L 2 AS 60/08

Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
2
1. Instanz
SG Halle (Saale) (SAN)
Aktenzeichen
S 11 AS 849/05
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 2 AS 60/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Verpflichtung des Beklagten, den Klägern für die Zeit vom 1. Januar 2005 bis zum 30. Juni 2005 und vom 1. August 2005 bis zum 15. August 2005 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch – Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II) zu zahlen. Insbesondere ist streitig, ob die Kläger aus ihrem Vermögen ihren Lebensunterhalt bestreiten konnten.

Der am ... 1967 geborene Kläger zu 1) beantragte am 23. Dezember 2004 bei der Rechtsvorgängerin des Beklagten, der Arbeitsgemeinschaft SGB II Halle GmbH (künftig ARGE), Leistungen nach dem SGB II. Die Leistungen beantragte er zugleich für seine am ... 1966 geborene Ehefrau, die Klägerin zu 2), seinen am 5. Januar 1989 geborenen Sohn, den Kläger zu 3), und seine am ... 1991 geborene Tochter, die Klägerin zu 4). Der Kläger zu 3) besuchte zu diesem Zeitpunkt das Landesbildungszentrum für Blinde und Sehbehinderte in Halle (LBZ) und die Klägerin zu 4) absolvierte eine schulische Ausbildung am Elisabeth-Gymnasium in H ... Bei beiden Kindern sind mit Wirkung vom 14. Dezember 2000 ein Grad der Behinderung von 70 sowie als Nachteilsausgleich die Merkzeichen "G", "RF" und "B" festgestellt.

Die Kläger zu 1) und 2) sind Eigentümer eines Eigenheimes mit einer Wohnfläche von 104 m² auf einem Grundstück von 225 m², welches sie 1996 für 100.000,00 DM erworben haben. Zur Finanzierung des Kaufpreises und der Kosten für die Umbauarbeiten schlossen die Kläger zu 1) und 2) 1996 einen Darlehensvertrag über 125.000,00 DM (Nettokreditbetrag 123.500,00 DM). Der anfängliche effektive Jahreszins betrug 7,6 Prozent jährlich, die Zinsfestschreibungszeit lief auf 10 Jahre vom 9. September 1996 bis zum 9. September 2006. Zur Sicherung der Ansprüche der B. Bank bestellten die Kläger zu 1) und 2) eine erstrangige Grundschuld über 125.000,00 DM und traten die Rechte aus ihren beiden Lebensversicherungen bei der Gothaer Lebensversicherung an die B. Bank ab. Um den Wohnraum den Bedürfnissen für die Kläger zu 3) und 4) anzupassen, nahmen die Kläger zu 1) und 2) in den Jahren 2002 und 2003 verschiedene Umbaumaßnahmen vor (unter anderem Treppenbeleuchtung, rutschfester Treppenbelag, abwaschbarer Rauhputz usw.).

Für die Abzahlung ihres Kredites wandten die Kläger zu 1) und 2) im Jahr 2004 4.179,87 EUR für Zinszahlungen und 1.059,57 EUR für Tilgungszahlungen auf. Die Restschuld betrug im Jahr 2004 immer noch über 57.000 EUR. Der monatliche Abzahlbetrag im Jahr 2005 betrug für Zinsen 354,44 EUR und für die Tilgung 82,18 EUR.

Die Klägerin zu 2) schloss im Jahr 2000 einen Bausparvertrag bei der LBS über eine Bausparsumme von 8.000,00 EUR (Vertragsnummer 05), der Kläger zu 1) und die Klägerin zu 2) schlossen zusätzlich im Jahr 2001 einen weiteren Bausparvertrag bei der LBS mit einer Bausparsumme von 52.000,00 EUR (Vertragsnummer 05) ab.

Zum Stand des weiteren Vermögens gaben die Kläger im Antrag vom 23. Dezember 2004 ein Girokonto mit einem Guthaben von 2.007,27 EUR, ein Sparbuch der Klägerin zu 2) mit einem Guthaben von 40,37 EUR und ein Sparbuch des Klägers zu 1) mit einem Guthaben von 40,75 EUR an. Der Kontostand der vorgenannten Bausparverträge bei der LBS betrug zum Stichtag 31. Dezember 2004 bei dem Bausparvertrag mit der Nummer 05 22.732,41 EUR und bei dem anderen Bausparvertrag 3.570,64 EUR. Daneben war der Kläger zu 1 noch Eigentümer eines Renault Megan, Alter 2 ¼ Jahre, mit einem Kilometerstand von 34.000, geschätzter Wert 7.500,00 EUR.

Die Kosten der Unterkunft stellten sich in dem streitgegenständlichen Leistungszeitraum wie folgt dar: Es fielen Wasserabschlagszahlungen in einer Gesamthöhe von 111,00 EUR alle zwei Monate an, jeweils fällig am 15. Februar, 15. April und 15. Juni und 15. August 2005. Des Weiteren war für die Gebäudeschutzversicherung im März 2005 der Jahresbeitrag in Höhe von 207,58 EUR fällig. Vierteljährliche Abfallgebühren in Höhe von 39,00 EUR waren am 15. Februar 2005, 15. Mai 2005 und 15. August 2005 zu zahlen. Die Grundsteuer in Höhe von 37,14 EUR war am 1. Juli 2005 zu zahlen. Die monatlichen Heizkostenabschläge beliefen sich auf 84,00 EUR. Die monatliche Gesamtbelastung der Kläger für Kosten der Unterkunft lag unter dem übernahmefähigen Wert der Kosten für eine angemessene Mietwohnung für eine vierköpfige Familie welcher nach den Richtlinien der ARGE noch übernahmefähig ist. Die ARGE beurteilte in einer internen Prüfung die tatsächlichen Kosten der Unterkunft der Kläger (unter Abzug der Kosten für die Warmwassererwärmung) als angemessen. Für weitere Einzelheiten wird auf die Verwaltungsakten des Beklagten verwiesen.

Die Klägerin zu 2) war im streitgegenständlichen Zeitraum durchgehend erwerbstätig und erzielte aus ihrer Beschäftigung bei der Kaufhof Warenhaus AG ein monatliches Einkommen in Höhe von 1.445,60 EUR brutto bzw. 1.022,79 EUR netto. Für die Fahrten zur 10 km entfernten Arbeitsstätte wandte sie für eine Monatskarte 31,25 EUR auf. Für die Gebäudebrandversicherung zahlte sie jährlich 204,48 EUR. Der Kläger zu 1) bezog bis zum 1. April 2004 Arbeitslosengeld, zuletzt mit einem wöchentlichen Zahlbetrag in Höhe von 162,54 EUR. Er war bis März 2005 bei der Firma G. B. geringfügig beschäftigt. Ihm flossen aus der Beschäftigung im Februar 120,84 EUR, im März 330,72 EUR und im April 165,36 EUR zu. Für die Kfz-Haftpflichtversicherung zahlte der Kläger zu 1) monatlich 19,77 EUR. Für die Kläger zu 3) und 4) wurde Kindergeld in Höhe von je 154 EUR gezahlt.

Mit Bescheid vom 2. Februar 2005 lehnte die ARGE den Antrag der Kläger ab. Zur Begründung führte sie aus: Das zu berücksichtigende Vermögen von insgesamt 23.272,50 EUR übersteige die Grundfreibeträge in Höhe von 16.500,00 EUR. Gegen diesen Bescheid legten die Kläger am 14. Februar 2005 Widerspruch ein, den sie wie folgt begründeten: Die als Vermögen gewerteten Bausparverträge dienten der Anschlussfinanzierung des Hauses. Sie hätten kein Vermögen, sondern Schulden in Höhe von 57.489,65 EUR. Mit den Bausparverträgen sollte eine Umfinanzierung des teuren Darlehens bei der B. Bank vorgenommen werden. Müssten sie ihre Bausparverträge für den Lebensunterhalt verbrauchen, würden sie höchstwahrscheinlich 2006 keine weitere Finanzierung aufgrund ihres geringen Einkommen und der ständig wiederkehrenden Arbeitslosigkeit bekommen und die B. Bank würde die Zwangsvollstreckung anordnen.

Mit Widerspruchsbescheid vom 8. August 2005 wies die ARGE den Widerspruch der Kläger zurück.

Hiergegen haben die Kläger am 31. August 2005 Klage vor dem Sozialgericht Halle (SG) erhoben. Zur Begründung haben die Kläger vorgetragen, das Vermögen diene zur Erhaltung eines Hausgrundstückes von angemessener Größe und zugleich den Wohnzwecken von behinderten Menschen, was durch die Verwertung des Vermögens gefährdet werden würde. Zudem sei die vorzeitige Kündigung des Bauspardarlehens nicht nur offensichtlich unwirtschaftlich, sondern bedeute für die Kläger auch eine besondere Härte. In den Jahren 2002 und 2003 seien Umbauarbeiten vorgenommen worden, um das Eigenheim behindertengerecht zu gestalten. Der Kläger zu 1) habe als Handwerker die Arbeiten selbst durchgeführt, Belege für den Einkauf der Materialien gebe es nicht mehr. Es sein folgende Maßnahmen mit folgenden geschätzten Kosten durchgeführt worden:

1. Einbau Dachfenster für Tageslicht, ca. 500,00 EUR (Material ca. 300,00 EUR + Einbaukosten)

2. Treppenaufgang mit Paneele verkleiden wegen Dachfenstereinbau, ca. 200,00 EUR

3. Anbau eines Handlaufes an die Treppe zum Obergeschoss (Handlauf war bis dahin nicht vorhanden), ca. 250,00 EUR

4. zusätzliche Beleuchtung mit Wechselschaltung in den Treppenstufen sowie rutschfester Teppichbelag auf Treppe, ca. 600,00 EUR

5. abwaschbarer Rauhputz (einschließlich Grundierung, Rauhputz und Farbe), ca. 600,00 EUR

6. Einbau zusätzlicher Steckdosen im Kinderzimmer in den Unterputz wegen Sturzgefahr für notwendige technische Geräte wie z. B. für Bildschirmlesegerät usw., ca. 300,00 EUR

7. Erweiterung der Lichtquellen im Kinderzimmer (zusätzliche Beleuchtung), ca. 150,00 EUR

Dies ergebe einen Gesamtbetrag für die notwendigen Baumaßnahmen in Höhe von 2.600,00 EUR.

Der Kläger zu 1) übte vom 28. Juni 2005 bis 15. Juli 2005 eine Tätigkeit in den Niederlanden bei der Zeitarbeitsfirma H. aus. Hierfür wurde er wöchentlich bezahlt.

Die Kläger haben nach Beendigung der Tätigkeit des Klägers zu 1) am 1. August 2005 einen weiteren Antrag auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II bei der ARGE gestellt. Beim Vermögen gaben die Kläger nunmehr an, dass das Girokonto einen Minusbetrag in Höhe von 33,37 EUR aufweise, die Sparbücher nach wie vor vorhanden seien und ebenfalls die Bausparverträge, welche für die Anschlussfinanzierung zur Ablösung des Darlehens für die Hausfinanzierung vorgesehen seien.

Der Kläger zu 1) nahm am 16. August 2005 erneut eine Beschäftigung bei der Firma H. in den Niederlanden auf, für welche er wöchentlich entlohnt wurde. Nach der Einkommensbescheinigung für August 2005 erzielte er ein sozialversicherungspflichtiges Entgelt in Höhe von 572,44 EUR brutto bzw. einen Auszahlbetrag in Höhe von 648,00 EUR (nach Angaben des Klägers bestehend aus einem Nettolohn in Höhe von 462,80 EUR und Zuschlägen in Höhe von 185,20 EUR). In einem persönlichen Gespräch am 7. September 2006 erklärte die Bearbeiterin bei der ARGE, dass der Antrag abzulehnen sei, da das Vermögen aus den Bausparverträgen noch vorhanden sei. Den hiergegen eingelegten Widerspruch der Kläger hat die ARGE mit Widerspruchsbescheid vom 23. Januar 2007 zurückgewiesen, wogegen der Kläger ebenfalls Klage erhoben hat, welche unter dem Aktenzeichen S 11 AS 599/07 beim Sozialgericht Halle geführt wurde.

Mit Beschluss vom 22. Mai 2007 hat das SG die Verfahren zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden. Für die Krankenversicherung hat der Kläger zu 1) während seiner Tätigkeit in den Niederlanden 30,75 EUR im Monat aufgewandt. Der Kläger macht weiter Fahrtkosten für seine Tätigkeit in den Niederlanden in Höhe von 1.026,00 EUR für Monat August 2005 geltend (Hin- und Rückfahrt 1.140 km x 0,30 EUR x 3 Wochen).

Das Guthaben aus dem Bausparvertrag 05 ist den Klägern am 31. August 2005 mit einem Betrag von 3.823,47 EUR ausgezahlt worden. Das Bausparkonto mit der Nummer 05 ist am 1. September 2006 mit einem Guthaben von 26.933,01 EUR für die Darlehensaufnahme eingesetzt worden. Der noch aufzunehmende Bauspardarlehensbetrag belief sich auf 24.741,52 EUR. Um die Gesamtforderung der Berliner Bank in Höhe von 55.645,59 EUR abzulösen, haben die Kläger ein Darlehen bei der Mutter der Klägerin zu 2) in Höhe von 4.500,00 EUR aufgenommen. Die nach der Ablösung des Darlehens bei der B. Bank frei gewordenen Lebensversicherungen haben sich die Kläger im Oktober 2006 mit Beträgen von 7.847,50 EUR und 10.608,80 EUR auszahlen lassen und unter anderem zur Sondertilgung auf das Bauspardarlehen in Höhe von 10.000,00 EUR genutzt.

Mit Urteil vom 17. März 2008 hat das SG die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt: Die Kläger seien nicht hilfebedürftig, weil sie ausreichendes Vermögen zur Verfügung hätten. Die beiden Bausparverträge seien als Vermögen zu berücksichtigen. Sie würden nicht zum Erwerb des Hauses benötigt. Das Geld sei auch nicht für den behinderungs- und pflegegerechten Ausbau vorhandenen Wohnraums vorgesehen, weil die betreffenden Umbauarbeiten bereits in den Jahren 2002 und 2003 vorgenommen worden seien. Die Verwertung der Bausparguthaben bedeute auch keine besondere Härte und ihre Verwertung sei nicht offensichtlich unwirtschaftlich gewesen. Das Ziel der Kläger, das Darlehen bei der B. Bank abzulösen, sei nachvollziehbar gewesen, die Entscheidung, die Bausparverträge zu verwerten, sei jedoch nicht derart schützenswert anzusehen, dass sie von der Berücksichtigung als Vermögen ausgenommen werden müssten. Eine Nichtberücksichtigung des Vermögens aus den Bausparverträgen würde, bei gleichzeitigem Bezug von SGB II-Leistungen, auf eine fiskalische Ermöglichung von Umfinanzierungen hinauslaufen. Das danach zu verwertende Vermögen übersteige die Freibeträge für die Kläger. Dies gelte auch noch für die erneute Antragstellung am 1. August 2005.

Gegen dieses ihnen am 18. April 2008 zugestellte Urteil haben die Kläger am 14. Mai 2008 Berufung eingelegt und diese wie folgt begründet: Die Bausparverträge fielen unter den Schutz von § 12 Abs. 3 Nr. 5 SGB II und seien daher als Vermögen nicht zu berücksichtigen. Bei Kündigung und Auszahlung der Bausparverträge (auch nur des kleineren Bausparvertrags), hätte die Umfinanzierung im Sommer 2006 nicht mehr durchgeführt werden können. Das SG habe auch verkannt, dass für die Kläger eine erhebliche Gefahr darin bestanden habe, dass seitens der B. Bank, bezogen auf die damaligen Einkommensverhältnisse der Kläger, wohl keine Anschlussfinanzierung erwünscht gewesen sei.

Die Kläger beantragen,

das Urteil des Sozialgerichts Halle vom 17. März 2008 und den Bescheid des Beklagten vom 2. Februar 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8. August 2005 sowie die Entscheidung des Beklagten vom 7. September 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. Januar 2007 aufzuheben und den Beklagte zu verurteilen, ihnen Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II für die Zeit vom 1. Januar 2005 bis zum 30. Juni 2005 sowie für die Zeit vom 1. August 2005 bis 15. August 2005 in Höhe von monatlich 850,00 EUR, hilfsweise in gesetzlicher Höhe zu zahlen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er hält das erstinstanzliche Urteil für überzeugend begründet.

Die Gerichtsakte, nebst der beigezogenen Gerichtsakte des verbundenen Verfahrens S 11 AS 599/07 und die Verwaltungsakte des Beklagten haben vorgelegen und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Sachvortrages der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakte ergänzend verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist zulässig. Sie betrifft einen Wert des Beschwerdegegenstandes, der 500 EUR übersteigt. Da die Entscheidung des SG bereits am 17. März 2008 verkündet worden ist, ist hier die Fassung des § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 des Sozialgerichtsgesetzes – SGG bis zum 31. März 2008 anzuwenden (vgl. Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl., § 144 Rn. 2a). Es muss für die Beurteilung der Zulässigkeit des Rechtsmittels auf den Zeitpunkt der Verkündung der Entscheidung abgestellt werden, denn ein im Zeitpunkt der Verkündung der Entscheidung zulässiges Rechtsmittel kann durch eine spätere Gesetzesänderung mit einer Anhebung der Beschwerdesumme nicht unzulässig werden. Die Berufung ist im Übrigen auch form- und fristgerecht eingelegt worden.

Die Berufung ist jedoch nicht begründet.

Der Beklagte ist für den Anspruch aus dem Jahr 2005 passivlegitimiert. Der Beklagte ist in die Rechtsstellung der ARGE aufgrund gesetzlich angeordneten Beteiligtenwechsels gemäß § 76 Abs. 3 Satz 1 SGB II eingetreten und nach § 70 Nr. 1 SGG beteiligtenfähig.

Die Kläger haben keinen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach §§ 19, 20, 7 SGB II. Leistungen nach dem SGB II erhalten nur Personen, die hilfebedürftig sind. Hilfebedürftig ist nach § 9 SGB II wer seinen Lebensunterhalt, seine Eingliederung in Arbeit und den Lebensunterhalt der mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, vor allem nicht aus dem zu berücksichtigenden Einkommen und Vermögen sichern kann.

Die Kläger konnten aus dem ihnen zur Verfügung stehenden Vermögen ihren Lebensunterhalt in den streitgegenständlichen Zeiträumen vom 1. Januar bis 30. Juni 2005 und vom 1. bis 15. August 2005 sichern. Das verwertbare Vermögen mit über 10.000 EUR überschreitet den monatlichen Bedarf so erheblich, dass es keiner genauen Berechnung des durch Einkommen nicht gedeckten Bedarfs der Kläger bedarf.

Nach § 12 SGB II sind alle verwertbaren Vermögensgegenstände zu berücksichtigen. Dabei ist auch das Vermögen des Partners zu berücksichtigen (gem. § 9 Abs. 2 Satz 1 SGB II).

Für den Bewilligungszeitraum 1. Januar 2005 bis 30. Juni 2005 sind für die verheirateten Kläger zu 1) und 2) die Sparkonten in Höhe von 40,37 EUR und 40,75 EUR sowie das Guthaben auf dem Girokonto in Höhe von 2007,27 EUR als Vermögen anzusetzen.

Auch die beiden Bausparverträge mit einem Guthaben in Höhe von insgesamt 26.303,05 EUR sind als Vermögen zu berücksichtigen.

Es liegt kein Fall vor, wonach Vermögensgegenstände gem. § 12 Abs. 3 SGB II nicht als Vermögen zu berücksichtigen sind.

Entgegen der Ansicht der Kläger fällt das Bausparvermögen nicht unter die Ausnahmebestimmung nach § 11 Abs. 3 Nr. 5 SGB II. Danach ist Vermögen nicht zu berücksichtigen, solange es nachweislich zur baldigen Beschaffung oder Erhaltung eines Hausgrundstücks von angemessener Größe bestimmt ist, soweit dieses zu Wohnzwecken behinderter oder pflegebedürftiger Menschen dient oder dienen soll und dieser Zweck durch den Einsatz oder die Verwertung des Vermögens gefährdet würde. Das Eigenheim der Kläger dient auch zu Wohnzwecken behinderter Menschen. Die Kläger zu 3) und 4) sind behinderte Menschen i S. des § 2 Abs. 1 Satz 1 des Sozialgesetzbuches Neuntes Buch – Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen (SGB IX) mit einem Grad der Behinderung von 70. Vorliegend besteht die Besonderheit darin, dass das Vorhaben des Erwerbs einer Immobilie, die auch den Wohnzwecken behinderter Menschen dient, bereits vor dem Leistungsbezug realisiert worden ist. Dies betrifft auch die von den Klägern in den Jahren 2002 und 2003 durchgeführten behindertengerechten Umbauarbeiten. Das nun vorhandene Vermögen soll dazu dienen, die aus der Anschaffung der betreffenden Immobilie resultierenden Schulden und die darauf zu zahlenden Zinsen zu reduzieren. Das Vermögen ist nur dann nicht zu berücksichtigen, wenn ein Einsatz oder eine Verwertung des Vermögens den Schutzzweck des § 12 Abs. 3 Nr. 5 SGB II gefährden würde. D. h., dass eine Verwertung nur ausgeschlossen ist, wenn die Maßnahme nach Nr. 5 nicht durchgeführt werden könnte, bzw. rückgängig gemacht werden müsste. Selbst bei einem bereits gekauften und umgebauten Haus, in dem behinderte Hilfebedürftige leben, könnte dies auch greifen, wenn ohne den Einsatz des Vermögens das Eigenheim als Wohnstätte für die behinderten Menschen wieder verloren gehen könnte.

Eine solche Gefahr bestand jedoch nach der Überzeugung des Senates nicht. Bei den Klägern lief lediglich die Zinsbindungsfrist ihres Darlehens im Sommer 2006 aus. Die Kläger wollten durch den Einsatz der Sparsumme aus dem Bausparvertrag günstigere Konditionen für den zurück zu zahlenden Anschluss-Kredit (durch die Bausparversicherung) erreichen. Dieses Ziel ist nachvollziehbar und wirtschaftlich vernünftig, jedoch nicht nach dem SGB II privilegiert. Das Auslaufen einer Zinsbindung für Hauskredite ist ein gewöhnlicher Vorgang, welcher mit den Verhandlungen über die neuen Konditionen für einen Anschlussvertrag einhergeht. Wie die Kläger hervorheben waren die Konditionen des Kredites von 1996 bei der B. Bank mit einem effektiven Jahreszins von 7,6 % ungünstig. Sie passten nicht mehr in das inzwischen übliche Zinsniveau. Aber selbst diese hohen Zinsen hätten innerhalb der Grenze der nach den Richtlinien des Beklagten übernahmefähigen angemessenen Kosten der Unterkunft für einen vierköpfigen Haushalt gelegen. Die Zinszahlung wäre damit für die Kläger und im Ergebnis auch für die Bank selbst bei einer Fortsetzung des Kredites mit einer entsprechend hohen Zinsbelastung gesichert, selbst wenn die Kläger weiterhin kein ausreichendes eigenes Einkommen erzielen sollten. Die Zinsen stellen die Einnahmequelle der Bank für die Zurverfügungstellung des Kredites dar. Ein Interesse der Bank oder einer anderen Bank keinen Anschlusskreditvertrag zu schließen, ist daher nicht erkennbar. Zumal zu bedenken ist, dass die Bank für das Ausfallrisiko sowohl durch eine erstrangige Grundschuld als auch durch die Abtretung der Rechte aus den Lebensversicherungsverträgen der Kläger zu 1) und 2) gesichert war (deren Rückkaufwert betrug jedenfalls im Oktober 2006 insgesamt 18.456,30 EUR). Konkrete Anhaltspunkte für ein anderes Geschäftsgebaren der betreffenden Bank, also eine Verwertungsabsicht, haben die Kläger auch nicht vorgetragen. Sie haben lediglich ihre eigene Befürchtung zum Ausdruck gebracht.

Eine Nichtberücksichtigung als Vermögen scheidet auch nach der Ausnahme- und Auffangklausel nach § 12 Abs. 3 Nr. 6 SGB II aus. Danach sind Sachen und Rechte nicht als Vermögen zu berücksichtigen, soweit ihre Verwertung offensichtlich unwirtschaftlich ist oder für den Betroffenen eine besondere Härte bedeuten würde.

Von einer offensichtlichen Unwirtschaftlichkeit der Verwertung ist auszugehen, wenn der auf dem Markt erzielbare Gegenwert in einem krassen Missverhältnis zu dem "wirklichen Wert" steht (BSG, Urteil vom 16. Mai 2007 – B 11b AS 37/06 R). Nach der Rechtsprechung des BSG ist dem möglichen Erlös aus der Auflösung des Vertragsverhältnisses über die Vermögensanlage der Substanzwert gegenüber zu stellen. Ebenso wie bei einer Lebensversicherung beträgt der Substanzwert dabei die Summe der eingezahlten Beiträge. Ob bei dieser Prüfung auch berücksichtigt werden darf, dass eine Nichtverwertung auch für den Fiskus Vorteile hat, wenn dadurch Sozialleistungen vermieden werden (dafür Mecke in Eicher/Spellbrink, 2. Aufl., SGB II, § 12 Rn. 86), ist problematisch. Solche Einzelfälle (Verwertung einer privaten Rentenversicherung kurz vor Leistungsbeginn) können sachgerecht bei der Prüfung der besonderen Härte Berücksichtigung finden. Hier kann eine wertende Betrachtung vorgenommen werden. Für die Beurteilung der offensichtlichen Unwirtschaftlichkeit ist dem BSG zu folgen, dass allein auf den bisherigen Vermögenseinsatz des Betreffenden abzustellen ist und Gewinnerwartungen etc. nicht zu berücksichtigen sind. Die Kläger hätten bei einer Auflösung zumindest ihre Beiträge ausgezahlt bekommen und ggf. einen Auszahlbonus, so wie dies bei der Auflösung im August 2005 bei dem kleineren Bausparvertrag auch der Fall war. Sie verlieren vor der Zuteilungsreife lediglich die Möglichkeit, einen zinsgünstigen Kredit in Anspruch nehmen zu können und eventuelle weitere Auszahlboni. Dies betrifft jedoch nicht den Substanzwert.

Es liegt auch kein Fall einer besonderen Härte vor. Dies setzt solche Umstände voraus, die dem Betroffenen ein deutlich größeres Opfer abverlangen als eine einfache Härte und erst recht als die mit der Vermögensverwertung stets verbundenen Einschnitte (ständige Rechtsprechung statt anderer BSG, Urteil vom 15. April 2008 – B 14/7b AS 56/06 R – zitiert nach juris). Maßgebend sind dabei nur außergewöhnliche Umstände, die nicht durch die ausdrücklichen gesetzlichen Regelungen über das Schonvermögen nach § 12 Abs. 3 SGB II (und § 4 Abs. 1 AlgII-V) und die Absetzungsbeträge nach § 12 Abs. 2 SGB II bereits erfasst werden (vgl. BSG Urteil vom 6. Mai 2010 – B 14 AS 2/09 R – zitiert nach juris). Solche Umstände können beispielsweise in der Art und Dauer des Leistungsbezuges (wirtschaftlicher Ausverkauf, obwohl schon wieder Arbeit in Aussicht), in besonderen persönlichen Umständen (Gefahr von Familienkonflikten bei der Realisierung eines Pflichtteils), Einsatz der Ersparnisse für die Altersvorsorge kurz vor dem Rentenalter bei Versicherungslücken, Belastungen des Vermögensinhabers und der Herkunft des Vermögensgegenstandes bestehen. Es soll dadurch nicht von den Grundvorstellungen über den Zweck des Schonvermögens abgegangen werden, aber Einzelfälle, die trotzdem nicht mit den Leitvorstellungen über die Vermögensfreistellung korrespondieren, sollen angemessen gelöst werden können.

Es ist vor allem auf die künftige Verwendung des Vermögens und die Konsequenz, wenn das Vermögen für diesen Zweck nicht eingesetzt werden kann, abzustellen. Der Zweck besteht hier in der Ablösung von Kreditverbindlichkeiten, um einen zinsgünstigeren Kredit zu erlangen. Die Konsequenz eines unterbleibenden Vermögenseinsatzes wäre es, dass die Kläger eine schlechtere Verhandlungsposition gegenüber der Bank hätten und der Anschlusskreditvertrag höhere Schuldzinsen aufweisen würde. Einen atypischen Sachverhalt stellt dies nicht dar. Auch der Bezug zu den behinderten Menschen in der Bedarfsgemeinschaft ist nicht direkt gegeben. Sie würden keine Beeinträchtigung erfahren. Das Interesse an niedrigeren Zinsen für den Hauskredit stellt sich auch bei der Würdigung der Gesamtumstände nicht als ein besonderer Umstand des Einzelfalles dar. Es ist zwar nicht zu verkennen, dass die beabsichtigte und später auch durchgeführte Umschuldung die Kosten der Unterkunft deutlich reduziert hat, dies kann aber nicht zu einer anderen Beurteilung führen. Denn – anders als im Fall eines bevorstehenden Rentenbezuges – ist im Fall der Bedarfsgemeinschaft der Kläger nicht abzusehen, ob sie im Leistungsbezug bleiben oder nicht. Da die Klägerin zu 2) einen konstanten, wenn auch für den Lebensbedarf der Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft nicht ausreichenden Verdienst erzielt, reicht ein weiteres mehr als nur geringfügiges Einkommen des Klägers zu 1) aus, um den Leistungsbezug entfallen zu lassen (wie ab dem 16. August 2005).

Nur am Rande sei erwähnt, dass sich dieses Ergebnis nicht ändern würde, selbst wenn man die Ablösung eines Kredites für den behindertengerechten Umbau anders beurteilen und hierin ein Sonderopfer der Kläger zu 1) und 2) sehen würde (dies würde voraussetzen, dass die zu tilgende Kreditverbindlichkeit aus dem Jahr 1996 auch diese Umbaukosten im Jahr 2002 und 2003 umfassen würde). Denn das Vermögen übersteigt die Freibeträge mit ca. 10.000 EUR so deutlich, dass auch ein Abzug der von den Klägern für die Umbauarbeiten angesetzten Kosten in Höhe von 2.600 EUR das Ergebnis nicht beeinflussen würde.

Es sind von dem berücksichtigungsfähigen Vermögen in Höhe von insgesamt 28.391,44 EUR Freibeträge in Höhe von insgesamt 18.000 EUR in Abzug zu bringen.

Der Grundfreibetrag betrug 200 EUR je vollendetem Lebensjahr des volljährigen Hilfebedürftigen und seines Partners nach § 12 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 SGB II in der damals maßgeblichen Fassung. Der Kläger zu 1) hatte am 26. Dezember 2004 sein 37. Lebensjahr vollendet und die Klägerin zu 2) am 15. Oktober 2004 ihr 38. Lebensjahr. Daraus errechnet sich ein Freibetrag von 15.000 EUR. Hinzu kommen für alle Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft die Anschaffungsfreibeträge nach § 12 Abs. 2 S. 1 Nr. 4 SGB II. Dieser Freibetrag betrug jeweils 750 EUR, so dass für alle vier Kläger ein weiterer Freibetrag von 3.000 EUR anzusetzen ist.

Auch nach Ausschöpfen der Absetzbeträge verfügen die Kläger zu 1) und 2) noch über ein Vermögen in Höhe von 10.391,44 EUR. Damit konnten sie ihren Lebensunterhalt und den Lebensunterhalt ihrer Kinder bestreiten. Dies gilt auch für den Leistungszeitraum ab dem 1. August. 2005, weil das Vermögen in Form der Bausparverträge zu diesem Zeitpunkt noch vorhanden war. Lediglich das Guthaben auf dem Girokonto war aufgezehrt.

Nach alledem ist die Berufung zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor. Es handelt sich um eine Entscheidung eines Einzelfalles auf der Basis gesicherter höchstrichterlicher Rechtsprechung.
Rechtskraft
Aus
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