Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
2
1. Instanz
SG Halle (Saale) (SAN)
Aktenzeichen
S 12 AS 920/06
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 2 AS 114/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers wird zurückgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger wendet sich gegen eine Rücknahme- und Erstattungsentscheidung über die Rückforderung fehlerhaft zu hoch erbrachter Leistungen für die Kosten der Unterkunft und Heizung nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II).
Der am ... 1974 geborene Antragsteller trat nach dem Ende seines Studiums der Rechtswissenschaften am 2. Mai 2002 als beamteter Referendar in den juristischen Vorbereitungsdienst des L S -A. ein. Am 26. Januar 2005 bestand der Kläger die Zweite juristische Staatsprüfung. Der Kläger wohnte seit dem 1. Juli 2003 zusammen mit Frau A. N ... in der Wohnung F ...straße.in H (S ) in einer gemeinsam angemieteten 3-Raum-Wohnung. Als monatliche Miete waren 295 EUR nebst einer Betriebskostenvorauszahlung von 70 EUR monatlich vereinbart. Für die Versorgung mit Gas für Heizung einschließlich Warmwasserbereitung waren im Jahr 2005 zunächst monatliche Abschläge in Höhe von 59 EUR zu leisten.
Am 2. Februar 2005 stellte der Kläger erstmals einen Antrag auf Leistungen nach dem SGB II. Hierbei erklärte er: Er sei ledig und alleinstehend. Derzeit habe er kein weiteres Einkommen. Die Wohnung habe eine Gesamtfläche von 70 m², wovon er eine Wohnfläche von 35 m² selbst nutze. Die Miete betrage insgesamt 365 EUR. Hiervon habe er 182,50 EUR monatlich zu tragen. Für die Versorgung mit Gas habe er alleine 29,50 EUR monatlich zu tragen. Von den weiteren Nebenkosten trage er ebenfalls die Hälfte in Höhe von 35 EUR monatlich. Mit Frau A N ... bestehe eine Wohngemeinschaft.
Mit einer Zwischennachricht vom 16. März 2005 gab die Arge SGB II H GmbH (Rechtsvorgängerin des Beklagten, zukünftig: Arge) dem Kläger bekannt, dass sie über seinen Antrag auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts noch nicht abschließend entscheiden könne, da vom Kläger noch Unterlagen zum Einkommen und Vermögen auszufüllen seien. Ebenso werde der Nachweis der T ...Krankenkasse benötigt, dass der Kläger im Rahmen seines Alg II-Bezuges pflichtversichert werden könne. Die Arge gewährte dem Kläger einen monatlichen Vorschuss in Höhe von 669,94 EUR und führte zur Begründung aus, dass die Bearbeitung voraussichtlich noch einige Zeit in Anspruch nehmen werde. Der Vorschuss sei auf die zustehende Sozialleistung anzurechnen, so dass sich die Leistung um den genannten Betrag verringern werde. Sollte der Vorschussbetrag die zustehende Leistung übersteigen, sei er in Höhe des übersteigenden Betrages zu erstatten.
Der Kläger antwortete der Arge unter dem 21. März 2005 und führte unter anderem aus, dass er kein weiteres Einkommen bzw. Vermögen über den gesetzlich eingeräumten Freibeträgen habe. Zudem teilte er der Arge mit, dass sich seit dem Monat März 2005 die Heizkostenpauschale auf monatlich 62 EUR erhöht habe. Davon trage er einen hälftigen Anteil in Höhe von 31 EUR. Dem Schreiben fügte er ein neu ausgefülltes Zusatzblatt zur Feststellung der angemessenen Kosten für Unterkunft und Heizung bei, in dem der Kläger die jeweiligen Kostenpositionen durch zwei Personen teilte.
Mit Bescheid vom 4. Mai 2005 bewilligte die Arge dem Kläger Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II für den Zeitraum vom 2. Februar 2005 bis zum 31. Juli 2005. Für den Monat Februar 2005 bewilligte die Arge dem Kläger 669,94 EUR und für die Zeit vom 1. März 2005 bis zum 31. Juli 2005 monatlich 744,38 EUR. Dem Bescheid lag ein Berechnungsbogen bei, aus dem ersichtlich wurde, dass dem Kläger eine monatliche Regelleistung in Höhe von 331 EUR zuzüglich Leistungen für die Unterkunft und Heizung in Höhe von monatlich 413,38 EUR gewährt wurden.
Mit Schreiben vom 3. Juni 2005 gab die Arge dem Kläger Gelegenheit, sich zu dem ihrer Ansicht nach ungerechtfertigt hohen Leistungsbezug seit dem 2. Februar 2005 zu äußern. Seither erhalte er aufgrund eines Fehlers Leistungen in Höhe von monatlich 744,38 EUR. Es habe allerdings nur ein Leistungsanspruch in Höhe von monatlich 538,92 EUR bestanden. Die Kosten der Unterkunft seien vollständig bei dem Kläger berücksichtigt worden, obwohl er nach seinen Angaben bei Antragstellung mit Frau N ...in einer Wohngemeinschaft lebe. Somit seien die Unterkunftskosten für die Wohnung bei ihm nur zur Hälfte zu berücksichtigen gewesen. Der Kläger habe die Überzahlung zwar nicht verursacht, aber erkennen können, dass die Voraussetzungen für die Leistung in der gezahlten Höhe nicht vorlagen. Es ergebe sich eine Überzahlung in Höhe von insgesamt 1.007,86 EUR für den Zeitraum vom 2. Februar 2005 bis zum 30. Juni 2005.
Mit einem an die Arge gerichteten Schreiben vom 14. Juni 2005 erklärte der Kläger, dass es ihm nicht möglich gewesen sei, den Berechnungsfehler zu erkennen. Die Berechnungen seien für ihn weder im Ergebnis noch der Höhe nach anhand der einzelnen Posten nachvollziehbar gewesen. Selbst die genannten Kosten der Unterkunft und Heizung stimmten nicht annähernd mit den von ihm im Antrag angegebenen Beträgen überein. Nachdem mehr als drei Monate nach der Antragstellung vergangen waren, sei er davon ausgegangen, dass der Bescheid rechnerisch korrekt sei. Im Vertrauen auf die Richtigkeit des Bescheides habe er Dispositionen getroffen, die er ohne die gezahlten Beträge nicht habe treffen können. Er habe sich zur Verbesserung seiner Vermittlungschancen einen Computer und einen Monitor gekauft. Von dem verbliebenen Geld habe er verschiedene Sportartikel erworben.
Mit Bescheid vom 10. November 2005 nahm die Arge ihren Bescheid vom 4. Mai 2005 über die Bewilligung der Leistungen im Zeitraum vom 2. Februar 2005 bis zum 30. Juni 2005 teilweise in Höhe von 1.007,86 EUR zurück und forderte den Kläger zur Erstattung des Betrages auf. Zur Begründung führte sie aus: Die Kosten der Unterkunft seien in voller Höhe berücksichtigt worden. Da der Kläger jedoch mit Frau N ... in einer Wohngemeinschaft lebe, seien die Kosten der Unterkunft nur zur Hälfte zu berücksichtigen gewesen. Die Bewilligung sei daher rechtswidrig gewesen. Der Kläger könne sich nicht auf Vertrauen berufen. Er habe die fehlerhafte Bewilligung der Leistungen gekannt bzw. erkennen müssen.
Den Widerspruch des Klägers gegen den Bescheid vom 10. November 2005 wies die Arge zurück (Widerspruchsbescheid vom 4. April 2006): Der Kläger habe dem Bewilligungsbescheid vom 4. Mai 2005 und dem beigefügten Berechnungsbogen entnehmen können, dass als Kosten der Unterkunft und Heizung jeweils ein Betrag angesetzt worden sei, der die gesamten nachgewiesenen Kosten der Wohnung umfasse.
Am 4. Mai 2006 hat der Kläger bei dem Sozialgericht Halle (SG) Klage gegen den Bescheid der Arge in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4. April 2006 erhoben.
Das SG hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 14. Mai 2007 abgewiesen: Die Arge habe den Bescheid vom 4. Mai 2005 zu Recht durch den Bescheid vom 10. November 2005 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 4. April 2006 teilweise für den Monat Februar 2005 in Höhe von 186,02 EUR und für die Monate März bis Juni 2005 in Höhe von 205,46 EUR monatlich aufgehoben. Es sei davon auszugehen, dass der Kläger die Rechtswidrigkeit des Bescheides vom 4. Mai 2005 infolge grober Fahrlässigkeit nicht erkannt habe. Der Kläger sei Volljurist, so dass bei ihm überdurchschnittliche Erwartungen an die Urteils- und Kritikfähigkeit gestellt werden könnten. Aus den in der Verwaltungsakte enthaltenen Unterlagen gehe hervor, dass der Kläger selbst davon ausgegangen sei, nur einen Anspruch auf die hälftigen Unterkunftskosten zu haben. Es sei daher wenig glaubhaft, wenn der Kläger nunmehr nicht erkannt haben wolle, dass die Höhe der gewährten Kosten für Unterkunft und Heizung fehlerhaft gewesen sei. Wenn der Kläger fast den doppelten Betrag als die von ihm selbst angegebenen hälftigen Unterkunftskosten als Leistung gewährt erhalte, habe er sich zwangsläufig fragen müssen, wie die höhere Gewährung zustande gekommen sei. Zweifel an der Leistungsgewährung habe er im Übrigen in seinem Widerspruch eingeräumt, wenn er ausführe, dass die aufgeführten Berechnungen weder im Ergebnis noch anhand der einzelnen Rechnungsposten nachvollziehbar seien. Damit gebe der Kläger zu erkennen, dass er sich mit den Berechnungen im Bescheid auseinandergesetzt habe und dass ihm Zweifel an der deren Richtigkeit gekommen seien. Die im Widerspruchsbescheid angegebenen Rückforderungsbeträge seien zutreffend ermittelt worden.
Am 3. Juli 2007 hat der Kläger gegen den ihm am 4. Juni 2007 zugestellten Gerichtsbescheid Berufung eingelegt und wie folgt begründet: Er habe die Rechtswidrigkeit des Bescheides vom 4. Mai 2005 nicht infolge grober Fahrlässigkeit nicht erkannt. Sein Vertrauen in den Bestand der Bewilligung sei schutzwürdig. Er habe die erbrachten Leistungen im Vertrauen auf deren Richtigkeit verbraucht. Er habe nachweislich Anschaffungen im Gesamtwert von 1.028,75 EUR getätigt. Im Übrigen habe er allenfalls im Zeitpunkt des Zugangs des ursprünglichen Bewilligungsbescheides überhaupt Kenntnis von der Zusammensetzung der Leistungen haben können, so dass aus diesem Grunde eine Rückforderung für die Monate Februar bis einschließlich April 2005 ausgeschlossen sei. Darüber hinaus sei ihm für die Prüfung des Bescheides auch eine angemessene Zeit zu gewähren gewesen. Man könne von einem frisch examinierten Volljuristen kurz nach dem Inkrafttreten des SGB II kein Detailwissen zu der Berechnung von ALG II unterstellen. Er habe nicht wissen können, was ihm als Anspruch zustehe. Das SG verkenne den Maßstab für ein grob fahrlässiges Verhalten und könne aus seiner Widerspruchsbegründung nicht entnehmen, dass er Zweifel gehabt habe. Das SG habe nicht berücksichtigt, dass der Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 10. November 2005 keine Ermessensausübung erkennen lasse. Bei ihrer Entscheidung habe die Arge berücksichtigen müssen, dass der Fehler auf ihr Verhalten zurückzuführen sei. Die Eintragungen zur Höhe der Kosten der Unterkunft im Antragsformular seien zum Teil von einer Sachbearbeiterin vorgenommen worden.
In der mündlichen Verhandlung hat der Beklagte erklärt, er reduziere die Rückforderungssumme nach dem Bescheid der Arge vom 10. November 2005 auf noch 995,93 Euro. Der Kläger hat das Teilanerkenntnis des Beklagten angenommen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Halle vom 14. Mai 2007 und den Bescheid der ARGE SGB II H vom 10. November 2005 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 4. April 2006 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
Die Berufung zurückzuweisen.
Er hält die über sein Teilanerkenntnis hinausgehende Berufung des Klägers für unbegründet: Dem Kläger sei kein Vertrauensschutz einzuräumen. Er habe die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts gekannt oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht erkannt. Aufgrund seines individuellen Einsichtsvermögens habe der Kläger anhand einfachster Überlegungen erkennen können, dass eine Gewährung der vollen Mietkosten nicht korrekt gewesen sein konnte. Selbst wenn man dem Kläger zugute halte, dass er keine umfassenden Kenntnisse des gerade in Kraft getretenen Gesetzes gehabt habe, habe ihm auffallen müssen, dass ihm allein nicht die vollen Mietkosten zustehen, wenn die Wohnung durch zwei Mitglieder einer Wohngemeinschaft genutzt wurde. Der Kläger habe zudem mit seinen eigenen Einträgen in den Antragsformularen den eigenen Anteil beziffert.
Die Gerichtsakte und die Verwaltungsakte des Beklagten haben vorgelegen und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Sachvortrages der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakte ergänzend verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers ist nicht erfolgreich.
Sie ist fristgerecht im Sinne des § 151 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) eingelegt. Die Berufung ist auch im Übrigen zulässig. Insbesondere ist sie nicht nach § 144 Abs. 1 SGG ausgeschlossen.
Gegenstand der Berufung ist der die Anfechtungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1 SGG) des Klägers gegen den Verwaltungsakt der Arge vom 10. November 2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4. April 2006 zurückweisende Gerichtsbescheid des SG.
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des SG ist aber nicht begründet. Die angefochtenen Entscheidungen der Arge sind nicht zu beanstanden.
Der Verwaltungsakt der Arge vom 10. November 2005 ist formell rechtmäßig. Insbesondere ist der Kläger mit Schreiben vom 3. Juni 2005 vor dem Erlass des Verwaltungsakts wirksam im Sinne des § 24 des Sozialgesetzbuches Zehntes Buch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz (SGB X) zu der beabsichtigten Entscheidung durch die Arge angehört worden, weil er Gelegenheit hatte, sich zu den für die Rücknahme und Erstattung relevanten Tatsachen zu äußern.
Rechtliche Grundlage für die Rücknahmeentscheidung der Arge sind § 40 Abs. 1 Satz 1 SGB II i.V.m. § 45 SGB X, § 40 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB II i.V.m. § 330 Abs. 2 des Sozialgesetzbuches Drittes Buch – Arbeitsförderung (SGB III). Ist ein Verwaltungsakt, der einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), rechtswidrig, darf er, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, nur unter Einschränkungen ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder die Vergangenheit zurückgenommen werden (§ 45 Abs. 1 SGB X). Ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt darf nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist (§ 45 Abs. 2 Satz 1 SGB X). Schutzwürdigkeit liegt dann vor, wenn der Begünstigte die erbrachten Leistungen verbraucht oder Vermögensdispositionen getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann (§ 45 Abs. 2 Satz 2 SGB X). Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte allerdings dann nicht berufen, wenn er die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte (§ 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 SGB X). Liegen die Voraussetzungen des § 45 Abs. 2 Satz 3 SGB X vor, ist der Verwaltungsakt abweichend von den allgemeinen Regelungen zwingend mit Wirkung auch für die Vergangenheit zurückzunehmen (§ 330 Abs. 2 SGB III).
Der begünstigende Verwaltungsakt der Arge vom 4. Mai 2005 war rechtswidrig. Dem Kläger waren durch den Bescheid ungerechtfertigt Leistungen für die Kosten der Unterkunft und Heizung ohne Berücksichtigung des sog. "Kopfteilprinzips" (vgl. Bundessozialgericht – BSG – v. 27.02.2008 - B 14/11b AS 55/06 R) bewilligt worden. Nutzen mehrere Personen eine Unterkunft gemeinsam, sind ihnen die Kosten grundsätzlich nach ihrer Zahl anteilig zuzuordnen. Hiervon ist nur abzuweichen, falls eine gesonderte Vereinbarung (Untermiete etc.) die Kosten wirksam anders verteilt. Eine solche Vereinbarung zwischen dem Kläger und seiner Mitmieterin gab es aber nicht. In den Antragsformularen hat der Kläger für das Innenverhältnis zwischen den Mietern eine hälftige Regelung zur Kostenverteilung dargestellt. Zwar sind die Antragsangaben vom 2. Februar 2005 zu den Kosten der Unterkunft überwiegend in grüner Tinte, d.h. durch die Sachbearbeitung der Arge erfolgt. Allerdings werden diese Angaben durch das später im März 2005 selbst eingereichte "Zusatzblatt 1" vom Kläger wiederholt. Im Übrigen hat der Kläger die ursprünglichen Antragsangaben durch seine Unterschrift unter die Versicherung, "dass die Angaben zutreffen", genehmigt. Der Kläger bestreitet auch nicht, dass die Kosten für die Unterkunft und Heizung von ihm und seiner damaligen Mitbewohnerin gemeinsam getragen wurden.
Der tatsächliche Grundsicherungsanspruch des Klägers ergibt sich mithin aus der für ihn zutreffenden Regelleistung von 331 EUR monatlich (§ 20 Abs. 2 SGB II) und der Berücksichtigung der hälftigen Kosten der Unterkunft und Heizung gemäß § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II.
Der Senat hat keine Anhaltspunkte, dass zwischen dem Kläger und der mit ihm zusammenlebenden Person eine sog. eheähnliche Gemeinschaft i.S.d. § 7 Abs. 3 Nr. 3 lit. b SGB II bestand. Eine Bedarfsgemeinschaft mit der Mitbewohnerin ist für die Rückforderung in dem von dem Beklagten noch erhobenen Umfang ohnehin nicht relevant. Sollte eine eheähnliche Gemeinschaft bestanden haben, würde sich die Rückforderung nur erhöhen, nicht aber verringern können. Denn auch bei einer Bedarfsgemeinschaft mit der Mitbewohnerin wären dem Kläger nur die hälftigen Kosten der Unterkunft und Heizung zuzurechnen.
Sind die Kosten der Unterkunft im Sinne des § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II ohne besondere Vereinbarung der Nutzer nach dem "Kopfteilprinzip" zuzuordnen, sind hier für die Leistungen an den Kläger jeweils die Hälfte der monatlichen Miete und Betriebskosten zu berücksichtigen. Für die Zeit ab Antragstellung, d.h. ab 2. Februar 2005, betrug die monatliche Miete 295 EUR und es waren monatliche Vorauszahlungen für Betriebskosten in Höhe von 70 EUR sowie für die Gasversorgung (Heizung einschließlich Warmwasserbereitung) in Höhe von 59 EUR zu zahlen. Die zu berücksichtigenden monatlichen Kosten errechnen sich mit ½ der Gesamtkosten, also 206,03 EUR (147,05 EUR + 35 EUR + 29,50 EUR abzüglich 5,97 EUR). Die Abweichung von den tatsächlichen Kosten ergibt sich wegen des Abzugs der bereits in der Regelleistung enthaltenen Anteile für die Bereitung von Warmwasser, nämlich 5,97 Euro (vgl. BSG v. 27.02.2008 – B 14/11b AS 15/07 R). Da aufgrund der Antragstellung am 2. Februar 2005 nur für 27 von 30 Tagen Anspruch bestand (Anteil 27/30), ergibt sich ein Leistungsanteil von 185,43 Euro. Zuzüglich der anteiligen Regelleistung von 297,90 EUR (331 EUR - 27 / 30) ergibt sich ein Leistungsanspruch von insgesamt 483,33 EUR (gerundet 483 EUR) für den Monat Februar 2005.
Ab März 2005 erhöhten sich die monatlichen Vorauszahlungen für die Gasversorgung, so dass die Berechnung einen monatlichen Gesamtanspruch von gerundet 539 EUR ergibt (331 EUR + (365 EUR + 62 EUR – 11,94 EUR)/2 = 538,53 EUR).
Bewilligt und ausgezahlt waren für Februar 2005 stattdessen 669,94 EUR und für die Zeit vom 1. März 2005 bis zum 30. Juni 2005 monatlich 744,38 EUR. Der Kläger hat damit für den Februar 2005 186,94 EUR und nachfolgend für die Monate März bis Juni 2005 205,38 Euro monatlich (821,25 EUR), insgesamt 1.008,46 EUR zu hohe Leistungen erhalten.
Die Rücknahme der also fehlerhaft zu hohen Bewilligung ist insoweit gerechtfertigt, weil dem Kläger kein Vertrauensschutz einzuräumen ist. Der Senat ist überzeugt, dass der Kläger die zu hohe Bewilligung und damit auch die Rechtswidrigkeit der Bewilligung zumindest grob fahrlässig nicht erkannt hat. Grobe Fahrlässigkeit im Sinne des § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 Hs. 2 SGB X liegt vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat. Grob fahrlässig handelt danach derjenige, der die erforderliche Sorgfalt in ungewöhnlich hohem Maß verletzt und unbeachtet lässt, was im gegebenen Fall jedem hätte einleuchten müssen (vgl. BSG v. 28.11.1978 - 4 RJ 130/77 – BSGE 47, 180 m.w.N.). Dabei ist kein rein objektiver Maßstab anzulegen. Maßgebend sind auch die persönliche Urteils- und Kritikfähigkeit, das Einsichtsvermögen und Verhalten des Betroffenen sowie die besonderen Umstände des Falles. Wenn dem Kläger, der die Kenntnisnahme der schriftlichen Bewilligungsentscheidung nie in Abrede gestellt hat, die Rechtswidrigkeit der Bewilligung verschlossen blieb, obwohl in dem Berechnungsbogen die Höhe der Bewilligung von Leistungen für die Unterkunft und Heizung von 413,38 EUR monatlich ausgeführt wird, ist dies als grob fahrlässig anzusehen. Aus Sicht des Senats war für den Kläger unter Beachtung seiner in der mündlichen Verhandlung erkennbar gewordenen hohen intellektuellen Einsichtsfähigkeit bei Durchsicht der schriftlichen Bewilligung schon bei leichtester Geistesanstrengung erkennbar, dass diese Bewilligung falsch ist. Denn schon in der Antragsphase hatte der Kläger die ihm zuzuordnenden Kostenanteile wegen der Kosten der Unterkunft und Heizung anders als die Arge, d.h. richtig erkannt. Dies wird aus den Angaben des Klägers zur Miete im Schreiben vom 21. März 2005 "trage die Hälfte" bzw. im Zusatzblatt 1 z.B. "295,00/2P" deutlich. Auch unter Außerachtlassung des Fehlens juristischer Kenntnisse auf dem Gebiet des SGB II hätte der Kläger also aus seiner Sicht nur erwarten können, dass die Leistungsbewilligung die Hälfte der Kosten berücksichtigt. Dass dies nicht der Fall ist, kann beim Lesen der Bewilligungsentscheidung bzw. der Anlage auf den ersten Blick erkannt werden. Die explizite Bewilligung von Leistungen für die Kosten der Unterkunft in Höhe von monatlich 413,38 EUR liegt nahezu bei der Gesamtsumme der gemeinsamen Belastung der Mitbewohner, nämlich monatlich 424 EUR. Der Kläger konnte auch nicht nur leicht fahrlässig davon ausgehen, dass die von seiner eigenen Bewertung abweichende Bewilligung richtig war. Dabei verkennt der Senat nicht, dass auch von einem Volljuristen nicht verlangt werden kann, dass er ohne weiteres erkennt, was ihm als Anspruch nach dem SGB II zusteht. Aber schon bei flüchtigem Lesen hätte ihn die Berücksichtigung bzw. Zahlung der nahezu vollständigen Miete der Wohngemeinschaft "stutzig machen" müssen und dann zu der Einsicht führen müssen, dass die Bewilligung falsch ist. Die Mitmieterin hatte keinen Anspruch nach dem SGB II geltend gemacht. Der Kläger hat auch nicht für sie den Antrag gestellt und die Beziehung als bloße Wohngemeinschaft dargestellt. Damit steht die Mitbewohnerin auch aus Sicht eines mit der Materie des SGB II nicht vertrauten Leistungsberechtigten in keinem rechtlichen Anspruchsverhältnis mit der Arge, so dass es keinen nachvollziehbaren Grund gab, ihren Mietanteil zu berücksichtigen bzw. hierfür Leistungen an den Kläger auszuzahlen.
Ist ein Vertrauensschutz gemäß § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 SGB X ausgeschlossen, hindert der Verbrauch der erhaltenen Leistungen nicht die Rücknahme der Bewilligung.
Die Rücknahme erfolgte fristgerecht im Sinne des § 45 Abs. 3 und 4 SGB X.
Entgegen der Ansicht des Klägers ist die Rücknahme der Bewilligung nicht erst ab der Bekanntgabe der Bewilligungsentscheidung bzw. ab dem 4. Mai 2005 möglich. Die Zulässigkeit der rückwirkenden Rücknahme im Fall der Bösgläubigkeit folgt schon aus § 45 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 Hs. 2 und Abs. 4 SGB X selbst. Richtig ist, dass für den Zeitpunkt der Bösgläubigkeit auf die Bekanntgabe des Verwaltungsakts (d.h. der endgültigen Bewilligung) abzustellen ist (vgl. BSG v. 22.03.1995 - 10 RKg 10/89 - SozR 3-1300 § 45 Nr. 24). Mithin ist die Kenntnis oder das Kennenmüssen im Zeitpunkt der Zahlung des Vorschusses oder die erst nach der Bekanntgabe erlangte Kenntnis bzw. grobfahrlässige Unkenntnis irrelevant. Dem Kläger ist hier aber das Nichterkennen der Rechtswidrigkeit bei Bekanntgabe vorzuwerfen. Damit erfasst die Vorwerfbarkeit aber den gesamten Regelungsumfang bzw. –zeitraum der Bewilligungsentscheidung, so dass sich die Rücknahme nicht beschränken muss.
Ermessen war bei der Rücknahme gemäß § 330 Abs. 2 SGB III nicht auszuüben.
Für die Berücksichtigung eines Mitverschuldens der Arge ist im Rahmen einer Rücknahme nach § 45 Abs. 1 und 2 Satz 3 Nr. 3 SGB X kein Raum.
Die Erstattungsforderung gründet auf § 50 Abs. 1 SGB X und richtet sich nach der Höhe der Rücknahme der Bewilligung. Die Rücknahme war sogar im ursprünglichen Umfang berechtigt.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Abs. 1 und 4 SGG und orientiert sich am Verfahrensausgang. Das Obsiegen des Klägers wegen des Teilanerkenntnisses des Beklagten ist als geringfügig anzusehen.
Gründe für die Zulassung der Revision im Sinne des § 160 Abs. 2 SGG bestehen nicht.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger wendet sich gegen eine Rücknahme- und Erstattungsentscheidung über die Rückforderung fehlerhaft zu hoch erbrachter Leistungen für die Kosten der Unterkunft und Heizung nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II).
Der am ... 1974 geborene Antragsteller trat nach dem Ende seines Studiums der Rechtswissenschaften am 2. Mai 2002 als beamteter Referendar in den juristischen Vorbereitungsdienst des L S -A. ein. Am 26. Januar 2005 bestand der Kläger die Zweite juristische Staatsprüfung. Der Kläger wohnte seit dem 1. Juli 2003 zusammen mit Frau A. N ... in der Wohnung F ...straße.in H (S ) in einer gemeinsam angemieteten 3-Raum-Wohnung. Als monatliche Miete waren 295 EUR nebst einer Betriebskostenvorauszahlung von 70 EUR monatlich vereinbart. Für die Versorgung mit Gas für Heizung einschließlich Warmwasserbereitung waren im Jahr 2005 zunächst monatliche Abschläge in Höhe von 59 EUR zu leisten.
Am 2. Februar 2005 stellte der Kläger erstmals einen Antrag auf Leistungen nach dem SGB II. Hierbei erklärte er: Er sei ledig und alleinstehend. Derzeit habe er kein weiteres Einkommen. Die Wohnung habe eine Gesamtfläche von 70 m², wovon er eine Wohnfläche von 35 m² selbst nutze. Die Miete betrage insgesamt 365 EUR. Hiervon habe er 182,50 EUR monatlich zu tragen. Für die Versorgung mit Gas habe er alleine 29,50 EUR monatlich zu tragen. Von den weiteren Nebenkosten trage er ebenfalls die Hälfte in Höhe von 35 EUR monatlich. Mit Frau A N ... bestehe eine Wohngemeinschaft.
Mit einer Zwischennachricht vom 16. März 2005 gab die Arge SGB II H GmbH (Rechtsvorgängerin des Beklagten, zukünftig: Arge) dem Kläger bekannt, dass sie über seinen Antrag auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts noch nicht abschließend entscheiden könne, da vom Kläger noch Unterlagen zum Einkommen und Vermögen auszufüllen seien. Ebenso werde der Nachweis der T ...Krankenkasse benötigt, dass der Kläger im Rahmen seines Alg II-Bezuges pflichtversichert werden könne. Die Arge gewährte dem Kläger einen monatlichen Vorschuss in Höhe von 669,94 EUR und führte zur Begründung aus, dass die Bearbeitung voraussichtlich noch einige Zeit in Anspruch nehmen werde. Der Vorschuss sei auf die zustehende Sozialleistung anzurechnen, so dass sich die Leistung um den genannten Betrag verringern werde. Sollte der Vorschussbetrag die zustehende Leistung übersteigen, sei er in Höhe des übersteigenden Betrages zu erstatten.
Der Kläger antwortete der Arge unter dem 21. März 2005 und führte unter anderem aus, dass er kein weiteres Einkommen bzw. Vermögen über den gesetzlich eingeräumten Freibeträgen habe. Zudem teilte er der Arge mit, dass sich seit dem Monat März 2005 die Heizkostenpauschale auf monatlich 62 EUR erhöht habe. Davon trage er einen hälftigen Anteil in Höhe von 31 EUR. Dem Schreiben fügte er ein neu ausgefülltes Zusatzblatt zur Feststellung der angemessenen Kosten für Unterkunft und Heizung bei, in dem der Kläger die jeweiligen Kostenpositionen durch zwei Personen teilte.
Mit Bescheid vom 4. Mai 2005 bewilligte die Arge dem Kläger Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II für den Zeitraum vom 2. Februar 2005 bis zum 31. Juli 2005. Für den Monat Februar 2005 bewilligte die Arge dem Kläger 669,94 EUR und für die Zeit vom 1. März 2005 bis zum 31. Juli 2005 monatlich 744,38 EUR. Dem Bescheid lag ein Berechnungsbogen bei, aus dem ersichtlich wurde, dass dem Kläger eine monatliche Regelleistung in Höhe von 331 EUR zuzüglich Leistungen für die Unterkunft und Heizung in Höhe von monatlich 413,38 EUR gewährt wurden.
Mit Schreiben vom 3. Juni 2005 gab die Arge dem Kläger Gelegenheit, sich zu dem ihrer Ansicht nach ungerechtfertigt hohen Leistungsbezug seit dem 2. Februar 2005 zu äußern. Seither erhalte er aufgrund eines Fehlers Leistungen in Höhe von monatlich 744,38 EUR. Es habe allerdings nur ein Leistungsanspruch in Höhe von monatlich 538,92 EUR bestanden. Die Kosten der Unterkunft seien vollständig bei dem Kläger berücksichtigt worden, obwohl er nach seinen Angaben bei Antragstellung mit Frau N ...in einer Wohngemeinschaft lebe. Somit seien die Unterkunftskosten für die Wohnung bei ihm nur zur Hälfte zu berücksichtigen gewesen. Der Kläger habe die Überzahlung zwar nicht verursacht, aber erkennen können, dass die Voraussetzungen für die Leistung in der gezahlten Höhe nicht vorlagen. Es ergebe sich eine Überzahlung in Höhe von insgesamt 1.007,86 EUR für den Zeitraum vom 2. Februar 2005 bis zum 30. Juni 2005.
Mit einem an die Arge gerichteten Schreiben vom 14. Juni 2005 erklärte der Kläger, dass es ihm nicht möglich gewesen sei, den Berechnungsfehler zu erkennen. Die Berechnungen seien für ihn weder im Ergebnis noch der Höhe nach anhand der einzelnen Posten nachvollziehbar gewesen. Selbst die genannten Kosten der Unterkunft und Heizung stimmten nicht annähernd mit den von ihm im Antrag angegebenen Beträgen überein. Nachdem mehr als drei Monate nach der Antragstellung vergangen waren, sei er davon ausgegangen, dass der Bescheid rechnerisch korrekt sei. Im Vertrauen auf die Richtigkeit des Bescheides habe er Dispositionen getroffen, die er ohne die gezahlten Beträge nicht habe treffen können. Er habe sich zur Verbesserung seiner Vermittlungschancen einen Computer und einen Monitor gekauft. Von dem verbliebenen Geld habe er verschiedene Sportartikel erworben.
Mit Bescheid vom 10. November 2005 nahm die Arge ihren Bescheid vom 4. Mai 2005 über die Bewilligung der Leistungen im Zeitraum vom 2. Februar 2005 bis zum 30. Juni 2005 teilweise in Höhe von 1.007,86 EUR zurück und forderte den Kläger zur Erstattung des Betrages auf. Zur Begründung führte sie aus: Die Kosten der Unterkunft seien in voller Höhe berücksichtigt worden. Da der Kläger jedoch mit Frau N ... in einer Wohngemeinschaft lebe, seien die Kosten der Unterkunft nur zur Hälfte zu berücksichtigen gewesen. Die Bewilligung sei daher rechtswidrig gewesen. Der Kläger könne sich nicht auf Vertrauen berufen. Er habe die fehlerhafte Bewilligung der Leistungen gekannt bzw. erkennen müssen.
Den Widerspruch des Klägers gegen den Bescheid vom 10. November 2005 wies die Arge zurück (Widerspruchsbescheid vom 4. April 2006): Der Kläger habe dem Bewilligungsbescheid vom 4. Mai 2005 und dem beigefügten Berechnungsbogen entnehmen können, dass als Kosten der Unterkunft und Heizung jeweils ein Betrag angesetzt worden sei, der die gesamten nachgewiesenen Kosten der Wohnung umfasse.
Am 4. Mai 2006 hat der Kläger bei dem Sozialgericht Halle (SG) Klage gegen den Bescheid der Arge in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4. April 2006 erhoben.
Das SG hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 14. Mai 2007 abgewiesen: Die Arge habe den Bescheid vom 4. Mai 2005 zu Recht durch den Bescheid vom 10. November 2005 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 4. April 2006 teilweise für den Monat Februar 2005 in Höhe von 186,02 EUR und für die Monate März bis Juni 2005 in Höhe von 205,46 EUR monatlich aufgehoben. Es sei davon auszugehen, dass der Kläger die Rechtswidrigkeit des Bescheides vom 4. Mai 2005 infolge grober Fahrlässigkeit nicht erkannt habe. Der Kläger sei Volljurist, so dass bei ihm überdurchschnittliche Erwartungen an die Urteils- und Kritikfähigkeit gestellt werden könnten. Aus den in der Verwaltungsakte enthaltenen Unterlagen gehe hervor, dass der Kläger selbst davon ausgegangen sei, nur einen Anspruch auf die hälftigen Unterkunftskosten zu haben. Es sei daher wenig glaubhaft, wenn der Kläger nunmehr nicht erkannt haben wolle, dass die Höhe der gewährten Kosten für Unterkunft und Heizung fehlerhaft gewesen sei. Wenn der Kläger fast den doppelten Betrag als die von ihm selbst angegebenen hälftigen Unterkunftskosten als Leistung gewährt erhalte, habe er sich zwangsläufig fragen müssen, wie die höhere Gewährung zustande gekommen sei. Zweifel an der Leistungsgewährung habe er im Übrigen in seinem Widerspruch eingeräumt, wenn er ausführe, dass die aufgeführten Berechnungen weder im Ergebnis noch anhand der einzelnen Rechnungsposten nachvollziehbar seien. Damit gebe der Kläger zu erkennen, dass er sich mit den Berechnungen im Bescheid auseinandergesetzt habe und dass ihm Zweifel an der deren Richtigkeit gekommen seien. Die im Widerspruchsbescheid angegebenen Rückforderungsbeträge seien zutreffend ermittelt worden.
Am 3. Juli 2007 hat der Kläger gegen den ihm am 4. Juni 2007 zugestellten Gerichtsbescheid Berufung eingelegt und wie folgt begründet: Er habe die Rechtswidrigkeit des Bescheides vom 4. Mai 2005 nicht infolge grober Fahrlässigkeit nicht erkannt. Sein Vertrauen in den Bestand der Bewilligung sei schutzwürdig. Er habe die erbrachten Leistungen im Vertrauen auf deren Richtigkeit verbraucht. Er habe nachweislich Anschaffungen im Gesamtwert von 1.028,75 EUR getätigt. Im Übrigen habe er allenfalls im Zeitpunkt des Zugangs des ursprünglichen Bewilligungsbescheides überhaupt Kenntnis von der Zusammensetzung der Leistungen haben können, so dass aus diesem Grunde eine Rückforderung für die Monate Februar bis einschließlich April 2005 ausgeschlossen sei. Darüber hinaus sei ihm für die Prüfung des Bescheides auch eine angemessene Zeit zu gewähren gewesen. Man könne von einem frisch examinierten Volljuristen kurz nach dem Inkrafttreten des SGB II kein Detailwissen zu der Berechnung von ALG II unterstellen. Er habe nicht wissen können, was ihm als Anspruch zustehe. Das SG verkenne den Maßstab für ein grob fahrlässiges Verhalten und könne aus seiner Widerspruchsbegründung nicht entnehmen, dass er Zweifel gehabt habe. Das SG habe nicht berücksichtigt, dass der Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 10. November 2005 keine Ermessensausübung erkennen lasse. Bei ihrer Entscheidung habe die Arge berücksichtigen müssen, dass der Fehler auf ihr Verhalten zurückzuführen sei. Die Eintragungen zur Höhe der Kosten der Unterkunft im Antragsformular seien zum Teil von einer Sachbearbeiterin vorgenommen worden.
In der mündlichen Verhandlung hat der Beklagte erklärt, er reduziere die Rückforderungssumme nach dem Bescheid der Arge vom 10. November 2005 auf noch 995,93 Euro. Der Kläger hat das Teilanerkenntnis des Beklagten angenommen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Halle vom 14. Mai 2007 und den Bescheid der ARGE SGB II H vom 10. November 2005 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 4. April 2006 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
Die Berufung zurückzuweisen.
Er hält die über sein Teilanerkenntnis hinausgehende Berufung des Klägers für unbegründet: Dem Kläger sei kein Vertrauensschutz einzuräumen. Er habe die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts gekannt oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht erkannt. Aufgrund seines individuellen Einsichtsvermögens habe der Kläger anhand einfachster Überlegungen erkennen können, dass eine Gewährung der vollen Mietkosten nicht korrekt gewesen sein konnte. Selbst wenn man dem Kläger zugute halte, dass er keine umfassenden Kenntnisse des gerade in Kraft getretenen Gesetzes gehabt habe, habe ihm auffallen müssen, dass ihm allein nicht die vollen Mietkosten zustehen, wenn die Wohnung durch zwei Mitglieder einer Wohngemeinschaft genutzt wurde. Der Kläger habe zudem mit seinen eigenen Einträgen in den Antragsformularen den eigenen Anteil beziffert.
Die Gerichtsakte und die Verwaltungsakte des Beklagten haben vorgelegen und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Sachvortrages der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakte ergänzend verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers ist nicht erfolgreich.
Sie ist fristgerecht im Sinne des § 151 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) eingelegt. Die Berufung ist auch im Übrigen zulässig. Insbesondere ist sie nicht nach § 144 Abs. 1 SGG ausgeschlossen.
Gegenstand der Berufung ist der die Anfechtungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1 SGG) des Klägers gegen den Verwaltungsakt der Arge vom 10. November 2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4. April 2006 zurückweisende Gerichtsbescheid des SG.
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des SG ist aber nicht begründet. Die angefochtenen Entscheidungen der Arge sind nicht zu beanstanden.
Der Verwaltungsakt der Arge vom 10. November 2005 ist formell rechtmäßig. Insbesondere ist der Kläger mit Schreiben vom 3. Juni 2005 vor dem Erlass des Verwaltungsakts wirksam im Sinne des § 24 des Sozialgesetzbuches Zehntes Buch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz (SGB X) zu der beabsichtigten Entscheidung durch die Arge angehört worden, weil er Gelegenheit hatte, sich zu den für die Rücknahme und Erstattung relevanten Tatsachen zu äußern.
Rechtliche Grundlage für die Rücknahmeentscheidung der Arge sind § 40 Abs. 1 Satz 1 SGB II i.V.m. § 45 SGB X, § 40 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB II i.V.m. § 330 Abs. 2 des Sozialgesetzbuches Drittes Buch – Arbeitsförderung (SGB III). Ist ein Verwaltungsakt, der einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), rechtswidrig, darf er, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, nur unter Einschränkungen ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder die Vergangenheit zurückgenommen werden (§ 45 Abs. 1 SGB X). Ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt darf nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist (§ 45 Abs. 2 Satz 1 SGB X). Schutzwürdigkeit liegt dann vor, wenn der Begünstigte die erbrachten Leistungen verbraucht oder Vermögensdispositionen getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann (§ 45 Abs. 2 Satz 2 SGB X). Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte allerdings dann nicht berufen, wenn er die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte (§ 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 SGB X). Liegen die Voraussetzungen des § 45 Abs. 2 Satz 3 SGB X vor, ist der Verwaltungsakt abweichend von den allgemeinen Regelungen zwingend mit Wirkung auch für die Vergangenheit zurückzunehmen (§ 330 Abs. 2 SGB III).
Der begünstigende Verwaltungsakt der Arge vom 4. Mai 2005 war rechtswidrig. Dem Kläger waren durch den Bescheid ungerechtfertigt Leistungen für die Kosten der Unterkunft und Heizung ohne Berücksichtigung des sog. "Kopfteilprinzips" (vgl. Bundessozialgericht – BSG – v. 27.02.2008 - B 14/11b AS 55/06 R) bewilligt worden. Nutzen mehrere Personen eine Unterkunft gemeinsam, sind ihnen die Kosten grundsätzlich nach ihrer Zahl anteilig zuzuordnen. Hiervon ist nur abzuweichen, falls eine gesonderte Vereinbarung (Untermiete etc.) die Kosten wirksam anders verteilt. Eine solche Vereinbarung zwischen dem Kläger und seiner Mitmieterin gab es aber nicht. In den Antragsformularen hat der Kläger für das Innenverhältnis zwischen den Mietern eine hälftige Regelung zur Kostenverteilung dargestellt. Zwar sind die Antragsangaben vom 2. Februar 2005 zu den Kosten der Unterkunft überwiegend in grüner Tinte, d.h. durch die Sachbearbeitung der Arge erfolgt. Allerdings werden diese Angaben durch das später im März 2005 selbst eingereichte "Zusatzblatt 1" vom Kläger wiederholt. Im Übrigen hat der Kläger die ursprünglichen Antragsangaben durch seine Unterschrift unter die Versicherung, "dass die Angaben zutreffen", genehmigt. Der Kläger bestreitet auch nicht, dass die Kosten für die Unterkunft und Heizung von ihm und seiner damaligen Mitbewohnerin gemeinsam getragen wurden.
Der tatsächliche Grundsicherungsanspruch des Klägers ergibt sich mithin aus der für ihn zutreffenden Regelleistung von 331 EUR monatlich (§ 20 Abs. 2 SGB II) und der Berücksichtigung der hälftigen Kosten der Unterkunft und Heizung gemäß § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II.
Der Senat hat keine Anhaltspunkte, dass zwischen dem Kläger und der mit ihm zusammenlebenden Person eine sog. eheähnliche Gemeinschaft i.S.d. § 7 Abs. 3 Nr. 3 lit. b SGB II bestand. Eine Bedarfsgemeinschaft mit der Mitbewohnerin ist für die Rückforderung in dem von dem Beklagten noch erhobenen Umfang ohnehin nicht relevant. Sollte eine eheähnliche Gemeinschaft bestanden haben, würde sich die Rückforderung nur erhöhen, nicht aber verringern können. Denn auch bei einer Bedarfsgemeinschaft mit der Mitbewohnerin wären dem Kläger nur die hälftigen Kosten der Unterkunft und Heizung zuzurechnen.
Sind die Kosten der Unterkunft im Sinne des § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II ohne besondere Vereinbarung der Nutzer nach dem "Kopfteilprinzip" zuzuordnen, sind hier für die Leistungen an den Kläger jeweils die Hälfte der monatlichen Miete und Betriebskosten zu berücksichtigen. Für die Zeit ab Antragstellung, d.h. ab 2. Februar 2005, betrug die monatliche Miete 295 EUR und es waren monatliche Vorauszahlungen für Betriebskosten in Höhe von 70 EUR sowie für die Gasversorgung (Heizung einschließlich Warmwasserbereitung) in Höhe von 59 EUR zu zahlen. Die zu berücksichtigenden monatlichen Kosten errechnen sich mit ½ der Gesamtkosten, also 206,03 EUR (147,05 EUR + 35 EUR + 29,50 EUR abzüglich 5,97 EUR). Die Abweichung von den tatsächlichen Kosten ergibt sich wegen des Abzugs der bereits in der Regelleistung enthaltenen Anteile für die Bereitung von Warmwasser, nämlich 5,97 Euro (vgl. BSG v. 27.02.2008 – B 14/11b AS 15/07 R). Da aufgrund der Antragstellung am 2. Februar 2005 nur für 27 von 30 Tagen Anspruch bestand (Anteil 27/30), ergibt sich ein Leistungsanteil von 185,43 Euro. Zuzüglich der anteiligen Regelleistung von 297,90 EUR (331 EUR - 27 / 30) ergibt sich ein Leistungsanspruch von insgesamt 483,33 EUR (gerundet 483 EUR) für den Monat Februar 2005.
Ab März 2005 erhöhten sich die monatlichen Vorauszahlungen für die Gasversorgung, so dass die Berechnung einen monatlichen Gesamtanspruch von gerundet 539 EUR ergibt (331 EUR + (365 EUR + 62 EUR – 11,94 EUR)/2 = 538,53 EUR).
Bewilligt und ausgezahlt waren für Februar 2005 stattdessen 669,94 EUR und für die Zeit vom 1. März 2005 bis zum 30. Juni 2005 monatlich 744,38 EUR. Der Kläger hat damit für den Februar 2005 186,94 EUR und nachfolgend für die Monate März bis Juni 2005 205,38 Euro monatlich (821,25 EUR), insgesamt 1.008,46 EUR zu hohe Leistungen erhalten.
Die Rücknahme der also fehlerhaft zu hohen Bewilligung ist insoweit gerechtfertigt, weil dem Kläger kein Vertrauensschutz einzuräumen ist. Der Senat ist überzeugt, dass der Kläger die zu hohe Bewilligung und damit auch die Rechtswidrigkeit der Bewilligung zumindest grob fahrlässig nicht erkannt hat. Grobe Fahrlässigkeit im Sinne des § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 Hs. 2 SGB X liegt vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat. Grob fahrlässig handelt danach derjenige, der die erforderliche Sorgfalt in ungewöhnlich hohem Maß verletzt und unbeachtet lässt, was im gegebenen Fall jedem hätte einleuchten müssen (vgl. BSG v. 28.11.1978 - 4 RJ 130/77 – BSGE 47, 180 m.w.N.). Dabei ist kein rein objektiver Maßstab anzulegen. Maßgebend sind auch die persönliche Urteils- und Kritikfähigkeit, das Einsichtsvermögen und Verhalten des Betroffenen sowie die besonderen Umstände des Falles. Wenn dem Kläger, der die Kenntnisnahme der schriftlichen Bewilligungsentscheidung nie in Abrede gestellt hat, die Rechtswidrigkeit der Bewilligung verschlossen blieb, obwohl in dem Berechnungsbogen die Höhe der Bewilligung von Leistungen für die Unterkunft und Heizung von 413,38 EUR monatlich ausgeführt wird, ist dies als grob fahrlässig anzusehen. Aus Sicht des Senats war für den Kläger unter Beachtung seiner in der mündlichen Verhandlung erkennbar gewordenen hohen intellektuellen Einsichtsfähigkeit bei Durchsicht der schriftlichen Bewilligung schon bei leichtester Geistesanstrengung erkennbar, dass diese Bewilligung falsch ist. Denn schon in der Antragsphase hatte der Kläger die ihm zuzuordnenden Kostenanteile wegen der Kosten der Unterkunft und Heizung anders als die Arge, d.h. richtig erkannt. Dies wird aus den Angaben des Klägers zur Miete im Schreiben vom 21. März 2005 "trage die Hälfte" bzw. im Zusatzblatt 1 z.B. "295,00/2P" deutlich. Auch unter Außerachtlassung des Fehlens juristischer Kenntnisse auf dem Gebiet des SGB II hätte der Kläger also aus seiner Sicht nur erwarten können, dass die Leistungsbewilligung die Hälfte der Kosten berücksichtigt. Dass dies nicht der Fall ist, kann beim Lesen der Bewilligungsentscheidung bzw. der Anlage auf den ersten Blick erkannt werden. Die explizite Bewilligung von Leistungen für die Kosten der Unterkunft in Höhe von monatlich 413,38 EUR liegt nahezu bei der Gesamtsumme der gemeinsamen Belastung der Mitbewohner, nämlich monatlich 424 EUR. Der Kläger konnte auch nicht nur leicht fahrlässig davon ausgehen, dass die von seiner eigenen Bewertung abweichende Bewilligung richtig war. Dabei verkennt der Senat nicht, dass auch von einem Volljuristen nicht verlangt werden kann, dass er ohne weiteres erkennt, was ihm als Anspruch nach dem SGB II zusteht. Aber schon bei flüchtigem Lesen hätte ihn die Berücksichtigung bzw. Zahlung der nahezu vollständigen Miete der Wohngemeinschaft "stutzig machen" müssen und dann zu der Einsicht führen müssen, dass die Bewilligung falsch ist. Die Mitmieterin hatte keinen Anspruch nach dem SGB II geltend gemacht. Der Kläger hat auch nicht für sie den Antrag gestellt und die Beziehung als bloße Wohngemeinschaft dargestellt. Damit steht die Mitbewohnerin auch aus Sicht eines mit der Materie des SGB II nicht vertrauten Leistungsberechtigten in keinem rechtlichen Anspruchsverhältnis mit der Arge, so dass es keinen nachvollziehbaren Grund gab, ihren Mietanteil zu berücksichtigen bzw. hierfür Leistungen an den Kläger auszuzahlen.
Ist ein Vertrauensschutz gemäß § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 SGB X ausgeschlossen, hindert der Verbrauch der erhaltenen Leistungen nicht die Rücknahme der Bewilligung.
Die Rücknahme erfolgte fristgerecht im Sinne des § 45 Abs. 3 und 4 SGB X.
Entgegen der Ansicht des Klägers ist die Rücknahme der Bewilligung nicht erst ab der Bekanntgabe der Bewilligungsentscheidung bzw. ab dem 4. Mai 2005 möglich. Die Zulässigkeit der rückwirkenden Rücknahme im Fall der Bösgläubigkeit folgt schon aus § 45 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 Hs. 2 und Abs. 4 SGB X selbst. Richtig ist, dass für den Zeitpunkt der Bösgläubigkeit auf die Bekanntgabe des Verwaltungsakts (d.h. der endgültigen Bewilligung) abzustellen ist (vgl. BSG v. 22.03.1995 - 10 RKg 10/89 - SozR 3-1300 § 45 Nr. 24). Mithin ist die Kenntnis oder das Kennenmüssen im Zeitpunkt der Zahlung des Vorschusses oder die erst nach der Bekanntgabe erlangte Kenntnis bzw. grobfahrlässige Unkenntnis irrelevant. Dem Kläger ist hier aber das Nichterkennen der Rechtswidrigkeit bei Bekanntgabe vorzuwerfen. Damit erfasst die Vorwerfbarkeit aber den gesamten Regelungsumfang bzw. –zeitraum der Bewilligungsentscheidung, so dass sich die Rücknahme nicht beschränken muss.
Ermessen war bei der Rücknahme gemäß § 330 Abs. 2 SGB III nicht auszuüben.
Für die Berücksichtigung eines Mitverschuldens der Arge ist im Rahmen einer Rücknahme nach § 45 Abs. 1 und 2 Satz 3 Nr. 3 SGB X kein Raum.
Die Erstattungsforderung gründet auf § 50 Abs. 1 SGB X und richtet sich nach der Höhe der Rücknahme der Bewilligung. Die Rücknahme war sogar im ursprünglichen Umfang berechtigt.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Abs. 1 und 4 SGG und orientiert sich am Verfahrensausgang. Das Obsiegen des Klägers wegen des Teilanerkenntnisses des Beklagten ist als geringfügig anzusehen.
Gründe für die Zulassung der Revision im Sinne des § 160 Abs. 2 SGG bestehen nicht.
Rechtskraft
Aus
Login
SAN
Saved