Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
7
1. Instanz
SG Halle (Saale) (SAN)
Aktenzeichen
S 1 SB 88/03
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 7 SB 33/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung wird zurückgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Höhe des Behinderungsgrads umstritten.
Die 1944 geborene Klägerin beantragte am 16. Mai 2002 die Feststellung von Behinderungen und gab Funktionsstörungen der Wirbelsäule, des rechten Knies, des rechten Arms, der Füße, Angststörungen, Schlafstörungen und Tinnitus links an.
Der Beklagte holte Befundscheine der behandelnden Ärzte der Klägerin ein. Die Fachärztin für Neurologie Prof. Dr. G. teilte am 4. Juni 2002 mit, nach einem Verkehrsunfall im Jahr 1999 habe sich aufgrund der rezidivierenden Beschwerdesymptomatik ein ängstlich depressives Syndrom entwickelt, sodass im März 2002 eine Überweisung zur ambulanten Psychotherapie erfolgt sei. Der Orthopäde Dr. G. berichtete am 3. Juni 2002 von anhaltenden Schmerzen der Halswirbelsäule (HWS) mit einer Schmerzausstrahlung in beide Schultern und Hände. Folgende Bewegungsmaße der HWS übermittelte er: Rotation rechts/links 45/0/45 Grad nach der Neutral-Nullmethode, Seitneigung 25/0/25 Grad. Motorische oder sensible Störungen seien nicht vorhanden. Außerdem sei die Vorbeuge der Lendenwirbelsäule (LWS) eingeschränkt. Die Hüftgelenks- und Kniegelenksbeweglichkeit habe jeweils 0/0/130 Grad betragen. Im rechten Knie lägen eine Schwellung und Druckschmerz sowie eine mediale Seitenbandschwäche bei intakten Kreuzbändern vor. Die Röntgenuntersuchung habe eine Osteochondrose im Bereich C4/5 und C5/6, eine Osteochondrose im Bereich L4/5 und L5/S1, eine Fehlstatik der Wirbelsäule, eine Osteopenie sowie eine beginnende Gonarthrose rechts gezeigt. Die Fachärztin für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde Dipl.-Med. G. berichtete am 17. Juni 2002 von einem ausreichend kompensierten beidseitigen Tinnitus. Schließlich teilte die psychologische Psychotherapeutin F. am 6. November 2002 mit, die Klägerin befinde sich seit April 2002 in ambulanter Einzeltherapie wegen chronischer Schlafstörungen. Eine zwischenzeitliche Borrelioseinfektion habe erneut zu körperlichen Symptomen wie Müdigkeit, Abgeschlagenheit und Mattigkeit geführt. Nach der Durchführung des "Beck Depression Inventory" sei zurzeit von einer leichten depressiven Episode mit somatischem Syndrom auszugehen.
Der beteiligte ärztliche Dienst des Beklagten schlug daraufhin für eine psychische Behinderung mit somatoformen Störungen einen Grad der Behinderung von 30, für die Funktionsminderung der Wirbelsäule infolge degenerativer Veränderungen und Ohrgeräusche jeweils von 10 sowie einen Gesamtgrad der Behinderung von 30 vor. Dem folgend stellte der Beklagte mit Bescheid vom 17. Februar 2003 ab 16. Mai 2002 bei der Klägerin eine Behinderung mit einem Grad von 30 fest.
Dagegen erhob die Klägerin am 27. Februar 2003 Widerspruch und machte Spannungskopfschmerzen sowie eine Verschlimmerung der Kniebeschwerden geltend. Außerdem habe sie im Mai 2002 aufgrund eines Zeckenstichs eine Borrelioseinfektion erlitten, die zu weiteren Beeinträchtigungen (Müdigkeit, Abgeschlagenheit und Mattigkeit) führe. Mit Widerspruchsbescheid vom 18. Juni 2003 wies der Beklagte den Widerspruch der Klägerin zurück.
Dagegen hat diese am 24. Juni 2003 Klage beim Sozialgericht Halle (SG) erhoben und ergänzend vorgetragen, sie leide unter starkem Harndrang. Das SG hat weitere Befundberichte eingeholt. Prof. Dr. G. hat am 26. März 2004 den Verdacht auf eine beginnende Somatisierungsstörung diagnostiziert und eingeschätzt, es lägen leichte psychovegetative und psychische Störungen mit einer wesentlichen Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit vor. Im Behandlungsverlauf seien seit 1999 keine neuen Gesichtspunkte beobachtet worden, lediglich eine ambulante Behandlung der Borreliose sei durch den Hausarzt der Klägerin erfolgt. Der Facharzt für Urologie Dipl.-Med. L. hat am 30. März 2003 eine Reizblase diagnostiziert und angegeben, zurzeit liege zweimal nächtliches Wasserlassen (Nykturie), aber keine Inkontinenz vor. Dr. G. hat am 4. Mai 2004 ergänzend ausgeführt, es bestünden wechselnde Beschwerden im Bereich der HWS, beider Ellenbogen und Hände mit Morgensteifigkeit. Teilweise strahle der Schmerz zum Kopf aus und es lägen Sensibilitätsstörungen vor. Folgende Bewegungsmaße hat er angegeben: HWS: Rotation rechts/links 40/0/45 Grad, Seitneigung 20/0/20 Grad, BWS: Ott 30/33 cm, Schober 10/14 cm, Finger-Boden-Abstand 18 cm. Eine Instabilität oder eine wesentliche Einschränkung der Beweglichkeit der Schultergelenke bestünden nicht (Anteversion beidseits 170 Grad). Die Beweglichkeit des oberen Sprunggelenks sei gering eingeschränkt (Streckung/Beugung 0/0/30 Grad). Außerdem liege eine Bewegungseinschränkung des rechten Handgelenks aufgrund eines im Jahr 1977 erlittenen Bruchs des Handgelenks vor. Die Füße seien durch einen Senk-Spreizfuß beidseits deformiert. Außerdem bestünden schmerzhafte Druckpunkte, die auf ein rheumatisches Krankheitsbild (primäre Fibromyalgie) hindeuteten. Weitere Gesundheitsstörungen stünden im Zusammenhang mit der Borreliose, die im Intervall zu Entzündungen der Gelenke führten. Eine Behandlungsbedürftigkeit bestehe bei klinischen und paraklinischen Entzündungsaktivitäten.
In Auswertung der Befundberichte hat der Beklagte auf eine prüfärztliche Stellungnahme von Dr. W. verwiesen. Danach bedingten der Verdacht auf eine sich entwickelnde Somatisierungsstörung und leichte psychovegetative bzw. psychische Störungen keinen Behinderungsgrad von 30. Wesentliche Einschränkungen der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit seien nicht zu erkennen. Nur unter Berücksichtigung der Schlafstörungen und Schmerzen sowie der daraus folgenden Leistungsminderung könne ein Behinderungsgrad von 30 beibehalten werden. Da nur geringe funktionelle Auswirkungen in zwei Wirbelsäulenabschnitten (HWS und LWS) vorlägen und die Schmerzhaftigkeit bereits im Behinderungsgrad von 30 für die psychische Behinderung bewertet worden sei, könne hierfür noch maximal ein Behinderungsgrad von 20 empfohlen werden. Weitere Behinderungen lägen nicht vor, denn eine Reizblase stelle keine Behinderung dar und eine Harninkontinenz habe der behandelnde Urologe verneint. Weil sich die Gesundheitsstörungen teilweise überlagerten und jeweils im oberen Ermessensspielraum bewertet worden seien, könne kein höherer Behinderungsgrad als 30 angenommen werden.
Auf Antrag der Klägerin hat nach § 109 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) Prof. Dr. Dr. S. nach Untersuchung der Klägerin das Gutachten vom 1. November 2004 erstattet. Diesem hatte die 67,5 kg schwere und 151 cm große Klägerin geschildert, seit dem Unfall 1999 bestünden Schmerzen im Wirbelsäulenbereich und Kniebeschwerden, sie leide an wetter- und belastungsabhängigem Schwindel sowie unter wechselnd auftretendem Kopfschmerz. Aufgrund der Schlafstörungen verstärkten sich diese Beschwerden. Nach dem Zeckenstich mit anschließender Borrelioseinfektion seien das Gedächtnis und die Konzentration schlechter geworden und sie habe häufiger Kopfschmerzen. Es sei auch zu Stuhlinkontinenzerscheinungen gekommen. Außerdem habe sie eine chronische Reizblase und Beschwerden beim Wasserlassen. Der Urin gehe gelegentlich beim Husten, Pressen oder bei kleinen körperlichen Anstrengungen spontan ab. Zusammenfassend hat Prof. Dr. Dr. S. nach Auswertung der Röntgenbefunde und Untersuchung der Klägerin ein Cervicobrachialsyndrom mit Foraminalstenose sowie ein Radiculärsyndrom der BWS und der LWS bei Discopathien der BWS und Osteochondrose L 4/5 und L 5/1 diagnostiziert. Dafür hat er einen Grad der Behinderung von 40 vorgeschlagen, da mittelgradige funktionelle Auswirkungen in zwei Wirbelsäulenabschnitten vorlägen (HWS: Vor/Rückneigen 25/0/25 Grad, Seitneigen rechts/links 20/0/20 Grad, Drehen rechts/links 25/0/25 Grad, BWS/LWS Seitneigen 25/0/25 Grad, Drehen 30/0/30 Grad, Zeichen nach Ott 30:33 cm, Zeichen nach Schober 10:14 cm, Fußbodenfingerabstand 30 cm). Außerdem hat Prof. Dr. Dr. S. eine entzündliche Gonarthrose mit geringer Bewegungseinschränkung in beiden Kniegelenken (Extension/Flexion rechts/links 0/0/120 bzw. 5/0/110 Grad) diagnostiziert und dafür einen Grad der Behinderung von 20 vorgeschlagen. Es habe ein Reibegeräusch und ein deutlicher Druck- und Klopfschmerz über dem rechten Kniegelenk mit geringer Schwellung (rechts stärker als links ausgeprägt) vorgelegen. Die Bänder und der Meniskus seien intakt gewesen. Weiterhin hat Prof. Dr. Dr. S. eine hirnorganische Leistungsminderung und Wesensveränderung nach einer Borrelioseinfektion mit sekundären Somatisierungsstörungen diagnostiziert und dafür einen Grad der Behinderung von 50 bis 60 vorgeschlagen, da eine mittelgradige Ausprägung mit deutlicher Auswirkung im Alltag vorläge. Die bei der Klägerin vorliegenden Beschwerden seien in den Anhaltspunkten unter der Kategorie "Hirnorganische Allgemeinsymptome" exakt aufgeführt. Klinisch sichere Hinweise für eine rheumatische Erkrankung oder ein Fibromyalgiesyndrom bestünden dagegen nicht. Die chronische Reizblase mit relativer Harninkontinenz sei mit einem Grad der Behinderung von 30 zu bewerten, da eine Stressinkontinenz zweiten Grades vorliege. Der Tinnitus bedinge einen Grad der Behinderung von 10. Insgesamt hat Prof. Dr. Dr. S. einen Grad der Behinderung von 60 vorgeschlagen.
Der Beklagte hat dagegen eingewandt: Eine Borreliose mit Hirnleistungsminderung habe die behandelnde Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie nicht bestätigt. Allein die anamnestischen Angaben der Klägerin reichten für die Annahme einer solchen schwerwiegenden Diagnose, die mit Sicherheit von der behandelnden Fachärztin nicht übersehen worden wäre, nicht aus. Von einer hausärztlichen medikamentösen Behandlung wegen einer Borreliose könne nicht automatisch auf einen Befall des Gehirns geschlossen werden. Dazu bedürfe es einer ausführlichen fachärztlichen Diagnostik unter Einbeziehung klinischer, apparativer und auch testpsychologischer Untersuchungen. Solche habe der Sachverständige nicht vorgenommen. Die behandelnde Fachärztin habe hingegen nur leichte psychische Auffälligkeiten feststellen können. Im Bereich der Wirbelsäule seien keinesfalls schwere Funktionsstörungen in zwei Abschnitten erkennbar. Zwar seien die Bewegungseinschränkungen nun etwas ausgeprägter, doch lägen weder neurologische Ausfälle noch über das Krankheitsmaß hinausgehende Schmerzen vor. Dafür lasse sich kein höherer Behinderungsgrad als 20 feststellen. Da keine relevanten Bewegungseinschränkungen der Kniegelenke vorlägen, der Bandapparat stabil sei und auch keine Reizerscheinungen hätten festgestellt werden können, liege kein messbarer Behinderungsgrad vor. Es bestehe auch keine Harninkontinenz im eigentlichen Sinn, sondern ein vermehrter Harndrang mit zweimaligem Wasserlassen in der Nacht. Keinesfalls könne hierfür ein Behinderungsgrad von 30 vergeben werden.
Daraufhin hat die Klägerin eine ergänzende Stellungnahme des Prof. Dr. Dr. S. vom 27. Januar 2005 vorgelegt. Er hat die Auffassung vertreten, es lägen klinische (Laboruntersuchung vom 13. Dezember 2002) und testpsychologische (psychologische Therapeutin F.) Untersuchungen zum Nachweis der Neuroborreliose vor. Prof. Dr. G. habe psychovegetative und psychische Störungen bestätigt. Die Borreliose hätten auch die Orthopäden J. am 4. Mai 2004 diagnostiziert. Weiterhin hat Prof. Dr. Dr. S. auf mittelgradige Auswirkungen in allen drei Wirbelsäulenabschnitten hingewiesen. Auch wenn die Gonarthrose nur zu einer geringen Funktionseinschränkung führe, sei ein Grad der Behinderung von 20 angemessen, da sich auf dieser Grundlage sehr häufig rezidivierende Gelenkentzündungen mit erheblichen akuten Beschwerden bilden könnten.
Der Beklagte hat eine Stellungnahme der Versorgungsärztin Dr. K. vom 5. Februar 2005 vorgelegt. Danach seien dem Bericht der Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie vom März 2004 keine krankheitstypischen Symptome für eine Neuroborreliose zu entnehmen. Auch die anderen Facharztbefunde zeigten keine weiterführende Manifestation der Erkrankung. Andernfalls hätte dies Anlass für eine leitliniengerechte Diagnostik und Behandlung geben müssen. Allein aufgrund der im Gutachten aufgeführten Allgemeinsymptome sei keine Diagnosestellung möglich.
Mit Urteil vom 25. April 2005 hat das SG die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt: Nach dem Befundbericht von Prof. Dr. G. sei für die leichten psychovegetativen und psychischen Störungen ohne wesentliche Einschränkungen der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit nur ein Behinderungsgrad von 10 bis 20 anzunehmen. Den vorliegenden Befunden seien dauerhafte Gesundheitsstörungen als Folge des erlittenen Zeckenbisses nicht zu entnehmen. Prof. Dr. G. habe es nicht für notwendig erachtet, Testverfahren zur Feststellung hirnorganischer Veränderungen durchzuführen. Diese habe auch Prof. Dr. Dr. S. nicht durchgeführt. Auch wenn grundsätzlich eine Borrelioseinfektion zu den von der Klägerin geschilderten Symptomen führen könne, fehle hier der Nachweis der Gesundheitsstörung. Die Bewertung der chronischen Reizblase mit relativer Harninkontinenz durch Prof. Dr. Dr. S. sei nicht nachvollziehbar. Zwar habe Dipl.-Med. L. über ein zweimaliges Wasserlassen in der Nacht berichtet, doch bedinge diese Gesundheitsstörung keinen Behinderungsgrad. Es liege auch keine relative Harninkontinenz oder eine andere Gesundheitsstörung auf urologischem Gebiet vor. Der Bewertung der Kniegelenke durch Prof. Dr. Dr. S. könne die Kammer nicht folgen, da die erhobenen Bewegungsmaße noch normgemäß seien. Die Reibegeräusche sowie der festgestellte Druck- und Klopfschmerz über dem rechten Kniegelenk mit geringer Schwellung bedingten keinen Behinderungsgrad. Die Einschränkungen im Bereich der HWS rechtfertigten einen Einzelgrad der Behinderung von 20. Die im Bereich der BWS und LWS erhobenen Bewegungsmaße zeigten unter Berücksichtigung des Alters der Klägerin einen normgerechten Gesundheitszustand. Die von Prof. Dr. Dr. S. im bildgebenden Verfahren festgestellten degenerativen Veränderungen rechtfertigten keinen Behinderungsgrad, da bildgebende Verfahren nur dazu dienten, die angegebenen Bewegungseinschränkungen und Schmerzzustände zu objektivieren. Insgesamt könne kein höherer Gesamtgrad als 30 festgestellt werden, da sich die Behinderungen nicht wechselseitig verstärkten.
Gegen das ihr am 16. Juni 2005 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 21. Juni 2005 Berufung beim Landessozialgericht Sachsen-Anhalt erhoben und zunächst die Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft weiterverfolgt. Sie hat die Berufung mit Schriftsatz vom 7. Februar 2011 auf den Zeitraum ab 16. Mai 2002 und in der mündlichen Verhandlung vom 22. Februar 2011 auf die Feststellung eines Behinderungsgrads von 40 beschränkt.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Halle vom 25. April 2005 aufzuheben, den Bescheid vom 17. Februar 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. Juni 2003 abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, bei ihr einen Gesamtgrad der Behinderung von 40 mit Wirkung ab 16. Mai 2002 festzustellen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Senat hat weitere Befundberichte eingeholt. Prof. Dr. G. hat über seit August 2004 verstärkt aufgetretene psychische Beeinträchtigungen (zunehmende Merkfähigkeits- und Gedächtnisstörungen sowie Somatisierungsstörung) berichtet. Die Computertomographie (CT) des Schädels vom 3. September 2004 sei unauffällig gewesen. Psychisch sei die Klägerin schlafgestört, matt, müde, antriebslos, ängstlich und unruhig. Nach ihren ergänzenden Ausführungen vom 19. März 2009 hätten für eine Hirnleistungsdiagnostik aufgrund des klinischen Verlaufs keine Indizien bestanden. Zeiten der Arbeitsunfähigkeit habe sie nicht festgestellt.
Mit Befundbericht vom 25. März 2009 hat Dr. G. hat eine Gonarthrose beidseits (Extension/Flexion beidseits 0/0/130 Grad) mit unvollständig kompensierbarer Seitenbandinstabilität, ein chronisch rezidivierendes lumbales Pseudoradikulärsyndrom bei Osteochondrose L4/5 und L5/S1 (Schober 10/14 cm, Fingerbodenabstand 22 cm, Ott 30/32 cm), ein chronisch rezidivierendes Cervikobrachialsyndrom bei Ostechondrose C4/5 und C 5/6 mit Foraminalstenose (HWS: Rotation rechts/links 40/0/50 Grad, Seitneigung 30/0/25 Grad) sowie eine Fehlstatik der HWS mit dorsaler Hyperkyphose und lumbal rechtskonvexer Skoliose diagnostiziert. Außerdem liege ein wechselnder Schwindel bei cervikocephalem Syndrom mit Einschränkung der Beweglichkeit und Belastbarkeit vor. Zeiten der Arbeitsunfähigkeit seien ihm unbekannt.
Die Fachärztin für Allgemeinmedizin Dr. S. hat mit Befundbericht vom 7. April 2009 auf eine sich verschlechternde Merk- und Konzentrationsfähigkeit hingewiesen. Außerdem liege eine beginnende Stuhlinkontinenz bei einem Zustand nach Dammriss dritten Grades vor. Zudem leide die Klägerin an einer Dranginkontinenz ersten Grades und benutze Inkontinenzvorlagen. Aufgrund der Vorsorgeuntersuchung vom 17. März 2009 (einschließlich Abdomensonographie, Echo, Ergo und Laborkontrolle) habe sie keine neuen therapeutischen Maßnahmen eingeleitet. Dr. S. hat in der Behandlungskartei neben bekannten Diagnosen (somatoforme Störung, Depression, psychosomatische Störung, Dranginkontinenz) im März 2006 eine Gastritis, im Dezember 2007 Oberbauchbeschwerden und einen Zustand nach Gallenkolik, im Januar 2008 Oberbauchbeschwerden, im April 2008 den Verdacht auf Gastritis, im April 2009 Oberbauchbeschwerden sowie im April 2008 ein Restless-legs-Syndrom festgehalten. In Anlage hat sie weitere Arztbriefe übersandt. Der Arzt für Nuklearmedizin Dr. N. hatte am 20. Juli 2004 eine leichtgradige globale Ischämie und eine im Normbereich gelegene globale linksventrikuläre Auswurffraktion diagnostiziert. Die Fachärztin für Innere Medizin Dipl.-Med. N. hatte am 21. Januar 2008 sonographisch außer einer Steatosis hepatis (Fettleber) und einer kleiner Leberzyste keine Besonderheiten festgestellt und mitgeteilt, eine sichere Erklärung für die Oberbauchbeschwerden bei bekanntem Meteorismus und Obstipationstendenz sei nicht möglich. Mit Arztbrief vom 15. Juni 2006 hatte die Fachärztin für Dermatologie Dr. F. über die Behandlung einer Rosacea (Hauterkrankung im Gesicht) berichtet. Arbeitsunfähigkeit hat Dr. S. für den Zeitraum vom 13. bis 31. Dezember 2004 wegen Kreuzschmerzen festgestellt. Unter dem 13. Dezember 2004 hatte sie festgehalten, die Klägerin sei arbeitslos geworden, wirke sehr bedrückt und habe über Rückenschmerzen geklagt.
Nach Auswertung der Befundberichte hat der Beklagte unter Hinweis auf die prüfärztliche Stellungnahme von Frau S. vom 27. April 2009 an seiner Auffassung festgehalten. Ohne Auswirkung auf den Gesamtbehinderungsgrad seien zusätzlich jeweils mit einem Einzelbehinderungsgrad von 10 die Lockerung des Kniebandapparats (muskulär vollständig kompensiert), die beidseitige Fußdeformität, die Dranginkontinenz ersten Grades, die beginnende Stuhlinkontinenz sowie die Bewegungsstörung der Beine (Restless-legs-Syndrom) zu bewerten. Der nuklearmedizinische Befund vom September 2004 lasse keine relevante Funktionsminderung des Herz-Kreislauf-Systems erkennen und die abgeheilte Rosacea, die Fettleber und die Leberzyste rechtfertigten keinen Behinderungsgrad.
Am 16. November 2007 hat eine nichtöffentliche Sitzung vor dem Landessozialgericht Sachsen-Anhalt stattgefunden. In dieser hat die Klägerin erklärt: Sie stehe immer um 7.00 Uhr auf, auch wenn sie in der Nacht schlecht geschlafen habe. Dann versuche sie zu frühstücken, mache Gymnastik, bereite das Mittagessen vor, bringe die Wohnung in Ordnung und mache eine Mittagsruhe. Danach gebe es Kaffee und sie gehe nach draußen. Seit Februar 2007 sei sie im Reha-Zentrum Kötzschlitz. Bis zum letzten Jahr sei sie einmal in der Woche in der Sauna gewesen. Sie habe viele Bekannte, mit denen sie meistens nur telefoniere.
Auf Antrag der Klägerin hat der Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Prof. Dr. S. ein Gutachten nach § 109 SGG erstatten sollen. Nachdem dieser aus gesundheitlichen Gründen dazu nicht in der Lage war, hat der Facharzt für Chirurgie/H-Arzt/Lymphologie/Proktologe Prof. Dr. M. das Gutachten vom 19. August 2010 nach § 109 SGG erstattet. Danach sei die gelernte Buchhalterin von 1963 bis 2004 in ihrem Beruf in der Agrargenossenschaft Bad D. tätig gewesen. Nach folgender Arbeitslosigkeit beziehe sie seit 2007 Altersrente. Die Klägerin (150 cm, 67 kg) hatte gegenüber Prof. Dr. M. von einem seit 20 Jahren etwas schiefen Mundwinkel berichtet. 1971 sei die Entbindung ihrer Sohns mit einem Dammriss dritten Grades erfolgt. Sie nehme einmal täglich vor dem Schlafengehen ein Medikament, außerdem Lyrica 75 sowie eine pflanzliches Medikament. Prof. Dr. M. hat folgende Diagnosen gestellt: Dringender Verdacht auf Osteoporose (die Klägerin sei nach ihren Angaben in den letzten fünf Jahren 5 cm kleiner geworden), Zervico-brachial-Syndrom (die Klägerin habe HWS-Beschwerden bei Kopfwendebewegungen, die in beide Arme zögen und zeitweilige Parästhesien auslösten), BWS-Schmerzsyndrom mit Rundrückenbildung, ganz leichte Skoliose der Wirbelsäule, Lumbo-Ischialgie-Syndrom mit Ausstrahlung in beide Beine, Cox- und Gonarthrose beidseits, muskuläre Dysbalancen im Bereich beider oberen und unterer Extremitäten, Restless-legs-Syndrom, dringender Verdacht auf einen Zustand nach Apoplex (leicht hängender linker Mundwinkel, der auch beim Pfeifen oder Sprechen nicht spitz hervorgebracht werden könne), schlaffe Bauchdecken, muskuläre Dysbalancen im Rückenbereich. Durch den Rechtsstreit und die Begutachtungsmodalitäten sei sie seelisch geschwächt. Die HWS weise deutliche degenerative Veränderungen ohne wesentliche Einengung der Foramina intervertebralia und die BWS eine deutliche rechtskonvexe Skoliose mit Verschmälerung der Zwischenwirbelräume auf. Die LWS zeige eine deutliche Spondylolisthesis im Bereich L5/S1. Folgende Bewegungsmaße hat der Sachverstände erhoben: Hüftgelenke: beidseits Extension/Flexion 10/0/110 Grad; Kniegelenke: Extension/Flexion rechts 0/0/125 Grad, links 0/5/115 Grad; obere Sprunggelenke: rechts 20/0/30 Grad, links 10/0/30 Grad, untere Sprunggelenke rechts 15/0/25 Grad, links 5/0/15 Grad; Schultergelenke: Arm vorwärts heben: rechts 130 Grad, links 140 Grad; Handgelenke: handrückenwärts/hohlhandwärts rechts 40/0/40 Grad, links 40/0/50 Grad, speichenwärts/ellenwärts beidseits 20/0/15 Grad; HWS: Vorneigen/Rückneigen 25/0/20 Grad, Seitneigen rechts/links 30/0/30 Grad, Drehen rechts/links 60/0/60 Grad; BWS und LWS: Seitneigen rechts/links 30/0/30 Grad, Drehen 30/0/30 Grad, Fingerbodenabstand 20 cm, Ott 30:32 cm, Schober 10:14 cm. Zusammenfassend hat der Sachverständige einen Gesamtbehinderungsgrad von 50 vorgeschlagen. Nach zusätzlicher abdomineller und neurologischer Diagnostik sei im Laufe der Jahre noch ein wesentlich höherer Gesamtbehinderungsgrad festzuschreiben. Er habe nur den Gesamtbehinderungsgrad bewertet, da in einem Zusammenhangsgutachten der Mensch in der Gesamtheit zu betrachten sei. Bei weiterer internistischer Verifizierung (Bauch- und Darmbeschwerden mit Wechsel zwischen Durchfall und Verstopfung, Beckenbodenschwäche mit Harninkontinenz) sei sicherlich in der Summation mehr als 100 Prozent erreicht. Seit der Beurteilung durch Prof. Dr. Dr. S. lägen die Gesundheitsstörungen im jetzigen Ausmaß vor, obwohl er erst ab seiner Untersuchung definitiv berichten könne und die Magen-Darm-Probleme und der hängende Mundwinkel links bisher nicht erwähnt worden seien.
Der Beklagte hält weiterhin an seiner Auffassung fest und verweist auf die Stellungnahme von Frau S. vom 3. September 2010. Danach umfasse der von Prof. Dr. M. vorgeschlagene Behinderungsgrad von 50 bis 60 auch Verdachtsdiagnosen. Die Untersuchungsbefunde bestätigten die bisherigen Bewertungen für das Wirbelsäulenleiden (Grad der Behinderung von 20) und die Fußdeformitäten (Grad der Behinderung von 10). Eine Lockerung des Kniebandapparats werde weder bestätigt noch ausgeschlossen. Die geringen Funktionseinschränkungen im Bereich beider Schultergelenke, des rechten Handgelenks und beider Hüft- und Kniegelenke rechtfertigten keinen Behinderungsgrad. Die ausschließlich den Mundast betreffende linksseitige Facialis-Parese sei mit einem Behinderungsgrad von 0 bis 10 zu bewerten. Insgesamt sei ein Behinderungsgrad von 30 anzunehmen, da die psychische Gesundheitsstörung weiterhin mit 30 zu bewerten sei.
Die Gerichtsakte und die Verwaltungsakte des Beklagten haben vorgelegen und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Entscheidungsfindung. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Sachvortrages der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakte ergänzend verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte und gemäß § 143 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) auch statthafte Berufung der Klägerin ist nicht begründet.
Nach der Teilrücknahme der Klage am 22. Februar 2011 ist Streitgegenstand des vorliegenden Verfahrens der Antrag der Klägerin auf Feststellung eines Behinderungsgrads von 40 ab 16. Mai 2002. Mit Schriftsatz vom 7. Februar 2011 hat sie die Berufung auf diesen Zeitraum beschränkt. Maßgeblich ist bei der hier erhobenen Anfechtungs- und Verpflichtungsklage für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung (vgl. BSG, Urteil v. 12. April 2000 - B 9 SB 3/99 R = SozR 3-3870 § 3 Nr. 9 S. 22). Danach liegt bei der Klägerin seit der Antragstellung am 16. Mai 2002 bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung kein höherer Grad der Behinderung als 30 vor.
Für den streitgegenständlichen Zeitraum gilt das am 1. Juli 2001 in Kraft getretene Neunte Buch des Sozialgesetzbuchs (SGB IX) über die Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen vom 19. Juni 2001 (BGBl. I S. 1046). Der hier anzuwendende § 69 SGB IX ist durch die Gesetze vom 23. April 2004 (BGBl. I S. 606) und vom 13. Dezember 2007 (BGBl. I S. 2904) geändert worden. Rechtsgrundlage für den von der Klägerin erhobenen Anspruch auf Feststellung eines Grads der Behinderung von 50 ist § 69 Abs. 1 und 3 SGB IX. Infolge der verfahrensrechtlichen Änderungen des § 69 SGB IX durch das Gesetz vom 23. April 2004 (a.a.O.) hat sich im Übrigen nur die Satzzählung geändert. Im Folgenden werden die Vorschriften des § 69 SGB IX nach der neuen Satzzählung zitiert.
Nach § 69 Abs. 1 Satz 1 SGB IX stellen die für die Durchführung des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) zuständigen Behörden auf Antrag des behinderten Menschen das Vorliegen einer Behinderung und den Grad der Behinderung fest. Diese Vorschrift knüpft materiellrechtlich an den in § 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX bestimmten Begriff der Behinderung an. Danach sind Menschen behindert, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist. Nach § 69 Abs. 1 Satz 4 SGB IX sind die Auswirkungen auf die Teilhabe am Leben der Gesellschaft als Grad der Behinderung nach Zehnergraden abgestuft festzustellen. Wenn mehrere Beeinträchtigungen der Teilhabe am Leben der Gesellschaft vorliegen, wird nach § 69 Abs. 3 Satz 1 SGB IX der Grad der Behinderung nach den Auswirkungen der Beeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen festgestellt.
§ 69 Abs. 1 Satz 5 SGB IX ist durch das am 21. Dezember 2007 in Kraft getretene Gesetz vom 13. Dezember 2007 (a.a.O.) geändert worden. Nach der früheren Fassung der Vorschrift galten für den Grad der Behinderung die im Rahmen des § 30 Abs. 1 BVG festgelegten Maßstäbe entsprechend. Nach dem Wortlaut der früheren Fassung des ebenfalls durch das Gesetz vom 13. Dezember 2007 geänderten § 30 Abs. 1 BVG war für die Beurteilung die körperliche und geistige Beeinträchtigung im allgemeinen Erwerbsleben maßgeblich, wobei seelische Begleiterscheinungen und Schmerzen zu berücksichtigen waren. Nach der Neufassung des § 69 Abs. 1 Satz 5 SGB IX gelten für den Grad der Behinderung die Maßstäbe des § 30 Abs. 1 BVG und der aufgrund des § 30 Abs. 17 BVG erlassenen Rechtsverordnung entsprechend. Nach der damit in Bezug genommenen neuen Fassung des § 30 Abs. 1 BVG richtet sich die Beurteilung des Schweregrades – dort des "Grades der Schädigungsfolgen" (GdS) – nach den allgemeinen Auswirkungen der Funktionsbeeinträchtigungen in allen Lebensbereichen. Die hierfür maßgebenden Grundsätze sind in der am 1. Januar 2009 in Kraft getretenen Versorgungsmedizin-Verordnung (VersMedV) vom 10. Dezember 2008 (BGBl. I S. 2412) aufgestellt worden.
Nach § 2 VersMedV sind die auch für die Beurteilung des Schweregrades nach § 30 Abs. 1 BVG maßgebenden Grundsätze in der Anlage "Versorgungsmedizinische Grundsätze" (Anlageband zu BGBl. I Nr. 57 vom 15. Dezember 2008, G 5702) als deren Bestandteil festgelegt und sind damit nunmehr der Beurteilung der erheblichen medizinischen Sachverhalte mit der rechtlichen Verbindlichkeit einer Rechtsverordnung zugrunde zu legen. Zuvor dienten der Praxis als Beurteilungsgrundlage die jeweils vom zuständigen Bundesministerium herausgegebenen "Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht", die nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts als vorweggenommene Sachverständigengutachten eine normähnliche Wirkung hatten (vgl. BSG, Urteil v. 18. September 2003 – B 9 SB 3/02 R – SozR 4-3800 § 1 Nr. 3 Rdnr. 12, m.w.N.). Die in den Anhaltspunkten enthaltenen Texte und Tabellen, nach denen sich die Bewertung des Grades der Behinderung bzw. der Schädigungsfolge bisher richtete, sind inhaltlich weitgehend unverändert in diese Anlage übernommen worden (vgl. die Begründung BR-Drucks. 767/08, S. 3 f.). Die im vorliegenden Fall heranzuziehenden Abschnitte aus den Anhaltspunkten in den Fassungen von 1996, 2004 und 2008 bzw. aus den Versorgungsmedizinischen Grundsätzen sind nicht geändert worden.
Der hier streitigen Bemessung des Grads der Behinderung ist die GdS-Tabelle der Versorgungsmedizinischen Grundsätze (Teil A, Seite 17 ff.) zugrunde zu legen. Nach Teil A, Seite 19 werden Grad der Schädigung und der Grad der Behinderung nach gleichen Grundsätzen bemessen und unterscheiden sich begrifflich nur dadurch, dass der Grad der Schädigung nur auf die Schädigungsfolgen (also kausal) und der Grad der Behinderung auf alle Gesundheitsstörungen unabhängig von ihrer Ursache (also final) bezogen ist. In jedem Einzelfall sind alle leistungsmindernden Störungen auf körperlichem, geistigem und seelischem Gebiet zu berücksichtigen und in der Regel innerhalb der in Nr. 2 e (Teil A, Seite 20) genannten Funktionssysteme (Gehirn einschließlich Psyche; Augen; Ohren; Atmung; Herz-Kreislauf; Verdauung; Harnorgane; Geschlechtsapparat; Haut; Blut und Immunsystem; innere Sektion und Stoffwechsel; Arme; Beine; Rumpf) zusammenfassend zu beurteilen. Die Beurteilungsspannen tragen den Besonderheiten des Einzelfalles Rechnung (Teil B, Nr. 1 a, Seite 33).
Nach diesen Maßstäben kann für die Klägerin kein höherer Grad der Behinderung als 30 festgestellt werden. Dabei stützt sich der Senat auf die prüfärztlichen Stellungnahmen des Beklagten sowie die eingeholten Befundberichte.
a)
Das Hauptleiden der Klägerin ist dem Funktionsbereich "Gehirn einschließlich Psyche" zuzuordnen. Dafür ist ein Einzelgrad der Behinderung von 30 festzustellen.
Der Senat folgt der diagnostischen Einordnung der psychischen Erkrankung durch die behandelnde Fachärztin für Neurologie Prof. Dr. G. als Somatisierungsstörung. Auch die Hausärztin Dr. S. hat in ihrer zum Befundbericht vom 7. April 2009 übersandten Behandlungskartei mehrfach diese Diagnose als gesichert gestellt. Die Versorgungsmedizinischen Grundsätze (B 3.9., S. 43) geben hierfür folgenden Bewertungsrahmen vor:
Leichtere psychovegetative oder psychische Störungen
0 – 20
Stärker behindernde Störungen
mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit (z.B. ausgeprägtere depressive, hypochondrische, asthenische oder phobische Störungen, Entwicklungen mit Krankheitswert, somatoforme Störungen)
30 – 40
Schwere Störungen (z.B. schwere Zwangskrankheit)
mit mittelgradigen sozialen Anpassungsschwierigkeiten
mit schweren sozialen Anpassungsschwierigkeiten
50 – 70
80 – 100
Psychische Anpassungsschwierigkeiten, die einen Behinderungsgrad von 30 bis 40 rechtfertigen, sind nach dem Beschluss des Ärztlichen Sachverständigenbeirates (BMA am 18./19.03.1998 – zitiert nach Rohr/Sträßer, A 180, Nr. 26.3, 65. Lfg. – Stand Juni 2001) durch Kontaktschwäche und/oder Vitalitätseinbuße gekennzeichnet. Dieses Kriterium ist zur differenzierenden Einschätzung von Anpassungsschwierigkeiten analog auch dann heranzuziehen, wenn die Symptomatik der psychischen Störungen ganz unterschiedlich ist (Beschluss des Ärztlichen Sachverständigenbeirats, BMA am 8./9.11.2000 – zitiert nach Rohr/Sträßer, a.a.O.). Mittelgradige soziale Anpassungsschwierigkeiten setzen neben den Auswirkungen im Berufsleben erhebliche familiäre Probleme durch Kontaktverlust und affektive Nivellierung voraus (Beschluss des Ärztlichen Sachverständigenbeirats, BMA am 18./19.03.1998 – zitiert nach Rohr/Sträßer, a.a.O.).
Nach diesem Maßstab ist aufgrund der Vitalitätseinbuße durch die somatoforme Störung von einer wesentlichen Einschränkung der Erlebnisfähigkeit- und Gestaltungsfähigkeit auszugehen, die eine Bewertung mit einem Grad der Behinderung von 30 rechtfertigt. Mit dieser Erkrankung sind bei der Klägerin chronische Schlafstörungen verbunden, die nach den Ausführungen von Prof. Dr. G. wiederum zu Müdigkeit, Abgeschlagenheit und Mattigkeit führen. Die Klägerin wird von ihr als antriebslos, ängstlich und unruhig beschrieben. Außerdem bestehen seit dem Jahr 2004 verstärkt Merk- und Konzentrationsstörungen sowie Kopfschmerzen, die den Alltag wesentlich behindern. Die Erkrankung ist nicht nur als leichte Störung einzuordnen, denn sie erfordert eine regelmäßige fachärztliche und medikamentöse Behandlung.
Da Prof. Dr. G. im Gesamtverlauf seit 1999 keine neuen Gesichtspunkte gesehen hat, ist trotz der zunehmenden Merk- und Konzentrationsstörungen sowie der Kopfschmerzen insgesamt von keiner maßgeblichen Verschlechterung bis zum heutigen Tag auszugehen, die eine höhere Bewertung rechtfertigt. Insbesondere kann der Bewertungsrahmen für somatoforme Störungen mit 40 nicht ausgeschöpft werden, weil keine wesentliche Einschränkung der Gestaltungsfähigkeit erkennbar ist. Die Klägerin war von 1963 bis zum Jahre 2004 als Buchhalterin in einer Agrargenossenschaft ohne auffällige Defizite der psychischen Leistungsfähigkeit beschäftigt. Bis zur Beendigung der Tätigkeit im Jahr 2004 war sie nicht arbeitsunfähig erkrankt. Auch im privaten Bereich sind keine wesentlichen Auswirkungen aufgrund einer psychischen Erkrankung erkennbar. Die Gestaltungsfähigkeit unterliegt nur geringen Einschränkungen, denn die Klägerin war und ist in der Lage, ihren Alltag eigenständig zu regeln. Sie lebt einen geregelten Tagesablauf und ein sozialer Rückzug ist nicht erkennbar. Sie hatte bis zum Jahre 2006 regelmäßig Außenkontakte durch Saunabesuche und seit 2007 durch den Besuch des Reha-Zentrums. Sie steht mit vielen Bekannten in telefonischem Kontakt. Folglich ist ihre Erlebnisfähigkeit erhalten geblieben und ist zutreffend die depressive Symptomatik in den medizinischen Unterlagen immer nur als leicht eingeordnet worden. Schließlich hat die Klägerin auch den Sachverständigen keine weiteren Funktionsseinschränkungen aufgrund ihrer psychischen Erkrankung mitgeteilt. Lediglich die seelische Belastung durch den Rechtsstreit hat Prof. Dr. M. hervorgehoben.
Soweit Prof. Dr. Dr. S. und dem folgend Prof. Dr. M. eine hirnorganische Leistungsminderung und Wesensveränderung nach einer Borrelioseinfektion aufgrund der von der Klägerin geschilderten Symptome diagnostiziert haben, kann dem nicht gefolgt werden. Unstreitig hat die Klägerin zwar im Mai 2002 eine Borrelioseinfektion erlitten, doch eine darauf zurückzuführende Hirnschädigung ist nicht nachgewiesen. Weder die behandelnde Fachärztin Prof. Dr. G. noch ein anderer die Klägerin behandelnder Arzt hat eine solche Diagnose gestellt. Aufgrund der geklagten Symptomatik hat Prof. Dr G. zwar ein CT veranlasst. Doch war dieses unauffällig gewesen und eine weitere diagnostische Abklärung hat sie nicht für medizinisch notwendig erachtet. Diese Vorgehensweise ist auch nachvollziehbar, da alle von der Klägerin geklagten Symptome von der Diagnose einer somatoformen Störung miterfasst werden. Im Übrigen spricht gegen eine Hirnschädigung aufgrund des Zeckenbisses, dass die Klägerin die von ihr danach geklagten Leistungseinschränkungen schon vorher geschildert hatte. Bereits im März 2002, also vor dem Zeckenstich, ist daher eine Überweisung zur ambulanten Psychotherapie erfolgt.
b)
Außerdem ist für das Funktionssystem Rumpf ein Einzelbehinderungsgrad festzustellen. Bei der Klägerin liegt eine Funktionseinschränkung der Wirbelsäule vor, die einen Grad der Behinderung von 20 rechtfertigt.
Für Wirbelsäulenfunktionseinschränkungen sind die maßgeblichen Bewertungskriterien in Teil B 18.9 (S. 106 f.) der Versorgungsmedizinischen Grundsätze vorgegeben. Danach folgt der Grad der Behinderung bei Wirbelsäulenschäden primär aus dem Ausmaß der Bewegungseinschränkung der Wirbelsäulenverformung, der Wirbelsäuleninstabilität sowie aus der Anzahl der betroffenen Abschnitte der Wirbelsäule. Nach Teil B 18.9 (S. 107) rechtfertigen erst mittelgradige funktionelle Auswirkungen von Wirbelsäulenschäden in einem Wirbelsäulenabschnitt, z.B. eine anhaltende Bewegungseinschränkung oder eine Instabilität mittleren Grades, einen Einzelgrad der Behinderung um 20. Funktionsstörungen geringeren Grades bedingen allenfalls einen Einzelgrad um 10.
Nach diesem Maßstab ist die Bewertung der Wirbelsäulenfunktionseinschränkungen mit einem Grad der Behinderung von 20 durch den Beklagten noch vertretbar. Bei der Klägerin liegt ein chronisch rezidivierendes Cervikobrachialsyndrom bei Ostechondrose C4/5 und C 5/6 mit Foraminalstenose sowie eine Fehlstatik der HWS mit dorsaler Hyperkyphose vor. Die von Dr. G. festgestellten Bewegungseinschränkungen (Rotation rechts/links 40/0/50 Grad – Norm: 60-80/0/60-80; Seitneigung 30/0/25 Grad – Norm: rechts/links 45/0/45 Grad) haben allerdings nur geringe Einschränkungen und die von Prof. Dr. M. später erhobenen Bewegungsmaße sogar eine normgemäße Rotationsfähigkeit gezeigt (rechts/links 60/0/60 Grad). Auch die Foraminalstenose ist nach den Ausführungen von Prof. Dr. M. nicht wesentlich und auch nicht mit motorischen Ausfallerscheinungen verbunden, sodass allenfalls unter Berücksichtigung der wechselnden Schwindelerscheinungen und der gelegentlichen Ausstrahlungen mit Parästhesien unter großzügiger Ausschöpfung des Bewertungsrahmens schon von mittelgradigen Auswirkungen im Bereich der HWS ausgegangen werden kann.
Weitere Funktionsstörungen in anderen Wirbelsäulenbereichen, die sich erhöhend auswirken könnten, liegen nicht vor. Nach den Ausführungen des behandelnden Orthopäden Dr. G. vom 25. März 2009 leidet die Klägerin zwar auch an einem chronisch rezidivierenden lumbalen Pseudoradikulärsyndrom bei Osteochondrose L4/5 und L5/S1. Daraus folgende Funktionseinschränkungen sind unter Zugrundelegung der von ihm mitgeteilten Bewegungsmaße aber nicht feststellbar (Schober 10/14 cm, Fingerbodenabstand 22 cm). Auch die von Prof. Dr. Dr. S. und Prof. Dr. M. erhobenen Befunde lassen nur endgradige Bewegungseinschränkungen erkennen. Bei ihrer Befunderhebung war das Zeichen nach Schober mit 10/14 cm wiederum normgemäß und der Fingerbodenabstand von 30 cm bzw. 20 cm altersentsprechend. Die weiteren festgestellten Bewegungsmaße (Seitneigen: 25/0/25 Grad bzw. 30/0/30 Grad – Norm 30 bis 40 Grad; Drehen: 30/0/30 Grad – Norm 30 bis 40 Grad) lassen keine wesentlichen Auswirkungen erkennen. Auch aufgrund des Lumbo-Ischialgie-Syndroms mit Ausstrahlung in die Beine ist keinesfalls der von Prof. Dr. Dr. S. gezogenen Rückschluss auf mittelgradige Auswirkungen möglich. Denn allein die röntgenologisch festgestellten Veränderungen rechfertigen nach den Versorgungsmedizinischen Grundsätzen (B 18.1, S. 102) keinen Behinderungsgrad. Auch die hinsichtlich der BWS erhobenen bildtechnischen Befunde (rechtskonvexe Skoliose mit Verschmälerung der Zwischenwirbelräume) führen nicht zu relevanten Funktionseinschränkungen. So war das Zeichen nach Ott mit 30/33 cm bzw. 30/32 cm bei allen Befunderhebungen normgemäß.
Schließlich liegen keine Funktionseinschränkungen der Hüftgelenke vor, die eine Bewertung mit einem Einzelbehinderungsgrad von 10 rechtfertigen. Die Versorgungsmedizinischen Grundsätze gehen in B 18.14 (S. 115) bei einer Streckung und Beugung bis zu 0/10/90 Grad mit entsprechender Einschränkung der Dreh- und Spreizfähigkeit von einer geringen Bewegungseinschränkung aus. Sofern diese einseitig vorliegt, wird ein Bewertungsrahmen von 10 bis 20 eröffnet. Nach diesem Maßstab kann auch unter Berücksichtigung der zuletzt von Prof. Dr. M. diagnostizierten Coxarthrose und der von ihm erhobenen Befunde kein Einzelbehinderungsgrad angenommen werden. Die Beweglichkeit der Hüftgelenke war bei seiner Untersuchung mit 10/0/110 Grad noch nicht gering im Sinne der Versorgungsmedizinischen Grundsätze eingeschränkt. Den zuvor eingeholten medizinischen Unterlagen ist nicht einmal ein Hinweis auf eine eingeschränkte Hüftgelenksbeweglichkeit zu entnehmen.
c)
Für das Funktionssystem Beine ist aufgrund der von Dr. G. diagnostizierten medialen Seitenbandschwäche ein Grad der Behinderung von 10 festzustellen. Nach den Versorgungsmedizinischen Grundsätzen (Teil B 18.14, S. 116) rechtfertigt eine muskulär kompensierbare Lockerung des Kniebandapparats einen Grad der Behinderung von 10, für eine unvollständig kompensierbare Lockerung, die mit einer Gangunsicherheit verbunden ist, kann ein Behinderungsgrad von 20 angenommen werden. Zwar hat Dr. G. eine unvollständige Kompensation, aber keine Gangunsicherheit mitgeteilt. Prof. Dr. Dr. S. und Prof. Dr. M. haben in ihrer Befunderhebung nicht einmal die Seitenbandschwäche diagnostiziert, sodass keinesfalls ein höherer Behinderungsgrad als 10 dafür festgestellt werden kann. Ein höherer Behinderungsgrad als 10 kann auch nicht für das Restless-legs-Syndrom angenommen werden. Dieses wurde nur einmalig von Dr. S. diagnostiziert und ist in seinen Auswirkungen nach Teil B 3.10 (S. 44) analog einer Polyneuropathie zu bewerten. Da keine motorischen Ausfallerscheinungen oder Beeinträchtigungen z. B. bei Feinbewegungen vorliegen, kann keine höhere Bewertung erfolgen.
Weitere Einzelbehinderungsgrade sind für das Funktionssystem Beine nicht feststellbar. Insbesondere liegt keine relevante Behinderung der Kniegelenke vor. Nach den Versorgungsmedizinischen Grundsätzen Teil B 18.14 (S. 117) ist von einer Funktionsminderung der Kniegelenke erst auszugehen, wenn die Extension und Flexion auf 0/0/90 Grad begrenzt ist (Normalmaß 0/0/120 bis 150 Grad). Eine solche geringe Einschränkung eröffnet einen Bewertungsrahmen von 10 bis 20. Bei einer beidseitigen Bewegungseinschränkung auf 0/10/90 Grad beträgt der Behinderungsgrad 20. Für ausgeprägte Knorpelschäden der Kniegelenke ohne Bewegungseinschränkungen (z. B. Chondromalacia patellae Stadium II-IV) mit anhaltenden Reizerscheinungen ist ein Behinderungsgrad von 10 bis 30 festzustellen. Nach diesem Maßstab können keine Bewegungseinschränkungen festgestellt werden, denn die erhobenen Bewegungsmaße waren bei Befunderhebung durch Dr. G. jeweils normgemäß (0/0/130 Grad) und bei Prof. Dr. M. allenfalls endgradig eingeschränkt (0/0/125 bzw. 0/5/115 Grad). Zeichen einer anhaltenden Reizerscheinung, wie Ergüsse oder Entzündungszeichen, haben nicht vorgelegen. Der von Prof. Dr. Dr. S. festgestellte Druck- und Klopfschmerz, die Reibegeräusche und die geringe Schwellung des Kniegelenks rechtfertigen auch keinen Behinderungsgrad. Selbst Prof. Dr. Dr. S. ist noch von geringen Beschwerden ausgegangen. Nur weil sich aufgrund der Arthrose Beschwerden ergeben könnten, hat er eine höhere Bewertung vorgenommen. Das entspricht aber nicht den Vorgaben der Versorgungsmedizinischen Grundsätze, denn nach Teil A 2 h (S. 21) sind erst in der Zukunft zu erwartende Gesundheitsstörungen nicht zu berücksichtigen.
Auch die Funktionseinschränkungen der Sprunggelenke rechtfertigen noch keinen Behinderungsgrad. Nach den Versorgungsmedizinischen Grundsätzen B 18.14 (S. 117) ist bei einer Bewegungseinschränkung im oberen Sprunggelenk mittleren Grades, die mit 0/0/30 Grad definiert wird (Norm 20-30/0/40-50) ein Einzelgrad von 10 vorgesehen. Dr. G. hatte mit Befundschein im Jahr 2004 zwar einmal eine solche geringe Einschränkung festgestellt, doch bei Befunderhebung durch Prof. Dr. M. war die Beweglichkeit nur endgradig eingeschränkt (20/0/30 Grad bzw. 10/0/30 Grad), sodass nicht von einer dauerhaften Behinderung auszugehen ist. Da auch die Bewegungsmaße der unteren Sprunggelenke keine wesentlichen Einschränkungen erkennen lassen (15/0/25 Grad bzw. 5/0/15 Grad), liegt keine relevante Behinderung vor (B 18.14, S. 118). Schließlich kann für die von Dr. G. diagnostizierte Deformität der Füße kein Behinderungsgrad festgestellt werden, da wesentliche statische Auswirkungen für die Annahme eines Behinderungsgrads vorausgesetzt werden (Versorgungsmedizinische Grundsätzen, B 18.14, S. 118). Derartige Einschränkungen lassen sich den zahlreichen medizinischen Unterlagen nicht entnehmen.
Da im Funktionssystem Beine somit Einschränkungen aufgrund der Seitenbandinstabilität und des Restless-legs-Syndroms vorliegen, ist ein Behinderungsgrad für das gesamte Funktionssystem Beine zu bilden. Die Grundsätze dafür sind in den Versorgungsmedizinischen Grundsätzen (Teil A, Nr. 3 ee, S. 23) vorgegeben. Danach führen – von hier fern liegenden Ausnahmefällen abgesehen – zusätzliche leichte Gesundheitsstörungen, die nur einen Einzelgrad von 10 bedingen, zu keiner Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigung, und zwar auch dann nicht, wenn mehrere derartige leichte Gesundheitsstörungen nebeneinander bestehen und verschiedene Lebensbereiche betreffen (vgl. BSG, Urteil v. 13. Dezember 2000 – B 9 V 8/00 R = SozR 3 – 3870 § 4 Nr. 28). Da hier die Annahme der Einzelbehinderungsgrade von 10 jeweils im oberen Ermessenspielraum war, verbleibt es bei einem Einzelbehinderungsgrad von 10 für das gesamte Funktionssystem Beine.
d)
Schließlich kann für das Funktionssystem Harnorgane ein Einzelbehinderungsgrad von 10 festgestellt werden. Der Senat folgt der diagnostischen Einordnung durch die behandelnde Hausärztin Dr. S. als Dranginkontinenz 1. Grades. Dafür ist nach den Versorgungsmedizinischen Grundsätzen B 12.2.4. (S. 83) ein Bewertungsrahmen von 0 bis 10 eröffnet. Da die Klägerin Inkontinenzvorlagen benutzt, lässt dies auf eine Beeinträchtigung rückschließen, die das Ausschöpfen des Bewertungsrahmens mit 10 rechtfertigt. Der Auffassung von Prof. Dr. Dr. S., der eine Stressinkontinenz 2. Grades angenommen und dafür einen Grad der Behinderung von 30 vorgeschlagen hat, kann der Senat nicht folgen. Eine solche Diagnose bzw. dementsprechende Symptome (Harnabgang tags und nachts) haben die behandelnden Ärzte nicht mitgeteilt. Der Urologe Dipl.-Med. L. hat eine Inkontinenz sogar ausdrücklich ausgeschlossen. Schließlich lassen auch die eigenen Angaben der Klägerin maximal eine Bewertung mit 10 zu, denn danach gehe der Urin nur gelegentlich beim Husten, Pressen oder bei kleinen körperlichen Anstrengungen spontan ab.
e)
Weitere Gesundheitsstörungen, die einem anderen Funktionssystem zuzuordnen sind und zumindest einen Einzelbehinderungsgrad von 10 bedingen, sind nicht erkennbar.
Zwar hat die Klägerin auch Einschränkungen im Bereich der Arme und Hände angegeben. Die zuletzt durch Prof. Dr. M. erhobenen Bewegungsmaße der Arme (Arm vorwärts heben: rechts 130 Grad und links 140 Grad) rechtfertigen nach den Versorgungsmedizinischen Grundsätzen Teil B 18.13 (S. 110) aber keinen Behinderungsgrad. Ebenso wenig liegt aufgrund der zuletzt erhobenen Bewegungsmaße der Handgelenke (Handgelenke: handrückenwärts/hohlhandwärts rechts 40/0/40 Grad, links 40/0/50 Grad, speichenwärts/ellenwärts beidseits 20/0/15 Grad) nach den Versorgungsmedizinischen Grundsätzen B 18.13 (S. 111) eine relevante Bewegungseinschränkung der Hände vor. Auch die Beschwerden im Bereich der Ellenbogen haben sich nicht in einem behinderungsgradrelevanten Ausmaß objektivieren lassen. Darüber hinaus kann der von Prof. Dr. M. diagnostizierte Verdacht auf Osteoporose keinen Behinderungsgrad begründen, da sich dieser allein auf die von der Klägerin angegebene Reduktion der Körpergröße um 5 cm in den letzten fünf Jahren stützt. Da die Klägerin bei der Untersuchung durch Prof. Dr. M. am 19. August 2010 150 cm groß war und bei Untersuchung durch Prof. Dr. Dr. S. am 26. Oktober 2004 151 cm, lässt sich nicht einmal diese Angabe bestätigen. Erst recht liegen keine daraus folgende Funktionseinschränkungen vor (dazu Versorgungsmedizinischen Grundsätze, B 18.23, S. 103).
Auch die beginnende Stuhlinkontinenz rechtfertigt keinen Behinderungsgrad. Diese ist Folge des bei der Entbindung im Jahre 1971 erlittenen Dammrisses 3. Grades und ist entsprechend einer isolierten Senkung der Scheidenhinterwand mit leichten Defäkationsstörungen zu bewerten (Versorgungsmedizinische Grundsätze, B 14.6, S. 89). Da hierfür nur ein Behinderungsgrad von 0 bis 10 vorgesehen ist, kann bei der nur beginnenden Stuhlinkontinenz noch kein Behinderungsgrad festgestellt werden. Auch wenn die Bewertung analog einer Afterschließmuskelschwäche erfolgen würde, könnte kein Behinderungsgrad angenommen werden. Denn ein Einzelgrad von 10 setzt zumindest unwillkürlichen Stuhlabgang voraus (Versorgungsmedizinische Grundsätze, B 10.3, S. 73). Ein solcher ist in den vorliegenden Unterlagen nicht beschrieben worden.
Der von Dipl.-Med. G. festgestellte Tinnitus ist kompensiert und führt zu keiner nennenswerten psychischen Begleiterscheinung, sodass dafür kein Behinderungsgrad festzustellen ist (Versorgungsmedizinische Grundsätze, B 5.4, S. 54). Aufgrund der Hypertonie liegt nach dem Befundbericht von Dr. N. keine relevante Leistungseinschränkung des Herz-Kreislauf-Systems vor. Die durch Dipl.-Med. N. festgestellte Fettleber und die Leberzyste führen zu keiner Funktionsbeeinträchtigung.
Des Weiteren kann auch für die von Prof. Dr. M. diagnostizierten Magen-Darm-Beschwerden mit einem Wechsel zwischen Verstopfung und Durchfall kein Einzelbehinderungsgrad angenommen werden. In den hausärztlichen Befunden von Dr. S. hat diese in den Jahren 2006 bis 2009 mehrfach Oberbauchbeschwerden sowie Gastritis diagnostiziert, allerdings hat die von Dipl.-Med. N. durchgeführte sonographische Untersuchung keine Erklärung dafür geboten. Da keine Beeinträchtigungen des Allgemein- und Ernährungszustands erkennbar sind (konstantes Gewicht von 67 kg bei den Untersuchungen durch Prof. Dr. M. im Jahre 2010 und Prof. Dr. Dr. S. im Jahre 2004) und auch keine weiteren dauerhaften Auswirkungen (z.B. ständige Diät, Organstörung) vorliegen (zu diesen Kriterien vgl. B 10.2, S. 69 der Versorgungsmedizinischen Grundsätze), kann kein Einzelbehinderungsgrad dafür festgestellt werden.
Schließlich rechtfertigt die allein von Prof. Dr. M. festgestellte Facialisparese keinen Behinderungsgrad, denn eine kosmetisch nur wenig störende Restparese ist nach den Versorgungsmedizinischen Grundsätzen (B 3.1., S. 35) nur mit einem Behinderungsgrad von 0 bis 10 zu bewerten. Da nie zuvor über diese berichtet worden war und auch die Klägerin diese niemals erwähnt hat, kann nicht einmal von einer "nur wenig störenden Wirkung" ausgegangen werden. Weil mit der Fazialisparese lediglich ein leicht hängender Mundwinkel verbunden ist (der beim Pfeifen oder Sprechen nicht spitz hervorgebracht werden kann), lässt sich nicht einmal ein Einzelbehinderungsgrad von 10 annehmen.
f)
Da bei der Klägerin Einzelbehinderungen aus verschiedenen Funktionssystemen mit einem messbaren Grad der Behinderung vorliegen, ist nach § 69 Abs. 3 Satz 1 SGB IX der Grad der Gesamtbehinderung zu ermitteln. Dafür sind die Grundsätze nach Teil A, Nr. 3 der Versorgungsmedizinischen Grundsätze (S. 8) anzuwenden. Nach Nr. 3c ist in der Regel von der Funktionsbeeinträchtigung auszugehen, die den höchsten Einzelgrad bedingt, und dann zu prüfen, ob und inwieweit hierdurch das Ausmaß der Behinderung größer wird, ob also wegen der weiteren Funktionsbeeinträchtigungen dem ersten Zehnergrad ein oder mehr Zehnergrade hinzuzufügen sind, um der Behinderung insgesamt gerecht zu werden.
Danach ist von dem Behinderungsgrad von 30 für das Funktionssystem Psyche einschließlich Gehirn auszugehen. Dieser ist aufgrund der mit einem Grad der Behinderung von 20 bewerteten Einschränkung des Funktionssystems Rumpf nicht weiter zu erhöhen. Nach den Versorgungsmedizinischen Grundsätzen (Teil A, S. 23) werden Funktionsbeeinträchtigungen mit einem Grad der Schädigung von 20 als leichte Funktionsstörungen definiert, bei denen es vielfach nicht gerechtfertigt ist, auf eine wesentliche Zunahme des Ausmaßes des Behinderung zu schließen. Hier hat der Senat berücksichtigt, dass die Bewertung im Funktionssystem Rumpf großzügig am oberen Bewertungsspielraum erfolgt ist, sodass von diesem nicht auf eine wesentliche Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbehinderung geschlossen werden kann. Eine Erhöhung kann auch nicht aufgrund der jeweils mit einem Behinderungsgrad von 10 bewerteten Gesundheitsstörungen aus den Funktionssystemen Bein und Harnorgane erfolgen. Denn nach den Versorgungsmedizinischen Grundsätzen (Teil A, Nr. 3 ee, Seite 10) führen leichte Gesundheitsstörungen, die nur einen Behinderungsgrad von 10 bedingen, von hier fern liegenden Ausnahmen, nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes des Gesamtbeeinträchtigung. Die leichten Funktionsstörungen im Bereich der Beine und die Dranginkontinenz stehen völlig unabhängig von den weiteren Beeinträchtigungen und erhöhen somit nicht das Gesamtausmaß der Behinderung.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Ein Grund für die Zulassung der Revision liegt nach § 160 SGG nicht vor.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Höhe des Behinderungsgrads umstritten.
Die 1944 geborene Klägerin beantragte am 16. Mai 2002 die Feststellung von Behinderungen und gab Funktionsstörungen der Wirbelsäule, des rechten Knies, des rechten Arms, der Füße, Angststörungen, Schlafstörungen und Tinnitus links an.
Der Beklagte holte Befundscheine der behandelnden Ärzte der Klägerin ein. Die Fachärztin für Neurologie Prof. Dr. G. teilte am 4. Juni 2002 mit, nach einem Verkehrsunfall im Jahr 1999 habe sich aufgrund der rezidivierenden Beschwerdesymptomatik ein ängstlich depressives Syndrom entwickelt, sodass im März 2002 eine Überweisung zur ambulanten Psychotherapie erfolgt sei. Der Orthopäde Dr. G. berichtete am 3. Juni 2002 von anhaltenden Schmerzen der Halswirbelsäule (HWS) mit einer Schmerzausstrahlung in beide Schultern und Hände. Folgende Bewegungsmaße der HWS übermittelte er: Rotation rechts/links 45/0/45 Grad nach der Neutral-Nullmethode, Seitneigung 25/0/25 Grad. Motorische oder sensible Störungen seien nicht vorhanden. Außerdem sei die Vorbeuge der Lendenwirbelsäule (LWS) eingeschränkt. Die Hüftgelenks- und Kniegelenksbeweglichkeit habe jeweils 0/0/130 Grad betragen. Im rechten Knie lägen eine Schwellung und Druckschmerz sowie eine mediale Seitenbandschwäche bei intakten Kreuzbändern vor. Die Röntgenuntersuchung habe eine Osteochondrose im Bereich C4/5 und C5/6, eine Osteochondrose im Bereich L4/5 und L5/S1, eine Fehlstatik der Wirbelsäule, eine Osteopenie sowie eine beginnende Gonarthrose rechts gezeigt. Die Fachärztin für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde Dipl.-Med. G. berichtete am 17. Juni 2002 von einem ausreichend kompensierten beidseitigen Tinnitus. Schließlich teilte die psychologische Psychotherapeutin F. am 6. November 2002 mit, die Klägerin befinde sich seit April 2002 in ambulanter Einzeltherapie wegen chronischer Schlafstörungen. Eine zwischenzeitliche Borrelioseinfektion habe erneut zu körperlichen Symptomen wie Müdigkeit, Abgeschlagenheit und Mattigkeit geführt. Nach der Durchführung des "Beck Depression Inventory" sei zurzeit von einer leichten depressiven Episode mit somatischem Syndrom auszugehen.
Der beteiligte ärztliche Dienst des Beklagten schlug daraufhin für eine psychische Behinderung mit somatoformen Störungen einen Grad der Behinderung von 30, für die Funktionsminderung der Wirbelsäule infolge degenerativer Veränderungen und Ohrgeräusche jeweils von 10 sowie einen Gesamtgrad der Behinderung von 30 vor. Dem folgend stellte der Beklagte mit Bescheid vom 17. Februar 2003 ab 16. Mai 2002 bei der Klägerin eine Behinderung mit einem Grad von 30 fest.
Dagegen erhob die Klägerin am 27. Februar 2003 Widerspruch und machte Spannungskopfschmerzen sowie eine Verschlimmerung der Kniebeschwerden geltend. Außerdem habe sie im Mai 2002 aufgrund eines Zeckenstichs eine Borrelioseinfektion erlitten, die zu weiteren Beeinträchtigungen (Müdigkeit, Abgeschlagenheit und Mattigkeit) führe. Mit Widerspruchsbescheid vom 18. Juni 2003 wies der Beklagte den Widerspruch der Klägerin zurück.
Dagegen hat diese am 24. Juni 2003 Klage beim Sozialgericht Halle (SG) erhoben und ergänzend vorgetragen, sie leide unter starkem Harndrang. Das SG hat weitere Befundberichte eingeholt. Prof. Dr. G. hat am 26. März 2004 den Verdacht auf eine beginnende Somatisierungsstörung diagnostiziert und eingeschätzt, es lägen leichte psychovegetative und psychische Störungen mit einer wesentlichen Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit vor. Im Behandlungsverlauf seien seit 1999 keine neuen Gesichtspunkte beobachtet worden, lediglich eine ambulante Behandlung der Borreliose sei durch den Hausarzt der Klägerin erfolgt. Der Facharzt für Urologie Dipl.-Med. L. hat am 30. März 2003 eine Reizblase diagnostiziert und angegeben, zurzeit liege zweimal nächtliches Wasserlassen (Nykturie), aber keine Inkontinenz vor. Dr. G. hat am 4. Mai 2004 ergänzend ausgeführt, es bestünden wechselnde Beschwerden im Bereich der HWS, beider Ellenbogen und Hände mit Morgensteifigkeit. Teilweise strahle der Schmerz zum Kopf aus und es lägen Sensibilitätsstörungen vor. Folgende Bewegungsmaße hat er angegeben: HWS: Rotation rechts/links 40/0/45 Grad, Seitneigung 20/0/20 Grad, BWS: Ott 30/33 cm, Schober 10/14 cm, Finger-Boden-Abstand 18 cm. Eine Instabilität oder eine wesentliche Einschränkung der Beweglichkeit der Schultergelenke bestünden nicht (Anteversion beidseits 170 Grad). Die Beweglichkeit des oberen Sprunggelenks sei gering eingeschränkt (Streckung/Beugung 0/0/30 Grad). Außerdem liege eine Bewegungseinschränkung des rechten Handgelenks aufgrund eines im Jahr 1977 erlittenen Bruchs des Handgelenks vor. Die Füße seien durch einen Senk-Spreizfuß beidseits deformiert. Außerdem bestünden schmerzhafte Druckpunkte, die auf ein rheumatisches Krankheitsbild (primäre Fibromyalgie) hindeuteten. Weitere Gesundheitsstörungen stünden im Zusammenhang mit der Borreliose, die im Intervall zu Entzündungen der Gelenke führten. Eine Behandlungsbedürftigkeit bestehe bei klinischen und paraklinischen Entzündungsaktivitäten.
In Auswertung der Befundberichte hat der Beklagte auf eine prüfärztliche Stellungnahme von Dr. W. verwiesen. Danach bedingten der Verdacht auf eine sich entwickelnde Somatisierungsstörung und leichte psychovegetative bzw. psychische Störungen keinen Behinderungsgrad von 30. Wesentliche Einschränkungen der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit seien nicht zu erkennen. Nur unter Berücksichtigung der Schlafstörungen und Schmerzen sowie der daraus folgenden Leistungsminderung könne ein Behinderungsgrad von 30 beibehalten werden. Da nur geringe funktionelle Auswirkungen in zwei Wirbelsäulenabschnitten (HWS und LWS) vorlägen und die Schmerzhaftigkeit bereits im Behinderungsgrad von 30 für die psychische Behinderung bewertet worden sei, könne hierfür noch maximal ein Behinderungsgrad von 20 empfohlen werden. Weitere Behinderungen lägen nicht vor, denn eine Reizblase stelle keine Behinderung dar und eine Harninkontinenz habe der behandelnde Urologe verneint. Weil sich die Gesundheitsstörungen teilweise überlagerten und jeweils im oberen Ermessensspielraum bewertet worden seien, könne kein höherer Behinderungsgrad als 30 angenommen werden.
Auf Antrag der Klägerin hat nach § 109 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) Prof. Dr. Dr. S. nach Untersuchung der Klägerin das Gutachten vom 1. November 2004 erstattet. Diesem hatte die 67,5 kg schwere und 151 cm große Klägerin geschildert, seit dem Unfall 1999 bestünden Schmerzen im Wirbelsäulenbereich und Kniebeschwerden, sie leide an wetter- und belastungsabhängigem Schwindel sowie unter wechselnd auftretendem Kopfschmerz. Aufgrund der Schlafstörungen verstärkten sich diese Beschwerden. Nach dem Zeckenstich mit anschließender Borrelioseinfektion seien das Gedächtnis und die Konzentration schlechter geworden und sie habe häufiger Kopfschmerzen. Es sei auch zu Stuhlinkontinenzerscheinungen gekommen. Außerdem habe sie eine chronische Reizblase und Beschwerden beim Wasserlassen. Der Urin gehe gelegentlich beim Husten, Pressen oder bei kleinen körperlichen Anstrengungen spontan ab. Zusammenfassend hat Prof. Dr. Dr. S. nach Auswertung der Röntgenbefunde und Untersuchung der Klägerin ein Cervicobrachialsyndrom mit Foraminalstenose sowie ein Radiculärsyndrom der BWS und der LWS bei Discopathien der BWS und Osteochondrose L 4/5 und L 5/1 diagnostiziert. Dafür hat er einen Grad der Behinderung von 40 vorgeschlagen, da mittelgradige funktionelle Auswirkungen in zwei Wirbelsäulenabschnitten vorlägen (HWS: Vor/Rückneigen 25/0/25 Grad, Seitneigen rechts/links 20/0/20 Grad, Drehen rechts/links 25/0/25 Grad, BWS/LWS Seitneigen 25/0/25 Grad, Drehen 30/0/30 Grad, Zeichen nach Ott 30:33 cm, Zeichen nach Schober 10:14 cm, Fußbodenfingerabstand 30 cm). Außerdem hat Prof. Dr. Dr. S. eine entzündliche Gonarthrose mit geringer Bewegungseinschränkung in beiden Kniegelenken (Extension/Flexion rechts/links 0/0/120 bzw. 5/0/110 Grad) diagnostiziert und dafür einen Grad der Behinderung von 20 vorgeschlagen. Es habe ein Reibegeräusch und ein deutlicher Druck- und Klopfschmerz über dem rechten Kniegelenk mit geringer Schwellung (rechts stärker als links ausgeprägt) vorgelegen. Die Bänder und der Meniskus seien intakt gewesen. Weiterhin hat Prof. Dr. Dr. S. eine hirnorganische Leistungsminderung und Wesensveränderung nach einer Borrelioseinfektion mit sekundären Somatisierungsstörungen diagnostiziert und dafür einen Grad der Behinderung von 50 bis 60 vorgeschlagen, da eine mittelgradige Ausprägung mit deutlicher Auswirkung im Alltag vorläge. Die bei der Klägerin vorliegenden Beschwerden seien in den Anhaltspunkten unter der Kategorie "Hirnorganische Allgemeinsymptome" exakt aufgeführt. Klinisch sichere Hinweise für eine rheumatische Erkrankung oder ein Fibromyalgiesyndrom bestünden dagegen nicht. Die chronische Reizblase mit relativer Harninkontinenz sei mit einem Grad der Behinderung von 30 zu bewerten, da eine Stressinkontinenz zweiten Grades vorliege. Der Tinnitus bedinge einen Grad der Behinderung von 10. Insgesamt hat Prof. Dr. Dr. S. einen Grad der Behinderung von 60 vorgeschlagen.
Der Beklagte hat dagegen eingewandt: Eine Borreliose mit Hirnleistungsminderung habe die behandelnde Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie nicht bestätigt. Allein die anamnestischen Angaben der Klägerin reichten für die Annahme einer solchen schwerwiegenden Diagnose, die mit Sicherheit von der behandelnden Fachärztin nicht übersehen worden wäre, nicht aus. Von einer hausärztlichen medikamentösen Behandlung wegen einer Borreliose könne nicht automatisch auf einen Befall des Gehirns geschlossen werden. Dazu bedürfe es einer ausführlichen fachärztlichen Diagnostik unter Einbeziehung klinischer, apparativer und auch testpsychologischer Untersuchungen. Solche habe der Sachverständige nicht vorgenommen. Die behandelnde Fachärztin habe hingegen nur leichte psychische Auffälligkeiten feststellen können. Im Bereich der Wirbelsäule seien keinesfalls schwere Funktionsstörungen in zwei Abschnitten erkennbar. Zwar seien die Bewegungseinschränkungen nun etwas ausgeprägter, doch lägen weder neurologische Ausfälle noch über das Krankheitsmaß hinausgehende Schmerzen vor. Dafür lasse sich kein höherer Behinderungsgrad als 20 feststellen. Da keine relevanten Bewegungseinschränkungen der Kniegelenke vorlägen, der Bandapparat stabil sei und auch keine Reizerscheinungen hätten festgestellt werden können, liege kein messbarer Behinderungsgrad vor. Es bestehe auch keine Harninkontinenz im eigentlichen Sinn, sondern ein vermehrter Harndrang mit zweimaligem Wasserlassen in der Nacht. Keinesfalls könne hierfür ein Behinderungsgrad von 30 vergeben werden.
Daraufhin hat die Klägerin eine ergänzende Stellungnahme des Prof. Dr. Dr. S. vom 27. Januar 2005 vorgelegt. Er hat die Auffassung vertreten, es lägen klinische (Laboruntersuchung vom 13. Dezember 2002) und testpsychologische (psychologische Therapeutin F.) Untersuchungen zum Nachweis der Neuroborreliose vor. Prof. Dr. G. habe psychovegetative und psychische Störungen bestätigt. Die Borreliose hätten auch die Orthopäden J. am 4. Mai 2004 diagnostiziert. Weiterhin hat Prof. Dr. Dr. S. auf mittelgradige Auswirkungen in allen drei Wirbelsäulenabschnitten hingewiesen. Auch wenn die Gonarthrose nur zu einer geringen Funktionseinschränkung führe, sei ein Grad der Behinderung von 20 angemessen, da sich auf dieser Grundlage sehr häufig rezidivierende Gelenkentzündungen mit erheblichen akuten Beschwerden bilden könnten.
Der Beklagte hat eine Stellungnahme der Versorgungsärztin Dr. K. vom 5. Februar 2005 vorgelegt. Danach seien dem Bericht der Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie vom März 2004 keine krankheitstypischen Symptome für eine Neuroborreliose zu entnehmen. Auch die anderen Facharztbefunde zeigten keine weiterführende Manifestation der Erkrankung. Andernfalls hätte dies Anlass für eine leitliniengerechte Diagnostik und Behandlung geben müssen. Allein aufgrund der im Gutachten aufgeführten Allgemeinsymptome sei keine Diagnosestellung möglich.
Mit Urteil vom 25. April 2005 hat das SG die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt: Nach dem Befundbericht von Prof. Dr. G. sei für die leichten psychovegetativen und psychischen Störungen ohne wesentliche Einschränkungen der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit nur ein Behinderungsgrad von 10 bis 20 anzunehmen. Den vorliegenden Befunden seien dauerhafte Gesundheitsstörungen als Folge des erlittenen Zeckenbisses nicht zu entnehmen. Prof. Dr. G. habe es nicht für notwendig erachtet, Testverfahren zur Feststellung hirnorganischer Veränderungen durchzuführen. Diese habe auch Prof. Dr. Dr. S. nicht durchgeführt. Auch wenn grundsätzlich eine Borrelioseinfektion zu den von der Klägerin geschilderten Symptomen führen könne, fehle hier der Nachweis der Gesundheitsstörung. Die Bewertung der chronischen Reizblase mit relativer Harninkontinenz durch Prof. Dr. Dr. S. sei nicht nachvollziehbar. Zwar habe Dipl.-Med. L. über ein zweimaliges Wasserlassen in der Nacht berichtet, doch bedinge diese Gesundheitsstörung keinen Behinderungsgrad. Es liege auch keine relative Harninkontinenz oder eine andere Gesundheitsstörung auf urologischem Gebiet vor. Der Bewertung der Kniegelenke durch Prof. Dr. Dr. S. könne die Kammer nicht folgen, da die erhobenen Bewegungsmaße noch normgemäß seien. Die Reibegeräusche sowie der festgestellte Druck- und Klopfschmerz über dem rechten Kniegelenk mit geringer Schwellung bedingten keinen Behinderungsgrad. Die Einschränkungen im Bereich der HWS rechtfertigten einen Einzelgrad der Behinderung von 20. Die im Bereich der BWS und LWS erhobenen Bewegungsmaße zeigten unter Berücksichtigung des Alters der Klägerin einen normgerechten Gesundheitszustand. Die von Prof. Dr. Dr. S. im bildgebenden Verfahren festgestellten degenerativen Veränderungen rechtfertigten keinen Behinderungsgrad, da bildgebende Verfahren nur dazu dienten, die angegebenen Bewegungseinschränkungen und Schmerzzustände zu objektivieren. Insgesamt könne kein höherer Gesamtgrad als 30 festgestellt werden, da sich die Behinderungen nicht wechselseitig verstärkten.
Gegen das ihr am 16. Juni 2005 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 21. Juni 2005 Berufung beim Landessozialgericht Sachsen-Anhalt erhoben und zunächst die Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft weiterverfolgt. Sie hat die Berufung mit Schriftsatz vom 7. Februar 2011 auf den Zeitraum ab 16. Mai 2002 und in der mündlichen Verhandlung vom 22. Februar 2011 auf die Feststellung eines Behinderungsgrads von 40 beschränkt.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Halle vom 25. April 2005 aufzuheben, den Bescheid vom 17. Februar 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. Juni 2003 abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, bei ihr einen Gesamtgrad der Behinderung von 40 mit Wirkung ab 16. Mai 2002 festzustellen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Senat hat weitere Befundberichte eingeholt. Prof. Dr. G. hat über seit August 2004 verstärkt aufgetretene psychische Beeinträchtigungen (zunehmende Merkfähigkeits- und Gedächtnisstörungen sowie Somatisierungsstörung) berichtet. Die Computertomographie (CT) des Schädels vom 3. September 2004 sei unauffällig gewesen. Psychisch sei die Klägerin schlafgestört, matt, müde, antriebslos, ängstlich und unruhig. Nach ihren ergänzenden Ausführungen vom 19. März 2009 hätten für eine Hirnleistungsdiagnostik aufgrund des klinischen Verlaufs keine Indizien bestanden. Zeiten der Arbeitsunfähigkeit habe sie nicht festgestellt.
Mit Befundbericht vom 25. März 2009 hat Dr. G. hat eine Gonarthrose beidseits (Extension/Flexion beidseits 0/0/130 Grad) mit unvollständig kompensierbarer Seitenbandinstabilität, ein chronisch rezidivierendes lumbales Pseudoradikulärsyndrom bei Osteochondrose L4/5 und L5/S1 (Schober 10/14 cm, Fingerbodenabstand 22 cm, Ott 30/32 cm), ein chronisch rezidivierendes Cervikobrachialsyndrom bei Ostechondrose C4/5 und C 5/6 mit Foraminalstenose (HWS: Rotation rechts/links 40/0/50 Grad, Seitneigung 30/0/25 Grad) sowie eine Fehlstatik der HWS mit dorsaler Hyperkyphose und lumbal rechtskonvexer Skoliose diagnostiziert. Außerdem liege ein wechselnder Schwindel bei cervikocephalem Syndrom mit Einschränkung der Beweglichkeit und Belastbarkeit vor. Zeiten der Arbeitsunfähigkeit seien ihm unbekannt.
Die Fachärztin für Allgemeinmedizin Dr. S. hat mit Befundbericht vom 7. April 2009 auf eine sich verschlechternde Merk- und Konzentrationsfähigkeit hingewiesen. Außerdem liege eine beginnende Stuhlinkontinenz bei einem Zustand nach Dammriss dritten Grades vor. Zudem leide die Klägerin an einer Dranginkontinenz ersten Grades und benutze Inkontinenzvorlagen. Aufgrund der Vorsorgeuntersuchung vom 17. März 2009 (einschließlich Abdomensonographie, Echo, Ergo und Laborkontrolle) habe sie keine neuen therapeutischen Maßnahmen eingeleitet. Dr. S. hat in der Behandlungskartei neben bekannten Diagnosen (somatoforme Störung, Depression, psychosomatische Störung, Dranginkontinenz) im März 2006 eine Gastritis, im Dezember 2007 Oberbauchbeschwerden und einen Zustand nach Gallenkolik, im Januar 2008 Oberbauchbeschwerden, im April 2008 den Verdacht auf Gastritis, im April 2009 Oberbauchbeschwerden sowie im April 2008 ein Restless-legs-Syndrom festgehalten. In Anlage hat sie weitere Arztbriefe übersandt. Der Arzt für Nuklearmedizin Dr. N. hatte am 20. Juli 2004 eine leichtgradige globale Ischämie und eine im Normbereich gelegene globale linksventrikuläre Auswurffraktion diagnostiziert. Die Fachärztin für Innere Medizin Dipl.-Med. N. hatte am 21. Januar 2008 sonographisch außer einer Steatosis hepatis (Fettleber) und einer kleiner Leberzyste keine Besonderheiten festgestellt und mitgeteilt, eine sichere Erklärung für die Oberbauchbeschwerden bei bekanntem Meteorismus und Obstipationstendenz sei nicht möglich. Mit Arztbrief vom 15. Juni 2006 hatte die Fachärztin für Dermatologie Dr. F. über die Behandlung einer Rosacea (Hauterkrankung im Gesicht) berichtet. Arbeitsunfähigkeit hat Dr. S. für den Zeitraum vom 13. bis 31. Dezember 2004 wegen Kreuzschmerzen festgestellt. Unter dem 13. Dezember 2004 hatte sie festgehalten, die Klägerin sei arbeitslos geworden, wirke sehr bedrückt und habe über Rückenschmerzen geklagt.
Nach Auswertung der Befundberichte hat der Beklagte unter Hinweis auf die prüfärztliche Stellungnahme von Frau S. vom 27. April 2009 an seiner Auffassung festgehalten. Ohne Auswirkung auf den Gesamtbehinderungsgrad seien zusätzlich jeweils mit einem Einzelbehinderungsgrad von 10 die Lockerung des Kniebandapparats (muskulär vollständig kompensiert), die beidseitige Fußdeformität, die Dranginkontinenz ersten Grades, die beginnende Stuhlinkontinenz sowie die Bewegungsstörung der Beine (Restless-legs-Syndrom) zu bewerten. Der nuklearmedizinische Befund vom September 2004 lasse keine relevante Funktionsminderung des Herz-Kreislauf-Systems erkennen und die abgeheilte Rosacea, die Fettleber und die Leberzyste rechtfertigten keinen Behinderungsgrad.
Am 16. November 2007 hat eine nichtöffentliche Sitzung vor dem Landessozialgericht Sachsen-Anhalt stattgefunden. In dieser hat die Klägerin erklärt: Sie stehe immer um 7.00 Uhr auf, auch wenn sie in der Nacht schlecht geschlafen habe. Dann versuche sie zu frühstücken, mache Gymnastik, bereite das Mittagessen vor, bringe die Wohnung in Ordnung und mache eine Mittagsruhe. Danach gebe es Kaffee und sie gehe nach draußen. Seit Februar 2007 sei sie im Reha-Zentrum Kötzschlitz. Bis zum letzten Jahr sei sie einmal in der Woche in der Sauna gewesen. Sie habe viele Bekannte, mit denen sie meistens nur telefoniere.
Auf Antrag der Klägerin hat der Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Prof. Dr. S. ein Gutachten nach § 109 SGG erstatten sollen. Nachdem dieser aus gesundheitlichen Gründen dazu nicht in der Lage war, hat der Facharzt für Chirurgie/H-Arzt/Lymphologie/Proktologe Prof. Dr. M. das Gutachten vom 19. August 2010 nach § 109 SGG erstattet. Danach sei die gelernte Buchhalterin von 1963 bis 2004 in ihrem Beruf in der Agrargenossenschaft Bad D. tätig gewesen. Nach folgender Arbeitslosigkeit beziehe sie seit 2007 Altersrente. Die Klägerin (150 cm, 67 kg) hatte gegenüber Prof. Dr. M. von einem seit 20 Jahren etwas schiefen Mundwinkel berichtet. 1971 sei die Entbindung ihrer Sohns mit einem Dammriss dritten Grades erfolgt. Sie nehme einmal täglich vor dem Schlafengehen ein Medikament, außerdem Lyrica 75 sowie eine pflanzliches Medikament. Prof. Dr. M. hat folgende Diagnosen gestellt: Dringender Verdacht auf Osteoporose (die Klägerin sei nach ihren Angaben in den letzten fünf Jahren 5 cm kleiner geworden), Zervico-brachial-Syndrom (die Klägerin habe HWS-Beschwerden bei Kopfwendebewegungen, die in beide Arme zögen und zeitweilige Parästhesien auslösten), BWS-Schmerzsyndrom mit Rundrückenbildung, ganz leichte Skoliose der Wirbelsäule, Lumbo-Ischialgie-Syndrom mit Ausstrahlung in beide Beine, Cox- und Gonarthrose beidseits, muskuläre Dysbalancen im Bereich beider oberen und unterer Extremitäten, Restless-legs-Syndrom, dringender Verdacht auf einen Zustand nach Apoplex (leicht hängender linker Mundwinkel, der auch beim Pfeifen oder Sprechen nicht spitz hervorgebracht werden könne), schlaffe Bauchdecken, muskuläre Dysbalancen im Rückenbereich. Durch den Rechtsstreit und die Begutachtungsmodalitäten sei sie seelisch geschwächt. Die HWS weise deutliche degenerative Veränderungen ohne wesentliche Einengung der Foramina intervertebralia und die BWS eine deutliche rechtskonvexe Skoliose mit Verschmälerung der Zwischenwirbelräume auf. Die LWS zeige eine deutliche Spondylolisthesis im Bereich L5/S1. Folgende Bewegungsmaße hat der Sachverstände erhoben: Hüftgelenke: beidseits Extension/Flexion 10/0/110 Grad; Kniegelenke: Extension/Flexion rechts 0/0/125 Grad, links 0/5/115 Grad; obere Sprunggelenke: rechts 20/0/30 Grad, links 10/0/30 Grad, untere Sprunggelenke rechts 15/0/25 Grad, links 5/0/15 Grad; Schultergelenke: Arm vorwärts heben: rechts 130 Grad, links 140 Grad; Handgelenke: handrückenwärts/hohlhandwärts rechts 40/0/40 Grad, links 40/0/50 Grad, speichenwärts/ellenwärts beidseits 20/0/15 Grad; HWS: Vorneigen/Rückneigen 25/0/20 Grad, Seitneigen rechts/links 30/0/30 Grad, Drehen rechts/links 60/0/60 Grad; BWS und LWS: Seitneigen rechts/links 30/0/30 Grad, Drehen 30/0/30 Grad, Fingerbodenabstand 20 cm, Ott 30:32 cm, Schober 10:14 cm. Zusammenfassend hat der Sachverständige einen Gesamtbehinderungsgrad von 50 vorgeschlagen. Nach zusätzlicher abdomineller und neurologischer Diagnostik sei im Laufe der Jahre noch ein wesentlich höherer Gesamtbehinderungsgrad festzuschreiben. Er habe nur den Gesamtbehinderungsgrad bewertet, da in einem Zusammenhangsgutachten der Mensch in der Gesamtheit zu betrachten sei. Bei weiterer internistischer Verifizierung (Bauch- und Darmbeschwerden mit Wechsel zwischen Durchfall und Verstopfung, Beckenbodenschwäche mit Harninkontinenz) sei sicherlich in der Summation mehr als 100 Prozent erreicht. Seit der Beurteilung durch Prof. Dr. Dr. S. lägen die Gesundheitsstörungen im jetzigen Ausmaß vor, obwohl er erst ab seiner Untersuchung definitiv berichten könne und die Magen-Darm-Probleme und der hängende Mundwinkel links bisher nicht erwähnt worden seien.
Der Beklagte hält weiterhin an seiner Auffassung fest und verweist auf die Stellungnahme von Frau S. vom 3. September 2010. Danach umfasse der von Prof. Dr. M. vorgeschlagene Behinderungsgrad von 50 bis 60 auch Verdachtsdiagnosen. Die Untersuchungsbefunde bestätigten die bisherigen Bewertungen für das Wirbelsäulenleiden (Grad der Behinderung von 20) und die Fußdeformitäten (Grad der Behinderung von 10). Eine Lockerung des Kniebandapparats werde weder bestätigt noch ausgeschlossen. Die geringen Funktionseinschränkungen im Bereich beider Schultergelenke, des rechten Handgelenks und beider Hüft- und Kniegelenke rechtfertigten keinen Behinderungsgrad. Die ausschließlich den Mundast betreffende linksseitige Facialis-Parese sei mit einem Behinderungsgrad von 0 bis 10 zu bewerten. Insgesamt sei ein Behinderungsgrad von 30 anzunehmen, da die psychische Gesundheitsstörung weiterhin mit 30 zu bewerten sei.
Die Gerichtsakte und die Verwaltungsakte des Beklagten haben vorgelegen und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Entscheidungsfindung. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Sachvortrages der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakte ergänzend verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte und gemäß § 143 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) auch statthafte Berufung der Klägerin ist nicht begründet.
Nach der Teilrücknahme der Klage am 22. Februar 2011 ist Streitgegenstand des vorliegenden Verfahrens der Antrag der Klägerin auf Feststellung eines Behinderungsgrads von 40 ab 16. Mai 2002. Mit Schriftsatz vom 7. Februar 2011 hat sie die Berufung auf diesen Zeitraum beschränkt. Maßgeblich ist bei der hier erhobenen Anfechtungs- und Verpflichtungsklage für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung (vgl. BSG, Urteil v. 12. April 2000 - B 9 SB 3/99 R = SozR 3-3870 § 3 Nr. 9 S. 22). Danach liegt bei der Klägerin seit der Antragstellung am 16. Mai 2002 bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung kein höherer Grad der Behinderung als 30 vor.
Für den streitgegenständlichen Zeitraum gilt das am 1. Juli 2001 in Kraft getretene Neunte Buch des Sozialgesetzbuchs (SGB IX) über die Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen vom 19. Juni 2001 (BGBl. I S. 1046). Der hier anzuwendende § 69 SGB IX ist durch die Gesetze vom 23. April 2004 (BGBl. I S. 606) und vom 13. Dezember 2007 (BGBl. I S. 2904) geändert worden. Rechtsgrundlage für den von der Klägerin erhobenen Anspruch auf Feststellung eines Grads der Behinderung von 50 ist § 69 Abs. 1 und 3 SGB IX. Infolge der verfahrensrechtlichen Änderungen des § 69 SGB IX durch das Gesetz vom 23. April 2004 (a.a.O.) hat sich im Übrigen nur die Satzzählung geändert. Im Folgenden werden die Vorschriften des § 69 SGB IX nach der neuen Satzzählung zitiert.
Nach § 69 Abs. 1 Satz 1 SGB IX stellen die für die Durchführung des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) zuständigen Behörden auf Antrag des behinderten Menschen das Vorliegen einer Behinderung und den Grad der Behinderung fest. Diese Vorschrift knüpft materiellrechtlich an den in § 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX bestimmten Begriff der Behinderung an. Danach sind Menschen behindert, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist. Nach § 69 Abs. 1 Satz 4 SGB IX sind die Auswirkungen auf die Teilhabe am Leben der Gesellschaft als Grad der Behinderung nach Zehnergraden abgestuft festzustellen. Wenn mehrere Beeinträchtigungen der Teilhabe am Leben der Gesellschaft vorliegen, wird nach § 69 Abs. 3 Satz 1 SGB IX der Grad der Behinderung nach den Auswirkungen der Beeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen festgestellt.
§ 69 Abs. 1 Satz 5 SGB IX ist durch das am 21. Dezember 2007 in Kraft getretene Gesetz vom 13. Dezember 2007 (a.a.O.) geändert worden. Nach der früheren Fassung der Vorschrift galten für den Grad der Behinderung die im Rahmen des § 30 Abs. 1 BVG festgelegten Maßstäbe entsprechend. Nach dem Wortlaut der früheren Fassung des ebenfalls durch das Gesetz vom 13. Dezember 2007 geänderten § 30 Abs. 1 BVG war für die Beurteilung die körperliche und geistige Beeinträchtigung im allgemeinen Erwerbsleben maßgeblich, wobei seelische Begleiterscheinungen und Schmerzen zu berücksichtigen waren. Nach der Neufassung des § 69 Abs. 1 Satz 5 SGB IX gelten für den Grad der Behinderung die Maßstäbe des § 30 Abs. 1 BVG und der aufgrund des § 30 Abs. 17 BVG erlassenen Rechtsverordnung entsprechend. Nach der damit in Bezug genommenen neuen Fassung des § 30 Abs. 1 BVG richtet sich die Beurteilung des Schweregrades – dort des "Grades der Schädigungsfolgen" (GdS) – nach den allgemeinen Auswirkungen der Funktionsbeeinträchtigungen in allen Lebensbereichen. Die hierfür maßgebenden Grundsätze sind in der am 1. Januar 2009 in Kraft getretenen Versorgungsmedizin-Verordnung (VersMedV) vom 10. Dezember 2008 (BGBl. I S. 2412) aufgestellt worden.
Nach § 2 VersMedV sind die auch für die Beurteilung des Schweregrades nach § 30 Abs. 1 BVG maßgebenden Grundsätze in der Anlage "Versorgungsmedizinische Grundsätze" (Anlageband zu BGBl. I Nr. 57 vom 15. Dezember 2008, G 5702) als deren Bestandteil festgelegt und sind damit nunmehr der Beurteilung der erheblichen medizinischen Sachverhalte mit der rechtlichen Verbindlichkeit einer Rechtsverordnung zugrunde zu legen. Zuvor dienten der Praxis als Beurteilungsgrundlage die jeweils vom zuständigen Bundesministerium herausgegebenen "Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht", die nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts als vorweggenommene Sachverständigengutachten eine normähnliche Wirkung hatten (vgl. BSG, Urteil v. 18. September 2003 – B 9 SB 3/02 R – SozR 4-3800 § 1 Nr. 3 Rdnr. 12, m.w.N.). Die in den Anhaltspunkten enthaltenen Texte und Tabellen, nach denen sich die Bewertung des Grades der Behinderung bzw. der Schädigungsfolge bisher richtete, sind inhaltlich weitgehend unverändert in diese Anlage übernommen worden (vgl. die Begründung BR-Drucks. 767/08, S. 3 f.). Die im vorliegenden Fall heranzuziehenden Abschnitte aus den Anhaltspunkten in den Fassungen von 1996, 2004 und 2008 bzw. aus den Versorgungsmedizinischen Grundsätzen sind nicht geändert worden.
Der hier streitigen Bemessung des Grads der Behinderung ist die GdS-Tabelle der Versorgungsmedizinischen Grundsätze (Teil A, Seite 17 ff.) zugrunde zu legen. Nach Teil A, Seite 19 werden Grad der Schädigung und der Grad der Behinderung nach gleichen Grundsätzen bemessen und unterscheiden sich begrifflich nur dadurch, dass der Grad der Schädigung nur auf die Schädigungsfolgen (also kausal) und der Grad der Behinderung auf alle Gesundheitsstörungen unabhängig von ihrer Ursache (also final) bezogen ist. In jedem Einzelfall sind alle leistungsmindernden Störungen auf körperlichem, geistigem und seelischem Gebiet zu berücksichtigen und in der Regel innerhalb der in Nr. 2 e (Teil A, Seite 20) genannten Funktionssysteme (Gehirn einschließlich Psyche; Augen; Ohren; Atmung; Herz-Kreislauf; Verdauung; Harnorgane; Geschlechtsapparat; Haut; Blut und Immunsystem; innere Sektion und Stoffwechsel; Arme; Beine; Rumpf) zusammenfassend zu beurteilen. Die Beurteilungsspannen tragen den Besonderheiten des Einzelfalles Rechnung (Teil B, Nr. 1 a, Seite 33).
Nach diesen Maßstäben kann für die Klägerin kein höherer Grad der Behinderung als 30 festgestellt werden. Dabei stützt sich der Senat auf die prüfärztlichen Stellungnahmen des Beklagten sowie die eingeholten Befundberichte.
a)
Das Hauptleiden der Klägerin ist dem Funktionsbereich "Gehirn einschließlich Psyche" zuzuordnen. Dafür ist ein Einzelgrad der Behinderung von 30 festzustellen.
Der Senat folgt der diagnostischen Einordnung der psychischen Erkrankung durch die behandelnde Fachärztin für Neurologie Prof. Dr. G. als Somatisierungsstörung. Auch die Hausärztin Dr. S. hat in ihrer zum Befundbericht vom 7. April 2009 übersandten Behandlungskartei mehrfach diese Diagnose als gesichert gestellt. Die Versorgungsmedizinischen Grundsätze (B 3.9., S. 43) geben hierfür folgenden Bewertungsrahmen vor:
Leichtere psychovegetative oder psychische Störungen
0 – 20
Stärker behindernde Störungen
mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit (z.B. ausgeprägtere depressive, hypochondrische, asthenische oder phobische Störungen, Entwicklungen mit Krankheitswert, somatoforme Störungen)
30 – 40
Schwere Störungen (z.B. schwere Zwangskrankheit)
mit mittelgradigen sozialen Anpassungsschwierigkeiten
mit schweren sozialen Anpassungsschwierigkeiten
50 – 70
80 – 100
Psychische Anpassungsschwierigkeiten, die einen Behinderungsgrad von 30 bis 40 rechtfertigen, sind nach dem Beschluss des Ärztlichen Sachverständigenbeirates (BMA am 18./19.03.1998 – zitiert nach Rohr/Sträßer, A 180, Nr. 26.3, 65. Lfg. – Stand Juni 2001) durch Kontaktschwäche und/oder Vitalitätseinbuße gekennzeichnet. Dieses Kriterium ist zur differenzierenden Einschätzung von Anpassungsschwierigkeiten analog auch dann heranzuziehen, wenn die Symptomatik der psychischen Störungen ganz unterschiedlich ist (Beschluss des Ärztlichen Sachverständigenbeirats, BMA am 8./9.11.2000 – zitiert nach Rohr/Sträßer, a.a.O.). Mittelgradige soziale Anpassungsschwierigkeiten setzen neben den Auswirkungen im Berufsleben erhebliche familiäre Probleme durch Kontaktverlust und affektive Nivellierung voraus (Beschluss des Ärztlichen Sachverständigenbeirats, BMA am 18./19.03.1998 – zitiert nach Rohr/Sträßer, a.a.O.).
Nach diesem Maßstab ist aufgrund der Vitalitätseinbuße durch die somatoforme Störung von einer wesentlichen Einschränkung der Erlebnisfähigkeit- und Gestaltungsfähigkeit auszugehen, die eine Bewertung mit einem Grad der Behinderung von 30 rechtfertigt. Mit dieser Erkrankung sind bei der Klägerin chronische Schlafstörungen verbunden, die nach den Ausführungen von Prof. Dr. G. wiederum zu Müdigkeit, Abgeschlagenheit und Mattigkeit führen. Die Klägerin wird von ihr als antriebslos, ängstlich und unruhig beschrieben. Außerdem bestehen seit dem Jahr 2004 verstärkt Merk- und Konzentrationsstörungen sowie Kopfschmerzen, die den Alltag wesentlich behindern. Die Erkrankung ist nicht nur als leichte Störung einzuordnen, denn sie erfordert eine regelmäßige fachärztliche und medikamentöse Behandlung.
Da Prof. Dr. G. im Gesamtverlauf seit 1999 keine neuen Gesichtspunkte gesehen hat, ist trotz der zunehmenden Merk- und Konzentrationsstörungen sowie der Kopfschmerzen insgesamt von keiner maßgeblichen Verschlechterung bis zum heutigen Tag auszugehen, die eine höhere Bewertung rechtfertigt. Insbesondere kann der Bewertungsrahmen für somatoforme Störungen mit 40 nicht ausgeschöpft werden, weil keine wesentliche Einschränkung der Gestaltungsfähigkeit erkennbar ist. Die Klägerin war von 1963 bis zum Jahre 2004 als Buchhalterin in einer Agrargenossenschaft ohne auffällige Defizite der psychischen Leistungsfähigkeit beschäftigt. Bis zur Beendigung der Tätigkeit im Jahr 2004 war sie nicht arbeitsunfähig erkrankt. Auch im privaten Bereich sind keine wesentlichen Auswirkungen aufgrund einer psychischen Erkrankung erkennbar. Die Gestaltungsfähigkeit unterliegt nur geringen Einschränkungen, denn die Klägerin war und ist in der Lage, ihren Alltag eigenständig zu regeln. Sie lebt einen geregelten Tagesablauf und ein sozialer Rückzug ist nicht erkennbar. Sie hatte bis zum Jahre 2006 regelmäßig Außenkontakte durch Saunabesuche und seit 2007 durch den Besuch des Reha-Zentrums. Sie steht mit vielen Bekannten in telefonischem Kontakt. Folglich ist ihre Erlebnisfähigkeit erhalten geblieben und ist zutreffend die depressive Symptomatik in den medizinischen Unterlagen immer nur als leicht eingeordnet worden. Schließlich hat die Klägerin auch den Sachverständigen keine weiteren Funktionsseinschränkungen aufgrund ihrer psychischen Erkrankung mitgeteilt. Lediglich die seelische Belastung durch den Rechtsstreit hat Prof. Dr. M. hervorgehoben.
Soweit Prof. Dr. Dr. S. und dem folgend Prof. Dr. M. eine hirnorganische Leistungsminderung und Wesensveränderung nach einer Borrelioseinfektion aufgrund der von der Klägerin geschilderten Symptome diagnostiziert haben, kann dem nicht gefolgt werden. Unstreitig hat die Klägerin zwar im Mai 2002 eine Borrelioseinfektion erlitten, doch eine darauf zurückzuführende Hirnschädigung ist nicht nachgewiesen. Weder die behandelnde Fachärztin Prof. Dr. G. noch ein anderer die Klägerin behandelnder Arzt hat eine solche Diagnose gestellt. Aufgrund der geklagten Symptomatik hat Prof. Dr G. zwar ein CT veranlasst. Doch war dieses unauffällig gewesen und eine weitere diagnostische Abklärung hat sie nicht für medizinisch notwendig erachtet. Diese Vorgehensweise ist auch nachvollziehbar, da alle von der Klägerin geklagten Symptome von der Diagnose einer somatoformen Störung miterfasst werden. Im Übrigen spricht gegen eine Hirnschädigung aufgrund des Zeckenbisses, dass die Klägerin die von ihr danach geklagten Leistungseinschränkungen schon vorher geschildert hatte. Bereits im März 2002, also vor dem Zeckenstich, ist daher eine Überweisung zur ambulanten Psychotherapie erfolgt.
b)
Außerdem ist für das Funktionssystem Rumpf ein Einzelbehinderungsgrad festzustellen. Bei der Klägerin liegt eine Funktionseinschränkung der Wirbelsäule vor, die einen Grad der Behinderung von 20 rechtfertigt.
Für Wirbelsäulenfunktionseinschränkungen sind die maßgeblichen Bewertungskriterien in Teil B 18.9 (S. 106 f.) der Versorgungsmedizinischen Grundsätze vorgegeben. Danach folgt der Grad der Behinderung bei Wirbelsäulenschäden primär aus dem Ausmaß der Bewegungseinschränkung der Wirbelsäulenverformung, der Wirbelsäuleninstabilität sowie aus der Anzahl der betroffenen Abschnitte der Wirbelsäule. Nach Teil B 18.9 (S. 107) rechtfertigen erst mittelgradige funktionelle Auswirkungen von Wirbelsäulenschäden in einem Wirbelsäulenabschnitt, z.B. eine anhaltende Bewegungseinschränkung oder eine Instabilität mittleren Grades, einen Einzelgrad der Behinderung um 20. Funktionsstörungen geringeren Grades bedingen allenfalls einen Einzelgrad um 10.
Nach diesem Maßstab ist die Bewertung der Wirbelsäulenfunktionseinschränkungen mit einem Grad der Behinderung von 20 durch den Beklagten noch vertretbar. Bei der Klägerin liegt ein chronisch rezidivierendes Cervikobrachialsyndrom bei Ostechondrose C4/5 und C 5/6 mit Foraminalstenose sowie eine Fehlstatik der HWS mit dorsaler Hyperkyphose vor. Die von Dr. G. festgestellten Bewegungseinschränkungen (Rotation rechts/links 40/0/50 Grad – Norm: 60-80/0/60-80; Seitneigung 30/0/25 Grad – Norm: rechts/links 45/0/45 Grad) haben allerdings nur geringe Einschränkungen und die von Prof. Dr. M. später erhobenen Bewegungsmaße sogar eine normgemäße Rotationsfähigkeit gezeigt (rechts/links 60/0/60 Grad). Auch die Foraminalstenose ist nach den Ausführungen von Prof. Dr. M. nicht wesentlich und auch nicht mit motorischen Ausfallerscheinungen verbunden, sodass allenfalls unter Berücksichtigung der wechselnden Schwindelerscheinungen und der gelegentlichen Ausstrahlungen mit Parästhesien unter großzügiger Ausschöpfung des Bewertungsrahmens schon von mittelgradigen Auswirkungen im Bereich der HWS ausgegangen werden kann.
Weitere Funktionsstörungen in anderen Wirbelsäulenbereichen, die sich erhöhend auswirken könnten, liegen nicht vor. Nach den Ausführungen des behandelnden Orthopäden Dr. G. vom 25. März 2009 leidet die Klägerin zwar auch an einem chronisch rezidivierenden lumbalen Pseudoradikulärsyndrom bei Osteochondrose L4/5 und L5/S1. Daraus folgende Funktionseinschränkungen sind unter Zugrundelegung der von ihm mitgeteilten Bewegungsmaße aber nicht feststellbar (Schober 10/14 cm, Fingerbodenabstand 22 cm). Auch die von Prof. Dr. Dr. S. und Prof. Dr. M. erhobenen Befunde lassen nur endgradige Bewegungseinschränkungen erkennen. Bei ihrer Befunderhebung war das Zeichen nach Schober mit 10/14 cm wiederum normgemäß und der Fingerbodenabstand von 30 cm bzw. 20 cm altersentsprechend. Die weiteren festgestellten Bewegungsmaße (Seitneigen: 25/0/25 Grad bzw. 30/0/30 Grad – Norm 30 bis 40 Grad; Drehen: 30/0/30 Grad – Norm 30 bis 40 Grad) lassen keine wesentlichen Auswirkungen erkennen. Auch aufgrund des Lumbo-Ischialgie-Syndroms mit Ausstrahlung in die Beine ist keinesfalls der von Prof. Dr. Dr. S. gezogenen Rückschluss auf mittelgradige Auswirkungen möglich. Denn allein die röntgenologisch festgestellten Veränderungen rechfertigen nach den Versorgungsmedizinischen Grundsätzen (B 18.1, S. 102) keinen Behinderungsgrad. Auch die hinsichtlich der BWS erhobenen bildtechnischen Befunde (rechtskonvexe Skoliose mit Verschmälerung der Zwischenwirbelräume) führen nicht zu relevanten Funktionseinschränkungen. So war das Zeichen nach Ott mit 30/33 cm bzw. 30/32 cm bei allen Befunderhebungen normgemäß.
Schließlich liegen keine Funktionseinschränkungen der Hüftgelenke vor, die eine Bewertung mit einem Einzelbehinderungsgrad von 10 rechtfertigen. Die Versorgungsmedizinischen Grundsätze gehen in B 18.14 (S. 115) bei einer Streckung und Beugung bis zu 0/10/90 Grad mit entsprechender Einschränkung der Dreh- und Spreizfähigkeit von einer geringen Bewegungseinschränkung aus. Sofern diese einseitig vorliegt, wird ein Bewertungsrahmen von 10 bis 20 eröffnet. Nach diesem Maßstab kann auch unter Berücksichtigung der zuletzt von Prof. Dr. M. diagnostizierten Coxarthrose und der von ihm erhobenen Befunde kein Einzelbehinderungsgrad angenommen werden. Die Beweglichkeit der Hüftgelenke war bei seiner Untersuchung mit 10/0/110 Grad noch nicht gering im Sinne der Versorgungsmedizinischen Grundsätze eingeschränkt. Den zuvor eingeholten medizinischen Unterlagen ist nicht einmal ein Hinweis auf eine eingeschränkte Hüftgelenksbeweglichkeit zu entnehmen.
c)
Für das Funktionssystem Beine ist aufgrund der von Dr. G. diagnostizierten medialen Seitenbandschwäche ein Grad der Behinderung von 10 festzustellen. Nach den Versorgungsmedizinischen Grundsätzen (Teil B 18.14, S. 116) rechtfertigt eine muskulär kompensierbare Lockerung des Kniebandapparats einen Grad der Behinderung von 10, für eine unvollständig kompensierbare Lockerung, die mit einer Gangunsicherheit verbunden ist, kann ein Behinderungsgrad von 20 angenommen werden. Zwar hat Dr. G. eine unvollständige Kompensation, aber keine Gangunsicherheit mitgeteilt. Prof. Dr. Dr. S. und Prof. Dr. M. haben in ihrer Befunderhebung nicht einmal die Seitenbandschwäche diagnostiziert, sodass keinesfalls ein höherer Behinderungsgrad als 10 dafür festgestellt werden kann. Ein höherer Behinderungsgrad als 10 kann auch nicht für das Restless-legs-Syndrom angenommen werden. Dieses wurde nur einmalig von Dr. S. diagnostiziert und ist in seinen Auswirkungen nach Teil B 3.10 (S. 44) analog einer Polyneuropathie zu bewerten. Da keine motorischen Ausfallerscheinungen oder Beeinträchtigungen z. B. bei Feinbewegungen vorliegen, kann keine höhere Bewertung erfolgen.
Weitere Einzelbehinderungsgrade sind für das Funktionssystem Beine nicht feststellbar. Insbesondere liegt keine relevante Behinderung der Kniegelenke vor. Nach den Versorgungsmedizinischen Grundsätzen Teil B 18.14 (S. 117) ist von einer Funktionsminderung der Kniegelenke erst auszugehen, wenn die Extension und Flexion auf 0/0/90 Grad begrenzt ist (Normalmaß 0/0/120 bis 150 Grad). Eine solche geringe Einschränkung eröffnet einen Bewertungsrahmen von 10 bis 20. Bei einer beidseitigen Bewegungseinschränkung auf 0/10/90 Grad beträgt der Behinderungsgrad 20. Für ausgeprägte Knorpelschäden der Kniegelenke ohne Bewegungseinschränkungen (z. B. Chondromalacia patellae Stadium II-IV) mit anhaltenden Reizerscheinungen ist ein Behinderungsgrad von 10 bis 30 festzustellen. Nach diesem Maßstab können keine Bewegungseinschränkungen festgestellt werden, denn die erhobenen Bewegungsmaße waren bei Befunderhebung durch Dr. G. jeweils normgemäß (0/0/130 Grad) und bei Prof. Dr. M. allenfalls endgradig eingeschränkt (0/0/125 bzw. 0/5/115 Grad). Zeichen einer anhaltenden Reizerscheinung, wie Ergüsse oder Entzündungszeichen, haben nicht vorgelegen. Der von Prof. Dr. Dr. S. festgestellte Druck- und Klopfschmerz, die Reibegeräusche und die geringe Schwellung des Kniegelenks rechtfertigen auch keinen Behinderungsgrad. Selbst Prof. Dr. Dr. S. ist noch von geringen Beschwerden ausgegangen. Nur weil sich aufgrund der Arthrose Beschwerden ergeben könnten, hat er eine höhere Bewertung vorgenommen. Das entspricht aber nicht den Vorgaben der Versorgungsmedizinischen Grundsätze, denn nach Teil A 2 h (S. 21) sind erst in der Zukunft zu erwartende Gesundheitsstörungen nicht zu berücksichtigen.
Auch die Funktionseinschränkungen der Sprunggelenke rechtfertigen noch keinen Behinderungsgrad. Nach den Versorgungsmedizinischen Grundsätzen B 18.14 (S. 117) ist bei einer Bewegungseinschränkung im oberen Sprunggelenk mittleren Grades, die mit 0/0/30 Grad definiert wird (Norm 20-30/0/40-50) ein Einzelgrad von 10 vorgesehen. Dr. G. hatte mit Befundschein im Jahr 2004 zwar einmal eine solche geringe Einschränkung festgestellt, doch bei Befunderhebung durch Prof. Dr. M. war die Beweglichkeit nur endgradig eingeschränkt (20/0/30 Grad bzw. 10/0/30 Grad), sodass nicht von einer dauerhaften Behinderung auszugehen ist. Da auch die Bewegungsmaße der unteren Sprunggelenke keine wesentlichen Einschränkungen erkennen lassen (15/0/25 Grad bzw. 5/0/15 Grad), liegt keine relevante Behinderung vor (B 18.14, S. 118). Schließlich kann für die von Dr. G. diagnostizierte Deformität der Füße kein Behinderungsgrad festgestellt werden, da wesentliche statische Auswirkungen für die Annahme eines Behinderungsgrads vorausgesetzt werden (Versorgungsmedizinische Grundsätzen, B 18.14, S. 118). Derartige Einschränkungen lassen sich den zahlreichen medizinischen Unterlagen nicht entnehmen.
Da im Funktionssystem Beine somit Einschränkungen aufgrund der Seitenbandinstabilität und des Restless-legs-Syndroms vorliegen, ist ein Behinderungsgrad für das gesamte Funktionssystem Beine zu bilden. Die Grundsätze dafür sind in den Versorgungsmedizinischen Grundsätzen (Teil A, Nr. 3 ee, S. 23) vorgegeben. Danach führen – von hier fern liegenden Ausnahmefällen abgesehen – zusätzliche leichte Gesundheitsstörungen, die nur einen Einzelgrad von 10 bedingen, zu keiner Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigung, und zwar auch dann nicht, wenn mehrere derartige leichte Gesundheitsstörungen nebeneinander bestehen und verschiedene Lebensbereiche betreffen (vgl. BSG, Urteil v. 13. Dezember 2000 – B 9 V 8/00 R = SozR 3 – 3870 § 4 Nr. 28). Da hier die Annahme der Einzelbehinderungsgrade von 10 jeweils im oberen Ermessenspielraum war, verbleibt es bei einem Einzelbehinderungsgrad von 10 für das gesamte Funktionssystem Beine.
d)
Schließlich kann für das Funktionssystem Harnorgane ein Einzelbehinderungsgrad von 10 festgestellt werden. Der Senat folgt der diagnostischen Einordnung durch die behandelnde Hausärztin Dr. S. als Dranginkontinenz 1. Grades. Dafür ist nach den Versorgungsmedizinischen Grundsätzen B 12.2.4. (S. 83) ein Bewertungsrahmen von 0 bis 10 eröffnet. Da die Klägerin Inkontinenzvorlagen benutzt, lässt dies auf eine Beeinträchtigung rückschließen, die das Ausschöpfen des Bewertungsrahmens mit 10 rechtfertigt. Der Auffassung von Prof. Dr. Dr. S., der eine Stressinkontinenz 2. Grades angenommen und dafür einen Grad der Behinderung von 30 vorgeschlagen hat, kann der Senat nicht folgen. Eine solche Diagnose bzw. dementsprechende Symptome (Harnabgang tags und nachts) haben die behandelnden Ärzte nicht mitgeteilt. Der Urologe Dipl.-Med. L. hat eine Inkontinenz sogar ausdrücklich ausgeschlossen. Schließlich lassen auch die eigenen Angaben der Klägerin maximal eine Bewertung mit 10 zu, denn danach gehe der Urin nur gelegentlich beim Husten, Pressen oder bei kleinen körperlichen Anstrengungen spontan ab.
e)
Weitere Gesundheitsstörungen, die einem anderen Funktionssystem zuzuordnen sind und zumindest einen Einzelbehinderungsgrad von 10 bedingen, sind nicht erkennbar.
Zwar hat die Klägerin auch Einschränkungen im Bereich der Arme und Hände angegeben. Die zuletzt durch Prof. Dr. M. erhobenen Bewegungsmaße der Arme (Arm vorwärts heben: rechts 130 Grad und links 140 Grad) rechtfertigen nach den Versorgungsmedizinischen Grundsätzen Teil B 18.13 (S. 110) aber keinen Behinderungsgrad. Ebenso wenig liegt aufgrund der zuletzt erhobenen Bewegungsmaße der Handgelenke (Handgelenke: handrückenwärts/hohlhandwärts rechts 40/0/40 Grad, links 40/0/50 Grad, speichenwärts/ellenwärts beidseits 20/0/15 Grad) nach den Versorgungsmedizinischen Grundsätzen B 18.13 (S. 111) eine relevante Bewegungseinschränkung der Hände vor. Auch die Beschwerden im Bereich der Ellenbogen haben sich nicht in einem behinderungsgradrelevanten Ausmaß objektivieren lassen. Darüber hinaus kann der von Prof. Dr. M. diagnostizierte Verdacht auf Osteoporose keinen Behinderungsgrad begründen, da sich dieser allein auf die von der Klägerin angegebene Reduktion der Körpergröße um 5 cm in den letzten fünf Jahren stützt. Da die Klägerin bei der Untersuchung durch Prof. Dr. M. am 19. August 2010 150 cm groß war und bei Untersuchung durch Prof. Dr. Dr. S. am 26. Oktober 2004 151 cm, lässt sich nicht einmal diese Angabe bestätigen. Erst recht liegen keine daraus folgende Funktionseinschränkungen vor (dazu Versorgungsmedizinischen Grundsätze, B 18.23, S. 103).
Auch die beginnende Stuhlinkontinenz rechtfertigt keinen Behinderungsgrad. Diese ist Folge des bei der Entbindung im Jahre 1971 erlittenen Dammrisses 3. Grades und ist entsprechend einer isolierten Senkung der Scheidenhinterwand mit leichten Defäkationsstörungen zu bewerten (Versorgungsmedizinische Grundsätze, B 14.6, S. 89). Da hierfür nur ein Behinderungsgrad von 0 bis 10 vorgesehen ist, kann bei der nur beginnenden Stuhlinkontinenz noch kein Behinderungsgrad festgestellt werden. Auch wenn die Bewertung analog einer Afterschließmuskelschwäche erfolgen würde, könnte kein Behinderungsgrad angenommen werden. Denn ein Einzelgrad von 10 setzt zumindest unwillkürlichen Stuhlabgang voraus (Versorgungsmedizinische Grundsätze, B 10.3, S. 73). Ein solcher ist in den vorliegenden Unterlagen nicht beschrieben worden.
Der von Dipl.-Med. G. festgestellte Tinnitus ist kompensiert und führt zu keiner nennenswerten psychischen Begleiterscheinung, sodass dafür kein Behinderungsgrad festzustellen ist (Versorgungsmedizinische Grundsätze, B 5.4, S. 54). Aufgrund der Hypertonie liegt nach dem Befundbericht von Dr. N. keine relevante Leistungseinschränkung des Herz-Kreislauf-Systems vor. Die durch Dipl.-Med. N. festgestellte Fettleber und die Leberzyste führen zu keiner Funktionsbeeinträchtigung.
Des Weiteren kann auch für die von Prof. Dr. M. diagnostizierten Magen-Darm-Beschwerden mit einem Wechsel zwischen Verstopfung und Durchfall kein Einzelbehinderungsgrad angenommen werden. In den hausärztlichen Befunden von Dr. S. hat diese in den Jahren 2006 bis 2009 mehrfach Oberbauchbeschwerden sowie Gastritis diagnostiziert, allerdings hat die von Dipl.-Med. N. durchgeführte sonographische Untersuchung keine Erklärung dafür geboten. Da keine Beeinträchtigungen des Allgemein- und Ernährungszustands erkennbar sind (konstantes Gewicht von 67 kg bei den Untersuchungen durch Prof. Dr. M. im Jahre 2010 und Prof. Dr. Dr. S. im Jahre 2004) und auch keine weiteren dauerhaften Auswirkungen (z.B. ständige Diät, Organstörung) vorliegen (zu diesen Kriterien vgl. B 10.2, S. 69 der Versorgungsmedizinischen Grundsätze), kann kein Einzelbehinderungsgrad dafür festgestellt werden.
Schließlich rechtfertigt die allein von Prof. Dr. M. festgestellte Facialisparese keinen Behinderungsgrad, denn eine kosmetisch nur wenig störende Restparese ist nach den Versorgungsmedizinischen Grundsätzen (B 3.1., S. 35) nur mit einem Behinderungsgrad von 0 bis 10 zu bewerten. Da nie zuvor über diese berichtet worden war und auch die Klägerin diese niemals erwähnt hat, kann nicht einmal von einer "nur wenig störenden Wirkung" ausgegangen werden. Weil mit der Fazialisparese lediglich ein leicht hängender Mundwinkel verbunden ist (der beim Pfeifen oder Sprechen nicht spitz hervorgebracht werden kann), lässt sich nicht einmal ein Einzelbehinderungsgrad von 10 annehmen.
f)
Da bei der Klägerin Einzelbehinderungen aus verschiedenen Funktionssystemen mit einem messbaren Grad der Behinderung vorliegen, ist nach § 69 Abs. 3 Satz 1 SGB IX der Grad der Gesamtbehinderung zu ermitteln. Dafür sind die Grundsätze nach Teil A, Nr. 3 der Versorgungsmedizinischen Grundsätze (S. 8) anzuwenden. Nach Nr. 3c ist in der Regel von der Funktionsbeeinträchtigung auszugehen, die den höchsten Einzelgrad bedingt, und dann zu prüfen, ob und inwieweit hierdurch das Ausmaß der Behinderung größer wird, ob also wegen der weiteren Funktionsbeeinträchtigungen dem ersten Zehnergrad ein oder mehr Zehnergrade hinzuzufügen sind, um der Behinderung insgesamt gerecht zu werden.
Danach ist von dem Behinderungsgrad von 30 für das Funktionssystem Psyche einschließlich Gehirn auszugehen. Dieser ist aufgrund der mit einem Grad der Behinderung von 20 bewerteten Einschränkung des Funktionssystems Rumpf nicht weiter zu erhöhen. Nach den Versorgungsmedizinischen Grundsätzen (Teil A, S. 23) werden Funktionsbeeinträchtigungen mit einem Grad der Schädigung von 20 als leichte Funktionsstörungen definiert, bei denen es vielfach nicht gerechtfertigt ist, auf eine wesentliche Zunahme des Ausmaßes des Behinderung zu schließen. Hier hat der Senat berücksichtigt, dass die Bewertung im Funktionssystem Rumpf großzügig am oberen Bewertungsspielraum erfolgt ist, sodass von diesem nicht auf eine wesentliche Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbehinderung geschlossen werden kann. Eine Erhöhung kann auch nicht aufgrund der jeweils mit einem Behinderungsgrad von 10 bewerteten Gesundheitsstörungen aus den Funktionssystemen Bein und Harnorgane erfolgen. Denn nach den Versorgungsmedizinischen Grundsätzen (Teil A, Nr. 3 ee, Seite 10) führen leichte Gesundheitsstörungen, die nur einen Behinderungsgrad von 10 bedingen, von hier fern liegenden Ausnahmen, nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes des Gesamtbeeinträchtigung. Die leichten Funktionsstörungen im Bereich der Beine und die Dranginkontinenz stehen völlig unabhängig von den weiteren Beeinträchtigungen und erhöhen somit nicht das Gesamtausmaß der Behinderung.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Ein Grund für die Zulassung der Revision liegt nach § 160 SGG nicht vor.
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