Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
6.
1. Instanz
SG Stendal (SAN)
Aktenzeichen
S 6 U 58/05
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 6 U 12/09
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt in den verbundenen Verfahren eine Erhöhung der Verletztenrente aus einem anerkannten Arbeitsunfall vom 9. August 1973 aufgrund einer Verschlimmerung sowie die Erstattung von Fahrkosten.
Der 1947 geborene Kläger erlitt am 9. August 1973 während der Ausübung versicherter Tätigkeit einen Arbeitsunfall, bei dem er sich das linke Bein verletzte. Als Folge des Unfalls wurde der linke Unterschenkel amputiert. In einem Schreiben an den Leitenden Ärztlichen Gutachter des Bezirkes M. vom 28. Oktober 1974 schätzte der kommissarische Direktor der Chirurgischen Klinik der Medizinischen Akademie M. Prof. Dr. K. aufgrund der unfallbedingten Amputation des Unterschenkels, der Minderung des Muskels am linken Oberschenkel um 10 cm und der Beweglichkeit des linken Kniegelenks um 10 Grad sowie einer nicht belastbaren Narbenbildung den Körperschaden auf orthopädischem Fachgebiet auf 45 vom Hundert (v.H.). In dem internistischen Gutachten vom 11. Dezember 1974 stellte der Obermedizinalrat des Krankenhauses A. in M. Dr. G. unter Mitwirkung der Medizinalrätin Dr. K. als weitere Arbeitsunfallfolge eine Herz-Kreislauflabilität mit anginösen Herzbeschwerden als Zustand nach schwerem Verkehrsunfall mit Schockzustand fest und bewertete den unfallbedingten Gesamtkörperschaden mit 60 v.H ... Nach dieser Maßgabe gewährte die Sozialversicherung der DDR dem Kläger ab 1974 eine Unfallrente. Internistische Nachbegutachtungen 1975, 1977, 1982 und 1987 ergaben bis auf eine Gewichtszunahme einen unveränderten Gesundheitszustand.
Die Rechtsvorgängerin der Beklagten (nachfolgend einheitlich Beklagte) übernahm nach Eintritt ihrer Zuständigkeit die Zahlung der Rente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit um 60 v.H ... Das Amt für Versorgung und Soziales in M. stellte mit Bescheid vom 29. September 1992 bei dem Kläger einen Grad der Behinderung von 60. aufgrund folgender Behinderungen fest: Verlust des linken Beines im Unterschenkelbereich, degenerative Veränderungen im Wirbelsäulenbereich und Fettleber; vom Kläger geltend gemachte Hüft- und Herz-Kreislaufbeschwerden wurden ärztlicherseits nicht bestätigt.
Daraufhin ließ die Beklagte den Kläger erneut begutachten. In dem Gutachten vom 20. Januar 1994 und der ergänzenden Stellungnahme vom 15. August 1994 führte der Direktor der Klinik für Kardiologie der O.-v.-G.-Universität M. Prof. Dr. K. aus, Hinweise auf eine Erkrankung der Herzkranzgefäße lägen nicht vor. Die belastungsabhängigen Beschwerden (Luftnot, Fehlregulation des Blutdrucks) seien auf das Übergewicht des Klägers zurückzuführen und nicht auf den Arbeitsunfall vom 9. August 1973. Die im Gutachten vom 11. Dezember 1974 aufgeführten Kreislauffolgen einer vasomotorischen Angina pectoris seien nicht objektiviert. Auf internistischem Gebiet läge eine Minderung der Erwerbsfähigkeit nicht vor. In dem Rentengutachten vom 7. Juli 1994 schätzte der Facharzt für Chirurgie der Medizinischen Fakultät der O.-v.-G.-Universität M. Prof. Dr. S. aufgrund der Amputation des linken Unterschenkels bei einer Stumpflänge von 17 cm die Minderung der Erwerbsfähigkeit um 40 v.H. ein. Bei der Untersuchung waren die Bewegungsmaße des Oberschenkels und des Kniegelenks beidseits annähernd gleich (Oberschenkel: Extension/Flexion rechts 0-0-100 Grad, 0-0-110 Grad links; Abduktion/Adduktion beidseits 40-0-30 Grad; Außenrotation/Innenrotation 40-0-40 Grad; Kniegelenk: Extension/Flexion beidseits 10-0-120 Grad). Der Umfang des linken Oberschenkels war um 2 cm bis 9 cm gegenüber rechts verschmächtigt.
Mit Bescheid vom 26. September 1994 änderte die Beklagte die Höhe der Verletztenrente ab und bewilligte dem Kläger ab dem 1. November 1994 eine Verletztenrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit um 40 v.H ... Widerspruch und Klage blieben erfolglos. Mit Urteil vom 25. April 1996 wies das Landessozialgericht Sachsen-Anhalt unter dem Aktenzeichen L 6 U 23/95 die Berufung des Klägers rechtskräftig zurück.
Am 8. Januar 1999 erhielt die Beklagte den Durchgangsarztbericht des Chefarztes der Klinik für Chirurgie des Städtischen Krankenhauses M. Dr. W., wonach der Kläger am 16. Dezember 1998 auf einer Leiter weggerutscht und auf den Prothesenschaft gefallen sei und sich eine Oberschenkelfraktur links zugezogen habe. In dem Entlassungsbericht zum stationären Aufenthalt des Klägers im Städtischen Klinikum M. vom 16. Dezember 1998 bis 5. Januar 1999 führte Dr. W. u.a. aus, der Kläger werde bei subjektivem Wohlbefinden und reizlosen Wunden in die weitere ambulante Betreuung entlassen. Eine Fortführung der Mobilisation an Unterarmgehstützen werde empfohlen. Eine Einschätzung der Minderung der Erwerbsfähigkeit in Folge des Unfalls nahm er nicht vor.
Am 17. Februar 1999 erhielt die Beklagte die Mitteilung des Klägers über den Unfallhergang. Der Sturz sei durch den wackligen Stand mit dem Prothesenbein entstanden. Er erinnere an seine Forderung vom 13. August 1998 nach der Versorgung mit einer neuen Prothese. Die Beklagte behandelte den Unfall vom 16. Dezember 1998 in der Folgezeit als mittelbare Folge des Arbeitsunfalls vom 9. August 1973.
Die nachbehandelnde Fachärztin für Chirurgie Dr. A. verordnete dem Kläger im Februar 1999 Krankengymnastik, die der Kläger bis zum 9. März 1999 wahrnahm. Unter dem 11. Mai 1999 hielt Dr. A. den Kläger ab dem 1. Juni 1999 wieder für arbeitsfähig und schätzte die Minderung der Erwerbsfähigkeit um 20 v. H. ein. Unter dem 25. Oktober 1999 berichtete sie, die Röntgenaufnahmen anlässlich der Nachuntersuchung am 11. Mai 1999 hätten an der linken Hüfte eine knöchern konsolidierte Fraktur bei guter Belastbarkeit gezeigt.
Am 24. November 2004 beantragte der Kläger bei der Beklagten telefonisch die Überprüfung des Grades der Minderung der Erwerbsfähigkeit. Seit seinem Leiterunfall im Jahr 1998 habe sich sein Zustand verschlechtert.
Die Beklagte beauftragte den Arzt für Unfallchirurgie Dr. S. vom Institut für Medizinische Begutachtung M. mit der Erstattung des Gutachtens vom 25. März 2005 nach Untersuchung des Klägers am 14. März 2005. Bei der Untersuchung konnte der Kläger seine unteren Gliedmaßen wie folgt bewegen: Hüftgelenk - Streckung/Beugung rechts 25-0-130 Grad, links 20-0-120 Grad; Abspreizen/Anführen rechts 50-0-40 Grad, links 50-0-30 Grad; Drehen auswärts/einwärts gebeugt rechts 45-0-40 Grad, links 50-0-30 Grad; Drehen auswärts/einwärts gestreckt rechts 50-0-40 Grad, rechts 45-0-45 Grad, Kniegelenk - Streckung/Beugung rechts 0-0-135 Grad, links 0-0-115 Grad. Dr. S. führte aus, der Kläger habe angegeben, mit der Prothese "ganz gut klar" zu kommen. Als Folgen des Unfalls vom 9. August 1973 fänden sich: eine im Seitenvergleich endgradig geminderte Beweglichkeit des linken Hüftgelenkes, eine im Seitenvergleich eingeschränkte Beugefähigkeit des linken Kniegelenkes, der Verlust des linken Unterschenkels etwa am Übergang vom knienahen zum mittleren Drittel bei reizlosen Stumpfverhältnissen, die sachgerechte Versorgung mit einem Unterschenkelkunstbein links, die aus alledem resultierende Störung der Stand- und Gangarten mit Minderbelastbarkeit des rechten Beines, die erhebliche Weichteilverschmächtigung des linken Oberschenkels im Seitenvergleich, Operationsnarben, röntgenologische Veränderungen am rechten Hüftgelenk und am linken Unterschenkel mit reizlos einliegendem Osteosynthesematerial im Schenkelhals und am knienahen Oberschenkel sowie die Kalksalzminderung des linken Unterschenkelstumpfes und des linken Knies. Änderungen gegenüber dem Bescheid vom 26. September 1994 fänden sich ein in achsengerechter Stellung knöchern fest verheilter Oberschenkelbruch links ohne unfallbedingte Funktionseinbuße. Im Vergleich zum Vorgutachten vom 7. Juli 1994 seien keine wesentlichen Änderungen in den Unfallfolgen festzustellen. Die kurz vor dem Unfall vom 16. Dezember 1998 erhobenen Befunde hätten einen im Wesentlichen gleichen Befund wie Ende 1998 ergeben. In funktioneller Hinsicht unterschieden sich die damals erhobenen Befunde von den heutigen Befunden nicht.
Mit Bescheid vom 19. April 2005 lehnte die Beklagte eine Erhöhung der Rente ab. Den hiergegen erhobenen Widerspruch wies der Widerspruchsausschuss der Beklagten mit Widerspruchsbescheid vom 12. August 2005 zurück.
Am 24. Januar 2005 hatte der Kläger für die Zeit vom 27. Juli 2004 bis 26. Oktober 2004 die Erstattung von Kosten für Fahrten zu dem Durchgangsarzt Dipl.-Med. N., zur Orthopädie-Technik N. und zur T.-Apotheke in einer Gesamthöhe von 124,80 EUR beantragt. Mit Bescheid vom 4. Februar 2005 bewilligte die Beklagte dem Kläger für die Fahrten insgesamt 105,60 EUR, wobei sie für zwei Orthopädiefahrten statt jeweils 49 km x 0,40 EUR jeweils 38 km x 0,40 EUR und für zwei kombinierte Fahrten Durchgangsarzt/Orthopädie statt jeweils 53 km x 0,40 EUR jeweils 40 km x 0,40 EUR zu Grunde legte. Mit dem am 3. März 2005 erhobenen Widerspruch wandte der Kläger ein, seit Mitte 2004 sei die Durchfahrt E./W. Süd bis einschließlich 25. Februar 2005 gesperrt gewesen. Er sei nach M. über B./M./U./B./C. oder B./M./W./A.C. gefahren. Dabei habe es sich um die schnellste Strecke ohne Durchfahrt R. mit 30 km/h und der anschließenden aufgefrästen, ohne neuen Straßenbelag mit 70 km/h zu befahrenden, reifen- und stoßdämpferverschleißenden Holperpiste bis nach L. gehandelt.
Auf Anfrage der Beklagten teilte das Straßenverkehrsamt des Landkreises O. unter dem 16. Juni 2005 mit, die Ortsdurchfahrt W. Süd/E., B 189a, sei aufgrund umfangreicher Kanal- und Straßenbauarbeiten seit dem 16. September 2004 voll gesperrt. Die Sperrmaßnahmen seien bis 30. Oktober 2005 angeordnet. Mit Schreiben vom 22. Juni 2005 gewährte die Beklagte dem Kläger daraufhin für die Fahrt zur Orthopädietechnik am 8. Oktober 2005 weitere 11 km x 0,40 EUR und für die Fahrt zum Durchgangsarzt und zur Orthopädietechnik am 20. Oktober 2004 weitere 13 km x 0,40 EUR, mithin insgesamt weitere 9,60 EUR. Mit dem Widerspruchsbescheid vom 21. Oktober 2005 wies der Widerspruchsausschuss der Beklagten den Widerspruch des Klägers im Übrigen zurück.
Mit der am 13. September 2005 vor dem Sozialgericht Stendal erhobenen Klage hat der Kläger die Gewährung einer erhöhten Verletztenrente und mit der unter dem Aktenzeichen S 6 U 68/05 am 15. November 2005 vor dem Sozialgericht Stendal erhobenen Klage die Erstattung der übrigen Fahrkosten weiter verfolgt.
Das Sozialgericht Stendal hat beide Rechtsstreite mit Beschluss vom 3. August 2006 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung unter dem Aktenzeichen S 6 U 58/05 verbunden.
Auf Anfrage des Sozialgerichts hat der Durchgangsarzt Dipl.-Med. N. unter dem 20. April 2006 mitgeteilt, der Kläger habe ihn seit dem 19. Dezember 2000 in größeren Abständen aufgesucht und ausschließlich die Verordnung von Materialien erhalten. Über Beschwerden habe er nicht geklagt, so dass eine Untersuchung nicht stattgefunden habe.
Mit Gerichtsbescheid vom 14. Januar 2009 hat das Sozialgericht Stendal die Klage abgewiesen und im Wesentlichen auf die Ausführungen von Dr. S. verwiesen, der im Vergleich zu dem Vorgutachten keine zusätzliche unfallbedingte Funktionseinschränkung festgestellt habe. Über die gewährte Erstattung von Fahrkosten hinaus habe der Kläger keinen Anspruch. Fahrkosten seien nur für den kürzesten Weg durch die Entfernungspauschale zu erstatten. Allgemeine Unmutsäußerungen über frühere Abrechnungen und Abrechnungsverfahren seien nicht relevant.
Gegen den am 16. Januar 2009 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 5. Februar 2009 Berufung eingelegt und seinen bisherigen Vortrag vertieft. In der Unfallmedizin sei ein hüftgelenknaher Oberschenkelhalsbruch, wie er ihn am 16. Dezember 1998 erlitten habe, nach einer Unterschenkelamputation eine schwere Verletzung. Dr. S. habe ein Gefälligkeitsgutachten erstattet. Der Kläger meint, seine Fettleibigkeit sei Folge eines Bewegungsmangels, der wiederum Folge des Arbeitsunfalls vom 9. August 1973 sei. Bei diesem Unfall habe er sich auch einen Einriss der Vorhaut zugezogen und leide jetzt unter sexuellen Aktivitätseinschränkungen. Ferner leide er unfallbedingt gelegentlich unter Stechen in der Herzgegend und Herzrhythmusstörungen. Psychosen, Neurosen und sonstige psychische Störungen bezogen auf Sexualität und Krüppelkörper seien nicht als Folgen des Arbeitsunfalls erfasst. Er habe seinerzeit andere Sorgen gehabt, als Neurosen und Traumata als Unfallfolgen anzumelden. Die Funktionsstörungen an Leber und Niere, die er 1973 noch nicht gehabt habe, habe er deshalb seinerzeit auch nicht dem Sozialversicherungsträger gemeldet. In jedem Falle sei die Minderung der Erwerbsfähigkeit nach dem vom Landessozialgericht veranlassten Gutachten von PD Dr. D. im Zeitraum vom 16. Dezember 1998 bis 31. Mai 1999 höher einzuschätzen. Zu den Fahrkosten hat er vorgetragen, es sei Idiotie, für Umleitungen einen schriftlichen Nachweis zu fordern.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stendal vom 14. Januar 2009 aufzuheben, den Bescheid der Beklagten vom 19. April 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. August 2005 und den Bescheid der Beklagten vom 4. Februar 2005 in der Fassung vom 22. Juni 2005, in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. Oktober 2005 abzuändern,
festzustellen, dass die psychischen Störungen und Funktionseinschränkungen der Leber und der Nieren sowie eine Verletzung der Vorhaut Folgen des Arbeitsunfalls sind und
die Beklagte zu verurteilen, ab dem 16. Dezember 1998 eine Verletztenrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit über 40 v. H. hinaus zu gewähren und an Fahrkostenerstattung für die Fahrten am 1. August 2004 und 26. August 2004 weitere 9,60 EUR zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie meint, der Kläger habe nichts wesentlich Neues vorgetragen.
Das Landessozialgericht hat Befundberichte von Dipl.-Med. N. vom 7. August 2009, von Dr. A. vom 28. August 2009, von der Fachärztin für Allgemeinmedizin Dr. F. sowie den Entlassungsbericht der M.-Klinik B. K. vom 26. April 2000 eingeholt.
Ferner hat das Landessozialgericht den Chefarzt der Klinik für Unfall- und Orthopädische Chirurgie des Klinikums M. PD Dr. D. mit der Erstattung des Gutachtens vom 3. Februar 2011 beauftragt. PD Dr. D. hat ausgeführt, der Kläger habe berichtet, ab dem 1. Juni 1999 sei sein Zustand wieder so gewesen, wie vor dem Unfall am 16. Dezember 1998. Neu hinzugekommen sei lediglich die Angst, Leitern zu besteigen. Ferner sei das Liegen auf der linken Seite erschwert. Der Kläger hat ferner berichtet, er habe bei dem Arbeitsunfall 1973 eine blutende Verletzung der Vorhaut erlitten, die er seinerzeit aber nicht mitgeteilt habe und die nicht behandelt worden sei. PD Dr. D. stellte als Folgen des Arbeitsunfalls die Unterschenkelamputation links mit einer Stumpflänge von 17 cm bei reizlosen Weichteilverhältnissen und adäquater Prothesenversorgung, die Verschmächtigung der Oberschenkelmuskulatur links, eine geringe Einschränkung der Beweglichkeit des linken Hüft- und Kniegelenkes, Gang- und Standstörungen aufgrund des Unterschenkelverlustes und zahlreiche Narben an der linken unteren Extremität fest. Die von dem Kläger geschilderten sexuellen Aktivitätseinschränkungen, die Nieren-, Herz- und Kreislaufprobleme, die Hitzeempfindlichkeit, der Schwindel, das Problem mit dem Gleichgewicht und die Fettsucht stünden nicht im Zusammenhang mit dem Arbeitsunfall. Der Oberschenkelbruch sei in anatomischer Stellung mit gutem funktionellen Ergebnis ausgeheilt. Der Unterschenkelverlust sei mit einer Unterschenkel-Gießharzprothese mit Oberschenkelhülse versorgt. Die verbliebenen Funktionsstörungen bestünden in einer Minderbelastbarkeit des linken Beines mit Oberschenkelmuskelminderung, in Einschränkungen der Hüft- und Kniebeweglichkeit links und in daraus insgesamt resultierenden Störungen der Gang- und Standarten. Ein wesentlicher Unterschied zu dem Vorgutachten vom 7. Juli 1994 sei nicht festzustellen. Die vergleichbaren Befunde der Beweglichkeit von Hüft- und Kniegelenk unterschieden sich nur gering und stellten keine wesentliche Änderung dar. So sei die Streckfähigkeit des linken Kniegelenks um 10 Grad vermindert, hingegen die Hüftgelenksbeweglichkeit links verbessert. Die Umfangsdifferenz der Oberschenkelmuskulatur habe an typischen Messpunkten seinerzeit 8 bis 9 cm und heute 10 bzw. 11 cm betragen. Eine wesentliche Änderung ergäbe sich aus einem um 2 cm geringeren Oberschenkelumfang nicht. Die Minderung der Erwerbsfähigkeit habe seit dem 24. November 2004 40 v.H. betragen. Zwischenzeitlich sei nach dem Unfall vom 16. Dezember 1998 eine wesentliche Verschlechterung des Grades der Minderung der Erwerbsfähigkeit wie folgt eingetreten: 16. Dezember 1998 bis 5. Januar 1999 um 100 v.H., 6. Januar 1999 bis 31. März 1999 um 60 v.H. und 1. April 1999 bis 31. Mai 1999 um 50 v. H ...
Das Landessozialgericht hat die Akte des Rechtstreits vor dem Landessozialgericht Sachsen-Anhalt mit dem Aktenzeichen L 6 U 23/95 beigezogen.
Die Verwaltungsakten der Beklagten mit dem Aktenzeichen haben vorgelegen und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Sachvortrages der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakten ergänzend verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die nach den §§ 143, 144 Abs. 1 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte, form- und fristgerecht eingelegte (§ 151 Abs. 1 SGG) sowie auch ansonsten zulässige Berufung ist unbegründet. Der Bescheid der Beklagten vom 19. April 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. August 2005 sowie der Bescheid vom 4. Februar 2005 in der Fassung des Schreibens vom 22. Juni 2005, in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. Oktober 2005 beschweren den Kläger nicht im Sinne der §§ 157, 54 Abs. 2 Satz 1 SGG.
1.
Der Kläger hat keinen Anspruch auf Verletztenrente ab dem 16. Dezember 1998 nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit über 40 v.H. hinaus.
Nach § 215 Abs. 6 des Siebten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VII) ist für die Feststellung und Zahlung von Renten bei Versicherungsfällen, die vor dem 1. Januar 1992 eingetreten sind, § 1154 der Reichsversicherungsordnung (RVO) in der am Tag vor Inkrafttreten des SGB VII geltenden Fassung weiter anzuwenden mit der Maßgabe, dass an die Stelle der dort genannten Vorschriften der RVO die §§ 56 und 81 bis 91 des SGB VII treten. Nach § 1154 Abs. 1 Satz 1 RVO gilt für vor dem 1. Januar 1992 im Beitrittsgebiet festgestellte Renten der zugrundegelegte Grad des Körperschadens als Minderung der Erwerbsfähigkeit im Sinne des Dritten Buches der RVO bzw. im Sinne des Dritten Kapitels des SGB VII. Bei einer Neufeststellung von Amts wegen oder auf Antrag des Versicherten wegen einer wesentlichen Änderung der Verhältnisse erfolgt die Bemessung des Körperschadens nach § 1154 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 1. Halbsatz RVO nach § 581 RVO (nunmehr nach § 56 SGB VII). Dabei gelten die §§ 44 und 48 des Zehntes Buches Sozialgesetzbuch (SGB X) hinsichtlich der sich aus der Bemessung des Körperschadens ergebenden Rechtsfolgen nicht (§ 1154 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 zweiter Halbsatz RVO). Diese sind durch die Sätze 3 bis 6 des § 1154 Abs. 1 RVO ersetzt (KassKomm-Ricke, Stand Dezember 2010, § 215 SGB VII, RdNr. 14).
Mit Bescheid vom 26. September 1994 hatte die Beklagte bereits eine Neufeststellung der Verletztenrente des Klägers ab dem 1. November 1994 auf unbestimmte Zeit im Sinne des § 1154 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 RVO vorgenommen. Bei einer danach eingetretenen wesentlichen Änderung der Verhältnisse ist daher lediglich noch § 1154 Abs. 1 Satz 5 RVO zu beachten, wonach die neu festzustellende Leistung nicht über den Grad der Minderung der Erwerbsfähigkeit hinausgehen darf, wie er sich der Höhe nach bei Anwendung des nach dem 31. Dezember 1991 geltenden Rechts ergeben würde. Im Übrigen findet bei einer wesentlichen Änderung der Verhältnisse des Bescheides vom 26. September 1994 mit Dauerwirkung § 48 SGB X Anwendung.
Danach besteht ein Anspruch auf eine Neufeststellung einer Verletztenrente unter anderem dann, wenn in den tatsächlichen Verhältnissen, die bei ihrer Feststellung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eingetreten ist. Dabei ist der über § 214 Abs. 3 Satz 2 SGB VII anzuwendende § 73 Abs. 3 SGB VII zu berücksichtigen, wonach bei der Feststellung der Minderung der Erwerbsfähigkeit eine Änderung nur wesentlich ist, wenn sich ihr Ausmaß um mehr als 5 v.H. ändert und diese Veränderung länger als drei Monate andauert.
Die Bemessung des Grades der MdE ist eine Feststellung, die das Gericht gemäß § 128 Abs. 1 Satz 1 SGG nach seiner freien aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung unter Berücksichtigung der in Rechtsprechung und im einschlägigen Schrifttum herausgearbeiteten allgemeinen Erfahrungssätze trifft, die in Form von Tabellenwerten oder Empfehlungen zusammengefasst sind (siehe etwa bei Kranig in: Hauck/Noftz, SGB VII, Stand September 2010, K § 56, Anhang V). Diese sind zwar nicht für die Entscheidung im Einzelfall bindend. Sie bilden aber die Grundlage für eine gleiche und gerechte Bewertung der MdE in zahlreichen Parallelfällen der täglichen Praxis und sind die Basis für den Vorschlag, den der medizinische Sachverständige dem Gericht zur Höhe der MdE unterbreitet (siehe nur Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 2. Mai 2001 – B 2 U 24/00 R – SozR 3-2200 § 581 RVO Nr. 8; Urteil vom 18. März 2003 – B 2 U 31/02 R – Breithaupt 2003, 565 ff.; Urteil vom 22. Juni 2004 – B 2 U 14/03 R – SozR 4-2700 § 56 Nr. 1).
Zu einer wesentlichen Veränderung der Verhältnisse kann der Unfall vom 16. Dezember 1998 geführt haben, bei dem sich der Kläger eine Fraktur des linken Oberschenkels zugezogen hat. Diesen Unfall hat die Beklagte als mittelbare Folge des Arbeitsunfalls vom 9. August 1973 behandelt. PD Dr. D. hat die sich aus den Unfallfolgen ergebende Minderung der Erwerbsfähigkeit vom 16. Dezember 1998 bis 5. Januar 1999 mit 100 v.H., vom 6. Januar 1999 bis 31. März 1999 mit 60 v.H. und vom 1. April 1999 bis 31. Mai 1999 mit 50 v.H. eingeschätzt. Danach hätte der Kläger über drei Monate hinaus mindestens einen Anspruch auf eine Verletztenrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit um 50 v.H. gehabt. Ob die Einschätzung von PD Dr. D. zutreffend ist, kann der Senat im vorliegenden Rechtsstreit jedoch dahingestellt lassen. Denn der Kläger kann aus den Folgen dieses Unfalls keine höhere Verletztenrente für die Zeit vom 16. Dezember 1998 bis 31. Dezember 1999 beanspruchen. Diesem Anspruch steht § 48 Abs. 4 SGB X entgegen, der eine entsprechende Anwendung des § 44 Abs. 4 SGB X vorsieht. Nach § 44 Abs. 4 Satz 1 SGB X werden Sozialleistungen bei der Rücknahme eines Verwaltungsaktes mit Wirkung für die Vergangenheit längstens für einen Zeitraum bis zu vier Jahren vor der Rücknahme, gerechnet vom Beginn des Jahres der Antragstellung (§ 44 Abs. 4 Satz 2 SGB X) an, erbracht.
Der Kläger hat einen Antrag auf Neufestsetzung der Verletztenrente bei der Beklagten am 24. November 2004 gestellt. Rückwirkende Leistungen könnte er daher lediglich ab dem 1. Januar 2000 verlangen. Für Zeiten davor steht ihm ein Anspruch nicht mehr zu, auch wenn die Voraussetzungen einer wesentlichen Änderung vorgelegen haben.
Die Beklagte hatte auch keine Veranlassung, nach dem Unfall vom 16. Dezember 1998 gemäß § 19 Satz 2 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch von Amts wegen eine Überprüfung der Höhe der Verletztenrente vorzunehmen. Voraussetzung für ein Handeln des Unfallversicherungsträgers von Amts wegen ist seine Kenntnis von möglicherweise leistungserheblichen Tatsachen, die er typischerweise durch die Anzeige des Unternehmers über einen Versicherungsfall, durch die behandelnden Ärzte oder einen Antrag des Versicherten erhält (BSG, Urteil vom 17. Februar 2009 – B 2 U 34/07 R - SGb 2010, 47). Kenntnis von dem Unfall hat die Beklagte sowohl durch die behandelnden Ärzte als auch durch den Kläger erhalten. Zu den leistungserheblichen Tatsachen für eine wesentliche Änderung der Verhältnisse gehörte allerdings nicht allein die Kenntnis vom Unfall, sondern auch die Kenntnis von Anhaltspunkten, die eine Erhöhung des Grades der Verletztenrente um mehr als 5 v.H. über die Dauer von drei Monaten hinaus nach des § 73 Abs. 3 SGB VII nahegelegt hätten. Entsprechende Anhaltspunkte hat die Beklagte jedoch nicht erhalten. Einen Grad der Minderung der Erwerbsfähigkeit hat allein Dr. A. für die Zeit nach Abschluss der Behandlung und folgenlos ausgeheilter Verletzung am 11. Mai 1999 mit 20 v.H. angegeben. Dabei handelte es sich jedoch nicht um eine wesentliche Änderung der Verhältnisse, da der Kläger bereits eine Verletztenrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit um 40 v.H. von der Beklagten bezogen hat. Auch aus dem Behandlungsverlauf haben sich keine Anhaltspunkte für eine wesentliche Änderung der Verhältnisse ergeben. Am 9. März 1999 hatte der Kläger letztmalig Krankengymnastik in Anspruch genommen. Zu diesem Zeitpunkt waren noch keine drei Monate seit dem Unfall vergangen. Auch über Beschwerden des Klägers im linken Oberschenkel nach Abschluss der krankengymnastischen Behandlung hat niemand gegenüber der Beklagten berichtet. Schließlich hat auch der Kläger nicht auf entsprechende Anhaltspunkte hingewiesen. In seinem Mitteilungsschreiben an die Beklagte hat er lediglich den Unfallhergang geschildert und die Beklagte aufgefordert, seinem Antrag aus August 1998 auf Versorgung mit einer neuen Prothese Folge zu leisten. Vor dem 24. November 2004 hat er eine Verschlimmerung seiner unfallbedingten Beeinträchtigungen nicht geltend gemacht.
Auch ab dem 1. Januar 2000 hat der Kläger keinen Anspruch auf eine Verletztenrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit über 40 v. H. hinaus, weil die Folgen des Arbeitsunfalls vom 9. August 2004 einen höheren Grad der Minderung der Erwerbsfähigkeit nicht hergeben.
Die auf orthopädischem Fachgebiet bestehenden Folgen des Arbeitsunfalls lassen keine Bemessung mit einer Minderung der Erwerbsfähigkeit über 40 v.H. zu. Dabei folgt der Senat den Einschätzungen der Gutachter Dr. S. und PD Dr. D., deren in der Sache übereinstimmende Empfehlungen sich in der Bandbreite der etablierten Erfahrungswerte bewegen.
Nach diesen wird für den Verlust des Unterschenkels und Versteifung des Knies eine Minderung der Erwerbsfähigkeit um 60 v.H. (Bereiter-Hahn/Mehrtens, Gesetzliche Unfallversicherung, Stand April 2011, Anhang 12 J 029; Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 8. Auflage, Abschnitt 8.13.4, S. 692; Podzun, Der Unfallsachbearbeiter, Stand November 2010, Abschnitt 500, S. 38), für den Verlust des Unterschenkels im Kniegelenk eine Minderung der Erwerbsfähigkeit um 50 v.H. (Bereiter-Hahn/Mehrtens, a.a.O. Anhang 12 J 029; Mehrhoff/Meindl/Muhr, Unfallbegutachtung, 12. Auflage, S. 163; Schönberger/Mehrtens/Valentin, a.a.O., Abschnitt 8.13.4, S. 692) bzw. 60 v.H. (Podzun, a.a.O., Abschnitt 500; S. 38), bei kurzem Unterschenkelstumpf kleiner als 10 cm bzw. 6 cm Stumpflänge eine solche um 50 v.H. (Bereiter-Hahn/Mehrtens, a.a.O., Anhang 12 J 029; Mehrhoff/Meindl/Muhr, a.a.O., S. 163; Schönberger/Mehrtens/Valentin, a.a.O., Abschnitt 8.13.4, S. 692) bei einem Unterschenkelstumpf oberhalb der Mitte bei intaktem Knie um 40 v.H. (Mehrhoff/Meindl/Muhr, a.a.O., S. 163), und bei einem Verlust an typischer Stelle am Übergang vom mittleren zum unteren Drittel ebenfalls eine Minderung der Erwerbsfähigkeit um 40 v.H. (Bereiter-Hahn/Mehrtens, a.a.O., Anhang 12 J029; Schönberger/Mehrtens/Valentin, a.a.O., Abschnitt 8.13.4, S. 692; Podzun, a.a.O., Abschnitt 500, S. 38) genannt. Beim Kläger liegt nach den Ausführungen von Dr. S. und PD Dr. D. ein Verlust des Unterschenkels mit einer Stumpflänge von 17 cm vor. Nach den Erfahrungswerten ist dieser Zustand mit 40 v.H. zu bemessen. Insbesondere ist der Stumpf nicht kürzer als 10 cm. Wesentliche Beschwerden mit der Prothese oder dem Stumpf, die eine Erhöhung rechtfertigten, sind nicht belegt. Zwar hat die Orthopädin Dr. A., die der Kläger in der Zeit vom 29. Mai 1996 bis 27. April 2000 aufgesucht hatte, über Stumpfbeschwerden berichtet. Allerdings hat sie nicht angegeben, wann diese in dem angegebenen Zeitraum aufgetreten sind. Auch bei der Behandlung in der M.-Klinik im April 2000 hat der Kläger über Probleme mit Druck- und Scheuerstellen beim Tragen der Prothese berichtet. Gleichzeitig hat er aber auch angegeben, dass er aufgrund dieser Beschwerden im Alltag nur geringfügig eingeschränkt sei. Darüber hinausgehend sind Beschwerden nicht belegt. Den Gutachtern gegenüber hat der Kläger berichtet, die Prothese ohne Probleme tragen zu können. Dies stimmt auch mit dem Bericht des vom Kläger seit Januar 2001 regelmäßig aufgesuchten Orthopäden Dipl.-Med. N. überein, der den Kläger nie behandeln musste, weil er über keine Beschwerden geklagt hat. Dipl.-Med. N. hat dem Kläger lediglich Materialien verordnet.
Auch die geringfügige Einschränkung der Beweglichkeit der Hüfte bei den Untersuchungen durch Dr. S. und PD Dr. D. mit bis zu 10 Grad links gegenüber rechts rechtfertigt keine Erhöhung der Bemessung der Minderung der Erwerbsfähigkeit. So kann der Kläger die Hüftgelenke bei Abduktion/Adduktion innerhalb des üblichen Rahmens von 30 bis 34-0-20 bis 30 Grad links und bei der Drehung auswärts/einwärts gestreckt innerhalb des üblichen Rahmens von 30 bis 40-0-40 bis 50 Grad links bewegen. Im Kniegelenk liegt nur ein leichtes Streckdefizit von 5 Grad vor. Im Übrigen bewegt der Kläger das linke Kniegelenk beim Beugen innerhalb der Norm zwischen 120 und 150 Grad. Aufgrund der nur gering eingeschränkten Beweglichkeit des linken Beines im Kniegelenk ist die Funktionsbeeinträchtigung mit einem Verlust des Unterschenkels im Kniegelenk, der nach den Erfahrungswerten mit einer Minderung der Erwerbsfähigkeit um 50 v.H. zu bemessen wäre, keinesfalls vergleichbar. Die geringeren Umfangsmaße des Oberschenkels links zu rechts von bis zu 11 cm bedingen nach den Ausführungen des Sachverständigen PD Dr. D. ebenfalls keine Erhöhung der Bemessung der Minderung der Erwerbsfähigkeit.
Vergleicht man die Bewegungsmaße bei den Untersuchungen von Dr. S. und PD Dr. D. mit denen der Untersuchung durch Prof. Dr. S. am 15. November 1993, ist eine Verschlechterung der Funktion des linken Beines innerhalb von 17 Jahren nicht festzustellen. Vielmehr ist sogar teilweise eine Besserung der Funktion des linken Beines eingetreten, so bei der Streckung und beim Anspreizen.
Weitere unfallbedingte Schäden und Funktionseinschränkungen sind bei dem Kläger nicht nachgewiesen. Fettleibigkeit, Nierenbeschwerden, Herz-Kreislaufbeschwerden, Schwindel, Hitzeempfindlichkeit, Einriss der Vorhaut und psychische Beschwerden sind nicht durch ärztliche Befunde belegt. Die vom Kläger benannten Ärzte, die ihn seit 1994 behandelt haben, haben entsprechende Befunde nicht erhoben. Auch die M.-Klinik, in der der Kläger im April 2000 bei der Aufnahme eingehend untersucht wurde, hat zu den von ihm geschilderten Krankheitsbildern keine entsprechenden Befunde dokumentiert. In psychologischer oder psychiatrischer Behandlung hat sich der Kläger nicht befunden.
Zudem fehlt es an einem Kausalzusammenhang dieser Erkrankungen und dem Arbeitsunfall. In den ärztlichen Berichten zu dem Arbeitsunfall werden entsprechende Erkrankungen nicht erwähnt, insbesondere auch nicht der Einriss der Vorhaut. Auch 19 Jahre nach dem Arbeitsunfall haben die geschilderten Erkrankungen ersichtlich nicht vorgelegen. Denn in dem Bescheid des Amtes für Versorgung und Soziales M. vom 29. September 1992 finden sich diese Erkrankungen als Behinderungen nicht. Dabei handelt es sich auch nicht um typische Erkrankungen, die bei einem Verkehrsunfall mit Amputation des linken Beines ohne weitere Befunde zeitlich verzögert erst nach Jahrzehnten eintreten. Den ursächlichen Zusammenhang dieser Erkrankungen zum Arbeitsunfall hat PD Dr. D. auch eindeutig aus medizinischer Sicht verneint. Einen Kausalzusammenhang sieht auch der erkennende Senat nicht.
Der Kläger kann schließlich aus der wesentlichen Änderung der Verhältnisse, wie sie PD Dr. D. für den Zeitraum vom 16. Dezember 1998 bis 31. Mai 1999 ausgewiesen hat, für die Zeit danach keinen Anspruch auf eine Erhöhung der Rente auf unbestimmte Zeit nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit um mindestens 50 v.H. herleiten. Denn spätestens am 1. Juni 1999 - mit Eintritt der Arbeitsfähigkeit des Klägers - hatten sich die Verhältnisse erneut wesentlich im Sinne des § 48 SGB X in Verbindung mit § 73 Abs. 3 SGB VII geändert. Hier folgt der Senat den Ausführungen von Dr. S. und PD Dr. D., die die Oberschenkelfraktur links als folgenlos ausgeheilt angesehen und den Zustand des Klägers dem vor dem Unfall vom 16. Dezember 1998 als vergleichbar bezeichnet haben. In diesem Sinne hat sich auch der Kläger gegenüber den Gutachtern geäußert. Im Übrigen ergibt sich dies aus dem Nachschaubericht von Dr. A., die am 11. Mai 1999 an der linken Hüfte eine knöchern konsolidierte Fraktur erkannt und eine gute Belastbarkeit bescheinigt hat, und aus den von Dr. S. und PD Dr. D. erhobenen Messdaten des linken Hüft- und Kniegelenks, die im Wesentlichen denen entsprachen, die Prof. Dr. S. 1994 bereits erhoben hatte.
2.
Der Bescheid der Beklagten vom 4. Februar 2005 in der Fassung des Schreibens vom 22. Juni 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. Oktober 2005 beschwert den Kläger nicht im Sinne der §§ 157, 54 Abs. 2 SGG. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die Erstattung weiterer Fahrkosten für die Fahrten am 1. August 2004 und 26. August 2004.
Gemäß § 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VII werden Reisekosten zur Ausführung der Heilbehandlung nach den Absätzen 2 bis 5 übernommen. Zu den Reisekosten gehört nach § 43 Abs. 2 Nr. 4 SGB VII eine Wegstreckenentschädigung für die Benutzung eines eigenen Kraftfahrzeugs. Nach § 43 Abs. 5 SGB VII regeln das Nähere die Verbände der Unfallversicherungsträger durch gemeinsame Richtlinien. Nach Nr. 4.1 der ab dem 1. Juli 2004 geltenden "Gemeinsamen Richtlinie der Verbände der Unfallversicherung nach § 43 Abs. 5 SGB VII über Reisekosten" wird eine Entfernungspauschale nach § 53 Abs. 4 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch (SGB IX) für jeden Tag, an dem der Erstattungsberechtigte den Ort der Ausführung der Leistung aufsucht, erstattet. Sie ist dementsprechend für jeden vollen Kilometer der Entfernung zwischen Wohnung und Ausführungsort mit 0,36 EUR für die ersten 10 Kilometer und 0,40 EUR für jeden weiteren Kilometer anzusetzen. Nach Nr. 4.1 Abs. 2 der Richtlinie ist für die Bestimmung der Entfernung die kürzeste Straßenverbindung maßgebend. Mit der Entfernungspauschale ist jeweils die Hin- und Rückfahrt abgegolten.
Danach stand dem Kläger für die kürzeste Entfernung für die Fahrt am 1. August 2004 zur Orthopädietechnik N. nach M. nach dem Falk Routenplaner Stand 22. Juni 2011 (www.falk.de) eine Entschädigung für volle 45 Kilometer zu. Die kürzeste Entfernung vom Wohnort des Klägers zum Durchgangsarzt Dr. N. in W. am 26. August 2004 betrug danach 30,76 Kilometer und von Dr. N. zur Orthopädietechnik Nebelung nach M. 14,76 Kilometer, mithin insgesamt volle 45 Kilometer. Tatsächlich hat die Beklagte dem Kläger für die Fahrt am 1. August 2004 eine Entfernungspauschale für 48 Kilometer und für die Fahrt am 26. August 2004 für 50 Kilometer bewilligt. Die Höhe der Entfernungspauschale mit 0,36 EUR für die ersten 10 Kilometer und 0,40 EUR für die weiteren Kilometer hat die Beklagte dabei ihrer Berechnung korrekt zugrunde gelegt.
Der Einwand des Klägers, er habe nicht die kürzeste Entfernung nehmen können, weil die Durchfahrt E./W. Süd gesperrt gewesen sei, traf für diese beiden Tage nicht zu. Nach der Mitteilung des Straßenverkehrsamtes des Landkreises O. war die Durchfahrt erst ab dem 16. September 2004 wegen Kanal- und Straßenbauarbeiten voll gesperrt. Der Kläger hätte daher zur Erreichung seines Zieles die kürzeste Entfernung nehmen können.
Nach alledem konnte die Klage keinen Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Voraussetzungen nach § 160 Abs. 2 SGG, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt in den verbundenen Verfahren eine Erhöhung der Verletztenrente aus einem anerkannten Arbeitsunfall vom 9. August 1973 aufgrund einer Verschlimmerung sowie die Erstattung von Fahrkosten.
Der 1947 geborene Kläger erlitt am 9. August 1973 während der Ausübung versicherter Tätigkeit einen Arbeitsunfall, bei dem er sich das linke Bein verletzte. Als Folge des Unfalls wurde der linke Unterschenkel amputiert. In einem Schreiben an den Leitenden Ärztlichen Gutachter des Bezirkes M. vom 28. Oktober 1974 schätzte der kommissarische Direktor der Chirurgischen Klinik der Medizinischen Akademie M. Prof. Dr. K. aufgrund der unfallbedingten Amputation des Unterschenkels, der Minderung des Muskels am linken Oberschenkel um 10 cm und der Beweglichkeit des linken Kniegelenks um 10 Grad sowie einer nicht belastbaren Narbenbildung den Körperschaden auf orthopädischem Fachgebiet auf 45 vom Hundert (v.H.). In dem internistischen Gutachten vom 11. Dezember 1974 stellte der Obermedizinalrat des Krankenhauses A. in M. Dr. G. unter Mitwirkung der Medizinalrätin Dr. K. als weitere Arbeitsunfallfolge eine Herz-Kreislauflabilität mit anginösen Herzbeschwerden als Zustand nach schwerem Verkehrsunfall mit Schockzustand fest und bewertete den unfallbedingten Gesamtkörperschaden mit 60 v.H ... Nach dieser Maßgabe gewährte die Sozialversicherung der DDR dem Kläger ab 1974 eine Unfallrente. Internistische Nachbegutachtungen 1975, 1977, 1982 und 1987 ergaben bis auf eine Gewichtszunahme einen unveränderten Gesundheitszustand.
Die Rechtsvorgängerin der Beklagten (nachfolgend einheitlich Beklagte) übernahm nach Eintritt ihrer Zuständigkeit die Zahlung der Rente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit um 60 v.H ... Das Amt für Versorgung und Soziales in M. stellte mit Bescheid vom 29. September 1992 bei dem Kläger einen Grad der Behinderung von 60. aufgrund folgender Behinderungen fest: Verlust des linken Beines im Unterschenkelbereich, degenerative Veränderungen im Wirbelsäulenbereich und Fettleber; vom Kläger geltend gemachte Hüft- und Herz-Kreislaufbeschwerden wurden ärztlicherseits nicht bestätigt.
Daraufhin ließ die Beklagte den Kläger erneut begutachten. In dem Gutachten vom 20. Januar 1994 und der ergänzenden Stellungnahme vom 15. August 1994 führte der Direktor der Klinik für Kardiologie der O.-v.-G.-Universität M. Prof. Dr. K. aus, Hinweise auf eine Erkrankung der Herzkranzgefäße lägen nicht vor. Die belastungsabhängigen Beschwerden (Luftnot, Fehlregulation des Blutdrucks) seien auf das Übergewicht des Klägers zurückzuführen und nicht auf den Arbeitsunfall vom 9. August 1973. Die im Gutachten vom 11. Dezember 1974 aufgeführten Kreislauffolgen einer vasomotorischen Angina pectoris seien nicht objektiviert. Auf internistischem Gebiet läge eine Minderung der Erwerbsfähigkeit nicht vor. In dem Rentengutachten vom 7. Juli 1994 schätzte der Facharzt für Chirurgie der Medizinischen Fakultät der O.-v.-G.-Universität M. Prof. Dr. S. aufgrund der Amputation des linken Unterschenkels bei einer Stumpflänge von 17 cm die Minderung der Erwerbsfähigkeit um 40 v.H. ein. Bei der Untersuchung waren die Bewegungsmaße des Oberschenkels und des Kniegelenks beidseits annähernd gleich (Oberschenkel: Extension/Flexion rechts 0-0-100 Grad, 0-0-110 Grad links; Abduktion/Adduktion beidseits 40-0-30 Grad; Außenrotation/Innenrotation 40-0-40 Grad; Kniegelenk: Extension/Flexion beidseits 10-0-120 Grad). Der Umfang des linken Oberschenkels war um 2 cm bis 9 cm gegenüber rechts verschmächtigt.
Mit Bescheid vom 26. September 1994 änderte die Beklagte die Höhe der Verletztenrente ab und bewilligte dem Kläger ab dem 1. November 1994 eine Verletztenrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit um 40 v.H ... Widerspruch und Klage blieben erfolglos. Mit Urteil vom 25. April 1996 wies das Landessozialgericht Sachsen-Anhalt unter dem Aktenzeichen L 6 U 23/95 die Berufung des Klägers rechtskräftig zurück.
Am 8. Januar 1999 erhielt die Beklagte den Durchgangsarztbericht des Chefarztes der Klinik für Chirurgie des Städtischen Krankenhauses M. Dr. W., wonach der Kläger am 16. Dezember 1998 auf einer Leiter weggerutscht und auf den Prothesenschaft gefallen sei und sich eine Oberschenkelfraktur links zugezogen habe. In dem Entlassungsbericht zum stationären Aufenthalt des Klägers im Städtischen Klinikum M. vom 16. Dezember 1998 bis 5. Januar 1999 führte Dr. W. u.a. aus, der Kläger werde bei subjektivem Wohlbefinden und reizlosen Wunden in die weitere ambulante Betreuung entlassen. Eine Fortführung der Mobilisation an Unterarmgehstützen werde empfohlen. Eine Einschätzung der Minderung der Erwerbsfähigkeit in Folge des Unfalls nahm er nicht vor.
Am 17. Februar 1999 erhielt die Beklagte die Mitteilung des Klägers über den Unfallhergang. Der Sturz sei durch den wackligen Stand mit dem Prothesenbein entstanden. Er erinnere an seine Forderung vom 13. August 1998 nach der Versorgung mit einer neuen Prothese. Die Beklagte behandelte den Unfall vom 16. Dezember 1998 in der Folgezeit als mittelbare Folge des Arbeitsunfalls vom 9. August 1973.
Die nachbehandelnde Fachärztin für Chirurgie Dr. A. verordnete dem Kläger im Februar 1999 Krankengymnastik, die der Kläger bis zum 9. März 1999 wahrnahm. Unter dem 11. Mai 1999 hielt Dr. A. den Kläger ab dem 1. Juni 1999 wieder für arbeitsfähig und schätzte die Minderung der Erwerbsfähigkeit um 20 v. H. ein. Unter dem 25. Oktober 1999 berichtete sie, die Röntgenaufnahmen anlässlich der Nachuntersuchung am 11. Mai 1999 hätten an der linken Hüfte eine knöchern konsolidierte Fraktur bei guter Belastbarkeit gezeigt.
Am 24. November 2004 beantragte der Kläger bei der Beklagten telefonisch die Überprüfung des Grades der Minderung der Erwerbsfähigkeit. Seit seinem Leiterunfall im Jahr 1998 habe sich sein Zustand verschlechtert.
Die Beklagte beauftragte den Arzt für Unfallchirurgie Dr. S. vom Institut für Medizinische Begutachtung M. mit der Erstattung des Gutachtens vom 25. März 2005 nach Untersuchung des Klägers am 14. März 2005. Bei der Untersuchung konnte der Kläger seine unteren Gliedmaßen wie folgt bewegen: Hüftgelenk - Streckung/Beugung rechts 25-0-130 Grad, links 20-0-120 Grad; Abspreizen/Anführen rechts 50-0-40 Grad, links 50-0-30 Grad; Drehen auswärts/einwärts gebeugt rechts 45-0-40 Grad, links 50-0-30 Grad; Drehen auswärts/einwärts gestreckt rechts 50-0-40 Grad, rechts 45-0-45 Grad, Kniegelenk - Streckung/Beugung rechts 0-0-135 Grad, links 0-0-115 Grad. Dr. S. führte aus, der Kläger habe angegeben, mit der Prothese "ganz gut klar" zu kommen. Als Folgen des Unfalls vom 9. August 1973 fänden sich: eine im Seitenvergleich endgradig geminderte Beweglichkeit des linken Hüftgelenkes, eine im Seitenvergleich eingeschränkte Beugefähigkeit des linken Kniegelenkes, der Verlust des linken Unterschenkels etwa am Übergang vom knienahen zum mittleren Drittel bei reizlosen Stumpfverhältnissen, die sachgerechte Versorgung mit einem Unterschenkelkunstbein links, die aus alledem resultierende Störung der Stand- und Gangarten mit Minderbelastbarkeit des rechten Beines, die erhebliche Weichteilverschmächtigung des linken Oberschenkels im Seitenvergleich, Operationsnarben, röntgenologische Veränderungen am rechten Hüftgelenk und am linken Unterschenkel mit reizlos einliegendem Osteosynthesematerial im Schenkelhals und am knienahen Oberschenkel sowie die Kalksalzminderung des linken Unterschenkelstumpfes und des linken Knies. Änderungen gegenüber dem Bescheid vom 26. September 1994 fänden sich ein in achsengerechter Stellung knöchern fest verheilter Oberschenkelbruch links ohne unfallbedingte Funktionseinbuße. Im Vergleich zum Vorgutachten vom 7. Juli 1994 seien keine wesentlichen Änderungen in den Unfallfolgen festzustellen. Die kurz vor dem Unfall vom 16. Dezember 1998 erhobenen Befunde hätten einen im Wesentlichen gleichen Befund wie Ende 1998 ergeben. In funktioneller Hinsicht unterschieden sich die damals erhobenen Befunde von den heutigen Befunden nicht.
Mit Bescheid vom 19. April 2005 lehnte die Beklagte eine Erhöhung der Rente ab. Den hiergegen erhobenen Widerspruch wies der Widerspruchsausschuss der Beklagten mit Widerspruchsbescheid vom 12. August 2005 zurück.
Am 24. Januar 2005 hatte der Kläger für die Zeit vom 27. Juli 2004 bis 26. Oktober 2004 die Erstattung von Kosten für Fahrten zu dem Durchgangsarzt Dipl.-Med. N., zur Orthopädie-Technik N. und zur T.-Apotheke in einer Gesamthöhe von 124,80 EUR beantragt. Mit Bescheid vom 4. Februar 2005 bewilligte die Beklagte dem Kläger für die Fahrten insgesamt 105,60 EUR, wobei sie für zwei Orthopädiefahrten statt jeweils 49 km x 0,40 EUR jeweils 38 km x 0,40 EUR und für zwei kombinierte Fahrten Durchgangsarzt/Orthopädie statt jeweils 53 km x 0,40 EUR jeweils 40 km x 0,40 EUR zu Grunde legte. Mit dem am 3. März 2005 erhobenen Widerspruch wandte der Kläger ein, seit Mitte 2004 sei die Durchfahrt E./W. Süd bis einschließlich 25. Februar 2005 gesperrt gewesen. Er sei nach M. über B./M./U./B./C. oder B./M./W./A.C. gefahren. Dabei habe es sich um die schnellste Strecke ohne Durchfahrt R. mit 30 km/h und der anschließenden aufgefrästen, ohne neuen Straßenbelag mit 70 km/h zu befahrenden, reifen- und stoßdämpferverschleißenden Holperpiste bis nach L. gehandelt.
Auf Anfrage der Beklagten teilte das Straßenverkehrsamt des Landkreises O. unter dem 16. Juni 2005 mit, die Ortsdurchfahrt W. Süd/E., B 189a, sei aufgrund umfangreicher Kanal- und Straßenbauarbeiten seit dem 16. September 2004 voll gesperrt. Die Sperrmaßnahmen seien bis 30. Oktober 2005 angeordnet. Mit Schreiben vom 22. Juni 2005 gewährte die Beklagte dem Kläger daraufhin für die Fahrt zur Orthopädietechnik am 8. Oktober 2005 weitere 11 km x 0,40 EUR und für die Fahrt zum Durchgangsarzt und zur Orthopädietechnik am 20. Oktober 2004 weitere 13 km x 0,40 EUR, mithin insgesamt weitere 9,60 EUR. Mit dem Widerspruchsbescheid vom 21. Oktober 2005 wies der Widerspruchsausschuss der Beklagten den Widerspruch des Klägers im Übrigen zurück.
Mit der am 13. September 2005 vor dem Sozialgericht Stendal erhobenen Klage hat der Kläger die Gewährung einer erhöhten Verletztenrente und mit der unter dem Aktenzeichen S 6 U 68/05 am 15. November 2005 vor dem Sozialgericht Stendal erhobenen Klage die Erstattung der übrigen Fahrkosten weiter verfolgt.
Das Sozialgericht Stendal hat beide Rechtsstreite mit Beschluss vom 3. August 2006 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung unter dem Aktenzeichen S 6 U 58/05 verbunden.
Auf Anfrage des Sozialgerichts hat der Durchgangsarzt Dipl.-Med. N. unter dem 20. April 2006 mitgeteilt, der Kläger habe ihn seit dem 19. Dezember 2000 in größeren Abständen aufgesucht und ausschließlich die Verordnung von Materialien erhalten. Über Beschwerden habe er nicht geklagt, so dass eine Untersuchung nicht stattgefunden habe.
Mit Gerichtsbescheid vom 14. Januar 2009 hat das Sozialgericht Stendal die Klage abgewiesen und im Wesentlichen auf die Ausführungen von Dr. S. verwiesen, der im Vergleich zu dem Vorgutachten keine zusätzliche unfallbedingte Funktionseinschränkung festgestellt habe. Über die gewährte Erstattung von Fahrkosten hinaus habe der Kläger keinen Anspruch. Fahrkosten seien nur für den kürzesten Weg durch die Entfernungspauschale zu erstatten. Allgemeine Unmutsäußerungen über frühere Abrechnungen und Abrechnungsverfahren seien nicht relevant.
Gegen den am 16. Januar 2009 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 5. Februar 2009 Berufung eingelegt und seinen bisherigen Vortrag vertieft. In der Unfallmedizin sei ein hüftgelenknaher Oberschenkelhalsbruch, wie er ihn am 16. Dezember 1998 erlitten habe, nach einer Unterschenkelamputation eine schwere Verletzung. Dr. S. habe ein Gefälligkeitsgutachten erstattet. Der Kläger meint, seine Fettleibigkeit sei Folge eines Bewegungsmangels, der wiederum Folge des Arbeitsunfalls vom 9. August 1973 sei. Bei diesem Unfall habe er sich auch einen Einriss der Vorhaut zugezogen und leide jetzt unter sexuellen Aktivitätseinschränkungen. Ferner leide er unfallbedingt gelegentlich unter Stechen in der Herzgegend und Herzrhythmusstörungen. Psychosen, Neurosen und sonstige psychische Störungen bezogen auf Sexualität und Krüppelkörper seien nicht als Folgen des Arbeitsunfalls erfasst. Er habe seinerzeit andere Sorgen gehabt, als Neurosen und Traumata als Unfallfolgen anzumelden. Die Funktionsstörungen an Leber und Niere, die er 1973 noch nicht gehabt habe, habe er deshalb seinerzeit auch nicht dem Sozialversicherungsträger gemeldet. In jedem Falle sei die Minderung der Erwerbsfähigkeit nach dem vom Landessozialgericht veranlassten Gutachten von PD Dr. D. im Zeitraum vom 16. Dezember 1998 bis 31. Mai 1999 höher einzuschätzen. Zu den Fahrkosten hat er vorgetragen, es sei Idiotie, für Umleitungen einen schriftlichen Nachweis zu fordern.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stendal vom 14. Januar 2009 aufzuheben, den Bescheid der Beklagten vom 19. April 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. August 2005 und den Bescheid der Beklagten vom 4. Februar 2005 in der Fassung vom 22. Juni 2005, in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. Oktober 2005 abzuändern,
festzustellen, dass die psychischen Störungen und Funktionseinschränkungen der Leber und der Nieren sowie eine Verletzung der Vorhaut Folgen des Arbeitsunfalls sind und
die Beklagte zu verurteilen, ab dem 16. Dezember 1998 eine Verletztenrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit über 40 v. H. hinaus zu gewähren und an Fahrkostenerstattung für die Fahrten am 1. August 2004 und 26. August 2004 weitere 9,60 EUR zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie meint, der Kläger habe nichts wesentlich Neues vorgetragen.
Das Landessozialgericht hat Befundberichte von Dipl.-Med. N. vom 7. August 2009, von Dr. A. vom 28. August 2009, von der Fachärztin für Allgemeinmedizin Dr. F. sowie den Entlassungsbericht der M.-Klinik B. K. vom 26. April 2000 eingeholt.
Ferner hat das Landessozialgericht den Chefarzt der Klinik für Unfall- und Orthopädische Chirurgie des Klinikums M. PD Dr. D. mit der Erstattung des Gutachtens vom 3. Februar 2011 beauftragt. PD Dr. D. hat ausgeführt, der Kläger habe berichtet, ab dem 1. Juni 1999 sei sein Zustand wieder so gewesen, wie vor dem Unfall am 16. Dezember 1998. Neu hinzugekommen sei lediglich die Angst, Leitern zu besteigen. Ferner sei das Liegen auf der linken Seite erschwert. Der Kläger hat ferner berichtet, er habe bei dem Arbeitsunfall 1973 eine blutende Verletzung der Vorhaut erlitten, die er seinerzeit aber nicht mitgeteilt habe und die nicht behandelt worden sei. PD Dr. D. stellte als Folgen des Arbeitsunfalls die Unterschenkelamputation links mit einer Stumpflänge von 17 cm bei reizlosen Weichteilverhältnissen und adäquater Prothesenversorgung, die Verschmächtigung der Oberschenkelmuskulatur links, eine geringe Einschränkung der Beweglichkeit des linken Hüft- und Kniegelenkes, Gang- und Standstörungen aufgrund des Unterschenkelverlustes und zahlreiche Narben an der linken unteren Extremität fest. Die von dem Kläger geschilderten sexuellen Aktivitätseinschränkungen, die Nieren-, Herz- und Kreislaufprobleme, die Hitzeempfindlichkeit, der Schwindel, das Problem mit dem Gleichgewicht und die Fettsucht stünden nicht im Zusammenhang mit dem Arbeitsunfall. Der Oberschenkelbruch sei in anatomischer Stellung mit gutem funktionellen Ergebnis ausgeheilt. Der Unterschenkelverlust sei mit einer Unterschenkel-Gießharzprothese mit Oberschenkelhülse versorgt. Die verbliebenen Funktionsstörungen bestünden in einer Minderbelastbarkeit des linken Beines mit Oberschenkelmuskelminderung, in Einschränkungen der Hüft- und Kniebeweglichkeit links und in daraus insgesamt resultierenden Störungen der Gang- und Standarten. Ein wesentlicher Unterschied zu dem Vorgutachten vom 7. Juli 1994 sei nicht festzustellen. Die vergleichbaren Befunde der Beweglichkeit von Hüft- und Kniegelenk unterschieden sich nur gering und stellten keine wesentliche Änderung dar. So sei die Streckfähigkeit des linken Kniegelenks um 10 Grad vermindert, hingegen die Hüftgelenksbeweglichkeit links verbessert. Die Umfangsdifferenz der Oberschenkelmuskulatur habe an typischen Messpunkten seinerzeit 8 bis 9 cm und heute 10 bzw. 11 cm betragen. Eine wesentliche Änderung ergäbe sich aus einem um 2 cm geringeren Oberschenkelumfang nicht. Die Minderung der Erwerbsfähigkeit habe seit dem 24. November 2004 40 v.H. betragen. Zwischenzeitlich sei nach dem Unfall vom 16. Dezember 1998 eine wesentliche Verschlechterung des Grades der Minderung der Erwerbsfähigkeit wie folgt eingetreten: 16. Dezember 1998 bis 5. Januar 1999 um 100 v.H., 6. Januar 1999 bis 31. März 1999 um 60 v.H. und 1. April 1999 bis 31. Mai 1999 um 50 v. H ...
Das Landessozialgericht hat die Akte des Rechtstreits vor dem Landessozialgericht Sachsen-Anhalt mit dem Aktenzeichen L 6 U 23/95 beigezogen.
Die Verwaltungsakten der Beklagten mit dem Aktenzeichen haben vorgelegen und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Sachvortrages der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakten ergänzend verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die nach den §§ 143, 144 Abs. 1 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte, form- und fristgerecht eingelegte (§ 151 Abs. 1 SGG) sowie auch ansonsten zulässige Berufung ist unbegründet. Der Bescheid der Beklagten vom 19. April 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. August 2005 sowie der Bescheid vom 4. Februar 2005 in der Fassung des Schreibens vom 22. Juni 2005, in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. Oktober 2005 beschweren den Kläger nicht im Sinne der §§ 157, 54 Abs. 2 Satz 1 SGG.
1.
Der Kläger hat keinen Anspruch auf Verletztenrente ab dem 16. Dezember 1998 nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit über 40 v.H. hinaus.
Nach § 215 Abs. 6 des Siebten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VII) ist für die Feststellung und Zahlung von Renten bei Versicherungsfällen, die vor dem 1. Januar 1992 eingetreten sind, § 1154 der Reichsversicherungsordnung (RVO) in der am Tag vor Inkrafttreten des SGB VII geltenden Fassung weiter anzuwenden mit der Maßgabe, dass an die Stelle der dort genannten Vorschriften der RVO die §§ 56 und 81 bis 91 des SGB VII treten. Nach § 1154 Abs. 1 Satz 1 RVO gilt für vor dem 1. Januar 1992 im Beitrittsgebiet festgestellte Renten der zugrundegelegte Grad des Körperschadens als Minderung der Erwerbsfähigkeit im Sinne des Dritten Buches der RVO bzw. im Sinne des Dritten Kapitels des SGB VII. Bei einer Neufeststellung von Amts wegen oder auf Antrag des Versicherten wegen einer wesentlichen Änderung der Verhältnisse erfolgt die Bemessung des Körperschadens nach § 1154 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 1. Halbsatz RVO nach § 581 RVO (nunmehr nach § 56 SGB VII). Dabei gelten die §§ 44 und 48 des Zehntes Buches Sozialgesetzbuch (SGB X) hinsichtlich der sich aus der Bemessung des Körperschadens ergebenden Rechtsfolgen nicht (§ 1154 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 zweiter Halbsatz RVO). Diese sind durch die Sätze 3 bis 6 des § 1154 Abs. 1 RVO ersetzt (KassKomm-Ricke, Stand Dezember 2010, § 215 SGB VII, RdNr. 14).
Mit Bescheid vom 26. September 1994 hatte die Beklagte bereits eine Neufeststellung der Verletztenrente des Klägers ab dem 1. November 1994 auf unbestimmte Zeit im Sinne des § 1154 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 RVO vorgenommen. Bei einer danach eingetretenen wesentlichen Änderung der Verhältnisse ist daher lediglich noch § 1154 Abs. 1 Satz 5 RVO zu beachten, wonach die neu festzustellende Leistung nicht über den Grad der Minderung der Erwerbsfähigkeit hinausgehen darf, wie er sich der Höhe nach bei Anwendung des nach dem 31. Dezember 1991 geltenden Rechts ergeben würde. Im Übrigen findet bei einer wesentlichen Änderung der Verhältnisse des Bescheides vom 26. September 1994 mit Dauerwirkung § 48 SGB X Anwendung.
Danach besteht ein Anspruch auf eine Neufeststellung einer Verletztenrente unter anderem dann, wenn in den tatsächlichen Verhältnissen, die bei ihrer Feststellung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eingetreten ist. Dabei ist der über § 214 Abs. 3 Satz 2 SGB VII anzuwendende § 73 Abs. 3 SGB VII zu berücksichtigen, wonach bei der Feststellung der Minderung der Erwerbsfähigkeit eine Änderung nur wesentlich ist, wenn sich ihr Ausmaß um mehr als 5 v.H. ändert und diese Veränderung länger als drei Monate andauert.
Die Bemessung des Grades der MdE ist eine Feststellung, die das Gericht gemäß § 128 Abs. 1 Satz 1 SGG nach seiner freien aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung unter Berücksichtigung der in Rechtsprechung und im einschlägigen Schrifttum herausgearbeiteten allgemeinen Erfahrungssätze trifft, die in Form von Tabellenwerten oder Empfehlungen zusammengefasst sind (siehe etwa bei Kranig in: Hauck/Noftz, SGB VII, Stand September 2010, K § 56, Anhang V). Diese sind zwar nicht für die Entscheidung im Einzelfall bindend. Sie bilden aber die Grundlage für eine gleiche und gerechte Bewertung der MdE in zahlreichen Parallelfällen der täglichen Praxis und sind die Basis für den Vorschlag, den der medizinische Sachverständige dem Gericht zur Höhe der MdE unterbreitet (siehe nur Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 2. Mai 2001 – B 2 U 24/00 R – SozR 3-2200 § 581 RVO Nr. 8; Urteil vom 18. März 2003 – B 2 U 31/02 R – Breithaupt 2003, 565 ff.; Urteil vom 22. Juni 2004 – B 2 U 14/03 R – SozR 4-2700 § 56 Nr. 1).
Zu einer wesentlichen Veränderung der Verhältnisse kann der Unfall vom 16. Dezember 1998 geführt haben, bei dem sich der Kläger eine Fraktur des linken Oberschenkels zugezogen hat. Diesen Unfall hat die Beklagte als mittelbare Folge des Arbeitsunfalls vom 9. August 1973 behandelt. PD Dr. D. hat die sich aus den Unfallfolgen ergebende Minderung der Erwerbsfähigkeit vom 16. Dezember 1998 bis 5. Januar 1999 mit 100 v.H., vom 6. Januar 1999 bis 31. März 1999 mit 60 v.H. und vom 1. April 1999 bis 31. Mai 1999 mit 50 v.H. eingeschätzt. Danach hätte der Kläger über drei Monate hinaus mindestens einen Anspruch auf eine Verletztenrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit um 50 v.H. gehabt. Ob die Einschätzung von PD Dr. D. zutreffend ist, kann der Senat im vorliegenden Rechtsstreit jedoch dahingestellt lassen. Denn der Kläger kann aus den Folgen dieses Unfalls keine höhere Verletztenrente für die Zeit vom 16. Dezember 1998 bis 31. Dezember 1999 beanspruchen. Diesem Anspruch steht § 48 Abs. 4 SGB X entgegen, der eine entsprechende Anwendung des § 44 Abs. 4 SGB X vorsieht. Nach § 44 Abs. 4 Satz 1 SGB X werden Sozialleistungen bei der Rücknahme eines Verwaltungsaktes mit Wirkung für die Vergangenheit längstens für einen Zeitraum bis zu vier Jahren vor der Rücknahme, gerechnet vom Beginn des Jahres der Antragstellung (§ 44 Abs. 4 Satz 2 SGB X) an, erbracht.
Der Kläger hat einen Antrag auf Neufestsetzung der Verletztenrente bei der Beklagten am 24. November 2004 gestellt. Rückwirkende Leistungen könnte er daher lediglich ab dem 1. Januar 2000 verlangen. Für Zeiten davor steht ihm ein Anspruch nicht mehr zu, auch wenn die Voraussetzungen einer wesentlichen Änderung vorgelegen haben.
Die Beklagte hatte auch keine Veranlassung, nach dem Unfall vom 16. Dezember 1998 gemäß § 19 Satz 2 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch von Amts wegen eine Überprüfung der Höhe der Verletztenrente vorzunehmen. Voraussetzung für ein Handeln des Unfallversicherungsträgers von Amts wegen ist seine Kenntnis von möglicherweise leistungserheblichen Tatsachen, die er typischerweise durch die Anzeige des Unternehmers über einen Versicherungsfall, durch die behandelnden Ärzte oder einen Antrag des Versicherten erhält (BSG, Urteil vom 17. Februar 2009 – B 2 U 34/07 R - SGb 2010, 47). Kenntnis von dem Unfall hat die Beklagte sowohl durch die behandelnden Ärzte als auch durch den Kläger erhalten. Zu den leistungserheblichen Tatsachen für eine wesentliche Änderung der Verhältnisse gehörte allerdings nicht allein die Kenntnis vom Unfall, sondern auch die Kenntnis von Anhaltspunkten, die eine Erhöhung des Grades der Verletztenrente um mehr als 5 v.H. über die Dauer von drei Monaten hinaus nach des § 73 Abs. 3 SGB VII nahegelegt hätten. Entsprechende Anhaltspunkte hat die Beklagte jedoch nicht erhalten. Einen Grad der Minderung der Erwerbsfähigkeit hat allein Dr. A. für die Zeit nach Abschluss der Behandlung und folgenlos ausgeheilter Verletzung am 11. Mai 1999 mit 20 v.H. angegeben. Dabei handelte es sich jedoch nicht um eine wesentliche Änderung der Verhältnisse, da der Kläger bereits eine Verletztenrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit um 40 v.H. von der Beklagten bezogen hat. Auch aus dem Behandlungsverlauf haben sich keine Anhaltspunkte für eine wesentliche Änderung der Verhältnisse ergeben. Am 9. März 1999 hatte der Kläger letztmalig Krankengymnastik in Anspruch genommen. Zu diesem Zeitpunkt waren noch keine drei Monate seit dem Unfall vergangen. Auch über Beschwerden des Klägers im linken Oberschenkel nach Abschluss der krankengymnastischen Behandlung hat niemand gegenüber der Beklagten berichtet. Schließlich hat auch der Kläger nicht auf entsprechende Anhaltspunkte hingewiesen. In seinem Mitteilungsschreiben an die Beklagte hat er lediglich den Unfallhergang geschildert und die Beklagte aufgefordert, seinem Antrag aus August 1998 auf Versorgung mit einer neuen Prothese Folge zu leisten. Vor dem 24. November 2004 hat er eine Verschlimmerung seiner unfallbedingten Beeinträchtigungen nicht geltend gemacht.
Auch ab dem 1. Januar 2000 hat der Kläger keinen Anspruch auf eine Verletztenrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit über 40 v. H. hinaus, weil die Folgen des Arbeitsunfalls vom 9. August 2004 einen höheren Grad der Minderung der Erwerbsfähigkeit nicht hergeben.
Die auf orthopädischem Fachgebiet bestehenden Folgen des Arbeitsunfalls lassen keine Bemessung mit einer Minderung der Erwerbsfähigkeit über 40 v.H. zu. Dabei folgt der Senat den Einschätzungen der Gutachter Dr. S. und PD Dr. D., deren in der Sache übereinstimmende Empfehlungen sich in der Bandbreite der etablierten Erfahrungswerte bewegen.
Nach diesen wird für den Verlust des Unterschenkels und Versteifung des Knies eine Minderung der Erwerbsfähigkeit um 60 v.H. (Bereiter-Hahn/Mehrtens, Gesetzliche Unfallversicherung, Stand April 2011, Anhang 12 J 029; Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 8. Auflage, Abschnitt 8.13.4, S. 692; Podzun, Der Unfallsachbearbeiter, Stand November 2010, Abschnitt 500, S. 38), für den Verlust des Unterschenkels im Kniegelenk eine Minderung der Erwerbsfähigkeit um 50 v.H. (Bereiter-Hahn/Mehrtens, a.a.O. Anhang 12 J 029; Mehrhoff/Meindl/Muhr, Unfallbegutachtung, 12. Auflage, S. 163; Schönberger/Mehrtens/Valentin, a.a.O., Abschnitt 8.13.4, S. 692) bzw. 60 v.H. (Podzun, a.a.O., Abschnitt 500; S. 38), bei kurzem Unterschenkelstumpf kleiner als 10 cm bzw. 6 cm Stumpflänge eine solche um 50 v.H. (Bereiter-Hahn/Mehrtens, a.a.O., Anhang 12 J 029; Mehrhoff/Meindl/Muhr, a.a.O., S. 163; Schönberger/Mehrtens/Valentin, a.a.O., Abschnitt 8.13.4, S. 692) bei einem Unterschenkelstumpf oberhalb der Mitte bei intaktem Knie um 40 v.H. (Mehrhoff/Meindl/Muhr, a.a.O., S. 163), und bei einem Verlust an typischer Stelle am Übergang vom mittleren zum unteren Drittel ebenfalls eine Minderung der Erwerbsfähigkeit um 40 v.H. (Bereiter-Hahn/Mehrtens, a.a.O., Anhang 12 J029; Schönberger/Mehrtens/Valentin, a.a.O., Abschnitt 8.13.4, S. 692; Podzun, a.a.O., Abschnitt 500, S. 38) genannt. Beim Kläger liegt nach den Ausführungen von Dr. S. und PD Dr. D. ein Verlust des Unterschenkels mit einer Stumpflänge von 17 cm vor. Nach den Erfahrungswerten ist dieser Zustand mit 40 v.H. zu bemessen. Insbesondere ist der Stumpf nicht kürzer als 10 cm. Wesentliche Beschwerden mit der Prothese oder dem Stumpf, die eine Erhöhung rechtfertigten, sind nicht belegt. Zwar hat die Orthopädin Dr. A., die der Kläger in der Zeit vom 29. Mai 1996 bis 27. April 2000 aufgesucht hatte, über Stumpfbeschwerden berichtet. Allerdings hat sie nicht angegeben, wann diese in dem angegebenen Zeitraum aufgetreten sind. Auch bei der Behandlung in der M.-Klinik im April 2000 hat der Kläger über Probleme mit Druck- und Scheuerstellen beim Tragen der Prothese berichtet. Gleichzeitig hat er aber auch angegeben, dass er aufgrund dieser Beschwerden im Alltag nur geringfügig eingeschränkt sei. Darüber hinausgehend sind Beschwerden nicht belegt. Den Gutachtern gegenüber hat der Kläger berichtet, die Prothese ohne Probleme tragen zu können. Dies stimmt auch mit dem Bericht des vom Kläger seit Januar 2001 regelmäßig aufgesuchten Orthopäden Dipl.-Med. N. überein, der den Kläger nie behandeln musste, weil er über keine Beschwerden geklagt hat. Dipl.-Med. N. hat dem Kläger lediglich Materialien verordnet.
Auch die geringfügige Einschränkung der Beweglichkeit der Hüfte bei den Untersuchungen durch Dr. S. und PD Dr. D. mit bis zu 10 Grad links gegenüber rechts rechtfertigt keine Erhöhung der Bemessung der Minderung der Erwerbsfähigkeit. So kann der Kläger die Hüftgelenke bei Abduktion/Adduktion innerhalb des üblichen Rahmens von 30 bis 34-0-20 bis 30 Grad links und bei der Drehung auswärts/einwärts gestreckt innerhalb des üblichen Rahmens von 30 bis 40-0-40 bis 50 Grad links bewegen. Im Kniegelenk liegt nur ein leichtes Streckdefizit von 5 Grad vor. Im Übrigen bewegt der Kläger das linke Kniegelenk beim Beugen innerhalb der Norm zwischen 120 und 150 Grad. Aufgrund der nur gering eingeschränkten Beweglichkeit des linken Beines im Kniegelenk ist die Funktionsbeeinträchtigung mit einem Verlust des Unterschenkels im Kniegelenk, der nach den Erfahrungswerten mit einer Minderung der Erwerbsfähigkeit um 50 v.H. zu bemessen wäre, keinesfalls vergleichbar. Die geringeren Umfangsmaße des Oberschenkels links zu rechts von bis zu 11 cm bedingen nach den Ausführungen des Sachverständigen PD Dr. D. ebenfalls keine Erhöhung der Bemessung der Minderung der Erwerbsfähigkeit.
Vergleicht man die Bewegungsmaße bei den Untersuchungen von Dr. S. und PD Dr. D. mit denen der Untersuchung durch Prof. Dr. S. am 15. November 1993, ist eine Verschlechterung der Funktion des linken Beines innerhalb von 17 Jahren nicht festzustellen. Vielmehr ist sogar teilweise eine Besserung der Funktion des linken Beines eingetreten, so bei der Streckung und beim Anspreizen.
Weitere unfallbedingte Schäden und Funktionseinschränkungen sind bei dem Kläger nicht nachgewiesen. Fettleibigkeit, Nierenbeschwerden, Herz-Kreislaufbeschwerden, Schwindel, Hitzeempfindlichkeit, Einriss der Vorhaut und psychische Beschwerden sind nicht durch ärztliche Befunde belegt. Die vom Kläger benannten Ärzte, die ihn seit 1994 behandelt haben, haben entsprechende Befunde nicht erhoben. Auch die M.-Klinik, in der der Kläger im April 2000 bei der Aufnahme eingehend untersucht wurde, hat zu den von ihm geschilderten Krankheitsbildern keine entsprechenden Befunde dokumentiert. In psychologischer oder psychiatrischer Behandlung hat sich der Kläger nicht befunden.
Zudem fehlt es an einem Kausalzusammenhang dieser Erkrankungen und dem Arbeitsunfall. In den ärztlichen Berichten zu dem Arbeitsunfall werden entsprechende Erkrankungen nicht erwähnt, insbesondere auch nicht der Einriss der Vorhaut. Auch 19 Jahre nach dem Arbeitsunfall haben die geschilderten Erkrankungen ersichtlich nicht vorgelegen. Denn in dem Bescheid des Amtes für Versorgung und Soziales M. vom 29. September 1992 finden sich diese Erkrankungen als Behinderungen nicht. Dabei handelt es sich auch nicht um typische Erkrankungen, die bei einem Verkehrsunfall mit Amputation des linken Beines ohne weitere Befunde zeitlich verzögert erst nach Jahrzehnten eintreten. Den ursächlichen Zusammenhang dieser Erkrankungen zum Arbeitsunfall hat PD Dr. D. auch eindeutig aus medizinischer Sicht verneint. Einen Kausalzusammenhang sieht auch der erkennende Senat nicht.
Der Kläger kann schließlich aus der wesentlichen Änderung der Verhältnisse, wie sie PD Dr. D. für den Zeitraum vom 16. Dezember 1998 bis 31. Mai 1999 ausgewiesen hat, für die Zeit danach keinen Anspruch auf eine Erhöhung der Rente auf unbestimmte Zeit nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit um mindestens 50 v.H. herleiten. Denn spätestens am 1. Juni 1999 - mit Eintritt der Arbeitsfähigkeit des Klägers - hatten sich die Verhältnisse erneut wesentlich im Sinne des § 48 SGB X in Verbindung mit § 73 Abs. 3 SGB VII geändert. Hier folgt der Senat den Ausführungen von Dr. S. und PD Dr. D., die die Oberschenkelfraktur links als folgenlos ausgeheilt angesehen und den Zustand des Klägers dem vor dem Unfall vom 16. Dezember 1998 als vergleichbar bezeichnet haben. In diesem Sinne hat sich auch der Kläger gegenüber den Gutachtern geäußert. Im Übrigen ergibt sich dies aus dem Nachschaubericht von Dr. A., die am 11. Mai 1999 an der linken Hüfte eine knöchern konsolidierte Fraktur erkannt und eine gute Belastbarkeit bescheinigt hat, und aus den von Dr. S. und PD Dr. D. erhobenen Messdaten des linken Hüft- und Kniegelenks, die im Wesentlichen denen entsprachen, die Prof. Dr. S. 1994 bereits erhoben hatte.
2.
Der Bescheid der Beklagten vom 4. Februar 2005 in der Fassung des Schreibens vom 22. Juni 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. Oktober 2005 beschwert den Kläger nicht im Sinne der §§ 157, 54 Abs. 2 SGG. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die Erstattung weiterer Fahrkosten für die Fahrten am 1. August 2004 und 26. August 2004.
Gemäß § 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VII werden Reisekosten zur Ausführung der Heilbehandlung nach den Absätzen 2 bis 5 übernommen. Zu den Reisekosten gehört nach § 43 Abs. 2 Nr. 4 SGB VII eine Wegstreckenentschädigung für die Benutzung eines eigenen Kraftfahrzeugs. Nach § 43 Abs. 5 SGB VII regeln das Nähere die Verbände der Unfallversicherungsträger durch gemeinsame Richtlinien. Nach Nr. 4.1 der ab dem 1. Juli 2004 geltenden "Gemeinsamen Richtlinie der Verbände der Unfallversicherung nach § 43 Abs. 5 SGB VII über Reisekosten" wird eine Entfernungspauschale nach § 53 Abs. 4 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch (SGB IX) für jeden Tag, an dem der Erstattungsberechtigte den Ort der Ausführung der Leistung aufsucht, erstattet. Sie ist dementsprechend für jeden vollen Kilometer der Entfernung zwischen Wohnung und Ausführungsort mit 0,36 EUR für die ersten 10 Kilometer und 0,40 EUR für jeden weiteren Kilometer anzusetzen. Nach Nr. 4.1 Abs. 2 der Richtlinie ist für die Bestimmung der Entfernung die kürzeste Straßenverbindung maßgebend. Mit der Entfernungspauschale ist jeweils die Hin- und Rückfahrt abgegolten.
Danach stand dem Kläger für die kürzeste Entfernung für die Fahrt am 1. August 2004 zur Orthopädietechnik N. nach M. nach dem Falk Routenplaner Stand 22. Juni 2011 (www.falk.de) eine Entschädigung für volle 45 Kilometer zu. Die kürzeste Entfernung vom Wohnort des Klägers zum Durchgangsarzt Dr. N. in W. am 26. August 2004 betrug danach 30,76 Kilometer und von Dr. N. zur Orthopädietechnik Nebelung nach M. 14,76 Kilometer, mithin insgesamt volle 45 Kilometer. Tatsächlich hat die Beklagte dem Kläger für die Fahrt am 1. August 2004 eine Entfernungspauschale für 48 Kilometer und für die Fahrt am 26. August 2004 für 50 Kilometer bewilligt. Die Höhe der Entfernungspauschale mit 0,36 EUR für die ersten 10 Kilometer und 0,40 EUR für die weiteren Kilometer hat die Beklagte dabei ihrer Berechnung korrekt zugrunde gelegt.
Der Einwand des Klägers, er habe nicht die kürzeste Entfernung nehmen können, weil die Durchfahrt E./W. Süd gesperrt gewesen sei, traf für diese beiden Tage nicht zu. Nach der Mitteilung des Straßenverkehrsamtes des Landkreises O. war die Durchfahrt erst ab dem 16. September 2004 wegen Kanal- und Straßenbauarbeiten voll gesperrt. Der Kläger hätte daher zur Erreichung seines Zieles die kürzeste Entfernung nehmen können.
Nach alledem konnte die Klage keinen Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Voraussetzungen nach § 160 Abs. 2 SGG, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
Login
SAN
Saved