Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
5
1. Instanz
SG Dessau-Roßlau (SAN)
Aktenzeichen
S 4 AS 393/08
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 5 AS 157/11 NZB
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerden gegen die Nichtzulassung der Berufung in den Urteilen des Sozialgerichts Dessau-Roßlau von 9. März 2011 (S 4 AS 393/08 und S 4 AS 394/08) werden zurückgewiesen.
Kosten sind in beiden Verfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Der Kläger wendet sich in den vorliegenden Verfahren gegen die Nichtzulassung der Berufung in zwei Urteilen des Sozialgerichts Dessau-Roßlau vom 9. März 2011, das seine Anfechtungsklagen gegen Aufhebungs- und Erstattungsbescheide des Beklagten zurückgewiesen hat.
Der Kläger bewohnt zusammen mit seiner Ehefrau und seinen beiden Kindern ein Eigenheim, für das sie neben den Betriebskosten und Heizkosten Zins- und Tilgungsleistungen zu erbringen haben. Die Familie bezieht als Bedarfgemeinschaft vom Beklagten Grundsicherungsleistungen für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch des Sozialgesetzbuches (SGB II). So bewilligte ihnen der Beklagte für die Monate März bis August 2006 mit Bescheid vom 7. Februar 2006 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 13. Mai 2006 Leistungen nach dem SGB II, mit Bescheid vom 11. August 2006 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 21. August 2006 Leistungen für die Monate September 2006 bis Februar 2007. Der Beklagte berücksichtigte neben dem Regelbedarf sowie dem ihm bekannten Einkommen auch die Kosten für Unterkunft und Heizung in der vom Kläger angegebenen Höhe. Dabei übernahm er die im Rahmen der Kreditfinanzierung zu zahlenden Schuldzinsen in voller Höhe, die Tilgungsraten dagegen nicht. Einwände erhoben der Kläger und seine Familie dagegen nicht.
Der Kläger war in der Zeit vom 8. Juni bis 13. Juli 2006 bei der Fa. Z. Baugesellschaft mbH tätig. In dieser Zeit bezog er Arbeitsentgelt, im Anschluss an das Arbeitsverhältnis für zwei Tage Krankengeld. Im März 2006 erhielten der Kläger und seine Ehefrau eine Eigenheimzulage in Höhe von insgesamt 3.165 EUR ausgezahlt. Ab 31. August 2006 nahm diese an einer Umschulung teil und bezog Übergangsgeld. Vom 11. bis 22. September 2006 war der Kläger beschäftigt bei der Fa. R. Gerüstbau.
Mit einem an den Kläger gerichteten Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 22. Februar 2007 hob der Beklagte die Leistungsbewilligung für die Bedarfsgemeinschaft teilweise für die Monate März bis August 2006, mit weiterem Bescheid vom 22. Februar 2007 teilweise für den Monat September 2006 wegen erzielten Einkommens auf. Gegen beide Bescheide legte der Kläger Widerspruch ein, woraufhin der Beklagte mit Bescheid vom 13. Dezember 2007 die Aufhebung und Erstattung ihm gegenüber für den Monat September 2006 auf 300,24 EUR und mit Bescheid vom 10. Januar 2008 für die Monate März bis August 2006 auf 706,21 EUR reduzierte. Mit Widerspruchsbescheiden jeweils vom 11. Januar 2008 wies er die Widersprüche des Klägers im Übrigen als unbegründet zurück. Der Kläger hat am 15. Februar 2008 gegen die o.g. Aufhebungs- und Erstattungsbescheide je eine Klage beim Sozialgericht erhoben. Die Rückforderungsbescheide genügten nicht den Begründungsanforderungen des § 35 des Zehnten Buches des Sozialgesetzbuches – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz (SGB X). Eine konkrete Berechnung sei erst im Widerspruchsbescheid erfolgt. Zudem sei die Jahresfrist zur Geltendmachung der Rückforderung verstrichen. Schließlich sie die Berechnung des Beklagten fehlerhaft; eine Erhaltungspauschale für das selbst genutzte Eigenheim sei nicht berücksichtigt worden. In einem am 8. Juli 2009 durchgeführten Termin zur Erörterung der Sach- und Rechtslage hat der Kläger angegeben, die Eigenheimzulage - soweit sie nicht der Schuldentilgung diente - für den Ausbau und die Instandsetzung des Hauses verwendet zu haben. Er hat im weiteren Verlauf des Verfahrens Quittungen für die in den Jahren 2005 und 2006 durchgeführten Baumaßnahmen zur Gerichtsakte gereicht.
Das Sozialgericht hat mit Urteilen vom 9. März 2011 die Klagen abgewiesen. Das vom Kläger und seiner Familie zusätzlich bezogene Einkommen in Form von Arbeitsentgelt, Krankengeld, Übergangsgeld und der Eigenheimzulage führe zu einer Minderung des Anspruchs in den Monaten März bis August 2006, und das im September 2006 erzielte zusätzliche Einkommen zu einer Minderung des Anspruchs in diesem Monat. So sei die Eigenheimzulage - soweit sie nicht der Schuldentilgung gedient habe - als Einkommen zu berücksichtigen, denn sie sei nicht nachweislich zur Finanzierung des Eigenheims verwendet worden. Die Ausgaben für Baumaterial hätten als Absetzbetrag nicht berücksichtigt werden können. Sie hätten dem Ausbau des Eigenheims, nicht seiner Finanzierung gedient. Auch im Rahmen des § 22 SGB II seien diese Ausgaben nicht zu berücksichtigen gewesen. Die Kammer sei nach Auswertung der vorgelegten Belege zu der Einschätzung gelangt, dass keine Erhaltungs- oder Reparaturmaßnahmen ausgeführt worden seien, sondern Ausbaumaßnahmen, die im Ergebnis zu einer Wertsteigerung geführt hätten. Auch eine Erhaltungspauschale sei nicht bedarfserhöhend zu berücksichtigen. Die in den Widerspruchsbescheiden vom 11. Januar 2008 vom Beklagten durchgeführten Berechnungen enthielten keine Fehler. Die streitgegenständlichen Bescheide seien schließlich hinreichend bestimmt. Es sei ausreichend, dass eine konkrete Berechnung unter Berücksichtigung der einzelnen Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft erst im Widerspruchsbescheid erfolgt sei. Nach § 95 Sozialgerichtsgesetz (SGG) sei Gegenstand der Klage der ursprüngliche Bescheid in der Gestalt des Widerspruchsbescheides. Das Sozialgericht hat jeweils die Berufung nicht zugelassen.
Gegen die ihm am 23. März 2011 zugestellten Urteile hat der Kläger jeweils am 21. April 2011 Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt. Entgegen der Auffassung des Sozialgerichts sei die Eigenheimzulage nicht zum Ausbau, sondern zur Reparatur bzw. zur Instandsetzung des Eigenheims verwendet worden. Das Sozialgericht habe vorliegend auch nicht geprüft, ob nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) dem Kläger ausnahmsweise auch höhere Kosten der Unterkunft und Heizung deshalb zugestanden hätten, da er ein Eigenheim bewohne. Das BSG berücksichtige nicht nur die zu zahlenden Schuldzinsen, sondern auch Tilgungsleistungen, soweit die Gesamtkosten letztlich angemessen seien. Anderenfalls sei eine nicht hinnehmbare Ungleichbehandlung zwischen Mietern und Eigentümern gegeben. Der Leistungsanspruch sei umfassend und unabhängig davon zu prüfen, ob Einwendungen gemacht würden oder nicht.
Der Kläger beantragt nach seinem schriftsätzlichen Vorbringen sinngemäß, die Berufungen gegen die Urteile des Sozialgerichts Dessau-Roßlau vom 9. März 2011 zuzulassen und die Verfahren als Berufungsverfahren fortzuführen.
Der Beklagte beantragt, die Beschwerden zurückzuweisen.
Er sieht keine Gründe, die Berufungen zuzulassen.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, auf die Protokolle und den Verwaltungsvorgang des Beklagten Bezug genommen.
II.
Die Beschwerden sind zulässig, insbesondere form- und fristgerecht gemäß § 145 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) eingelegt worden. Sie sind auch statthaft, da die Berufungen nicht kraft Gesetzes zulässig sind. Gemäß § 144 Abs. 1 SGG in der ab 1. April 2008 gültigen Fassung bedarf die Berufung der Zulassung in einem Urteil des Sozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 1. bei einer Klage, die eine Geld- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750,00 EUR oder 2. bei einer Erstattungsstreitigkeit zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts oder Behörden 10.000,00 EUR nicht übersteigt. Das gilt nicht, wenn die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft.
Streitgegenstand der Verfahren sind Rückforderungen des Beklagten in Höhe von 300,24 EUR (L 5 AS 157/11 NZB) und in Höhe von 706,21 EUR (L 5 AS 158/11 NZB). Diese Werte liegen jeweils unter dem Berufungsstreitwert des § 144 Abs. 1 Nr. 1 SGG von 750,00 EUR.
Die Beschwerden sind jedoch unbegründet. Das Sozialgericht hat die Berufungen gegen die Urteile vom 9. März 2011 zu Recht nicht zugelassen. Nach § 144 Abs. 2 SGG ist die Berufung zuzulassen, wenn 1. die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, 2. das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder 3. ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann. Der Zulassungsgrund des § 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG liegt nicht vor, da die Sachen keine grundsätzliche Bedeutung haben. Die grundsätzliche Bedeutung einer Rechtsfrage ist gegeben, wenn sie ungeklärt ist und eine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung hat.
Das BSG hat in seinem Urteil vom 30. September 2008 (B 4 AS 19/07 R, Rn. 21, Juris) entschieden, dass die Eigenheimzulage zweckentsprechend verwendet und somit nicht als Einkommen zu berücksichtigen ist, wenn sie der Finanzierung des Eigenheims dient. Der Begriff der Finanzierung sei so auszulegen, dass mit den Mittel der Eigenheimzulage die Errichtung der zu Beginn des Leistungsbezuges bereits vorhandene Immobilie finanziert wird. Es stehe dem Grundsicherungsempfänger frei, diese nicht nur zur Zinszahlung zu verwenden, sondern sie auch zum unmittelbaren Erwerb von Baumaterialien oder dem "Einkaufen" von Handwerkerleistungen einzusetzen, solange sie darauf gerichtet sind, die Immobilie zu errichten. Ausdrücklich offen gelassen hat das BSG, inwieweit und unter welchen Bedingungen weitere Verwendungsmöglichkeiten, wie etwa die Erweiterung der Immobilie, als zweckentsprechend angesehen werden könnten.
Der Rechtsstreit L 5 AS 158/11 NZB betrifft diese noch ungeklärte Rechtsfrage nach eigenem Bekunden des Klägers nicht. Er hat sich ausdrücklich gegen die Auffassung des Sozialgerichts gewandt, die Baumaßnahmen hätten dem Ausbau des Hauses gedient. Sie seien vielmehr für Reparatur- und Instandsetzungsarbeiten verwendet worden. Eine eigene Einschätzung vermag der Senat nicht vorzunehmen, da keine Erkenntnisse darüber vorliegen, für welche konkreten Bauausführungen der Kläger die gekauften Materialen verwandt hat. Dies war im Rahmen der Nichtzulassungsbeschwerde auch nicht weiter aufzuklären.
Es besteht auch keine Divergenz im Sinne des § 144 Abs. 2 Nr. 2 SGG. Diese liegt nur dann vor, wenn das anzufechtende Urteil von einer Entscheidung des Berufungsgerichts oder des BSG abweicht (Meyer-Ladewig, 9. Aufl., § 144, Rn. 30, 30a). Dies ist vorliegend nicht der Fall.
Auch ein Zulassungsgrund im Sinne des § 144 Abs. 2 Nr. 3 SGG liegt nicht vor. Dieser ist nur dann gegeben, wenn ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, dieser vorliegt und die Entscheidung auf ihm beruhen kann (Meyer-Ladewig a.a.O., § 144, Rn. 31). Unter einem Verfahrensmangel ist ein Verstoß gegen eine Vorschrift, die das sozialgerichtliche Verfahren regelt, zu verstehen. Der Kläger rügt hier eine Verletzung der Amtsermittlungspflicht des Sozialgerichts. Es habe nicht geprüft, ob der Beklagte verpflichtet ist, die von ihm zu zahlenden Tilgungsraten für den Hauskredit im Rahmen der Kosten der Unterkunft und Heizung zu übernehmen.
Ein solcher Verfahrensmangel liegt hier jedoch nicht vor. Für die Frage, ob das Sozialgericht seine Pflicht, den Sachverhalt von Amts wegen zu erforschen, verletzt hat, kommt es darauf an, welche Ermittlungen es von seinem sachlich-rechtlichen Standpunkt aus noch hätte anstellen müssen (BSG, Urteil vom 12. Dezember 1969, 11 RA 154/69, Rn. 9, Juris). Dabei hat es im Rahmen der Untersuchungsmaxime (§ 103 SGG) lediglich solche Ermittlungen anzustellen, die nach "Lage der Sache" erforderlich sind, d.h., es hat nur, aber auch stets zu ermitteln, soweit der Sachverhalt und der Beteiligtenvortrag Nachforschungen nahelegen (BSG, Urteil vom 12. Dezember 1995, 5 RJ 26/94, Rn. 24).
Nach der Rechtsprechung des BSG sind Tilgungsleistungen als Bestandteil der Finanzierungskosten einer vom Hilfebedürftigen selbst genutzten eigenen Immobilie vom Grundsicherungsträger bis zur Höhe der angemessenen Kosten einer Mietwohnung als Kosten der Unterkunft zu übernehmen, wenn der Hilfebedürftige anderenfalls gezwungen wäre, seine Wohnung aufzugeben (vgl. Leitsatz zu BSG, Urteil vom 18. Juni 2008, B 14/11b AS 67/06 R, Juris). Vorliegend hat der Kläger eine solche "Notsituation" nicht geltend gemacht. Das Sozialgericht hatte auch keinerlei Anhaltspunkte für das Vorliegen eines Sachverhaltes, der es nahelegt, dass der Beklagte im Fall des Klägers ausnahmsweise zur Übernahme auch der Tilgungsraten zu verurteilen war. Der Beklagte hatte vom Beginn des Leistungsbezuges im Jahr 2005 lediglich die Schuldzinsen, nicht die Tilgungsraten bei den Kosten für Unterkunft und Heizung berücksichtigt. Weder der Kläger noch seine Ehefrau haben gegen dieses Vorgehen Einwände erhoben. Nach den oben dargelegten Grundsätzen hatte das Sozialgericht folglich in diesem Bereich Ermittlungen von Amts wegen nicht aufzunehmen.
Soweit der Kläger geltend macht, er habe die gekauften Baumaterialien nicht zum Ausbau des Hauses, sondern zu dessen Renovierung und Instandsetzung verwandt, kann hierin keine Rüge eines Verfahrensmangels gesehen werden. Er wendet sich lediglich gegen eine Schlussfolgerung des Sozialgerichts aus den ihm zur Verfügung gestellten Kaufbelegen, mithin gegen eine Sachverhaltswürdigung, die es im Rahmen der materiellen Rechtsanwendung vorgenommen hat. Die Beschwerden waren daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidungen beruhen auf entsprechender Anwendung des § 193 SGG. Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Kosten sind in beiden Verfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Der Kläger wendet sich in den vorliegenden Verfahren gegen die Nichtzulassung der Berufung in zwei Urteilen des Sozialgerichts Dessau-Roßlau vom 9. März 2011, das seine Anfechtungsklagen gegen Aufhebungs- und Erstattungsbescheide des Beklagten zurückgewiesen hat.
Der Kläger bewohnt zusammen mit seiner Ehefrau und seinen beiden Kindern ein Eigenheim, für das sie neben den Betriebskosten und Heizkosten Zins- und Tilgungsleistungen zu erbringen haben. Die Familie bezieht als Bedarfgemeinschaft vom Beklagten Grundsicherungsleistungen für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch des Sozialgesetzbuches (SGB II). So bewilligte ihnen der Beklagte für die Monate März bis August 2006 mit Bescheid vom 7. Februar 2006 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 13. Mai 2006 Leistungen nach dem SGB II, mit Bescheid vom 11. August 2006 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 21. August 2006 Leistungen für die Monate September 2006 bis Februar 2007. Der Beklagte berücksichtigte neben dem Regelbedarf sowie dem ihm bekannten Einkommen auch die Kosten für Unterkunft und Heizung in der vom Kläger angegebenen Höhe. Dabei übernahm er die im Rahmen der Kreditfinanzierung zu zahlenden Schuldzinsen in voller Höhe, die Tilgungsraten dagegen nicht. Einwände erhoben der Kläger und seine Familie dagegen nicht.
Der Kläger war in der Zeit vom 8. Juni bis 13. Juli 2006 bei der Fa. Z. Baugesellschaft mbH tätig. In dieser Zeit bezog er Arbeitsentgelt, im Anschluss an das Arbeitsverhältnis für zwei Tage Krankengeld. Im März 2006 erhielten der Kläger und seine Ehefrau eine Eigenheimzulage in Höhe von insgesamt 3.165 EUR ausgezahlt. Ab 31. August 2006 nahm diese an einer Umschulung teil und bezog Übergangsgeld. Vom 11. bis 22. September 2006 war der Kläger beschäftigt bei der Fa. R. Gerüstbau.
Mit einem an den Kläger gerichteten Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 22. Februar 2007 hob der Beklagte die Leistungsbewilligung für die Bedarfsgemeinschaft teilweise für die Monate März bis August 2006, mit weiterem Bescheid vom 22. Februar 2007 teilweise für den Monat September 2006 wegen erzielten Einkommens auf. Gegen beide Bescheide legte der Kläger Widerspruch ein, woraufhin der Beklagte mit Bescheid vom 13. Dezember 2007 die Aufhebung und Erstattung ihm gegenüber für den Monat September 2006 auf 300,24 EUR und mit Bescheid vom 10. Januar 2008 für die Monate März bis August 2006 auf 706,21 EUR reduzierte. Mit Widerspruchsbescheiden jeweils vom 11. Januar 2008 wies er die Widersprüche des Klägers im Übrigen als unbegründet zurück. Der Kläger hat am 15. Februar 2008 gegen die o.g. Aufhebungs- und Erstattungsbescheide je eine Klage beim Sozialgericht erhoben. Die Rückforderungsbescheide genügten nicht den Begründungsanforderungen des § 35 des Zehnten Buches des Sozialgesetzbuches – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz (SGB X). Eine konkrete Berechnung sei erst im Widerspruchsbescheid erfolgt. Zudem sei die Jahresfrist zur Geltendmachung der Rückforderung verstrichen. Schließlich sie die Berechnung des Beklagten fehlerhaft; eine Erhaltungspauschale für das selbst genutzte Eigenheim sei nicht berücksichtigt worden. In einem am 8. Juli 2009 durchgeführten Termin zur Erörterung der Sach- und Rechtslage hat der Kläger angegeben, die Eigenheimzulage - soweit sie nicht der Schuldentilgung diente - für den Ausbau und die Instandsetzung des Hauses verwendet zu haben. Er hat im weiteren Verlauf des Verfahrens Quittungen für die in den Jahren 2005 und 2006 durchgeführten Baumaßnahmen zur Gerichtsakte gereicht.
Das Sozialgericht hat mit Urteilen vom 9. März 2011 die Klagen abgewiesen. Das vom Kläger und seiner Familie zusätzlich bezogene Einkommen in Form von Arbeitsentgelt, Krankengeld, Übergangsgeld und der Eigenheimzulage führe zu einer Minderung des Anspruchs in den Monaten März bis August 2006, und das im September 2006 erzielte zusätzliche Einkommen zu einer Minderung des Anspruchs in diesem Monat. So sei die Eigenheimzulage - soweit sie nicht der Schuldentilgung gedient habe - als Einkommen zu berücksichtigen, denn sie sei nicht nachweislich zur Finanzierung des Eigenheims verwendet worden. Die Ausgaben für Baumaterial hätten als Absetzbetrag nicht berücksichtigt werden können. Sie hätten dem Ausbau des Eigenheims, nicht seiner Finanzierung gedient. Auch im Rahmen des § 22 SGB II seien diese Ausgaben nicht zu berücksichtigen gewesen. Die Kammer sei nach Auswertung der vorgelegten Belege zu der Einschätzung gelangt, dass keine Erhaltungs- oder Reparaturmaßnahmen ausgeführt worden seien, sondern Ausbaumaßnahmen, die im Ergebnis zu einer Wertsteigerung geführt hätten. Auch eine Erhaltungspauschale sei nicht bedarfserhöhend zu berücksichtigen. Die in den Widerspruchsbescheiden vom 11. Januar 2008 vom Beklagten durchgeführten Berechnungen enthielten keine Fehler. Die streitgegenständlichen Bescheide seien schließlich hinreichend bestimmt. Es sei ausreichend, dass eine konkrete Berechnung unter Berücksichtigung der einzelnen Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft erst im Widerspruchsbescheid erfolgt sei. Nach § 95 Sozialgerichtsgesetz (SGG) sei Gegenstand der Klage der ursprüngliche Bescheid in der Gestalt des Widerspruchsbescheides. Das Sozialgericht hat jeweils die Berufung nicht zugelassen.
Gegen die ihm am 23. März 2011 zugestellten Urteile hat der Kläger jeweils am 21. April 2011 Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt. Entgegen der Auffassung des Sozialgerichts sei die Eigenheimzulage nicht zum Ausbau, sondern zur Reparatur bzw. zur Instandsetzung des Eigenheims verwendet worden. Das Sozialgericht habe vorliegend auch nicht geprüft, ob nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) dem Kläger ausnahmsweise auch höhere Kosten der Unterkunft und Heizung deshalb zugestanden hätten, da er ein Eigenheim bewohne. Das BSG berücksichtige nicht nur die zu zahlenden Schuldzinsen, sondern auch Tilgungsleistungen, soweit die Gesamtkosten letztlich angemessen seien. Anderenfalls sei eine nicht hinnehmbare Ungleichbehandlung zwischen Mietern und Eigentümern gegeben. Der Leistungsanspruch sei umfassend und unabhängig davon zu prüfen, ob Einwendungen gemacht würden oder nicht.
Der Kläger beantragt nach seinem schriftsätzlichen Vorbringen sinngemäß, die Berufungen gegen die Urteile des Sozialgerichts Dessau-Roßlau vom 9. März 2011 zuzulassen und die Verfahren als Berufungsverfahren fortzuführen.
Der Beklagte beantragt, die Beschwerden zurückzuweisen.
Er sieht keine Gründe, die Berufungen zuzulassen.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, auf die Protokolle und den Verwaltungsvorgang des Beklagten Bezug genommen.
II.
Die Beschwerden sind zulässig, insbesondere form- und fristgerecht gemäß § 145 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) eingelegt worden. Sie sind auch statthaft, da die Berufungen nicht kraft Gesetzes zulässig sind. Gemäß § 144 Abs. 1 SGG in der ab 1. April 2008 gültigen Fassung bedarf die Berufung der Zulassung in einem Urteil des Sozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 1. bei einer Klage, die eine Geld- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750,00 EUR oder 2. bei einer Erstattungsstreitigkeit zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts oder Behörden 10.000,00 EUR nicht übersteigt. Das gilt nicht, wenn die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft.
Streitgegenstand der Verfahren sind Rückforderungen des Beklagten in Höhe von 300,24 EUR (L 5 AS 157/11 NZB) und in Höhe von 706,21 EUR (L 5 AS 158/11 NZB). Diese Werte liegen jeweils unter dem Berufungsstreitwert des § 144 Abs. 1 Nr. 1 SGG von 750,00 EUR.
Die Beschwerden sind jedoch unbegründet. Das Sozialgericht hat die Berufungen gegen die Urteile vom 9. März 2011 zu Recht nicht zugelassen. Nach § 144 Abs. 2 SGG ist die Berufung zuzulassen, wenn 1. die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, 2. das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder 3. ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann. Der Zulassungsgrund des § 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG liegt nicht vor, da die Sachen keine grundsätzliche Bedeutung haben. Die grundsätzliche Bedeutung einer Rechtsfrage ist gegeben, wenn sie ungeklärt ist und eine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung hat.
Das BSG hat in seinem Urteil vom 30. September 2008 (B 4 AS 19/07 R, Rn. 21, Juris) entschieden, dass die Eigenheimzulage zweckentsprechend verwendet und somit nicht als Einkommen zu berücksichtigen ist, wenn sie der Finanzierung des Eigenheims dient. Der Begriff der Finanzierung sei so auszulegen, dass mit den Mittel der Eigenheimzulage die Errichtung der zu Beginn des Leistungsbezuges bereits vorhandene Immobilie finanziert wird. Es stehe dem Grundsicherungsempfänger frei, diese nicht nur zur Zinszahlung zu verwenden, sondern sie auch zum unmittelbaren Erwerb von Baumaterialien oder dem "Einkaufen" von Handwerkerleistungen einzusetzen, solange sie darauf gerichtet sind, die Immobilie zu errichten. Ausdrücklich offen gelassen hat das BSG, inwieweit und unter welchen Bedingungen weitere Verwendungsmöglichkeiten, wie etwa die Erweiterung der Immobilie, als zweckentsprechend angesehen werden könnten.
Der Rechtsstreit L 5 AS 158/11 NZB betrifft diese noch ungeklärte Rechtsfrage nach eigenem Bekunden des Klägers nicht. Er hat sich ausdrücklich gegen die Auffassung des Sozialgerichts gewandt, die Baumaßnahmen hätten dem Ausbau des Hauses gedient. Sie seien vielmehr für Reparatur- und Instandsetzungsarbeiten verwendet worden. Eine eigene Einschätzung vermag der Senat nicht vorzunehmen, da keine Erkenntnisse darüber vorliegen, für welche konkreten Bauausführungen der Kläger die gekauften Materialen verwandt hat. Dies war im Rahmen der Nichtzulassungsbeschwerde auch nicht weiter aufzuklären.
Es besteht auch keine Divergenz im Sinne des § 144 Abs. 2 Nr. 2 SGG. Diese liegt nur dann vor, wenn das anzufechtende Urteil von einer Entscheidung des Berufungsgerichts oder des BSG abweicht (Meyer-Ladewig, 9. Aufl., § 144, Rn. 30, 30a). Dies ist vorliegend nicht der Fall.
Auch ein Zulassungsgrund im Sinne des § 144 Abs. 2 Nr. 3 SGG liegt nicht vor. Dieser ist nur dann gegeben, wenn ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, dieser vorliegt und die Entscheidung auf ihm beruhen kann (Meyer-Ladewig a.a.O., § 144, Rn. 31). Unter einem Verfahrensmangel ist ein Verstoß gegen eine Vorschrift, die das sozialgerichtliche Verfahren regelt, zu verstehen. Der Kläger rügt hier eine Verletzung der Amtsermittlungspflicht des Sozialgerichts. Es habe nicht geprüft, ob der Beklagte verpflichtet ist, die von ihm zu zahlenden Tilgungsraten für den Hauskredit im Rahmen der Kosten der Unterkunft und Heizung zu übernehmen.
Ein solcher Verfahrensmangel liegt hier jedoch nicht vor. Für die Frage, ob das Sozialgericht seine Pflicht, den Sachverhalt von Amts wegen zu erforschen, verletzt hat, kommt es darauf an, welche Ermittlungen es von seinem sachlich-rechtlichen Standpunkt aus noch hätte anstellen müssen (BSG, Urteil vom 12. Dezember 1969, 11 RA 154/69, Rn. 9, Juris). Dabei hat es im Rahmen der Untersuchungsmaxime (§ 103 SGG) lediglich solche Ermittlungen anzustellen, die nach "Lage der Sache" erforderlich sind, d.h., es hat nur, aber auch stets zu ermitteln, soweit der Sachverhalt und der Beteiligtenvortrag Nachforschungen nahelegen (BSG, Urteil vom 12. Dezember 1995, 5 RJ 26/94, Rn. 24).
Nach der Rechtsprechung des BSG sind Tilgungsleistungen als Bestandteil der Finanzierungskosten einer vom Hilfebedürftigen selbst genutzten eigenen Immobilie vom Grundsicherungsträger bis zur Höhe der angemessenen Kosten einer Mietwohnung als Kosten der Unterkunft zu übernehmen, wenn der Hilfebedürftige anderenfalls gezwungen wäre, seine Wohnung aufzugeben (vgl. Leitsatz zu BSG, Urteil vom 18. Juni 2008, B 14/11b AS 67/06 R, Juris). Vorliegend hat der Kläger eine solche "Notsituation" nicht geltend gemacht. Das Sozialgericht hatte auch keinerlei Anhaltspunkte für das Vorliegen eines Sachverhaltes, der es nahelegt, dass der Beklagte im Fall des Klägers ausnahmsweise zur Übernahme auch der Tilgungsraten zu verurteilen war. Der Beklagte hatte vom Beginn des Leistungsbezuges im Jahr 2005 lediglich die Schuldzinsen, nicht die Tilgungsraten bei den Kosten für Unterkunft und Heizung berücksichtigt. Weder der Kläger noch seine Ehefrau haben gegen dieses Vorgehen Einwände erhoben. Nach den oben dargelegten Grundsätzen hatte das Sozialgericht folglich in diesem Bereich Ermittlungen von Amts wegen nicht aufzunehmen.
Soweit der Kläger geltend macht, er habe die gekauften Baumaterialien nicht zum Ausbau des Hauses, sondern zu dessen Renovierung und Instandsetzung verwandt, kann hierin keine Rüge eines Verfahrensmangels gesehen werden. Er wendet sich lediglich gegen eine Schlussfolgerung des Sozialgerichts aus den ihm zur Verfügung gestellten Kaufbelegen, mithin gegen eine Sachverhaltswürdigung, die es im Rahmen der materiellen Rechtsanwendung vorgenommen hat. Die Beschwerden waren daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidungen beruhen auf entsprechender Anwendung des § 193 SGG. Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
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