L 1 R 384/09

Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Magdeburg (SAN)
Aktenzeichen
S 12 R 132/08
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 1 R 384/09
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Magdeburg vom 27. Oktober 2009 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Höhe der der Klägerin gewährten Witwenrente sowie über die Dynamisierung des besitzgeschützten Zahlbetrages und somit die Höhe der Regelaltersrente des verstorbenen Ehemannes der Klägerin (im Folgenden: der Versicherte).

Der am ... 1921 geborene und am ... 2002 verstorbene Versicherte war von 1968 bis 1986 als Professor und Direktor der Orthopädischen Klinik d. Medizinischen Akademie M. tätig. Er besaß eine Versorgungszusage nach der Verordnung über die Altersversorgung der Intelligenz an wissenschaftlichen, künstlerischen, pädagogischen und medizinischen Einrichtungen der DDR vom 12. Juli 1951. Auf Grund von Rentenbescheiden der Staatlichen Versicherung der DDR erhielt der Versicherte ab dem 1. Juli 1986 eine Altersrente aus der Rente der Sozialpflichtversicherung der DDR.

Mit Bescheid vom 26. Juli 1991 setzte die Beklagte den Gesamtzahlbetrag für den Versicherten ab dem 1. August 1991 auf insgesamt 2.010,00 DM fest. Den hiergegen gerichteten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 1. Oktober 1991 zurück.

Mit Bescheid vom 27. November 1991 wertete die Beklagte die Rente des Versicherten vom 1. Januar 1992 nach § 307 b des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Rentenversicherung (SGB VI) um und begrenzte den Zahlbetrag auf monatlich 2.010,00 DM.

Mit Bescheid vom 20. September 1993 setzte die Beklagte ab dem 1. August 1991 unter Hinweis auf § 10 des Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetzes (AAÜG) den monatlichen Zahlbetrag auf 2.700,00 DM fest und wies eine Einmalzahlung in Höhe von 20.010,00 DM an. Gegen diesen Bescheid legte der Versicherte Widerspruch ein.

Mit Bescheid vom 7. Februar 1994 stellte die Beklagte die Rente des Versicherten für die Zeit ab dem 1. Juli 1990 neu fest. Danach ergaben sich für den Versicherten 71,0974 persönliche Entgeltpunkte Ost. Als monatlichen Zahlbetrag wies die Beklagte für die Zeit vom 1. Juli 1990 bis zum 31. Juli 1991 3.645,00 DM und für die Zeit ab 1. August 1991 2.700,00 DM aus. Die höhere Summe gewährte sie, da die bisher gezahlte Summe aus Rente und Leistung aus der Zusatzversorgung höher war als die monatliche Rente und damit weiter gezahlt wurde. Auch hiergegen legte der Versicherte Widerspruch ein.

Mit Bescheid vom 11. April 1994 stellte die Beklagte die Rente des Versicherten für die Zeit ab dem 1. Juli 1990 neu fest. Danach ergaben sich für ihn nunmehr 72,5538 persönliche Entgeltpunkte Ost unter Berücksichtigung von 588 belegungsfähigen Kalendermonaten. Die Beklagte wies einen Zahlbetrag von 3.645,00 DM für die Zeit bis zum 31. Juli 1991 und für die Zeit ab 1. August 1991 von 2.700,00 DM aus, wobei auch hier die höhere Summe sich daraus ergab, dass die bisher gezahlte Summe aus Rente und Leistung aus der Zusatzversorgung höher war als die nach dem SGB VI ermittelte Rente. Auch hiergegen legte der Versicherte Widerspruch ein.

Mit Bescheid vom 5. Februar 1997 stellte die Beklagte die Regelaltersrente des Versicherten für die Zeit ab dem 1. April 1997 in Höhe von 3.602,25 DM sowie eine Nachzahlung für die Zeit vom 1. Juli 1990 bis zum 31. März 1997 in Höhe von 64.185,09 DM aufgrund eines Beschlusses des Bundessozialgerichtes vom 5. Dezember 1996 vorläufig erneut fest. Mit Bescheid vom 19. Juli 1999 stellt die Beklagte die Regelaltersrente erneut fest.

Mit Bescheid vom 30. März 2000 berechnete die Beklagte die Regelaltersrente des Versicherten ab dem 1. Januar 1992 neu und legte ab dem 1. Januar 1992 einen Zahlbetrag von 3.645,00 DM zugrunde und dynamisierte diesen mit dem aktuellen Rentenwert. Aufgrund dessen ergab sich eine Nachzahlung für den Versicherten in Höhe von 15.800,34 DM.

Im Mai 2000 schlossen der Versicherte und die Beklagte einen Vergleich im Rahmen eines anhängigen Verfahrens vor dem Bundessozialgericht und erklärten alle vor dem Sozialgericht Magdeburg anhängigen Verfahren für erledigt.

Mit Bescheid vom 18. Dezember 2001 berechnete die Beklagte die Rente des Klägers gemäß § 307 b SGB VI in der Fassung des 2. AAÜG-Änderungsgesetzes vom 27. Juli 2001 neu. Der zu zahlende Betrag am 1. Januar 1992 betrug danach 3.894,32 DM (3.645,00 DM erhöht um 6,84 v. H.), die monatliche Rente nach dem SGB VI 1.710,09 DM (72,5538 persönliche Entgeltpunkte Ost x 23,57 DM aktueller Rentenwert Ost) und die Vergleichsrente 1.682,26 DM (71,3730 persönliche Entgeltpunkte Ost x 23,57 DM aktueller Rentenwert Ost).

Gegen diesen Bescheid legte der Versicherte am 29. Januar 2002 Widerspruch ein und führte aus, er wende sich zum einen gegen die Neuberechnung, bei der für die Zeiten vor dem 1. März 1971 maximal 600,00 Mark berücksichtigt worden seien, und zum anderen gegen die Dynamisierung des Zahlbetrages nach den Dynamisierungssätzen West sowie den Beginn der Dynamisierung erst ab dem 1. Juli 1992 statt ab dem 1. Januar 1992.

Mit Bescheid vom 1. Juli 2002 stellte die Beklagte die Rente des Versicherten unter Zugrundelegung der tatsächlich erzielten Bruttoarbeitsentgelte fest. Da die ermittelte Vergleichsrente auch weiterhin den besitzgeschützten Betrag in Höhe von 3.645,00 DM nicht überstieg, ergab sich keine Änderung des Zahlbetrages. Für die monatliche Rente nach dem SGB VI berücksichtigte sie 72,4958 persönliche Entgeltpunkte aus 588 Monaten. Es ergaben sich neue monatliche Zahlbeträge. Auch hiergegen legte der Versicherte Widerspruch ein.

Am 20. August 2002 verstarb der Versicherte.

Mit Bescheid vom 17. Dezember 2002 bewilligte die Beklagte der Klägerin die große Witwenrente ab dem 1. September 2002. Hiergegen legte die Klägerin am 31. Dezember 2002 Widerspruch ein und führte aus, die Beklagte habe bei der Berechnung nur eine Zahlung von 1.889,78 EUR anstatt 2.274,61 EUR zugrunde gelegt. Der monatliche Zahlbetrag zur Kranken- und Pflegeversicherung sei zweimal abgezogen worden. Zur Frage der Professorenversorgung liefen noch weitere Widerspruchsverfahren. Der Vergleich aus dem Monat Mai 2000 sei fehlerhaft umgesetzt worden. In der Vergleichsberechnung seien nur 555 Monate angerechnet worden. Zugunsten des Versicherten seien jedoch 588 Monate und somit 88,2 Entgeltpunkte zu berücksichtigen. Für die Witwenrente seien aber nur 459 Monate und 83,2500 Entgeltpunkte festgestellt worden. Die Beklagte wies diesen Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 7. April 2003 zurück und führte aus, die Regelaltersrente des Versicherten sei mit Bescheid vom 1. Juli 2002 nach § 307 b SGB VI neu berechnet worden. Dabei sei eine Vergleichsrente aus den letzten 20 Kalenderjahren unter Zugrundelegung der tatsächlichen Entgelte errechnet worden. Es habe sich ergeben, dass der nach dem Einigungsvertrag besitzgeschützte Zahlbetrag höher gewesen sei als die monatliche Rente (Grundlage: 83,2500 Entgeltpunkte als Vergleichsberechnung und aus dem tatsächlichen Konto ergaben sich 72,4958 Entgeltpunkte aus 588 Monaten). Bei einer nach den §§ 2, 4 AAÜG überführten Versichertenrente des Beitrittsgebietes, die bis zum Tod des Versicherten in Höhe des weiterzuzahlenden Betrages oder in Höhe des nach dem Einigungsvertrag besitzgeschützten dynamischen Betrages geleistet worden sei, entfalle dieser Besitzschutz mit dem Tod des Berechtigten. Bei einer im Anschluss zu gewährende Hinterbliebenenrente seien unter den Voraussetzungen des § 88 Abs. 2 SGB VI nur die bisherigen persönlichen Entgeltpunkte besitzgeschützt. Somit seien zwar der Berechnung der Witwenrente 83,2500 Entgeltpunkte zugrunde gelegt worden, der Vergleich und ggf. Errechnung des Zahlbetrages aus dem seinerzeit besitzgeschützten Zahlbetrag seien aber ordnungsgemäß nicht erfolgt.

Die Klägerin hat hiergegen am 15. April 2003 Klage beim Sozialgericht Magdeburg (SG) erhoben.

Mit Widerspruchsbescheid vom 25. Februar 2004 hat die Beklagte den Widerspruch des Versicherten gegen den Bescheid vom 18. Dezember 2001 in Gestalt des Bescheides vom 1. Juli 2002 zurückgewiesen und ausgeführt, das BSG habe die geltende Form der Dynamisierung auf der Grundlage des für die alten Bundesländer aktuellen Rentenwertes ausdrücklich bestätigt.

Dagegen hat die Klägerin als Rechtsnachfolgerin des Versicherten am 2. März 2004 Klage beim SG erhoben.

Mit Verbindungsbeschluss vom 10. September 2004 hat das SG die Klagen vom 15. April 2003 und vom 2. März 2004 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung miteinander verbunden.

Die Klägerin hat zur Begründung ihrer Klagen vorgetragen, die Bescheide der Beklagten verstießen gegen den Grundkonsens und die Bestimmungen des Einigungsvertrages, gegen das Grundgesetz und gegen die Menschenrechtskonvention. Sie wende sich insbesondere dagegen, dass ihr unter Missachtung der Ansprüche, die der Versicherte durch die Mitgliedschaft in einem zusätzlichen Versorgungssystem der DDR rechtmäßig erworben habe und die ordnungsgemäß zu überführen seien, ein angemessenes Alters- bzw. Hinterbliebeneneinkommen und die Anerkennung der zu einem großen Teil in der DDR erbrachten Lebensleistung des Versicherten versagt würden. Sie greift ferner die Rentenangleichung Ost an West an.

Mit Urteil vom 27. Oktober 2009 hat das SG die Klage abgewiesen. Soweit die Klägerin ohne genauere Angaben alle Entscheidungen der Beklagten bezüglich der Rentenhöhe angreife, sei die Klage unzulässig, da diese Rentenanpassungen nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens geworden seien. Streitgegenstand sei allein der Bescheid vom 18. Dezember 2001 in der Gestalt des Bescheides vom 1. Juli 2002 und des Widerspruchsbescheides vom 25. Februar 2004 sowie der Witwenrentenbescheid vom 17. Dezember 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. April 2003.

Die von der Beklagten vorgenommene Dynamisierung durch Vervielfältigung des besitzgeschützten Zahlbetrages mit dem Anpassungsfaktor des aktuellen Rentenwertes sei inzwischen durch Urteil des BSG vom 3. August 1999 und den Nichtannahmebeschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 15. September 2006 bestätigt worden. Die Dynamisierung sei ausweislich des Bescheides der Beklagten vom 1. Juli 2002 bereits ab dem 1. Januar 1992 vorgenommen worden. Sie habe der Berechnung der Vergleichsrente auch keinen höheren Wert zugrunde zu legen. Der monatliche Wert ergebe sich aus der Rentenformel des § 64 SGB VI. Abweichend von den allgemeinen Regelungen seien besondere Entgeltpunkte Ost nach Maßgabe des § 307 b Abs. 3 SGB VI einzustellen. Hiernach habe der Versicherte keinen Anspruch auf Feststellung eines höheren Arbeitsentgeltes als 600 Mark für die Zeit vor dem 1. März 1971 gehabt. Das BSG habe bereits ausführlich begründet, warum die für Zeiten vor dem 1. März 1971 angeordnete Begrenzung der zu berücksichtigenden Arbeitsverdienste auch bis zur Höhe von 600 Mark für jeden belegten Kalendermonat keinen verfassungsrechtlichen Bedenken begegne (Urteil vom 31. März 2004 – B 4 RA 11/03 R –). Die gegen diese Entscheidung eingelegte Verfassungsbeschwerde habe das Bundesverfassungsgericht nicht zur Entscheidung angenommen (Beschluss vom 8. September 2004 – 1 BvR 1632/04 –).

Auch der Witwenrentenbescheid vom 17. Dezember 2002 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. April 2003 sei rechtmäßig. Die Klägerin habe keinen Anspruch darauf, dass der Wert ihres Rechts auf Witwenrente nach einem dem Verstorbenen zuerkannten besitzgeschützten Zahlbetrag als höchstem Vergleichswert festgestellt werde. Die Berechnung der Witwenrente richte sich nicht nach § 307 b SGB VI, denn zugunsten der Klägerin habe am 31. Dezember 1991 kein Anspruch auf eine nach dem AAÜG überführte Rente des Beitrittsgebiets bestanden. Der Versicherte habe zu diesem Zeitpunkt selbst eine Versorgung nach den Vorschriften der DDR bezogen. Die Klägerin habe allenfalls eine Anwartschaft auf eine eigene Versorgung erwerben können. Als Zugangsrentnerin hätte sie die Wertfeststellung in Höhe des besitzgeschützten Zahlbetrags ihres verstorbenen Ehemanns nur beanspruchen können, wenn gem. § 4 Abs. 4 Satz 7 AAÜG die Witwenrente bis zum 31. Dezember 1996 begonnen hätte. Dies sei nicht der Fall gewesen. Die Norm verstoße auch nicht gegen das Grundgesetz; insoweit sei auf die Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts (Beschluss vom 13. Dezember 2002 – 1 BvR 1144/00 – juris) und des BSG (Urteil vom 29. Juli 2004 – B 4 RA 45/03 R – juris) zu verweisen. Gemäß § 66 Abs. 2 Nr. 2 SGB VI seien bei einer Witwenrente die Entgeltpunkte des verstorbenen Versicherten Grundlage für die Ermittlung der persönlichen Entgeltpunkte der Witwe. Entgeltpunkte des Versicherten i. S. des § 63 Abs. 2 SGB VI seien neben denen, die sich nach der Rangwertfestsetzung anhand des nach dem SGB VI geklärten Versicherungskontos ergäben, lediglich diejenigen, deren Berücksichtigung der Versicherte als Bestandsrentner gem. § 307 b Abs. 1 Satz 1 SGB VI für die Ermittlung des Wertes einer sogenannten Vergleichsrente habe beanspruchen können. Die aus dem besitzgeschützten Zahlbetrag des Einigungsvertrages gem. § 307 b Abs. 5 SGB VI ermittelbaren Entgeltpunkte seien dagegen keine i. S. der §§ 63 Abs. 2, 66 Abs. 2 Nr. 2 und 88 Abs. 2 SGB VI. Soweit der durch den Einigungsvertrag geschützte Zahlbetrag als höchster der nach § 307 b SGB VI zu beachtenden Vergleichswerte den Wert des Rentenrechts des Versicherten bestimme, mutierten die aus ihm verwaltungstechnisch errechneten Entgeltpunkte nicht zu Werten einer Vorleistung und damit nicht zu Entgeltpunkten des verstorbenen Versicherten i. S. des § 66 Abs. 2 Nr. 2 SGB VI, die Grundlage der persönlichen Entgeltpunkte der Witwe werden könnten. Es handele sich nämlich nicht um Entgeltpunkte, die der Wertermittlung des Rechts auf Rente aus der eigenen Versicherung gemäß den Vorgaben der §§ 63, 64 SGB VI dienen würden. Ihr Zweck sei allein verwaltungstechnischer Art und erschöpfe sich darin, eine mit den vorhandenen Programmen leicht ausführbare Technik für die Dynamisierung dieses rentenversicherungsfremden Zahlbetrags zu schaffen, um so ohne technische Probleme den Wert eines fremden eigenständigen Rechts fortlaufend anpassen zu können (BT-Drs. 14/5640, Begründung zu Art. 2 Nr. 5, Seite 18).

Auch die Summe der Entgeltpunkte habe die Beklagte zutreffend mit 83,2500 berücksichtigt. Eine Rechtsgrundlage für das Begehren der Klägerin, die durchschnittlichen Entgeltpunkte pro Monat mit 49 Arbeitsjahren (= 588 Kalendermonate) anstelle der von der Beklagten eingestellten 555 Kalendermonate mit rentenrechtlichen Zeiten zu vervielfältigen, sei nicht ersichtlich. § 307 b Abs. 3 Nr. 1 SGB VI sehe eine Ermittlung der persönlichen Entgeltpunkte Ost im Wege der Vervielfältigung der Anzahl der bei der Rentenneuberechnung berücksichtigten Kalendermonate mit rentenrechtlichen Zeiten, nicht aber der der DDR-Rente zugrunde liegenden Arbeitsjahre mit den durchschnittlichen Entgeltpunkten pro Monat vor. Der belegungsfähige Gesamtzeitraum des Versicherten betrage 588 Monate. Berücksichtigungsfähig seien jedoch nur die Monate der versicherungspflichtigen Tätigkeit. Die mit 33 Kalendermonaten festgestellte Schulausbildung sei abzuziehen gewesen, da eine Beitragsleistung insoweit nicht erfolgt sei. Entgegen dem Vortrag der Klägerin sei der monatliche Zahlbetrag zur Kranken- und Pflegeversicherung nicht doppelt berücksichtigt worden. Die für den Versicherten berechnete Vergleichsrente habe ab dem 1. Juli 2002 ohne Abzug des Kranken- und Pflegeversicherungsbeitrages 1.889,78 Euro betragen. Diesen Zahlbetrag habe die Beklagte auch bei der Berechnung der Höhe der Witwenrente zugrunde gelegt. Erst bei dieser Berechnung sei der einmalige Abzug für die Kranken- und Pflegeversicherung erfolgt.

Den Anträgen und Anregungen der Klägerin zur Beweiserhebung und zur Vorlage an das Bundesverfassungsgericht sei nicht zu folgen gewesen. Die Anträge zu Beweiserhebungen hätten allein rechtspolitische Inhalte gehabt und würden auch nicht den Anforderungen an einen Beweisantrag genügen. Eine Verfassungswidrigkeit sei ebenso wenig erkennbar wie ein Verstoß gegen die Europäische Menschenrechtskonvention.

Die Klägerin hat gegen das am 13. November 2009 zugestellte Urteil am 17. November 2009 Berufung beim Landessozialgericht Sachsen-Anhalt eingelegt. Zur Begründung hat sie unter anderem vorgetragen, es sei eine "ordnungsgemäße Aufklärung zu dem Gesamtkomplex der Rechts- und Verfassungsfragen geboten, die sich für das vorliegende Verfahren ausgehend von den rechtmäßig von dem verstorbenen Versicherten in der DDR erworbenen Ansprüchen ergeben". Die Positionen der Beklagten, denen jegliche Überzeugungskraft und jeder Versuch einer ordnungsgemäßen Sachaufklärung fehlen würden, würden die Problemstellung in keiner Weise berücksichtigen. Nunmehr sei auf die "Notwendigkeit exakter Ermittlungen zu den Sach- und Rechtsfachfragen" hinzuweisen. Die Beklagte verstoße mit ihren Bescheiden gegen "den Grundkonsens und die Bestimmungen des Einigungsvertrages, das Grundgesetz und die Europäische Menschenrechtskonvention". Sie, die Klägerin, gehe davon aus, dass das Gericht "Beweis zur genauen Aufklärung des Sachverhalts erhebt, um von schablonenhaften formalen Einschätzungen der Auswirkungen der Renten- und Versorgungsüberleitung, der Witwenrentensonderregelung und der Systementscheidung des AAÜG sowie der anderen Entscheidungen wegzukommen und zu einer konkreten Betrachtungsweise zu finden".

Die Klägerin beantragt schriftsätzlich,

die Beklagte zu verpflichten, ihr unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts Magdeburg vom 27. Oktober 2009 eine höhere Witwenrente zu gewähren. Insbesondere sind dazu die bisher erteilten Rentenbescheide und alle weiteren Bescheide über die Höhe der Rente einschließlich der mit den Rentenanpassungsmitteilungen bekanntgegebenen Entscheidungen über die Rentenanpassung/angleichungen Ost an West abzuändern:

1.1 Die Beklagte hat dabei die Ansprüche auf Rente aus der SV und aus dem zusätzlichen Versorgungssystem, dem der Versicherte angehörte, in Übereinstimmung mit dem Zahlbetragsschutz des Einigungsvertrages zu berechnen, und zwar nach dem garantierten Zahlbetrag i. S. des Urteils des Bundesverfassungsgerichts vom 28. April 1999, zum 31. Dezember 1991 erhöht um 6,84 % und ab dem 01.07.1990 angepasst wie die Löhne und Einkommen im Beitrittsgebiet.

1.2 Gleichzeitig hat sie eine Vergleichsberechnung gemäß § 307 b SGB VI i. d. F. des 2. AAÜG-ÄndG nach den Vorgaben des BVerfG vorzunehmen. Dabei sind die Arbeitsentgelte und Arbeitseinkommen ungekürzt und ohne Begrenzung auf 1,8 EP/Jahr zu berücksichtigen.

1.3 Die Versichertenrente nach dem SGB VI ist im Rahmen der allgemeinen Beitragsbemessungsgrenze und nicht abgesenkt auf die verfassungswidrige besondere Beitragsbemessungsgrenze Ost (§§ 228 a Abs. 3 und 256a SGB VI) sowie die Beitragsbemessungsgrenze nach der Anlage 3 zum AAÜG zu berechnen.

1.4 die Rentenanpassungen haben nach den verbindlichen Vorgaben des EV und des Grundgesetzes an die Lohn- und Einkommensentwicklung im Beitrittsgebiet zu erfolgen, wobei nach den Vorgaben des BSG (B 4 RA 120/00 R) die Inflationsrate nicht überschritten werden darf.

1.5 Der Klägerin ist der Zahlbetrag einschließlich der Nachzahlungen zu gewähren, der im Vergleich der auf den unterschiedlichen Rechtsgrundlagen erfolgten Rentenberechnungen am höchsten ist.

Die Beklagte verweist auf die Ausführungen des SG und beantragt,

die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Magdeburg vom 27. Oktober 2009 zurückzuweisen.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Die Gerichts- und Verwaltungsakten haben vorgelegen und sind Gegenstand der Beratung und Entscheidungsfindung gewesen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Sachvortrages wird auf deren Inhalt verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Der Senat konnte den Rechtsstreit nach den Zustimmungserklärungen der Beteiligten gem. den §§ 124 Abs. 2, 153 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

Die nach § 143 SGG statthafte und auch im Übrigen zulässige Berufung der Klägerin hat keinen Erfolg. Sie ist unbegründet, weil der Bescheid vom 18. Dezember 2001 in der Gestalt des Bescheides vom 1. Juli 2002 und des Widerspruchsbescheides vom 25. Februar 2004 sowie der Witwenrentenbescheid vom 17. Dezember 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. April 2003 rechtmäßig sind und die Klägerin nicht im Sinne der §§ 157, 54 Abs. 2 Satz 1 SGG beschweren. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf eine höhere Witwenrente. Soweit die Klägerin ohne genauere Angaben alle Entscheidungen der Beklagten bezüglich der Rentenhöhe (Rentenanpassungen) angreift, ist die Klage – wie das SG schon festgestellt hat – unzulässig. Das SG hat die Klage deshalb insgesamt zu Recht abgewiesen. Zur Begründung verweist der Senat auf die zutreffenden Ausführungen des SG in dem Urteil vom 27. Oktober 2009 und macht sie sich zu eigen, § 153 Abs. 2 SGG.

Ergänzend wird ausgeführt:

Die Verwaltungsentscheidung ist nicht deswegen rechtswidrig, weil die Beklagte nicht den aktuellen Rentenwert nach § 68 Abs. 1 SGB VI, sondern den Rentenwert Ost nach § 255a SGB VI zugrunde gelegt hat. § 255a Abs. 1 SGB VI enthält die Festlegung, dass der aktuelle Rentenwert (Ost) der Betrag ist, der sich ergibt, wenn das Verhältnis der Standardrente Ost zur Standartrente West auf den aktuellen Rentenwert für die alten Bundesländer übertragen wird. Dabei ist als Standardrente Ost entsprechend den Festlegungen im Staatsvertrag zur Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion vom 18. Mai 1990 von der Rente eines Versicherten mit 45 Arbeitsjahren auszugehen, dessen Verdienst jeweils dem volkswirtschaftlichen Durchschnittsverdienst entsprochen hat (BT-Drs. 12/405 zu § 255a, S. 126 - 127).

Ebenfalls nicht zu beanstanden ist die Anwendung des § 256a SGB VI durch die Beklagte. Die Vorschrift regelt die Ermittlung von Entgeltpunkten aus nachgewiesenen Beitragszeiten im Beitrittsgebiet. Die Ermittlung von Entgeltpunkten erfolgt aufgrund der individuellen Verdienste des Versicherten und der Durchschnittsentgelte. Zuvor werden die Individualverdienste jedoch mit den Faktoren der Anlage 10 (Verhältniswerte Durchschnittsentgelte West zu Ost) umgerechnet, so dass sie den Entgelten in den alten Bundesländern vergleichbar sind. Das so ermittelte Entgelt ist dann an der Beitragsbemessungsgrenze nach Anlage 2 und am Durchschnittsentgelt nach Anlage 1 zu messen. Damit wird gewährleistet, dass z. B. der Durchschnittsverdiener im Beitrittsgebiet für ein Jahr ebenso einen Entgeltpunkt erhält, wie ein vergleichbarer Arbeitnehmer mit Durchschnittsverdienst im alten Bundesgebiet (BT-Drs. 12/405 zu § 256a, S. 127).

Diese Regelungen des SGB VI sind auch nicht verfassungswidrig. Insbesondere liegt keine unzulässige Ungleichbehandlung (Art. 3 Grundgesetz) vor. Ist eine Regelung, die Bestandteil der gesetzlichen Überleitung von Renten aus einem System der Rentenversicherung in ein anderes System ist, am Maßstab des allgemeinen Gleichheitssatzes zu prüfen, so genügt sie dessen Anforderungen, wenn der Überleitung ein sachgerechtes Konzept zugrunde liegt und sich die zur verfassungsrechtlichen Prüfung gestellte Regelung in dieses Konzept einfügt. Dies gilt in ganz besonderer Weise, wenn der Systemwechsel durch die einzigartige Aufgabe der juristischen Bewältigung der Wiederherstellung der Deutschen Einheit veranlasst gewesen ist (BVerfG, Beschluss vom 30. August 2005 – 1 BvR 616/99 und 1 BvR 1028/03 – juris). Der Bundesgesetzgeber ist hier diesen Anforderungen nach Überzeugung des Senats nachgekommen.

Der Senat sieht sich nicht veranlasst, das Verfahren gemäß Artikel 100 Abs. 1 Satz 1 Grundgesetz auszusetzen und dem Bundesverfassungsgericht vorzulegen. Hiernach ist ein gerichtliches Verfahren auszusetzen, wenn ein Gericht ein Gesetz, auf dessen Gültigkeit es bei der Entscheidung ankommt, für verfassungswidrig hält, und, wenn es sich um die Verletzung des Grundgesetzes handelt, die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes einzuholen. Der Senat geht jedoch – wie bereits ausgeführt – nicht von einer Verfassungswidrigkeit der angewandten Normen aus.

Den Beweisanregungen der Klägerin war nicht nachzugehen. Diese beziehen sich nicht auf die konkrete Rentenberechnung, sondern auf sozialpolitische Erwägungen, derentwegen kein Aufklärungsbedarf besteht.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

Die Revision war nicht zuzulassen, weil Zulassungsgründe i. S. von § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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