L 5 AS 325/11 B

Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
5
1. Instanz
SG Dessau-Roßlau (SAN)
Aktenzeichen
S 12 AS 885/11 ER
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 5 AS 325/11 B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Dessau-Roßlau vom 14. Juli 2011 wird zurückgewiesen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Die Antragstellerin und Beschwerdeführerin wendet sich gegen einen Beschluss des Sozialgerichts Dessau-Roßlau (SG), das ihren Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) für ein inzwischen erledigtes Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes abgelehnt hat. In diesem begehrte sie die Gewährung von Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für den Monat Mai 2011 als Zuschuss und die Monate Juni und Juli 2011 als Darlehen.

Die am 1984 geborene Antragstellerin studierte vom 1. Oktober 2005 bis zum 31. März 2009 Pädagogik an der Universität J. , erzielte aber keinen Abschluss. Nach Zeiten der Arbeitslosigkeit und Absolvierung eines Freiwilligen Sozialen Jahres begann sie am 5. August 2010 eine auf drei Jahre angelegte Ausbildung zur staatlich anerkannten Erzieherin am B. gGmbH D ... Die Ausbildung erfolgt im Blockmodell; Phasen schulischer Ausbildung wechseln mit Praktikumszeiten. Praktika sollen in den Zeiträumen vom 10. Januar bis zum 25. Februar, 11. April bis 20. Mai, 22. August bis 4. November 2011 und vom 30. Januar bis zum 20. April 2012 stattfinden.

Mit Änderungsbescheid vom 30. November 2010 bewilligte die Stadt D. –R. , Amt für Ausbildungsförderung, ihr für den Zeitraum August 2010 bis Juli 2011 Ausbildungsförderung nach Aufstiegsfortbildungsförderungsgesetzes (AFBG), sog. Meister-BAföG, iHv 697,00 EUR monatlich (238,00 EUR als Zuschuss und 459,00 EUR als Darlehen). Mit der Begründung, Praktikumszeiten könnten nach dem AFBG nicht gefördert werden, hob die Stadt D. –R. mit Bescheid vom 28. Februar 2011 die Bewilligung für die Zeit ab Januar 2011 auf, bewilligte jedoch mit Bescheid vom 31. März 2011 für März 2011 erneut Leistungen. Nach Angaben der Antragstellerin sind die für Januar und Februar 2011 bereits ausgekehrten Leistungen mit den für Juni und Juli 2011 bewilligten Leistungen verrechnet worden.

Die Antragstellerin bezahlt für ein beim B. gGmbH D. angemietetes möbliertes Zimmer eine monatliche Miete iHv 99,80 EUR. Weiter fallen monatlich 64,66 EUR an Beiträgen für die Kranken- und Pflegeversicherung an.

Den Antrag vom 15. März 2011, ihr SGB II-Leistungen für den Zeitraum vom 1. April bis zum 30. Mai 2011 zu gewähren, lehnte der Antragsgegner mit Bescheid vom 5. Mai 2011 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 24. Mai 2011 ab, da die Antragstellerin dem Grunde nach Anspruch auf Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG) habe. Dagegen hat die Antragstellerin bei dem SG Klage erhoben.

Am 26. Mai 2011 hatte sie beim SG die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes beantragt und zugleich um PKH nachgesucht. Zur Begründung hatte sie ausgeführt, in ihrem Fall greife der Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 5 SGB II nicht, denn während der Praktikumszeiten sei die Ausbildung schon dem Grunde nach nicht förderungsfähig. Da sie sich gegen eine alternative Förderung nach BAB entschieden habe, liege schon kein Leistungsausschluss dem Grunde nach vor. Außerdem komme hier allenfalls Schüler-BAföG, von dem sie gemäß §§ 15, 15a BAföG ausgeschlossen sei. Im Übrigen gelte § 7 Abs. 6 Nr. 2 SGB II iVm § 12 Abs. 1 Nr. 1 BAföG. Sie besuche eine Ausbildungsstätte, die gemäß § 12 Abs. 1 Nr. 1 BAföG gefördert werde. Der Umstand, dass sie nicht bei ihren Eltern wohne und sich ihr Bedarf somit nach § 12 Abs. 1 Nr. 2 BAföG richte, führe nicht zur Unanwendbarkeit von § 7 Abs. 6 SGB II. Denn die Vorschrift erfasse alle Fälle des sog. Schüler-BAföG. Selbst wenn von einem Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 5 SGB II auszugehen sei, habe sie Anspruch auf einen Zuschuss zu den ungedeckten Kosten der Unterkunft und Heizung (KdU) gemäß § 27 Abs. 3 SGB II. Entsprechendes gelte für ihre Krankenversicherungsbeiträge. Da sie im Mai 2011 keine Leistungen nach dem AFBG wegen der Praktikumszeit erhalte, habe sie Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II iHv 463,80 EUR (Regelleistung 364,00 EUR, KdU 99,80 EUR). Zumindest sei ihr für den Zeitraum von Juni bis Juli 2011 ein Darlehen nach § 27 Abs. 4 SGB II zu gewähren, denn der Antragsgegner habe sie aufgrund seiner falschen Auskunft im August 2010 von der Beantragung von SGB II-Leistungen für die Praktikumszeit im Januar und Februar 2011 abgehalten. Weil die für Januar und Februar 2011 ausgezahlten Leistungen nach dem AFBG mit den laufenden Leistungen für Juni und Juli 2011 vollständig verrechnet würden, sei sie mittellos. Dies bedeute eine besondere Härte, die durch monatliche Darlehensleistungen iHv 541,14 EUR (Regelleistung, KdU und KV-Beiträge) zu beheben sei.

Mit Beschluss vom 13. Juli 2011 hat das SG den Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes abgelehnt. Die Antragstellerin sei gemäß § 7 Abs. 5 SGB II von dem Bezug von Grundsicherungsleistungen ausgeschlossen. Die von ihr absolvierte Ausbildung sei dem Grunde nach BAföG-förderungsfähig. Zugleich seien die Voraussetzungen einer Förderung nach dem AFBG erfüllt. Die Antragstellerin habe zwar ihr Wahlrecht zugunsten der AFBG-Förderung ausgeübt. Dies ändere jedoch nichts an der grundsätzlichen Förderungsfähigkeit der Ausbildung nach dem BAföG, die den Leistungsausschluss auslöse. Der Ausnahmetatbestand des § 7 Abs. 6 SGB II greife nicht ein. Der privilegiere nur Personen, die Schüler-BAföG bezögen und im Haushalt ihrer Eltern wohnten. Eine besondere Härte, die zu einer darlehensweisen Leistungsgewährung nach § 7 Abs. 5 Satz 2 SGB II führen könne, liege nicht vor. Die Antragstellerin habe nach ihren eigenen Angaben gewusst, dass sie während der praktischen Abschnitte ihrer Ausbildung keine Leistungen nach dem AFBG erhalte. Da sie sich in Kenntnis dieses Umstandes für die Leistungen nach diesem Gesetz entschieden habe, bestehe keine Härte im Hinblick auf die nicht geförderten Praktikumszeiten. Auch stehe sie nicht kurz vor dem Abschluss der Ausbildung. Die Aufzählung in § 27 Abs. 3 SGB II sei abschließend, sodass mangels tatsächlichen Bezugs von BAföG-Leistungen auch die Berücksichtigung eines KdU-Bedarfs nicht möglich sei. Mit Beschluss vom 14. Juli 2011 hat das SG den PKH-Antrag abgelehnt und zur Begründung auf den Beschluss vom Vortag Bezug genommen.

Am 28. Juli 2011 hat die Antragstellerin gegen beide Beschlüsse Beschwerde eingelegt und zur Begründung ihr bisheriges Vorbringen vertieft.

Nachdem das Landesverwaltungsamt mit Widerspruchsbescheid vom 28. Juli 2011 die Bescheide der Stadt D. –R. vom 28. Februar, 31. März und 31. Mai 2011 aufgehoben hatte und für die Praktikumszeiten die ausstehenden Leistungen nach dem AFBG nachgezahlt worden waren, hat sie am 7. September 2011 die Beschwerde gegen den Beschluss im einstweiligen Rechtsschutz in der Hauptsache für erledigt erklärt, die Beschwerde gegen die PKH-Ablehnung jedoch aufrecht erhalten. Die Rechtsverfolgung habe Aussicht auf Erfolg gehabt. Zumindest wäre der Antragsgegner aufgrund der rechtswidrigen Leistungsversagung durch die Stadt D. –R. verpflichtet gewesen, ihr vorläufig oder gemäß § 27 Abs. 4 SGB II Leistungen zu gewähren.

Sie beantragt,

den Beschluss des Sozialgerichts Dessau-Roßlau vom 14. Juli 2011 aufzuheben und ihr für das Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nachträglich Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt S. aus L. W. zu bewilligen.

Der Antragsgegner beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Er hält die erstinstanzlichen Beschlüsse für zutreffend.

Wegen der weiteren des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Antragsgegners ergänzend Bezug genommen. Die genannten Unterlagen waren Gegenstand der Beratung des Senats.

II.

Die Beschwerde gegen die Ablehnung des PKH-Antrags ist form- und fristgerecht erhoben und auch im Übrigen zulässig. Insoweit ist der gemäß § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG iVm § 127 Abs. 2 Satz 2 erster Halbsatz Zivilprozessordnung (ZPO) iVm § 144 Abs. 1 Satz 1 SGG maßgebliche Beschwerdewert von 750,00 EUR überschritten. Die Antragstellerin begehrte SGB II-Leistungen iHv insgesamt 1.546,08 EUR. Das SG hat PKH ausschließlich wegen mangelnder Erfolgsaussicht abgelehnt.

Nach § 73a Abs. 1 SGG iVm §§ 114 ff. ZPO ist auf Antrag PKH zu bewilligen, soweit der Antragsteller nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder -verteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.

Als hinreichend sind die Erfolgsaussichten eines Rechtsmittels einzuschätzen, wenn der Erfolg in der Hauptsache zwar nicht gewiss, eine Erfolgschance jedoch nicht unwahrscheinlich ist (vgl. Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 13. März 1990, Az.: 1 BvR 94/88, NJW 1991, S. 413 f.). PKH kommt hingegen nicht in Betracht, wenn der Erfolg in der Hauptsache zwar nicht gänzlich ausgeschlossen, die Erfolgschance aber nur eine entfernte ist (Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 17. Februar 1998, Az.: B 13 RJ 83/97 R, Soz-R 3-1500, § 62 Nr. 19).

Die Rechtsverfolgung hatte nach den vorstehenden Maßstäben keine hinreichende Aussicht auf Erfolg, sodass das SG den PKH-Antrag zu Recht abgelehnt hat. Die Antragstellerin hat keinen Anspruch auf SGB II-Leistungen und daher keinen Anordnungsanspruch gemäß § 86b Abs. 2 SGG.

Zu Recht hat das SG das Vorliegen des Leistungsausschlusses iSv § 7 Abs. 5 SGB II (bis zum 31. März 2011: § 7 Abs. 5 Satz 1 SGB II a.F.) angenommen. Insoweit verweist der Senat auf die Darlegungen im angefochtenen Beschluss und macht sie sich zu Eigen. Die Antragstellerin hat gemäß § 7 Abs. 5 Satz 1 SGB II keinen Anspruch auf Leistungen der Grundsicherung nach dem SGB II, weil sie als Auszubildende eine Ausbildung betreibt, die nach den Vorschriften des BAföG dem Grunde nach förderungsfähig ist.

Der Ausschlussregelung des § 7 Abs. 5 SGB II liegt die Erwägung zu Grunde, dass eine Ausbildungsförderung nach dem BAföG oder nach §§ 60 bis 62 Drittes Buch Sozialgesetzbuch – Arbeitsförderung (SGB III) auch die Kosten des Lebensunterhalts erfasst und die Grundsicherung nach dem SGB II nicht dazu dienen soll, durch Sicherstellung des allgemeinen Lebensunterhalts das Betreiben einer dem Grunde nach anderweitig förderungsfähigen Ausbildung zu ermöglichen. Die Ausschlussregelung im SGB II soll die nachrangige Grundsicherung (§ 3 Abs. 3 SGB II) davon befreien, eine – versteckte – Ausbildungsförderung auf zweiter Ebene zu ermöglichen. Dabei zieht allein die Förderungsfähigkeit der Ausbildung dem Grunde nach die Rechtsfolge des § 7 Abs. 5 SGB II nach sich. Individuelle Versagensgründe, die im Verhältnis zum Träger der Förderungsleistung eingetreten sind, bleiben demgegenüber außer Betracht (BSG, Urteil vom 19. August 2010, Az. B 14 AS 24/09 R, juris RN 15; BSG, Urteil vom 1. Juli 2009, Az. B 4 S 67/08 R, juris).

Unstreitig absolviert die Antragstellerin eine staatliche anerkannte Ausbildung, die nach dem BAföG dem Grunde nach förderungsfähig ist. Dass auch die Praktika zur Ausbildung gehören und dem Grunde nach förderungsfähig sind, ergibt sich schon aus dem Widerspruchsbescheid des Landesverwaltungsamts vom 28. Juli 2011. Zudem ist die Ausbildung auch nach dem AFBG förderungsfähig. Dies führt dazu, dass der Auszubildende die Wahl hat, welche Form der Ausbildungsförderung – nach dem AFGB oder nach dem BAföG – er in Anspruch nimmt. Dabei führt gemäß § 3 Nr. 1 AFBG der Bezug von BAföG-Leistungen dazu, dass eine Ausbildungsförderung nach dem AFBG nicht mehr erfolgen kann. Entsprechend regelt § 1 BAföG, dass ein Leistungsanspruch nach BAföG nur besteht, wenn dem Auszubildenden die erforderlichen Mittel für seinen Lebensunterhalt und seine Ausbildung nicht anderweitig zur Verfügung stehen. Daher werden Leistungen nach dem AFBG beim BAföG als bedarfsminderndes Einkommen angerechnet (§ 21 Abs. 3 Nr. 2 iVm § 23 Abs. 4 Nr. 2 BAföG). Durch die gesetzlichen Regelungen wird eine Kumulierung der beiden Formen der Ausbildungsförderung ausgeschlossen.

Die Ausübung des gesetzlich vorgesehenen Wahlrechts zwischen den Förderungsleistungen führt jedoch nicht dazu, dass die Ausbildung bei Wahl des sog. Meister-BAföG nicht mehr als dem Grunde nach förderungsfähig iS des BAföG anzusehen wäre. Die autonome Entscheidung der Antragstellerin ist den individuellen Ausschlussgründen zuzurechnen, die die grundsätzliche Förderungsfähigkeit der Ausbildung nicht beeinträchtigt.

Weil die Ausbildung nach dem BAföG förderungsfähig ist, kann hier dahinstehen, ob eine Förderungsfähigkeit nach dem AFBG auch den Ausschlusstatbestand nach § 7 Abs. 5 SGB II auslöst (verneinend: LSG Sachsen, Urteil vom 31. März 2011, Az.: L 3 AS 140/09, juris RN 23). Wegen des Eingreifens des Leistungsausschlusses kommt gemäß § 7 Abs. 5 SGB II eine Gewährung von Grundsicherungsleistungen allein nach § 27 SGB II in Betracht, dessen Voraussetzungen hier allerdings nicht erfüllt sind.

Entgegen ihrer Auffassung unterfällt die Antragstellerin keiner der Rückausnahmen vom Leistungsausschluss in § 7 Abs. 6 SGB II. Nach § 7 Abs. 6 Nr. 2 SGB II findet § 7 Abs. 5 SGB II keine Anwendung auf Auszubildende, deren Bedarf sich nach § 12 Abs. 1 Nr. 1 BAföG oder nach § 66 Abs. 1 Satz 1 bzw. § 106 Abs. 1 Nr. 1 SGB III bemisst. Danach gilt als monatlicher Bedarf für Schüler, die im Haushalt ihrer Eltern oder eines Elternteils leben, ein Betrag iHv 192,00 EUR.

Der Bedarf der Antragstellerin bemisst sich nicht nach § 12 Abs. 1 Nr. 1 BAföG, denn sie bezieht tatsächlich kein BAföG. Bezöge sie BAföG-Leistungen, läge gleichwohl kein Fall des § 12 Abs. 1 Nr. 1 BAföG vor, denn ihr Bedarf wäre nach § 12 Abs. 2 Nr. 1 iVm § 2 Abs. 1a BAföG zu berechnen. Wenn der Auszubildende – wie die Antragstellerin – nicht bei seinen Eltern wohnt, gilt ein anderer monatlicher Bedarf iHv 348,00 EUR.

Der Gesetzgeber hat im SGB II eine ausnahmsweise Privilegierung von den Beziehern des sog. Schüler-BAföG vorgesehen, die bei den Eltern wohnen bzw. deren Ausbildungsstätte vom Wohnort der Eltern aus erreichbar ist, weil für sie ein niedrigerer Bedarfssatz nach dem BAföG zugrunde gelegt wird. Dies führt beispielsweise dann zu Problemen, wenn die Eltern SGB II-Leistungen beziehen und auf die Zahlung von KdU-Anteilen durch den Schüler wirtschaftlich angewiesen sind. Da der mit dem BAföG verfolgte Anreiz, während der Ausbildung daheim wohnen zu bleiben, bei der Einführung des SGB II gewahrt bleiben sollte (vgl. BSG, Urteil vom 21. Dezember 2009, Az.: B 14 AS 61/08 R, juris RN 18; ebenso: Urteil des Senats vom 3. März 2011, Az.: L 5 AS 36/09, juris), hat der Gesetzgeber die Rückausnahme nur für die Fälle des § 12 Abs. 1 Nr. 1 BAföG eingeführt.

Die Auffassung der Antragstellerin, alle Bezieher von Schüler-BAföG seien leistungsberechtigt nach dem SGB II, ist mit dem Gesetz nicht vereinbar. Sie verkennt, dass lediglich die bei den Eltern wohnenden Schüler leistungsberechtigt sein sollten (vgl. Urteil des Senats vom 3. März 2011, a.a.O.).

Die Antragstellerin hat auch keinen Leistungsanspruch aus § 27 Abs. 3 SGB II. Die Vorschrift findet keine Anwendung, soweit die Antragstellerin Zuschussleistungen für die Praktikumszeit im Mai 2011 begehrt hatte. Eine Tatbestandsvoraussetzung von § 27 Abs.3 Satz 1 SGB II ist der tatsächliche Bezug von BAB oder Ausbildungsgeld nach dem SGB III oder BAföG-Leistungen bzw. der fehlende Bezug dieser Leistungen wegen der Anrechnung von Einkommen oder Vermögen. Da die Antragstellerin tatsächlich keine BAföG-Leistungen bezieht, kann sie aus § 27 Abs. 3 SGB II keinen Leistungsanspruch für sich herleiten.

Einen Anspruch auf darlehensweise Bewilligung von Leistungen gemäß § 27 Abs. 4 Satz 1 SGB II (entspricht § 7 Abs. 5 Satz 2 SGB II a.F.) hat das SG im Rahmen seiner Prüfung ebenfalls zu Recht verneint. Gemäß § 27 Abs. 4 Satz 1 SGB II können Leistungen für Regelbedarfe, Kosten der Unterkunft und Heizung und Krankenversicherungsbeiträge als Darlehen erbracht werden, wenn der Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 5 SGB II eine besondere Härte bedeutet.

Bei dem Begriff der "besonderen Härte" handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, dessen Ausfüllung im vollen Umfang der rechtlichen Prüfung durch das Gericht unterliegt. Trotz Eingreifens des Ausnahmetatbestands nach § 7 Abs. 5 Satz 1 SGB II können ausnahmsweise Leistungen bewilligt werden, wenn dies zur Sicherung des Lebensunterhalts geboten erscheint. Eine besondere Härte liegt nur dann vor, wenn im Einzelfall die Folgen des Anspruchsauschlusses über das Maß hinausgehen, das regelmäßig mit der Leistungsversagung für eine Ausbildung verbunden und vom Gesetzgeber (als Regelfall) in Kauf genommen worden ist.

Nach der Rechtsprechung des BSG zu § 7 Abs. 5 Satz 2 SGB II a.F. ist von einem besonderen Härtefall auszugehen, wenn der zuvor auf andere Weise gesicherte Lebensunterhalt (kurz) vor Abschluss der Ausbildung entfällt, oder wenn eine bislang kontinuierlich betriebene Ausbildung aufgrund konkreter Umstände des Einzelfalls, etwa wegen einer Behinderung oder Erkrankung, unterbrochen wird. Denkbar ist als Härtefall auch, wenn die Ausbildung objektiv belegbar die einzige Zugangsmöglichkeit zum Arbeitsmarkt darstellt (vgl. zum Vorst.: BSG, Urteil vom 6. September 2007, Az.: B 14/11b 36/06 R, juris RN 21–24; BSG, Urteil vom 6. September 2007, Az.: B 14/7b AS 28/06 R, juris).

Besondere Umstände für die Annahme eines Härtefalls sind vorliegend weder dargelegt noch ersichtlich. Die Ausbildung der Antragstellerin war im streitgegenständlichen Zeitraum noch nicht weit fortgeschritten; sie befand sich im ersten Jahr der dreijährigen Ausbildung. Individuelle Einschränkungen der Antragstellerin beim Zugang zum allgemeinen Arbeitsmarkt sind nicht ersichtlich.

Leistungen nach § 27 Abs. 2 iVm § 21 SGB II (Mehrbedarfe) und § 27 Abs. 5 iVm § 22 Abs. 8 SGB II (Mietschuldenübernahme) kommen vorliegend ersichtlich nicht in Betracht.

Die Antragstellerin hatte nach alledem im streitgegenständlichen Zeitraum gegen den Antragsgegner keinen Leistungsanspruch nach dem SGB II. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass der Träger der von ihr in Anspruch genommenen Ausbildungsförderung ihr diese zeitweise rechtswidrig entzogen hat. Eine rechtswidrige Versagung von Leistungen durch den ausbildungsförderungsrechtlich Leistungsverpflichteten führt nicht dazu, dass der Antragsgegner quasi als "Ausfallbürge" in Anspruch zu nehmen ist.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 127 Abs. 4 ZPO.

Dieser Beschluss ist gemäß § 177 SGG unanfechtbar.
Rechtskraft
Aus
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