L 4 P 8/11 B ER

Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Pflegeversicherung
Abteilung
4.
1. Instanz
SG Dessau-Roßlau (SAN)
Aktenzeichen
S 3 P 65/10 ER
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 4 P 8/11 B ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Sozialgerichts Dessau-Roßlau vom 3. März 2011 aufgehoben. Den Antragsgegnern wird vorläufig, längstens bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens (3 P 71/10) untersagt, die Ergebnisse der die Antragsgegnerin betreffenden Qualitätsprüfung vom 19. Juli 2010 zu veröffentlichen.

Die Antragsgegner haben die Kosten des Verfahrens in beiden Instanzen zu tragen.

Der Streitwert wird auf 5.000,00 EUR festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Antragsstellerin und Beschwerdeführerin (nachfolgend: ASt) wendet sich im Verfahren auf einstweilige Anordnung dagegen, die Ergebnisse der Qualitätsprüfung (Transparenzbericht) vom 19. Juli 2010 über den von ihr betriebenen ambulanten Pflegedienst zu veröffentlichen.

Die ASt betreibt einen nach § 72 Elftes Buch Sozialgesetzbuch – Soziale Pflegeversicherung – (SGB XI) durch Versorgungsvertrag vom 1. Januar 2006 zugelassenen ambulanten häuslichen Krankenpflegedienst mit ca. 68 (Stand im Juli 2010) zu versorgenden Personen, in dem die Antragsgegner und Beschwerdegegner (nachfolgend: AG) am 19. Juli 2010 durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung Sachsen-Anhalt (MDK) eine Qualitätsprüfung als Regelprüfung nach den §§ 114 ff SGB XI durchführen ließen. Von den zum Prüfungszeitpunkt versorgten 68 Personen waren 35 Leistungsempfänger nach dem SGB XI und dem SGB V, 29 ausschließlich nach dem SGB V und vier ausschließlich nach dem SGB XI.

Im Prüfbericht wird angegeben, es seien im Rahmen der Überprüfung der Ergebnisqualität fünf als P1 bis P5 bezeichnete Pflegebedürftige mit den Pflegestufen I bis III ausgewählt und überprüft worden. Nach dem Bericht ist mit vier Pflegebedürftigen ein Gespräch zur Zufriedenheit durchgeführt worden. Fachlicher Gegenstand der Überprüfung waren Behandlungspflege, Mobilität, Ernährung und Flüssigkeitsversorgung, Ausscheidung, Umgang mit Demenz und Körperpflege und sonstige Aspekte der Ergebnisqualität, wobei die den einzelnen Pflegebereichen zugeordneten Prüfkriterien zum Teil nicht auf alle geprüften Pflegebedürftigen zutrafen. Im Qualitätsbereich I wurden die Fragen 2., 8., 9., 10., 12., 13. von jeweils zwei Pflegebedürftigen und die Fragen 3., 4., 6., 7., 11., 15., 16. von jeweils drei Pflegebedürftigen beantwortet. Bezogen auf den Qualitätsbereich II sind sechs von zehn Fragen unbeantwortet geblieben.

Mit Schreiben vom 3. August 2010 übersandte der MDK der ASt den Prüfbericht, die dazu unter dem 23. und 31. August 2010 ausführlich Stellung nahm. Mit Schreiben vom 27. August 2010 kündigten die AG an, bis zum 24. September 2010 eine eingehende Prüfung der eingereichten Unterlagen vorzunehmen. In einem weiteren Schreiben begehrte die ASt – nun anwaltlich vertreten – von den AG bis zum 10. September 2010 die Erklärung, dass bis zum 24. September 2010 keine Veröffentlichung des Berichts erfolgen werde. Dies bestätigten die AG mit Schreiben vom 8. September 2010. Später verlängerten sie die Frist bis zum 8. Oktober 2010. Die MDK-Pflegekraft S. setzte sich in einem neunseitigen Schreiben vom 7. Oktober 2010 mit den Einwänden der ASt auseinander. Diese Stellungnahme übernahmen die AG in einem Schreiben vom 11. Oktober 2010 und kündigten an, den Bericht mit oder ohne Kommentierung der ASt am 22. Oktober 2010 zu veröffentlichen.

Der vorläufige Transparenzbericht enthält auf der ersten Seite unter der Überschrift "Qualität des ambulanten Pflegedienstes Häusliche Krankenpflege M." folgende Prüfergebnisse:

Pflegerische Leistungen: 5,0 (mangelhaft)

Ärztlich verordnete pflegerische Leistungen: 1,9 (gut)

Dienstleistung und Organisation: 1,3 (sehr gut)

Rechnerisches Gesamtergebnis: 3,7 (ausreichend)

Befragung der Bewohner: 1,0 (sehr gut)

Dem Gesamtergebnis war der Landesdurchschnitt von 2,3 (gut) gegenübergestellt. Ebenfalls auf der ersten Seite wurde die Zahl der "Kunden" mit 68 und die Anzahl der in die Prüfung einbezogenen pflegebedürftigen Menschen mit fünf sowie die Anzahl der befragten Kunden mit vier angegeben. Auf den folgenden Seiten wurden die Einzelnoten in den vier Qualitätsbereichen aufgeführt. Dabei war bei den 17 Kriterien des Qualitätsbereichs I (Pflegerische Leistungen) neun mal die Note "5" angegeben, u. a. bei den Ziffern 1 ("Werden die individuellen Wünsche zur Körperpflege im Rahmen der vereinbarten Leistungserbringung berücksichtigt?") und 6. ("Wurde die vereinbarte Leistung zur Nahrungsaufnahme nachvollziehbar durchgeführt?").

Am 22. Oktober 2010 hat die ASt beim Sozialgericht Dessau-Roßlau den Erlass einer einstweiligen Anordnung zur Unterlassung der Veröffentlichung des vorläufigen Transparenzberichtes beantragt. Sinngemäß hat ihr Antrag gelautet, die AG im Wege des Erlasses einer einstweiligen Anordnung zu verpflichten, die Veröffentlichung eines Transparenzberichtes über die Qualitätsprüfung vom 19. Juli 2010 der von ihr betriebenen ambulanten Pflegeeinrichtung vorläufig bis zu einer Entscheidung im Hauptsacheverfahren zu unterlassen. Sie hat eine fehlerhafte Notenbildung geltend gemacht und gerügt, dass eine übliche Notenbildung im Qualitätsbereich I ein Ergebnis von 4,3 und nicht von 5,0 ergeben hätte. Auch seien nur fünf statt sieben Pflegebedürftige in die Prüfung einbezogen worden, was einer Quote von 10 v. H. entspreche. Auch verletzte eine Veröffentlichung die ASt in ihren Rechten aus Artikel 12 Grundgesetz (GG). Vor einer Veröffentlichung hätte zuerst der Sachverhalt auf der Grundlage der umfassenden Einwände der ASt geklärt werden müssen. Die Transparenzvereinbarung sei in dem Wissen zustande gekommen, dass es derzeit keine pflegewissenschaftlich gesicherten Erkenntnisse über valide Indikatoren der Ergebnis- und Lebensqualität der pflegerischen Versorgung in Deutschland gibt. Das Bewertungsverfahren genüge nicht klassischen Gütekriterien, wie der wissenschaftlichen Evaluation von Juli 2010 zu entnehmen sei. Die Veröffentlichung dieser Noten führe zu erheblichen Wettbewerbsnachteilen und könne die Existenz und die Ausübung des Berufs der ASt gefährden.

Die AG sind unter Hinweis auf den nach ihrer Ansicht fehlenden Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund dem Antrag entgegen getreten. Sie haben die Auffassung vertreten, ihren gesetzlichen Auftrag erfüllt zu haben, der darauf hinaus laufe, die von der Pflegeeinrichtung erbrachten Leistungen und deren Qualität für die Pflegebedürftigen und ihre Angehörigen verständlich, übersichtlich und vergleichbar sowohl im Internet als auch in anderer geeigneter Form kostenfrei zu veröffentlichen. Die Bewertung sei nach der Systematik erfolgt, die vom GKV-Spitzenverband der Pflegekassen, der Vereinigung der Träger der Pflegeeinrichtungen auf Bundesebene und weiterer Spitzenverbände unter Beteiligung des MDK des GKV-Spitzenverbandes vereinbart worden sei. Die ASt habe nicht glaubhaft gemacht, dass die im Transparenzbericht vorgenommene Bewertung nicht den festgelegten Kriterien entspreche oder die Feststellungen der Prüfer des MDK unzutreffend seien. Die von der ASt geforderte Einbeziehung von mindestens sieben Kunden sei nicht erforderlich gewesen, da nach der maßgeblichen Qualitätsprüfungsrichtlinie als Bezugsgröße für die Auswahl im stationären Bereich die Anzahl der belegten Heimplätze und im ambulanten Bereich die Anzahl der Sachleistungsbezieher nach dem SGB XI festgelegt sei. Auch nach der wissenschaftlichen Evaluation sei auf der Grundlage der derzeitigen Vereinbarungen ein gutes und brauchbares Prüfungsergebnis zu erzielen.

Mit Beschluss vom 3. März 2010 hat das Sozialgericht Dessau-Roßlau den Antrag zurückgewiesen. Zur Begründung hat das SG u. a. angegeben: Ein Anordnungsanspruch bestehe nicht, da nach summarischer Prüfung das Prüfergebnis keine inhaltlichen Fehler aufweise. Gerade wegen des hohen Stellenwertes des Transparenzberichts für Pflegebedürftige und deren Angehörige, sei es nicht sachgerecht die Veröffentlichung des Qualitätsberichts bis zur endgültigen Klärung des Rechtstreits im Hauptsachverfahren zu verschieben. Auch fehle es an einer hinreichenden Darlegung und Glaubhaftmachung eines Anordnungsgrundes.

Gegen den ihr am 10. März 2011 zugestellten Beschluss hat die ASt rechtzeitig am Montag, den 11. April 2011 Beschwerde eingelegt und an ihrem Begehren festgehalten. Ergänzend hat sie vorgetragen: Dem angegriffenen Beschluss fehle eine hinreichende Begründung und eine inhaltliche Auseinandersetzung mit dem umfassenden Vorbringen der ASt gerade in grundrechtlicher Hinsicht. So fehle es an einer genauen Abwägung der betroffenen Rechtsgüter. Dies hätte das Sozialgericht "in dubio pro libertate" zu einer anderen Entscheidung veranlassen müssen. Auch sei der Stichprobenumfang nicht ausreichend, um eine hinreichend stabile Bewertung sicherzustellen.

Die Antragstellerin beantragt nach ihrem schriftlichen Vorbringen,

1. Den Beschluss des Sozialgerichts Dessau-Roßlau vom 3. März 2011 aufzuheben.

2. Den Antragsgegnern vorläufig, längstens bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens (3 P 71/10), zu untersagen, die Ergebnisse der die Antragsgegnerin betreffenden Qualitätsprüfung vom 19. Juli 2010 zu veröffentlichen.

Die Antragsgegner beantragen nach ihrem schriftlichen Vorbringen,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Die Verwaltungsakte der AG hat vorgelegen und ist Gegenstand der Entscheidungsfindung gewesen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Sachvortrages der Beteiligten wird auf den Inhalt dieser Akte und der Gerichtsakten beider Rechtszüge Bezug genommen.

II.

Die nach §§ 172 Abs. 1 und 3 Ziff. 1, 173 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässige sowie form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde ist begründet. Zu Unrecht hat es das Sozialgericht Dessau-Roßlau abgelehnt, eine einstweilige Anordnung zur Unterlassung der Veröffentlichung bis zum rechtskräftigen Abschluss des Hauptsacheverfahrens zu erlassen. Die Voraussetzungen für eine solche einstweilige Anordnung sind gegeben.

Da weder in der Ankündigung der Veröffentlichung eines Transparenzberichtes noch in dem Transparenzbericht oder der Veröffentlichung selbst ein Verwaltungsakt liegt, kann vorläufiger Rechtsschutz zur Abwehr drohenden Verwaltungshandelns nur über den Erlass einer Sicherungsanordnung nach § 86b Abs. 2 Satz 1 SGG erreicht werden. Sowohl dem Transparenzbericht selbst als auch seiner Veröffentlichung und der Ankündigung dieses Vorhabens fehlt es für eine Qualifizierung als Verwaltungsakt an einer verbindlichen Regelung der Rechtslage gegenüber der ASt (vgl. § 31 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz (SGB X). Hierdurch werden keine Rechte oder Pflichten begründet. Die Pflicht zum Handeln nach bestimmten Vorgaben ergibt sich für den Träger der Pflegeeinrichtung nur aus einem Maßnahmebescheid nach § 115 Abs. 2 SGB XI. Die Pflicht der Pflegeeinrichtung, die Veröffentlichung zu dulden, ergibt sich unmittelbar aus dem Gesetz, nicht aus der Ankündigung der Veröffentlichung oder dieser selbst (vgl. Senatsbeschluss vom 14. 6. 2010, L 4 P 3/10 B ER; so im Ergebnis auch Sächsisches LSG, Beschluss v. 24. Februar 2010 – L 1 P 1/10 B ER, RdNr. 19, 20; Bayrisches LSG, Beschluss v. 30. März 2010 – L 2 P 7/10 B ER, RdNr. 35, jeweils zitiert nach juris).

Die Voraussetzungen einer Sicherungsanordnung nach § 86b Abs. 2 Satz 1 SGG liegen hier auch vor. Die ASt beruft sich mit Recht sowohl auf einen Anordnungsanspruch als auch auf einen Anordnungsgrund.

Nach § 86b Abs.2 Satz 1 SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Die sogenannte Sicherungsanordnung dient der Bewahrung des Status quo. Die Veränderung eines bestehenden Zustandes soll wenigstens vorläufig verhindert werden, indem der AG zur Unterlassung der Veränderung verpflichtet wird.

Eine Sicherungsanordnung kann nur ergehen, wenn ein Anordnungsanspruch und ein Anordnungsgrund glaubhaft gemacht sind (§ 86b Abs. 2 Satz 4 i. V. mit § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung (ZPO)). Der Anordnungsanspruch bezieht sich auf das materielle Recht des Antragstellers, für das vorläufiger Rechtsschutz beantragt wird. Der Anordnungsgrund liegt bei der Sicherungsanordnung in der Gefahr einer Rechtsvereitelung oder Erschwerung der Rechtsverwirklichung durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes. Wenn die Klage in der Hauptsache offensichtlich unzulässig oder unbegründet ist, ist ein Recht, das geschützt werden muss, nicht vorhanden, so dass der Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz abzulehnen ist. Ist die Klage offensichtlich zulässig und begründet, vermindern sich die Anforderungen an den Anordnungsgrund. Bestehen unterschiedliche Auffassungen zu der maßgebenden, höchstrichterlich nicht geklärten Rechtsfrage, für die jeweils gute Gründe sprechen, so ist die Klage in der Regel nicht offensichtlich begründet (vgl. hierzu Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl. 2008, § 86b RdNr. 29 m. w. N.). Bei offenem Ausgang ist eine umfassende Interessenabwägung erforderlich. Abzuwägen sind die Folgen, die eintreten würden, wenn die begehrte Anordnung nicht erginge, der Rechtsschutzsuchende im Hauptsacheverfahren aber obsiegen würde, gegenüber den Nachteilen, die entstünden, wenn die Anordnung erlassen würde, der Rechtsschutzsuchende im Hauptsacheverfahren indes keinen Erfolg hätte. Bei der Interessenabwägung ist insbesondere eine drohende Verletzung von Grundrechten und deren Intensität zu berücksichtigen, aber auch sonstige Kriterien wie beispielsweise die wirtschaftlichen Verhältnisse (vgl. zum Ganzen Keller in Meyer-Ladewig a.a.O., § 86b RdNr. 29a). Daher stehen Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund nicht beziehungslos nebeneinander, sondern bilden auf Grund ihres funktionalen Zusammenhangs ein bewegliches System. Je schwerer die Belastungen des Betroffenen wiegen, die mit der Versagung des begehrten Rechtsschutzes verbunden sind, umso weniger darf das Interesse an einer vorläufigen Regelung oder Sicherung der geltend gemachten Rechtsposition zurückgestellt werden. Die Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes nach Art. 19 Abs. 4 GG verlangt jedenfalls vorläufigen Rechtsschutz, wenn ohne ihn schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Nachteile entstünden, zu deren nachträglicher Beseitigung die Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr in der Lage wäre (BVerfG, Beschluss v. 25. Oktober 1999 – 2 BvR 745/88BVerfGE 79, 69, 74; Urt. v. 14. Mai 1996 – 2 BvR 1516/93BVerfGE 94, 166, 216; sowie BVerfG, Kammerbeschl. v. 25. Februar 2009 – 1 BvR 120/09NZS 2009, 674, 675).

Die für die Frage der Rechtmäßigkeit der beabsichtigten Veröffentlichung zu klärende Rechtsfrage der Verfassungsmäßigkeit von § 115 Abs. 1a SGB XI und der Rechtmäßigkeit der PTVA ist höchst richterlich nicht geklärt, sodass eine Klage in der Hauptsache jedenfalls nicht offensichtlich begründet wäre. Nach Auffassung des Senats steht die Regelung des § 115 Abs. 1a Satz 6 SGB XI in Verbindung mit der PTVA grundsätzlich mit höherrangigem Recht in Einklang (nachfolgend unter a). § 2 Satz 2 der PTVA ist aber im Wege der verfassungskonformen Auslegung dahin zu korrigieren, dass nicht mindestens fünf, sondern mindestens zehn pflegebedürftige Menschen in die Prüfung einbezogen werden müssen(nachfolgend unter b). Der Senat sieht daher im Hauptsacheverfahren überwiegende Erfolgsaussichten und hält es unter Berücksichtigung einer umfassenden Interessenabwägung für die AG für zumutbar, vor einer Veröffentlichung des Transparenzberichtes die Entscheidung in der Hauptsache abzuwarten (nachfolgend unter c).

a) Nach § 115 Abs. 1a SGB XI stellen die Verbände der Pflegekassen sicher, dass die von Pflegeeinrichtungen erbrachten Leistungen und deren Qualität, insbesondere hinsichtlich der Ergebnis- und Lebensqualität, für die Pflegebedürftigen und ihre Angehörigen verständlich, übersichtlich und vergleichbar sowohl im Internet als auch in anderer geeigneter Form kostenfrei veröffentlicht werden. Hierbei sind nach Satz 2 dieser Vorschrift die Ergebnisse der Qualitätsprüfungen des MDK sowie gleichwertige Prüfergebnisse nach § 114 Abs. 3 und 4 zugrunde zu legen; sie können durch in anderen Prüfverfahren gewonnene Informationen, die die von Pflegeeinrichtungen erbrachten Leistungen und deren Qualität darstellen, ergänzt werden. Während in den Sätzen 3 bis 5 das Gesetz selbst noch einige Vorgaben zur Veröffentlichung macht, sind nach Satz 6 der Vorschrift die Kriterien der Veröffentlichung einschließlich der Bewertungssystematik durch den Spitzenverband Bund der Pflegekassen, die Vereinigung der Träger der Pflegeeinrichtungen auf Bundesebene, die Bundesarbeitsgemeinschaft der überörtlichen Träger der Sozialhilfe und die Bundesvereinigung der kommunalen Spitzenverbände bis zum 30. September 2008 unter Beteiligung des Medizinischen Dienstes des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen zu vereinbaren.

aa) § 115 Abs. 1a Satz 6 SGB XI enthält keine verfassungswidrige Delegation von Rechtssetzungsbefugnissen (wie hier Sächsisches LSG, Beschl. v. 24. Februar 2010, a.a.O., RdNr. 31 ff; LSG-NRW, Beschl. v. 10. Mai 2010 – L 10 P 10/10 B ER, RdNr. 27 ff. sowie Bayrisches LSG, Beschl. v. 30. März 2010, a.a.O., Rd-Nr. 36, jeweils zitiert nach juris). Wie das Sächsische Landessozialgericht zutreffend ausgeführt hat, wird an den Regelungen der Sätze 6 bis 9 des § 115 Abs. 1a SGB XI deutlich, dass der Gesetzgeber den Weg des Normenvertrages gewählt hat. Die zu vereinbarenden Kriterien der Veröffentlichung einschließlich der Bewertungssystematik regeln nicht nur Rechte und Pflichten der Vertragsparteien, sondern entfalten normative Wirkung insbesondere für die an der Veröffentlichung beteiligten Landesverbände der Pflegekassen und für die von der Veröffentlichung betroffenen Träger von Pflegeeinrichtungen. Auch wenn Art. 80 Abs. 1 Satz 1 GG ausdrücklich nur die Bundesregierung, die Bundesminister oder die Landesregierungen zum Erlass von Rechtsverordnungen ermächtigt, sind solche Normsetzungsverträge grundsätzlich mit der Verfassung vereinbar (vgl. BSG, Urt. v. 15. Mai 2002 – B 6 KA 33/01 R, SozR3-2500 § 87 Nr. 34 S. 191; BSG, Urt. v. 9. Dezember 2004, SozR 4-2500 § 72 Nr. 2, RdNr. 64 ff. – B 6 KA 44/04 R, jeweils zitiert nach juris), denn das Grundgesetz enthält keinen Numerus Clausus von Normsetzungsformen. Das Bundesverfassungsgericht hat die Rechtsetzung im Rahmen der funktionellen Selbstverwaltung stets anerkannt (BVerfG, Beschl. v. 5. Dezember 2002 – 2 BvL 5/98, 2 BvL 6/98BVerfGE 107, 59, 91), und auch nach der Kommentarliteratur kann der Gesetzgeber einer Körperschaft des öffentlichen Rechts zusätzliche Ermächtigungen zur Regelung bestimmter Angelegenheiten erteilen, ohne dass sich die Ermächtigung nach Artikel 80 Abs. 1 GG richtet (vgl. Maunz in Maunz/Dürig, Kommentar zum Grundgesetz, Stand Oktober 1996, Art. 80 Rd-Nr. 51).

bb) Durch die gesetzliche Ermächtigung zur Vereinbarung der Kriterien der Veröffentlichung einschließlich der Bewertungssystematik durch die Vertragsparteien nach § 115 Abs. 1a Satz 6 SGB XI wird auch weder gegen den in Art. 80 Abs. 1 GG liegenden Parlamentsvorbehalt noch gegen den Bestimmtheitsgrundsatz des Artikel 80 Abs. 1 Satz 2 GG verstoßen.

Nach dem Parlamentsvorbehalt muss staatliches Handeln in grundlegenden Bereichen durch Parlamentsgesetz legitimiert sein. In grundlegenden normativen Bereichen ist der Gesetzgeber verpflichtet, die wesentlichen Entscheidungen im Rahmen eines formellen Gesetzes selbst zu treffen (vgl. Jarass in Jarass/Pieroth, Kommentar zum Grundgesetz, 10. Auflage 2009, Art. 20 RdNr. 47 m. w. N. und BVerfG, Urt. v. 18. Juli 1972 – 1 BvL 32/70, 1 BvL 25/71BVerfGE 33, 303, 345 ff). Das Bundessozialgericht hat hierzu in seiner Entscheidung vom 9. Dezember 2004 (B 6 KA 44/03 R) ausgeführt, nur mit Blick auf den jeweiligen Sachbereich und auf die Eigenart des betroffenen Regelungsgegenstandes lasse sich beurteilen, wann es einer Regelung durch Parlamentsgesetz bedürfe und wie weit die parlamentsgesetzlichen Vorgaben ins Einzelne gehen müssten. Bestimmungen, die grundlegend für die Berufsausübung seien, müssten erkennen lassen, mit welcher Tendenz und nach welchen Grundsätzen die nähere Ausgestaltung zu erfolgen habe.

Die gesetzliche Ermächtigung zur Rechtsetzungsbefugnis durch die genannten Verbände und die Träger der Pflegeeinrichtungen entspricht diesen Vorgaben. Ziel der Veröffentlichung ist eine verständliche, übersichtliche und hinsichtlich verschiedener Pflegeeinrichtungen vergleichbare Information über dort erbrachte Leistungen und deren Qualität für die Pflegebedürftigen und ihre Angehörigen. Inhalt und Ausmaß der Veröffentlichung orientieren sich nach § 115 Abs. 1a Satz 2 SGB XI an den Ergebnissen der Qualitätsprüfungen des MDK sowie an gleichwertigen Prüfergebnissen nach § 114 Abs. 3 und 4 SGB XI und den in anderen Prüfverfahren gewonnenen Informationen. Damit sind Inhalt, Zweck und Ausmaß der eingeräumten Rechtsetzungsbefugnis insbesondere auch unter Berücksichtigung der §§ 11, 112 ff. SGB XI im Gesetz hinreichend festgelegt. Die Regelung weiterer Einzelheiten der Kriterien der Veröffentlichung einschließlich der Bewertungssystematik kann kaum abstrakt in einem Gesetz formuliert werden, sodass es – insbesondere im Hinblick auf den Sachverstand der Vereinbarungsparteien und der umfassenden Beteiligung der maßgeblichen Organisationen der verschiedenen Interessen – sachgerecht erscheint, den Beteiligten die Vereinbarung zu überlassen.

Die Vorschrift verstößt auch nicht gegen das Bestimmtheitsgebot. Die Ermächtigung durfte insbesondere bereits ergehen, bevor Maßstäbe und Grundsätze für die Qualität und die Qualitätssicherung in der ambulanten und stationären Pflege sowie für die Entwicklung eines einrichtungsinternen Managements, das auf eine stetige Sicherung und Weiterentwicklung der Pflegequalität ausgerichtet ist, nach § 113 Abs. 1 Satz 1 SGB XI vereinbart waren. Die Vereinbarungsparteien der PTVA waren sich nach der ausdrücklichen Formulierung im Vorwort zur PTVA darüber bewusst, dass es derzeit noch keine pflegewissenschaftlich gesicherten Erkenntnisse über valide Indikatoren der Ergebnis- und Lebensqualität der pflegerischen Versorgung in Deutschland gibt. Sie sehen daher die Vereinbarung selbst ausdrücklich als vorläufig an; sie diene der vom Gesetzgeber gewollten schnellen Verbesserung der Transparenz für diejenigen Verbraucher, die Pflegeleistungen in Anspruch nehmen wollen. Die Beteiligten haben damit der Schaffung von Transparenz den Vorrang eingeräumt und mit der PTVA detailliert die Kriterien der Veröffentlichung sowie die Bewertungssystematik der Qualitätsprüfungen geregelt.

Inhaltliche Maßstäbe und Grundsätze für die Qualität der Pflege sind seit langem vorhanden (vgl. nur § 80 SGB XI in der Fassung vom 9. September 2001, gültig vom 1. Januar 2002 bis 30. Juli 2008 und die aufgrund dieser Norm zustande gekommenen Vereinbarungen und Verwaltungsvorschriften) und eine Anpassung an aktuellere Qualitätsstandards ist jederzeit möglich. Qualität und Wirksamkeit der Leistungen haben auch in der gesetzlichen Krankenversicherung dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse zu entsprechen und den medizinischen Fortschritt zu berücksichtigen (vgl. § 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V) und müssen daher ständig an neue Erkenntnisse angepasst werden. Eine solche Anpassung aufgrund neuer Erkenntnisse kann immer erst erfolgen, wenn sie wissenschaftlich so hinreichend evaluiert wurden, dass von einem allgemein anerkannten Wissensstand auszugehen ist. Im Bereich der Pflege kann im Hinblick auf neue pflegewissenschaftlich gesicherte Erkenntnisse nichts anderes gelten.

cc) Die PTVA verstößt auch nicht gegen das Publizitätsgebot. Das Rechtsstaatsprinzip verlangt, dass "Rechtsnormen" der Öffentlichkeit in einer Weise förmlich zugänglich gemacht werden, die es den Betroffenen erlaubt, sich verlässlich Kenntnis von ihrem Inhalt zu verschaffen. Diese Möglichkeit darf auch nicht in unzumutbarer Weise erschwert sein (BVerfG, Urt. v. 22.11.1983 – 2 BvL 25/81BVerfGE 65, 283/291). Für Bundesgesetze und Bundesrechtsverordnungen folgt dies aus Art. 82 GG. Die an der Vereinbarung unmittelbar beteiligten Verbände bzw. Vereinigungen und Arbeitsgemeinschaften sowie deren Mitglieder müssen schon aufgrund ihrer unmittelbaren Beteiligung über den Inhalt der PTVA nicht erst in Kenntnis gesetzt werden. Eine Veröffentlichung im Bundesanzeiger ist daher nicht erforderlich, da die Betroffenen sich bei den beteiligten Organisationen jederzeit verlässlich Kenntnis vom Inhalt der PTVA verschaffen können. Ferner ist die PTVA im Internet an mehreren Stellen einsehbar.

Anhaltspunkte dafür, dass die PTVA rechtswidrig zustande gekommen sein könnte, sieht der Senat ebenfalls nicht. Sie hält sich grundsätzlich im Rahmen der gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage, auch wenn sie verbesserungsbedürftig ist. Der erhebliche Entscheidungsspielraum der am Zustandekommen der Vereinbarung der Kriterien der Veröffentlichung nach § 115 Abs. 1a Satz 6 SGB XI Beteiligten erscheint angesichts ihrer Fachkunde und ihrer ausgewogenen Zusammensetzung sachgerecht.

dd) In den Regelungen zur Veröffentlichung liegt auch kein prinzipieller Verstoß gegen Art. 12 Abs. 1 GG. Das Grundrecht der Berufsfreiheit schützt zwar die Teilhabe am Wettbewerb zu Erwerbszwecken als Teil der freien Berufsausübung. Es schützt allerdings nicht vor der Verbreitung zutreffender und sachlich gehaltener Informationen am Markt, die für das wettbewerbliche Verhalten der Marktteilnehmer von Bedeutung sein könnten, selbst wenn sich die Inhalte auf einzelne Wettbewerbspositionen nachteilig auswirken (vgl. BVerfG, Beschl. v. 26. Juni 2002 – 1 BvR 558/91, 1 BvR 1428/91 – zitiert nach juris). In dieser Entscheidung hat das Bundesverfassungsgericht ausgeführt, dass marktbezogene Informationen des Staates den grundrechtlichen Gewährleistungsbereich der betroffenen Wettbewerber aus Art. 12 Abs. 1 GG nicht beeinträchtigen, sofern der Einfluss auf wettbewerbsrechtliche Faktoren ohne Verzerrung der Marktverhältnisse nach Maßgabe der rechtlichen Vorgaben für staatliches Informationshandeln erfolgt. Die Rechtsordnung ist gerade auf Markttransparenz angelegt. Grundlage der Funktionsfähigkeit des Wettbewerbs ist ein möglichst hohes Maß an Informationen der Marktteilnehmer über marktrelevante Faktoren. Die überlegene Informationsmacht einzelner Marktteilnehmer kann gerade durch staatliche Informationen ausgeglichen werden. Ausdrücklich wird in dieser Entscheidung ausgeführt "in einer auf ein hohes Maß an Selbstverantwortung der Bürger bei der Lösung gesellschaftlicher Probleme ausgerichteten politischen Ordnung ist von der Regierungsaufgabe auch die Verbreitung von Informationen erfasst, welche die Bürger zur eigenverantwortlichen Mitwirkung an der Problembewältigung befähigen. Dementsprechend erwarten die Bürger für ihre persönliche Meinungsbildung und Orientierung von der Regierung Informationen, wenn diese anderenfalls nicht verfügbar wären. Dies kann insbesondere Bereiche betreffen, in denen die Informationsversorgung der Bevölkerung auf interessengeleiteten, mit dem Risiko der Einseitigkeit verbundenen Informationen beruht und die gesellschaftlichen Kräfte nicht ausreichen, um ein hinreichendes Informationsgleichgewicht herzustellen." Dem entsprechend sieht das Bundesverfassungsgericht in der Information der Bevölkerung eine wichtige staatliche Aufgabe von besonderer Bedeutung. Daher schützt Art. 12 Abs. 1 GG nicht vor der Verbreitung von inhaltlich zutreffenden und unter Beachtung des Gebots der Sachlichkeit sowie mit angemessener Zurückhaltung formulierten Informationen durch einen Träger von Staatsgewalt. Dabei unterliegen die Informationen – wie jedes Staatshandeln – dem Sachlichkeitsgebot; Wertungen dürfen nicht auf sachfremden Erwägungen beruhen.

Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts verdeutlicht, dass die Information der Öffentlichkeit eine Aufgabe des Staates von besonderem öffentlichem Interesse ist. Dabei kommt der staatlichen Informationsarbeit insbesondere in solchen Bereichen eine hohe Bedeutung zu, in denen den Bürgern objektive Informationen als Grundlage für eine persönliche Meinungsbildung oder Orientierung anderenfalls nicht in hinreichender Weise verfügbar wären. Das Problem für die Betroffenen nicht erkennbarer mangelnder Qualität der Leistungen von Pflegeeinrichtungen stand lange im Focus der Öffentlichkeit. Es muss daher als besonders dringliche öffentliche Aufgabe angesehen werden, die Pflegebedürftigen und ihre Angehörigen bei der von ihnen eigenverantwortlich zu treffenden Entscheidung der für sie in Betracht kommenden Pflegeeinrichtung durch eine entsprechende Informationsversorgung zu unterstützen bzw. sie hierzu überhaupt zu befähigen. Ohne die Veröffentlichung der Transparenzberichte sind die Leistungen der einzelnen Pflegeeinrichtungen und deren Qualität für die Betroffenen in weiten Bereichen schon nicht erkennbar, jedenfalls aber nicht hinreichend vergleichbar und eine persönliche Meinungsbildung oder Orientierung in Bezug auf angebotene Leistungen und deren Qualität ist in diesem Bereich kaum möglich.

Durch die Veröffentlichung der Transparenzberichte wird der Schutzbereich des Art. 12 Abs. 1 GG grundsätzlich nicht rechtswidrig beeinträchtigt (verletzt). Die Transparenzberichte entsprechen dem Gebot der Sachlichkeit und Neutralität. Sie sind offensichtlich vom Bemühen um Objektivität getragen. Zwar enthält der Transparenzbericht nicht nur Informationen, sondern überwiegend Wertungen, diese beruhen jedoch nicht auf sachfremden Erwägungen und sind auf das zur Informationsgewährung Erforderliche beschränkt. Denn ohne diese Wertungen könnte das gesetzliche Ziel, die Qualität der Leistungen verschiedener Pflegeheime vergleichbar und für die Pflegebedürftigen und ihre Angehörigen verständlich darzustellen, nicht erreicht werden.

ee) Die Rechtsgrundlage der Veröffentlichung des Transparenzberichtes nach § 115 Abs. 1a SGB XI in Verbindung mit der PTVA verletzt auch nicht Art. 14 GG, weil der Schutzbereich der verfassungsrechtlich geschützten Eigentumsgarantie durch die Veröffentlichung nicht berührt ist. In der Zukunft liegende Chancen und Verdienst- oder Absatzmöglichkeiten stellen keine schützenswerten Rechtspositionen im Sinne von Art. 14 Abs. 1 GG dar. Das gleiche gilt für den Unternehmensruf, der durch die Leistungen und die Selbstdarstellung eines Unternehmens sowie die Bewertung der Marktteilnehmer ständiger Veränderung unterworfen ist. Art. 14 GG schützt nur normativ zugeordnete Rechtspositionen, nicht das Ergebnis situativer Einschätzungen der Marktbeteiligten, auch wenn dieses wirtschaftlich folgenreich ist (vgl. BVerfG, Beschl. v. 26. Juni 2002 – 1 BvR 558/91; 1 BvR 1428/91BVerfGE 105, 252, 277 ff. m. w. N., zitiert nach juris).

ff) Schließlich verstößt die Rechtsgrundlage für die Veröffentlichung des Transparenzberichtes in ihrer konkreten Ausgestaltung auch nicht gegen das Gebot der Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes aus Art. 19 Abs. 4 GG. Dieses garantiert einen effektiven Rechtschutz, d. h. eine tatsächlich wirksame Kontrolle durch die Gerichte (BVerfG, Beschl. v. 24. April 1974 – 2 BvR 236/74, 2 BvR 245/74, 2 BvR 308/74BVerfGE 37, 150, 153; BVerfG, Besch. v. 17. April 1991 – 1 BvR 419/81, 1 BvR 213/83BVerfGE 84, 34, 49). Der Zugang zu den Gerichten und die wirksame Kontrolle durch die Gerichte unterliegen der Ausgestaltung durch den Gesetzgeber. Dabei ist zu berücksichtigen, dass Art. 19 Abs. 4 GG primär ein Leistungsgrundrecht ist, das effektiven gerichtlichen Rechtschutz gewährt, wenn jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt sein kann. Garantiert wird aber nicht ein bestimmtes Verwaltungsverfahren, wenngleich durch dieses der gerichtliche Schutz nicht unzumutbar erschwert werden darf.

Das Anlegen dieses Maßstabes ergibt, dass durch die rechtliche Ausgestaltung des Verfahrens zur Veröffentlichung des Transparenzberichtes nicht gegen das Gebot effektiven Rechtschutzes verstoßen wird. Der Erlass eines Verwaltungsaktes ist in diesem Zusammenhang, wie ausgeführt, gesetzlich nicht vorgesehen. Die Veröffentlichung erfolgt durch einen Realakt, dessen Umsetzung nicht durch die Erhebung eines Widerspruchs mit aufschiebender Wirkung aufgehalten werden kann. Allerdings schreibt das Gebot effektiven Rechtsschutzes nicht zwingend ein alleiniges Handeln der Verwaltung durch Verwaltungsakt und die dagegen vorgesehenen Rechtschutzmöglichkeiten vor. Könnte jeder Widerspruch und jede Anfechtungsklage eines Pflegeheims die Veröffentlichung bis zur abschließenden Klärung der Sach- und Rechtslage aufschieben, liefe die Regelung des § 115 Abs. 1a SGB XI faktisch leer. Die ab dem Jahre 2011 jährlich vorgesehene Regelprüfung (vgl. § 114 Abs. 2 Satz 1 SGB XI) mit dem darauf basierenden Transparenzbericht würde aufgrund der damit verbundenen Aktualität den im Streit stehenden (alten) Bericht praktisch hinfällig machen. Die Veröffentlichung eines aktuellen, dem Pflegeheim nicht genehmen Transparenzberichtes wäre damit nicht mehr möglich.

Ferner bietet das in der Ermächtigungsgrundlage (§ 115 Abs. 1a SGB XI i. V. m. der PTVA) vorgesehene Verfahren den Pflegeheimen unter Berücksichtigung des hohen Stellenwertes des Informationsbedürfnisses der Pflegebedürftigen und ihrer Angehörigen auch weitgehende Rechtschutzmöglichkeiten. Zunächst können die betroffenen Pflegeheime innerhalb einer Frist von 28 Kalendertagen Hinweise zu der Veröffentlichung geben und strittige Fragen mit den Landesverbänden der Pflegekassen klären (vgl. Anlage 4 der PTVA - Verfahren der Veröffentlichung). Die Veröffentlichung erfolgt erst nach Ablauf dieser Frist. Dem nach Art. 103 Abs. 1 GG nur für das gerichtliche Verfahren mit Verfassungsrang ausgestatteten Anspruch auf rechtliches Gehör ist damit Genüge getan, obwohl die Veröffentlichung nach Ablauf der Frist auch dann erfolgt, wenn die strittigen Fragen bis dahin nicht geklärt worden sind. Denn das Pflegeheim hat zusätzlich die Möglichkeit, eine eigene Stellungnahme im Umfang von 3000 Zeichen abzugeben, die mit zu veröffentlichen ist (vgl. Anlage 4 der PTVA - Verfahren der Veröffentlichung). Das Pflegeheim kann also die Leser der Transparenzberichte auf die aus seiner Sicht bestehenden Unrichtigkeiten hinweisen und die Aussagen des Transparenzberichtes relativieren. Schließlich können die Träger der Pflegeeinrichtungen innerhalb von acht Wochen eine Wiederholungsprüfung beantragen. Der daraufhin zu erstellende und ebenfalls zu veröffentlichende erneute Transparenzbericht hebt auf Grund seiner Aktualität die Wirkungen des alten Transparenzberichtes faktisch weitgehend auf. Insgesamt stellt dieses Normengefüge eine im Hinblick auf die unterschiedlichen Interessen der Öffentlichkeit an Informationen und der Rechtschutzmöglichkeiten der Pflegeheime ausgewogene Regelung dar. Schließlich wird den betroffenen Pflegeheimen nicht der gerichtliche Rechtschutz entzogen. Eine hinreichende gerichtliche Kontrolle wird durch die Möglichkeit der Erwirkung einer einstweiligen Anordnung im vorläufigen Rechtschutzverfahren garantiert. Dadurch kann eine Veröffentlichung verhindert werden, wenn hinreichende Anhaltspunkte für die Rechtswidrigkeit des Transparenzberichtes vorliegen.

Die gerichtlich nicht überprüfbaren gutachtlichen Bewertungen, auf denen der Transparenzbericht überwiegend beruht, verstoßen nicht gegen Art. 19 Abs. 4 GG, da das Gebot effektiven Rechtschutzes solche Beurteilungsspielräume zulässt (vgl. Jarass in Jarass/Pieroth, a.a.O., Art. 19 Rd-Nr. 64 m. w. N.). Die Bewertung wird von fachkundigen Gutachtern auf Grund detaillierter Vorgaben vorgenommen, die soweit wie möglich zur Sachlichkeit, Objektivität und Vergleichbarkeit der Wertungen beitragen.

b) Ungeachtet der vorstehenden Ausführungen steht der Veröffentlichung des Transparenzberichtes hier entgegen, dass die AG eine zu geringe Zahl von Pflegebedürftigen geprüft und deshalb im Wesentlichen zu nicht tragfähigen Ergebnissen gelangt sind. Obwohl aus den genannten Gründen am System der Qualitätsprüfungen und der Veröffentlichung der Ergebnisse in Form sog. Transparenzberichte im Interesse der Information der pflegebedürftigen Menschen und ihrer Angehörigen grundsätzlich festzuhalten ist, muss aus denselben Gründe sicher gestellt werden, dass diese Ergebnisse hinreichend nachvollziehbar und die an die Pflegeeinrichtungen vergebenen Noten auch für Dritte nachvollziehbar und – wenigstens annähernd – auch richtig und repräsentativ sind. Davon kann nicht die Rede sein, wenn sich die Zahl der geprüften Pflegebedürftigen auf fünf oder sechs beschränkt. Dann ist der Prüfbericht fehlerhaft und darf einstweilen bis zur endgültigen Klärung der Rechtslage durch ein Verfahren in der Hauptsache nicht veröffentlicht werden.

aa) Zwischen den Vereinbarungspartnern bestand frühzeitig Einvernehmen, die Pflege-Transparenzvereinbarungen systematisch wissenschaftlich auszuwerten zu lassen. Das gemeinsame Evaluationsvorhaben sollte bis Mitte 2010 gesicherte Erkenntnisse liefern, inwieweit die gewählten Qualitätskriterien, das vereinbarte Bewertungssystem sowie das Layout der Transparenzberichte geeignet sind, die von den Pflegeeinrichtungen erbrachten Leistungen und deren Qualität für Pflegebedürftige, deren Angehörige sowie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Pflegestützpunkten verständlich, übersichtlich und vergleichbar darzustellen. Mit der am 21. Juli 2010 von Prof. Dr. H. und Prof. Dr. W., vorgelegten "Wissenschaftliche(n) Evaluation zur Beurteilung der Pflege-Transparenzvereinbarungen für den ambulanten (PTVA) und stationären (PTVS) Bereich" (im Folgenden: wissenschaftliche Evaluation) liegen diese "gesicherten Erkenntnisse" nunmehr vor.

bb) In der wissenschaftlichen Evaluation wird unter Bezugnahme auf § 2 Satz 2 der PTVA die Eignung der Stichprobenauswahl für das Gewinnen aussagefähiger Ergebnisse untersucht. § 2 PTVA hat folgenden Wortlaut: "Die je ambulanten Pflegedienst in die Prüfung einbezogenen Menschen mit Sachleistungsbezug werden entsprechend der Verteilung nach Pflegestufen und innerhalb dieser zufällig ausgewählt. Es werden 10 v.H., jedoch mindestens fünf und höchstens 15 pflegebedürftige Menschen in die Prüfung einbezogen"

Die Sachverständigen stellen zur Anwendung dieser Regelung fest (S. 123), dass die Bewertungen im arithmetischen Mittel pro Einrichtung bei mehr als 900 untersuchten Einrichtungen (ambulant/stationär) auf 7,5 Bewohnern basierten, die Befragungen auf 7,2 Bewohnern, woraus der Schluss gezogen wird, dass es sich insgesamt um eher geringe Fallzahlen handele. Hierzu führen sie aus, "Kleine Fallzahlen bedeuten inhaltlich, dass die daraus gewonnenen Schätzwerte (Noten) abhängig von der Variabilität in den Ausprägungen ( ) prinzipiell nur ungenau geschätzt werden können und insbesondere bei Mittelwertbildungen aufgrund der mangelnden Robustheit dieser Kenngröße stark (von den anderen Beobachtungen) abweichende Werte (Ausreißer) zu einer verzerrten Schätzung führen können. Explizit heißt dies, dass bei kleinen Fallzahlen und einer hohen Variabilität starke Verzerrungen bei Mittelwerten resultieren können. Stabile Schätzungen des Mittelwertes sind i.d.R. dann möglich, wenn die Variabilität klein und der Stichprobenumfang groß ist".

Ferner kommt die wissenschaftliche Evaluation zu dem Ergebnis, dass die im Rahmen der Transparenzverfahren verwendeten Stichprobenverfahren prinzipiell von der Art des Verfahrens den methodischen Anforderungen einer Zufallsprüfung genügen. Als problematisch wird aber der gewählte Stichprobenumfang angesehen, zumal für eine Vielzahl von Kriterien häufig nur wenige Personen in die jeweiligen Stichproben eingegangen seien. Dies bedeute, dass Notenwerte nur aufgrund sehr weniger Personen gebildet werden und z.T. auch nur für wenige Einrichtungen/ Dienste vorliegen. Generell beruhe die Berechnung der Noten im Mittel insgesamt auf sehr kleinen Fallzahlen.

Unabhängig von der zugrunde liegenden Berechnungs- und Bewertungssystematik seien somit keine verlässlichen Aussagen im Sinne unverzerrter statistischer Kennwerte (wie Durchschnittsnoten) möglich. Eine sinnvolle Lösung dieser Problematik müsse dabei zwischen einer theoretisch idealen Vorgehensweise und einem tatsächlich praktisch umsetzbaren und auch zumutbaren Vorgehen abwägen. Die theoretisch ideale Lösung einer Vollerhebung sei unter Praktikabilitätsgesichtspunkten nicht flächendeckend anzuwenden. Sie könne Anwendung finden im Falle sehr kleiner Einrichtungen/Dienste, für die sonst keine sinnvoll verwertbaren Stichprobengrößen zur Verfügung stünden. Für größere Einrichtungen/ Dienste werde es sicher notwendig sein, bei einem Stichprobenverfahren zu verbleiben. Dabei bestehe die schwierige Aufgabe, zwischen einer statistisch verwertbaren und einer für die zu Prüfenden und Prüfende "zumutbaren" Stichprobengröße einen sinnvollen Kompromiss zu finden.

Im Ergebnis schlagen die Wissenschaftler vor, den Mindestumfang der Stichprobe von 5 auf 10 Personen zu erhöhen, wenn am bisherigen Stichprobenumfang von 10% der Bewohner/Kunden einer Einrichtung/ eines Dienstes festgehalten werde. Dabei wäre eine "Schichtung" nach relevanten Kriterien (z.B. Risikokriterien) wünschenswert, sei aber in der Praxis kaum durchführbar, da sie für jede Einrichtung/ jeden Dienst separat durchgeführt werden müsste. Inhaltlich würde diese Vorgehensweise zu einer Umgestaltung des Instruments der Transparenzkriterien zu einem risikoorientierten Instrument führen, während es sich gegenwärtig um ein leistungsabbildendes Instrument handele.

Diesen Kernbewertungen der Evaluation misst der Senat erhebliche Bedeutung zu. Bei ihr handelt es sich nicht um ein bloßes Parteigutachten, mit begrenzter Beweiskraft. Vielmehr haben die zur Erstellung der PTVS/PTVA beteiligten Verbände diese eingehende wissenschaftliche Untersuchung zum Prüfverfahren gerade mit dem Ziel in Auftrag gegeben, dieses qualitativ zu überprüfen. Die Ergebnisse der Evaluation sind deshalb durchaus mit einem gerichtlichen Sachverständigengutachten vergleichbar. Dies gilt erst recht besonders im einstweiligen Rechtsschutzverfahren, in dem das Gericht wegen der Eilbedürftigkeit der Entscheidung regelmäßig kein Sachverständigengutachten einholen kann. Für einen hohen Aussagewert der Evaluation sprechen auch die Empfehlungen des Beirates, der den Kernaussagen uneingeschränkt folgt und u.a. empfohlen hat, eine Änderung der gewählten Stichprobengröße kurzfristig vorzunehmen. Diese Handlungsempfehlung zur Frage der Stichprobengröße ist nicht, wie die AG offenbar meinen, als lediglich unverbindliche Empfehlung zu verstehen. Der Senat versteht diese Empfehlung unter Berücksichtigung des Evaluationsberichts vielmehr als Handlungsgebot an die beteiligten Verbände, das zumindest hinsichtlich der Stichprobengröße als unzureichend erkannte Bewertungsverfahren schnellstmöglich zu verbessern. Die Gefahr von statistisch bedingten Fehleinschätzungen wegen unzureichender Stichprobengrößen lässt ein weiteres Abwarten nicht zu. Dies ist auch zur Umsetzung der Empfehlung des Beirates nicht notwendig. Nicht nachvollzogen werden kann, warum die beteiligten Verbände diese klare Handlungsvorgabe des Beirates seit einem Jahr nicht umgesetzt haben.

cc) Der Senat hält dieses Ergebnis und die Kritik der wissenschaftlichen Evaluation an der Stichprobenprüfung für nachvollziehbar und einleuchtend. Es bestehen deshalb erhebliche Bedenken, ob die buchstabengetreue Anwendung des § 2 Satz 2 PTVA im Hauptsacheverfahren Bestand haben wird. Maßgebend sind im vorliegenden Fall die folgenden Überlegungen: Die "Pflegerischen Leistungen" der ASt sind im Transparenzbericht mit 5,0 (mangelhaft) bewertet. Diese Note betrifft den ambulanten Pflegedienst mit 39 Personen, die entweder zum Teil oder vollständig Leistungen nach dem SGB XI erhalten. Von diesen (mindestens) 39 Personen haben die AG nach § 2 Satz 2 der PTVA formal zutreffend fünf Pflegebedürftige ausgewählt und für die Bereiche Behandlungspflege, Mobilität, Ernährung und Flüssigkeitsversorgung, Ausscheidung, Umgang mit Demenz und Körperpflege mit insgesamt 33 Kriterien überprüft. Dabei fällt auf, dass im Qualitätsbereich I von 17 Fragen nur zwei Fragen von fünf Pflegebedürftigen beantwortet worden sind. Weiter haben sich drei Pflegebedürftige bei sieben Fragen bzw. zwei Pflegebedürftige bei sechs Fragen beteiligt. Betrachtet man die Fragen, die jeweils mit einem "mangelhaft" bewertet worden sind und eine Beteiligung von drei oder weniger Pflegebedürftigen aufweist, ergibt sich, dass allein sieben Fragen davon betroffen sind. Dies entspricht einer Quote ca. 41 % aller Fragen dieses Qualitätsbereiches. Damit steht fest, dass die mangelhafte Bewertung in dem für die Tätigkeit und den wirtschaftlichen Erfolg des ambulanten Pflegedienstes zentralen Bereich der pflegerischen Leistungen zu einem erheblichen Teil auf der Prüfung von nur zwei oder drei Personen beruht. Bei dieser Sachlage kann nicht mehr davon ausgegangen werden, dass das durch Noten vermittelte Bild von der Pflegequalität des Dienstes auf statistisch gesicherter Grundlage steht. Noch bedenklicher ist die Beteiligung im Qualitätsbereich II zu bewerten. Nur jeweils zwei von zehn Fragen sind von zwei bzw. fünf Versicherten beantwortet worden. Dies entspricht einer Beteiligungsquote von nur 24 %, die für eine aussagefähige und vergleichbare Leitungsbewertung kaum ausreichen dürfte. Hierbei spielt es keine Rolle, dass die ASt diesen Qualitätsbereich wegen der ansprechenden Bewertung von 1,9 (gut) nicht angegriffen hat. Maßgebend ist vielmehr dass diese vermeintlich gute Bewertung auf einer völlig unzureichenden Beteiligungsgrundlage beruht und daher eine geradezu irreführende Leistungsbenotung im Falle einer Veröffentlichung darstellt.

Diesem Ergebnis steht § 2 Satz 2 der PTVA nicht entgegen. Soweit die buchstabengetreue Anwendung zu Prüfergebnissen wie dem vorliegenden führt, ist die Regelung verfassungskonform dahin auszulegen und anzuwenden, dass zwar (nur) 10% der pflegebedürftigen Menschen in die Prüfung einzubeziehen sind, mindestens jedoch zehn und höchstens 15. Praktische Probleme dürften sich dabei nicht stellen. Wie Prüfergebnisse zu bewerten sind, bei denen auch die Auswahl von zehn oder mehr Pflegebedürftigen nicht verhindern kann, dass zahlreiche Kriterien nur auf wenige Personen zutreffen, braucht der Senat an dieser Stelle nicht zu entscheiden.

Diese verfassungskonform einschränkende Auslegung von § 2 Satz 2 PTVA ist geboten, weil die Veröffentlichung eines Transparenzberichtes, wie oben dargestellt, in grundrechtlich geschützte Bereiche von Pflegediensten eingreift. Dies ist zwar grundsätzlich zulässig und muss von den Betreibern solcher Einrichtungen aufgrund vorrangiger Interessen der Pflegebedürftigen und ihrer Angehörigen hingenommen werden. Ein vorrangiges öffentliches Interesse besteht aber nicht an der Veröffentlichung unbrauchbarer oder zweifelhafter Ergebnisse. Soweit die uneingeschränkte Anwendung von § 2 Satz 2 der PTVA zur Veröffentlichung solcher, zumindest zweifelhafter, Ergebnisse führen würde, gebietet es der verfassungsrechtlich garantierte Verhältnismäßigkeitsgrundsatz, auf den mit der Veröffentlichung des Transparenzberichtes verbundenen staatlichen Eingriff gegenüber dem Pflegedienst zu verzichten. Im Vorfeld, auf der Ebene der Rechtsanwendung durch die Verwaltung, bedarf § 2 Satz 2 PTVA der einschränkenden Anwendung.

Da nach allem mit hoher Wahrscheinlichkeit die Veröffentlichung des Transparenzberichtes wegen unzureichender Stichprobengröße rechtswidrig sein dürfte, sind die Anforderungen an den Anordnungsgrund (die Eilbedürftigkeit) herabzusetzen, da ein Obsiegen im Hauptsacheverfahren wahrscheinlicher ist als ein Unterliegen. Hier ist durchaus zu befürchten, dass die Veröffentlichung des Transparenzberichtes mit der Durchschnittsnote 3,7 (ausreichend) und der Einzelnote 5,0 (mangelhaft) für den Bereich "Pflegerische Leistungen" ein nicht unerhebliches wirtschaftliches Risiko für die ASt birgt. Dies braucht angesichts des zwischen den ambulanten Pflegediensten bekanntermaßen bestehenden Wettbewerbs nicht weiter dargelegt zu werden. Auf die – ansonsten grundsätzlich zulässige und ausreichende – Möglichkeit einer gleichzeitigen Veröffentlichung der Gegendarstellung des Pflegedienstes mit einem Umfang von 3000 Zeichen und/oder einer möglichen Wiederholungsprüfung braucht sich die Antragsstellerin wegen der mutmaßlichen Rechtswidrigkeit des Transparenzberichtes nicht verweisen zu lassen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG in Verbindung mit § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).

Die Festsetzung des Streitwertes folgt aus § 197a SGG in Verbindung mit § 47 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1, § 53 Abs. 2 Nr. 4 und 52 Abs. 2 GKG. Unter Berücksichtigung der ausdrücklichen gesetzlichen Verweisung für das einstweilige Rechtsschutzverfahren nach § 86b SGG auf den Regelstreitwert nach 52 Abs. 2 SGG ist der Streitwert nicht herabzusetzen.

Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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