L 6 U 92/09

Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
6.
1. Instanz
SG Halle (Saale) (SAN)
Aktenzeichen
S 15 U 50/08
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 6 U 92/09
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 2 U 353/11 B
Datum
Kategorie
Urteil
Die Berufung wird zurückgewiesen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt die Anerkennung eines Ereignisses vom 29. Juli 2007 als Arbeitsunfall sowie die Anerkennung von Gesundheitsschäden als Arbeitsunfallfolgen.

Der 1949 geborene, bei der Beklagten als selbständiger Rechtsanwalt versicherte Kläger kollidierte am Sonntag, den 29. Juli 2007 gegen 9.56 Uhr mit seinem Pkw mit einem anderen Pkw, wobei er sich verletzte. Ein Rettungstransportwagen (RTW) brachte ihn zur Notaufnahme in das C.-v.-B.-Klinikum M ... Das Klinikum führte eine Röntgendiagnostik durch. Der Kläger setzte die Behandlung am 30. Juli 2007 bei dem Orthopäden Dr. H. in H. fort, der in dem H-Arzt-Bericht nachfolgenden Befund aufnahm: mehrere Schürfwunden am rechten Unterarm und im Handbereich, leichte Schwellung des Handgelenks rechts mit Druckschmerzhaftigkeit, schmerzbedingte endgradige Einschränkung der Handgelenksbeweglichkeit rechts, leichte Schwellung und Schmerzhaftigkeit des rechten (gemeint ist wohl linken) Handgelenks, freie Beweglichkeit des linken Kniegelenks und Hämatom und Druckschmerz im Bereich des Gelenkspaltes. Er diagnostizierte eine Prellung beider Hände und des linken Kniegelenks.

Unter dem 22. September 2007 teilte der Kläger der Beklagten mit, er sei im Zeitpunkt des Unfalls auf dem Weg von seiner Rechtsanwaltskanzlei in der L.- U.-Straße in S. zur HypoVereinsbank in M. gewesen. Er habe die Kanzlei aufgesucht, um dort Bargeld abzuholen und dieses auf das Bankkonto bei der HypoVereinsbank einzuzahlen.

Die Beklagte erhielt den Notfall-/Vertretungsschein des C.-v.-B.-Klinikums M., in dem vermerkt war, dass die Röntgenaufnahmen des linken Knies, beider Handgelenke und beider Kahnbeine der Fußwurzel (Os navikulare) keinen Frakturanhalt gezeigt hätten.

Die Beklagte erreichte der Befundbericht von Dr. H. vom 25. September 2007, in dem dieser als Unfallfolgen abgeheilte Schürfwunden im Bereich des linken Unterarms und der Hand, eine Schwellung des rechten Handgelenks, eine Funktionseinschränkung des linken Schultergelenks und ein Hämatom im Bereich des innerem Gelenkspaltes des linken Kniegelenks angab. Röntgenologisch seien das rechte Handgelenk und das linke Schultergelenk ohne Befund.

Unter dem 15. Oktober 2007 teilte der Kläger der Beklagten mit, er habe am 28. Juli 2007 von einem Mandanten zur Begleichung einer Rechnung 1.500 EUR erhalten. Am 29. Juli 2007 habe er kurz vor Antritt seines Urlaubs die HypoVereinsbank aufgesucht, um hiervon 1.000 EUR auf das Konto seiner Ehefrau (Kto-Nr. ) einzuzahlen. Von diesem Konto würden auch die privaten Ausgaben finanziert.

Die Beklagte holte von Dr. H. den Befundbericht vom 29. Oktober 2007 ein: Der Kläger habe ihn nach dem Unfall mit multiplen Prellungen im Bereich des Oberkörpers und des linken Kniegelenks aufgesucht. Am 21. August 2007 habe er auch über Schmerzen im linken Schultergelenk geklagt. Das daraufhin gefertigte Röntgenbild habe keinen krankhaften Befund ergeben. Er gehe von einer Sehnenverletzung aus und habe eine lokale Injektion verabreicht und manuelle Therapie sowie Röntgenreizbestrahlung verordnet. Eine Magnetresonanztomographie sei wegen eines implantierten Defibrillators nicht möglich. Auch wenn möglicherweise bereits vor dem Unfall degenerative Veränderungen im Bereich der Rotatorenmanschette vorhanden gewesen seien, sei durch das Trauma mit großer Wahrscheinlichkeit eine weitergehende Schädigung erfolgt, weil der Kläger vor dem Ereignis beschwerdefrei gewesen sei.

Die Beklagte erhielt das Behandlungsprotokoll des C.-v.-B.-Klinikums vom 29. Juli 2007 sowie das Protokoll des RTW-Einsatzes. In dem Behandlungsprotokoll des Klinikums wird ausgeführt, die Schulter- und Ellenbogengelenke seien beidseits frei beweglich; Schmerzen bestünden bei der Bewegung beider Handgelenke.

Mit Bescheid vom 23. November 2007 lehnte die Beklagte die Anerkennung des Unfalls vom 29. Juli 2007 als Arbeitsunfall ab, weil ein Wegeunfall nicht vorgelegen habe. Hiergegen erhob der Kläger Widerspruch: Der Unfall sei dienstlich bedingt, auch wenn er Einnahmen aus seiner freiberuflichen Tätigkeit auf das Privatkonto seiner Ehefrau habe einzahlen wollen. Zum Zeitpunkt des Unfalls sei das Geld noch Einkommen aus dienstlicher Tätigkeit gewesen. Er hätte das Geld auch zunächst auf sein Geschäftskonto bei der HypoVereinsbank (Kto-Nr. ) einzahlen und anschließend auf das Konto seiner Ehefrau überweisen können. Er fügte den ärztlichen Feststellungsbogen von Dr. H. vom 30. November 2007 bei. Mit Widerspruchsbescheid vom 27. März 2008 wies der Widerspruchausschuss der Beklagten den Widerspruch zurück.

Mit der am 14. April 2008 vor dem Sozialgericht Halle erhobenen Klage hat der Kläger die Anerkennung des Unfalls vom 29. Juli 2007 als Arbeitsunfall mit Beschwerden im linken Schultergelenk als Arbeitsunfallfolgen weiter verfolgt.

Mit Urteil vom 6. November 2009 hat das Sozialgericht Halle die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, die Einzahlung von Bargeld auf ein Privatkonto zähle nicht zum unternehmerischen Aufgabenbereich. Das Einzahlen des betrieblichen Umsatzes, welches dem Abheben von Lohn gleichstehe, sei nach der Rechtsänderung seit dem 1. Januar 1997 nicht mehr geschützt. Den erweiterten Versicherungsschutz beim Abheben des Lohnes vom Konto eines Geldinstituts habe der Gesetzgeber nicht in das Siebte Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) übernommen. Das von dem Mandanten stammende Bargeld sei im Rahmen der selbständigen Tätigkeit des Klägers einer Lohnzahlung an einen abhängig Beschäftigten vergleichbar, so dass die Fahrt am 29. Juli 2007 nicht versichert gewesen sei. Im Übrigen seien die Geldmittel, die der Kläger auf das Konto seiner Ehefrau habe einzahlen wollen, zur Bestreitung der laufenden privaten Ausgaben gedacht gewesen und hätten folglich nicht der unternehmerischen Tätigkeit gedient. Dies wäre selbst dann anzunehmen gewesen, wenn der Kläger das Geld auf sein Geschäftskonto verbucht und anschließend eine Privatentnahme in gleicher Höhe vorgenommen hätte. Bei dieser Konstellation wäre die beabsichtigte Einzahlung gleichermaßen nicht der unternehmerischen Tätigkeit des Klägers wie etwa bei der Sicherstellung einer Kontendeckung wegen der anstehenden Abbuchung der Miete für die Kanzlei zugute gekommen. Letztlich ließen die medizinischen Unterlagen keinen Gesundheitsschaden im Bereich der linken Schulter sichern. Es bestehe lediglich der Verdacht einer Sehnenverletzung, ohne dass diese durch bildgebende Befunde oder Arthroskopie verifiziert worden sei. Auch fehle es an maßgeblichen Kriterien für die Abgrenzung eines Schadens der Rotatorenmanschette von degenerativen Veränderungen.

Gegen das ihm am 13. November 2009 zugestellte Urteil hat der Kläger am 11. Dezember 2009 Berufung eingelegt und seinen bisherigen Vortrag vertieft. Die klinische Untersuchung durch Dr. H. habe am 30. Juli 2007 neben Schmerzen in beiden Händen, Unterarmen und am linken Knie eine erhebliche schmerzhafte Einschränkung der Schultergelenksbeweglichkeit ergeben. Bereits zum 30. Juli 2007 sei eine traumatische Ruptur der Rotatorenmanschette des linken Schultergelenks mit posttraumatischer chronischer Tendopathie diagnostiziert worden. Die Verletzung des linken Schultergelenks sei direkte Folge des Unfalls. Am 15. April 2008 sei der Verdacht auf eine Läsion der Rotatorenmanschette im linken Schultergelenk bestätigt worden. Da ein ärztlicher Eingriff ein zu hohes Risiko darstelle, gelte das Prinzip in dubio pro reo. Das Verbringen von Bargeld aus einer versicherten Tätigkeit auf das Konto der Hausbank sei beruflich veranlasst. Die tatsächliche Einzahlung auf das Konto der Ehefrau bei der Hausbank sei für den Versicherungsschutz unschädlich. Bei der beabsichtigten Direkteinzahlung auf das Konto der Ehefrau habe es sich um einen einfachen Vorgang des abgekürzten Zahlungswegs gehandelt. Die Fahrt zur Hausbank sei als Dienstfahrt zu einem Dritten anzusehen.

Der Kläger hat dem Gericht die Befundberichte von Dr. H. vom 9. Juli 2008 und 15. April 2008 vorgelegt. Darin hat Dr. H. ausgeführt, die klinische Untersuchung am 30. Juli 2007 habe eine erhebliche schmerzhafte Einschränkung der Schultergelenksbeweglichkeit links gezeigt. Eine Magnetresonanztomographie sei nach mehreren Herzoperationen nicht und eine ambulante Operation nur eingeschränkt möglich. Deshalb sei die Verdachtsdiagnose der Läsion der Rotatorenmanschette nur anhand der klinischen Symptomatik einzuschätzen.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Halle vom 6. November 2009 sowie den Bescheid der Beklagten vom 23. November 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. März 2008 aufzuheben und

festzustellen, dass das Ereignis vom 29. Juli 2007 mit einer Ruptur der Rotatorenmanschette und chronischer Tendopathie des linken Schultergelenks als Arbeitsunfallschaden ein Arbeitsunfall ist.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen

Sie verweist auf den Akteninhalt und die Feststellungen im Urteil des Sozialgerichts un meint, der Weg zur Bank, um Bargeld aus der Kanzlei auf das Konto der Ehefrau einzuzahlen, stehe nicht in einem inneren Zusammenhang mit der Unternehmertätigkeit.

Die Verwaltungsakte der Beklagten mit dem Aktenzeichen hat vorgelegen und war Gegenstand der mündlichen Verhandlung. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Sachvortrages der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakte ergänzend verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die nach §§ 143 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte, form- und fristgerecht eingelegte (vgl. §§ 151 Abs. 1 SGG) und im Übrigen zulässige Berufung ist unbegründet. Der Bescheid der Beklagten vom 23. November 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. März 2008 beschwert den Kläger nicht im Sinne der §§ 157, 54 Abs. 2 Satz 1 SGG. Denn der Kläger hat keinen Anspruch auf Anerkennung des Ereignisses vom 29. Juli 2007 als Arbeitsunfall und damit auch keinen Anspruch auf Anerkennung der Beschwerden der linken Schulter als Arbeitsunfallschäden.

Gemäß § 8 Abs. 1 SGB VII sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen (§ 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII). Für die Anerkennung eines Unfalls als Arbeitsunfall ist danach in der Regel erforderlich, dass die Verrichtung des Versicherten zur Zeit des Unfalls seiner versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist (sachlicher bzw. innerer Zusammenhang), sie zu dem zeitlich begrenzten, von außen auf den Körper einwirkenden Ereignis – dem Unfallereignis – geführt hat (Unfallkausalität) und dieses Unfallereignis einen Gesundheitserstschaden oder den Tod des Versicherten verursacht hat (siehe nur Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 18. Januar 2011 – B 2 U 9/10 R – SozR 4 -2700 § 2 Nr. 17; Urteil vom 12. April 2005 – B 2 U 11/04 RSozR 4-2700 § 8 Nr. 14; Urteil vom 9. Mai 2006 – B 2 U 1/05 RSozR 4-2700 § 8 Nr. 17; Urteil vom 5. September 2006 – B 2 U 24/05 RSozR 4-2700 § 8 Nr. 18 oder Urteil vom 4. September 2007 – B 2 U 24/06 RSozR 4-2700 § 8 Nr. 24, m.w.N.).

Der Kläger war zwar zur Zeit des Unfallereignisses freiwillig in der gesetzlichen Unfallversicherung im Sinne des § 6 SGB VII versichert und hat am 29. Juli 2007 einen Unfall mit Schürfwunden und einer Prellung beider Hände und des linken Knies erlitten. Dieser Unfall ist jedoch kein Arbeitsunfall, weil die vom Kläger im Zeitpunkt des Unfallereignisses ausgeübte Verrichtung – die Fahrt von der Kanzlei in S. zur HypoVereinsbank in M. – nicht im sachlichen bzw. inneren Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit gestanden hat. Es handelt sich weder um eine versicherte Tätigkeit nach § 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII (unter 1.) noch um das Zurücklegen eines mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängenden unmittelbaren Wegs nach oder von dem Ort der Tätigkeit nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII (unter 2.) noch um ein mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängendes Verwahren, Befördern, Instandhalten oder Erneuern eines Arbeitsgeräts nach § 8 Abs. 2 Nr. 5 SGB VII (unter 3.).

1.

Mit der Fahrt zum Unfallzeitpunkt erfüllte der Kläger keine mit seiner Tätigkeit als Rechtsanwalt verbundene Aufgabe. Insbesondere legte er keinen Betriebsweg zurück, der Teil der versicherten Tätigkeit im Sinne von § 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII wäre. Ein Betriebsweg unterscheidet sich von anderen Wegen dadurch, dass er im unmittelbaren Betriebsinteresse zurückgelegt wird und nicht wie Wege nach und von dem Ort der Tätigkeit im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII der versicherten Tätigkeit vorausgeht oder sich ihr anschließt (BSG, Urteil vom 9. November 2010 – B 2 U 14/10 R – juris). Ein Weg wird dann in unmittelbarem Betriebsinteresse zurückgelegt, wenn die objektive Handlungstendenz des Versicherten auf die Ausübung einer dem Beschäftigungsunternehmen dienende Tätigkeit gerichtet ist und diese Handlungstendenz durch die objektiven Umstände des Einzelfalls bestätigt wird (vgl BSG, Urteil vom 10. Oktober 2006 – B 2 U 20/05 RSozR 4-2700 § 8 Nr. 19 RdNr. 14). Eine betriebliche Handlungstendenz liegt vor, wenn der Versicherte den Willen hat, durch die Verrichtung eine seiner Pflichten oder Aufgaben aus seiner freiberuflichen Tätigkeit zu erfüllen oder die Erfüllung von Vor- und Nachbereitungshandlungen zu fördern oder zu sichern (BSG, Urteil vom 9. November 2010 – B 2 U 14/10 R – a.a.O.).

Hiernach beruhte die konkrete Verrichtung des Klägers zum Zeitpunkt des Unfallereignisses nach den objektiven Umständen nicht auf einer betrieblichen Handlungstendenz. Denn die Fahrt nach M. hatte der Kläger nach eigenen Angaben nur deshalb angetreten, um Bargeld auf das Privatkonto seiner Ehefrau einzuzahlen. Von diesem Guthaben sollten auch die Privatausgaben finanziert werden. Diese Handlungstendenz war damit nicht unmittelbar auf eine Tätigkeit des Klägers als Rechtsanwalt (Beratung von und Geschäftsbesorgung für Mandanten) gerichtet, sondern hatte den eigenwirtschaftlichen Charakter, das Geld einer dritten Person, hier der Ehefrau, zukommen zu lassen und dieser oder mittelbar sich selbst zu ermöglichen, über den Geldbetrag privat zu verfügen. Für die Bewertung der Handlungstendenz als betrieblich oder privatwirtschaftlich kommt es nicht entscheidend darauf an, dass es sich bei dem Geldbetrag um Betriebseinahmen gehandelt hat. Denn in diesem Umstand kommt eine betriebliche Handlungstendenz – wie sie für den sachlichen Zusammenhang zur versicherten Tätigkeit erforderlich ist – nicht zum Ausdruck.

Ob eine Einzahlung des Geldes auf das vom Kläger bei der HypoVereinsbank geführte Geschäftskonto mit anschließender Überweisung auf das Privatkonto seiner Ehefrau noch in unmittelbarem Betriebsinteresse gelegen hätte, kann dahingestellt bleiben. Für eine solche hypothetische Betrachtung hat der Senat keine Veranlassung. Denn nach dem vom Kläger mehrfach im Verfahren wiederholten Vortrag bestand seine Handlungstendenz, den Weg zur HypoVereinsbank zurückzulegen, gerade nicht darin, das Bargeld auf das Geschäftskonto einzuzahlen.

2.

Die Fahrt des Klägers als Verrichtung zur Zeit des Unfallereignisses war auch keine versicherte Tätigkeit im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII.

Danach sind versicherte Tätigkeiten das Zurücklegen des mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängenden unmittelbaren Weges nach und von dem Ort der Tätigkeit. Dieser Versicherungsschutz wird damit begründet, dass diese Wege nicht aus privaten Interessen, sondern mit einer auf die versicherte Tätigkeit bezogenen Handlungstendenz unternommen werden (BSG, Urteil vom 9. November 2010 – B 2 U 14/10 R – a.a.O.). Diese Wege werden entweder mit der Handlungstendenz zurückgelegt, sich aus dem privaten Bereich in den betrieblichen Bereich (Weg zu dem Ort der Tätigkeit) oder sich aus dem betrieblichen Bereich zurück in den privaten Bereich (Weg vom Ort der Tätigkeit) zu begeben.

Der Kläger hat in diesem Sinne keinen Weg vom Ort der Tätigkeit zurückgelegt. Zwar befand er sich zum Zeitpunkt des Unfallereignisses auf dem Weg von der Kanzlei zu einem anderen Ort. Dieser Weg war aber bereits deshalb nicht als Weg von "dem Ort der Tätigkeit" im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII anzusehen, weil der Kläger nach seiner objektivierten Handlungstendenz die Kanzlei nicht deshalb aufgesucht hatte, um seiner Tätigkeit als Rechtsanwalt nachzugehen, sondern dies nach eigenen Angaben getan hatte, um das Bargeld dort abzuholen und auf das Privatkonto seiner Ehefrau einzuzahlen. Damit hatte er den Weg von seiner Wohnung zur Kanzlei bereits aus eigenwirtschaftlichem Interesse zurückgelegt, so dass weder dieser Weg noch der Weg von seiner Kanzlei an einen dritten Ort mit einer versicherten Tätigkeit im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII in Zusammenhang stand.

Dessen ungeachtet besteht der Unfallversicherungsschutz auf dem Weg von oder zu einem dritten Ort nur dann, wenn der Aufenthalt an dem dritten Ort selbst mindestens zwei Stunden dauert bzw. dauern soll (BSG, Urteil vom 3. Dezember 2002 – B 2 U 19/02 RSozR 3-2700 § 8 Nr. 14). Eine solche Verweildauer bei der HypoVereinsbank hatte der Kläger aber nicht beabsichtigt.

Bei der Fahrt des Klägers von der Kanzlei zur HypoVereinsbank hat es sich auch nicht um eine notwendige Handlung gehandelt, um weiterhin betriebliche Arbeit verrichten bzw. den Weg zum Ort oder vom Ort der Tätigkeit zurücklegen zu können (siehe BSG, Urteil vom 7. September 2004 – B 2 U 35/03 RSozR 4-2700 § 8 Nr. 6; Urteil vom 27. April 2010 – B 2 U 23/09 R– juris). Entsprechende Umstände hat der Kläger nicht vorgetragen und sind auch nicht ersichtlich.

3.

Ferner war das Bargeld kein "Arbeitsgerät" im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 5 SGB VII. Ob Bargeld überhaupt als "Arbeitsgerät" im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 5 SGB VII angesehen werden kann (siehe zum Begriff des Arbeitsgerätes BSG, Urteil vom 23. Februar 1966 – 2 RU 45/65NJW 1966, 1775), kann dahingestellt bleiben. Denn in jedem Falle war das Bargeld nicht dazu bestimmt, hauptsächlich der freiberuflichen Tätigkeit des Klägers zu dienen (siehe zu den Voraussetzungen BSG, Urteil vom 12. Mai 2009 – B 2 U 12/08 RSozR 4-2700 § 8 Nr. 33 RdNr. 28).

Da das Ereignis vom 29. Juli 2007 kein Arbeitsunfall im Sinne des § 8 SGB VII ist, handelt es sich bei den durch den Unfall verursachten Gesundheitsschäden nicht um Arbeitsunfallschäden. Insoweit kann es dahingestellt bleiben, ob die Beschwerden im linken Schultergelenk mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ursächlich auf den Unfall vom 29. Juli 2007 zurückzuführen sind.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

Die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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