Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
5
1. Instanz
SG Magdeburg (SAN)
Aktenzeichen
S 18 AS 1988/07
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 5 AS 14/11 NZB
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Berufung im Urteil des Sozialgerichts Magdeburg vom 1. Dezember 2010 wird zurückgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Die Klägerin wendet sich gegen die Nichtzulassung der Berufung in einem Urteil des Sozialgerichts Magdeburg, das ihre Klagen gegen den Beklagten auf Gewährung eines ernährungsbedingten Mehrbedarfs für die Zeit vom 1. Juni 2007 bis 31. Mai 2008 abgelehnt hat.
Der Beklagte gewährt der am ... 1954 geborenen Klägerin Grundsicherungsleistungen für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch des Sozialgesetzbuches (SGB II). Bei ihr besteht mit einem Diabetes Mellitus (drei Insulininjektionen pro Tag), einer medikamentös behandelten Fettstoffwechselstörung, einer arteriellen Hypertonie sowie einer Adipositas (BMI 40,8 kg/m2) ein metabolisches Syndrom. Aufgrund generativer Veränderungen am Skelett leidet sie zudem unter Schmerzen im Bewegungsapparat. Bis einschließlich 31. Mai 2007 hatte der Beklagte ihr einen ernährungsbedingten Mehrbedarf in Höhe von 30,68 EUR/Monat bewilligt.
Mit bestandskräftigem Bescheid vom 4. Mai 2007 lehnte der Beklagte die Gewährung eines ernährungsbedingten Mehrbedarfs ab 1. Juni 2007 ab. Den dagegen seitens der Klägerin gestellten Überprüfungsantrag wies er mit Bescheid vom 7. August 2007 zurück; den dagegen eingelegten Widerspruch wies er mit Widerspruchsbescheid vom 24. August 2007 als unbegründet zurück. Ihr Begehren auf Bewilligung eines ernährungsbedingten Mehrbedarfs hat die Klägerin mit einer am 26. September 2007 beim Sozialgericht erhobenen Klage weiterverfolgt (S 18 AS 1988/07).
Mit Bescheid vom 6. November 2007 hat der Beklagte der Klägerin Leistungen nach dem SGB II in Höhe von 362,52 EUR/Monat für die Zeit vom Dezember 2007 bis Mai 2008 bewilligt. In einem gesonderten Bescheid vom selben Tag hat er die Gewährung eines ernährungsbedingten Mehrbedarfs abgelehnt, wogegen die Klägerin Widerspruch eingelegt und der Beklagte diesen mit Widerspruchsbescheid vom 5. Mai 2008 als unbegründet zurückgewiesen hat. Zuvor hatte der Beklagte ein amtsärztliches Gutachten vom 31. März 2008 eingeholt. Die Amtsärzte MD Dr. med. E. und Dr. med. A. sind zu dem Ergebnis gekommen, dass eine hypokalorische, vitamin- und ballaststoffreiche, fettarme kohlenhydratbilanzierte Kost einen Mehrbedarf nicht zu begründen vermöge.
Die gegen den Widerspruchsbescheid vom 5. Mai 2008 erhobene Klage (S 18 AS 1625/08) und das Verfahren S 18 AS 1988/07 hat das Sozialgericht durch Beschluss vom 4. November 2009 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung unter Führung des Aktenzeichens S 18 AS 1988/07 verbunden.
Mit Einverständnis der Parteien hat es mit Urteil ohne mündliche Verhandlung vom 1. Dezember 2010 die Klagen abgewiesen. Sie seien zwar zulässig. Insbesondere liege entgegen des ersten Anscheins keine doppelte Rechtshängigkeit vor. Da der Bescheid vom 6. November 2007 in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Bewilligungsbescheid für den Zeitraum vom 1. Dezember 2007 bis 31. Mai 2008 erlassen worden sei, habe der Beklagte deutlich gemacht, dass von der Ablehnung der aktuelle Bewilligungsbescheid betroffen sei. Der Hinweis, ab 1. Juni 2007 keinen Mehrbedarf für kostenaufwändige Ernährung mehr gewähren zu wollen, sei daher unerheblich. Die Klägerin habe sich zwar gegen den Weiterbewilligungsbescheid für den Bewilligungszeitraum vom 1. Dezember 2007 bis 31. Mai 2008 nicht zur Wehr gesetzt. Sie verfolge jedoch mit ihren Klagen ohnehin ausschließlich die Bewilligung eines Mehrbedarfs für kostenaufwändige Ernährung. Das alleinige Vorgehen der Klägerin gegen die Ablehnung der Mehrbedarfsleistungen durch den gesonderten Bescheid vom 6. November 2007 erscheine auch für den Folgezeitraum daher ausreichend.
Die Ablehnung eines ernährungsbedingten Mehrbedarfs verletze die Klägerin jedoch nicht in ihren Rechten. Die Entscheidung berücksichtige das individuelle Krankheitsbild der Klägerin unter Heranziehung der Erkenntnisse aus den im Jahre 2008 überarbeiteten Empfehlungen zur Gewährung von Krankenkostzulagen in der Sozialhilfe vom Oktober 2008 des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge e. V. Weder die bei der Klägerin vorliegende Erkrankung an Diabetes Mellitus Typ IIb bei intensivierter Insulintherapie oder die Hyperurikämie, die medikamentös behandelte Stoffwechselerkrankung noch die Hypertonie bedürften einer besonderen Kostform, die einen höheren Kostenaufwand mit sich bringe als in der Regelleistung nach § 20 SGB II für Ernährung vorgesehen sei. Die Empfehlungen des Deutschen Vereins aus dem Jahr 2008 seien auf der Grundlage der seit 1997 gewonnenen wissenschaftlichen Erkenntnisse vollständig überarbeitet worden. Zwar habe das Bundessozialgericht im Urteil vom 27. Februar 2008 (B 14/7b AS 64/06 R) zu den Empfehlungen aus dem Jahre 1997 entschieden, dass nicht mehr davon ausgegangen werden könne, dass die Empfehlungen in allen Punkten allgemeine und im Wesentlichen unumstrittene aktuelle Erfahrungswerte wiedergäben. Nach der Überarbeitung zum 1. Oktober 2008 könne hieran jedoch kein Zweifel bestehen. Der Deutsche Verein habe in dieser Überarbeitung die diätischen Grundlagen des Rationalisierungsschemas 2004 des Bundesverbandes Deutscher Ernährungsmediziner nachvollzogen und für eine Vielzahl von Krankheiten Vollkost als diätisch ausreichend angesehen, für die nach den Empfehlungen 1997 noch besondere Kostformen vorgesehen waren. Danach sei in der Regel für Erkrankungen wie Hypertonie, Hyperurikämie, einer medikamentös eingestellten Fettstoffwechselstörungserkrankung und Diabetes Mellitus Typ II konventionell oder intensiv konventionell behandelt, ein ernährungsbedingt erhöhter Aufwand zu verneinen und Vollkost ausreichend. Auch das amtsärztliche Gutachten komme zu dem Ergebnis, dass bei den bei der Klägerin vorliegenden Erkrankungen ein ernährungsbedingter Mehrbedarf nicht zu begründen sei. Schließlich könne auch das von ihr benannte Beispiel der kostenintensiven Margarine oder des teureren Fleisches einen Mehrbedarf nicht rechtfertigen. Die Klägerin sei nicht nur von der Amtsärztin, sondern auch von der sie behandelnden Internistin zu einer kalorienreduzierten und – wie sie selbst vortrage – fettarmen Kost aufgefordert worden. Damit gehe einher, dass Fette überhaupt möglichst wegzulassen seien und auch eine fleischhaltige Ernährung möglichst umgangen werden sollte. Die Berufung hat das Sozialgericht nicht zugelassen.
Gegen das ihr am 17. Dezember 2010 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 14. Januar 2011 Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Berufung eingelegt. Es liege ein Verfahrensmangel vor. Insoweit werde das prozessuale Vorgehen des erstinstanzlichen Gerichts auf dem Weg zum Urteil gerügt. So sei das individuelle Krankheitsbild der Klägerin nicht ausreichend berücksichtigt worden. Durch Frau Dr. med. B. sei jeweils die Notwendigkeit des Mehrbedarfs für kostenaufwändige Ernährung bestätigt worden. Die Klägerin verweist zudem auf die Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts Lüneburg (Beschlüsse vom 14. November 2002, vom 13. Oktober 2003 und vom 17. Oktober 2003). Dort sei festgestellt worden, dass z.B. bei Diabetes Mellitus bei intensivierter Insulintherapie in Anlehnung an die Empfehlungen des Deutschen Vereins ein Anspruch auf Bewilligung eines Mehrbedarfs zur kostenaufwändigen Ernährung bestehe.
Der Beklagte hat Gelegenheit erhalten, zur Beschwerde Stellung zu nehmen, hiervon jedoch keinen Gebrauch gemacht.
Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, auf das Protokoll vom 4. November 2009 sowie auf die Verwaltungsakte des Beklagten Bezug genommen.
II.
Die Beschwerde ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht gemäß § 145 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) eingelegt worden. Sie ist auch statthaft, da die Berufung nicht kraft Gesetzes zulässig ist. Gemäß § 144 Abs. 1 SGG in der ab 1. April 2008 gültigen Fassung bedarf die Berufung in einem Urteil des Sozialgerichts der Zulassung, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes
bei einer Klage, die eine Geld- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750,00 EUR oder
bei einer Erstattungsstreitigkeit zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts oder Behörden 10.000,00 EUR
nicht übersteigt. Das gilt nicht, wenn die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft.
Streitgegenstand ist das Begehren der Klägerin, für den Zeitraum vom 1. Juni 2007 bis 31. Mai 2008 einen ernährungsbedingten Mehrbedarf in der zuletzt vom Beklagten bewilligten Höhe von 30,68 EUR/Monat zu erhalten. Der beanspruchte Gesamtwert i.H.v. 368,16 EUR (30,68 EUR x zwölf Monate) liegt unter dem Berufungsstreitwert des § 144 Abs.1 Nr. 1 SGG in Höhe von 750,00 EUR. Dem steht nicht entgegen, dass der Beklagte mit Bescheiden vom 4. Mai 2007 und 6. November 2007 einen Mehrbedarf isoliert abgelehnt hat. Die Höhe des Mehrbedarfs ist kein eigenständiger Streitgegenstand, sondern ein Teil des in der Regel für sechs Monate zu bewilligenden Arbeitslosengeldes II (vgl. BSG, Beschluss vom 4. Juli 2011, B 14 AS 30/11 B, Rn. 4, Juris).
2.
Die Beschwerde ist jedoch nicht begründet. Das Sozialgericht hat die Berufung gegen das Urteil vom 1. Dezember 2010 zu Recht nicht zugelassen.
Nach § 144 Abs. 2 SGG ist die Berufung zuzulassen, wenn
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
Der Zulassungsgrund des § 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG liegt nicht vor, da die Sache keine grundsätzliche Bedeutung hat. Die grundsätzliche Bedeutung einer Rechtsfrage ist gegeben, wenn sie ungeklärt ist und eine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung hat.
Die Klägerin hat keine Rechtsfrage formuliert, die grundsätzliche Bedeutung haben könnte. Eine solche ist auch nicht erkennbar.
So ist die Frage der Reichweite eines neben der Bewilligungsentscheidung isoliert abgelehnten Antrags auf Gewährung eines Mehrbedarfs höchstrichterlich geklärt (vgl. BSG, Urteil vom 24. Februar 2011, B 14 AS 49/10 R, Rn. 14, Juris).
Die in der höchstrichterlichen Rechtsprechung noch offene Frage, ob die Empfehlungen des Deutschen Vereins die Qualität eines antizipierten Sachverständigengutachtens haben, war hier nicht streitentscheidend. Das Sozialgericht hat sich nicht ausschließlich auf die Empfehlungen des Deutschen Vereins aus dem Jahr 2008 bezogen. Es hat seine Entscheidung insbesondere auf das von dem Beklagten eingeholte amtsärztliche Gutachten gestützt. Der seitens des BSG geforderten Ermittlung im Einzelfall bei vorliegenden Besonderheiten ist es mithin durch Verwertung des amtsärztlichen Gutachtens nachgekommen (vgl. BSG Urteil vom 10. Mai 2011, B 4 AS 100/10 R, Rn. 23, Juris).
Es besteht auch keine Divergenz im Sinne des § 144 Abs. 2 Nr. 2 SGG. Diese liegt nur dann vor, wenn das anzufechtende Urteil von einer Entscheidung des Berufungsgerichts oder des Bundessozialgerichts abweicht (Meyer-Ladewig, 9. Aufl., § 144, Rn. 30, 30a). Dies ist vorliegend nicht der Fall.
Soweit sich die Klägerin zur Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde auf drei Urteile des Oberverwaltungsgerichts Lüneburg bezieht, so liegt in der Abweichung der sozialgerichtlichen Entscheidung von diesen keine Divergenz im oben genannten Sinne. Hinzu kommt, dass die Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts Lüneburg auf den Empfehlungen des Deutschen Vereins aus dem Jahr 1997 fußen. Diese entsprechen jedoch nicht mehr den neueren ernährungswissenschaftlichen Erkenntnissen, weswegen der Deutsche Verein im Oktober 2008 neue Empfehlungen herausgab.
Auch ein Zulassungsgrund im Sinne des § 144 Abs. 2 Nr. 3 SGG liegt nicht vor. Dieser ist nur dann gegeben, wenn ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, dieser vorliegt und die Entscheidung auf ihm beruhen kann (Meyer-Ladewig a.a.O., § 144, Rn. 31). Unter einem Verfahrensmangel ist ein Verstoß gegen eine Vorschrift, die das sozialgerichtliche Verfahren regelt, zu verstehen.
Soweit die Klägerin vorliegend die Verletzung des Amtsermittlungsgrundsatzes rügt, liegt ein solcher Verfahrensfehler nicht vor. Wie oben bereits beschrieben, hat sich das Sozialgericht mit dem individuellen Krankheitsbild der Klägerin auseinandergesetzt. Es hat sich auf das amtsärztliche Gutachten, das auf einer Untersuchung der Klägerin beruht, gestützt. Im Übrigen lassen die Ausführungen der Klägerin keine weiteren eigenständigen Verfahrensrügen erkennen; vielmehr übt sie lediglich Kritik an der Entscheidung des Sozialgerichts. Gegenstand der Nichtzulassungsbeschwerde ist jedoch nicht, ob das Gericht in der Sache richtig entschieden hat (BSG, Beschluss vom 26. Juni 1975, 12 BJ 12/75, Rn. 2, Juris).
Die Beschwerde war daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.
Gegen diese Entscheidung ist das Rechtsmittel der Beschwerde nicht zulässig, § 177 SGG.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Die Klägerin wendet sich gegen die Nichtzulassung der Berufung in einem Urteil des Sozialgerichts Magdeburg, das ihre Klagen gegen den Beklagten auf Gewährung eines ernährungsbedingten Mehrbedarfs für die Zeit vom 1. Juni 2007 bis 31. Mai 2008 abgelehnt hat.
Der Beklagte gewährt der am ... 1954 geborenen Klägerin Grundsicherungsleistungen für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch des Sozialgesetzbuches (SGB II). Bei ihr besteht mit einem Diabetes Mellitus (drei Insulininjektionen pro Tag), einer medikamentös behandelten Fettstoffwechselstörung, einer arteriellen Hypertonie sowie einer Adipositas (BMI 40,8 kg/m2) ein metabolisches Syndrom. Aufgrund generativer Veränderungen am Skelett leidet sie zudem unter Schmerzen im Bewegungsapparat. Bis einschließlich 31. Mai 2007 hatte der Beklagte ihr einen ernährungsbedingten Mehrbedarf in Höhe von 30,68 EUR/Monat bewilligt.
Mit bestandskräftigem Bescheid vom 4. Mai 2007 lehnte der Beklagte die Gewährung eines ernährungsbedingten Mehrbedarfs ab 1. Juni 2007 ab. Den dagegen seitens der Klägerin gestellten Überprüfungsantrag wies er mit Bescheid vom 7. August 2007 zurück; den dagegen eingelegten Widerspruch wies er mit Widerspruchsbescheid vom 24. August 2007 als unbegründet zurück. Ihr Begehren auf Bewilligung eines ernährungsbedingten Mehrbedarfs hat die Klägerin mit einer am 26. September 2007 beim Sozialgericht erhobenen Klage weiterverfolgt (S 18 AS 1988/07).
Mit Bescheid vom 6. November 2007 hat der Beklagte der Klägerin Leistungen nach dem SGB II in Höhe von 362,52 EUR/Monat für die Zeit vom Dezember 2007 bis Mai 2008 bewilligt. In einem gesonderten Bescheid vom selben Tag hat er die Gewährung eines ernährungsbedingten Mehrbedarfs abgelehnt, wogegen die Klägerin Widerspruch eingelegt und der Beklagte diesen mit Widerspruchsbescheid vom 5. Mai 2008 als unbegründet zurückgewiesen hat. Zuvor hatte der Beklagte ein amtsärztliches Gutachten vom 31. März 2008 eingeholt. Die Amtsärzte MD Dr. med. E. und Dr. med. A. sind zu dem Ergebnis gekommen, dass eine hypokalorische, vitamin- und ballaststoffreiche, fettarme kohlenhydratbilanzierte Kost einen Mehrbedarf nicht zu begründen vermöge.
Die gegen den Widerspruchsbescheid vom 5. Mai 2008 erhobene Klage (S 18 AS 1625/08) und das Verfahren S 18 AS 1988/07 hat das Sozialgericht durch Beschluss vom 4. November 2009 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung unter Führung des Aktenzeichens S 18 AS 1988/07 verbunden.
Mit Einverständnis der Parteien hat es mit Urteil ohne mündliche Verhandlung vom 1. Dezember 2010 die Klagen abgewiesen. Sie seien zwar zulässig. Insbesondere liege entgegen des ersten Anscheins keine doppelte Rechtshängigkeit vor. Da der Bescheid vom 6. November 2007 in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Bewilligungsbescheid für den Zeitraum vom 1. Dezember 2007 bis 31. Mai 2008 erlassen worden sei, habe der Beklagte deutlich gemacht, dass von der Ablehnung der aktuelle Bewilligungsbescheid betroffen sei. Der Hinweis, ab 1. Juni 2007 keinen Mehrbedarf für kostenaufwändige Ernährung mehr gewähren zu wollen, sei daher unerheblich. Die Klägerin habe sich zwar gegen den Weiterbewilligungsbescheid für den Bewilligungszeitraum vom 1. Dezember 2007 bis 31. Mai 2008 nicht zur Wehr gesetzt. Sie verfolge jedoch mit ihren Klagen ohnehin ausschließlich die Bewilligung eines Mehrbedarfs für kostenaufwändige Ernährung. Das alleinige Vorgehen der Klägerin gegen die Ablehnung der Mehrbedarfsleistungen durch den gesonderten Bescheid vom 6. November 2007 erscheine auch für den Folgezeitraum daher ausreichend.
Die Ablehnung eines ernährungsbedingten Mehrbedarfs verletze die Klägerin jedoch nicht in ihren Rechten. Die Entscheidung berücksichtige das individuelle Krankheitsbild der Klägerin unter Heranziehung der Erkenntnisse aus den im Jahre 2008 überarbeiteten Empfehlungen zur Gewährung von Krankenkostzulagen in der Sozialhilfe vom Oktober 2008 des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge e. V. Weder die bei der Klägerin vorliegende Erkrankung an Diabetes Mellitus Typ IIb bei intensivierter Insulintherapie oder die Hyperurikämie, die medikamentös behandelte Stoffwechselerkrankung noch die Hypertonie bedürften einer besonderen Kostform, die einen höheren Kostenaufwand mit sich bringe als in der Regelleistung nach § 20 SGB II für Ernährung vorgesehen sei. Die Empfehlungen des Deutschen Vereins aus dem Jahr 2008 seien auf der Grundlage der seit 1997 gewonnenen wissenschaftlichen Erkenntnisse vollständig überarbeitet worden. Zwar habe das Bundessozialgericht im Urteil vom 27. Februar 2008 (B 14/7b AS 64/06 R) zu den Empfehlungen aus dem Jahre 1997 entschieden, dass nicht mehr davon ausgegangen werden könne, dass die Empfehlungen in allen Punkten allgemeine und im Wesentlichen unumstrittene aktuelle Erfahrungswerte wiedergäben. Nach der Überarbeitung zum 1. Oktober 2008 könne hieran jedoch kein Zweifel bestehen. Der Deutsche Verein habe in dieser Überarbeitung die diätischen Grundlagen des Rationalisierungsschemas 2004 des Bundesverbandes Deutscher Ernährungsmediziner nachvollzogen und für eine Vielzahl von Krankheiten Vollkost als diätisch ausreichend angesehen, für die nach den Empfehlungen 1997 noch besondere Kostformen vorgesehen waren. Danach sei in der Regel für Erkrankungen wie Hypertonie, Hyperurikämie, einer medikamentös eingestellten Fettstoffwechselstörungserkrankung und Diabetes Mellitus Typ II konventionell oder intensiv konventionell behandelt, ein ernährungsbedingt erhöhter Aufwand zu verneinen und Vollkost ausreichend. Auch das amtsärztliche Gutachten komme zu dem Ergebnis, dass bei den bei der Klägerin vorliegenden Erkrankungen ein ernährungsbedingter Mehrbedarf nicht zu begründen sei. Schließlich könne auch das von ihr benannte Beispiel der kostenintensiven Margarine oder des teureren Fleisches einen Mehrbedarf nicht rechtfertigen. Die Klägerin sei nicht nur von der Amtsärztin, sondern auch von der sie behandelnden Internistin zu einer kalorienreduzierten und – wie sie selbst vortrage – fettarmen Kost aufgefordert worden. Damit gehe einher, dass Fette überhaupt möglichst wegzulassen seien und auch eine fleischhaltige Ernährung möglichst umgangen werden sollte. Die Berufung hat das Sozialgericht nicht zugelassen.
Gegen das ihr am 17. Dezember 2010 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 14. Januar 2011 Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Berufung eingelegt. Es liege ein Verfahrensmangel vor. Insoweit werde das prozessuale Vorgehen des erstinstanzlichen Gerichts auf dem Weg zum Urteil gerügt. So sei das individuelle Krankheitsbild der Klägerin nicht ausreichend berücksichtigt worden. Durch Frau Dr. med. B. sei jeweils die Notwendigkeit des Mehrbedarfs für kostenaufwändige Ernährung bestätigt worden. Die Klägerin verweist zudem auf die Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts Lüneburg (Beschlüsse vom 14. November 2002, vom 13. Oktober 2003 und vom 17. Oktober 2003). Dort sei festgestellt worden, dass z.B. bei Diabetes Mellitus bei intensivierter Insulintherapie in Anlehnung an die Empfehlungen des Deutschen Vereins ein Anspruch auf Bewilligung eines Mehrbedarfs zur kostenaufwändigen Ernährung bestehe.
Der Beklagte hat Gelegenheit erhalten, zur Beschwerde Stellung zu nehmen, hiervon jedoch keinen Gebrauch gemacht.
Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, auf das Protokoll vom 4. November 2009 sowie auf die Verwaltungsakte des Beklagten Bezug genommen.
II.
Die Beschwerde ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht gemäß § 145 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) eingelegt worden. Sie ist auch statthaft, da die Berufung nicht kraft Gesetzes zulässig ist. Gemäß § 144 Abs. 1 SGG in der ab 1. April 2008 gültigen Fassung bedarf die Berufung in einem Urteil des Sozialgerichts der Zulassung, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes
bei einer Klage, die eine Geld- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750,00 EUR oder
bei einer Erstattungsstreitigkeit zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts oder Behörden 10.000,00 EUR
nicht übersteigt. Das gilt nicht, wenn die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft.
Streitgegenstand ist das Begehren der Klägerin, für den Zeitraum vom 1. Juni 2007 bis 31. Mai 2008 einen ernährungsbedingten Mehrbedarf in der zuletzt vom Beklagten bewilligten Höhe von 30,68 EUR/Monat zu erhalten. Der beanspruchte Gesamtwert i.H.v. 368,16 EUR (30,68 EUR x zwölf Monate) liegt unter dem Berufungsstreitwert des § 144 Abs.1 Nr. 1 SGG in Höhe von 750,00 EUR. Dem steht nicht entgegen, dass der Beklagte mit Bescheiden vom 4. Mai 2007 und 6. November 2007 einen Mehrbedarf isoliert abgelehnt hat. Die Höhe des Mehrbedarfs ist kein eigenständiger Streitgegenstand, sondern ein Teil des in der Regel für sechs Monate zu bewilligenden Arbeitslosengeldes II (vgl. BSG, Beschluss vom 4. Juli 2011, B 14 AS 30/11 B, Rn. 4, Juris).
2.
Die Beschwerde ist jedoch nicht begründet. Das Sozialgericht hat die Berufung gegen das Urteil vom 1. Dezember 2010 zu Recht nicht zugelassen.
Nach § 144 Abs. 2 SGG ist die Berufung zuzulassen, wenn
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
Der Zulassungsgrund des § 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG liegt nicht vor, da die Sache keine grundsätzliche Bedeutung hat. Die grundsätzliche Bedeutung einer Rechtsfrage ist gegeben, wenn sie ungeklärt ist und eine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung hat.
Die Klägerin hat keine Rechtsfrage formuliert, die grundsätzliche Bedeutung haben könnte. Eine solche ist auch nicht erkennbar.
So ist die Frage der Reichweite eines neben der Bewilligungsentscheidung isoliert abgelehnten Antrags auf Gewährung eines Mehrbedarfs höchstrichterlich geklärt (vgl. BSG, Urteil vom 24. Februar 2011, B 14 AS 49/10 R, Rn. 14, Juris).
Die in der höchstrichterlichen Rechtsprechung noch offene Frage, ob die Empfehlungen des Deutschen Vereins die Qualität eines antizipierten Sachverständigengutachtens haben, war hier nicht streitentscheidend. Das Sozialgericht hat sich nicht ausschließlich auf die Empfehlungen des Deutschen Vereins aus dem Jahr 2008 bezogen. Es hat seine Entscheidung insbesondere auf das von dem Beklagten eingeholte amtsärztliche Gutachten gestützt. Der seitens des BSG geforderten Ermittlung im Einzelfall bei vorliegenden Besonderheiten ist es mithin durch Verwertung des amtsärztlichen Gutachtens nachgekommen (vgl. BSG Urteil vom 10. Mai 2011, B 4 AS 100/10 R, Rn. 23, Juris).
Es besteht auch keine Divergenz im Sinne des § 144 Abs. 2 Nr. 2 SGG. Diese liegt nur dann vor, wenn das anzufechtende Urteil von einer Entscheidung des Berufungsgerichts oder des Bundessozialgerichts abweicht (Meyer-Ladewig, 9. Aufl., § 144, Rn. 30, 30a). Dies ist vorliegend nicht der Fall.
Soweit sich die Klägerin zur Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde auf drei Urteile des Oberverwaltungsgerichts Lüneburg bezieht, so liegt in der Abweichung der sozialgerichtlichen Entscheidung von diesen keine Divergenz im oben genannten Sinne. Hinzu kommt, dass die Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts Lüneburg auf den Empfehlungen des Deutschen Vereins aus dem Jahr 1997 fußen. Diese entsprechen jedoch nicht mehr den neueren ernährungswissenschaftlichen Erkenntnissen, weswegen der Deutsche Verein im Oktober 2008 neue Empfehlungen herausgab.
Auch ein Zulassungsgrund im Sinne des § 144 Abs. 2 Nr. 3 SGG liegt nicht vor. Dieser ist nur dann gegeben, wenn ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, dieser vorliegt und die Entscheidung auf ihm beruhen kann (Meyer-Ladewig a.a.O., § 144, Rn. 31). Unter einem Verfahrensmangel ist ein Verstoß gegen eine Vorschrift, die das sozialgerichtliche Verfahren regelt, zu verstehen.
Soweit die Klägerin vorliegend die Verletzung des Amtsermittlungsgrundsatzes rügt, liegt ein solcher Verfahrensfehler nicht vor. Wie oben bereits beschrieben, hat sich das Sozialgericht mit dem individuellen Krankheitsbild der Klägerin auseinandergesetzt. Es hat sich auf das amtsärztliche Gutachten, das auf einer Untersuchung der Klägerin beruht, gestützt. Im Übrigen lassen die Ausführungen der Klägerin keine weiteren eigenständigen Verfahrensrügen erkennen; vielmehr übt sie lediglich Kritik an der Entscheidung des Sozialgerichts. Gegenstand der Nichtzulassungsbeschwerde ist jedoch nicht, ob das Gericht in der Sache richtig entschieden hat (BSG, Beschluss vom 26. Juni 1975, 12 BJ 12/75, Rn. 2, Juris).
Die Beschwerde war daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.
Gegen diese Entscheidung ist das Rechtsmittel der Beschwerde nicht zulässig, § 177 SGG.
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