Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Dessau-Roßlau (SAN)
Aktenzeichen
S 1 R 391/06
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 1 R 27/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Dessau-Roßlau vom 15. Januar 2008 wird zurückgewiesen.
Die Beteiligten haben sich auch im Berufungsverfahren keine Kosten zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Anerkennung der Zeit vom 2. August 1980 bis zum 28. Februar 1990 als Zeit der Arbeitslosigkeit und damit als Anrechnungszeit nach § 252a Sechstes Buch Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Rentenversicherung (SGB VI).
Die am ... 1942 geborene Klägerin ist mit einem Grad der Behinderung von 50 als schwerbehindert anerkannt. Bis zur Geburt ihrer schwer pflegebedürftigen Tochter am 2. August 1970 war sie als Sachbearbeiterin beschäftigt, zuletzt im Rat für Landwirtschaftliche Produktion und Nahrungsgüterwirtschaft B ... Sie nahm nach der Geburt ein Jahr unbezahlte Freistellung in Anspruch. Nach dieser Freistellung war sie nicht mehr berufstätig. Sie widmete sich der Pflege ihrer Tochter. Ihr Ehemann ist ebenfalls behindert und auf einen Rollstuhl angewiesen. Die Klägerin erbringt für ihn die erforderlichen Pflegeleistungen und bezieht für die Tochter seit dem 1. Januar 1995 Leistungen nach dem Elften Buch Sozialgesetzbuch – Soziale Pflegeversicherung.
Die Beklagte bewilligte der Klägerin mit Bescheid vom 31. Januar 1995 beginnend ab dem 1. Oktober 1992 eine zunächst bis zum 30. September 1995 befristete Rente wegen Erwerbsunfähigkeit. In diesem Bescheid wird der Zeitraum vom 1. April 1965 bis zum 31. August 1980 als Berücksichtigungszeit wegen Kindererziehung im Beitrittsgebiet erfasst (Anlage 10). Ein Anspruch auf den Rentenzuschlag und/oder Übergangszuschlag bestehe nicht, da die Klägerin nicht invalide sei.
Mit Urteil vom 29. Oktober 1996 hat das Sozialgericht Dessau die auf Gewährung einer Rente wegen Invalidität und auf Anerkennung der Zeit vom 2. August 1980 bis zum 31. Dezember 1991 als Beitrags- oder Berücksichtigungszeit gerichtete Klage abgewiesen (S 3/1 An 93/93). Die Berufung der Klägerin gegen dieses Urteil wies das Landessozialgericht Sachsen-Anhalt mit Urteil vom 9. September 1999 zurück (L 1 RA 16/97) und führte aus, dass Invalidität im Sinne des Rentenüberleitungsgesetzes nicht vorliege. Die Klägerin habe auch keinen Anspruch auf Anerkennung der Zeit vom 2. August 1980 bis zum 31. Dezember 1991 als Berücksichtigungszeit bzw. als Zeit einer versicherungspflichtigen Tätigkeit. Nichtzulassungsbeschwerde beim Bundessozialgericht und Verfassungsbeschwerde beim Bundesverfassungsgericht waren nicht erfolgreich.
Am 2. Februar 2001 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Überprüfung der ablehnenden Entscheidung hinsichtlich der Gewährung einer Rente wegen Invalidität sowie die Anerkennung der Zeit vom 2. August 1980 bis zum 31. Dezember 1991, was die Beklagte erneut ablehnte. Auch beim Sozialgericht Dessau hatte die Klägerin wieder keinen Erfolg. Das Sozialgericht wies mit Urteil vom 23. Juli 2003 – S 1 RA 295/02 – die Klage ab. Die streitbefangene Zeit stelle keine Anrechnungszeit wegen Arbeitslosigkeit dar. Denn das Vorliegen einer objektiven Verfügbarkeit für die Arbeitsvermittlung sei für den streitigen Zeitraum nicht belegt. Vielmehr ließe sich aus dem gesamten Klagevorbringen und den vorgelegten Unterlagen entnehmen, dass die Klägerin gerade aufgrund der hohen körperlichen und seelischen Anforderungen sowie des zeitlichen Umfangs ihrer Pflegetätigkeit für zwei Familienangehörige nicht in der Lage gewesen sei, sich der Arbeitsvermittlung zur Verfügung zu stellen. Eine vorgelegte Aktennotiz des Stellvertreters beim Rat des Kreises B. vom 11. Mai 1977 weise zwar nach, dass ihr dort keine Halbtagsbeschäftigung vermittelt habe werden können und dass die Klägerin bedingt durch die Unterbringung ihrer Tochter objektiv zum damaligen Zeitpunkt in der Lage gewesen sei, eine Halbtagsbeschäftigung aufzunehmen. Für den streitbefangenen Zeitraum vom 2. August 1980 bis zum 31. Dezember 1990 würden jedoch keine Nachweise über die Verfügbarkeit der Klägerin vorliegen. Sie habe insbesondere keine Nachweise darüber vorgelegt, dass sie aktiv eine Beschäftigung gesucht habe bzw. welche eigenen Bemühungen sie unternommen habe, wieder ins Arbeitsleben zurückzukehren. Allein der Hinweis auf die im streitbefangenen Zeitraum erfolgte Unterbringung der Tochter in Einrichtungen des Gesundheitswesens reiche nicht. Die gegen dieses Urteil eingelegte Berufung (L 1 RA 152/03) nahm die Klägerin am 30. Januar 2006 zurück.
Die Klägerin beantragte am 1. Februar 2006 ein weiteres Mal die Überprüfung der streitgegenständlich gewesenen Bescheide dahingehend, ob der Zeitraum vom 2. August 1980 bis zum 31. Dezember 1991 als Anrechnungszeit wegen Arbeitslosigkeit anzuerkennen sei. Die Beklagte lehnte diesen Antrag mit Bescheid vom 6. April 2006 wieder ab. Hiergegen legte die Klägerin am 8. April 2006 Widerspruch ein und überreichte nun Kopien von Bewerbungen aus den Jahren 1977 bis 1987. Die Beklagte wies diesen Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 17. August 2006 mit der Begründung zurück, nach den vorliegenden Unterlagen habe sich die Klägerin nur zeitweise um Arbeit beworben. Nachweise über eine Meldung beim Arbeitsamt würden nicht vorliegen. An den Nachweis zur Arbeitslosigkeit seien strenge Anforderungen zu stellen. Die Bemühungen um Arbeit seien lückenlos nachzuweisen.
Hiergegen hat die Klägerin am 24. August 2006 Klage beim Sozialgericht Dessau (nunmehr Dessau-Roßlau - SG -) erhoben. Zur Begründung hat sie vorgetragen, dass der streitbefangene Zeitraum als Anrechnungszeit wegen Arbeitslosigkeit bewertet werden müsse. Sie sei in dieser Zeit verfügbar gewesen, da die Tochter in einer Tagesförderstätte und ab 1. Juli 1990 in der Schule für geistig Behinderte in B.untergebracht gewesen sei. Danach sei die Aufnahme in der Fördergruppe der Diakonie in W. erfolgt. Zugleich habe sie sich ausweislich der überreichten Kopien von Bewerbungsschreiben darum bemüht, eine eigene Beschäftigung von vier bis sechs Stunden täglich aufzunehmen und sich auch mehrfach mündlich beworben. Auf ihre Bewerbungen habe sie jedoch zumeist mündliche Absagen erhalten. Schriftliche Absagen könne sie daher nicht vorlegen. Ihre Absicht, eine Halbtagsbeschäftigung von täglich vier Stunden beim Rat des Kreises aufzunehmen, ergebe sich aus der Aktennotiz vom 11. Mai 1977.
Das SG hat mit Urteil vom 15. Januar 2008 die Klage abgewiesen. Dem Klagevorbringen und den vorgelegten Unterlagen lasse sich entnehmen, dass die Klägerin wegen der hohen körperlichen und seelischen Anforderungen sowie des zeitlichen Umfangs ihrer Pflegetätigkeit für zwei Familienangehörige nicht in der Lage gewesen sei, sich der Arbeitsvermittlung vollständig zur Verfügung zu stellen. Die von ihr behaupteten Eigenbemühungen, die Beschäftigungslosigkeit zu beenden und eine Halbtagsstelle anzunehmen, seien nicht hinreichend belegt worden. Die vorgelegte Aktennotiz vom 11. Mai 1977 beziehe sich nicht auf den streitbefangenen Zeitraum vom 2. August 1980 bis zum 31. Dezember 1991. Für diesen Zeitraum lägen keine Nachweise vor, dass sich die Klägerin lückenlos um Arbeit bemüht habe. Die vorgelegten Kopien von Bewerbungsschreiben würden alleine nicht ausreichen. Die Tatsache, dass es Arbeitslosigkeit als Massenphänomen ab Mitte der 1950er Jahre in der ehemaligen DDR nicht gegeben habe, gebiete es, bei der Beurteilung der Arbeitslosigkeit im Sinne von § 252a SGB VI einen strengen Maßstab anzulegen. Schriftliche Absagen und Antwortschreiben könne die Klägerin nicht vorlegen. Auch Zeugen, die die behaupteten fortlaufenden Bemühungen um Arbeit und eventueller Absagen bestätigen könnten, seien nicht benannt worden. Es könne dahingestellt bleiben, ob die Behauptung der Klägerin zutreffe, das Fehlen von Antwortschreiben beruhe darauf, dass die Betriebe der ehemaligen DDR Bewerbungen von Teilzeitkräften nicht schriftlich abgesagt hätten, da sie nur Vollzeitkräfte hätten einstellen wollen. Denn die Klägerin habe sich im streitbefangenen Zeitraum nicht an die zuständigen Ämter für Arbeit der Räte des Kreises bzw. Stadtbezirke gewandt, die gegebenenfalls den Betrieben Auflagen zur Einstellung von Bürgern hätten erteilen können, wenn dies aus gesellschaftlichen Gründen erforderlich gewesen wäre.
Die Klägerin hat gegen dieses ihr am 23. Januar 2008 zugestellte Urteil am 30. Januar 2008 Berufung eingelegt. Sie habe Nachweise ihrer Arbeitsbereitschaft im streitigen Zeitraum übergeben. Weiterer Beweis dafür, dass sie sich nicht nur Mitte der 1970er Jahre, sondern auch Anfang der 1980er Jahre ernsthaft und nachhaltig um Arbeit bemüht habe, ergebe sich aus folgenden Unterlagen:
Vereinbarung vom September 1970
Aufhebungsvertrag vom Juli 1971
Schreiben der Klägerin an den Rat des Kreises B. vom Januar 1977
Schreiben des Rates des Kreises vom Mai 1976 und
Schriftsatz des Rehabilitationszentrums R. vom November 1983 mit weiteren Schreiben.
Es sei nachgewiesen, dass die zwei Familienangehörigen im streitigen Zeitraum tagsüber nicht zu Hause gewesen seien, so dass sie objektiv in der Lage gewesen sei, einer Halbtagstätigkeit nachzugehen und dies auch gewollt habe. Die Beklagte habe nicht nachgewiesen, dass sie, die Klägerin, im streitigen Zeitraum nicht ernstlich bestrebt gewesen sei, einen Arbeitsplatz zu finden. Verweise auf ihr Rentenverfahren würden sich als unsachlich verbieten. Die Aussage aus einem Gutachten, sie habe seit 1971 aufgrund der erheblichen Belastung durch die familiäre Situation eine Berufsausübung nicht mehr ausführen können, sei sachlich nicht korrekt. Die pauschale Feststellung, sie habe ihre Arbeitslosigkeit im Beitrittsgebiet nicht belegt bzw. die Argumentation, sie habe bei der Belastung durch Pflege von zwei Familienangehörigen nicht noch einer Beschäftigung nachgehen können, habe keine Substanz. Es sei nicht hinnehmbar, dass einem Ausreiseantragsteller höhere Priorität eingeräumt werde als einer Bürgerin, die durch die Geburt eines behinderten Kindes und der daraus resultierenden Pflege ihre Vollbeschäftigung habe aufgeben müssen. Es sei weiterhin nicht hinnehmbar, dass dann, als durch die zuständigen Stellen der DDR ein Platz für Tagesbetreuung für das Kind bereit gestanden habe, der Wunsch auf Wiederaufnahme einer Arbeitstätigkeit verwehrt worden sei, und dies heute im vereinigten Deutschland dazu führe, dass ihre Altersbezüge um 230,00 EUR monatlich geringer ausfielen. Sie habe nie geltend gemacht oder vorgetragen, aufgrund ihres Gesundheitszustandes dem Arbeitsmarkt nur eingeschränkt zur Verfügung zu stehen. Es hätten weder gesundheitliche Einschränkungen der Arbeitsfähigkeit noch Einschränkungen durch die Pflege des behinderten Ehemannes bestanden. Die Notwendigkeit einer Halbtagsbeschäftigung habe sich allein aus der Tatsache ergeben, dass sie ihre behinderte Tochter in die Kindereinrichtung habe bringen und dort wieder abholen müssen. Sie habe nicht im Voraus erkennen können, dass die DDR-Gesetzgebung zur Pflege von Familiengehörigen nach der Wiedervereinigung kein gesamtdeutsches Recht darstellen würde. Daraus Selbstzufriedenheit oder gar Bequemlichkeit zu unterstellen, sei falsch, unwahr und aus der Luft gegriffen. Der Vorwurf, sie habe zu wenig Arbeitsbereitschaft und Arbeitswilligkeit gezeigt, sei nicht mit der Verleihung des Bundesverdienstkreuzes am Bande durch den Bundespräsidenten zu vereinbaren. Es sei nicht hinzunehmen, dass seitens der Sozialgerichtsbarkeit keine Äußerung zu einem Schreiben von Bundeskanzlerin Dr. M. zur Ordensverleihung und zur unbefriedigenden Anerkennung der Leistungen in der Alterssicherung abgegeben werde. Das SG lege nicht dar, mit welcher Intensität sich ein Arbeitsloser um Arbeit zu bemühen habe. Es stelle letztlich höhere Anforderungen an sie, als derzeit nach den verschärften Hartz IV-Vorschriften an heute arbeitslose Bürger gestellt würden. In der DDR habe eine verdeckte Arbeitslosigkeit bestanden. Ämter für Arbeit habe es in der DDR bis zur politischen Wende nicht gegeben. Den ehemaligen DDR-Betrieben, Verwaltungen und Organisationen sei es nicht gestattet gewesen, auf Bewerbungsschreiben schriftliche Absagen zu erteilen. Damals sei staatlicherseits angestrebt gewesen, Vollzeitkräfte einzustellen. Offiziell habe es Halbtagsbeschäftigungen gar nicht gegeben. Demzufolge sei damals Zurückhaltung bei der Erteilung schriftlicher Absagen auf Halbtagsbeschäftigungen geübt worden. Vor diesem Hintergrund könne nicht der Auffassung gefolgt werden, dass nicht zweifelsfrei feststehe, dass sie arbeitslos gewesen sei. In den Fällen, in denen der Versicherte wegen eines Antrages auf Ausreise aus der DDR seine Arbeit verloren habe und trotz ständiger Bemühungen keinen Arbeitsplatz gefunden habe, könnten Anrechnungszeiten anerkannt werden. Dass sie sich ab dem 1. Juli 1990 nicht bei den Arbeitsämtern arbeitslos gemeldet habe, sei unerheblich, da es nicht um diese Zeit gehe. In der mündlichen Verhandlung hat sie den Zeitraum auf die Zeit vom 2. August 1980 bis zum 28. Februar 1990 begrenzt.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Dessau-Roßlau vom 15. Januar 2008 sowie den Bescheid der Beklagten vom 6. April 2006 in der Gestalt ihres Widerspruchsbescheides vom 17. August 2006 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, die der Klägerin erteilten Rentenbescheide dahingehend abzuändern, dass der Zeitraum vom 2. August 1980 bis zum 28. Februar 1990 als Anrechnungszeit wegen Arbeitslosigkeit nach § 252a SGB VI bei der Rentenberechnung rentenerhöhend zu berücksichtigen ist.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Dessau-Roßlau vom 15. Januar 2008 zurückzuweisen.
Sie erwidert, die Voraussetzungen für das Vorliegen einer subjektiven Arbeitslosigkeit seien nicht gegeben. Aufgrund der Aktenlage stehe nicht zweifelsfrei fest, dass die Klägerin bei Betrachtung der damaligen Lebensumstände während des gesamten 10jährigen Zeitraums ernsthaft bereit gewesen sei, eine Beschäftigung auszuüben. Die Zeit der Arbeitslosigkeit im Beitrittsgebiet könne nur dann eine Anrechnungszeit sein, wenn Arbeitslosigkeit im Sinne der für den Bereich der Arbeitslosenversicherung geltenden Rechtsvorschriften bestanden habe. Danach sei nur derjenige als arbeitslos anzusehen, der neben der vorübergehenden Beschäftigungslosigkeit auch subjektiv bereit gewesen sei, eine zumutbare Arbeit aufzunehmen. Gegen diese Annahme sprächen Erkenntnisse aus dem Rentenverfahren im Jahr 1992/1993.
Die Gerichtsakten und die Verwaltungsakten der Beklagten haben vorgelegen und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Sachvortrages der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der Verwaltungsakten ergänzend verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die nach § 143 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und auch im Übrigen zulässige Berufung der Klägerin hat keinen Erfolg. Sie ist unbegründet, weil die ablehnenden Entscheidungen der Beklagten rechtmäßig sind und die Klägerin nicht im Sinne der §§ 157, 54 Abs. 2 Satz 1 SGG beschweren. Das SG hat die dagegen gerichtete Klage deshalb zu Recht abgewiesen.
Die Voraussetzungen des § 44 Abs. 1 Satz 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz liegen nicht vor. Die Beklagte hat bei Erlass der zugunsten der Klägerin ergangenen Rentenbescheide weder das Recht unrichtig angewendet noch ist sie von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen.
Die Klägerin hat keinen Anspruch gegen die Beklagte auf die Anerkennung des Zeitraums vom 2. August 1980 bis zum 28. Februar 1990 als Anrechnungszeit wegen Arbeitslosigkeit nach § 252a SGB VI. Gemäß § 252a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB VI sind Anrechnungszeiten im Beitrittsgebiet auch Zeiten nach dem 8. Mai 1945, in denen Versicherte vor dem 1. März 1990 arbeitslos waren. Die Regelung soll sicherstellen, dass auch Zeiten von Personen, die im Beitrittsgebiet arbeitslos geworden sind (z.B. wegen der Stellung eines Ausreiseantrages), bevor gesetzliche Regelungen über die Arbeitslosigkeit geschaffen wurden, rentensteigernd berücksichtigt werden können (Polster in Kasseler Kommentar, 67. Ergänzungslieferung, § 252a Rdnr. 17 m.w.N.).
Der Begriff der Arbeitslosigkeit ist im Recht der gesetzlichen Rentenversicherung nicht definiert. Er ist in Anlehnung an das Recht der Arbeitslosenversicherung auszulegen, wobei dem Sinn und Zweck der jeweiligen rentenrechtlichen Regelung Rechnung zu tragen ist (Gürtner in Kasseler Kommentar, 67. Ergänzungslieferung, § 58 Rdnr. 16 m.w.N.). Für die Berücksichtigung einer Zeit als Anrechnungszeit reicht es aus, wenn die Begriffsbestimmung "Arbeitslosigkeit" nach § 58 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 SGB VI, also objektive und subjektive Arbeitslosigkeit, erfüllt ist (Polster a.a.O., § 252a Rdnr. 17). Der Versicherte muss grundsätzlich als Arbeitnehmer keine oder lediglich eine geringfügige Beschäftigung, selbständige Tätigkeit oder Tätigkeit als mitarbeitender Familienangehöriger ausgeübt haben sowie arbeitsfähig und arbeitswillig gewesen sein. Arbeitsfähigkeit ist die Fähigkeit, eine zumutbare Beschäftigung unter den üblichen Bedingungen auszuüben. Arbeitswilligkeit ist die Bereitschaft, jede zumutbare Beschäftigung anzunehmen, die man ausüben kann und darf (Thüringer Landessozialgericht, Urteil vom 31. März 2003 – L 6 RJ 231/01 – m.w.N., juris).
Der Anwendungsbereich von § 252a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB VI bleibt im Einzelnen unklar, zumal es Arbeitslosigkeit als Massenphänomen von Mitte der 1950er Jahre an vor dem Hintergrund der ökonomischen, politischen und rechtlichen Verhältnisse der DDR nicht mehr gab; dies gebietet, bei der Beurteilung der Arbeitslosigkeit einen strengen Maßstab zugrunde zu legen (Thüringer Landessozialgericht, a.a.O.). Das Vorliegen von Arbeitslosigkeit muss nach den allgemeinen Grundsätzen des Beweisrechts bewiesen werden. Der Vollbeweis erfordert einen so großen Grad an Gewissheit, dass bei vernünftiger und lebensnaher Betrachtung kein begründbarer Zweifel an dem Vorliegen der rechtserheblichen Tatsache besteht. Es muss eine absolute, jeden erdenklichen Zweifel ausschließende Gewissheit bestehen. Nicht ausreichend sind Vermutungen, Annahmen, Hypothesen und sonstige Unterstellungen sowie eine möglicherweise hohe (überwiegende) Wahrscheinlichkeit. Soweit die notwendigen tatbestandlichen Voraussetzungen nicht zugunsten desjenigen, der sie geltend macht, mit dem geforderten Beweisgrad nachgewiesen werden, hat er die Folgen der Beweislast dergestalt zu tragen, dass ein entsprechender Anspruch nicht besteht (ständige Rechtsprechung, vgl. BSG, Urteil vom 24. Oktober 1957 – 10 RV 945/55 – sowie Urteil vom 13. Dezember 1994 – 9/9a RV 9/92 – juris). Sind Unterlagen vernichtet, führt dies ungeachtet eines etwaigen Verstoßes gegen Aufbewahrungspflichten durch Behörden nicht dazu, dass nunmehr der Rentenversicherungsträger die fehlende Arbeitslosigkeit beweisen und bei fehlendem Beweis ihr Vorliegen als gegeben annehmen müsste (Gürtner a. a. O., § 58 Rdnr. 27).
Der Berücksichtigung des geltend gemachten Zeitraums als Anrechnungszeit steht hier entgegen, dass sich der Senat bei dem insoweit anzuwendenden strengen Maßstab nicht davon überzeugen konnte, dass die Klägerin subjektiv ernstlich bereit gewesen ist, eine ihr zumutbare Tätigkeit zum nächstmöglichen Termin aufzunehmen. Aus der Aktennotiz des ersten Stellvertreters des Rates des Kreises B. vom 11. Mai 1977 folgt nur, dass der Rat des Kreises der Klägerin "zurzeit keine entsprechende Planstelle" für täglich vier Stunden anbieten könne. Es ergibt sich aus diesem Schreiben jedoch nicht, dass sich die Klägerin in der Zeit ab dem 2. August 1980 aktiv um Arbeit bemühte. Auch aus der von der Klägerin vorgelegten Vereinbarung zwischen ihr und der Produktionsleitung des Rates für landwirtschaftliche Produktion und Nahrungsgüterwirtschaft vom 15. September 1970 folgt nicht, dass die Klägerin subjektiv ernstlich bereit gewesen war, ab dem 2. August 1980 jede ihr zumutbare Tätigkeit aufzunehmen. Der von ihr vorgelegte Aufhebungsvertrag vom Juli 1971, das Schreiben an den Rat des Kreises B. vom Januar 1977 sowie das Schreiben des Rates des Kreises vom Mai 1976 können ebenso wenig Bemühungen ab dem 2. August 1980 belegen, da sie weit vor diesem Zeitpunkt erstellt wurden. Auch inhaltlich ergibt sich aus diesen Schreiben nicht, dass die Klägerin bereit gewesen war, jede zumutbare Tätigkeit aufzunehmen. Aus dem Schreiben des Rehabilitationszentrums R. vom November 1983 folgt ebenfalls nicht, dass sich die Klägerin diesbezüglich bemüht hätte. In diesem Schreiben geht es darum, dass die Tochter in das Reha-Zentrum aufgenommen werden sollte. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Schreiben des Reha-Zentrums vom 28. Mai 1984 und aus der "Bescheinigung zur Vorlage in den Betrieben" ohne Datum.
Auch aus den im Rahmen des zweiten Überprüfungsantrags erstmals vorgelegten Durchschriften von Bewerbungen aus den Jahren 1977 bis 1987 kann der Senat nicht die Überzeugung gewinnen, dass die Klägerin durchgehend im streitgegenständlichen Zeitraum bereit war, jede zumutbare Tätigkeit zum nächstmöglichen Termin aufzunehmen. Denn zum einen hat die Klägerin den Zugang dieser Bewerbungsschreiben nicht nachweisen und auch keine Antwortschreiben vorlegen können. Zum anderen stehen die Bewerbungsaktivitäten aus dieser Zeit im Widerspruch zu Angaben der Klägerin in dem Verfahren zur Gewährung einer Berufsunfähigkeits- bzw. Erwerbsunfähigkeitsrente. In den diesbezüglichen Verwaltungs- und Gerichtsverfahren hat sie sich ausweislich der Verwaltungsakte dahingehend geäußert, dass sie neben der Pflege der Familienangehörigen nicht mehr habe arbeiten können. Im Einzelnen: Im Widerspruchsschreiben vom 11. August 1992 hat sie mitgeteilt, dass ihr nicht erklärlich sei, wie sie neben der Betreuung von zwei schwerstbehinderten Familienangehörigen noch vollschichtig in ihrem Beruf als Verkäuferin tätig sein solle. Sie habe nachdrücklich erklärt, dass sie sich außerstande sehe, eine Erwerbstätigkeit aufzunehmen. Seit 1970 seien ihr die "Pflegejahre für Familienangehörige" nach DDR-Recht angerechnet worden. 22 Jahre harter Belastung würden ihr bei der Rentenberechnung nun verloren gehen. In ihrem Schreiben an das Bundesversicherungsamt vom 29. März 1993 hat sie erklärt, dass sie seit 1970 nicht mehr berufstätig gewesen sei, sondern ihre beiden schwerbehinderten Familienangehörigen betreut habe. Die über zwei Jahrzehnte andauernde Pflegetätigkeit mit allen sich daraus ergebenden psychischen und physischen Belastungen sei an ihrer Gesundheit nicht spurlos vorbeigegangen (S. 1 des Schreibens). Auf Seite 2 dieses Schreiben hat sie weiter ausgeführt: "Nun bin ich noch dadurch benachteiligt und hart bestraft, dass ich durch die Betreuung von zwei schwerbehinderten Familienangehörigen bisher 23 Jahre keiner Beschäftigung nachgehen konnte und dadurch auch keine Leistungen nach dem Arbeitsförderungsgesetz (Kurzarbeitergeld, Arbeitslosengeld, Arbeitslosenhilfe) in Anspruch nehmen kann, von den Auswirkungen einer späteren Rentengewährung, wenn es bei der Ablehnung bleiben sollte, ganz zu schweigen." Hier hat sie nach Auffassung des Senats selbst kundgegeben, dass sie aufgrund der Pflegesituation keine Erwerbstätigkeit aufnehmen konnte. Dies hat sie in ähnlicher Form auch im Rahmen der zu ihrem Rentenantrag veranlassten Untersuchungen bei ärztlichen Gutachtern. erklärt. Der Internist Dr. N. hat in seiner Anamnese ausgeführt, die Klägerin habe angegeben, dass ihr Kind der vollständigen Pflege seitens der Mutter bedurft habe und sie deshalb 1971 aufgehört habe, einer beruflichen Tätigkeit nachzugehen. Außerdem sei ihr Ehemann Spastiker und bedürfe ebenfalls der Unterstützung seiner Ehefrau. Ähnliche Angaben hat die Klägerin auch bei dem Psychiater u. Neurologen Dr. F. gemacht, der in seinem Gutachten vom 3. November 1994 wiedergibt, die Klägerin habe seit der Geburt ihrer behinderten Tochter 1970 ihre berufliche Tätigkeit aufgegeben, um sich der Betreuung der Tochter zu widmen. In ihrem Schreiben vom 9. August 1993 hat die Klägerin mitgeteilt, dass sie seit der Geburt der Tochter und durch den Zustand des Ehemanns nicht mehr im Berufsleben stehe. Eine 23jährige Pflegetätigkeit sei an ihrem Gesundheitszustand nicht spurlos vorübergegangen. In ihrem Arbeitslebenslauf, den sie im Rahmen des Klageverfahrens vor dem SG eingereicht hat, führt sie an, dass sie seit dem 3. August 1971 bis heute zur Pflege von Familienangehörigen freigestellt sei. Im Klageverfahren mit dem Aktenzeichen S 3/1 An 93/93 hat sie in ihrem Schreiben vom 20. April 1994 im Hinblick auf ihre Arbeitsfähigkeit zu bedenken gegeben, dass ihr nach "nunmehr 24jähriger Unterbrechung", während der sie sich "voll der Pflege von zwei schwerbehinderten Familienangehörigen gewidmet habe", eine Tätigkeit nicht zugemutet werden könne. Der Senat teilt nicht die Bedenken der Klägerin, dass es unsachlich wäre, ihre Äußerungen aus dem Rentenverfahren zu verwerten. Diese Angaben liegen zeitlich näher an dem hier streitigen Zeitraum und sind damit eher unbeeinflusst von dem jetzigen Verfahren abgegeben worden. Damit kommt ihnen grundsätzlich auch eine höhere Gewähr der Richtigkeit zu.
Der Senat hält angesichts der zitierten Äußerungen der Klägerin die Vorlage der Durchschriften von Bewerbungsschreiben als Beweis für nicht ausreichend, zumal deren Zugang nicht belegt werden konnte. Eine Überzeugung dahingehend, dass die Klägerin entgegen ihren Aussagen im Rentenverfahren doch subjektiv ernstlich bereit gewesen ist, jede ihr zumutbare Tätigkeit aufzunehmen, ergibt sich daraus nicht. Es kann dahinstehen, aus welchen Gründen die Klägerin auf alle Bewerbungsschreiben keine schriftliche Antwort erhalten hat. Sie hat insofern mit Schreiben vom 23. August 2004 angegeben, dies habe eine Ursache darin, dass das Papier in der ehemaligen DDR knapp gewesen sei. Im weiteren Verlauf des Verfahrens hat sie vorgetragen, dass es den angeschriebenen Einrichtungen nicht erlaubt gewesen sei, Absagen zu übersenden. Entscheidend ist für den Senat, dass in Anbetracht der fehlenden Antwortschreiben und der Äußerungen der Klägerin im Rentenverfahren nicht als bewiesen angesehen werden kann, dass sie sich durchgehend bereit gezeigt hat, eine Arbeit aufzunehmen. Sie hat sich auch nach dem 1. März 1990 nicht bei den neu eingerichteten Ämtern für Arbeit (ab 1. Juli 1990 Arbeitsämtern) eingefunden, um sich arbeitslos zu melden. Damit hat sie sich nicht den Vermittlungsbemühungen der zuständigen Ämter zur Verfügung gestellt, was einer Arbeitslosigkeit ab diesem Zeitpunkt bereits entgegensteht. Soweit die Klägerin behauptet, sie habe fünf Zeugen, sind diese nicht benannt worden; entsprechende Beweisanträge sind nicht angekündigt worden.
Entgegen der Auffassung der Klägerin kann aus der Verleihung des Bundesverdienstkreuzes am Bande und aus einem positiven Schreiben der jetzigen Bundeskanzlerin nicht die Überzeugung gewonnen werden, dass sie sich in der streitgegenständlichen Zeit bereit gezeigt hat, eine Beschäftigung aufzunehmen. Denn mit diesen Ehrungen werden ihre besonderen Verdienste gewürdigt. Sie sind jedoch kein Beweismittel für die von der Klägerin zu beweisenden Tatsachen.
Abweichend von dem Vortrag der Klägerin hat es auch in der ehemaligen DDR Staatliche Ämter für Arbeit gegeben, an die sich arbeitslose Bürger wenden konnten. Die insoweit zuständigen Staatlichen Ämter für Arbeit der Räte der Kreise bzw. Stadtbezirke sollten das in Art. 24 der Verfassung der DDR enthaltene Recht auf Arbeit garantieren. Der sozialistische Staat hatte zu sichern, dass jedem Bürger ein Arbeitsplatz zur Verfügung steht. Unter besonderem Schutz standen die Bürger, die bei der Aufnahme einer Arbeit besondere familiäre, gesundheitliche und andere Probleme zu lösen hatten, vor allem z. B. Frauen und Mütter. Der Rat des Kreises - Amt für Arbeit konnte den Betrieben Auflagen zur Einstellung von Bürgern erteilen, wenn dies aus gesellschaftlichen Gründen erforderlich war (im Einzelnen: Thüringer Landessozialgericht a. a. O.). Der Senat kann offen lassen, ob er sich der Auffassung des Thüringer Landessozialgerichts anschließt, wonach es unter Anwendung des strengen Maßstabs des § 252a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB VI erforderlich ist, dass sich der Betroffene mit seinem Arbeitswunsch zu DDR-Zeiten (jedenfalls auch) an das örtlich zuständige Amt für Arbeit gewandt hat (im Einzelnen: Thüringer Landessozialgericht a. a. O.). Dies hat die Klägerin nicht getan, obwohl sie besondere Unterstützung von den staatlichen Organen hätte erwarten dürfen. Sie hat vielmehr vorgetragen, Ämter für Arbeit seien ihr nicht bekannt gewesen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision i. S. v. § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Die Beteiligten haben sich auch im Berufungsverfahren keine Kosten zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Anerkennung der Zeit vom 2. August 1980 bis zum 28. Februar 1990 als Zeit der Arbeitslosigkeit und damit als Anrechnungszeit nach § 252a Sechstes Buch Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Rentenversicherung (SGB VI).
Die am ... 1942 geborene Klägerin ist mit einem Grad der Behinderung von 50 als schwerbehindert anerkannt. Bis zur Geburt ihrer schwer pflegebedürftigen Tochter am 2. August 1970 war sie als Sachbearbeiterin beschäftigt, zuletzt im Rat für Landwirtschaftliche Produktion und Nahrungsgüterwirtschaft B ... Sie nahm nach der Geburt ein Jahr unbezahlte Freistellung in Anspruch. Nach dieser Freistellung war sie nicht mehr berufstätig. Sie widmete sich der Pflege ihrer Tochter. Ihr Ehemann ist ebenfalls behindert und auf einen Rollstuhl angewiesen. Die Klägerin erbringt für ihn die erforderlichen Pflegeleistungen und bezieht für die Tochter seit dem 1. Januar 1995 Leistungen nach dem Elften Buch Sozialgesetzbuch – Soziale Pflegeversicherung.
Die Beklagte bewilligte der Klägerin mit Bescheid vom 31. Januar 1995 beginnend ab dem 1. Oktober 1992 eine zunächst bis zum 30. September 1995 befristete Rente wegen Erwerbsunfähigkeit. In diesem Bescheid wird der Zeitraum vom 1. April 1965 bis zum 31. August 1980 als Berücksichtigungszeit wegen Kindererziehung im Beitrittsgebiet erfasst (Anlage 10). Ein Anspruch auf den Rentenzuschlag und/oder Übergangszuschlag bestehe nicht, da die Klägerin nicht invalide sei.
Mit Urteil vom 29. Oktober 1996 hat das Sozialgericht Dessau die auf Gewährung einer Rente wegen Invalidität und auf Anerkennung der Zeit vom 2. August 1980 bis zum 31. Dezember 1991 als Beitrags- oder Berücksichtigungszeit gerichtete Klage abgewiesen (S 3/1 An 93/93). Die Berufung der Klägerin gegen dieses Urteil wies das Landessozialgericht Sachsen-Anhalt mit Urteil vom 9. September 1999 zurück (L 1 RA 16/97) und führte aus, dass Invalidität im Sinne des Rentenüberleitungsgesetzes nicht vorliege. Die Klägerin habe auch keinen Anspruch auf Anerkennung der Zeit vom 2. August 1980 bis zum 31. Dezember 1991 als Berücksichtigungszeit bzw. als Zeit einer versicherungspflichtigen Tätigkeit. Nichtzulassungsbeschwerde beim Bundessozialgericht und Verfassungsbeschwerde beim Bundesverfassungsgericht waren nicht erfolgreich.
Am 2. Februar 2001 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Überprüfung der ablehnenden Entscheidung hinsichtlich der Gewährung einer Rente wegen Invalidität sowie die Anerkennung der Zeit vom 2. August 1980 bis zum 31. Dezember 1991, was die Beklagte erneut ablehnte. Auch beim Sozialgericht Dessau hatte die Klägerin wieder keinen Erfolg. Das Sozialgericht wies mit Urteil vom 23. Juli 2003 – S 1 RA 295/02 – die Klage ab. Die streitbefangene Zeit stelle keine Anrechnungszeit wegen Arbeitslosigkeit dar. Denn das Vorliegen einer objektiven Verfügbarkeit für die Arbeitsvermittlung sei für den streitigen Zeitraum nicht belegt. Vielmehr ließe sich aus dem gesamten Klagevorbringen und den vorgelegten Unterlagen entnehmen, dass die Klägerin gerade aufgrund der hohen körperlichen und seelischen Anforderungen sowie des zeitlichen Umfangs ihrer Pflegetätigkeit für zwei Familienangehörige nicht in der Lage gewesen sei, sich der Arbeitsvermittlung zur Verfügung zu stellen. Eine vorgelegte Aktennotiz des Stellvertreters beim Rat des Kreises B. vom 11. Mai 1977 weise zwar nach, dass ihr dort keine Halbtagsbeschäftigung vermittelt habe werden können und dass die Klägerin bedingt durch die Unterbringung ihrer Tochter objektiv zum damaligen Zeitpunkt in der Lage gewesen sei, eine Halbtagsbeschäftigung aufzunehmen. Für den streitbefangenen Zeitraum vom 2. August 1980 bis zum 31. Dezember 1990 würden jedoch keine Nachweise über die Verfügbarkeit der Klägerin vorliegen. Sie habe insbesondere keine Nachweise darüber vorgelegt, dass sie aktiv eine Beschäftigung gesucht habe bzw. welche eigenen Bemühungen sie unternommen habe, wieder ins Arbeitsleben zurückzukehren. Allein der Hinweis auf die im streitbefangenen Zeitraum erfolgte Unterbringung der Tochter in Einrichtungen des Gesundheitswesens reiche nicht. Die gegen dieses Urteil eingelegte Berufung (L 1 RA 152/03) nahm die Klägerin am 30. Januar 2006 zurück.
Die Klägerin beantragte am 1. Februar 2006 ein weiteres Mal die Überprüfung der streitgegenständlich gewesenen Bescheide dahingehend, ob der Zeitraum vom 2. August 1980 bis zum 31. Dezember 1991 als Anrechnungszeit wegen Arbeitslosigkeit anzuerkennen sei. Die Beklagte lehnte diesen Antrag mit Bescheid vom 6. April 2006 wieder ab. Hiergegen legte die Klägerin am 8. April 2006 Widerspruch ein und überreichte nun Kopien von Bewerbungen aus den Jahren 1977 bis 1987. Die Beklagte wies diesen Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 17. August 2006 mit der Begründung zurück, nach den vorliegenden Unterlagen habe sich die Klägerin nur zeitweise um Arbeit beworben. Nachweise über eine Meldung beim Arbeitsamt würden nicht vorliegen. An den Nachweis zur Arbeitslosigkeit seien strenge Anforderungen zu stellen. Die Bemühungen um Arbeit seien lückenlos nachzuweisen.
Hiergegen hat die Klägerin am 24. August 2006 Klage beim Sozialgericht Dessau (nunmehr Dessau-Roßlau - SG -) erhoben. Zur Begründung hat sie vorgetragen, dass der streitbefangene Zeitraum als Anrechnungszeit wegen Arbeitslosigkeit bewertet werden müsse. Sie sei in dieser Zeit verfügbar gewesen, da die Tochter in einer Tagesförderstätte und ab 1. Juli 1990 in der Schule für geistig Behinderte in B.untergebracht gewesen sei. Danach sei die Aufnahme in der Fördergruppe der Diakonie in W. erfolgt. Zugleich habe sie sich ausweislich der überreichten Kopien von Bewerbungsschreiben darum bemüht, eine eigene Beschäftigung von vier bis sechs Stunden täglich aufzunehmen und sich auch mehrfach mündlich beworben. Auf ihre Bewerbungen habe sie jedoch zumeist mündliche Absagen erhalten. Schriftliche Absagen könne sie daher nicht vorlegen. Ihre Absicht, eine Halbtagsbeschäftigung von täglich vier Stunden beim Rat des Kreises aufzunehmen, ergebe sich aus der Aktennotiz vom 11. Mai 1977.
Das SG hat mit Urteil vom 15. Januar 2008 die Klage abgewiesen. Dem Klagevorbringen und den vorgelegten Unterlagen lasse sich entnehmen, dass die Klägerin wegen der hohen körperlichen und seelischen Anforderungen sowie des zeitlichen Umfangs ihrer Pflegetätigkeit für zwei Familienangehörige nicht in der Lage gewesen sei, sich der Arbeitsvermittlung vollständig zur Verfügung zu stellen. Die von ihr behaupteten Eigenbemühungen, die Beschäftigungslosigkeit zu beenden und eine Halbtagsstelle anzunehmen, seien nicht hinreichend belegt worden. Die vorgelegte Aktennotiz vom 11. Mai 1977 beziehe sich nicht auf den streitbefangenen Zeitraum vom 2. August 1980 bis zum 31. Dezember 1991. Für diesen Zeitraum lägen keine Nachweise vor, dass sich die Klägerin lückenlos um Arbeit bemüht habe. Die vorgelegten Kopien von Bewerbungsschreiben würden alleine nicht ausreichen. Die Tatsache, dass es Arbeitslosigkeit als Massenphänomen ab Mitte der 1950er Jahre in der ehemaligen DDR nicht gegeben habe, gebiete es, bei der Beurteilung der Arbeitslosigkeit im Sinne von § 252a SGB VI einen strengen Maßstab anzulegen. Schriftliche Absagen und Antwortschreiben könne die Klägerin nicht vorlegen. Auch Zeugen, die die behaupteten fortlaufenden Bemühungen um Arbeit und eventueller Absagen bestätigen könnten, seien nicht benannt worden. Es könne dahingestellt bleiben, ob die Behauptung der Klägerin zutreffe, das Fehlen von Antwortschreiben beruhe darauf, dass die Betriebe der ehemaligen DDR Bewerbungen von Teilzeitkräften nicht schriftlich abgesagt hätten, da sie nur Vollzeitkräfte hätten einstellen wollen. Denn die Klägerin habe sich im streitbefangenen Zeitraum nicht an die zuständigen Ämter für Arbeit der Räte des Kreises bzw. Stadtbezirke gewandt, die gegebenenfalls den Betrieben Auflagen zur Einstellung von Bürgern hätten erteilen können, wenn dies aus gesellschaftlichen Gründen erforderlich gewesen wäre.
Die Klägerin hat gegen dieses ihr am 23. Januar 2008 zugestellte Urteil am 30. Januar 2008 Berufung eingelegt. Sie habe Nachweise ihrer Arbeitsbereitschaft im streitigen Zeitraum übergeben. Weiterer Beweis dafür, dass sie sich nicht nur Mitte der 1970er Jahre, sondern auch Anfang der 1980er Jahre ernsthaft und nachhaltig um Arbeit bemüht habe, ergebe sich aus folgenden Unterlagen:
Vereinbarung vom September 1970
Aufhebungsvertrag vom Juli 1971
Schreiben der Klägerin an den Rat des Kreises B. vom Januar 1977
Schreiben des Rates des Kreises vom Mai 1976 und
Schriftsatz des Rehabilitationszentrums R. vom November 1983 mit weiteren Schreiben.
Es sei nachgewiesen, dass die zwei Familienangehörigen im streitigen Zeitraum tagsüber nicht zu Hause gewesen seien, so dass sie objektiv in der Lage gewesen sei, einer Halbtagstätigkeit nachzugehen und dies auch gewollt habe. Die Beklagte habe nicht nachgewiesen, dass sie, die Klägerin, im streitigen Zeitraum nicht ernstlich bestrebt gewesen sei, einen Arbeitsplatz zu finden. Verweise auf ihr Rentenverfahren würden sich als unsachlich verbieten. Die Aussage aus einem Gutachten, sie habe seit 1971 aufgrund der erheblichen Belastung durch die familiäre Situation eine Berufsausübung nicht mehr ausführen können, sei sachlich nicht korrekt. Die pauschale Feststellung, sie habe ihre Arbeitslosigkeit im Beitrittsgebiet nicht belegt bzw. die Argumentation, sie habe bei der Belastung durch Pflege von zwei Familienangehörigen nicht noch einer Beschäftigung nachgehen können, habe keine Substanz. Es sei nicht hinnehmbar, dass einem Ausreiseantragsteller höhere Priorität eingeräumt werde als einer Bürgerin, die durch die Geburt eines behinderten Kindes und der daraus resultierenden Pflege ihre Vollbeschäftigung habe aufgeben müssen. Es sei weiterhin nicht hinnehmbar, dass dann, als durch die zuständigen Stellen der DDR ein Platz für Tagesbetreuung für das Kind bereit gestanden habe, der Wunsch auf Wiederaufnahme einer Arbeitstätigkeit verwehrt worden sei, und dies heute im vereinigten Deutschland dazu führe, dass ihre Altersbezüge um 230,00 EUR monatlich geringer ausfielen. Sie habe nie geltend gemacht oder vorgetragen, aufgrund ihres Gesundheitszustandes dem Arbeitsmarkt nur eingeschränkt zur Verfügung zu stehen. Es hätten weder gesundheitliche Einschränkungen der Arbeitsfähigkeit noch Einschränkungen durch die Pflege des behinderten Ehemannes bestanden. Die Notwendigkeit einer Halbtagsbeschäftigung habe sich allein aus der Tatsache ergeben, dass sie ihre behinderte Tochter in die Kindereinrichtung habe bringen und dort wieder abholen müssen. Sie habe nicht im Voraus erkennen können, dass die DDR-Gesetzgebung zur Pflege von Familiengehörigen nach der Wiedervereinigung kein gesamtdeutsches Recht darstellen würde. Daraus Selbstzufriedenheit oder gar Bequemlichkeit zu unterstellen, sei falsch, unwahr und aus der Luft gegriffen. Der Vorwurf, sie habe zu wenig Arbeitsbereitschaft und Arbeitswilligkeit gezeigt, sei nicht mit der Verleihung des Bundesverdienstkreuzes am Bande durch den Bundespräsidenten zu vereinbaren. Es sei nicht hinzunehmen, dass seitens der Sozialgerichtsbarkeit keine Äußerung zu einem Schreiben von Bundeskanzlerin Dr. M. zur Ordensverleihung und zur unbefriedigenden Anerkennung der Leistungen in der Alterssicherung abgegeben werde. Das SG lege nicht dar, mit welcher Intensität sich ein Arbeitsloser um Arbeit zu bemühen habe. Es stelle letztlich höhere Anforderungen an sie, als derzeit nach den verschärften Hartz IV-Vorschriften an heute arbeitslose Bürger gestellt würden. In der DDR habe eine verdeckte Arbeitslosigkeit bestanden. Ämter für Arbeit habe es in der DDR bis zur politischen Wende nicht gegeben. Den ehemaligen DDR-Betrieben, Verwaltungen und Organisationen sei es nicht gestattet gewesen, auf Bewerbungsschreiben schriftliche Absagen zu erteilen. Damals sei staatlicherseits angestrebt gewesen, Vollzeitkräfte einzustellen. Offiziell habe es Halbtagsbeschäftigungen gar nicht gegeben. Demzufolge sei damals Zurückhaltung bei der Erteilung schriftlicher Absagen auf Halbtagsbeschäftigungen geübt worden. Vor diesem Hintergrund könne nicht der Auffassung gefolgt werden, dass nicht zweifelsfrei feststehe, dass sie arbeitslos gewesen sei. In den Fällen, in denen der Versicherte wegen eines Antrages auf Ausreise aus der DDR seine Arbeit verloren habe und trotz ständiger Bemühungen keinen Arbeitsplatz gefunden habe, könnten Anrechnungszeiten anerkannt werden. Dass sie sich ab dem 1. Juli 1990 nicht bei den Arbeitsämtern arbeitslos gemeldet habe, sei unerheblich, da es nicht um diese Zeit gehe. In der mündlichen Verhandlung hat sie den Zeitraum auf die Zeit vom 2. August 1980 bis zum 28. Februar 1990 begrenzt.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Dessau-Roßlau vom 15. Januar 2008 sowie den Bescheid der Beklagten vom 6. April 2006 in der Gestalt ihres Widerspruchsbescheides vom 17. August 2006 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, die der Klägerin erteilten Rentenbescheide dahingehend abzuändern, dass der Zeitraum vom 2. August 1980 bis zum 28. Februar 1990 als Anrechnungszeit wegen Arbeitslosigkeit nach § 252a SGB VI bei der Rentenberechnung rentenerhöhend zu berücksichtigen ist.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Dessau-Roßlau vom 15. Januar 2008 zurückzuweisen.
Sie erwidert, die Voraussetzungen für das Vorliegen einer subjektiven Arbeitslosigkeit seien nicht gegeben. Aufgrund der Aktenlage stehe nicht zweifelsfrei fest, dass die Klägerin bei Betrachtung der damaligen Lebensumstände während des gesamten 10jährigen Zeitraums ernsthaft bereit gewesen sei, eine Beschäftigung auszuüben. Die Zeit der Arbeitslosigkeit im Beitrittsgebiet könne nur dann eine Anrechnungszeit sein, wenn Arbeitslosigkeit im Sinne der für den Bereich der Arbeitslosenversicherung geltenden Rechtsvorschriften bestanden habe. Danach sei nur derjenige als arbeitslos anzusehen, der neben der vorübergehenden Beschäftigungslosigkeit auch subjektiv bereit gewesen sei, eine zumutbare Arbeit aufzunehmen. Gegen diese Annahme sprächen Erkenntnisse aus dem Rentenverfahren im Jahr 1992/1993.
Die Gerichtsakten und die Verwaltungsakten der Beklagten haben vorgelegen und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Sachvortrages der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der Verwaltungsakten ergänzend verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die nach § 143 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und auch im Übrigen zulässige Berufung der Klägerin hat keinen Erfolg. Sie ist unbegründet, weil die ablehnenden Entscheidungen der Beklagten rechtmäßig sind und die Klägerin nicht im Sinne der §§ 157, 54 Abs. 2 Satz 1 SGG beschweren. Das SG hat die dagegen gerichtete Klage deshalb zu Recht abgewiesen.
Die Voraussetzungen des § 44 Abs. 1 Satz 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz liegen nicht vor. Die Beklagte hat bei Erlass der zugunsten der Klägerin ergangenen Rentenbescheide weder das Recht unrichtig angewendet noch ist sie von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen.
Die Klägerin hat keinen Anspruch gegen die Beklagte auf die Anerkennung des Zeitraums vom 2. August 1980 bis zum 28. Februar 1990 als Anrechnungszeit wegen Arbeitslosigkeit nach § 252a SGB VI. Gemäß § 252a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB VI sind Anrechnungszeiten im Beitrittsgebiet auch Zeiten nach dem 8. Mai 1945, in denen Versicherte vor dem 1. März 1990 arbeitslos waren. Die Regelung soll sicherstellen, dass auch Zeiten von Personen, die im Beitrittsgebiet arbeitslos geworden sind (z.B. wegen der Stellung eines Ausreiseantrages), bevor gesetzliche Regelungen über die Arbeitslosigkeit geschaffen wurden, rentensteigernd berücksichtigt werden können (Polster in Kasseler Kommentar, 67. Ergänzungslieferung, § 252a Rdnr. 17 m.w.N.).
Der Begriff der Arbeitslosigkeit ist im Recht der gesetzlichen Rentenversicherung nicht definiert. Er ist in Anlehnung an das Recht der Arbeitslosenversicherung auszulegen, wobei dem Sinn und Zweck der jeweiligen rentenrechtlichen Regelung Rechnung zu tragen ist (Gürtner in Kasseler Kommentar, 67. Ergänzungslieferung, § 58 Rdnr. 16 m.w.N.). Für die Berücksichtigung einer Zeit als Anrechnungszeit reicht es aus, wenn die Begriffsbestimmung "Arbeitslosigkeit" nach § 58 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 SGB VI, also objektive und subjektive Arbeitslosigkeit, erfüllt ist (Polster a.a.O., § 252a Rdnr. 17). Der Versicherte muss grundsätzlich als Arbeitnehmer keine oder lediglich eine geringfügige Beschäftigung, selbständige Tätigkeit oder Tätigkeit als mitarbeitender Familienangehöriger ausgeübt haben sowie arbeitsfähig und arbeitswillig gewesen sein. Arbeitsfähigkeit ist die Fähigkeit, eine zumutbare Beschäftigung unter den üblichen Bedingungen auszuüben. Arbeitswilligkeit ist die Bereitschaft, jede zumutbare Beschäftigung anzunehmen, die man ausüben kann und darf (Thüringer Landessozialgericht, Urteil vom 31. März 2003 – L 6 RJ 231/01 – m.w.N., juris).
Der Anwendungsbereich von § 252a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB VI bleibt im Einzelnen unklar, zumal es Arbeitslosigkeit als Massenphänomen von Mitte der 1950er Jahre an vor dem Hintergrund der ökonomischen, politischen und rechtlichen Verhältnisse der DDR nicht mehr gab; dies gebietet, bei der Beurteilung der Arbeitslosigkeit einen strengen Maßstab zugrunde zu legen (Thüringer Landessozialgericht, a.a.O.). Das Vorliegen von Arbeitslosigkeit muss nach den allgemeinen Grundsätzen des Beweisrechts bewiesen werden. Der Vollbeweis erfordert einen so großen Grad an Gewissheit, dass bei vernünftiger und lebensnaher Betrachtung kein begründbarer Zweifel an dem Vorliegen der rechtserheblichen Tatsache besteht. Es muss eine absolute, jeden erdenklichen Zweifel ausschließende Gewissheit bestehen. Nicht ausreichend sind Vermutungen, Annahmen, Hypothesen und sonstige Unterstellungen sowie eine möglicherweise hohe (überwiegende) Wahrscheinlichkeit. Soweit die notwendigen tatbestandlichen Voraussetzungen nicht zugunsten desjenigen, der sie geltend macht, mit dem geforderten Beweisgrad nachgewiesen werden, hat er die Folgen der Beweislast dergestalt zu tragen, dass ein entsprechender Anspruch nicht besteht (ständige Rechtsprechung, vgl. BSG, Urteil vom 24. Oktober 1957 – 10 RV 945/55 – sowie Urteil vom 13. Dezember 1994 – 9/9a RV 9/92 – juris). Sind Unterlagen vernichtet, führt dies ungeachtet eines etwaigen Verstoßes gegen Aufbewahrungspflichten durch Behörden nicht dazu, dass nunmehr der Rentenversicherungsträger die fehlende Arbeitslosigkeit beweisen und bei fehlendem Beweis ihr Vorliegen als gegeben annehmen müsste (Gürtner a. a. O., § 58 Rdnr. 27).
Der Berücksichtigung des geltend gemachten Zeitraums als Anrechnungszeit steht hier entgegen, dass sich der Senat bei dem insoweit anzuwendenden strengen Maßstab nicht davon überzeugen konnte, dass die Klägerin subjektiv ernstlich bereit gewesen ist, eine ihr zumutbare Tätigkeit zum nächstmöglichen Termin aufzunehmen. Aus der Aktennotiz des ersten Stellvertreters des Rates des Kreises B. vom 11. Mai 1977 folgt nur, dass der Rat des Kreises der Klägerin "zurzeit keine entsprechende Planstelle" für täglich vier Stunden anbieten könne. Es ergibt sich aus diesem Schreiben jedoch nicht, dass sich die Klägerin in der Zeit ab dem 2. August 1980 aktiv um Arbeit bemühte. Auch aus der von der Klägerin vorgelegten Vereinbarung zwischen ihr und der Produktionsleitung des Rates für landwirtschaftliche Produktion und Nahrungsgüterwirtschaft vom 15. September 1970 folgt nicht, dass die Klägerin subjektiv ernstlich bereit gewesen war, ab dem 2. August 1980 jede ihr zumutbare Tätigkeit aufzunehmen. Der von ihr vorgelegte Aufhebungsvertrag vom Juli 1971, das Schreiben an den Rat des Kreises B. vom Januar 1977 sowie das Schreiben des Rates des Kreises vom Mai 1976 können ebenso wenig Bemühungen ab dem 2. August 1980 belegen, da sie weit vor diesem Zeitpunkt erstellt wurden. Auch inhaltlich ergibt sich aus diesen Schreiben nicht, dass die Klägerin bereit gewesen war, jede zumutbare Tätigkeit aufzunehmen. Aus dem Schreiben des Rehabilitationszentrums R. vom November 1983 folgt ebenfalls nicht, dass sich die Klägerin diesbezüglich bemüht hätte. In diesem Schreiben geht es darum, dass die Tochter in das Reha-Zentrum aufgenommen werden sollte. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Schreiben des Reha-Zentrums vom 28. Mai 1984 und aus der "Bescheinigung zur Vorlage in den Betrieben" ohne Datum.
Auch aus den im Rahmen des zweiten Überprüfungsantrags erstmals vorgelegten Durchschriften von Bewerbungen aus den Jahren 1977 bis 1987 kann der Senat nicht die Überzeugung gewinnen, dass die Klägerin durchgehend im streitgegenständlichen Zeitraum bereit war, jede zumutbare Tätigkeit zum nächstmöglichen Termin aufzunehmen. Denn zum einen hat die Klägerin den Zugang dieser Bewerbungsschreiben nicht nachweisen und auch keine Antwortschreiben vorlegen können. Zum anderen stehen die Bewerbungsaktivitäten aus dieser Zeit im Widerspruch zu Angaben der Klägerin in dem Verfahren zur Gewährung einer Berufsunfähigkeits- bzw. Erwerbsunfähigkeitsrente. In den diesbezüglichen Verwaltungs- und Gerichtsverfahren hat sie sich ausweislich der Verwaltungsakte dahingehend geäußert, dass sie neben der Pflege der Familienangehörigen nicht mehr habe arbeiten können. Im Einzelnen: Im Widerspruchsschreiben vom 11. August 1992 hat sie mitgeteilt, dass ihr nicht erklärlich sei, wie sie neben der Betreuung von zwei schwerstbehinderten Familienangehörigen noch vollschichtig in ihrem Beruf als Verkäuferin tätig sein solle. Sie habe nachdrücklich erklärt, dass sie sich außerstande sehe, eine Erwerbstätigkeit aufzunehmen. Seit 1970 seien ihr die "Pflegejahre für Familienangehörige" nach DDR-Recht angerechnet worden. 22 Jahre harter Belastung würden ihr bei der Rentenberechnung nun verloren gehen. In ihrem Schreiben an das Bundesversicherungsamt vom 29. März 1993 hat sie erklärt, dass sie seit 1970 nicht mehr berufstätig gewesen sei, sondern ihre beiden schwerbehinderten Familienangehörigen betreut habe. Die über zwei Jahrzehnte andauernde Pflegetätigkeit mit allen sich daraus ergebenden psychischen und physischen Belastungen sei an ihrer Gesundheit nicht spurlos vorbeigegangen (S. 1 des Schreibens). Auf Seite 2 dieses Schreiben hat sie weiter ausgeführt: "Nun bin ich noch dadurch benachteiligt und hart bestraft, dass ich durch die Betreuung von zwei schwerbehinderten Familienangehörigen bisher 23 Jahre keiner Beschäftigung nachgehen konnte und dadurch auch keine Leistungen nach dem Arbeitsförderungsgesetz (Kurzarbeitergeld, Arbeitslosengeld, Arbeitslosenhilfe) in Anspruch nehmen kann, von den Auswirkungen einer späteren Rentengewährung, wenn es bei der Ablehnung bleiben sollte, ganz zu schweigen." Hier hat sie nach Auffassung des Senats selbst kundgegeben, dass sie aufgrund der Pflegesituation keine Erwerbstätigkeit aufnehmen konnte. Dies hat sie in ähnlicher Form auch im Rahmen der zu ihrem Rentenantrag veranlassten Untersuchungen bei ärztlichen Gutachtern. erklärt. Der Internist Dr. N. hat in seiner Anamnese ausgeführt, die Klägerin habe angegeben, dass ihr Kind der vollständigen Pflege seitens der Mutter bedurft habe und sie deshalb 1971 aufgehört habe, einer beruflichen Tätigkeit nachzugehen. Außerdem sei ihr Ehemann Spastiker und bedürfe ebenfalls der Unterstützung seiner Ehefrau. Ähnliche Angaben hat die Klägerin auch bei dem Psychiater u. Neurologen Dr. F. gemacht, der in seinem Gutachten vom 3. November 1994 wiedergibt, die Klägerin habe seit der Geburt ihrer behinderten Tochter 1970 ihre berufliche Tätigkeit aufgegeben, um sich der Betreuung der Tochter zu widmen. In ihrem Schreiben vom 9. August 1993 hat die Klägerin mitgeteilt, dass sie seit der Geburt der Tochter und durch den Zustand des Ehemanns nicht mehr im Berufsleben stehe. Eine 23jährige Pflegetätigkeit sei an ihrem Gesundheitszustand nicht spurlos vorübergegangen. In ihrem Arbeitslebenslauf, den sie im Rahmen des Klageverfahrens vor dem SG eingereicht hat, führt sie an, dass sie seit dem 3. August 1971 bis heute zur Pflege von Familienangehörigen freigestellt sei. Im Klageverfahren mit dem Aktenzeichen S 3/1 An 93/93 hat sie in ihrem Schreiben vom 20. April 1994 im Hinblick auf ihre Arbeitsfähigkeit zu bedenken gegeben, dass ihr nach "nunmehr 24jähriger Unterbrechung", während der sie sich "voll der Pflege von zwei schwerbehinderten Familienangehörigen gewidmet habe", eine Tätigkeit nicht zugemutet werden könne. Der Senat teilt nicht die Bedenken der Klägerin, dass es unsachlich wäre, ihre Äußerungen aus dem Rentenverfahren zu verwerten. Diese Angaben liegen zeitlich näher an dem hier streitigen Zeitraum und sind damit eher unbeeinflusst von dem jetzigen Verfahren abgegeben worden. Damit kommt ihnen grundsätzlich auch eine höhere Gewähr der Richtigkeit zu.
Der Senat hält angesichts der zitierten Äußerungen der Klägerin die Vorlage der Durchschriften von Bewerbungsschreiben als Beweis für nicht ausreichend, zumal deren Zugang nicht belegt werden konnte. Eine Überzeugung dahingehend, dass die Klägerin entgegen ihren Aussagen im Rentenverfahren doch subjektiv ernstlich bereit gewesen ist, jede ihr zumutbare Tätigkeit aufzunehmen, ergibt sich daraus nicht. Es kann dahinstehen, aus welchen Gründen die Klägerin auf alle Bewerbungsschreiben keine schriftliche Antwort erhalten hat. Sie hat insofern mit Schreiben vom 23. August 2004 angegeben, dies habe eine Ursache darin, dass das Papier in der ehemaligen DDR knapp gewesen sei. Im weiteren Verlauf des Verfahrens hat sie vorgetragen, dass es den angeschriebenen Einrichtungen nicht erlaubt gewesen sei, Absagen zu übersenden. Entscheidend ist für den Senat, dass in Anbetracht der fehlenden Antwortschreiben und der Äußerungen der Klägerin im Rentenverfahren nicht als bewiesen angesehen werden kann, dass sie sich durchgehend bereit gezeigt hat, eine Arbeit aufzunehmen. Sie hat sich auch nach dem 1. März 1990 nicht bei den neu eingerichteten Ämtern für Arbeit (ab 1. Juli 1990 Arbeitsämtern) eingefunden, um sich arbeitslos zu melden. Damit hat sie sich nicht den Vermittlungsbemühungen der zuständigen Ämter zur Verfügung gestellt, was einer Arbeitslosigkeit ab diesem Zeitpunkt bereits entgegensteht. Soweit die Klägerin behauptet, sie habe fünf Zeugen, sind diese nicht benannt worden; entsprechende Beweisanträge sind nicht angekündigt worden.
Entgegen der Auffassung der Klägerin kann aus der Verleihung des Bundesverdienstkreuzes am Bande und aus einem positiven Schreiben der jetzigen Bundeskanzlerin nicht die Überzeugung gewonnen werden, dass sie sich in der streitgegenständlichen Zeit bereit gezeigt hat, eine Beschäftigung aufzunehmen. Denn mit diesen Ehrungen werden ihre besonderen Verdienste gewürdigt. Sie sind jedoch kein Beweismittel für die von der Klägerin zu beweisenden Tatsachen.
Abweichend von dem Vortrag der Klägerin hat es auch in der ehemaligen DDR Staatliche Ämter für Arbeit gegeben, an die sich arbeitslose Bürger wenden konnten. Die insoweit zuständigen Staatlichen Ämter für Arbeit der Räte der Kreise bzw. Stadtbezirke sollten das in Art. 24 der Verfassung der DDR enthaltene Recht auf Arbeit garantieren. Der sozialistische Staat hatte zu sichern, dass jedem Bürger ein Arbeitsplatz zur Verfügung steht. Unter besonderem Schutz standen die Bürger, die bei der Aufnahme einer Arbeit besondere familiäre, gesundheitliche und andere Probleme zu lösen hatten, vor allem z. B. Frauen und Mütter. Der Rat des Kreises - Amt für Arbeit konnte den Betrieben Auflagen zur Einstellung von Bürgern erteilen, wenn dies aus gesellschaftlichen Gründen erforderlich war (im Einzelnen: Thüringer Landessozialgericht a. a. O.). Der Senat kann offen lassen, ob er sich der Auffassung des Thüringer Landessozialgerichts anschließt, wonach es unter Anwendung des strengen Maßstabs des § 252a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB VI erforderlich ist, dass sich der Betroffene mit seinem Arbeitswunsch zu DDR-Zeiten (jedenfalls auch) an das örtlich zuständige Amt für Arbeit gewandt hat (im Einzelnen: Thüringer Landessozialgericht a. a. O.). Dies hat die Klägerin nicht getan, obwohl sie besondere Unterstützung von den staatlichen Organen hätte erwarten dürfen. Sie hat vielmehr vorgetragen, Ämter für Arbeit seien ihr nicht bekannt gewesen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision i. S. v. § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
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