L 1 R 245/10

Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Dessau-Roßlau (SAN)
Aktenzeichen
S 1 R 73/09
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 1 R 245/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Dessau-Roßlau vom 23. Juli 2010 wird zurückgewiesen.

Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist umstritten, ob der Kläger Pflichtbeiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung nachzuzahlen hat.

Der am ... 1947 geborene Kläger war seit dem 15. Dezember 1976 im Beitrittsgebiet als selbständiger Rechtsanwalt tätig und zahlte seit Beginn der Tätigkeit Pflichtbeiträge zur Sozialversicherung. Einen nach erlittenem Infarkt am 13. September 2004 gestellten Antrag auf eine Rente wegen Erwerbsminderung lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 15. November 2004 ab. Widerspruch (Widerspruchsbescheid vom 01. Juni 2005) und die auf eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung gerichtete Klage blieben erfolglos (Urteil des Sozialgerichts Dessau vom 29. August 2006 – S 12 R 409/05 –). Die dagegen eingelegte Berufung (L 1 R 498/06) nahm der Kläger im September 2007 zurück. Beiträge entrichtete er ab November 2004 nicht mehr. – Seit dem 01. Januar 2008 erhält er von der Beklagten eine Altersrente für schwerbehinderte Menschen.

Mit Schreiben vom 11. Oktober 2007 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass die Versicherungspflicht aufgrund der Tätigkeit als Rechtsanwalt auch nach Rentenantragstellung dem Grunde nach fortbestanden habe und bat um Mitteilung, ob und ggf. wann er seine Tätigkeit als Rechtsanwalt aufgegeben habe. Der Kläger erklärte dazu, dass er seine Tätigkeit als Rechtsanwalt einschränken und nur noch als Nachlasspfleger für das Amtsgericht W. tätig sein werde. Er sei weder bereit noch in der Lage Beiträge nach zu entrichten. Mit Bescheid vom 05. November 2007 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass er in seiner selbständigen Tätigkeit weiterhin der Versicherungspflicht unterliege. In der Anlage legte sie die Höhe der vom 01. November 2004 bis zum 30. November 2007 zu entrichtenden Beiträge (14.970,96 Euro) auf der Grundlage der Regelbeiträge (Arbeitseinkommen in Höhe der Bezugsgröße) fest. Gegen diesen Bescheid legte der Kläger am 28. November 2007 Widerspruch ein. Ihm sei bei Rentenantragstellung gesagt worden, dass er nunmehr keine Beiträge mehr zu zahlen haben. Auch sei ihm nicht erklärt worden, dass bei Ablehnung seines Antrages die Zahlungsverpflichtung wieder auflebe. Seine Tätigkeit als Anwalt in eigener Kanzlei habe er aufgegeben, und er sei seitdem nur noch als freier Mitarbeiter in einer anderen Kanzlei tätig. Mit Bescheid vom 19. Mai 2008 reduzierte die Beklagte ihre Beitragsforderung für die Zeit vom 01. November 2004 bis zum 31. Dezember 2007 auf 10.748,80 Euro, indem sie für Zeiträume für die der Kläger Einkommensnachweise vorgelegt hatte, von einem einkommensgerechten Beitrag ausging. Mit Widerspruchsbescheid vom 09. Januar 2009 wies die Beklagte den Widerspruch im Übrigen zurück. Der Kläger unterliege als Selbständiger gemäß § 229a Abs. 1 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Rentenversicherung (SGB VI) der Versicherungspflicht. Durch das Rentenantragsverfahren sei die Forderung von Pflichtbeiträgen lediglich unterbrochen worden. Dem Grunde nach habe die Versicherungspflicht aber fortbestanden.

Daraufhin hat der Kläger am 12. Februar 2009 Klage beim Sozialgericht Dessau-Roßlau (SG) erhoben. Er sei bei Rentenantragstellung belehrt worden, dass es sich erübrige, nach der Antragstellung weitere Beiträge in die Rentenversicherung einzuzahlen. Eine Belehrung dahingehend, dass nach Ablehnung des Rentenantrages die Beitragspflicht wieder auflebe, sei nicht erfolgt. Die Berufung habe er nur zurückgenommen, weil er die Möglichkeit gesehen habe, eine vorgezogene Altersrente für schwerbehinderte Menschen zu erhalten. Auch bei der Beantragung dieser Rente sei er nicht darauf hingewiesen worden, dass durch die Rücknahme der Berufung rückständige Beiträge fällig würden. Insoweit liege ein Beratungsfehler der Beklagten vor. Mit Urteil vom 23. Juli 2010 hat das SG die Klage abgewiesen. Der Kläger sei gemäß § 229a Abs. 1 SGB VI versicherungspflichtig gewesen. Einen Befreiungsantrag habe er bis zum 31. Dezember 1994 nicht gestellt. Diese Norm sei nach der Rechtsprechung des Landessozialgerichts Sachsen-Anhalt auch nicht verfassungswidrig (Hinweis auf das Urteil vom 24. April 2002 – L 1 RA 92/99 –). Der Kläger könne sich auch nicht auf einen sozialrechtlichen Herstellungsanspruch berufen. Anhaltspunkte für eine unterbliebene oder fehlerhafte Beratung durch die Beklagte würden nicht vorliegen. Selbst wenn man einen Beratungsfehler unterstellen würde, läge ein entsprechender Anspruch nicht vor. Eine Beitragsforderung entstehe unmittelbar kraft Gesetzes. Eine Freistellung des Klägers von der Beitragspflicht würde zu einem gesetzwidrigen Zustand führen. Dies könne jedoch niemals Ziel eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs sein. Die Beiträge seien auch der Höhe nach zutreffend ermittelt worden. Eine Verjährung sei nicht eingetreten.

Gegen das am 23. August 2010 zugestellte Urteil hat der Kläger am 21. September 2010 Berufung eingelegt, die er nicht näher begründet hat.

Der Kläger beantragt nach seinem schriftsätzlichen Vorbringen,

das Urteil des Sozialgerichts Dessau-Roßlau vom 23. Juli 2010 und den Bescheid der Beklagten vom 05. November 2007, geänderte durch Bescheid vom 19. Mai 2008, in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09. Januar 2009 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Dessau-Roßlau vom 23. Juli 2010 zurückzuweisen.

Sie hält die Entscheidung des SG für zutreffend.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen. Diese Akten haben vorgelegen und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung und der Beratung des Senats.

Entscheidungsgründe:

Die statthafte und auch in der gesetzlich vorgeschriebenen Form und Frist eingelegte Berufung des Klägers ist nicht begründet.

Die Berufung ist unbegründet, weil der Bescheid der Beklagten vom 05. November 2007 und 19. Mai 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09. Januar 2009 den Kläger nicht im Sinne der §§ 157, 54 Abs. 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) beschwert. Die Beitragsnachforderung der Beklagten ist weder dem Grunde noch der Höhe nach zu beanstanden. Zur Begründung verweist der Senat auf die zutreffenden Ausführungen des SG, die er sich zu Eigen macht (vgl. § 153 Abs. 2 SGG). Gründe, die gegen die Ausführungen des SG sprechen können, hat der Kläger im Berufungsverfahren nicht vorgebracht. Solche sind auch für den Senat nicht ersichtlich.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für eine Zulassung der Revision im Sinne von § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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