L 6 U 113/07

Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
6.
1. Instanz
SG Magdeburg (SAN)
Aktenzeichen
S 6 U 28/06
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 6 U 113/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 2 U 165/11 B
Datum
Kategorie
Urteil
Die Berufung wird zurückgewiesen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist, ob Arbeitsunfallfolgen eine Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um mindestens 20 vom Hundert (vH) und damit Anspruch auf Verletztenrente begründen.

Die 1954 geborene Klägerin rutschte am 7. Juli 2005 gegen 10.45 Uhr bei versicherter Tätigkeit auf einer Treppe ab und fiel auf die linke Gesäßhälfte. Nachdem sie ihre Arbeit um 14.15 Uhr beendet hatte, begab sie sich zunächst zu ihrer Hausärztin Dipl.-Med. B. und danach um 16.04 Uhr zum Durchgangsarzt Dr. S ... Gegenüber diesem gab die Klägerin in das linke Bein ausstrahlende Schmerzen an. Dr. S. fand ein 8 x 3 cm großes Hämatom links parasacral (neben dem Kreuzbein) sowie ein unauffälliges Kreuz- und Steißbein (Os sacrum bzw. coccygeum) und diagnostizierte eine Beckenkontusion. Röntgenologisch lägen im Bereich des Beckens und des Steißbeins altersentsprechende Befunde ohne frische knöcherne Läsionen vor. In einem Nachschaubericht vom 13. Juli 2005 beschrieb der Facharzt für Chirurgie Dr. W. ein noch deutliches Hämatom sowie weiterhin Druckschmerzen über dem Kreuz- und Steißbeinbereich, die allerdings rückläufig seien. Bei seiner Nachuntersuchung am 15. September 2005 gab er fortbestehende Beschwerden der Klägerin im Beckenbereich mit Ausstrahlung in beide Oberschenkel sowie Rückenschmerzen wieder. Sonographisch sei noch ein geringes Resthämatom zu finden. Im Rahmen seiner Folgeuntersuchungen am 19. Dezember 2005 und 9. Januar 2006 stellte Dr. W. einen regelrechten neurologischen Status sowie röntgenologisch eine Hyperlordose und Osteochondrose der Lendenwirbelsäule (LWS) ohne Anhaltspunkte für Traumafolgen fest. In dem von ihm beigefügten Computertomogramm (CT) der unteren LWS vom 3. November 2005 hatte der Facharzt für Radiologie Dipl.-Med. M. keine Hinweise für eine Fraktur gefunden. Zu erkennen seien degenerative Veränderungen mit osteochondrotischen Randzackenbildungen und Bandscheibenvorwölbungen bei L4/5 (zwischen dem vierten und fünften Lendenwirbelkörper) beiderseits sowie L5/S1 mit Beeinträchtigungen der Foramina intervertebralia (Nervenaustrittslöcher). Mit Wahrscheinlichkeit handele es sich um einen postentzündlichen Zustand der Ileosakralgelenke (Kreuz-Darmbein-Gelenke) ohne frische entzündliche Veränderungen.

Mit Bescheid vom 7. Februar 2006 erkannte die Beklagte den Unfall mit einer ohne Funktionsbeeinträchtigung ausgeheilten Rücken- und Beckenprellung sowie bis zum 16. Juli 2005 bedingten Arbeitsunfähigkeit als Arbeitsunfall an und lehnte die Gewährung einer Verletztenrente ab.

Den hiergegen am 23. Februar 2006 erhobenen Widerspruch der Klägerin wies die Beklagte mit am 31. März 2006 zugestelltem Widerspruchsbescheid vom 30. März 2006 als unbegründet zurück. Zur Begründung führte sie aus, dass die beklagten Beschwerden auf die belegten degenerativen Veränderungen der LWS zurückzuführen seien. Unfallbedingte Folgen seien nicht ersichtlich.

Am 2. Mai 2006 hat die Klägerin beim Sozialgericht (SG) Stendal Klage erhoben. Sie meint, die degenerativen Veränderungen der LWS seien nicht die Ursache ihrer Rückenschmerzen.

Mit Gerichtsbescheid vom 15. November 2006 hat das SG die Klage abgewiesen und sich auf die Darlegungen der Beklagten im Widerspruchsbescheid bezogen, die rechtlich zutreffend seien.

Gegen den ihr am 10. Oktober 2007 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am Folgetag beim SG Berufung zum Landessozialgericht Sachsen-Anhalt eingelegt und dem Senat weitere medizinische Befunde überlassen: Aus einem Magnetresonanztomogramm (MRT) der LWS vom 2. Mai 2006 gehen kein Frakturanhalt sowie kein Nachweis eines lumbalen Bandscheibenvorfalls oder einer ausgeprägten Bandscheibenvorwölbung hervor. Ein während der stationären Behandlung der Klägerin vom 21. bis 29. Dezember 2006 im J.-Krankenhaus G.-S. erstelltes MRT der LWS vom 22. Dezember 2006 hatte einen Bandscheibenvorfall L4/5 mit linksseitiger Komprimierung der Nervenwurzel L5 ergeben, den der Facharzt für Radiologische Diagnostik Dr. B. bei der Auswertung des MRT vom 18. Dezember 2007 nicht bestätigt hat. Bei der Befundung der Folgeaufnahme vom 7. März 2008 hat der Facharzt für Radiologische Diagnostik G. degenerative Veränderungen der unteren LWS ohne Frakturhinweise festgestellt.

Die Klägerin beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stendal vom 15. November 2006 aufzuheben sowie den Bescheid der Beklagten vom 7. Februar 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. März 2006 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, ihr vom 17. Juli 2005 an Verletztenrente nach einer MdE um mindestens 20 vH zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie bleibt bei ihrer Ansicht.

Der Senat hat die Sozialversicherungsausweise (SV-Ausweise) der Klägerin beigezogen, aus denen sich folgende Einträge über Arbeitsunfähigkeiten wegen eines vertebragenen (von der Wirbelsäule ausgehenden) Schmerzsyndroms (Diagnose-Nr. 728 ICD-8) bzw. nicht näher bezeichneter Affektionen des Rückens (Diagnose-Nr. 724 ICD-9) entnehmen lassen: 26. Januar bis 18. Februar 1976, 21. April bis 23. Mai 1979, 4. bis 22. Januar 1982 sowie 16. Februar bis 2. März 1984.

Zur Akte ist ferner der Arztbrief der Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie Dr. F. vom 17. Juli 2006 gelangt, wonach am 13. Juli 2006 durchgeführte Untersuchungen der Nervenleitgeschwindigkeit (EMG/ENG-Ableitungen) Hinweise für leichte radikuläre Störungen in Höhe L4/5 und L5/S1 erbracht haben.

Auf entsprechende Anfrage des Senats hat die Fachärztin für Innere Medizin Dipl.-Med. B. unter dem 10. Januar 2008 mitgeteilt, dass sich die Klägerin bei ihr seit Anfang Mai 2001 in Behandlung befinde und am 8. April 2003, 7. Juli 2005 sowie 18. April 2006 über Rückenbeschwerden geklagt habe. Seither gebe sie ständig Rückenschmerzen an. Aus einem von ihr beigefügten MRT der LWS vom 11. Mai 2007 gingen keine Hinweise für einen Bandscheibenvorfall hervor.

Schließlich hat der Senat zur Feststellung und Bewertung von Unfallfolgen von dem Facharzt für Chirurgie/Unfallchirurgie Dr. R. das Gutachten vom 17. Mai 2010 nach ambulanter Untersuchung am 15. April 2010 eingeholt. Dieser hat ein geringfügig linkshinkendes Gangbild der Klägerin in konfektionierten Schuhen dokumentiert. Der Finger-Boden-Abstand betrage 39 cm und sei mit erheblichen Schmerzäußerungen verbunden. Vor allem bei der Untersuchung der Kreuz-Darmbeingegend bzw. des Lenden-Kreuzbein-Übergangs gebe die Klägerin Schmerzen an. Das Seitwärtsneigen des Rumpfes sei mit 30-0-20° geringfügig und das Drehen mäßig eingeschränkt. Röntgenologisch seien auf der Aufnahme vom 22. August 2003 deutliche Sklerosierungen der Boden- bzw. Deckplatten des zweiten bis fünften Lendenwirbelkörpers mit Verschmälerungen der Zwischenwirbelräume L4/5 und L5/S1 zu erkennen. Die Aufnahme vom 7. Juli 2005 zeige keine Hinweise für durchgemachte Frakturen im Bereich des Kreuzbeins und des Beckens. Die mit abgebildete untere LWS weise deutliche degenerative Veränderungen in Form einer Osteochondrose sowie spornartiger Knochenausziehungen an den Deck- und Bodenplatten des dritten, vierten und fünften Lendenwirbelkörpers auf. Auf der Beckenübersichtsaufnahme vom 15. September 2005 fänden sich keine Frakturhinweise. Im Bereich der LWS zeigten sich vor allem zwischen L3/4 und L4/5 erhebliche degenerative Veränderungen mit Randzacken und Sklerosierungen der Zwischenwirbelräume. Auf der Aufnahme vom 28. November 2006 sei eine deutliche Zunahme dieser Erscheinungen zu sehen. Im Ergebnis hat Dr. R. die Einschätzung abgegeben, dass sich die Klägerin am Unfalltag eine Prellung des linken Gesäßes und des Beckens mit einem Bluterguss zugezogen habe. Folgen hieraus seien nicht verblieben, so dass auch keine MdE vorliege. Insbesondere habe keine unfallbedingte Beeinflussung der Wirbelsäule stattgefunden. Bereits zwei Jahre vor dem Unfall seien bei der Klägerin degenerative Wirbelsäulenveränderungen nachweisbar, die durch die bildgebenden Befunde vom Unfalltag sowie vom 15. September 2005 bestätigt würden. Dieser Vorschaden habe eine so überragende Bedeutung, dass es der Unfalleinwirkung zur Verursachung der nachfolgenden Beschwerden nicht bedurft habe. Gegen die Unfallbedingtheit spreche auch der Umstand, dass der Unfallhergang nicht geeignet gewesen sei, eine Bandscheibenverletzung hervorzurufen. Schließlich sei auch der weitere Verlauf mit einer unfallbedingten Wirbelsäulenschädigung nicht zu vereinbaren. Die Klägerin habe nach ihrem Sturz weiter gearbeitet. Neurologische Ausfälle seien zunächst nicht vorhanden gewesen. Die Beschwerden hätten sich vielmehr auf das linke Gesäß und den Beckenbereich konzentriert. Erst nach acht Wochen seien Rückenschmerzen angegeben worden. Leichte radikuläre Störungen in Höhe L4/5 und L5/S1 seien sogar erstmals für den 17. Juli 2006 beschrieben.

Die Klägerin hat hierzu eingewandt, Dr. R. habe bildgebende Befunde nicht selbst ausgewertet, sondern nur zuvor erstellte "Fehldiagnosen" übernommen. Sein Gutachten beruhe auf Aussagen Dritter und sei inhaltlich falsch.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie der beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen. Diese Unterlagen waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung und der Entscheidungsfindung des Senats.

Entscheidungsgründe:

Die nach den §§ 143, 144 Abs. 1 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte, form- und fristgerecht erhobene (§ 151 Abs. 1 SGG) sowie auch ansonsten zulässige Berufung ist unbegründet. Der Bescheid der Beklagten vom 2. Februar 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. März 2006 beschwert die Klägerin nicht im Sinne der §§ 157, 54 Abs. 2 Satz 1 SGG.

Bei der Klägerin liegen infolge des Arbeitsunfalls vom 7. Juli 2005 keine Gesundheitsstörungen vor, die eine MdE (um mindestens 20 vH) bedingen, was gemäß § 56 Abs. 1 Satz 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Unfallversicherung – Voraussetzung eines Anspruchs auf Verletztenrente ist. Denn es steht nicht mit Wahrscheinlichkeit fest, dass ihre Rückenschmerzen wesentlich durch Einwirkungen des Arbeitsunfalls verursacht sind. Hiervon ist der Senat überzeugt insbesondere aufgrund des Gutachtens von Dr. R., der entgegen der Behauptung der Klägerin die maßgeblichen (radiologischen) Befunde sehr wohl selbst erhoben bzw. vorhandene Bilder selbst beurteilt hat und dessen Einschätzung im Einklang mit den geltenden unfallmedizinischen Erkenntnissen nachvollziehbar ist. Dass er sich bei seiner Bewertung auf Vorbefunde gestützt hat, ist seiner Aufgabe als Sachverständiger geschuldet, der bei seiner Bewertung gerade auch den Krankheitsverlauf zu berücksichtigen hat. Allein der Umstand, dass das Ergebnis der von ihm abgegebenen Beurteilung nicht den Vorstellungen der Klägerin entsprechen mag, macht sein Gutachten nicht "falsch".

Für die Beurteilung des Kausalzusammenhangs zwischen dem Arbeitsunfall und einer als dessen Folge geltend gemachten Gesundheitsstörung gilt der Beweismaßstab der hinreichenden Wahrscheinlichkeit. Sie liegt vor, wenn bei vernünftiger Abwägung aller Umstände mehr für als gegen den Ursachenzusammenhang spricht und ernste Zweifel ausscheiden, so dass darauf die richterliche Überzeugung gegründet werden kann. Die bloße Möglichkeit einer Verursachung genügt dagegen nicht. Dabei setzt die im Recht der gesetzlichen Unfallversicherung geltende "Theorie der wesentlichen Bedingung" voraus, dass das versicherte Geschehen wesentlich mitgewirkt hat (vgl. Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 12. April 2005 – B 2 U 27/04 RSozR 4-2700 § 8 Nr. 15; Urteil vom 9. Mai 2006 – B 2 U 1/05 RSozR 4-2700 § 8 Nr. 17).

Ausgehend hiervon liegt keine ernste Zweifel ausschließende Wahrscheinlichkeit dafür vor, dass die von der Klägerin als Unfallfolgen angeschuldigten Rückenbeschwerden im Wesentlichen durch den Arbeitsunfall vom 7. Juli 2005 verursacht worden sind.

Für einen solchen Zusammenhang lassen sich zwar das Einsetzen subjektiver Beschwerden und die ärztliche Konsultation in enger zeitlicher Beziehung zum Unfallereignis anführen. Erste Zweifel an einer wesentlichen Kausalbeziehung zwischen ihm und den Rückenschmerzen kommen aber bereits angesichts des klinischen Erstbefundes und des nachfolgenden Krankheitsverlaufs auf. So hat Dr. S. das Kreuz- und Steißbein jeweils als unauffällig beschrieben sowie das Hämatom anstatt im LWS- im Gesäßbereich lokalisiert. Dipl.-Med. B. hat Rückenbeschwerden zwar auch für den 7. Juli 2005 bestätigt. Gegenüber dem gut fünf Stunden nach dem Unfall aufgesuchten Dr. S. hatte die Klägerin jedoch gerade keine Rückenschmerzen angegeben. Diese hat vielmehr erstmals Dr. W. für den 15. September 2005 dokumentiert. Eine solche zeitliche Lücke in den beklagten Beschwerdeäußerungen macht eine Verletzung der Wirbelsäule unwahrscheinlich, zumal die von der Klägerin gegenüber Dipl.-Med. B. seit dem 18. April 2006 angegebene stetige Beschwerdezunahme mit wachsendem Abstand zum angeschuldigten Ereignis für eine unfallbedingte Erklärung uncharakteristisch ist. Hinweise für leichte radikuläre Störungen in Höhe L4/5 und L5/S1 fanden sich laut Dr. F. sogar erst über ein Jahr nach dem Unfall im Rahmen der EMG/ENG-Ableitungen, nachdem die von Dr. W. am 19. Dezember 2005 und 9. Januar 2006 durchgeführten neurologischen Untersuchungen noch unauffällig waren.

Gewichtige Zweifel an einer im Wesentlichen traumatischen Bedingtheit der Rückenbeschwerden werden ferner durch die erhobenen bildgebenden Befunde hervorgerufen, denen keinerlei verletzungstypische Veränderungen als erklärende Ursache der Rückenschmerzen zu entnehmen sind. Anzeichen für frische knöcherne Läsionen haben auf den Röntgenaufnahmen vom Unfalltag weder Dr. S. noch Dr. R. ausmachen können. Irgendwelche Anhaltspunkte für Traumafolgen hat auch Dr. W. auf den Aufnahmen vom 19. Dezember 2005 und 9. Januar 2006 nicht gefunden, was wiederum der Auswertung der ebenfalls von ihm gefertigten Röntgenaufnahme vom 15. September 2005 durch Dr. R. entspricht. Diese übereinstimmende Bewertung der Röntgenbilder geht konform mit den vorliegenden CT- und MRT-Befunden. So hat nicht nur Dipl.-Med. M. auf dem CT der unteren LWS vom 3. November 2005 eine Fraktur ausgeschlossen. Vielmehr gehen auch aus dem MRT der LWS vom 2. Mai 2006 kein Frakturanhalt oder der Nachweis eines (traumatisch bedingten) Bandscheibenvorfalls bzw. einer ausgeprägten Bandscheibenvorwölbung hervor. Der aus dem MRT der LWS vom 22. Dezember 2006 abgeleitete Verdachtsbefund eines Bandscheibenvorfalls bei L4/5 wird sowohl durch das MRT vom 11. Mai als auch durch dasjenige vom 18. Dezember 2007 entkräftet, womit sich die Frage einer etwaigen traumatischen Ursache schon nicht mehr stellt. Indizien für abgelaufene Frakturen lassen sich schließlich auch nicht aus dem MRT vom 7. März 2008 gewinnen. Insgesamt fehlen damit jegliche Ansatzpunkte für wenigstens minimale Begleitverletzungen, was ebenfalls stark gegen die Wesentlichkeit der Unfalleinwirkung spricht (vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 8. Aufl. 2010, Abschn. 8.3.2.6.3, S. 436).

Ernste Zweifel an der Wesentlichkeit des Unfallzusammenhangs werden beim Senat schließlich deshalb geweckt, weil eine konkurrierende Ursache als einleuchtende und vom Unfallereignis unabhängige Erklärung der Rückenbeschwerden gesichert ist. So ist im Bereich der LWS der Klägerin durch die bildgebenden Befunde vom 7. Juli, 15. September, 3. November und 19. Dezember 2005, 9. Januar und 28. Dezember 2006 sowie 7. März 2008 in Form deutlicher Sklerosierungen der Zwischenwirbelräume, einer Osteochondrose sowie spornartiger Randzackenausziehungen an den Deck- und Bodenplatten des dritten, vierten und fünften Lendenwirbelkörpers ein fortgeschrittener Vorschaden belegt. Im Verhältnis zum abgelaufenen Trauma kommt ihm nach den Darlegungen von Dr. R. ein so überragendes Gewicht zu, dass es der Unfalleinwirkung zur Auslösung der Beschwerden nicht bedurft hätte (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 12. April 2005 – B 2 U 27/04 RSozR 4-2700 § 8 Nr. 15.; Urteil vom 30. Januar 2007 – B 2 U 8/06 R – juris). Diese Einschätzung ist für den Senat plausibel, weil Dr. R. bereits den Aufnahmen vom 22. August 2003 deutliche Sklerosierungen der Boden- bzw. Deckplatten des zweiten bis fünften Lendenwirbelkörpers mit Verschmälerungen der Zwischenwirbelräume L4/5 und L5/S1 entnommen und Dipl.-Med. M. auf dem CT vom 3. November 2005 genau in diesen Etagen Bandscheibenvorwölbungen mit Nervenbeeinträchtigungen festgestellt hat. Derartige Veränderungen können akute bzw. chronische Schmerzsymptome ohne Weiteres erklären, zumal Dipl.-Med. M. anstatt auf eine traumatische Erklärung ausdrücklich auf einen Entzündungszustand der Ileosakralgelenke als Ursache abgestellt hat. Dass eine entsprechende Symptomatik in der Vergangenheit bereits vor dem als Ursache angeschuldigten Arbeitsunfall bestanden hat, wird nicht nur durch die Vorstellung der Klägerin bei Dipl.-Med. B. am 8. April 2003 nachgewiesen. Vielmehr befand sich die Klägerin wegen Rückenbeschwerden nach den Einträgen in den SV-Ausweisen bereits in den Jahren 1976, 1979, 1982 und 1984 in Behandlung und war deswegen jeweils über mehrere Wochen arbeitsunfähig erkrankt. Dies bleibt auch angesichts eines erneuten Beschwerdeeintritts am 7. Juli 2005 eine mögliche Erklärung, da es sich beim beschriebenen Schadensbild um einen typischen degenerativen Verschleiß mit Phasen der Beschwerdefreiheit handelt, wie Dr. R. unter Literaturauswertung nachvollziehbar dargestellt hat.

Sind aus der durchgemachten Beckenprellung keine Folgen verblieben und die Rückenbeschwerden der Klägerin einschließlich der damit verbundenen Funktionseinschränkungen nach alledem nicht als Unfallfolgen wahrscheinlich zu machen, so dass die Erwerbsfähigkeit nicht (ihretwegen) unfallbedingt gemindert ist, konnte die Berufung keinen Erfolg haben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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