Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG Magdeburg (SAN)
Aktenzeichen
S 4 AL 545/05
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 2 AL 38/09
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufungen werden zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Höhe des den Klägern zustehenden Insolvenzgeldes.
Die Kläger waren jeweils ab dem 1. Mai 2004 als Kraftfahrer bei der O. V. - und D. GmbH in M. beschäftigt. Diese beschäftigte damals zahlreiche Kraftfahrer, die als Fahrer im Speditionsbetrieb tätig waren. Dabei wurden Speditionsaufträge auch für andere Speditionsgesellschaften (so die B. GmbH) ausgeführt, die mit der O. V. - und D. GmbH organisatorisch und wirtschaftlich verflochten waren. Gesellschafter und Geschäftsführer der O. V. - und D. GmbH waren zunächst die Herren M. S. und A. Sch ... Ab dem 1. November 2004 war nur noch Herr M. S. alleiniger Gesellschafter. Die Kläger kündigten jeweils selbst das Arbeitsverhältnis wegen bestehender Zahlungsschwierigkeiten bzw. der Nichtzahlung von Arbeitsentgelt zum 30. September 2004. Ab Oktober 2004 waren die Kläger bei der M. GmbH beschäftigt, die den Betrieb der O. V. - und D. GmbH übernommen hatte.
Am 1. November 2004 stellten die Kläger jeweils bei der Beklagten einen Antrag auf Bewilligung von Insolvenzgeld. Am 6. Juni 2005 wurde über das Vermögen der O. V. - und D. GmbH das Insolvenzverfahren eröffnet. Der Insolvenzverwalter bescheinigte dem Kläger zu 1), für den Monat August 2004 sei das Arbeitsentgelt in Höhe von netto 1.689,46 EUR und für den Monat September 2004 in Höhe von netto 1.750,33 EUR durch die O. V. - und D. GmbH nicht ausgezahlt worden. Dem Kläger zu 2) bescheinigte der Insolvenzverwalter noch offene Nettoentgeltansprüche für den Monat Juli 2004 in Höhe von 8,84 EUR, für den Monat August 2004 in Höhe von 1.665,71 EUR und für den Monat September 2004 in Höhe von 1.799,09 EUR. Auf Nachfrage der Beklagten gaben die beiden Kläger mit zwei Schreiben vom 22. Juli 2005 gleichlautend an: Sie hätten für die Monate August und September 2005 Darlehen erhalten und zwar für August 800,00 EUR in bar am 27. September 2004 und für September 2004 nochmals 800,00 EUR in bar am 24. Oktober 2004. Diese Darlehen hätten sie von Herrn Sch. persönlich bekommen und nicht von der M. GmbH.
Mit Bescheid vom 4. August 2005 bewilligte die Beklagte dem Kläger 1) für die Zeit vom 1. August bis zum 30. September 2004 Insolvenzgeld in einer Höhe von insgesamt 1.848,79 EUR. Dabei legte sie die vom Insolvenzverwalter mitgeteilten Beträge zugrunde, zog aber 1.600 EUR für bereits ausgezahltes Arbeitsentgelt ab. Dem Kläger zu 2) bewilligte die Beklage mit Bescheid vom 9. August 2005 Insolvenzgeld in einer Höhe von insgesamt 1.873,64 EUR, wobei sie auch hier von den vom Insolvenzverwalter mitgeteilten Beträgen 1.600,00 EUR für bereits gezahltes Arbeitsentgelt abzog. Die hiergegen von den Klägern jeweils am 17. August 2005 erhobenen Widersprüche wies die Beklagte mit zwei Widerspruchsbescheiden vom 11. November 2005 zurück.
Die Kläger haben jeweils am 29. November 2005 Klage beim Sozialgericht Magdeburg (SG) erhoben. Das SG hat die beiden Klageverfahren mit Beschluss vom 7. August 2005 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden. In einer öffentlichen Sitzung hat das SG die beiden Kläger zur Sache gehört und zudem Zeugen vernommen. Die Kläger haben erklärt: Für sie sei Herr S. Sc. Ansprechpartner gewesen, wenn es um Fragen aus dem Arbeitsverhältnis gegangen sei. Nachdem sie schon eine Weile kein Geld bekommen hätten, hätten sie diesen Herrn Sc. angesprochen, weil sie dringend Geld gebraucht hätten. Er hätte ihnen dann am 27. September und am 24. Oktober 2004 jeweils 800,00 EUR "in die Hand gedrückt". Sie hätten darauf bestanden, dass wenigstens eine Quittung ausgestellt werde, um "irgendetwas in der Hand zu haben". Daraufhin hätten sie dann für jede Zahlung eine Quittung unterzeichnet, aber nur die erste Quittung (bzw. eine Durchschrift davon) für die Zahlung im September 2004 sei ihnen ausgehändigt worden. Darauf hätte "Darlehen" gestanden; sie hätten die Zahlungen aber als Lohnzahlungen angesehen.
Der vom SG als Zeuge gehörte S. Sc. , der Vater des ehemaligen Mitgesellschafters der O. V. - und D. GmbH A. Sch. , hat ausgesagt: Er habe in keinem arbeitsrechtlichen Verhältnis zur O. V. - und D. GmbH gestanden, sondern sei bei der C. V. mbH angestellt gewesen. Diese habe für die O. V. - und D. GmbH die Lohnverwaltung durchgeführt. Es sei richtig, dass er an die beiden Kläger zweimal je 800,00 EUR gegen Quittung ausgezahlt habe. Den Auftrag zur Zahlung des Geldes habe er von den Gesellschaftern der C. V. mbH, den Herrn M. S. und A. Sch. , erhalten. Er wisse nicht genau, ob diese damals auch Gesellschafter der O. V. - und D. GmbH gewesen seien. Mit den bei der O. V. - und D. GmbH beschäftigten Fahrern sei darüber gesprochen worden, dass sie wegen der Zahlungsschwierigkeiten dieser Gesellschaft erst einmal Geld von der C. V. mbH erhalten sollten. Dieses Geld hätte an die C. V. mbH zurückgezahlt werden sollen, "wenn wieder normale Verhältnisse" bei der O. V. - und D. GmbH eingetreten wären.
Der Zeuge A. Sch. hat ausgesagt: Er habe seinem Vater S. Sc. zirka 50.000 EUR übergeben. Dieses Geld habe als Darlehen der C. V. mbH an die Fahrer ausgezahlt werden sollen.
Wegen der weiteren Einzelheiten und weiterer Zeugenaussagen wird auf das Sitzungsprotokoll über die öffentliche Sitzung des SG vom 24. November 2008 (Blatt 136 ff. der Gerichtsakten) verwiesen.
Das SG hat die Klagen mit Urteil vom 12. Februar 2009 als unbegründet abgewiesen und ausgeführt: Das von der Beklagten angerechnete Geld sei wirtschaftlich der O. V. - und D. GmbH zuzurechnen. Zwar sei davon auszugehen, dass dieses Geld von den Konten der C. V. mbH abgehoben worden sei. Es sei aber darlehensweise der O. V. - und D. GmbH überlassen worden, um den Fahrern den ausstehenden Lohn zahlen zu können. Die von der Beklagten vorgenommene Behandlung der Zahlungen als Arbeitsentgelt sei rechtmäßig.
Gegen das ihnen am 17. März 2009 zugestellte Urteil haben die Kläger jeweils am 24. März 2009 Berufung eingelegt und zur Begründung vortragen lassen: Sie hätten die Zahlungen von jeweils zweimal 800,00 EUR zwar als Lohn aufgefasst, aber den Empfang als Darlehen quittiert. Theoretisch seien sie noch immer Darlehensrückforderungsansprüchen ausgesetzt. Eine Behandlung als Arbeitsentgelt dürfe deshalb nicht erfolgen.
Der Kläger zu 1) beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Magdeburg vom 12. Februar 2009 aufzuheben und den Bescheid der Beklagten vom 4. August 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. November 2005 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an ihn weitere 1.600,00 EUR Insolvenzgeld zu zahlen.
Der Kläger zu 2) beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Magdeburg vom 12. Februar 2009 aufzuheben und den Bescheid der Beklagten vom 9. August 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. November 2005 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an ihn weitere 1.600,00 EUR Insolvenzgeld zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufungen zurückzuweisen.
Sie meint, die Kläger hätten keine auf Abschluss von Darlehensverträgen gerichteten Willenserklärungen abgegeben. Die Qualifizierungen der von den Klägern erhalten Zahlungen von jeweils zweimal 800,00 EUR als Arbeitsentgelt sei zutreffend.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte und die beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässigen, insbesondere statthaften und fristgerecht eingelegten Berufungen der Kläger gegen das Urteil des Sozialgerichts Stendal vom 12. Februar 2009 sind nicht begründet. Die Kläger haben jeweils keinen höheren Anspruch auf Insolvenzgeld, als er ihnen von der Beklagten mit den angefochtenen Bescheiden bewilligt wurde. Der Anspruch der Kläger auf Insolvenzgeld ergibt sich aus § 183 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch – Arbeitsförderung (SGB III). Danach haben Arbeitnehmer Anspruch auf Insolvenzgeld, wenn sie im Inland beschäftigt waren und bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen ihres Arbeitgebers für die vorausgehenden drei Monate des Arbeitsverhältnisses noch Ansprüche auf Arbeitsentgelt haben. Der Kläger waren bis zum 30. September 2004 Arbeitnehmer der O. V. - und D. GmbH. Über das Vermögen dieses Arbeitgebers ist am 6. Juni 2005 das Insolvenzverfahren eröffnet worden. Zu diesem Zeitpunkt hatten die Kläger gegenüber dem ehemaligen Arbeitgeber noch Anspruch auf Arbeitsentgelt. Die Beklagte hat die ihr vom Insolvenzverwalter mitgeteilten und von den Klägern nicht beanstandeten Nettobeträge rechnerisch richtig der Insolvenzgeldberechnung zugrunde gelegt. Dass die Beklagte davon jeweils Beträge in Höhe von 1.600,00 EUR für auf die Forderungen gezahlte Beträge abgesetzt hat, ist rechtlich nicht zu beanstanden.
Diese Beträge haben die Kläger in den Monaten September und Oktober 2004, also vor dem Insolvenzereignis, erhalten. Es handelte sich im Ergebnis auch um Zahlung auf den noch offenen Arbeitsentgeltanspruch der Kläger gegen die O. V. - und D. GmbH für den Insolvenzgeldzeitraum. Dies ergibt sich bei einer auf objektive Gesichtpunkte abstellenden Auslegung der ausdrücklichen bzw. konkludenten Abreden zwischen den Klägern und dem Zeugen S. Sc ... Dieser ist gegenüber den Klägern bei den Zahlungen als Vertreter der O. V. - und D. GmbH aufgetreten. Zwar stand er formell nicht in einem Vertragsverhältnis zu dieser GmbH, sondern war bei der C. V. mbH beschäftigt. Im Rahmen seiner Tätigkeit für diese Gesellschaft war er aber damit betraut, für die O. V. - und D. GmbH die Lohnverwaltung durchzuführen und diese auch gegenüber den Arbeitsnehmern zu vertreten. Insofern handelte er gegenüber den Arbeitnehmern der O. V. - und D. gesellschaft als Vertreter dieser Gesellschaft. Wie die beiden Kläger glaubhaft angeben haben, sahen sie den Zeugen als Ansprechpartner für Fragen aus ihrem Arbeitsverhältnis mit der O. V. - und D. GmbH an. Sie haben den Zeugen auch wegen des rückständigen Entgelts aus diesem Arbeitsverhältnis angesprochen und dann jeweils die Zahlungen erhalten. Sie konnten diese Zahlungen deshalb nach objektiven Gesichtpunkten als Entgeltzahlungen aus dem Arbeitsverhältnis mit der O. V. - und D. gesellschaft ansehen. Daran ändert der Gebrauch des Begriffs "Darlehen" auf den Quittungen nichts. Die Kläger haben mit dem Zeugen keine Abrede über eine eventuelle Rückzahlungsverpflichtung oder andere Modalitäten eines Darlehensvertrages getroffen. Sie mussten deshalb nicht davon ausgehen, dass zwischen ihnen und der C. V. mbH oder einem andern Darlehengeber ein Darlehensvertrag zustande gekommen war. Den Terminus "Darlehen" konnten sie bei verständiger Betrachtung so verstehen, dass das Geld für die Bezahlung ihres Arbeitslohns der Schuldnerin, also der O. V. - und D. GmbH, von einer der anderen Firmen ihrer Chefs oder dem oder den Gesellschaftern persönlich zur Verfügung gestellt worden war. Dies änderte aber nichts an dem Rechtscharakter der Zahlungen als Arbeitsentgelt innerhalb ihres Verhältnisses zur O. V. - und D. GmbH als Arbeitgeberin bzw. ehemaliger Arbeitgeberin.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 SGG liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Höhe des den Klägern zustehenden Insolvenzgeldes.
Die Kläger waren jeweils ab dem 1. Mai 2004 als Kraftfahrer bei der O. V. - und D. GmbH in M. beschäftigt. Diese beschäftigte damals zahlreiche Kraftfahrer, die als Fahrer im Speditionsbetrieb tätig waren. Dabei wurden Speditionsaufträge auch für andere Speditionsgesellschaften (so die B. GmbH) ausgeführt, die mit der O. V. - und D. GmbH organisatorisch und wirtschaftlich verflochten waren. Gesellschafter und Geschäftsführer der O. V. - und D. GmbH waren zunächst die Herren M. S. und A. Sch ... Ab dem 1. November 2004 war nur noch Herr M. S. alleiniger Gesellschafter. Die Kläger kündigten jeweils selbst das Arbeitsverhältnis wegen bestehender Zahlungsschwierigkeiten bzw. der Nichtzahlung von Arbeitsentgelt zum 30. September 2004. Ab Oktober 2004 waren die Kläger bei der M. GmbH beschäftigt, die den Betrieb der O. V. - und D. GmbH übernommen hatte.
Am 1. November 2004 stellten die Kläger jeweils bei der Beklagten einen Antrag auf Bewilligung von Insolvenzgeld. Am 6. Juni 2005 wurde über das Vermögen der O. V. - und D. GmbH das Insolvenzverfahren eröffnet. Der Insolvenzverwalter bescheinigte dem Kläger zu 1), für den Monat August 2004 sei das Arbeitsentgelt in Höhe von netto 1.689,46 EUR und für den Monat September 2004 in Höhe von netto 1.750,33 EUR durch die O. V. - und D. GmbH nicht ausgezahlt worden. Dem Kläger zu 2) bescheinigte der Insolvenzverwalter noch offene Nettoentgeltansprüche für den Monat Juli 2004 in Höhe von 8,84 EUR, für den Monat August 2004 in Höhe von 1.665,71 EUR und für den Monat September 2004 in Höhe von 1.799,09 EUR. Auf Nachfrage der Beklagten gaben die beiden Kläger mit zwei Schreiben vom 22. Juli 2005 gleichlautend an: Sie hätten für die Monate August und September 2005 Darlehen erhalten und zwar für August 800,00 EUR in bar am 27. September 2004 und für September 2004 nochmals 800,00 EUR in bar am 24. Oktober 2004. Diese Darlehen hätten sie von Herrn Sch. persönlich bekommen und nicht von der M. GmbH.
Mit Bescheid vom 4. August 2005 bewilligte die Beklagte dem Kläger 1) für die Zeit vom 1. August bis zum 30. September 2004 Insolvenzgeld in einer Höhe von insgesamt 1.848,79 EUR. Dabei legte sie die vom Insolvenzverwalter mitgeteilten Beträge zugrunde, zog aber 1.600 EUR für bereits ausgezahltes Arbeitsentgelt ab. Dem Kläger zu 2) bewilligte die Beklage mit Bescheid vom 9. August 2005 Insolvenzgeld in einer Höhe von insgesamt 1.873,64 EUR, wobei sie auch hier von den vom Insolvenzverwalter mitgeteilten Beträgen 1.600,00 EUR für bereits gezahltes Arbeitsentgelt abzog. Die hiergegen von den Klägern jeweils am 17. August 2005 erhobenen Widersprüche wies die Beklagte mit zwei Widerspruchsbescheiden vom 11. November 2005 zurück.
Die Kläger haben jeweils am 29. November 2005 Klage beim Sozialgericht Magdeburg (SG) erhoben. Das SG hat die beiden Klageverfahren mit Beschluss vom 7. August 2005 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden. In einer öffentlichen Sitzung hat das SG die beiden Kläger zur Sache gehört und zudem Zeugen vernommen. Die Kläger haben erklärt: Für sie sei Herr S. Sc. Ansprechpartner gewesen, wenn es um Fragen aus dem Arbeitsverhältnis gegangen sei. Nachdem sie schon eine Weile kein Geld bekommen hätten, hätten sie diesen Herrn Sc. angesprochen, weil sie dringend Geld gebraucht hätten. Er hätte ihnen dann am 27. September und am 24. Oktober 2004 jeweils 800,00 EUR "in die Hand gedrückt". Sie hätten darauf bestanden, dass wenigstens eine Quittung ausgestellt werde, um "irgendetwas in der Hand zu haben". Daraufhin hätten sie dann für jede Zahlung eine Quittung unterzeichnet, aber nur die erste Quittung (bzw. eine Durchschrift davon) für die Zahlung im September 2004 sei ihnen ausgehändigt worden. Darauf hätte "Darlehen" gestanden; sie hätten die Zahlungen aber als Lohnzahlungen angesehen.
Der vom SG als Zeuge gehörte S. Sc. , der Vater des ehemaligen Mitgesellschafters der O. V. - und D. GmbH A. Sch. , hat ausgesagt: Er habe in keinem arbeitsrechtlichen Verhältnis zur O. V. - und D. GmbH gestanden, sondern sei bei der C. V. mbH angestellt gewesen. Diese habe für die O. V. - und D. GmbH die Lohnverwaltung durchgeführt. Es sei richtig, dass er an die beiden Kläger zweimal je 800,00 EUR gegen Quittung ausgezahlt habe. Den Auftrag zur Zahlung des Geldes habe er von den Gesellschaftern der C. V. mbH, den Herrn M. S. und A. Sch. , erhalten. Er wisse nicht genau, ob diese damals auch Gesellschafter der O. V. - und D. GmbH gewesen seien. Mit den bei der O. V. - und D. GmbH beschäftigten Fahrern sei darüber gesprochen worden, dass sie wegen der Zahlungsschwierigkeiten dieser Gesellschaft erst einmal Geld von der C. V. mbH erhalten sollten. Dieses Geld hätte an die C. V. mbH zurückgezahlt werden sollen, "wenn wieder normale Verhältnisse" bei der O. V. - und D. GmbH eingetreten wären.
Der Zeuge A. Sch. hat ausgesagt: Er habe seinem Vater S. Sc. zirka 50.000 EUR übergeben. Dieses Geld habe als Darlehen der C. V. mbH an die Fahrer ausgezahlt werden sollen.
Wegen der weiteren Einzelheiten und weiterer Zeugenaussagen wird auf das Sitzungsprotokoll über die öffentliche Sitzung des SG vom 24. November 2008 (Blatt 136 ff. der Gerichtsakten) verwiesen.
Das SG hat die Klagen mit Urteil vom 12. Februar 2009 als unbegründet abgewiesen und ausgeführt: Das von der Beklagten angerechnete Geld sei wirtschaftlich der O. V. - und D. GmbH zuzurechnen. Zwar sei davon auszugehen, dass dieses Geld von den Konten der C. V. mbH abgehoben worden sei. Es sei aber darlehensweise der O. V. - und D. GmbH überlassen worden, um den Fahrern den ausstehenden Lohn zahlen zu können. Die von der Beklagten vorgenommene Behandlung der Zahlungen als Arbeitsentgelt sei rechtmäßig.
Gegen das ihnen am 17. März 2009 zugestellte Urteil haben die Kläger jeweils am 24. März 2009 Berufung eingelegt und zur Begründung vortragen lassen: Sie hätten die Zahlungen von jeweils zweimal 800,00 EUR zwar als Lohn aufgefasst, aber den Empfang als Darlehen quittiert. Theoretisch seien sie noch immer Darlehensrückforderungsansprüchen ausgesetzt. Eine Behandlung als Arbeitsentgelt dürfe deshalb nicht erfolgen.
Der Kläger zu 1) beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Magdeburg vom 12. Februar 2009 aufzuheben und den Bescheid der Beklagten vom 4. August 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. November 2005 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an ihn weitere 1.600,00 EUR Insolvenzgeld zu zahlen.
Der Kläger zu 2) beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Magdeburg vom 12. Februar 2009 aufzuheben und den Bescheid der Beklagten vom 9. August 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. November 2005 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an ihn weitere 1.600,00 EUR Insolvenzgeld zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufungen zurückzuweisen.
Sie meint, die Kläger hätten keine auf Abschluss von Darlehensverträgen gerichteten Willenserklärungen abgegeben. Die Qualifizierungen der von den Klägern erhalten Zahlungen von jeweils zweimal 800,00 EUR als Arbeitsentgelt sei zutreffend.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte und die beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässigen, insbesondere statthaften und fristgerecht eingelegten Berufungen der Kläger gegen das Urteil des Sozialgerichts Stendal vom 12. Februar 2009 sind nicht begründet. Die Kläger haben jeweils keinen höheren Anspruch auf Insolvenzgeld, als er ihnen von der Beklagten mit den angefochtenen Bescheiden bewilligt wurde. Der Anspruch der Kläger auf Insolvenzgeld ergibt sich aus § 183 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch – Arbeitsförderung (SGB III). Danach haben Arbeitnehmer Anspruch auf Insolvenzgeld, wenn sie im Inland beschäftigt waren und bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen ihres Arbeitgebers für die vorausgehenden drei Monate des Arbeitsverhältnisses noch Ansprüche auf Arbeitsentgelt haben. Der Kläger waren bis zum 30. September 2004 Arbeitnehmer der O. V. - und D. GmbH. Über das Vermögen dieses Arbeitgebers ist am 6. Juni 2005 das Insolvenzverfahren eröffnet worden. Zu diesem Zeitpunkt hatten die Kläger gegenüber dem ehemaligen Arbeitgeber noch Anspruch auf Arbeitsentgelt. Die Beklagte hat die ihr vom Insolvenzverwalter mitgeteilten und von den Klägern nicht beanstandeten Nettobeträge rechnerisch richtig der Insolvenzgeldberechnung zugrunde gelegt. Dass die Beklagte davon jeweils Beträge in Höhe von 1.600,00 EUR für auf die Forderungen gezahlte Beträge abgesetzt hat, ist rechtlich nicht zu beanstanden.
Diese Beträge haben die Kläger in den Monaten September und Oktober 2004, also vor dem Insolvenzereignis, erhalten. Es handelte sich im Ergebnis auch um Zahlung auf den noch offenen Arbeitsentgeltanspruch der Kläger gegen die O. V. - und D. GmbH für den Insolvenzgeldzeitraum. Dies ergibt sich bei einer auf objektive Gesichtpunkte abstellenden Auslegung der ausdrücklichen bzw. konkludenten Abreden zwischen den Klägern und dem Zeugen S. Sc ... Dieser ist gegenüber den Klägern bei den Zahlungen als Vertreter der O. V. - und D. GmbH aufgetreten. Zwar stand er formell nicht in einem Vertragsverhältnis zu dieser GmbH, sondern war bei der C. V. mbH beschäftigt. Im Rahmen seiner Tätigkeit für diese Gesellschaft war er aber damit betraut, für die O. V. - und D. GmbH die Lohnverwaltung durchzuführen und diese auch gegenüber den Arbeitsnehmern zu vertreten. Insofern handelte er gegenüber den Arbeitnehmern der O. V. - und D. gesellschaft als Vertreter dieser Gesellschaft. Wie die beiden Kläger glaubhaft angeben haben, sahen sie den Zeugen als Ansprechpartner für Fragen aus ihrem Arbeitsverhältnis mit der O. V. - und D. GmbH an. Sie haben den Zeugen auch wegen des rückständigen Entgelts aus diesem Arbeitsverhältnis angesprochen und dann jeweils die Zahlungen erhalten. Sie konnten diese Zahlungen deshalb nach objektiven Gesichtpunkten als Entgeltzahlungen aus dem Arbeitsverhältnis mit der O. V. - und D. gesellschaft ansehen. Daran ändert der Gebrauch des Begriffs "Darlehen" auf den Quittungen nichts. Die Kläger haben mit dem Zeugen keine Abrede über eine eventuelle Rückzahlungsverpflichtung oder andere Modalitäten eines Darlehensvertrages getroffen. Sie mussten deshalb nicht davon ausgehen, dass zwischen ihnen und der C. V. mbH oder einem andern Darlehengeber ein Darlehensvertrag zustande gekommen war. Den Terminus "Darlehen" konnten sie bei verständiger Betrachtung so verstehen, dass das Geld für die Bezahlung ihres Arbeitslohns der Schuldnerin, also der O. V. - und D. GmbH, von einer der anderen Firmen ihrer Chefs oder dem oder den Gesellschaftern persönlich zur Verfügung gestellt worden war. Dies änderte aber nichts an dem Rechtscharakter der Zahlungen als Arbeitsentgelt innerhalb ihres Verhältnisses zur O. V. - und D. GmbH als Arbeitgeberin bzw. ehemaliger Arbeitgeberin.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 SGG liegen nicht vor.
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