L 8 SO 18/08

Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
8
1. Instanz
SG Halle (Saale) (SAN)
Aktenzeichen
S 13 SO 118/06
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 8 SO 18/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 8 SO 74/11 B
Datum
Kategorie
Urteil
Die Berufung wird zurückgewiesen.

Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt als Leistung der Eingliederungshilfe die Erstattung von Kosten für Therapieaufenthalte am Tomatis-Institut in H. bzw. E. in mehreren Blöcken zwischen Oktober 2004 und Oktober 2006.

Infolge der Geburt der Klägerin als Zwilling im Oktober 1997 in der 30. Schwangerschaftswoche ergaben sich Komplikationen mit einer Infantilen Cerebralparese. Das Landesverwaltungsamt erkannte bei ihr einen Grad der Behinderung (GdB) von 80 und die Merkzeichen "G", "aG", "H" und "B" an. Die Klägerin ist über ihre gesetzliche Vertreterin - der als Dipl.-Juristin ausgebildeten und, wie der Vater der Klägerin, selbstständig in der Vermögensberatung erwerbstätigen Mutter - bei dem privaten Krankenversicherungsunternehmen C. Krankenversicherung AG, im Folgenden C., krankenversichert. Aus der bei der C. durchgeführten Pflegeversicherung erhielt die Klägerin auch nach Oktober 2004 Pflegegeld nach der Pflegestufe III.

Die Klägerin wurde im August 2001 in die teilstationäre integrative Betreuung einer Kindertagesstätte mit heilpädagogischer und logopädischer Betreuung aufgenommen. Die Kosten hierfür wurden von dem Beklagten als Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft getragen. Parallel wurden zu Lasten der Krankenversicherung u.a. Ergotherapie und neurophysiologische Krankengymnastik durchgeführt. Die Klägerin wurde im August 2004 in die (im Jahr 2006 staatlich als Ersatzschule anerkannte) Evangelische Grundschule "M. L." in O. aufgenommen und besucht seit dem Schuljahr 2008/2009 das Gymnasium mit einer sonderpädagogischen Begleitung durch das Landesbildungszentrum für Körperbehinderte H ...

Die Klägerin teilte dem Beigeladenen insbesondere mit Schreiben vom 30. November 2002 ihre Auffassung mit, das optimale Therapieziel könne bei ihr nur durch Therapien nach Vojta, Feldenkrais sowie Schwimmen und Reiten erzielt werden, und stützte sich insoweit u.a. auf ein ärztliches Attest der Fachärztin für Kinder- und Jugendmedizin/Homöopathie Dipl.-Med. M. vom 25. März 2003; wegen der Einzelheiten und des nachfolgenden Schriftwechsels mit dem Beigeladenen wird auf Bl. 263 bis 270 Bd. A, Bl. 220 Bd. K und Bl. 238 Bd. M der Verwaltungsakten Bezug genommen. Aus einem Bericht der Fachärztin für HNO-Heilkunde Dipl.-Med. P. vom 24. Februar 2003 gehen eine bei der Klägerin vorliegende zentrale Hörverarbeitungsstörung und die Empfehlung für ein auditives Wahrnehmungs-/Hörtraining auch zur Verbesserung der Gleichgewichtsfunktion hervor.

Die Kreismedizinaldirektorin P., Amtsärztin des Gesundheitsamtes, empfahl im November 2003 die Weiterführung von Krankengymnastik, Schwimmen, Reiten und orthopädischer Behandlung und der Frühförderung ein- bis maximal zweimal pro Woche; die weitere Behandlung solle auf ärztliche Verordnung durch das Sozialpädiatrische Zentrum (SPZ) zu Lasten der Krankenkasse erfolgen. Bei der spezifischen auditiven Verarbeitungs- und Wahrnehmungsstörung mit leichtem Sprachentwicklungsrückstand könne die logopädische Übungsbehandlung mit Hörtraining von der phoniatrisch-pädaudiologischen Spezialsprechstunde der Universitätsklinik (HNO) zu Lasten der Krankenkasse verordnet werden, da hier alle Befunde vorlägen und spezielle Hinweise an die Logopäden gegeben werden könnten. Die Tomatis-Therapie werde von den Neuropädiatern und Pädaudiologen nicht befürwortet.

Aus dem Bericht der Abteilung Kinderorthopädie des M. A., Chefarzt Dr. S., von März 2004 geht als Diagnose eine Infantile Cerebralparese mit beinbetonter spastischer Tetraparese hervor. Die Klägerin befinde sich in einem guten Allgemeinzustand mit einem altersentsprechenden Seh- und Hörvermögen und müsse keine Medikamente einnehmen. Ab dem Jahr 2005 seien operative Schritte, u.a. in Form einer Derotationsosteotomie beidseits, zu empfehlen.

Der Beigeladene bewilligte der Klägerin für den Zeitraum bis zur Einschulung verschiedene Leistungen der Eingliederungshilfe: Jeweils 20 Behandlungseinheiten Schwimmen als Krankengymnastik in einem Bewegungsbad und daran anschließend therapeutisches Reiten ("Hippotherapie") (Bescheide vom 4. März 2003 und 23. Februar 2004), monatlich 15 EUR für die Förderung des Kontakts zu nicht behinderten Kindern und zur Außenwelt (Bescheide vom 12. März, 21. August 2003 und 8. Januar 2004), die Übernahme der Fahrtkosten für die Wahrnehmung von Terminen zu anerkannten Therapien und der Hausbesuchskosten einschließlich der Fahrtkosten, die im Zusammenhang mit der Behinderung stünden (Bescheide vom 12. März, 21. August 2003 und 12. Januar 2004), die Übernahme der Fahrt- und Folgekosten bei auswärtiger Unterbringung für Begleitpersonen (bzw. einer Ersatzkraft bei Verhinderung) für die Wahrnehmung von Terminen zu bewilligten anerkannten Therapien (bzw. einer Ersatzkraft bei Verhinderung) und für Hausbesuche im Zusammenhang mit der Behinderung (Bescheide vom 7. April, 21. August 2003 und 12. Januar 2004) sowie die Übernahme der Kosten von notwendigem Schuhwerk (normale Kinderschuhe auf Grund des behinderungsbedingten erhöhten Verbrauchs, Bescheide vom 29. September 2003 und 8. Januar 2004). Mit Bescheiden vom 2. April und 2. Oktober 2003 erstattete der Beigeladene Kosten für Rechtsliteratur, Rechtsberatung durch eine Diplom-Sozialpädagogin, Kopien, Porto, Telefonate, Telefax- und Parkgebühren. Auf das Urteil des Verwaltungsgerichts (VG) Halle vom 16. Juni 2004 (4 A 346/03 HAL - juris), in dem der Beigeladene verpflichtet worden war, der Klägerin und ihrer Zwillingsschwester für die Zeit vom 21. Juni 2002 bis zum 27. Februar 2003 Sozialhilfe in Form der Eingliederungshilfe durch Übernahme der Kosten für die Feldenkrais- und Hypnosetherapie einschließlich der Fahrtkosten sowie der Kosten für die Begleitperson zu gewähren, erstattete der Beigeladene für die Klägerin und ihre Schwester einen Betrag in Höhe von 3.937,97 EUR. Für den daran anschließenden Zeitraum bis zum 4. November 2004 erfolgte eine Kostenübernahme für eine Feldenkrais-Therapie (Bescheide vom 25. November und 8. Dezember 2004).

Am 8. September 2004 teilte die Mutter der Klägerin dem Beigeladenen telefonisch mit, sie beantrage ab dem Tag der Einschulung weiter Hippotherapie und therapeutisches Schwimmen, Fahrtkosten zu den Therapien, evtl. Hausbesuchskosten und Fahrtkosten für eine Begleitperson. Sie beabsichtige, selbst als Integrationshelferin für die Klägerin tätig zu werden. Mit am 14. September 2004 bei dem Beigeladenen eingegangenen Schreiben vom 8. September 2004 ergänzte sie den Antrag als solchen auf Verlängerung einer Kostenübernahme im bisherigen erstattungsfähigen Umfang für Rechtsbeschaffung, Hausbesuche, Fahrten (auch einer Begleitperson bzw. der Ersatzperson bei Verhinderung), für Hippotherapie und therapeutisches Schwimmen auf der Grundlage von §§ 39, 40 Abs. 1 Nr. 1 bzw. Nr. 4, 43 Abs. 2 Nr. 2 bzw. Nr. 5 Bundessozialhilfegesetz (BSHG) i.V.m. §§ 12, 22 der Eingliederungshilfe-Verordnung (Eingliederungshilfe-VO). Mit ihrem am 3. Dezember 2004 bei dem Beigeladenen eingegangenen Schreiben teilte sie mit, derzeit seien eine Feldenkrais-/Hypnose-Therapie vom 11. bis zum 15. Januar 2005 und eine Tomatis-Therapie vom 29. Januar bis zum 7. Februar 2005 geplant.

Nachdem das VG die auf Übernahme der Kosten einer Tomatis-Therapie für die Klägerin und ihre Schwester (bei einem nicht auf einen bestimmten Zeitraum beschränkten Klageantrag) gerichtete Klage mit Urteil vom 16. Juni 2004 (4 A 1034/03 HAL - juris) abgewiesen hatte, verpflichtete sich der Beigeladene auf die Nichtzulassungsbeschwerde vor dem Oberverwaltungsgericht (OVG) des Landes Sachsen-Anhalt (- 3 L 372/04 -) in dem unter dem 26. Mai 2005 geschlossenen außergerichtlichen Vergleich zur Erledigung aller Ansprüche aus dem Rechtsstreit, die Therapie- und Fahrtkosten (nur) der Klägerin für die Durchführung der Tomatis-Therapie sowie die Unterkunfts-, Verpflegungs- und Reisekosten der Begleitperson nebst Zinsen für den Zeitraum vom 14. Februar 2003 bis zum 16. August 2004 in Höhe von 15.841,24 EUR zu übernehmen. Die Begleichung der Kosten erfolge ohne Anerkennung eines Rechtsanspruchs der Klägerseite. Die Klägerin und ihre Schwester nahmen, entsprechend der im Vergleich geregelten Verpflichtung, die Nichtzulassungsbeschwerde zurück.

Nachdem die Fachärztin für Pädiatrie Dipl.-Med. F. in dem ärztlichen Zeugnis des Gesundheitsamtes vom 4. November 2004 angegeben hatte, die Klägerin sei bei einer altersentsprechenden geistigen Entwicklung durch die spastische Diplegie nicht nur vorübergehend körperlich wesentlich behindert und benötige auch nach Schulaufnahme Hilfen wie Hippotherapie, therapeutisches Schwimmen und regelmäßige spezifische Physiotherapie (Vojta) zur weiteren Verbesserung der Motorik und Vermeidung von Kontrakturen bei entsprechend anerkannten Therapeuten über das Sozialamt, bewilligte der Beigeladene der Klägerin im Namen des Beklagten auch für das erste Jahr ab der Einschulung die Übernahme der Kosten für jeweils zehn Behandlungseinheiten therapeutisches Schwimmen als Krankengymnastik im Bewegungsbad und Hippotherapie, ebenso für die Fahrten (auch für eine Begleitperson) für die Wahrnehmung von Terminen zu anerkannten Therapien, Kosten für Hausbesuche einschließlich aller Fahrtkosten (auch für eine Begleitperson), die im Zusammenhang mit der Behinderung stünden (Bescheide vom 9. November 2004 und 7. Februar 2005) und ferner bis zum 29. November 2005 die Übernahme der Kosten einer Feldenkrais-/ Hypnose-Therapie (Bescheid vom 22. März 2005).

Nach einem Bericht der Fachärztin für HNO-Heilkunde/Phoniatrie/Pädaudiologie/ Sprach-, Stimm- und kindliche Hörstörungen Oberärztin Dr. B. und der Fachärztin für HNO-Heilkunde Dr. W., Universitätsklinik der M.-L.-U., vom 23. November 2004 bestanden bei der Klägerin weiterhin eine spezifische auditive Verarbeitungs- und Wahrnehmungsstörung (mit Besserungstendenz), ein Aufmerksamkeitsdefizitsyndrom und eine Muskelspastik der Extremitäten. Als Therapie würden eine Weiterführung der Motorik- und Aufmerksamkeitsförderung, psychologische Betreuung und ggf. logopädisches Hörtraining empfohlen. Ein logopädisches Hörtraining solle jedoch bei bereits erheblichem therapeutischen Aufwand das Kind nicht überfordern, zumal noch leichte Einschränkungen bestünden.

Aus dem nachfolgend von der Klägerin eingereichten sonderpädagogischen Gutachten der beauftragten Sonderschullehrerin W. von März 2005 für den Zeitraum ab Einschulung geht hervor, die erhebliche Spitzfußstellung mit massiver Innenrotation präge noch immer das Gangbild. Verbesserungen in den Fähigkeiten seien besonders nach den Therapieblöcken (Tomatis-, Feldenkrais-/Hypnotherapie) feststellbar. Die Klägerin habe sich schnell in das Schulleben eingewöhnt und sei aufgeschlossen, ziehe sich aber mitunter auch zurück. Ihre Leistungen seien immer konzentrations- und tagesformabhängig. In der Gesamtbewertung der Befunde sei sie ein annähernd altersgerechtes Kind, welches durch motorische Beeinträchtigungen auffällig sei. Die auftretenden Gleichgewichtsstörungen bzw. Koordinationsauffälligkeiten im Bewegungsmuster der Grobmotorik beeinflussten die altersgerechte Lebensbewältigung, um die sie sich aber bemühe. Die Konzentration und Ausdauer müssten weiter geschult werden. Im Rahmen der sonderpädagogischen Fördermaßnahmen werden u.a. die Beschulung in der Grundschule im gemeinsamen Unterricht nach den Rahmenrichtlinien einer 2. Klasse bei altersentsprechenden Lerninhalten und die Weiterführung der bisher durchgeführten Therapien genannt.

Dipl.-Med. F. gab in ihren ärztlichen Zeugnissen des Gesundheitsamtes vom 15. März und 13. Mai 2005 an, die von der Mutter dokumentierte Entwicklungsbeobachtung auf einer DVD sei im Januar/Februar 2005 gesichtet worden. Bei der seit 1998 bekannten schwer körperbehinderten Klägerin ergäben sich seit der Untersuchung im Oktober 2004 keine wesentlichen Veränderungen. Die guten und deutlichen Fortschritte in der Entwicklung des Mädchens seien durch den Komplex an Fördermaßnahmen möglich geworden. Die weiterhin bestehende deutliche Spastik der unteren Extremitäten könne durch mangelnde Übungen zu einer Verschlechterung der Funktionen und zur Versteifung der Gelenke führen. Eine Weiterführung ambulanter Maßnahmen der Physiotherapie (Vojta) sowie Förderung der Bewegungsabläufe durch Feldenkrais-/Hypnose-Therapie durch anerkannte Therapeuten könne die Funktionen Stehen, Gehen, Laufen weiterhin verbessern. In dem vorschulisch allgemein zu beobachtenden Entwicklungsschub seien im zeitlichen Zusammenhang mit der Tomatis-Therapie Verbesserungen in Konzentration, Motivation und Mitarbeit sowie Fingerfertigkeit/Feinmotorik beobachtet worden. Beim Schreiben und Zeichnen seien weitere Verbesserungen anzustreben. Vielleicht sei die Tomatis-Therapie einschließlich der damit verbundenen günstigen Bedingungen/Zuwendungen/Entspannung in der Lage, die gute Entwicklung psychosozial und feinmotorisch noch zu fördern. Tomatis-Therapie könnte fortgeführt werden; vorgeschlagen würden anerkannte Therapeuten über das Sozialamt.

Am 15. Juli 2005 beantragte die Klägerin die Kostenübernahme für eine Behandlung, Fahrtkosten, sonstige Kosten der Begleitperson (wie Reisekosten, Unterkunft) für eine Tomatis-Therapie (ambulant in H.) vom 17. Juni bis zum 26. Juli 2005. Der angegangene Beigeladene verwies hierzu mit Schreiben vom 20. Juli 2005 auf die Vorlage der Entscheidung über die Tomatis-Therapie bei dem Beklagten. Eine Kostenzusage könne nicht erteilt werden. Am 15. September 2005 stellte die Klägerin einen entsprechenden Antrag für den Zeitraum vom 14. bis zum 23. Oktober 2005, ergänzt mit einem (Verlängerungs-)Antrag für die "Kosten und Folgekosten im bisherigen erstattungsfähigen Umfang" für diese Therapie, Hippotherapie, Feldenkrais-/Hypnose-Therapie, Rechtsbeschaffungskosten, Hausbesuchskosten, Fahrtkosten zu Arzt- und Therapieterminen und Kosten der notwendigen Begleitperson(en) bzw. bei deren Verhinderung. Der Beigeladene teilte u.a. zu dem Verlängerungsantrag mit Schreiben vom 20. September 2005 mit, bezüglich der Tomatis-Therapie könne eine Zusage nicht erfolgen, da der Vorgang zur unterstützenden Stellungnahme der Sozialagentur vorliege und eine Begutachtung zur Notwendigkeit bei dem Jugendärztlichen Dienst des Gesundheitsamtes veranlasst worden sei. Eine Mitteilung über den Therapieerfolg der vorausgehend bewilligten Leistungen stehe aus.

Nach dem psychologischen Befund der Chefärztin des Kinderzentrums/SPZ Krankenhaus St. E. und St. B. Dr. F. vom 11. August 2003 und dem in Zusammenarbeit mit Dipl.-Psych. G. von ihr erstellten Bericht vom 28. September 2005 benötigte die Klägerin bei der ersten Befundung keine Dauermedikation mehr. Sie habe von ca. Herbst 2002 bis Anfang 2003 einen massiven Sprung im sozialen, emotionalen, psychischen und körperlichen Bereich gemacht und könne zwei bis drei Kilometer zu Fuß mit mehreren Pausen bewältigen. Es bestehe der dringende Rat u.a. zur Fragestellung einer operativen Intervention. Vorab solle Krankengymnastik (täglich), Reit- und Schwimmtherapie fortgeführt werden. Möglicherweise benötige die Klägerin mehr Zeit und Ruhe für sich selbst und weniger Anforderungen an sie. Sie verfüge über ein knapp altersgerechtes bis leicht unterdurchschnittliches Intelligenzniveau mit Tendenzen zur Lernbehinderung. Die Mutter sei beraten worden, dass die Möglichkeit einer späteren Sonderbeschulung doch nicht von der Hand zu weisen sei.

Der Beigeladene lehnte mit Bescheid vom 4. November 2005 den Antrag der Klägerin vom 30. November 2004 auf Übernahme der Kosten für eine Tomatis-Therapie im Namen des Beklagten ab. Diese Therapie falle nicht unter die Leistungen zur Hilfe zur angemessenen Schulbildung und/oder die Leistungen der Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft. Sie sei nach Einschätzung des Reha-pädagogischen Fachdienstes für die bei der Klägerin vorliegende körperliche wesentliche Behinderung nicht geeignet, da sich nicht feststellen lasse, inwieweit das Ausmaß der Behinderung durch die in der Vergangenheit durchgeführten Tomatis-Therapien gemindert worden sei. Die im zeitlichen Zusammenhang geschilderten Erfolge könnten temporär durchaus durch das angenehme Umfeld der Therapie aufgetreten sein. Die Leistungen der Eingliederungshilfe setzten eine zukunftsgerichtete Entscheidung über einen Erfolg voraus. Die in der Therapie von Dr. Tomatis vorgeschlagenen Techniken des Hörtrainings seien nicht wissenschaftlich fundiert, sondern befänden sich noch in einem "Versuchsstadium" und seien im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung nicht verordnungsfähig.

Die Klägerin beantragte am 10. November 2005 Sozialhilfe in Form der Eingliederungshilfe, ohne die Fragen auf dem Antragsformular zu Einkommen bzw. Vermögen zu beantworten. Sie beantragte am 31. Januar 2006 die Übernahme "im bisher beantragten Umfang" (Behandlungskosten, Fahrtkosten sowie sonstige Kosten der Begleitperson wie Reisekosten, Unterkunft, Verpflegung und u.U. sonstige Kosten) für eine Tomatis-Therapie vom 1. bis 10. Februar 2006 (ambulant in H.).

In dem von der Klägerin vorgelegten Befundbericht der Fachärztin für Physikalische und Rehabilitative Medizin M.-P. vom 27. Dezember 2005 sind als Diagnosen ein myofasziales Schmerzsyndrom wechselnder Lokalität, eine spastische Cerebralparese (hirnorganisch bedingte Diparese der Beine), rezidivierend segmentale und somatische Funktionsstörungen okzipitozervikal/thorakal/Sakralbereich, eine zentrale Koordinationsstörung, Kontrakturen (muskulär) Hüft-/Knie-/Sprung-/Fußgelenke beidseits und Schulter links, Aufmerksamkeits- und Konzentrationsstörung aufgeführt. Die Klägerin benötige fortlaufend Krankengymnastik nach Vojta zur Beseitigung der sekundären funktionell-pathologischen Befunde des Bewegungssystems, Ergotherapie und Manuelle Therapie. Die regelmäßigen Konsultationen bei ihr und die Durchführung der alternativen Methoden (wie Tomatis, therapeutisches Reiten, Feldenkrais- in Verbindung mit Hypnotherapie) dienten der ganzheitlichen Therapie zur Verbesserung der funktionellen strukturellen und psychischen Befunde.

Dem Bericht der Grundschule "M. L." vom 15. Dezember 2005 ist zu entnehmen, es sei ein sonderpädagogischer Förderbedarf mit Förderschwerpunkt körperliche/motorische Entwicklung festgestellt worden. Die gemeinsame Beschulung der Klägerin mit nicht behinderten Kindern erscheine allen an ihrer Beschulung und Förderung Beteiligten mittlerweile sehr gut gelungen. Nach der Feldenkrais-/Hypno- und Tomatis-Therapie hätten sich jeweils erhebliche (teilweise sprunghafte) Verbesserungen gezeigt. In Bezug auf die Kognition sei es gelungen, gute bis befriedigende Leistungen bei eingeschränktem Aufgabenumfang zu erzielen. Dennoch seien die therapeutischen Interventionen im bisherigen Umfang unabdingbar für die Stabilisierung und Weiterentwicklung der Klägerin.

Im Rahmen des auf Grund der Nachuntersuchung der Klägerin am 15. November 2005 erstellten Ärztlichen Zeugnisses des Gesundheitsamtes vom 1. Februar 2006 gab Dipl.-Med. F. an, die spastische Diplegie werde von Dauer sein. Um eine Verschlechterung der deutlich beeinträchtigten Steh- und Gehfähigkeit und eine Versteifung der Gelenke zu vermeiden und die Bewegungsanforderungen im Alltag meistern zu können, seien ständige Übungen erforderlich. Die Fortführung der Hippotherapie sei mit einer Übungseinheit pro Woche zu empfehlen. Die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel sei bei der Gehbehinderung der Klägerin und der unzureichenden Anbindung des Wohnortes nicht zumutbar. In dem von dieser Ärztin erstellten Bericht des Jugendärztlichen Dienstes vom 12. Juni 2006 wird ausgeführt, im Ergebnis aller therapeutischen Bemühungen sowie auch der eigenen biologischen altersgemäßen Entwicklung seien Fortschritte zu verzeichnen, die sich nicht auf jeweils eine Methode allein beziehen ließen. Die positive Entwicklung betreffe die Bereiche Motorik, körperliche Selbstständigkeit, Selbstwertgefühl, Eingliederung in die Gemeinschaft (Schule). Eine Versteifung von Gelenken und eine Verschlechterung des aktiven Bewegungsumfangs habe vermieden werden können. Es bestünden weiterhin (auf Dauer) eine beinbetonte Tetraspastik und ein Spitzfußgang. Das Gehen und Stehen seien erschwert und mit großer Anstrengung verbunden. Unterstützung durch einen Rollstuhl sei durch die starke Motivation, laufen zu wollen, nicht erforderlich. Die Fortführung der Physiotherapie entsprechend Heilmittelkatalog sei nötig/möglich, orthopädisches Schwimmen denkbar. Diese Möglichkeiten seien nicht völlig gleichzusetzen mit der bisherigen Summe aus ärztlich verordneten und den gewünschten alternativen Therapien. Die bisherige Entwicklung werde von den Eltern zum großen Teil auch den alternativen Therapien zugeschrieben. Objektiv lasse sich der Anteil am Gesamterfolg nicht so ganz auf die einzelnen Fördermaßnahmen beziehen. Aus orthopädischer Sicht werde langfristig ein operativer Mehrtageeingriff mit Derotationsosteotomie angeraten, um die Basis beim Stehen zu verbessern. Zu empfehlen sei psychologische Betreuung; logopädisches Hörtraining sei nicht mehr unbedingt notwendig, da keine Sprachdefizite bestünden. Die für eine ADS-Diagnose erforderliche kinderpsychiatrische Diagnostik sei nicht bekannt. Die wissenschaftlich umstrittene Kombination von Hörtraining mit Förderung von Motorik und Gleichgewicht nach Tomatis als auch Feldenkrais-/Hypnose-Therapiemöglichkeiten motiviere Eltern bei der Suche nach Behandlungsmöglichkeiten der Cerebralparese, die leider alle nicht zur Heilung führen könnten. Bei Abbruch der gewünschten Therapien könne der psychologische/psychotherapeutische Effekt aus persönlichen Kontakten, Zuneigungen, Vertrauensverhältnissen, Hoffnung auf Erfolg wegfallen. Andere Therapieformen, die von der privaten Krankenversicherung übernommen werden könnten, aber gegen die innere Überzeugung der Familie aufgedrängt würden, könnten so möglicherweise ihre ebenfalls günstige Wirkung nicht entfalten.

Der Reha-pädagogische Fachdienst, Dipl.-Soz. Päd. (FH) H., führte in seiner Stellungnahme vom 27. Juni 2006 aus, die Tomatis-Therapie sei für die bei der Klägerin vorliegende Behinderung nicht geeignet. Es lasse sich nicht feststellen, inwieweit das Ausmaß der Behinderung über einen längeren Zeitraum durch die in der Vergangenheit durchgeführte Tomatis-Therapie gemindert worden sei. Die im zeitlichen Zusammenhang geschilderten Erfolge könnten temporär durch das angenehme Umfeld der Therapie aufgetreten sein.

Nachdem die Klägerin am 29. November 2005 Widerspruch gegen die Ablehnung der Kostenübernahme für die Tomatis-Therapie mit Bescheid vom 4. November 2005 eingelegt hatte, übersandte sie mit Schreiben vom 19. Dezember 2005 im Rahmen ihrer Widerspruchsbegründung eine schriftliche Ausarbeitung im Aufbau eines Rechtsgutachtens (52 Seiten) mit dem Ergebnis, dass die Voraussetzungen einer Bewilligung von Eingliederungshilfe in Form u.a. der beantragten Tomatis-Therapie vorlägen. Bezüglich der Einzelheiten wird auf Bd. P der Verwaltungsakten Bezug genommen. Im Übrigen fügte sie ihrer Ausarbeitung u.a. Stellungnahmen, Gutachten und Erfahrungsberichte auch zur Tomatis-Therapie bei. Ihre Ausführungen ergänzte sie unter dem 29. Juni 2006 mit einer Ausarbeitung im Aufbau eines Rechtsgutachtens von 182 Seiten; wegen der Einzelheiten wird auf Bd. O der Verwaltungsakten Bezug genommen. U.a. zur Tomatis-Therapie teilte ihre Mutter dem Beigeladenen nach einem Aktenvermerk vom 28. Februar 2006, Bl. 132 Bd. K der Verwaltungsakten, mündlich mit, der Inhalt ergebe sich häufig erst während der Therapie im Wechselspiel verschiedener Schritte. Zu den Fahrtkosten führte sie aus, die Bahnstation befinde sich im Nachbarort, Busse verkehrten nicht regelmäßig und die durchgeführten Therapien seien zur gewünschten Zeit nicht erreichbar. In Bezug auf die Einkommens- und Vermögensverhältnisse gab sie an, es müssten Altersrücklagen auf Grund der selbstständigen Erwerbstätigkeit der Eltern gebildet werden. Der mit Fristsetzung bis zum 14. März 2006 und Nachfristen bis zum 18. April und dann 31. Mai 2006 erfolgten Aufforderung zur Vorlage von Einkommens- und Vermögensnachweisen könne sie nicht entsprechen, da sie mit ihren Steuererklärungen für die Jahre 2004/2005 auf den Ausgang des Widerspruchsverfahrens warte; sie behalte sich vor, solche Nachweise nach gerichtlicher Klärung ihrer Ansprüche für nicht einkommens- bzw. vermögensabhängige Leistungen zu erbringen.

Der Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 13. November 2006 als unbegründet zurück. Die Voraussetzungen der am 30. November 2004 beantragten fortwährenden Übernahme der Kosten einer Tomatis-Therapie beginnend mit dem damals geplanten nächsten Therapieaufenthalt vom 11. bis zum 15. Januar 2005 lägen nicht vor. Der Bescheid vom 4. November 2005 sei im Sinne einer Ablehnung aller bis dahin dem Beigeladenen bekannt gegebenen bzw. bei diesem beantragten Hilfen für Tomatis-Therapie zu verstehen. Es fehle in Bezug auf die begehrte Kostenerstattung an einem Bedarf an Eingliederungshilfe; Möglichkeiten der vorrangigen, geeigneten und medizinisch notwendigen Leistungen der Krankenbehandlung zu Lasten der privaten Krankenkasse, insbesondere die ärztlich befürwortete Ergotherapie und die Psychotherapie, und ergänzend Leistungen der Schule zur Deckung des Bedarfs, die als bereite Mittel zur Verfügung stünden, seien nicht vollständig genutzt worden. In ihren Zielen decke sich die von der Schulmedizin anerkannte Ergo-Therapie zum Teil mit denen der Tomatis-Therapie. Die eigentliche Tomatis-Methode ziele im Übrigen nicht vordergründig auf die Hilfe zur Schulbildung ab und sei nicht geeignet und erforderlich, die Eingliederung in die Gesellschaft/den Schulbesuch im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht zur ermöglichen bzw. zu erleichtern. Es handele sich vom Charakter und der primären Zielsetzung her um eine nicht in der gesetzlichen Krankenversicherung verordnungsfähige medizinische Dienstleistung im Sinne eines Heilmittels, auch wenn sie überwiegend von nichtmedizinisch fachlich geschultem Personal in den Tomatis-Instituten durchgeführt werde. Bei der in E. durch eine Logopädin durchgeführten Leistung seien nach eigener rechtlicher Würdigung die Kosten u.U. von der privaten Krankenkasse zu tragen. Es fehle auch an einem personenbezogenen Leistungsangebot mit Verpflichtungserklärung im Sinne des § 75 Abs. 4 Satz 1 Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch (Sozialhilfe - SGB XII) bei einer hier fraglichen Wirtschaftlichkeit und Qualität der begehrten Leistung. Soweit im Rahmen des außergerichtlichen Vergleichs vom 26. Mai 2005 Kosten ohne Anerkennung einer Rechtspflicht übernommen worden seien, habe dies keinerlei Wirkungen - auch nicht im Rahmen einer Selbstbindung - für das vorliegende Verfahren. Nach der Einschulung der Klägerin seien andere rechtliche Grundsätze der Eingliederungshilfe maßgebend. Für die Prüfung einkommens- und vermögensabhängiger Ansprüche seien Unterlagen nicht vorgelegt worden. Es fehle im Übrigen an der erforderlichen Glaubhaftmachung der Kosten der in der Vergangenheit in Anspruch genommenen Leistungen durch Vorlage von entsprechenden Nachweisen. Mangels einer Kostenübernahme für die Therapie seien auch Nebenkosten in Form von Fahrtkosten und Kosten einer Betreuungsperson nicht zu übernehmen.

Die Klägerin hat am 27. November 2006 Klage vor dem Sozialgericht (SG) Halle erhoben und die Übernahme der Kosten der Tomatis-Therapie für mehrere Zeiträume zwischen dem 14. Oktober 2004 und dem 29. Oktober 2006 sowie der übrigen Kosten durch den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 4. November 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. November 2006 verfolgt. Sie hat behauptet, zwischen den Beteiligten sei im Jahr 2003 vereinbart worden, dass sie nicht vor Beginn einer jeden Therapie einen Antrag stellen müsse, weil das Verfahren vor dem VG Halle noch nicht abgeschlossen gewesen sei. Sie habe bisher Nachweise über die Kosten nicht eingereicht, weil es an einer Kostenübernahme dem Grunde nach fehle. Die Tomatis-Therapie sei am von Herrn K. geleiteten Tomatis-Institut in H. und nur einmal durch eine Logopädin in E. - unter Anleitung und in Absprache mit Herrn K. - erbracht worden. Die Kosten der Tomatis-Therapien in Höhe von insgesamt 12.037,15 EUR setzten sich wie folgt zusammen:

Aufenthalt

Therapiekosten

Fahrtkosten

Miete Begleitperson

Verpflegung

Begleitperson

Gesamtkosten

HH: 14.-23.10.2004

819 EUR

258,72 EUR/

1.176 km

360 EUR

73,37 EUR

1.511,09 EUR

ER: 29.1.-7.2.2005

819 EUR

730,40 EUR/

3.320 km

50,12 EUR

1.599,52 EUR

HH: 17.-26.7.2005

1.028 EUR

258,72 EUR/

1.176 km

360 EUR

108,43 EUR

1.755,15 EUR

HH: 14.-23.10.2005

1.023 EUR

258,72 EUR/

1.176 km

360 EUR

136,36 EUR

1.778,08 EUR

HH: 1.-10.2.2006

1.028 EUR

258,72 EUR/

1.176 km

360 EUR

117,82 EUR

1.764,54 EUR

HH: 24.7.-2.8.2006

1.028 EUR

258,72 EUR/

1.176 km

360 EUR

190,85 EUR

1.837,57 EUR

HH: 20.-29.10.2006

1.028 EUR

258,72 EUR/

1.176 km

360 EUR

144,48 EUR

1.791,20 EUR

Die Tomatis-Therapieaufenthalte seien erforderlich und geeignet gewesen, ihr den Schulbesuch im Rahmen ihrer allgemeinen Schulpflicht zu ermöglichen bzw. zu erleichtern; bei deren Beendigung würde sofort eine Verschlechterung der Teilhabefähigkeit am Schulleben eintreten. Die Maßnahme sei Teil eines Komplexes von Therapien und Fördermaßnahmen. Sie sei nach der Zielsetzung der Leistungserbringer keine medizinische Dienstleistung und werde nicht auf Verordnung eines Arztes oder durch besonders ärztlich ausgebildete Fachkräfte erbracht. Die Maßnahme gründe sich auf die von Frau P. im Februar 2003 ausgesprochene Empfehlung für ein auditives Hörtraining. Eine logopädische Behandlung sei nur für ihre Schwester empfohlen worden. Ihre intensiven Entwicklungsfortschritte seien mehrfach dokumentiert. Sie müsse sich nicht auf eine Ergotherapie - wobei entsprechende Maßnahmen schon durch die Mutter in Eigenregie durchgeführt würden - verweisen lassen, da diese eine andere Zielrichtung als die Tomatis-Therapie habe. Nach dem Unterricht bis täglich ca. 14 Uhr habe die Mutter bis 18 Uhr nur die vorrangig zu forcierende Krankengymnastik nach Vojta durchführen können. Für die alternativen Anwendungen habe nur das Wochenende zur Verfügung gestanden, an dem nicht auch noch Ergotherapie hätte durchgeführt werden können; die Tomatis-Therapie habe in ihren Schulferien absolviert werden müssen. Die Entscheidungsmöglichkeit habe sich hier auf Grund der Ablehnung bzw. Nichtentscheidung des Beklagten auf die in Anspruch genommenen Leistungen eingeengt, da sich die Hilfewahl im Rahmen ihres Anspruchs aus § 12 Nr. 1 Eingliederungshilfe-VO halte. Auf das fehlende Leistungsangebot könne sich der Beklagte im Nachhinein nicht mehr berufen. Der Beklagte habe mit dem Abschluss des Vergleichs vom 26. Mai 2005 die Tomatis-Therapie als heilpädagogische Maßnahme anerkannt und damit einen Vertrauenstatbestand geschaffen. Die Klägerin hat auf die sonderpädagogischen Fortschreibungsgutachten der beauftragten Förderschullehrerin G. vom 6. Juli 2006 und 28. Februar 2008 Bezug genommen, aus denen ein fortbestehender sonderpädagogischer Förderbedarf mit Schwerpunkt körperliche und motorische Entwicklung bei Schwierigkeiten u.a. im Bereich der vestibulären Wahrnehmung im Zusammenspiel zwischen Tonusregulation und Gleichgewicht (Balancieren) hervorgeht. Die Klägerin hat nach diesem Gutachten ohne Schwierigkeiten die Anforderungen der Rahmenrichtlinien der 4. Klasse erfüllt. Auffälligkeiten hätten sich im Bereich der Grob- und Feinmotorik gezeigt. Die positive Entwicklung der schulischen Leistungen, die Entwicklung im motorischen, emotionalen und im Bereich der Gesamtpersönlichkeit seien vermutlich zu einem großen Teil auf die gezielte Anwendung der alternativen Therapien zurückzuführen. Um bei der Klägerin eine weitere positive Entwicklung zu gewährleisten, solle als Förderschwerpunkt auch die Fortführung der begonnenen Therapien (Physiotherapie, Reiten, Tomatis-Therapie, Feldenkrais-/Hypnose-Therapie) im Vordergrund stehen.

Die Klägerin hat am 17. November 2006 die "Verlängerung" der Eingliederungshilfe u.a. auch im Wege der Kostenübernahme für eine Tomatis-Therapie beantragt. Der Beigeladene hat hierzu im Rahmen einer Zwischennachricht vom 26. Juli 2007 u.a. auf die noch nicht eingegangenen Entwicklungsberichte und Leistungsbeschreibungen des Tomatis-Instituts in H. verwiesen.

Unter dem 14. September 2007 hat Herr K., Tomatis-Institut H., mitgeteilt, die Tomatis-Hörkur sei geeignet, die Entwicklung der Klägerin zu fördern und zu erleichtern. Nach der dortigen Erfahrung mit vergleichbaren Fällen solle die Hörkur durchschnittlich dreimal pro Jahr mit jeweils zehn Tagen durchgeführt werden. Er schlage dazu einen Förderungszeitraum von zunächst drei Jahren vor. In seinem für beide Kinder erstellten Bericht über den Verlauf der Tomatis-Hörkur hat Herr K. unter dem 2. September 2007 mitgeteilt, Ansatz des dort durchgeführten Hörtrainings sei gewesen, über den akustischen Kanal einerseits Steuerungsfunktionen des Ohres für die Organisation von Bewegungsabläufen anzusprechen und dadurch den Weg für eine größere Sicherheit in der Raum-Zeitorientierung zu bahnen, andererseits durch Förderung der akustischen Differenzierungsfähigkeit die Vernetzung und Reifung kortikaler Teilleistungen anzuregen. Daraus entwickle sich ein verlässlicher Zugriff auf die entstandenen Teilleistungskompetenzen als Basis für die notwendige emotionale Bereitschaft, um sich dauerhaft auf Lernprozesse im Persönlichen, Sozialen und Fachlichen einzulassen. Auf Grund der unterschiedlichen Auffälligkeiten beider Kinder hätten individuelle Hörkurprogramme erstellt werden können. Dabei sei bei beiden Kindern - bei der Klägerin bei Wachstumsschüben sogar überdeutlich ausgeprägt - die Wirkkraft ihrer Behinderung phasenweise wieder stärker geworden. Gleichzeitig habe beobachtet können, dass im Kontext mit den angewandten Verfahren diese Phasen schnell hätten überbrückt werden können. Schon nach wenigen Tagen des ersten Abschnitts sei es bei der Klägerin zu einer Verbesserung im motorischen und feinmotorischen Bereich gekommen. In der Pause vor dem dritten Abschnitt seien weitere Entwicklungsschritte zu verzeichnen gewesen. Später habe sie emotional gelöster und reifer gewirkt und begonnen, ihre Grenzen auszutesten.

Der Beigeladene lehnte die Anträge der Klägerin vom 31. Januar, 20. Oktober und 16. November 2006 auf Eingliederungshilfe in Form einer Übernahme von Kosten der Tomatis-Therapien in mehreren Therapieblöcken im Namen des Beklagten mit Bescheid vom 14. November 2007 ab. Die Kostenerstattung für die Tomatis-Therapie sei ausgeschlossen, weil es am Bedarf an Eingliederungshilfe mangele und auf die bisher nicht vollständig genutzten Möglichkeiten der vorrangigen geeigneten und medizinisch notwendigen Therapien und sonstigen Leistungen der Krankenbehandlung in Kostenträgerschaft der privaten Krankenkasse verwiesen werden müsse, die als bereite Mittel zu Verfügung stünden. Der Nachrang der Sozialhilfe sei zu beachten. Die Tomatis-Therapie sei nicht als Hilfe zur angemessenen Schulbildung und/oder als Leistung der Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft, sondern als Leistung der medizinischen Rehabilitation bzw. Krankenhilfe - für die jeweils die Anspruchsvoraussetzungen nicht erfüllt seien - anzusehen. Die Klägerin hat am 28. November 2007 - entsprechend der Rechtsbehelfsbelehrung - Widerspruch gegen den Bescheid vom 14. November 2007 eingelegt und zur Begründung auf ihre Ausführungen im Klageverfahren Bezug genommen. Im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem SG hat sie die Anfechtung des Bescheides vom 14. November 2007 in den Klageantrag einbezogen.

Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Ein Antrag auf Übernahme der Kosten für die vom 13. bis zum 23. Oktober 2004 durchgeführte Tomatis-Therapie sei vor der Inanspruchnahme der Leistung nicht feststellbar. Die Kenntnis eines Bedarfs oder eine Verpflichtung zu "Alternativangeboten" für vorrangige Leistungen habe bei dem Beklagten vor dem 1. Januar 2005 nicht bestehen können. Für die Tomatis-Methode als Heilmittel oder Maßnahme der Behandlung mit psychotherapeutischem Hintergrund fehle es an einer eigenen sachlichen Zuständigkeit. Dem materiellen Anspruch stehe entgegen, dass Leistungsbeschreibungen/individuelle Therapiepläne seit 2003 ausstünden. Die Wirtschaftlichkeit und Qualität (auch der eigentliche Inhalt) der erbrachten selbst beschafften Leistungen könnten nicht beurteilt werden. In Bezug auf eine sozialhilferechtliche Bedarfslage für die streitigen Leistungen fehle es an der für einen Kostenerstattungsanspruch erforderlichen Ermessensreduzierung auf Null. Es mangele an Nachweisen, dass die mehrfach ärztlich verordneten logopädischen, psychologischen und ergotherapeutischen Betreuungen insbesondere vor der Einschulung nicht in Betracht gekommen seien. Die im Vergleichswege erfolgte Erstattung von Kosten der Tomatis-Therapie habe keine Auswirkungen auf die Notwendigkeit der hier begehrten Leistungen, da sie den Zeitraum bis zum 16. August 2004 betroffen habe und ohne Anerkennung eine Rechtspflicht erfolgt sei. Die Frage, welchen Anteil die einzelnen bei der Klägerin zur Anwendung gekommenen Maßnahmen/Therapien an ihren unzweifelhaften Entwicklungsfortschritten hätten, bleibe - schon im Hinblick auf die nicht im Einzelnen bekannten Inhalte der Maßnahmen - offen. Von einer Einheitlichkeit aller Maßnahmen auch in ihrer Fortführung könne nicht gesprochen werden. Sonderpädagogische Gutachten seien für die vorliegende Fragestellung nicht maßgebend, da diese dem Zweck der Feststellung der Notwendigkeit einer sonderpädagogischen Begleitung im Schulalltag und einer geeigneten Schulbildung dienten.

Mit Beschlüssen vom 8. November 2007 hat das Sozialgericht den Landkreis, in dem der Wohnort der Klägerin liegt, und die C. beigeladen, die keinen Antrag gestellt haben. Die C. hat ausgeführt, die streitgegenständliche Tomatis-Hörkur sei weder im Bereich Pflegeversicherung noch im Bereich Krankenversicherung eine von ihr zu erbringende vertragliche Leistung.

Das SG hat die Klage mit Urteil vom 1. Oktober 2008 abgewiesen. Die Klägerin habe keinen Anspruch auf Übernahme der Kosten der Tomatis-Therapie nach den §§ 39, 40 BSHG bzw. §§ 53, 54 SGB XII. Bei der Tomatis-Methode bzw. -Therapie handele es sich um eine Leistung zur medizinischen Rehabilitation im Sinne des § 54 Abs. 1 Satz 1 SGB XII i.V.m. § 26 Abs. 2 Nr. 1 bzw. 2 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen - SGB IX). Sie sei in der gesetzlichen Krankenversicherung nicht verordnungsfähig und damit nach § 54 Abs. 1 Satz 2 SGB XII in der Sozialhilfe ausgeschlossen, da der Gemeinsame Bundesausschuss nicht zuvor den therapeutischen Nutzen der Maßnahme anerkannt und Empfehlungen für die Sicherung der Qualität bei der Leistungserbringung abgegeben habe. Es handele sich nicht um eine Leistung zur angemessenen Schulbildung nach § 54 Abs. 1 Nr. 1 SGB XII i.V.m. § 12 Satz 1 Nr. 1 der Eingliederungshilfe-VO. Jede im konkreten Fall notwendig werdende Eingliederungshilfeleistung sei einer der in § 54 Abs. 1 SGB XII genannten Leistungsgruppen zuzuordnen. Ein Bedarf in Bezug auf eine angemessene Schulbildung könne nicht durch eine Kostenübernahme für eine - nach den diesbezüglichen Regelungen nicht zu tragende - Leistung der medizinischen Rehabilitation gedeckt werden. Nach der maßgebenden Zielsetzung der Maßnahme sei die Tomatis-Methode als Leistung der medizinischen Rehabilitation im Sinne des § 26 Abs. 2 Nr. 4 SGB IX einzustufen. Die Therapie verfolge die dort genannten Ziele "Erkennen oder Heilen einer Krankheit", "Verhüten der Krankheitsverschlimmerung", "Linderung von Krankheitsbeschwerden" und "Vermeidung, Beseitigung oder Besserung einer Behinderung" und setze dabei an der Krankheit selbst bzw. ihren Ursachen an. Die von Dr. Alfred Tomatis begründete Methode beruhe auf den dort angenommenen "Gesetzen", wonach durch eine über eine bestimmte Zeit hinweg vorgenommene Stimulation des Gehörs die Phonation dauerhaft verändert werden könne. Die Anwendung der Methode werde durch ein "elektronisches Ohr" genanntes Gerät zur akustischen Stimulation ermöglicht. Das in einem Labor aufbereitete Musikmaterial solle die verschiedenen Phasen des Hörens von seiner ursprünglichen Form der Flüssigkeitsumgebung der Gebärmutter bis zur höchsten Differenzierung im Erwachsenenalter zur Beeinflussung der drei Grundfunktionen des Ohres (Gleichgewicht, Hören und Dynamisierung) nachvollziehen und das gesamte Wahrnehmungssystem - auch die Wahrnehmungsfähigkeit des Ohres - systematisch anregen und verbessern. Einem Grundsatzgutachten von Dr. F. vom 31. Januar 1997 sei zu entnehmen, dass eine Tomatis-Therapie oftmals zu einer Besserung geführt habe, in denen sich durch eine krankengymnastische, ergotherapeutische, logopädische und psychomotorische Behandlung keine signifikante Besserung eines Beschwerdekomplexes habe erzielen lassen. Nach dem Verlaufsbericht des Tomatis-Instituts vom 2. September 2007 habe durch das durchgeführte Hörtraining die Steuerungsfähigkeit des Ohres für die Organisation von Bewegungsabläufen angesprochen und durch Förderung der akustischen Differenzierungsfähigkeit die Vernetzung und Reifung kortikaler Teilleistungen angeregt werden sollen. Im Vordergrund der Therapie hätten Verbesserungen im motorischen Bereich gestanden. Durch die Behandlung der cerebralparetischen Klägerin nach der Tomatis-Methode habe die krankheitsbedingte Behinderung selbst gebessert werden sollen; es sei nicht nur darum gegangen, die Auswirkungen der Behinderung auf die Lebensgestaltung aufzufangen oder abzumildern. Vor diesem Hintergrund trete zurück, dass es sich bei der Maßnahme um einen ganzheitlichen Ansatz handele, der auch pädagogische und psychologische Zielsetzungen verfolge, pädagogische Mittel eingesetzt würden und das Berufsbild des Behandlers nicht dem eines klassischen Heilberufes ähnele.

Die Klägerin hat gegen das ihr am 11. November 2008 zugestellte Urteil des SG am 26. November 2008 Berufung bei dem Landessozialgericht (LSG) Sachsen-Anhalt eingelegt. Sie ist der Auffassung, ihr stehe eine Kostenerstattung für die sämtlich bereits in Anspruch genommenen Leistungen zu. Im Rahmen der Einkommensteuer habe sie die Kosten nicht als außergewöhnliche Belastungen geltend gemacht. Die Unaufschiebbarkeit der Leistungsinanspruchnahme ergebe sich aus der ärztlichen Behandlungsempfehlung. Auch sei gemäß dem Wortlaut eines Schreiben des Beigeladenen vom 21. September 2004 bestätigt worden, dass es sich bei dem Antrag vom 14. September 2004 um einen Verlängerungsantrag gehandelt habe, sodass auf einen bereits bekannten Bedarf im Sinne des § 18 Satz 2 SGB XII und nicht auf eine Unaufschiebbarkeit im Sinne des § 15 Abs. 1 Satz 4 SGB IX abzustellen sei. Die Absprachen mit dem Beigeladenen für die Leistungen vor ihrer Einschulung seien auch den hier streitigen Leistungen zugrunde zu legen, sodass es keiner erneuten Antragstellung bedurft habe. Es sei zu berücksichtigen, dass sie jeweils täglich nach Vojta turne, ein 60- bis 70minütiges Hörtraining, ein visuelles Training und eine 60minütige "Pulsierende Energie-Resonanz-Therapie" (PERTH) auf sich nehme sowie jeweils einmal wöchentlich zum Arzt nach L. fahre, den Reitunterricht besuche und Manualtherapie sowie die blockweisen ganztägigen Therapien absolviere. Diese Therapien seien zwingend erforderlich, damit sie die Schule besuchen und den normalen Schulalltag bewältigen könne. Sie erhalte einen wöchentlichen 60minütigen sonderpädagogischen Förderbedarf. Sie sei gezwungen, am Tag 14 verschiedene Medikamente einzunehmen, und nicht in der Lage, ihren Schulranzen zu tragen und benötige beim Kämmen, Waschen, Toilettengang, bei der Nahrungsaufnahme und der Überwachung des Tragens der Orthesen sowie dem Orthesenwechsel ständig Hilfe ihrer Mutter oder einer Betreuungsperson. Die Tomatis-Therapie sei eine heilpädagogische Leistung zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft mit einer nichtmedizinischen Zielsetzung. Es gehe vorrangig darum, über die Musik verschiedene, jedoch nicht festgelegte Emotionen (wieder) zugänglich zu machen bzw. gleichwertig neben die aktuell vorherrschenden zu stellen. So könne die behandelte Person sämtliche einfließende Sinneseindrücke wieder unvoreingenommen mit Wert füllen und werde geistig beweglicher. Die Arbeit mit den unterschiedlichen Frequenzen erwecke Lust auf das Leben, es erwache die Kreativität und der Wille zur Kommunikation. Es sei primär um die Qualitätsschärfung, die soziale Nutzung dieser Fähigkeiten und eine ganzheitliche Persönlichkeitsentwicklung gegangen. Aus der Gesetzesbegründung zu § 55 SGB IX (Bundestags-Drucksache 14/5074) sei zu erkennen, dass der Gesetzgeber die Entwicklung geistiger, körperlicher und praktischer Kenntnisse und Fähigkeiten als Maßnahmen der sozialen - nicht der medizinischen - Rehabilitation und die Verbesserung solcher Fähigkeitsstörungen von der sozialen Rehabilitation umfasst angesehen habe. Durch die Einführung des SGB IX habe nach dem Willen des Gesetzgebers ein lückenloses Netz an Förderung für die Betroffenen geschaffen werden sollen. Der Erfolg der Tomatis-Therapie sei unstreitig. Aus jedem amtsärztlichen Gutachten gehe hervor, dass eine Fortführung der Therapie empfehlenswert sei.

Die Klägerin beantragt ausdrücklich,

die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin C.-A. Kosten für Tomatis für den Zeitraum vom 23.08.2004 bis 29.10.2006 in Höhe von 12.037,15 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 29.10.2006 zu zahlen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er hält das Urteil des SG für zutreffend. Es sei nicht nachgewiesen, dass die Therapien zwingend erforderlich gewesen seien, damit die Klägerin die Schule besuchen und den normalen Schulalltag bewältigen könne. Bei der Tomatis-Therapie handele es sich um ein Heilmittel, für das eine Kostenerstattung in der gesetzlichen Krankenversicherung auf Grund der nicht festgestellten Qualität und Wirksamkeit ausgeschlossen sei. Auch in den Ausführungen von Herrn K. unter dem 2. September 2007 sei nicht erwähnt, dass es sich bei den hier streitigen Leistungen um heilpädagogische Maßnahmen handele. Nach der Stellungnahme der Deutschen Gesellschaft für Phoniatrie und Pädaudiologie e.V. zum Hörtraining nach Tomatis seien die Wirkmechanismen des Kosmos und die Gleichsetzung von Energie und Klang ebenso wenig nachvollziehbar wie die behauptete einzigartige Bedeutung des Ohres für die kindliche Sprachentwicklung. Es sei danach nicht erwiesen, dass durch das Hören eine Wirkung auf die Körperhaltung ausgehe. Eine psychomotorische Entwicklung des Kindes oder positive Effekte - auch durch eine akustische Stimulation mit einem elektrischen Ohr - könnten daraus nicht abgeleitet werden. Die Therapie sei nutzlos und beruhe auf theoretischen Vorstellungen, die nicht nachvollziehbar und wissenschaftlich nicht haltbar seien. Es werde bestritten, dass bei der Klägerin auf Grund der Tomatis-Therapie Erfolge eingetreten seien. Selbst bei einem solchen Erfolg entspreche die Therapie hinsichtlich ihrer Qualität und Wirksamkeit nicht dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse. Auch den im Verwaltungs- bzw. Widerspruchsverfahren eingeholten Gutachten sei nicht zu entnehmen, dass die Maßnahme als notwendig und erforderlich eingestuft worden sei.

Der Senat hat mit Beschluss vom 4. März 2010 die Beiladung der C. aufgehoben.

Der verbliebene Beigeladene hat keinen Antrag gestellt.

Auf die vom Berichterstatter angeforderte Konkretisierung des Antrags der Klägerin in Bezug auf die begehrte Kostenerstattung für die sämtlich in der Vergangenheit in Anspruch genommenen Leistungen (Schreiben vom 15. Februar, 11. März 2010, Erinnerungsschreiben vom 25. Mai 2010, telefonische Sachstandsanfrage vom 2. September 2010, Schreiben vom 4. und 7. April 2011) ist am 19. August 2011 in dem die Schwester der Klägerin betreffenden Verfahren (erledigtes Verfahren L 8 SO 16/08) eine Bezifferung auch der von der Klägerin begehrten Kostenerstattung erfolgt. Am 22. August 2011 sind bei dem Gericht diverse Kopien von Rechnungen/Quittungen/Zahlungsbelegen des Tomatis-Instituts in H. bzw. E., über Miete, Lebensmittel und Gaststättenverpflegung eingegangen. Die Klägerin hat einen Bescheid vom 21. September 2010 über die Bewilligung von Leistungen der Eingliederungshilfe nach dem SGB XII in Form eines Persönlichen Budgets in Höhe von 1.280 EUR für die Mutter der Klägerin und ihrer Schwester als Integrationshelfer vorgelegt.

Im Rahmen der mündlichen Verhandlung sind die Orginale für die am 22. August 2011 vorgelegten Kopien abgeglichen und Abbuchungen anhand von Kontoauszügen kontrolliert worden. Die gesetzliche Vertreterin der Klägerin ist vom Senat zu den in Anspruch genommenen Leistungen und der steuerrechtlichen Behandlung ihres Kfz befragt worden. Wegen der Einzelheiten wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 24. August 2011 Bezug genommen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird im Übrigen auf die Gerichtsakten und die Verwaltungsakten Bd. A bis Q verwiesen, die dem Senat vorgelegen haben und Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist zulässig, aber unbegründet. Das SG hat die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen.

Die Klage ist im Wesentlichen zulässig.

In der Auslegung des Klageantrags im Sinne eines Begehrens der Klägerin, das Urteil des SG vom 1. Oktober 2008 und den Bescheid vom 4. November 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. November 2006 und den Bescheid vom 14. November 2007 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, ihr 12.037,15 EUR für Kosten der Therapieaufenthalte in H. vom 14. bis zum 23. Oktober 2004, vom 17. bis zum 26. Juli und vom 14. bis zum 23. Oktober 2005, vom 1. bis zum 10. Februar, vom 24. Juli bis zum 2. August und vom 20. bis zum 29. Oktober 2006 und in E. am 29., 30., 31. Januar und am 1., 2., 3., 4., 5., 6., 7. Februar 2005 zu erstatten, ist das Klagebegehren hinreichend konkretisiert im Sinne des § 153 Abs. 1 i.V.m. § 92 Abs. 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) in der mit Wirkung zum 1. April 2008 in Kraft getretenen Fassung des Art. 1 Nr. 15 des Gesetzes zur Änderung des SGG und des Arbeitsgerichtsgesetzes (SGGArbGGÄndG) vom 26. März 2008 (BGBl. I S. 444).

Der Senat hat hier den Bescheid vom 14. November 2007 nach § 96 Abs. 1 SGG in der am 1. April 2008 in Kraft getretenen Fassung des Art. 1 Nr. 16 SGGArbGGÄndG und nicht über die durch den Klageabweisungsantrag des Beklagten erfolgte einvernehmliche Klageänderung (§ 99 Abs. 1 und 2 SGG) in das Verfahren einbezogen. Nach Klageerhebung wird ein neuer Verwaltungsakt nur dann Gegenstand des Klageverfahrens, wenn er nach Erlass des Widerspruchsbescheides ergangen ist und den angefochtenen Verwaltungsakt abändert oder ersetzt. Diese Voraussetzungen erfüllt der Bescheid vom 14. November 2007 zumindest insoweit, als er Regelungen zu den Anträgen der Klägerin vom 31. Januar und 20. Oktober 2006 enthält, die nicht eindeutig von dem Regelungsgehalt des Widerspruchsbescheides vom 13. November 2006 abgegrenzt werden können.

Die Klage ist nicht zulässig, soweit die Klägerin Zinsen verlangt. Insoweit unterlag die Modifizierung des Begehrens im Berufungsverfahren schon nicht den Voraussetzungen der Klageänderung (§ 153 Abs. 1 i.V.m. § 99 Abs. 3 Nr. 2 SGG). Es fehlt insoweit aber bereits an einer vorausgegangenen Verwaltungsentscheidung. Auf sozialrechtliche Ansprüche findet die Reglung in § 291 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) zu den Prozesszinsen allenfalls Anwendung, soweit die Ansprüche auf einen öffentlich-rechtlichen Vertrag gestützt werden (vgl. Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 23. Juli 1992 - 7 RAr 98/90 - BSGE 71, 72, 73 f. m.w.N.; BSG, Urteil vom 23. März 2006 - B 3 KR 6/05 R - BSGE 96, 133, 136 ff. m.w.N.) Im Übrigen können Zinsen auf Sozialleistungen nur nach Maßgabe der den allgemeinen Verzugsvorschriften vorgehenden bereichsspezifischen Regelungen in § 44 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (Allgemeiner Teil - SGB I) verlangt werden. Dabei kann offen bleiben, ob die hier zunächst geltend gemachte Kostenübernahme für Therapieaufenthalte die Voraussetzungen eines Anspruchs auf Geldleistungen im Sinne dieser Vorschrift erfüllt (vgl. zu selbst beschafften Leistungen: Lilge, SGB I Kommentar, § 44 RdNr. 21). Da die abstrakte Verzinsungspflicht sich hier bereits aus der die Verwaltung bindenden Vorschrift ergibt, besteht die Notwendigkeit einer gerichtlichen Entscheidung erst dann, wenn der tatsächliche Anspruch auf Zahlung eines Geldbetrages endgültig feststeht und damit die Voraussetzungen für die Berechnung des Zinsanspruches geschaffen sind. In diesem Zusammenhang wären dann hier auch Wertungen u.a. zur Frage der Fälligkeit und des Leistungsantrags im Sinne des § 44 Abs. 1 bzw. 2 SGB I erforderlich, die durch den Senat nicht ohne Vorbefassung der Behörde getroffen werden können.

Die Klage ist, soweit diese zulässig ist, unbegründet.

Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Erstattung von 12.037,15 EUR für von ihr selbst beschaffte Leistungen. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen sie deshalb nicht in ihren Rechten (§ 54 Abs. 2 Satz 1 SGG).

Der Senat hatte dabei allein einkommens- und vermögensunabhängige Leistungen der Eingliederungshilfe zu prüfen, da die Klägerin, wie das SG zutreffend ausgeführt hat, zumindest im Rahmen des Widerspruchsverfahrens ihr Begehren dahingehend beschränkt hat.

Die Prüfung des Senats erstreckt sich hier auf Ansprüche gegen den Sozialhilfeträger nach dem SGB XII mit den hierzu ergangenen Verordnungen, ergänzt durch die Regelungen des SGB IX und des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (Gesetzliche Krankenversicherung - SGB V).

Ansprüche auf Leistungen nach dem Achtes Buch Sozialgesetzbuch (Kinder- und Jugendhilfe - SGB VIII) hat der Senat als Rechtsmittelinstanz trotz der nicht gegebenen Rechtswegzuständigkeit festzustellen (§ 17a Abs. 5 Gerichtsverfassungsgesetz (GVG)). Die Leistungen nach dem SGB VIII werden indes grundsätzlich nur auf Antrag erbracht (vgl. Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Beschluss vom 22. Mai 2008 - 5 B 130/07 - juris), der hier nicht dargelegt worden ist. Im Übrigen erbringt bei am ehesten der körperlichen Behinderung zuzuordnenden Beeinträchtigungen von jungen Menschen der - hier angegangene - Sozialhilfeträger vorrangige Hilfen zur Eingliederung (vgl. Scheider in: Schellhorn, SGB XII - Sozialhilfe Kommentar, 18. Aufl. 2010, § 53 SGB XII, RdNr. 72).

Für die vom SG vorgenommene Prüfung nach dem BSHG in Bezug auf die geltend gemachten Ansprüche, die sich auf Leistungen vom 14. Oktober bis zum 31. Dezember 2004 beziehen, ist kein Raum. Denn hier ist einem Sozialhilfeträger vor In-Kraft-Treten des SGB XII am 1. Januar 2005 (Art. 70 Abs. 1 des Gesetzes zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch, zuletzt geändert durch Gesetz vom 9. Dezember 2004, BGBl. I 3305) ein vor diesem Zeitpunkt entstandener Bedarf nicht zur Kenntnis gegeben worden. Für die vor dem 1. Januar 2005 dem Sozialhilfeträger zur Kenntnis gebrachte Behandlung ab Januar 2005 wäre von vornherein nur eine Bewilligung auf der Grundlage des SGB XII in Betracht gekommen. Auch nach allgemeinen Grundsätzen ist eine Änderung der Rechtslage zumindest für den Zeitraum bis zur Entscheidung über den Widerspruch zu berücksichtigen, wenn - wie hier - keine einschlägigen Übergangsvorschriften Abweichendes regeln und das neue Recht sich nach seinem zeitlichen Geltungswillen auf den Sachverhalt erstreckt (vgl. §§ 130 ff. SGB XII; allgemein zu Rechtsänderungen: BSG, Urteil vom 11. März 1987 - 10 RAr 5/85 - BSGE 61, 203, 205 f.; für das SGB XII: SG Hamburg, Gerichtsbescheid vom 14. November 2006 - S 56 SO 187/06 - juris). Etwas anderes gilt z.B. dann, wenn unter Geltung des neuen Rechts über die Änderung einer bereits erfolgten Bewilligung gestritten wird. Das ist vorliegend nicht der Fall, weil eine Bewilligung von Leistungen in einem Tomatis-Institut zu keinem Zeitpunkt erfolgt war. Die im Rahmen des Vergleichs vom 26. Mai 2005 zur Beendigung des Verfahrens vor dem OVG Sachsen-Anhalt ohne Anerkennung einer Rechtspflicht übernommene Zahlungsverpflichtung stellt keine Bewilligung dar, an die die Klägerin für spätere Ansprüche hätte anknüpfen können.

Grundsätzlich prüft der Sozialhilfeträger unter allen in Betracht kommenden rechtlichen Gesichtspunkten, welche einzelnen Hilfen zur Beseitigung einer gegebenen Notlage in Betracht kommen, ohne dabei an bestimmte Anträge gebunden zu sein (vgl. für das BSHG: BVerwG, Urteil vom 19. Januar 1972 - V C 10.71 - BVerwGE 39, 261, 265).

Eine Eingrenzung auf bestimmte Rechtsnormen kann von dem Berechtigten im Regelfall nicht vorgenommen werden (vgl. BSG, Urteil vom 12. November 2003 - B 3 KR 39/02 R - SozR 4-5425 § 24 Nr. 1, RdNr. 4). Anders verhält es sich aber bei materiell voneinander abgrenzbaren Rechtspositionen (vgl. für die Erstausstattung einer Wohnung: BSG, Urteil vom 13. April 2011 - B 14 AS 53/10 R - juris). Im vorliegenden Fall ergibt sich die Möglichkeit der Abgrenzung insbesondere unter Berücksichtigung des Verfassungsrechts. Einerseits ergibt sich ein möglichst weitgehender Anspruch auf Teilhabe insbesondere für Kinder auch aus dem staatlichen Schutzauftrag in Art. 6 Abs. 2 Satz 2 Grundgesetz (GG), andererseits beschränkt das Recht auf informationelle Selbstbestimmung (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG, vgl. hierzu grundlegend Bundesverfassungsgericht (BVerfG), Urteil vom 15. Dezember 1983 - u.a. 1 BvR 209/83 - BVerfGE 65, 1 ff.) die Verpflichtung zur Offenlegung von Einkommens- und Vermögensverhältnissen.

Es ist daher auszuschließen, dass nicht einkommens- und vermögensabhängige Leistungen der Eingliederungshilfe vom Berechtigten nicht in Anspruch genommen werden, um einer Offenlegung der Einkommens- und Vermögenssituation zu entgehen. Daraus ergibt sich auch, dass nicht vom Einkommen und Vermögen abhängende Leistungen vom Sozialhilfeträger nicht unter dem Gesichtspunkt der fehlenden Mitwirkung versagt werden können, weil die Einkommens- und Vermögensverhältnisse, die für entsprechende Leistungen nach auch in Betracht kommenden Rechtsgrundlagen zu prüfen wären, nicht glaubhaft gemacht worden sind. Hier ergibt sich damit ein berechtigtes und schutzwürdiges Interesse der Klägerin auf Eingrenzung des Prüfungsumfangs auf solche Leistungen, die eine Offenlegung ihrer Einkommens- und Vermögensverhältnisse und derjenigen ihrer Eltern nicht erfordern. Ihre gesetzliche Vertreterin hat die Offenlegung während des Verwaltungs- und Vorverfahrens endgültig abgelehnt. Daran ändert es nichts, dass sie sich vorbehalten hat, nach gerichtlicher Prüfung von nicht einkommens- und vermögensabhängigen Leistungen später auch nicht diesen Beschränkungen unterliegende Leistungen geltend zu machen.

Unter Berücksichtigung der vorgenannten Erwägungen war hier nur ein Anspruch der Klägerin auf Hilfen zu einer angemessenen Schulbildung (§ 54 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. § 92 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SGB XII) und Leistungen zur medizinischen Rehabilitation (§ 54 Abs. 1 i.V.m. § 92 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 SGB XII und § 26 SGB IX) zu prüfen.

Eingliederungshilfe wird nach § 19 Abs. 3 SGB XII nach dem Sechsten Kapitel des SGB XII geleistet, soweit dem minderjährigen und unverheirateten Leistungsberechtigten und seinen Eltern oder einem Elternteil die Aufbringung der Mittel aus dem Einkommen und Vermögen nach den Vorschriften des Elften Kapitels des SGB XII nicht zuzumuten ist. Dabei ergeben sich auf den Einzelfall beziehende Beschränkungen der Einkommensanrechung bzw. der Berücksichtigung von Vermögen aus §§ 85 ff. SGB XII bzw. § 90 SGB XII. Demgegenüber ergibt sich aus § 92 Abs. 2 Satz 1 und 2 SGB XII eine an der Leistungsart ansetzende Beschränkung der Aufbringung der Mittel durch den Leistungsberechtigten bzw. seine Eltern nur für die Kosten des Lebensunterhalts bei heilpädagogischen Maßnahmen für Kinder, die noch nicht eingeschult sind (Nr. 1), bei der Hilfe zu einer angemessenen Schulbildung einschließlich der Vorbereitung hierzu (Nr. 2), bei der Hilfe, die dem behinderten noch nicht eingeschulten Menschen die für ihn erreichbare Teilnahme am Leben in der Gemeinschaft ermöglichen soll (Nr. 3), bei der Hilfe zur schulischen Ausbildung für einen angemessenen Beruf oder zur Ausbildung für eine sonstige angemessene Tätigkeit, wenn die hierzu erforderlichen Leistungen in besonderen Einrichtungen für behinderte Menschen erbracht werden (Nr. 4), bei Leistungen zur medizinischen Rehabilitation (§ 26 SGB IX) (Nr. 5), bei Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben (§ 33 SGB IX) (Nr. 6), bei Leistungen in anerkannten Werkstätten für behinderte Menschen nach § 41 SGB IX und in vergleichbaren sonstigen Beschäftigungsfällen - § 56 SGB XII - (Nr. 7) und bei Hilfen zum Erwerb praktischer Kenntnisse und Fähigkeiten, die erforderlich und geeignet sind, behinderten Menschen die für sie erreichbare Teilhabe am Arbeitsplatz zu ermöglichen, soweit diese Hilfen in besonderen teilstationären Einrichtungen für behinderte Menschen erbracht werden (Nr. 8).

Für die hier begehrte Erstattung für Leistungen ab Oktober 2004 sind die vorgenannten Regelungen in Nr. 1 und Nr. 3 nicht einschlägig, weil die Klägerin im August 2004 in einer Grundschule eingeschult wurde. Die hier streitigen Leistungen wurden auch nicht in einer Werkstatt für behinderte Menschen (Nr. 7) oder einer besonderen (teilstationären) Einrichtung für behinderte Menschen (Nr. 4, Nr. 8) erbracht. Besondere Einrichtungen für behinderte Menschen sind nur solche, die ausschließlich diesem Personenkreis offen stehen; das ist für die hier geltend gemachten Leistungen in Tomatis-Instituten nicht erkennbar. Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben (Nr. 6) im Sinne des § 33 SGB IX sind nur solche mit einem konkreten beruflichen Bezug (BSG, Urteil vom 15. Juni 1976 - 7 RAr 143/74 - BSGE 42, 70, 71), der bei den hier streitigen Leistungen nicht erkennbar ist.

Einem Anspruch der Klägerin auf Kostenerstattung für die von ihr selbst beschafften Leistungen als Hilfen zu einer angemessenen Schulbildung oder zur medizinischen Rehabilitation steht bereits entgegen, dass die hierfür nach § 15 Abs. 1 SGB IX erforderlichen Voraussetzungen nicht erfüllt sind.

Nach § 53 Abs. 4 Satz 1 SGB XII gelten für die Leistungen der Teilhabe die Vorschriften des SGB IX, soweit sich aus dem SGB XII und den auf Grund dieses Buches erlassenen Rechtsverordnungen nichts anderes ergibt. Leistungen der Teilhabe in diesem Sinne sind nach § 29 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. b SGB I auch die zu den "Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft" gehörenden Hilfen zur angemessenen Schulbildung. Damit gilt für diese Hilfen wie für die Leistungen zur medizinischen Rehabilitation jeweils u.a. § 15 SGB IX.

Gemäß § 15 Abs. 1 Satz 4 und 5 SGB IX besteht eine Erstattungspflicht des Sozialhilfeträgers, wenn er eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen kann oder eine Leistung zu Unrecht abgelehnt hat. Diese Regelung ist § 13 Abs. 3 Satz 1 SGB V nachgebildet, sodass die hierzu von der Rechtsprechung konkretisierten Grundsätze im Wesentlichen übertragbar sind (vgl. BSG, Urteil vom 20. Oktober 2009 - B 5 R 5/07 R - SozR 4-3250 § 14 Nr. 8 , RdNr. 22). Eine abstrakte Klärung bestimmter Voraussetzungen eines Kostenerstattungsanspruchs durch einen Sozialhilfeträger findet nicht statt (vgl. BSG, Urteil vom 16. Februar 2005 - B 1 KR 18/03 R - BSGE 94, 161 ff., RdNr. 9; BSG, Urteil vom 18. Juli 2006 - B 1 KR 24/05 R - BSGE 97, 6 ff., RdNr. 22). Vielmehr kommt es insbesondere auf die zivilrechtliche Durchsetzbarkeit der Ansprüche an. Voraussetzung für die Kostenerstattung sind damit auch ordnungsgemäße Rechnungen und Zahlungsnachweise, sodass z.B. auch die mögliche Verjährung von Forderungen ausgeschlossen werden kann (vgl. BSG, Urteil vom 18. Juli 2006 a.a.O., RdNr. 24; LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 13. März 2009 - L 1 KR 1170/05 - juris).

In Bezug auf die reinen Behandlungskosten in Höhe von 6.778 EUR ist für den Senat hinreichend erkennbar, dass die Klägerin von Kosten, zu deren Erstattung der Beklagte hier hat verurteilt werden sollen, finanziell betroffen ist. Für die Therapieaufenthalte in H. ergibt sich das wie folgt: Rechnungen des Tomatis-Instituts vom 23. Oktober 2004 für Leistungen vom 14. bis zum 23. Oktober 2004 in Höhe von 819 EUR, vom 26. Juli 2005 für Leistungen vom 17. bis zum 26. Juli 2005 in Höhe von 1.028 EUR, vom 18. Oktober 2005 für Leistungen vom 14. bis zum 23. Oktober 2005 in Höhe von 1.028 EUR, vom 10. Februar 2006 für Leistungen vom 1. bis zum 10. Februar 2006 in Höhe von 1.028 EUR, vom 2. August 2006 für Leistungen vom 24. Juli bis zum 2. August 2006 in Höhe von 1.028 EUR sowie vom 10. November 2006 für Leistungen vom 20. bis zum 29. Oktober 2006 in Höhe von 1.028 EUR. Für die Therapietermine in E. am 29., 30., 31. Januar und 1., 2., 3., 4., 5., 6. und 7. Februar 2005 sind mit Rechnung vom 24. Februar 2005 im Rahmen von "Sonderkonditionen" 1.599 EUR, davon für das erste Kind 819 EUR, gefordert worden. Der Senat hat sich in der mündlichen Verhandlung von Zahlungen, welche die vorgenannten Rechnungsforderungen abdecken (überwiegend durch Abbuchung von dem Oder-Konto der gesetzlichen Vertreterin und des Vaters der Klägerin) überzeugt.

Für die weiteren im Verfahren geltend gemachten Erstattungsforderungen sind von ersparten Kosten des häuslichen Lebensunterhalts im Sinne des § 92 Abs. 2 Satz 1 SGB XII abgrenzbare Belastungen der Klägerin nicht dargetan worden.

Die Verpflegungs- und Unterkunftskosten ("Miete") können hier bereits nicht bestimmten Personen zugeordnet werden. Da z.B. im Rahmen von Geschäftsessen solche Zuordnungen üblich sind und die Klägerin von vornherein wusste, dass sie sich die Aufwendungen erstatten lassen wollte, sind insoweit auch keine geringeren Anforderungen zu stellen.

Auch in Bezug auf die geltend gemachten Fahrtkosten vermag der Senat der Klägerin zuzuordnende Kosten nicht festzustellen. Bei dem Pkw, mit dem die Fahrten hier unternommen wurden, handelt es sich nach den Ausführungen ihrer gesetzlichen Vertreterin in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat um ein Fahrzeug, dessen Kosten nach der "1%-Regelung" den Privatentnahmen zugeordnet werden. Die Tankquittungen seien bereits dem Finanzamt vorgelegt worden. Vor dem Hintergrund der Erklärung der gesetzlichen Vertreterin der Klägerin im Erörterungstermin am 23. Februar 2010 kann diese Vorlage nur zum Nachweis von betrieblichen Ausgaben im Rahmen der selbstständigen Erwerbstätigkeit erfolgt sein.

Nach den insoweit maßgebenden Regelungen zur Gewinnermittlung in den §§ 4 ff. Einkommensteuergesetz (EStG) zur Feststellung von Einkünften bei Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb und selbstständiger Arbeit (§ 2 Abs. 2 Satz 1 EStG) ist als Entnahme des Steuerpflichtigen für sich, für seinen Haushalt oder betriebsfremde Zwecke die private Nutzung eines Kfz, das zu mehr als 50 Prozent betrieblich genutzt wird, für jeden Kalendermonat mit einem Prozent des inländischen Listenpreises im Zeitpunkt der Erstzulassung zuzüglich der Kosten für Sonderausstattung einschließlich der Umsatzsteuer anzusetzen (§ 4 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 1 und 2 EStG). Unter bestimmten Voraussetzungen wird darüber hinaus ein nach der Entfernung zwischen Wohnung und Betriebsstätte sowie für Familienheimfahrten festgelegter Pauschalbetrag berücksichtigt (§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 Satz 3 EStG). Da der als Entnahme der gesetzlichen Vertreterin zu berücksichtigende Betrag nicht durch ihrem Haushalt (der Familie) dienende Fahrten im Einzelnen beeinflusst werden kann und kein Bezug der Klägerin selbst zur Gewinnermittlung nach den §§ 4 ff. EStG besteht, ist nicht erkennbar, dass die Klägerin hier durch Fahrtkosten für die Therapieaufenthalte in H. und die Therapien in E. belastet ist. Soweit nach der Regelung in § 22 Eingliederungshilfe-VO auch die Fahrtkosten einer Begleitperson dem Bedarf des behinderten Menschen zugerechnet werden, ist ebenfalls nicht erkennbar, dass für die jeweils die Klägerin und ihre Schwester betreffenden Fahrten über den Wert der Entnahme im Sinne des § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 1 und 2 EStG hinausgehende besondere Kosten entstanden sind, die ggf. dann durch eine pauschalierende Regelung abgegolten werden könnten.

Von dem Therapieaufenthalt in H. vom 14. bis zum 23. Oktober 2004 hatte kein Sozialhilfeträger vor dessen Beginn am 14. Oktober 2004 Kenntnis, sodass es insoweit bereits an der erforderlichen Befassung der Behörde vor Inanspruchnahme der Leistung fehlt (vgl. zu § 13 SGB V: Noftz in: Hauck/Noftz, § 13 SGB V RdNr. 50 und 54 m.w.N.). Die Sozialhilfe ist zwar keine von einem Antrag abhängige Sozialleistung. Eine Bewilligung von Amts wegen erfolgt aber nur ab Kenntnis von einem Bedarf des örtlich und sachlich zuständigen Trägers oder einer von ihm beauftragten Stelle (vgl. für so schon für das BSHG: BVerwG, Urteil vom 9. Februar 1984 - 5 C 22.83 - BVerwGE 69, 5 ff.; für das SGB XII: Grube in: Grube/Wahrendorf, SGB XII Kommentar, 3. Aufl. 2010, Einl. RdNr. 77 m.w.N.). Auch Anhaltspunkte für einen dem Sozialhilfeträger erkennbar gewordenen Bedarf im Oktober 2004 sind hier nicht ersichtlich. Soweit die Klägerin ausgeführt hat, aus dem Verhalten des Beigeladenen in dem ersten Verfahren vor dem VG abgeleitet zu haben, zukünftig Anträge für einzelne Therapieaufenthalte nicht mehr stellen zu müssen, hätte dies eine ihr Anliegen stützende rechtliche Bedeutung nur im Zusammenhang mit einer Zusicherung der künftigen Leistungsbewilligung. Umstände, die eine - schriftlich zu erteilende - Zusicherung nahe legen könnten, sind indes hier nicht erkennbar. Vielmehr musste der Klägerin, die auch im Verfahren vor dem VG durch eine Juristin gesetzlich und anwaltlich vertreten war, klar sein, dass mit der Rücknahme der Nichtzulassungsbeschwerde vor dem OVG das klageabweisende erstinstanzliche Urteil des VG vom 16. Juni 2004 in dem Verfahren 4 A 346/HAL rechtskräftig wurde. Auch eine die Rechtslage nach Einschulung betreffende Erklärung des Beigeladenen oder des Beklagten, aus der die Klägerin eine Zusicherung hätte ableiten können, ist nicht erkennbar. Dass sie selbst ihre Anträge als "Verlängerungsanträge" bezeichnet hat, hat keine Auswirkungen auf die Anspruchsvoraussetzungen.

Für die ab Januar 2005 wahrgenommenen Therapieaufenthalte ist eine telefonische oder schriftliche Information des Beigeladenen kurz vor Beginn des jeweiligen Aufenthaltes aktenkundig geworden. Eine Verbescheidung fand jedoch jeweils vor Beginn der Leistung nicht statt, sodass es auch insoweit bereits nach dem zeitlichen Ablauf an einer zu Unrecht erfolgten Ablehnung vor der Leistung fehlt. Die besonderen Regelungen zum Anspruch auf Erstattung von "erforderlichen Leistungen" bei nicht fristgerechter Entscheidung des Rehabilitationsträgers, § 15 Abs. 1 Satz 3 SGB IX, gelten nicht für die Träger der Sozialhilfe (§ 15 Abs. 1 Satz 5 SGB IX).

Auch die Anspruchsvoraussetzungen für die konkreten Leistungen ("Tomatis-Therapie") liegen nicht vor.

Sachlich und örtlich zuständig für Leistungen der Eingliederungshilfe für behinderte Menschen ist hier der Beklagte (§ 97 Abs. 2 Satz 1 SGB XII i.V.m. § 3 Nr. 1 des Gesetzes zur Ausführung des SGB XII - Sozialhilfe - AG SGB XII - vom 11. Januar 2005, GVBl. LSA 2005, S. 8; § 98 Abs. 1 Satz 1 SGB XII).

Leistungen der Eingliederungshilfe erhalten nach § 53 Abs. 1 Satz 1 SGB XII Personen, die durch eine Behinderung im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX wesentlich in ihrer Fähigkeit, an der Gesellschaft teilzuhaben, eingeschränkt oder von einer solchen wesentlichen Behinderung bedroht sind, wenn und solange nach der Besonderheit des Einzelfalles, insbesondere nach Art oder Schwere der Behinderung, Aussicht besteht, dass die Aufgabe der Eingliederungshilfe erfüllt werden kann. Nach § 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX sind Menschen behindert, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft beeinträchtigt ist. Insbesondere die körperliche Funktion des Stehens wich auch im hier maßgebenden Zeitraum nach ihrer Einschulung bei der Klägerin auf Grund der Innenrotationsstellung der Beine von dem typischen Zustand eines Schulkindes zumindest bis zu einer operativen Intervention dauerhaft ab. Nach § 1 Nr. 1 der auf der Grundlage von § 60 SGB XII erlassenen Eingliederungshilfe-VO sind Personen im Sinne des § 53 Abs. 1 Satz 1 SGB XII auch wesentlich in ihrer Teilhabefähigkeit eingeschränkt, deren Bewegungsfähigkeit durch eine Beeinträchtigung des Stütz- oder Bewegungssystems eingeschränkt ist. Da die Klägerin sich auf Grund der bei ihr bestehenden beinbetonten Diparese teilweise nur mit erheblicher Anstrengung im Stehen halten konnte, sind diese Voraussetzungen erfüllt.

Leistungen der Eingliederungshilfe sind nach § 54 Abs. 1 Satz 1 SGB XII u.a. die in § 26 SGB IX geregelten Leistungen zur medizinischen Rehabilitation. Diese Leistungen umfassen u.a. Heilmittel einschließlich physikalischer, Sprach- und Beschäftigungstherapie (Absatz 2 Nr. 4) einschließlich medizinischer, psychologischer und pädagogischer Hilfen, soweit diese Leistungen im Einzelfall erforderlich sind, insbesondere um im Sinne des Absatzes 1 Nr. 1 der Vorschrift Behinderungen einschließlich chronischer Krankheiten abzuwenden, zu beseitigen, zu mindern, auszugleichen oder eine Verschlimmerung zu verhüten, diese Ziele zu sichern und Krankheitsfolgen zu vermeiden, zu überwinden, zu mindern oder ihre Verschlimmerung zu verhüten (Absatz 3). Die Leistungen der medizinischen Rehabilitation entsprechen nach § 54 Abs. 1 Satz 2 SGB XII dabei den Rehabilitationsleistungen der gesetzlichen Krankenversicherung.

Die Leistungsvoraussetzungen der gesetzlichen Krankenversicherung für die medizinische Rehabilitation sind hier nicht erfüllt.

Maßgebend sind dabei die Bedingungen der durchgeführten Therapie im Einzelfall. Hierzu lässt sich weder dem Kostenplan und der Stellungnahme von Herrn K. für das Tomatis-Institut in H. von September 2007 noch den Ausführungen der Klägerin mit hinreichender Klarheit der Leistungsinhalt entnehmen. Ausweislich des Verlaufsberichts von Herrn K. vom 2. September 2007 sollten mittels eines Hörtrainings über den akustischen Kanal Steuerungsfunktionen des Ohres für die Organisation von Bewegungsabläufen angesprochen, dadurch der Weg für eine größere Sicherheit in der Raum-Zeitorientierung gebahnt und durch Förderung der akustischen Differenzierungsfähigkeit die Vernetzung und Reifung kortikaler Teilleistungen angeregt werden. Durch diese Ausführungen wird die vorgenommene Therapie nicht verständlicher.

Für den Senat steht fest, dass es sich bei den Tomatis-Instituten nicht um zugelassene Leistungserbringer der Rehabilitation handelt. Reicht eine ambulante Krankenbehandlung nicht aus, um die in § 11 Abs. 2 SGB V beschriebenen Ziele zu erreichen, werden nach § 40 Abs. 1 Satz 1 und 2 SGB V in der vom 1. Januar 2004 bis 31. März 2007 geltenden Fassung aus medizinischen Gründen erforderliche ambulante Rehabilitationsleistungen in Rehabilitationseinrichtungen, für die ein Versorgungsvertrag nach § 111 SGB V besteht, oder soweit dies für eine bedarfsgerechte, leistungsfähige und wirtschaftliche Versorgung der Versicherten mit medizinischen Leistungen ambulanter Rehabilitation erforderlich ist, in wohnortnahen Einrichtungen erbracht. Reicht die Rehabilitation im Sinne des § 40 Abs. 1 SGB V nicht aus, werden Leistungen der stationären Rehabilitation mit Unterkunft und Verpflegung in einer Rehabilitationseinrichtung erbracht, mit der ein Vertrag nach 111 SGB V besteht, § 40 Abs. 2 Satz 1 und 2 SGB V. Die Tomatis-Institute sind keine Vertragseinrichtungen im Sinne des § 111 SGB V.

Leistungen nach § 40 Abs. 1 und 2 SGB V können im Übrigen nach § 40 Abs. 3 Satz 4 SGB V nicht vor Ablauf von vier Jahren nach Durchführung solcher oder ähnlicher Leistungen erbracht werden, deren Kosten auf Grund öffentlich-rechtlicher Vorschriften getragen und bezuschusst worden sind, es sei denn, eine vorzeitige Leistung ist aus medizinischen Gründen dringend erforderlich. Die Klägerin hat mehrfach seit dem Jahr 2002 zumindest der Rehabilitation ähnliche Leistungen zu Lasten der Sozialhilfe in Anspruch genommen, sodass eine erneute Bewilligung die dringende Erforderlichkeit aus medizinischen Gründen vorausgesetzt hätte. Dafür bestehen hier keine Anhaltspunkte. Von Seiten der Amtsärztin sind hier stets ambulante Leistungen durch anerkannte Leistungserbringer empfohlen worden.

Durch die Verweisung von § 54 Abs. 1 Satz 2 SGB XII auf § 26 SGB IX sind auch solche Leistungen als medizinische Rehabilitation erfasst, die in der gesetzlichen Krankenversicherung nicht als solche bezeichnet sind, insbesondere Heilmittel (vgl. z.B. Wahrendorf in: Grube/Wahrendorf, a.a.O., § 54 RdNr. 9). Nach § 54 Abs. 1 Satz 2 SGB V entsprechen aber auch insoweit diese Leistungen denen des SGB V. Damit scheitert ein Anspruch der Klägerin hier sowohl an der fehlenden Qualitätssicherung nach § 124 Abs. 1 SGB V in Bezug auf das Tomatis-Institut als Leistungserbringer als auch an einer nicht vorhandenen Empfehlung des Gemeinsamen Bundesausschusses im Sinne des § 138 SGB V, wie es das SG - ausgehend von der "Tomatis-Methode" - zutreffend festgestellt hat.

Leistungen der Eingliederungshilfe sind nach § 54 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB XII Hilfen zu einer angemessenen Schulbildung, insbesondere im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht und zum Besuch weiterführender Schulen einschließlich der Vorbereitung hierzu; die Bestimmungen über die Ermöglichung der Schulpflicht bleiben unberührt. Nach § 12 Eingliederungshilfe-VO umfasst die Hilfe zu einer angemessenen Schulbildung auch heilpädagogische sowie sonstige Maßnahmen zugunsten körperlich und geistig behinderter Kinder und Jugendlicher, wenn die Maßnahmen erforderlich und geeignet sind, dem behinderten Menschen den Schulbesuch im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht zu ermöglichen oder zu erleichtern (Nr. 1), Maßnahmen der Schulbildung zugunsten körperlich und geistig behinderter Kinder und Jugendlicher, wenn die Maßnahmen erforderlich und geeignet sind, dem behinderten Menschen eine im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht üblicherweise erreichbare Bildung zu ermöglichen (Nr. 2) und Hilfe zum Besuch bestimmter weiterführender Schulen (Nr. 3).

Der Senat folgt der höchstrichterlichen Rechtsprechung, dass für Leistungen mit einem Krankheitsbezug als solchen für eine angemessene Schulbildung nicht grundsätzlich die (hohen) abstrakten Qualitätskriterien der Anerkennung der maßgebenden Ausschüsse des SGB V zugrunde zu legen sind. Der Rechtsprechung des BVerwG (vgl. Urteil vom 30. Mai 2002 - 5 C 36.01 - NVwZ 2003, 43, 44) ist für die heilpädagogischen Maßnahmen zu entnehmen, dass die hohen Hürden der wissenschaftlichen Anerkennung einer Maßnahme nicht ohne Einzelfallprüfung auf die Prüfung der Eingliederungshilfe für eine angemessene Schulbildung übertragen werden können. Die Regelungen im Recht der gesetzlichen Krankenversicherung sind auch dem Umstand geschuldet, dass der Leistungserbringer für anerkannte Maßnahmen den Kostenträger belasten kann, ohne dass dieser im Regelfall die Möglichkeit einer Einzelfallprüfung hat. Das BVerwG hat inzwischen klargestellt, dass mit der vorgenannten Entscheidung keine Leistungspflicht des Sozialhilfeträgers festgelegt, sondern der Maßstab der Einzelfallprüfung konkretisiert werden sollte (vgl. BVerwG, Beschluss vom 29. Januar 2010 - 5 B 23/09 - juris). Das BSG hat für die Sozialhilfe unter Geltung des SGB XII keine hiervon abweichenden Anforderungen formuliert (vgl. BSG, Urteil vom 29. September 2009 - B 8 SO 19/08 R – SozR 4-3500 § 54 Nr. 6, RdNr. 18 ff.).

Selbst im Rahmen der insoweit möglichen Auffangfunktion der Eingliederungshilfe in Form der Hilfe zur angemessenen Schulbildung kann aber nicht außer Acht gelassen werden, ob eine Maßnahme überhaupt einen Bezug zu Defiziten in der Schulfähigkeit aufweist, zu deren Beseitigung oder Abmilderung die zu prüfenden Maßnahmen dann geeignet und erforderlich sein müssen.

Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus den Wunsch- und Wahlrechten des Leistungsberechtigten nach § 9 SGB IX, da bei der Ausführung von Leistungen zur Teilhabe nur berechtigten Wünschen zu entsprechen ist (§ 9 Abs. 1 Satz 1 SGB IX). Wird von vornherein eine Kostenerstattung angestrebt, müssen die Leistungen in diesem Rahmen auch nach § 9 Abs. 2 Satz 1 SGB IX voraussichtlich bei gleicher Wirksamkeit mindestens gleichwertig ausgeführt werden. Für die Beurteilung der Wirksamkeit stellen die Leistungsberechtigten dem Rehabilitationsträger geeignete Unterlagen zur Verfügung (§ 9 Abs. 2 Satz 2 SGB IX). Aus dem Verwaltungs- bzw. Vorverfahren liegen nur Veröffentlichungen zur "Tomatis-Methode" vor, die keinen Bezug zu der konkret bei der Klägerin durchzuführenden Therapie haben.

Es kann offen bleiben, ob die im Rahmen des erstinstanzlichen Verfahrens im September 2007 erstellten Unterlagen von Herrn K. für eine Beurteilung der Wirksamkeit der am Tomatis-Institut erbrachten Leistungen geeignet sind. Für die in E. durchgeführte Therapie dürften diese Unterlagen in Bezug genommen werden können, da die Therapie dort in Verantwortung von Herrn K. erfolgte. Es ist nicht erkennbar, dass die am Tomatis-Institut in H. bzw. E. durchgeführten Therapien geeignet waren, die Aufnahme von bestimmten schulischen Lerninhalten durch die Klägerin zu fördern oder zu erleichtern. Dabei ergeben sich hier Bedenken im Hinblick sowohl auf die abstrakte Therapie als auch auf die hinreichend nachgewiesene Qualifizierung des Leistungserbringers.

Ein Indiz für die Wirksamkeit wäre insbesondere die Anerkennung einer Maßnahme nach dem Recht der gesetzlichen Krankenversicherung, die hier für die Tomatis-Therapie fehlt.

Die positiven Bewertungen für die "Tomatis-Methode" sind dem Bereich der Werbung des Tomatis-Instituts in H. als Anbieter der Therapien bzw. dem Begründer der Methode oder dessen Schülern bzw. Schülerinnen zuzuordnen: "Das Ohr des Kindes als auditiv-integratives Organ" von Prof. Dr. Alfred Tomatis, übersetzt durch J. K., Tomatis-Institut in H., Sonderdruck aus Sozialpädiatrie Heft 11/12 1997, Bl. 389 ff. Bd. D der Verwaltungsakten, Prof. Dr. Alfred Tomatis, Kalnwelt im Mutterleib, Bl. 376 ff. Bd. B der Verwaltungsakten und Dr. I. F., Zentrum für Kindesentwicklung in H., "Grundsatzgutachten" vom 31. Januar 1997, Bl. 228 ff. Bd. A der Verwaltungsakten. Die Abhandlung von Chukow, Gérard Depardieu, Vom Straßenkind zum Superstar, Bl. 383 ff. Bd. B der Verwaltungsakten, ist im Wesentlichen eine Biografie des Schauspielers.

Nach den nicht dem Leistungsanbieterbereich zuzuordnenden Veröffentlichungen von Dr. S., Tomatis-Therapie - Was ist dran an dieser Hörkur, Pädiatrie Hautnah 2000, 408 ff. (S. 410), Bl. 469 ff. der Verwaltungsakte, handelt es sich bei der Tomatis-Methode um eine wissenschaftlich nicht nachvollziehbare Methode, für die auch der Versuch eines Nachweises der Wirksamkeit durch die Verfechter nicht unternommen worden sei. Nach dem Konsensus-Papier der Deutschen Gesellschaft für Phoniatrie und Pädaudiologie e.V. zum "Hörtraining" nach Tomatis und zur "Klangtherapie" (S. 2 und 4), Bl. 471 ff. Bd. B der Verwaltungsakten, sind die Vorstellungen von Tomatis über die Wirkmechanismen des Kosmos und die Gleichstellung von Energie und Klang ebenso wenig nachvollziehbar wie die behauptete einzigartige Bedeutung des - insbesondere rechten - Ohres für die kindliche Sprachentwicklung. Auch die Annahme, dass bei Vertikalisierung des kindlichen Körpers Klangenergien besser wirksam sein könnten, erscheine eher mystisch. Die postulierten Auswirkungen auf die motorische und sprachliche Entwicklung seien eher spekulativ. Akustische Stimulationen mit einem "elektronischen Ohr" entbehrten jeglicher Hinweise auf mögliche positive Effekte und seien daher nicht zielführend und nutzlos. Das Hörtraining sei daher in seiner Gesamtheit nicht zu empfehlen.

Eine Auswertung sämtlicher auch außerhalb Deutschlands erschienener Veröffentlichungen, insbesondere unter Berücksichtigung der Zugehörigigkeit des jeweiligen Verfassers zu einer bestimmten Interessengruppe, kann im vorliegenden Zusammenhang nicht erfolgen. Anhaltspunkte dafür, dass der Schulerfolg regelmäßig durch die in H. bzw. E. durchgeführten Therapien gefördert würde, sind nach den verfügbaren Informationsquellen nicht erkennbar. In Bezug auf die Stellungnahmen der Lehrer der im September 2006 als staatlich Ersatzschule anerkannten Grundschule "M. L." wird so überdeutlich ein kausaler Zusammenhang zwischen den Therapieaufenthalten der Klägerin und ihren Leistungsfortschritten dargestellt, dass die Angaben in den Fortschreibungsgutachten nicht verwertbar sind. Die dort bezeichneten Fortschritte fallen jeweils mit der Rückkehr der Klägerin aus den Schulferien zusammen und können damit ebensogut in zeitlicher Hinsicht zugeordnet werden. Schon Dr. W. hat hervorgehoben, dass die Klägerin nicht überfordert werden solle. Die nach den Schulferien beschriebenen Verbesserungen lassen sich damit auch im Sinne eines Zustands der Enspannung und Erholung interpretieren.

Auch eine Unaufschiebbarkeit der hier selbst beschafften Leistungen im Sinne des § 15 Abs. 1 Satz 4 SGB IX scheidet bereits nach den vorgenannten Erwägungen aus. Eine unaufschiebbare Leistung setzt im Übrigen darüber hinausgehend eine dringliche Bedarfslage voraus (vgl. zu § 13 SGB V: Wagner in: Krauskopf (Hrsg.), Soziale Krankenversicherung Pflegeversicherung Kommentar, § 13 RdNr. 26). Insbesondere Kreismedizinaldirektorin Pabst und Dr. W. haben für die Klägerin ein logopädisches Hörtraining auf ärztliche Verordnung empfohlen und ihr damit auch einen Behandlungsweg als Alternative aufgezeigt. Hierdurch hätte zumindest bis zur Entscheidung über die Tomatis-Therapie der Bedarf der Klägerin hinreichend abgedeckt werden können.

Für die Kosten der Begleitperson (§ 22 Eingliederungshilfe-VO), die Fahrt- und Verpflegungskosten fehlt es damit im Übrigen auch an einer in die Erstattungspflicht des Beklagten fallenden Hauptleistung.

Eine Selbstbindung der Verwaltung kann hier bereits deshalb nicht angenommen werden, weil der Beigeladene - nicht der Beklagte - eine Kostenübernahme im Rahmen des Vergleichs vom 26. Mai 2005 erstens nur für das nicht eingeschulte Kind und zweitens ausdrücklich ohne Anerkennung eine Rechtspflicht ausgesprochen hat.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 SGG.

Gründe für eine Zulassung der Revision im Sinne von § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor. Es handelt sich um eine Entscheidung auf gesicherter Rechtsgrundlage, ohne dass der Senat von einer Entscheidung der in § 160 Abs. 2 Nr. 2 SGG genannten Gerichte abweicht.
Rechtskraft
Aus
Saved