGG beigeladen.
Mit Bescheid vom 8. Februar 2006 teilte die Beklagte dem Kläger mit, das von ihm in E. betriebene landwirtschaftliche Unternehmen habe sie mit Wirkung vom 1. Januar 2006 der Beigeladenen überwiesen. Die bei ihr bestehende Veranlagung werde für dieses Unternehmen ab diesem Datum aufgehoben.
Mit Urteil vom 4. April 2008 hat das Sozialgericht Halle die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, die Zusatzversicherung beziehe sich lediglich auf Leistungsfälle im Zuständigkeitsbereich der Beklagten. Als landwirtschaftlicher Unternehmer könne nur der verstanden werden, der im Zuständigkeitsbereich der jeweiligen Berufsgenossenschaft ein landwirtschaftliches Unternehmen betreibe. Es sei unzutreffend, dass die Zusatzversicherung lediglich an die Versicherung eines Unternehmens kraft Gesetzes knüpfe, nicht jedoch an eine Versicherung bei einer bestimmten Berufsgenossenschaft. Aus der unterschiedlichen Rechtsaufsicht für die Grundsicherung und die Zusatzversorgung könne nicht auf den vereinbarten Versicherungsschutz geschlossen werden. Formellrechtlich habe die Zuständigkeit der Beklagten für das landwirtschaftliche Unternehmen in E. bis zur Überweisung an die Beigeladene mit Wirkung ab dem 1. Januar 2006 weiter bestanden. Der von der Beklagten gewährte Versicherungsschutz erstrecke sich nicht auf das Gut H., für das die Beigeladene zuständig sei. Zwischen der Beklagten und der Beigeladenen bestehe auch kein Zuständigkeitsstreit, so dass § 139 SGB VII nicht zur Anwendung komme.
Ein Anspruch auf Leistungen folge auch nicht aus dem sog. sozialrechtlichen Herstellungsanspruch. Eine Pflichtverletzung der Beklagten sei nicht ersichtlich. Ohne konkrete Hinweise sei sie nicht verpflichtet, kontinuierlich ihre Zuständigkeit zu prüfen. Der Kläger wäre gehalten gewesen, der Beklagten die veränderten Verhältnisse bekannt zu geben. Allein aufgrund des angegebenen Anschriftenwechsels habe für die Beklagte kein Handlungsbedarf bestanden. Auch sei aufgrund der weiten räumlichen Entfernungen zwischen den landwirtschaftlichen Nutzflächen ein einheitliches Unternehmen nicht zu unterstellen gewesen. Dass die Alterskasse der rheinischen Landwirtschaft ihre Zuständigkeit bereits nach der Adressenänderung beendet habe, indiziere keine Pflichtverletzung der Beklagten. Denn die Alterskasse knüpfe an die Person des Unternehmers an, nicht an das landwirtschaftliche Unternehmen. Ein Beratungs- oder Prüfungsfehler ergebe sich auch nicht aus dem Schreiben vom 11. Juli 2001, mit dem geklärt werden sollte, ob für sog. Geringstland von 4,90 Hektar die Zuständigkeit und Beitragspflicht zur bzw. gegenüber der Berufsgenossenschaft gegeben sei. Die vom Kläger in E. genutzte Fläche von 40 Hektar sei für den Betrieb eines landwirtschaftlichen Unternehmens ohne weiteres ausreichend. Darüber hinaus könne der Kläger im Wege des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs den Abschluss einer Zusatzversicherung mit der Beigeladenen nicht erreichen. Bei einer unterstellten Pflichtverletzung der Beklagten hätte dies allenfalls zur Prüfung einer Überweisung geführt. Schließlich sei auch der Hilfsantrag unbegründet, weil es sich bei der begehrten Leistung nicht um eine Ermessensleistung handle.
Gegen das am 15. Mai 2008 zugegangene Urteil hat der Kläger am 10. Juni 2008 Berufung eingelegt und sein bisheriges Vorbringen vertieft: Ihm stünden für die Arbeitsunfälle vom 5. September 2002 und 26. Januar 2003 Leistungen aus der Zusatzversicherung zu, weil sich die Unfälle im Zusammenhang mit Tätigkeiten für die landwirtschaftlichen Flächen in E. ereignet hätten. So habe er, als er sich am 5. September 2002 verletzt habe, per Handy Bestellungen von Dünger für E. und H. aufgegeben. Sein Jagdhund, der ihn gebissen habe, sei durch den übergreifenden Einsatz beiden landwirtschaftlichen Flächen zuzuordnen. Im Übrigen handle es sich bei der Zusatzversicherung ausschließlich um eine personenbezogene Versicherung ohne territoriale Beschränkungen. Anders als bei der Grundversicherung knüpften die Beitragsbemessungsregeln bei der Zusatzversicherung allein an die Person des Unternehmers und seinen Jahresverdienst an. Zudem würden sich sämtliche Formulierungen der Satzung (z. B. § 11 des Anhangs 3 zu § 43) auf die Person des Unternehmers beziehen. § 11 des Anhangs 3 zu § 43 der Satzung knüpfe allein an die Existenz einer Grundversicherung an, egal bei welcher Berufsgenossenschaft. Auch das allgemein erhältliche Informationsschreiben der Beklagten beinhalte den Begriff des Unternehmers. Er habe sich aus Kostengründen für die Zusatzversicherung der Beklagten entschieden und keine private Zusatzversicherung abgeschlossen, die üblicherweise an seine Person als Unternehmer ohne territoriale Beschränkung gebunden gewesen wäre. Zudem enthalte § 93 Abs. 5 SGB VII eine Öffnungsklausel, wonach für die Zusatzversicherung ein wesentlich weiterer Spielraum gewährt werde, als es für die Grundversicherung der Fall sei. Andernfalls seien die Berufsgenossenschaften gegenüber privaten Versicherungen nicht wettbewerbsfähig. Bei einer territorialen Beschränkung hätten ihn bei Abschluss mehrerer Zusatzversicherungen untragbare wirtschaftliche Konsequenzen getroffen.
Er hat weiter vorgetragen, mit den nach der Überweisung erlassenen Beitragsbescheiden für die Jahre 2007 und 2008 habe die Beklagte seinen Rechtsstandpunkt zur Zusatzversicherung anerkannt, sich selbst hieran gebunden und mit ihrem entgegen gesetzten Verhalten gegen Treu und Glauben verstoßen. Auf die Satzungsregeln der Beklagten fänden die Regelungen des BGB zu den allgemeinen Geschäftsbedingungen Anwendung. Habe die Beklagte eine territoriale Beschränkung der Zusatzversicherung gewollt, so hätte sie dies ausdrücklich regeln müssen. Insoweit greife die Unklarheitenregelung des § 305c Abs. 2 BGB. Zweifel gingen zu Lasten des Verwenders, hier der Beklagten. Seine landwirtschaftlichen Nutzflächen in Sachsen-Anhalt und Nordrhein-Westfalen stellten im Übrigen eine organisatorische Einheit dar. Die Organisation des Unternehmens erfolge zentral, so auch der Einkauf und die Beantragung von Fördermitteln. Die Maschinen setze er sowohl in Nordrhein-Westfalen als auch in Sachsen-Anhalt ein. Auch würden die landwirtschaftlichen Flächen in E. und H. steuerlich einheitlich erfasst. Seinen Jagdhund verwende er sowohl in E. als auch in H ... In jedem Falle habe die Beklagte ihn rechtzeitig darauf hinweisen müssen, dass nach ihrer Auffassung die Zusatzversicherung für sein landwirtschaftlich genutztes Gebiet im Sachsen-Anhalt nicht gelte. Der Beklagten sei die Verlegung des Sitzes des Unternehmens seit Mitte der neunziger Jahre bekannt gewesen. Dies ergebe sich aus dem Aktenvermerk auf der Abschrift des Bescheides der Alterskasse vom 4. November 1997. Unabhängig hiervon müsse sich die Beklagte aufgrund ihrer Zusammenarbeit und der gemeinsamen Nutzung zentraler Einrichtungen die Kenntnis der Alterskasse zurechnen lassen. Der begehrte Anspruch sei auch rechtlich zulässig. Denn es gehöre geradezu den Hauptpflichten der Beklagten, bei Arbeitsunfähigkeit Verletztengeld zu gewähren. Im Übrigen verhalte sich die Beklagte widersprüchlich, indem sie über Jahre hinweg Beiträge für die Zusatzversicherung einkassiere, Leistungen aus dieser Zusatzversicherung jedoch verweigere. Nach dem Rechtsgedanken des § 141 BGB könne die Beklagte die Erbringung der Gegenleistung nicht verweigern, wenn sie bewusst die erhaltenen Versicherungsleistungen einbehalte. Schließlich handle es sich vorliegend um einen Zuständigkeitsstreit im Sinne des § 139 SGB VII. Insofern hätte die Beklagte als erstangegangener Leistungsträger vorläufig Leistungen zu erbringen gehabt.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Halle vom 4. April 2008 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 10. November 2003 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. Januar 2004 zu verurteilen, ihm für den Arbeitsunfall vom 5. September 2002 mit daraus resultierender Arbeitsunfähigkeit bis 31. Dezember 2002 sowie dem Arbeitsunfall vom 26. Januar 2003 mit daraus resultierender Arbeitsunfähigkeit bis 1. August 2003 ein Verletztengeld zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurück zu weisen.
Bei der Zusatzversicherung handle es sich zwar um eine personengebundene Versicherung, diese jedoch nur für den jeweiligen Zuständigkeitsbereich der entsprechenden landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft, bei der die Versicherung abgeschlossen worden sei. Sie könne mit einer Satzung nur für ihren eigenen Hoheitsbereich Recht setzen. Die Satzung sei autonomes Recht und damit keine Regelung im Sinne von allgemeinen Geschäftsbedingungen. Anderes lasse sich auch nicht aus § 93 SGB VII herleiten. Der Erlass von Beitragsbescheiden für die Jahre 2007 und 2008 sei in dem bei ihr weiterhin versicherten Jagdunternehmen des Klägers in E. begründet. Der Bescheid der Alterskasse vom 4. November 1997 habe keine Veranlassung geboten, zu prüfen, ob das Versicherungsverhältnis mit dem Kläger beendet gewesen sei. Anders als in der Alterssicherung der Landwirte stehe in der gesetzlichen Unfallversicherung nicht die Person des Unternehmers im Mittelpunkt, sondern das landwirtschaftliche Unternehmen. Schließlich habe sie keine Pflichten gegenüber dem Kläger verletzt und sich nicht widersprüchlich verhalten.
Die Beigeladene hat keinen Antrag gestellt und sich im Übrigen der Argumentation der Beklagten angeschlossen.
Die Verwaltungsakten der Beklagten (Aktenzeichen ) und der Beigeladenen (Aktenzeichen ) haben in der mündlichen Verhandlung vorgelegen und waren Gegenstand der Beratung.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß §§ 143, 144 Abs. 1 S. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) statthafte und frist- und formgerecht eingelegte Berufung hat keinen Erfolg.
Der Bescheid der Beklagten vom 10. November 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. Januar 2004 beschwert den Kläger nicht im Sinne der §§ 157, 54 Abs. 2 S. 1 SGG. Der Kläger hat für die Unfälle vom 5. September 2002 und 26. Januar 2003 gegen die Beklagte keinen Anspruch auf die Gewährung von Verletztengeld (1.). Ein Anspruch ergibt sich auch nicht im Wege des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs (2.). Der Kläger hat gegen die Beklagte auch keinen Anspruch auf vorläufige Leistungen (3.).
1.
Der Anspruch auf Verletztengeld nach einem Versicherungsfall richtet sich nach den §§ 45 ff. des Siebten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VII). Verletztengeld wird nach § 45 Abs. 1 SGB VII erbracht, wenn der Versicherte infolge eines Versicherungsfalls arbeitsunfähig ist und unmittelbar vor Beginn der Arbeitsunfähigkeit Anspruch auf Arbeitseinkommen hatte. Arbeitsunfälle sind nach § 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Für einen Arbeitsunfall ist in der Regel erforderlich, dass die Verrichtung des Versicherten zur Zeit des Unfalls der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist (innerer bzw. sachlicher Zusammenhang), dass diese Verrichtung zu dem Unfallereignis geführt hat (Unfallkausalität) und dass das Unfallereignis einen Gesundheitserstschaden oder den Tod des Versicherten verursacht hat. (Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 4. September 2007 - B 2 U 28/06 R - SozR 4-2700 § 8 Nr. 24). Die Zuordnung einer versicherten Tätigkeit zu einem Unfallversicherungsträger bestimmt sich nach § 133 Abs. 1 Satz 1 SGB VII grundsätzlich nach der Zuständigkeit des Unfallversicherungsträgers für das Unternehmen, für das der Versicherte tätig ist oder zu dem er in einer besonderen, die Versicherung begründenden Beziehung steht. Nach § 130 Abs. 1 Satz 1 SGB VII richtet sich die örtliche Zuständigkeit des Unfallversicherungsträgers für ein Unternehmen in der Regel nach dem Sitz des Unternehmens. Erstreckt sich ein landwirtschaftliches Unternehmen im Sinne des § 123 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII auf die Bezirke mehrerer Gemeinden, hat es seinen Sitz dort, wo die gemeinsamen oder die seinen Hauptzwecken dienenden Wirtschaftsgebäude liegen (§ 130 Abs. 5 Satz 1 SGB VII). Eine einmal durch bestandskräftigen Bescheid für ein Unternehmen festgestellte formelle Zuständigkeit eines Unfallversicherungsträgers bleibt auch bei einer Änderung der materiellen Zuständigkeit, z. B. durch Verlegung des Sitzes des Unternehmens in den Zuständigkeitsbereich eines anderen Unfallversicherungsträgers, bestehen. Nach § 136 Abs. 1 Satz 4 SGB VII überweist der Unfallversicherungsträger das Unternehmen nach § 136 Abs. 1 Satz 4 SGB VII dem zuständigen Unfallversicherungsträger. In diesem Fall bleibt nach § 137 Abs. 1 Satz 1 SGB VII der bisherige Unfallversicherungsträger grundsätzlich bis zum Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Entscheidung über das Ende der Zuständigkeit des bisherigen Unfallversicherungsträgers gegenüber dem Unternehmen bindend wird, für das Unternehmen zuständig, wenn nichts anderes zwischen den Unfallversicherungsträgern vereinbart ist. Nach § 137 Abs. 2 SGB VII ist der Unfallversicherungsträger, an den das Unternehmen überwiesen wurde, auch hinsichtlich der Versicherungsfälle zuständig, die vor dem Zuständigkeitswechsel eingetreten sind. Versicherungsfälle sind eindeutig einem bestimmten Unfallversicherungsträger zuzuordnen; eine Doppelzuständigkeit zweier Versicherungsträger für einen Versicherungsfall ist demgegenüber nicht gegeben. Dies folgt aus § 134 SGB VII, wonach eine Berufskrankheit dem Unfallversicherungsträger zugeordnet wird, welcher für das Unternehmen zuständig ist, in dem die gefährdende Tätigkeit zuletzt ausgeübt wurde sowie aus § 135 SGB VII, der für die Versicherung nach mehreren Vorschriften der §§ 2, 3 und 6 SGB VII eine Zuordnung an einen bestimmten Unfallversicherungsträger vorsieht. Ist ein Versicherungsfall mehreren versicherten Tätigkeiten zuzuordnen, ist darauf abzustellen, welchem Unternehmen die unfallbringende Tätigkeit letztlich oder überwiegend dient (vgl. BSG, Urteil vom 27. Juni 2000 - B 2 U 23/99 R - SozR 3-2200 § 548 Nr. 39).
Unter diesen Voraussetzungen ist die Beklagte für die Gewährung von Verletztengeld für die Unfälle vom 5. September 2002 und 26. Januar 2003 nicht zuständig. Dies ergibt sich zwar nicht bereits daraus, dass der Kläger - folgt man seiner Behauptung - seit Mitte der Neunziger Jahre ein einheitliches Unternehmen mit Sitz in H. betrieben hat. Denn bis zur formalen Überweisung des Unternehmens in E. an die Beigeladene käme eine Zuständigkeit der Beklagten für Versicherungsfälle, die mit den landwirtschaftlichen Nutzflächen in E. in Zusammenhang stünden, weiterhin in Betracht. Dies war aber bei den Unfällen vom 5. September 2002 und 26. Januar 2003 nicht der Fall. Dabei kann es dahingestellt bleiben, ob die während des Eintritts der Unfälle verrichteten Tätigkeiten ausschließlich dem Unternehmen in H. zuzurechnen waren. Denn sie dienten jedenfalls überwiegend dem Unternehmen in H., was sich aus Folgendem ergibt: Beide Unfälle haben sich auf den landwirtschaftlichen Flächen in H. ereignet, während der Kläger Tätigkeiten für das dortige Unternehmen erbracht hat. Soweit der Kläger behauptet, er habe bei Eintritt des Unfalls am 5. September 2002 telefonisch Dünger sowohl für die landwirtschaftlichen Flächen in H. als auch in E. bestellt, hat sich nicht die Betriebsgefahr des Unternehmens in E. verwirklicht, sondern die Betriebsgefahr des Unternehmens in H ... Die eingetretene Verletzung am Sprunggelenk ist weder durch die Bestellung von Dünger noch durch das Telefonieren mit dem Handy eingetreten. Die überwiegende Handlungstendenz des Klägers stand bei Eintritt des Unfalls in Zusammenhang mit der Bewirtschaftung der landwirtschaftlichen Nutzungsflächen in H ... Diesen haben die verrichteten Tätigkeiten überwiegend gedient.
Nichts anderes gilt für den Unfall vom 26. Januar 2003. Der Biss ist durch den Hund des Klägers erfolgt, den er nach seiner Behauptung sowohl auf den landwirtschaftlichen Nutzflächen in E. als auch in H. eingesetzt hat. Der Biss durch den Hund hat sich während des Einsatzes des Hundes auf den landwirtschaftlichen Nutzungsflächen in H. ereignet, so dass die verrichteten Tätigkeiten im Unfallzeitpunkt berwiegend dem dortigen Unternehmen gedient haben.
Einen Anspruch auf eine Zusatzversorgung für die beiden Unfälle kann der Kläger nicht aus dem Bescheid vom 6. März 1991 herleiten. Mit diesem Bescheid hat die Beklagte die Versicherungssumme des Klägers für Versicherungsfälle gemäß den Satzungsbestimmungen über eine Zusatzversicherung ab dem 26. Februar 1991 auf 32.016 DM festgesetzt. Inhalt des Bescheides ist damit nicht die Begründung eines eigenständigen Anspruchs auf ein Verletztengeld, sondern allein die Vereinbarung eines zusätzlichen Jahresarbeitsverdienstes, nach dem die hiervon abhängigen Geldleistungen an Versicherte zu berechnen sind (siehe § 12 Abs. 2 und 3 der Satzung vom 14. Dezember 2001 in der Fassung vom 27. November 2002). Der Bescheid vom 6. März 1991 bildet daher keine Grundlage für eigenständige Leistungen eines nicht nach den §§ 130 ff. SGB VII zuständigen Unfallversicherungsträgers.
Anderes ergibt sich auch nicht aus den Bestimmungen der Satzung über die Zusatzversicherung. Die Zusatzversicherung für die ehemals zu der Rheinischen landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft gehörenden Unternehmen ist in §§ 12 bis 14 des Anhangs 2 zu § 43 der Satzung vom 14. Dezember 2001 in der Fassung des 1. Nachtrags vom 27. November 2002 (der keine Änderungen der §§ 12 ff. des Anhangs gegenüber den bisherigen Regelungen beinhaltet) geregelt. Nach § 12 Abs. 1 des Anhangs 2 zu § 43 der Satzung können Unternehmer beantragen, mit einem zusätzlichen Verletztengeld und im Übrigen mit einem zusätzlichen Jahresarbeitsverdienst versichert zu werden. In § 13 des Anhangs 2 zu § 43 der Satzung ist die Höhe des Zusatzbeitrags bestimmt und § 14 des Anhangs 2 zu § 43 der Satzung beinhaltet Regelungen zur Antragstellung, zum Inkrafttreten und Erlöschen sowie zur Kündigung. Regelungen über eine von den gesetzlichen Bestimmungen abweichende Zuständigkeit der Beklagten für Arbeitsunfälle, die nicht zu ihrem Zuständigkeitsbereich gehören, finden sich in den § 12 ff. des Anhangs 2 zu § 43 der Satzung nicht. Diese sind auch nicht zu erwarten, weil es sich bei dem Anhang 2 zu § 43 der Satzung - der in der Satzung unter dem Kapitel "Aufbringung der Mittel" steht - um Übergangsregelungen für die Beitragsberechnung handelt, nicht jedoch um die Normierung eigener Leistungsansprüche dem Grunde nach. Da eine Anspruchsgrundlage für Leistungen der Beklagten an den Kläger aus den Unfällen vom 5. September 2002 und 26. März 2003 nicht besteht, kommt es auch nicht entscheidend darauf an, ob die Satzungsregelungen eine territoriale Beschränkung von Leistungen und ggf. insoweit eine mehrdeutige Klausel enthalten. Der Senat kann es deshalb dahingestellt lassen, ob die Regelungen zu den "Allgemeinen Geschäftsbedingungen" der §§ 305 ff. des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) überhaupt auf die Satzung der Beklagten Anwendung finden.
Die Satzungsregelungen zur Zusatzversicherung verstoßen im Übrigen nicht gegen die Ermächtigungsnorm des § 93 Abs. 5 SGB VII. Danach hat die Satzung zu bestimmen, dass und unter welchen Voraussetzungen die Versicherten auf ihren Antrag mit einem höheren Jahresarbeitsverdienst versichert werden. Diese Vorschrift sieht nicht vor, dass über den Zuständigkeitsbereich der jeweiligen Berufsgenossenschaft hinaus Ansprüche auf Leistungen in der Satzung zu normieren sind.
Ein Anspruch des Klägers gegen die Beklagte ergibt sich auch nicht aus dem Erlass der Beitragsbescheide für die Jahre 2007 und 2008. Die Beitragsbescheide beziehen sich nicht auf Leistungen aus den streitigen Arbeitsunfällen. Die Beklagte hat auch nicht mit dem Erlass dieser Bescheide Leistungsansprüche aus den Arbeitsunfällen anerkannt. Ob in dem Erlass der Beitragsbescheide nach der Überweisung des Unternehmens an die Beigeladene ein Verstoß gegen Treu und Glauben liegt, kann dahingestellt bleiben. Denn soweit die Beklagte diese Bescheide rechtswidrig erlassen hat, hat der Kläger unter den Voraussetzungen des § 44 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X) lediglich einen Anspruch auf Aufhebung dieser Bescheide ggf. unter Rückzahlung geleisteter Beiträge.
Die Beklagte verstößt nicht gegen "Treu und Glauben", indem sie einerseits Beiträge aus der Zusatzversicherung erhebt und andererseits Leistungen hieraus für die streitgegenständlichen Arbeitsunfälle verweigert. Der Kläger hatte bis zur Überweisung des Unternehmens in E. an die Beigeladene für die bei der Beklagten versicherten Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten Ansprüche auf erhöhte Leistungen aus der Zusatzversicherung. Die Unfälle vom 5. September 2002 und 26. Januar 2003 haben sich aber gerade nicht bei der Verrichtung versicherter Tätigkeiten für das Unternehmen in E. ereignet.
2.
Der Kläger hat gegen die Beklagte für die Arbeitsunfälle vom 5. September 2002 und 26. Januar 2003 auch keinen Anspruch auf Verletztengeld im Wege des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs.
Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes setzt der sozialrechtliche Herstellungsanspruch voraus, dass der Sozialleistungsträger eine gesetzliche oder aus einem bestehenden Sozialrechtsverhältnis folgende Verpflichtung objektiv rechtswidrig verletzt hat, die ihm gerade gegenüber dem Betroffenen oblag. Diese Pflichtverletzung muss als nicht hinwegdenkbare Bedingung - zumindest gleichwertig neben anderen Bedingungen - ursächlich einen Nachteil für den Betroffenen bewirkt haben. Die verletzte Pflicht muss gerade darauf gerichtet sein, den Betroffenen vor den eingetretenen Nachteilen zu bewahren. Die Nachteile müssen durch eine zulässige Amtshandlung beseitigt werden können (BSG, Urteil vom 2. Mai 2001 - B 2 U 19/00 R - zitiert nach juris; Urteil vom 17. Februar 2009 - B 2 U 34/07 R - SGb 2010, 47). Im Wege des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs besteht kein Anspruch auf Schadensersatz. Der Betroffene ist vielmehr im Wege der Naturalrestitution so zu stellen, wie er bei Einhaltung der ihm gegenüber bestehenden Pflicht der Behörde gestanden hätte (siehe BSG, Urteil vom 20. Oktober 2010 - B 13 R 15/10 R - juris, Rdnr. 39).
Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Dabei kann es dahingestellt bleiben, ob die Beklagte dem Kläger gegenüber überhaupt eine Pflicht verletzt hat, indem sie ihn nicht darauf hingewiesen hat, dass er für Versicherungsfälle außerhalb ihrer Zuständigkeit kein höheres Verletztengeld aus der Zusatzversicherung erhalten werde. Denn der vom Kläger geltend gemachte Nachteil, für die Arbeitsunfälle kein erhöhtes Verletztengeld zu erhalten, lässt sich nicht durch eine zulässige Amtshandlung der Beklagten beseitigen. Denn auch wenn die Beklagte den Kläger über den Geltungsbereich der Zusatzversicherung in Kenntnis gesetzt hätte, hätte sie für die Unfälle vom 5. September 2002 und 26. Februar 2003, die der Kläger bei versicherter Tätigkeit im Unternehmen in H. erlitten hatte, kein erhöhtes Verletztengeld zahlen müssen, weil sie für die Gewährung von Verletztengeld überhaupt nicht zuständig war.
3.
Schließlich hat der Kläger gegen die Beklagte keinen Anspruch auf vorläufige Leistungen nach § 139 Abs. 2 Satz 2 SGB VII. Danach hat der erstangegangene Unfallversicherungsträger, der sich für den angezeigten Versicherungsfall nicht zuständig hält und diesen an den anderen Unfallversicherungsträger abgegeben hat, die weiteren Feststellungen zu treffen und erforderliche Leistungen zu erbringen, wenn sich der andere Unfallversicherungsträger nicht für zuständig hält oder die Zuständigkeit innerhalb von 21 Tagen nicht abschließend geklärt werden kann. Diese Voraussetzungen liegen hinsichtlich der Unfälle vom 5. September 2002 und 26. Januar 2003 jedoch nicht vor. Denn die für die Gewährung von Verletztengeld zuständige Beigeladene hat ihre Zuständigkeit nicht verneint.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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