L 5 B 226/07 AS

Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
5
1. Instanz
SG Magdeburg (SAN)
Aktenzeichen
S 4 AS 90031/07
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 5 B 226/07 AS
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde wird als unzulässig verworfen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Der Kläger und Beschwerdeführer wendet sich gegen die Ablehnung seines Prozesskostenhilfegesuchs durch das Sozialgericht Stendal (SG).

Im sozialgerichtlichen Klageverfahren stritten die Beteiligten über die Höhe der Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Insbesondere ging es dem Kläger um die Nichtanwendung der Übergangsregelung des § 67 SGB II und damit um die Berechnung des Freibetrags aus seinem Einkommen nach der seit dem 1. Oktober 2005 geltenden Freibetragsregelung.

Der am 1987 geborene Kläger stellte am 20. Juni 2005 einen Antrag auf Gewährung von Grundsicherungsleistungen. Unter dem 30. August 2005 teilte er mit, er beginne am 1. September 2005 eine Ausbildung. Die erste Zahlung des Entgelts werde voraussichtlich "zum Ende 09/05" erfolgen. Ausweislich der Einkommensbescheinigung des Arbeitgebers vom 14. Oktober 2005 betrug die Bruttoausbildungsvergütung 290,00 EUR, welche zum Zehnten des Folgemonats fällig wurde.

Mit Bescheid vom 20. Oktober 2005 bewilligte der Beklagte Leistungen für den Bewilligungszeitraum vom 20. Juli 2005 bis zum 31. Januar 2006 iHv 191,50 EUR für Juli 2005, iHv 478,71 EUR für August 2005 sowie iHv 270,74 EUR für die Monate September 2005 bis Januar 2006. Dabei rechnete er ab September 2005 ein monatliches Einkommen iHv 207,97 EUR an.

Auf den Widerspruch des Klägers erging am 4. April 2006 ein Änderungsbescheid für den Zeitraum vom 1. Oktober 2005 bis zum 30. Januar 2006, der unter Beibehaltung des monatlichen Zahlbetrags nur die Regelung zur Krankenversicherung änderte. Auf erneuten Widerspruch des Klägers hob der Beklagte mit Bescheid vom 26. Oktober 2006 den Änderungsbescheid vom 4. April 2006 vollständig auf und bewilligte 286,91 EUR für Oktober 2005, 304,19 EUR für November 2005, 344,51 EUR für Dezember 2005 und 325,20 EUR für Januar 2006. Nunmehr berücksichtigte er die Kfz-Haftpflichtversicherung und die Fahrtkosten und korrigierte die Anrechnung des Kindergelds.

Den dagegen vom Kläger erneut eingelegten Widerspruch wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 21. Dezember 2006 zurück. Da die Ausbildung des Klägers am 1. September 2005 und damit vor Inkrafttreten der Änderung von § 11 SGB II am 1. Oktober 2006 begonnen habe, sei die Übergangsregelung des § 67 SGB II anzuwenden mit der Folge, dass sein Einkommen nach den bis zum 30. September 2005 geltenden Vorschriften zu bereinigen sei.

Dagegen hatte der Kläger am 29. Januar 2007 Klage erhoben und die Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) beantragt. Zur Begründung hatte er vorgetragen, ihm sei erstmalig im Oktober 2005 die Ausbildungsvergütung zugeflossen. Weil der Beklagte nach dem 1. Oktober 2005 die Leistungshöhe mehrfach neu berechnet habe, sei § 67 SGB II nicht anwendbar. Mit der Übergangsregelung habe verhindert werden sollen, dass abgeschlossene Verwaltungsverfahren ein zweites Mal bearbeitet werden müssten. Ein solcher Fall liege hier nicht vor.

Auf Hinweis des Beklagten, die Klage sei verfristet, denn es sei vom Zugang des angegriffenen Bescheids am 24. Dezember 2006 auszugehen, hatte er ausgeführt, der Widerspruchsbescheid sei in der Kanzlei seines Prozessbevollmächtigten erst am 28. Dezember 2006 eingegangen. Die Zugangsfiktion des § 37 Abs. 2 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz (SGB X) greife nicht, weil am ersten Weihnachtstag keine Post zugestellt werde. Im Übrigen sei es gerade in der Weihnachtszeit nicht ausgeschlossen, dass ein Schriftstück erst nach mehr als drei Tagen den Empfänger erreiche.

Mit Gerichtsbescheid vom 4. Juni 2007, der dem Kläger am 12. Juni 2007 zugestellt wurde, wies das SG die Klage als unzulässig ab. Der Widerspruchsbescheid gelte am 25. Dezember 2006 als bekannt gegeben. Die Zugangsfiktion des § 37 Abs. 2 SGB X sei nicht erschüttert. Die bloße Behauptung eines anderen Zugangsdatums reiche nicht aus, um von der gesetzlichen Vermutung abzuweichen. Mit Beschluss vom selben Tag, der ebenfalls am 12. Juni 2007 zugestellt wurde, hat das SG den Antrag auf Bewilligung von PKH abgelehnt.

Am 10. Juli 2007 hat der Kläger Berufung gegen den Gerichtsbescheid und Beschwerde gegen die PKH-Ablehnung eingelegt. Das SG überspanne die Anforderungen, die an ein Erschüttern der Zugangsfiktion zu stellen seien, wenn es einen Beleg für den atypischen Geschehensablauf verlange.

Das SG hat der Beschwerde nicht abgeholfen und sie dem Senat zur Entscheidung vorgelegt. Nach ausführlichem Hinweis der Berichterstatterin auf das Nichterreichen von Berufungs- und Beschwerdewert mit Schreiben vom 7. Oktober 2010 hat der Kläger seine Berufung zurückgenommen. Die PKH-Beschwerde hat er aufrechterhalten und ausgeführt, ihm sei zu Unrecht PKH nicht bewilligt worden.

Der Kläger beantragt,

den Beschluss des Sozialgerichts Stendal vom 4. Juni 2007 aufzuheben und ihm für das erstinstanzliche Verfahren Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung unter Beiordnung von Rechtsanwalt S aus G ... zu gewähren;

Der Beklagte hat sich zum Beschwerdeverfahren nicht geäußert.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten des Beschwerde-, Klage- und Berufungsverfahrens ergänzend Bezug genommen. Die genannten Unterlagen waren Gegenstand der Entscheidung des Senats.

II.

Die Beschwerde gegen den Beschluss des SG vom 4. Juni 2007 ist unzulässig und daher zu verwerfen. Die Zulässigkeit des Rechtsmittels der Beschwerde gegen die Ablehnung von Anträgen auf Bewilligung von PKH richtet sich nach § 73a Abs. 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) iVm § 127 Abs. 2 Satz 2 Zivilprozessordnung (ZPO) in der bis zum 31. März 2008 gültigen Fassung.

Nach § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG gelten die Vorschriften der ZPO über die PKH entsprechend im sozialgerichtlichen Verfahren. Die Verweisung bezieht sich auf alle in dem Buch 1, Abschnitt 2, Titel 7 der ZPO enthaltenen Vorschriften über die PKH, soweit das SGG nicht ausdrücklich - etwa in § 73a Abs. 1 Satz 2 SGG - etwas anderes regelt (vgl. Leitherer in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Sozialgerichtsgesetz, 9. Aufl. 2008, § 73a, RN 2). Die "entsprechende Anwendung" fordert allerdings eine Anpassung der jeweils maßgeblichen Vorschriften der ZPO an das sozialgerichtliche Verfahren, soweit prozessuale Besonderheiten bestehen. Dies betrifft insbesondere die Ersetzung des dem sozialgerichtlichen Verfahren fremden Rechtsmittels der "sofortigen Beschwerde" durch die "Beschwerde", ferner die Bestimmung des Beschwerdegerichts, nämlich des Landessozialgerichts statt eines höherinstanzlichen Zivilgerichts, sowie die Anpassung des maßgeblichen Werts des Beschwerdegegenstandes für die Berufung. Dieser liegt in Zivilverfahren gemäß § 511 Abs. 2 Ziffer 1 ZPO bei 600,00 EUR, während hier der bis 31. März 2008 in § 144 Abs. 1 Satz 1 Ziffer 1 SGG geregelte Wert des Beschwerdegegenstandes iHv 500,00 EUR maßgeblich ist.

Nach der bis zum 31. März 2008 geltenden Rechtslage war daher gemäß § 73a SGG iVm § 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO die Beschwerde gegen die Ablehnung von Prozesskostenhilfe grundsätzlich statthaft, es sei denn, der maßgebliche Beschwerdewert wurde nicht überschritten.

Soweit diese Regelungen durch das Gesetz zur Änderung des Sozialgerichtsgesetzes und des Arbeitsgerichtsgesetzes vom 26. März 2008 (BGBl. I S. 444) mit Wirkung vom 1. April 2008 durch Einfügung von § 172 Abs. 3 Ziffer 2 SGG modifiziert worden sind (ständige Rechtsprechung des Senats, Beschluss vom 20. Februar 2009, Az.: L 5 B 305/08 AS und L 5 B 304/08 AS, juris), ist dies für das hier streitige Verfahren nicht relevant. Denn die Anhebung des Beschwerdewerts auf 750,00 EUR und der zusätzliche Ausschluss der Beschwerde gegen die Ablehnung von PKH immer dann, wenn das Gericht ausschließlich die persönlichen und wirtschaftlichen Voraussetzungen verneint (so auch: LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 15. Juli 2008, Az.: L 12 B 18/07 AL, RN 25), gelten nicht für bei Inkrafttreten bereits anhängige Beschwerdeverfahren.

Der Senat folgt nicht der teilweise in Rechtsprechung und Literatur vertretenen Auffassung, wonach die Beschwerde sich allein nach § 172 Abs. 1 SGG richte und demgemäß - bis zur Einführung von § 172 Abs. 3 Ziffer 2 SGG - immer zulässig gewesen sei (vgl. OVG der Freien Hansestadt Bremen, Beschluss vom 7. September 2008, Az.: S 3 S 355/08, RN 9). Eine "planwidrige gesetzgeberische Lücke im SGG" (so OVG der Freien Hansestadt Bremen, a.a.O., RN 11) vermag der Senat nicht zu erkennen. Dies gilt sowohl für die bis zum 31. März 2008 als auch für die seit dem 1. April 2008 geltende Gesetzeslage.

§ 172 Abs. 1 SGG enthält für das PKH-Beschwerdeverfahren vor den Sozialgerichten keine den Vorschriften der ZPO vorgehende Sonderregelung. Dies ergibt sich schon aus dem Wortlaut der Vorschrift, der auf ihren Auffangcharakter hinweist. Danach findet gegen die Entscheidung der Sozialgerichte die Beschwerde an das Landessozialgericht nur statt, soweit nicht in diesem Gesetz anderes bestimmt ist. Eine "andere Bestimmung" in diesem Sinne ist aber § 73a Abs. 1 SGG, der abweichend von der allgemeinen Auffangverweisung auf die Vorschriften der ZPO in § 202 SGG auf die Vorschriften zur PKH der ZPO ausdrücklich in Bezug nimmt.

Den Gesetzesmaterialien lässt sich für den Senat eindeutig entnehmen, dass mit der Einführung des PKH-Rechts anstelle des so genannten "Armenrechts" in der Bundesrepublik Deutschland zum 1. Januar 1980 grundsätzlich die neu geschaffenen Vorschriften, welche in die ZPO eingefügt wurden, für die verschiedenen Verfahrensordnungen Anwendung finden sollten. Dies ergibt sich schon aus dem Entwurf der Bundesregierung eines Gesetzes über die Prozesskostenhilfe vom 17. Juli 1979 (BT-Drs. 8/3086). Zunächst ist dort ausdrücklich - trotz der erkannten Besonderheiten des kostenfreien sozialgerichtlichen Verfahrens und des Amtsermittlungsgrundsatzes - die Notwendigkeit der Einführung der PKH auch im sozialgerichtlichen Verfahren gesehen worden. Dies ist damit begründet worden, dass die auch für auch ausgebildete Juristen mitunter schwierige Spezialmaterie die Beiordnung eines Rechtsanwalts erforderlich machen könne (S. 21/22). Aus den Ausführungen zu Artikel 4 (S. 38/39) lässt sich ebenfalls nur der Schluss ziehen, dass alle Regelungen über die Prozesskostenhilfe in der ZPO auch im sozialgerichtlichen Verfahren gelten sollten.

Dies ergibt sich auch aus der Systematik des Gesetzes. Eine Ausnahme von dem dargestellten Grundsatz ist in § 73a Abs. 1 Satz 2 SGG ausdrücklich geregelt worden. Abweichend von der in dem Gesetzentwurf vom 17. Juli 1979 vorgesehenen Fassung des § 121 Abs. 1 bis 3 ZPO sollte das SGG-Verfahren nämlich die Möglichkeit eröffnen, dass das Gericht auf Antrag des Beteiligten einen beizuordnenden Rechtsanwalt auswählen kann, wenn dieser keinen solchen ausreichend qualifizierten kennt. Insoweit war eine Spezialregelung notwendig, weil eine "entsprechende Anwendung" von § 121 Abs. 1 bis 3 ZPO kein Recht des Gerichts auf eine Auswahl eines vertretungsbereiten Rechtsanwalts eingeräumt hätte. Bei Inkrafttreten zum 1. Januar 1980 ist zwar in § 121 Abs. 4 ZPO (heute: § 121 Abs. 5 ZPO) eine vergleichbare Regelung eingeführt worden, die allerdings abweichend von § 73a Abs. 1 Satz 2 SGG für das Tätigwerden des Gerichts voraussetzt, dass die Partei keinen zur Vertretung bereiten Rechtsanwalt findet. § 121 Abs. 5 ZPO betrifft die Bestimmung eines sog. Notanwalts, der - anders als im sozialgerichtlichen Verfahren - die Vertretung übernehmen muss.

Hätte der Gesetzgeber demnach hinsichtlich der Zulässigkeit des Rechtsmittels der Beschwerde bei der Einführung der Prozesskostenhilfe für das sozialgerichtliche Verfahren eine andere Regelung treffen wollen, hätte er konsequenter Weise diesen Willen in § 73a SGG normieren müssen.

Für die Auffassung des erkennenden Senats spricht auch, dass - insoweit einhellig - die Regelung in § 127 Abs. 2 iVm Abs. 3 Satz 1 ZPO zur Beschwerdebefugnis der Staatskasse auch im sozialgerichtlichen Verfahren Anwendung findet. Wäre § 172 Abs. 1 SGG Spezialvorschrift gegenüber § 127 Abs. 2 ZPO, gälte dies auch für die Beschwerdebefugnis der Staatskasse. Dann müsste diese auch dann das Recht der Beschwerde haben, wenn PKH gegen Ratenzahlung bewilligt wird.

Schließlich verbietet auch nicht die Eigenart des sozialgerichtlichen Verfahrens, die Vorschriften der ZPO zur Statthaftigkeit der Beschwerde entsprechend anzuwenden (vgl. Leitherer, a.a.O., § 202 RN 3). Nur wenn grundsätzliche Unterschiede der Verfah-rensarten die entsprechende Anwendung ausschließen, ist auf die Vorschriften des SGG zurückzugreifen. Hinsichtlich der Frage der Rechtsmittelbefugnis für das Prozesskostenhilfeverfahren im Rahmen eines sozialgerichtlichen Verfahrens finden sich aber keine solchen ausschließenden Unterschiede.

Auch die mit Wirkung zum 1. Januar 2002 durch das Gesetz zur Reform des Zivilprozesses vom 27. Juli 2001 (BGBl. I, S. 1887) eingeführte Koppelung der Beschwerdebefugnis an den Streitgegenstand für die Berufung ist von der Verweisung des § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG umfasst. Es gibt schon keinen Anknüpfungspunkt dafür, dass § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG idF vom 13. Juni 1980 ausschließlich die entsprechende Anwendbarkeit der Vorschriften der ZPO in ihrer damaligen Fassung geregelt hätte. Vielmehr ist in der Konstruktion des PKH-Rechts – Generalregelung in der ZPO, Verweisung auf entsprechende Anwendung in allen Verfahrensordnungen – nur die Vorgabe des Gesetzgebers enthalten, die Vorschriften der ZPO in ihrer jeweils maßgeblichen Fassung anzuwenden (sog. "dynamische Verweisung", vgl. mit Hinweisen zur Rechtsprechung LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 15. Juli 2008, Az.: L 12 B 18/07 AL, RN 14).

Der Gesetzesentwurf vom 4. Juli 2000 (BT-Drs. 14/3750) enthält keine Anhaltspunkte dafür, dass der Gesetzgeber künftig für das sozialgerichtliche Verfahren eine von der ZPO abweichende Regelung hinsichtlich der Zulässigkeit der Beschwerde einführen wollte. Vielmehr weist der dort betonte "Konvergenzgedanke" (S. 51) darauf hin, dass im Vordergrund der Überlegungen die Vermeidung von widersprüchlichen Entscheidungen stand. Zu diesen käme es, wenn das Beschwerdegericht die materiellrechtlichen Erfolgsaussichten abweichend von dem in der Hauptsache abschließend entscheidenden Gericht des ersten Rechtszugs beurteilt. Dieser Fall einer Konvergenz konnte auch in den Verfahren nach dem SGG in der vor dem 1. Januar 2002 geltenden Fassung eintreten, da § 144 Abs. 1 Satz 1 Ziffer 1 SGG seinerzeit einen Wert des Beschwerdegegenstandes für die Zulässigkeit der Berufung von 1.000,00 DM vorsah.

Die gegenteilige Auffassung (LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 29. Juli 2008, Az.: L 7 SO 3120/08 PKH-B, RN 6) stellt zu Unrecht die Frage nach einer analogen Anwendbarkeit von § 127 Abs. 2 Satz 2 zweiter Halbsatz ZPO. Denn eine durch Analogie zu schließende Regelungslücke liegt nicht vor; vielmehr ist aufgrund der Verweisung in § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG die Vorschrift des § 127 Abs. 2 ZPO direkt anzuwenden.

In der Hauptsache wird der Wert des Beschwerdegegenstandes für die Zulassung der Berufung gemäß § 144 Abs. 1 Satz 1 Ziffer 1 SGG von 500,00 EUR nicht erreicht, sodass gegen die hier erfolgte Ablehnung der PKH wegen fehlender Aussicht auf Erfolg die Beschwerde gemäß § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG iVm. § 127 Abs. 2 Satz 2 zweiter Halb-satz SGG ausgeschlossen ist.

Der Kläger begehrte im Klageverfahren die Gewährung höherer Leistungen nach dem SGB II durch die Bereinigung seines Erwerbseinkommens nach den ab dem 1. Ok-tober 2005 geltenden Regelungen. Durch die Fassung des schriftsätzlich gestellten Antrags handelt es sich um einen Höhenstreit – begrenzt auf die Monate Oktober 2005 bis Januar 2006.

Geht man von der Richtigkeit des Vorbringens des Klägers zur Nichtanwendbarkeit von § 67 SGB II im vorliegenden Fall aus und berechnet den Leistungsanspruch für einen der streitgegenständlichen Monate, Oktober 2005, auf der Grundlage der seit Oktober 2005 geltenden Vorschriften neu, gelangt man zu einem Freibetrag iHv 140,33 EUR (nach § 11 Abs. 2 Satz 1 SGB II: Werbungskostenpauschale iHv 15,33 EUR, Versicherungspauschale iHv 30,00 EUR, Fahrkosten nunmehr iHv 57,00 EUR (15 km x 19 Arbeitstage x 0,20 EUR) und 20 % von 190,00 EUR nach § 30 Nr. 1 SGB II), der – bei einem unstreitigen Bedarf iHv 480,35 EUR – einen Leistungsanspruch iHv 330,68 EUR, gerundet 331,00 EUR ergibt.

Vom Beklagten wurde nach herkömmlicher Berechnung ein monatlicher Freibetrag iHv 96,56 EUR (Werbungskostenpauschale iHv 15,33 EUR, Versicherungspauschale iHv 30,00 EUR, Fahrkosten (15 km x 19 Arbeitstage x 0,06 EUR) iHv 17,10 EUR, Grundfreibetrag von 15 % nach § 30 Nr. 1 SGB II iHv 34,13 EUR) anerkannt, der zu einem Leistungsanspruch von 286,91 EUR führt, den dieser nicht gerundet hat. Danach besteht – für Oktober 2005 – ein Unterschiedsbetrag von 44,09 EUR.

Nach Anschaffung eines Kfz am 22. November 2005 kam als weiterer monatlicher Abzugsposten die Kfz-Haftpflichtversicherung hinzu (in voller Höhe erstmals im Dezember 2005). Hieraus ergibt sich ein monatlicher Abzugsbetrag nach der vormaligen Berechnung iHv 154,16 EUR und nach der ab dem 1. Oktober 2005 geltenden Berechnung iHv 208,09 EUR, die zu einem monatlichen Unterschied im Leistungsanspruch von maximal 53,49 EUR (im Dezember 2005 gewährt: 344,51 EUR; Anspruch nach Berechnung neu: 398,00 EUR) führt.

Legt man diesen Differenzbetrag im gesamten streitigen Leistungszeitraum von vier Monaten zugrunde, ergibt sich ein streitiger weiterer Leistungsanspruch von insgesamt maximal 213,96 EUR.

Zu addieren ist – da es sich um einen Höhenstreit handelt – noch ein Betrag iHv 19,31 EUR, der sich aus der vom Beklagten vorgenommenen wohl rechtswidrigen Regelleistungskürzung für den fünftägigen stationären Aufenthalt des Klägers im Januar 2006 ergibt. Insgesamt beläuft sich daher ein möglicher weiterer Leistungsanspruch des Klägers auf maximal 234,00 EUR. Dieser Betrag stellt das mit der Klage verbundene wirtschaftliche Interesse bzw. die vom Gerichtsbescheid ausgehende Beschwer dar. Er erreicht den maßgeblichen Beschwerdewert von 500,00 EUR nicht.

Ein Fall des § 144 Abs. 1 Satz 2 SGG, wonach die Berufung unabhängig vom Wert des Beschwerdegegenstandes zulässig ist, wenn sie wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft, liegt hier nicht vor.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 127 Abs. 4 ZPO.

Der Beschluss ist mit der Beschwerde nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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