Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG Magdeburg (SAN)
Aktenzeichen
S 14 AL 528/05
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 2 AL 10/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 11 AL 12/12 R
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung wird zurückgewiesen und die Klage wird abgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Höhe des Anspruches des Klägers auf Arbeitslosengeld.
Der am ... 1984 geborene Kläger meldete sich bei der Beklagten am 26. August 2005 arbeitslos mit Wirkung zum 1. September 2005. Er gab an, dass er bei der Firma K. vom 2. September 2002 bis zum 15. Juli 2005 als Auszubildender tätig war. Im Anschluss daran schloss er mit der Firma einen befristeten Arbeitsvertrag vom 18. Juli 2005 bis zum 31. August 2005 als Arbeiter in der Produktion. Nach dem Arbeitsvertrag verpflichtete er sich, Nacht- und Wechselschicht / Sonntagsarbeit / Mehr- und Überstundenarbeit zu leisten, soweit dies gesetzlich zulässig sei. Er erhielt für seine Tätigkeit ein Entgelt von 6,20 EUR pro Stunde. Die Firma K. bescheinigte dem Kläger am 30. August 2005 das bis zum Ausscheiden abgerechnete Arbeitsentgelt. Danach verdiente der Kläger als Auszubildender im August 2004 410,00 EUR, von September 2004 bis Juni 2005 monatlich 505,00 EUR und im Juli 2005 841,58 EUR. Aus diesen beim Ausscheiden abgerechneten Monaten ergab sich ein beitragspflichtiges Arbeitsentgelt in Höhe von 6.421,58 EUR. Darin enthalten war im Dezember 2004 ein Weihnachtsgeld in Höhe von 50,00 EUR und im Oktober 2004 ein Urlaubsgeld in Höhe von 70,00 EUR sowie im Juli 2005 ein Urlaubsgeld in Höhe von 93,08 EUR.
Mit Bescheid vom 6. September 2005 bewilligte die Beklagte dem Kläger Arbeitslosengeld in Höhe von 8,53 EUR täglich und legte hierbei unter Berücksichtigung des von September 2004 bis 31. Juli 2005 erzielten Entgeltes ein Bemessungsentgelt in Höhe von 18,00 EUR täglich zugrunde.
Gegen diesen Bescheid legte der Kläger am 21. September 2005 Widerspruch ein, den er wie folgt begründete: Es sei eine unzutreffende Berechnungsgrundlage für die Arbeitslosengeldbewilligung gewählt worden, weil nur der Verdienst bis zum 31. Juli 2005, nicht aber bis zum 31. August 2005 zugrunde gelegt wurde. Das Entgelt für den Monat August 2005 sei vom Arbeitgeber abgerechnet und ausgezahlt worden. Zum Beleg legte der Kläger die Lohn/Gehaltsabrechnung vom 7. September 2005 für den Abrechnungsmonat August 2005 vor. Danach erzielte der Kläger für den Monat August 2005 einen Tariflohn in Höhe von 1.041,60 EUR und Urlaubsentgelt in Höhe von 99,20 EUR, woraus sich ein Bruttolohn von 1.140,80 EUR ergab. Am 27. September 2005 ging bei der Beklagten eine neue Arbeitsbescheinigung der Firma K. ein, datiert vom 26. September 2005. Hierin ist bei den Angaben zum Arbeitsentgelt der Monat August mit 1.140,80 EUR aufgeführt.
Mit Widerspruchsbescheid vom 17. Oktober 2005 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück. Beim Ausscheiden aus dem letzten versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis sei das Arbeitsentgelt ausweislich der vorliegenden Arbeitsbescheinigung nur bis Juli 2005 einschließlich abgerechnet worden. Die nachgereichte Bescheinigung weise einen Abrechnungstag vom 7. September 2005 aus, sei also nach dem Ausscheiden aus dem versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis erstellt und sei daher nicht maßgeblich.
Hiergegen hat der Kläger am 18. November 2005 Klage vor dem Sozialgericht Magdeburg (SG) erhoben. Zur Begründung hat er vorgetragen: Es sei mit dem Gesetzeszweck unvereinbar, dass erarbeitetes und tatsächlich erhaltenes und verbeitragtes Entgelt der im Anschluss gewährten Leistung nicht zugrunde gelegt werde. Das Entgelt sei dem Kläger in der Erfüllung des gegenseitigen Vertrages zugeflossen. Sofern Entgelte in nachträglicher Vertragserfüllung gezahlt würden, müssten diese der zu gewährenden Leistung zugrunde gelegt werden. Die Praxis der Beklagten bedeute eine unzulässige Benachteiligung derjenigen Arbeitnehmer, deren Arbeitsentgelt wie üblich erst im Folgemonat abrechnet werde.
Mit Urteil vom 21. August 2008 hat das SG die Klage abgewiesen und die Berufung nicht zugelassen: Die Bewilligung von Arbeitslosengeld nach einem höheren Bemessungsentgelt und einer Verschiebung des Bemessungszeitraumes komme nicht in Betracht. Das dem Kläger im September 2005 zugeflossene Arbeitsentgelt für Monat August 2005 sei in die Berechnung des Arbeitslosengeldes nicht einzubeziehen, da es bei der Entstehung des Arbeitslosengeldanspruchs noch nicht abgerechnet gewesen war. Es würden hierbei grundsätzlich alle Arbeitnehmer gleichbehandelt. Sofern in Einzellfällen der Arbeitslose durch diese Berechnungsweise einen Nachteil erleide, führe dies nicht zu einer unzulässigen Benachteiligung, sondern sei die Folge einer typisierenden Regelung.
Gegen das ihm am 26. September 2008 zugestellte Urteil hat der Kläger am 20. Oktober 2008 Nichtzulassungsbeschwerde erhoben. Dieser hat der Senat mit Beschluss vom 19. Januar 2010 stattgegeben und die Berufung des Klägers gegen das Urteil des SG vom 21. August 2008 zugelassen. In einem Begleitschreiben hat der Vorsitzende darauf hingewiesen, dass der Rechtsstreit die Frage berühre, ob der ersatzlose Wegfall einer fiktiven Leistungsbemessung für nach der Berufsausbildung arbeitslos gewordene Personen zu einer analogen Anwendung des § 132 des Sozialgesetzbuches Drittes Buch – Arbeitsförderung (SGB III) führen kann. Hierbei hat er auf eine Entscheidung des Senates vom 21. März 2007 – L 2 AL 168/05 – verwiesen, in welcher der Senat die Nichtanwendung einer solchen fiktiven Bemessung für Auszubildende mit Ausbildungsentgelt für verfassungsrechtlich zulässig angesehen hat.
Der Kläger hat seine Berufung wie folgt begründet: Die bisherige Rechtsprechung und gängige Praxis der Beklagten benachteilige überwiegend gewerbliche Arbeitnehmer, so auch ihn, gegenüber Angestellten. Bei angestellten Arbeitnehmern erfolge die Gehaltsabrechnung und Zahlung zum überwiegenden Teil im laufenden Monat. Er vertritt die Auffassung, dass das SG das geltende Recht unrichtig angewandt habe und dass das im August 2005 verdiente Arbeitsentgelt in die Berechnung des Arbeitslosengeldes einfließen müsse.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Magdeburg vom 21. August 2008 aufzuheben und den Bescheid der Beklagten vom 6. September 2005 in der Gestalt des Widerspruchbescheides vom 17. Oktober 2005 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, ihm Arbeitslosengeld unter Berücksichtigung eines Arbeitsentgeltes zu gewähren, das er in seinem Beruf als Facharbeiter erzielen könnte.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Bemessung des Arbeitslosengeldes nach den gesetzlichen Grundlagen stelle keine Benachteiligung einzelner Arbeitnehmer oder Arbeitnehmergruppen dar. Es seien sowohl Fälle denkbar, in denen diese Bemessung zu günstigeren Ergebnissen, als auch Fälle, wo sie zu einer ungünstigeren Bemessung führe.
Für weitere Einzelheiten wird auf die Verwaltungsakte der Beklagten sowie die Gerichtsakte verwiesen. Diese Akten haben vorgelesen und sind vom Senat bei der Entscheidungsfindung berücksichtigt worden.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist nach §§ 143, 144 Abs. 1 Satz 1, 1. Halbsatz des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) statthaft, weil der Senat die Berufung zugelassen hat und sie ist auch im Übrigen zulässig. Auch die vom Senat erstmalig zu behandelnde Klageerweiterung ist zulässig. Die Klagerweiterung in der Berufungsinstanz ist zulässig, da es sich um eine Erweiterung des Klageantrages in der Hauptsache ohne Änderung des Klagegrundes gem. §§ 153 Abs. 1, 99 Abs. 3 Nr. 2 SGG handelt. Sein Begehren höheres Arbeitslosengeld zu erhalten, hatte der Kläger erstinstanzlich in der Weise im Ergebnis auch höhenmäßig dahingehend eingeschränkt, dass beim Bemessungsentgelt auch das im September 2005 zugeflossene Arbeitsentgelt berücksichtigt werden sollte. Da im Berufungsverfahren ein anderer rechtlicher Aspekt für den Anspruch auf ein höheres Arbeitslosengeld in den Vordergrund getreten ist, hat er den Antrag entsprechend verändert, um eine etwaige höhere Leistung als bisher beantragt unter diesem rechtlichen Gesichtspunkt zu erlangen. Das insoweit erstinstanzlich noch nicht entschiedene erweiterte Klagebegehren hat der Senat als Klage zurückgewiesen.
Die Berufung und die Klage des Klägers sind unbegründet. Der Kläger hat keinen höheren Anspruch auf Arbeitslosengeld. Die angefochtene Leistungsbewilligung mit Bescheid vom 6. September 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. Oktober 2005 beruht auf der korrekten Anwendung des für den Leistungszeitraum maßgeblichen Rechts. Weder unter dem Gesichtspunkt der fehlerhaften Ermittlung des Bemessungsentgeltes noch unter dem Gesichtspunkt der Notwendigkeit der analogen Heranziehung einer fiktiven Bemessung hat der Kläger einen höheren Anspruch auf Arbeitslosengeld.
Der Leistungsanspruch ergibt sich aus § 117 Abs. 1 SGB III. Der Kläger erfüllte bei Eintritt der Arbeitslosigkeit am 1. September 2005 die im § 118 SGB III genannten Anspruchsvoraussetzungen für den Anspruch auf Arbeitslosengeld. Er war arbeitslos und hatte sich bei der Agentur für Arbeit arbeitslos gemeldet. Während seiner vom 1. September 2002 bis zum 15. Juli 2005 dauernden Berufsausbildung und seiner Anschlussbeschäftigung vom 17. Juli 2005 bis 31. August 2005 war er nach § 25 Abs. 1 SGB III versicherungspflichtig beschäftigt, hatte damit die für den Leistungsanspruch notwendige Anwartschaftszeit nach § 123 SGB III erfüllt. Gemäß § 127 SGB III hatte er einen Anspruch auf Arbeitslosengeld mit einer Dauer von maximal 360 Tagen erworben.
Die Höhe des Arbeitslosengeldes ist in den §§ 129 ff. SGB III in der hier maßgeblichen, am 1. Januar 2005 in Kraft getretenen Fassung durch das Dritte Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23. Dezember 2003 (BGBl. I S. 2848) geregelt. Das Arbeitslosengeld beträgt nach dem allgemeinen Leistungssatz (wenn kein Kind im Sinne des § 32 Abs. 1, 3 bis 5 des Einkommensteuergesetzes (EStG) zu berücksichtigen ist) 60 % des pauschalierten Nettoentgelts (Leistungsentgelt), das sich aus dem Bruttoentgelt ergibt, das der Arbeitslose im Bemessungszeitraum erzielt hat (Bemessungsentgelt). Nach § 130 Abs. 1 Satz 1 SGB III umfasst der Bemessungszeitraum die beim Ausscheiden des Arbeitslosen aus dem jeweiligen Beschäftigungsverhältnis abgerechneten Entgeltabrechnungszeiträume der versicherungspflichtigen Beschäftigungen im Bemessungsrahmen. Dabei umfasst nach Satz 2 der Bemessungsrahmen ein Jahr und endet mit dem letzten Tag des letzten Versicherungspflichtverhältnisses vor der Entstehung des Anspruchs.
Danach hat die Beklagte das Bemessungsentgelt fehlerfrei ermittelt. Im Bemessungsrahmen vom 1. September 2004 bis 31. August 2005 waren vom 1. September 2004 bis 31. Juli 2005 abgerechnete Entgeltzeiträume enthalten. Zeiten vor dem 1. September 2004 konnten somit im konkreten Fall nicht in den Bemessungszeitraum einfließen, weil sie außerhalb des Bemessungsrahmens liegen. Beim Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis am 31. August 2005 war das Entgelt für den Monat August 2005 noch nicht abgerechnet. Ein abgerechneter Entgeltabrechnungszeitraum liegt vor, wenn das erarbeitete Arbeitsentgelt vollständig errechnet ist, so dass es ohne weiteres an den Arbeitnehmer ausgezahlt werden kann (ständige Rechtsprechung des Bundessozialgerichts – BSG – z. B. Urteil vom 29. Juni 2000 – B 11 AL 89/99 R – zitiert nach juris). Dies geschah erst mit der Entgeltabrechnung vom 7. September 2005. Die von der Rechtsprechung formulierte Anforderung, das Arbeitsentgelt müsse vollständig so abgerechnet sein, dass es ohne weiteres an den Arbeitnehmer ausgezahlt werden könne, könnte zwar bei einer am Sinne und Zweck der § 130 f. SGB III orientierten Auslegung so verstanden werden, dass (nur) das Bruttogehalt errechnet sein muss. Denn das Bruttoarbeitsentgelt (mit seinen verschiedenen Elementen wie Provisionen oder anderen von bestimmten Faktoren abhängigen variablen Bestandteilen) ist die Grundlage für die Leistungsbemessung. Hat der Arbeitgeber das Bruttoentgelt für einen Monat ermittelt, kann dies dann als feste Größe der Berechnung des konkreten Nettoentgelts zugrunde gelegt werden. Hier gab es aber auch kein feststehendes Bruttoentgelt. Zutreffend hat schon das SG darauf verwiesen, dass nach dem Sinn und Zweck der Bestimmung, sofort eine endgültige Festsetzung des zu gewährenden Arbeitslosengeldes vornehmen zu können, eine typisierende Regelung geschaffen wurde, bei der bewusst die noch nicht abgerechneten Entgelte ausgeklammert wurden. Da in der Lohnabrechnung des Klägers auch Überstunden, Feiertagszuschläge, Urlaubsabgeltung usw. enthalten sein konnten, kann auch nicht ausnahmsweise auf eine Lohnabrechnung verzichtet werden und von einem feststehenden monatlichen Lohnanspruch ausgegangen werden.
Im Falle des Klägers führt auch der Umstand, dass er beim Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis arbeitsrechtlich einen Anspruch auf Auszahlung des Entgeltes für August 2005 hatte und dass diese Zahlung dann später tatsächlich im Wege der Vertragserfüllung im September 2005 zugeflossen ist, nicht zu einem Anspruch auf Berücksichtigung dieses Entgeltes beim Bemessungsentgelt. Das BSG hat ausdrücklich betont, dass sich an der Festlegung des Bemessungsrahmens und des Bemessungszeitraums unter Beachtung nur der abgerechneten Entgeltabrechnungszeiträume durch den Wandel der Rechtsprechung zum Zuflussprinzip (von der strengen zur modifizierten Zuflusstheorie, nach der auch Arbeitsentgelt zu berücksichtigen ist, auf dass bereits im Bemessungszeitraum ein Anspruch bestand, der aber erst nach Ende des Bemessungszeitraums erfüllt wird) nichts geändert hat (BSG, Urteil vom 29. Juni 2000 – B 11 AL 89/99 R – zitiert nach juris). Dem stimmt der erkennende Senat zu. Der Wortlaut der oben zitierten Vorschriften ist eindeutig und lässt eine andere Auslegung nicht zu. Deshalb kann der Zufluss von Arbeitsentgelt nach Ende der Beschäftigung nur dann Relevanz für das Bemessungsentgelt haben, wenn die Zahlung (nachträglich) für einen Zeitraum erfolgt, der im Übrigen bei Ausscheiden aus dem Beschäftigungsverhältnis schon abgerechnet war und deshalb vom Bemessungszeitraum umfasst wurde. Dies war aber - wie oben aufgezeigt - bezogen auf den Monat August 2005 nicht der Fall.
Die Ausbildungsvergütung stellt beitragspflichtiges Arbeitsentgelt i. S. des § 131 SGB III dar, das der Arbeitslose im Bemessungszeitraum erzielt hat.
Die Ausbildungsvergütung in einer betrieblichen Ausbildung ist Arbeitsentgelt im Sinne des Alg-Bemessungsrechts (offen gelassen in BSG, Urteil vom 18. Mai 2010 – B 7 AL 49/08 R – zitiert nach juris). Zu den versicherungspflichtig Beschäftigten zählen auch die Auszubildenden in einer betrieblichen Ausbildung (§ 25 Satz 1 SGB III). § 130 SGB III knüpft für den Bemessungszeitraum an die abgerechneten Entgeltabrechnungszeiträume der versicherungspflichtigen Beschäftigung an. Für das Bemessungsentgelt ist das durchschnittlich auf den Tag entfallende beitragspflichtige Arbeitsentgelt heranzuziehen. Hierzu zählen alle laufenden und einmaligen Einnahmen aus einer Beschäftigung (§ 14 SGB IV). Auch die Ausbildungsvergütung zählt hierzu (Seewald in Gagel, Stand 72. Ergl. 12/2011, § 14 Rn. 84; Brand in Niesel, SGB III, § 131 Rn. 6). Anders als bei der überbetrieblichen Ausbildungsvergütung, die nicht innerhalb des Beschäftigungsverhältnisses erzielt wird, werden bei der betrieblichen Ausbildung die Vergütungen von dem Ausbildungsbetrieb selbst gezahlt. Von der Zuordnung der Ausbildungsvergütung zum Arbeitsentgelt scheint auch das BSG auszugehen, wenn es in einer anderen Entscheidung ausführt, dass es zutreffen mag, dass nach dem ab dem 1. Januar 2005 geltenden Recht Auszubildende, denen eine nur geringe Ausbildungsvergütung gezahlt worden ist, bei der Alg-Bemessung schlechter gestellt sind, als diejenigen, die kein Arbeitsentgelt erhalten (BSG, Urteil vom 3. Dezember 2009 – B 11 AL 42/08 R, Rn. 22).
Aus dem in der Zeit vom 1. September 2004 bis 31. Juli 2005 erzielten beitragspflichtigen Arbeitsentgelt (Ausbildungsentgelt) von insgesamt 6.011,58 EUR ergibt sich ein auf den Tag entfallendes Arbeitsentgelt von gerundet 18,00 EUR (6.011,58 EUR geteilt durch 334 Tage). Bei Verminderung um die nach § 133 SGB III zu berücksichtigenden Abzüge ergibt sich rechnerisch ein Leistungsentgelt von 8,53 EUR pro Tag.
Für eine Leistungsberechnung nach einem fiktiven Bemessungsentgelt auf der Basis des Arbeitsentgelts, das der Kläger bei einer Arbeitsaufnahme nach der Ausbildung hätte erzielen können, fehlt die gesetzliche Grundlage (so der Senat schon in seiner Entscheidung vom 21. März 2007 – L 2 AL 168/05 – zitiert nach juris). Eine fiktive Bemessung ist nach dem ab dem 1. Januar 2005 geltenden Recht nur noch im Rahmen des § 132 SGB III n. F. möglich. Dabei ist der Arbeitslose für die Festsetzung des fiktiven Arbeitsentgelts einer von vier Qualifikationsgruppen zuzuordnen, die der beruflichen Qualifikation entspricht, die für die Beschäftigung erforderlich ist, auf die die Agentur für Arbeit die Vermittlungsbemühungen für den Arbeitslosen in erster Linie zu erstrecken hat. Der Kläger wäre dabei der Qualifikationsgruppe 3 zuzuordnen. Allerdings greift diese Vorschrift im konkreten Fall nicht ein, weil der Kläger im Bemessungszeitraums Arbeitsentgelt bezogen hat (s. o.). Die Vorschrift in § 132 SGB III erfasst nur die Fälle, in denen nicht auf ein aktuelles Arbeitsentgelt zurückgegriffen werden kann. Eine Leistungsbemessung nach § 134 Abs. 2 Nr. 2 SGB III in der bis zum 31. Dezember 2004 geltenden Fassung scheitert daran, dass der Anspruch des Klägers erst im Jahre 2005 entstanden ist. Nach § 134 Abs. 2 Nr. 2 SGB III a. F. war für Zeiten einer Berufsausbildung, wenn der Arbeitslose die Abschlussprüfung bestanden hat, die Hälfte des tariflichen Arbeitsentgelts derjenigen Beschäftigung, auf die das Arbeitsamt die Vermittlungsbemühungen für den Arbeitslosen in erster Linie zu erstrecken hat zugrunde zu legen. Mindestens war das Arbeitsentgelt der Beschäftigung zur Berufsausbildung maßgeblich. Aufgrund des Außerkrafttretens der Norm im Zuge der vollständigen Neufassung des § 134 SGB III durch Artikel 123 Abs. 3 des Dritten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23. Dezember 2003 (BGBl. I S. 2848) konnte eine auf diese Regelung gestützte Leistungsbemessung bei Eintritt des Leistungsfalls am 1. September 2005 keine Anwendung mehr finden. Durch das Fehlen einer Übergangsregelung für die Fälle, in denen die Anwartschaft schon vor dem 1. Januar 2005 erworben worden war, wird keine verfassungsrechtlich geschützte Position des Klägers verletzt. Die Bemessung nach dem tatsächlich erzielten Entgelt wahrt das Äquivalenzprinzip, so dass die aufgebaute Anwartschaft nicht entwertet wird. Die vor dem 1. Januar 2005 geltende, für den Kläger günstigere Regelung wich zugunsten der nach einer Ausbildung arbeitslos werdenden Betroffenen vom Äquivalenzprinzip ab.
Der Senat verkennt nicht, dass die Nichtanwendbarkeit des § 132 SGB III für den Kläger eine erhebliche Härte bedeutet. Er wird zum Beispiel schlechter gestellt als Auszubildende, die im Rahmen eines Berufsausbildungsvertrages nach dem Berufsbildungsgesetz in einer außerbetrieblichen Einrichtung ausgebildet wurden, ohne während dieser Zeit ein Ausbildungsentgelt erhalten zu haben und die dann arbeitslos werden. Auch diese Personen können auf Grund der Behandlung als versicherungspflichtige Beschäftigte (nach § 25 Abs. 1 Satz 2 SGB III) die Anwartschaftszeit für den Bezug von Arbeitslosengeld erfüllen. Für diese Personengruppe wird dann eine Bestimmung eines fiktiven Bemessungsentgelts nach § 132 SGB III durchgeführt (vgl. BSG, Urteil vom 18. Mai 2010 – B 7 AL 49/08 R – zitiert nach juris).
Gleichwohl sieht der Senat keine Möglichkeit § 132 SGB III analog für Auszubildende mit geringem Ausbildungsentgelt anzuwenden. Es fehlt schon an einer unbewussten Gesetzeslücke. Der § 132 SGB III ist durch Artikel 124 Abs. 3 des Dritten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23. Dezember 2003 (BGBl. I S. 2848) zeitgleich mit der Neufassung des § 134 SGB III ebenfalls vollständig neu gefasst worden. Wenn nunmehr im Rahmen der in § 132 SGB III geregelten fiktiven Bemessung keine dem § 134 Abs. 2 Nr. 2 SGB III a. F. vergleichbare Regelung mehr zu finden ist, ist anzunehmen, dass dies auf einer bewussten Entscheidung des Gesetzgebers beruht.
Weder verstößt die Abschaffung der früheren bei Arbeitslosigkeit nach Ende der Ausbildung günstigen Regelung noch das Fehlen einer besonderen Regelung für Auszubildende bei der Bemessung des Arbeitslosengeldes gegen die Verfassung. Es ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, wenn arbeitslose Berufsanfänger bei der Alg-Bemessung auf die während ihrer Ausbildung erzielte Ausbildungsvergütung verwiesen werden, auch wenn sie unter Berücksichtigung ihrer erworbenen Qualifikation ein höheres Arbeitsentgelt erzielen könnten.
Durch die Nichtanwendung der fiktiven Bemessung beim Arbeitslosengeld bei Auszubildenden in betrieblicher Ausbildung gegen Ausbildungsentgelt im Vergleich zu der fiktiven Bemessung des Arbeitslosengeldes bei Auszubildenden in außerbetrieblicher Ausbildung ohne Ausbildungsentgelt liegt keine grundgesetzwidrige Ungleichbehandlung nach Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) vor. Der allgemeine Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG ist grundsätzlich erst dann verletzt, wenn eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten (ständige Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, statt anderer Beschluss vom 9. November 2004 – 1 BvR 684/98 zitiert nach juris). Der Senat verkennt nicht, dass die Auszubildenden ohne Ausbildungsentgelt von der allgemeinen Regelung überdimensional profitieren und dass es wünschenswert wäre, für die Gruppe der Auszubildenden eine gesonderte Regelung beim Bemessungsentgelt vorzusehen. Dabei hat der Senat jedoch nicht zu prüfen, ob der Gesetzgeber die zweckmäßigste und gerechteste Lösung gewählt hat, sondern nur ob er die verfassungsrechtlichen Grenzen seiner Gestaltungsfreiheit eingehalten hat. Auch ist es verfassungsrechtlich nicht geboten, eine sich im Einzelfall aus der Anwendung einer an sich sachgerechten Differenzierung ergebenden nicht gerechtfertigte Besserstellung (die der Gesetzgeber nicht ausgeschlossen hat) auf einen weiteren Personenkreis auszuweiten.
Vorliegend bestehen Sachgründe für die Differenzierung zwischen den Personengruppen. Die verschiedene Behandlung der Personengruppen ist nicht das Ergebnis einer zielgerichteten Regelung, sondern eine Folge einer Anwendung einer an sachgerechte Gesichtspunkte anknüpfenden typisierenden Regelung. Die geltende Regelung, wonach eine fiktive Bemessung nur noch erfolgen soll, wenn innerhalb des erweiterten Bemessungsrahmens kein Bemessungszeitraum von mindestens 150 Tagen mit Anspruch auf Arbeitsentgelt festzustellen ist, knüpft an ein sachgerechtes nachvollziehbares Kriterium an. Denn die Bemessung des Arbeitslosengeldes knüppft an das vor der Arbeitslosigkeit verdiente Arbeitsentgelt an. Diese Anknüpfung trifft alle Arbeitslosen in gleicher Weise. Ein solches Arbeitsentgelt hat der Auszubildende in betrieblicher Ausbildung vorher verdient, während es der Auszubildende, der kein Ausbildungsentgelt erhalten hat, nicht hat.
Eine unterbliebene weitergehende finanzielle Absicherung des Auszubildenden mit Ausbildungsentgelt für den Fall der Arbeitslosigkeit verstößt auch nicht gegen die Grundsätze des SGB III. Es ist nicht Ziel des Arbeitslosengeldes, eine Existenzsicherung zu erreichen; dies geschieht wenn erforderlich über die Leistungen des Sozialgesetzbuches Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II). Vielmehr handelt es sich beim Arbeitslosengeld um eine Entgeltersatzleistung (§ 116 SGB III), es knüpft als (begrenzte) Entgeltausfallversicherung im Fall der Arbeitslosigkeit an das frühere Entgelt an. Obwohl für die Bemessung relevantes Arbeitsentgelt gezahlt wurde, gleichwohl eine andere Anknüpfung für die Bemessung des Arbeitslosengeldes zu wählen, entspricht nicht dem System der §§ 117 ff. SGB III.
Die Abschaffung der bei Arbeitslosigkeit nach Ende der Ausbildung günstigen Regelung liegt innerhalb der dem Gesetzgeber zuzubilligenden Gestaltungsfreiheit.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Der Senat hat die Revision nach § 160 Abs. 2 Ziffer 1 SGG zugelassen. Die Frage, ob die allgemeinen Bemessungsregelung nach §§ 130, 131 SGB III und nicht eine fiktive Bemessung auch bei einem niedrigen Ausbildungsentgelt Anwendung finden dürfen ist vom BSG noch nicht entschieden worden (das Urteil vom 3. Dezember 2009 – B 11 AL 42/08 R – betraf einen Fall ohne Ausbildungsvergütung; auch in dem dem Urteil vom 18. Mai 2010 – B 7 AL 49/08 R zugrundeliegenden Sachverhalt war im Ergebnis kein Arbeitsentgelt erzielt worden).
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Höhe des Anspruches des Klägers auf Arbeitslosengeld.
Der am ... 1984 geborene Kläger meldete sich bei der Beklagten am 26. August 2005 arbeitslos mit Wirkung zum 1. September 2005. Er gab an, dass er bei der Firma K. vom 2. September 2002 bis zum 15. Juli 2005 als Auszubildender tätig war. Im Anschluss daran schloss er mit der Firma einen befristeten Arbeitsvertrag vom 18. Juli 2005 bis zum 31. August 2005 als Arbeiter in der Produktion. Nach dem Arbeitsvertrag verpflichtete er sich, Nacht- und Wechselschicht / Sonntagsarbeit / Mehr- und Überstundenarbeit zu leisten, soweit dies gesetzlich zulässig sei. Er erhielt für seine Tätigkeit ein Entgelt von 6,20 EUR pro Stunde. Die Firma K. bescheinigte dem Kläger am 30. August 2005 das bis zum Ausscheiden abgerechnete Arbeitsentgelt. Danach verdiente der Kläger als Auszubildender im August 2004 410,00 EUR, von September 2004 bis Juni 2005 monatlich 505,00 EUR und im Juli 2005 841,58 EUR. Aus diesen beim Ausscheiden abgerechneten Monaten ergab sich ein beitragspflichtiges Arbeitsentgelt in Höhe von 6.421,58 EUR. Darin enthalten war im Dezember 2004 ein Weihnachtsgeld in Höhe von 50,00 EUR und im Oktober 2004 ein Urlaubsgeld in Höhe von 70,00 EUR sowie im Juli 2005 ein Urlaubsgeld in Höhe von 93,08 EUR.
Mit Bescheid vom 6. September 2005 bewilligte die Beklagte dem Kläger Arbeitslosengeld in Höhe von 8,53 EUR täglich und legte hierbei unter Berücksichtigung des von September 2004 bis 31. Juli 2005 erzielten Entgeltes ein Bemessungsentgelt in Höhe von 18,00 EUR täglich zugrunde.
Gegen diesen Bescheid legte der Kläger am 21. September 2005 Widerspruch ein, den er wie folgt begründete: Es sei eine unzutreffende Berechnungsgrundlage für die Arbeitslosengeldbewilligung gewählt worden, weil nur der Verdienst bis zum 31. Juli 2005, nicht aber bis zum 31. August 2005 zugrunde gelegt wurde. Das Entgelt für den Monat August 2005 sei vom Arbeitgeber abgerechnet und ausgezahlt worden. Zum Beleg legte der Kläger die Lohn/Gehaltsabrechnung vom 7. September 2005 für den Abrechnungsmonat August 2005 vor. Danach erzielte der Kläger für den Monat August 2005 einen Tariflohn in Höhe von 1.041,60 EUR und Urlaubsentgelt in Höhe von 99,20 EUR, woraus sich ein Bruttolohn von 1.140,80 EUR ergab. Am 27. September 2005 ging bei der Beklagten eine neue Arbeitsbescheinigung der Firma K. ein, datiert vom 26. September 2005. Hierin ist bei den Angaben zum Arbeitsentgelt der Monat August mit 1.140,80 EUR aufgeführt.
Mit Widerspruchsbescheid vom 17. Oktober 2005 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück. Beim Ausscheiden aus dem letzten versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis sei das Arbeitsentgelt ausweislich der vorliegenden Arbeitsbescheinigung nur bis Juli 2005 einschließlich abgerechnet worden. Die nachgereichte Bescheinigung weise einen Abrechnungstag vom 7. September 2005 aus, sei also nach dem Ausscheiden aus dem versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis erstellt und sei daher nicht maßgeblich.
Hiergegen hat der Kläger am 18. November 2005 Klage vor dem Sozialgericht Magdeburg (SG) erhoben. Zur Begründung hat er vorgetragen: Es sei mit dem Gesetzeszweck unvereinbar, dass erarbeitetes und tatsächlich erhaltenes und verbeitragtes Entgelt der im Anschluss gewährten Leistung nicht zugrunde gelegt werde. Das Entgelt sei dem Kläger in der Erfüllung des gegenseitigen Vertrages zugeflossen. Sofern Entgelte in nachträglicher Vertragserfüllung gezahlt würden, müssten diese der zu gewährenden Leistung zugrunde gelegt werden. Die Praxis der Beklagten bedeute eine unzulässige Benachteiligung derjenigen Arbeitnehmer, deren Arbeitsentgelt wie üblich erst im Folgemonat abrechnet werde.
Mit Urteil vom 21. August 2008 hat das SG die Klage abgewiesen und die Berufung nicht zugelassen: Die Bewilligung von Arbeitslosengeld nach einem höheren Bemessungsentgelt und einer Verschiebung des Bemessungszeitraumes komme nicht in Betracht. Das dem Kläger im September 2005 zugeflossene Arbeitsentgelt für Monat August 2005 sei in die Berechnung des Arbeitslosengeldes nicht einzubeziehen, da es bei der Entstehung des Arbeitslosengeldanspruchs noch nicht abgerechnet gewesen war. Es würden hierbei grundsätzlich alle Arbeitnehmer gleichbehandelt. Sofern in Einzellfällen der Arbeitslose durch diese Berechnungsweise einen Nachteil erleide, führe dies nicht zu einer unzulässigen Benachteiligung, sondern sei die Folge einer typisierenden Regelung.
Gegen das ihm am 26. September 2008 zugestellte Urteil hat der Kläger am 20. Oktober 2008 Nichtzulassungsbeschwerde erhoben. Dieser hat der Senat mit Beschluss vom 19. Januar 2010 stattgegeben und die Berufung des Klägers gegen das Urteil des SG vom 21. August 2008 zugelassen. In einem Begleitschreiben hat der Vorsitzende darauf hingewiesen, dass der Rechtsstreit die Frage berühre, ob der ersatzlose Wegfall einer fiktiven Leistungsbemessung für nach der Berufsausbildung arbeitslos gewordene Personen zu einer analogen Anwendung des § 132 des Sozialgesetzbuches Drittes Buch – Arbeitsförderung (SGB III) führen kann. Hierbei hat er auf eine Entscheidung des Senates vom 21. März 2007 – L 2 AL 168/05 – verwiesen, in welcher der Senat die Nichtanwendung einer solchen fiktiven Bemessung für Auszubildende mit Ausbildungsentgelt für verfassungsrechtlich zulässig angesehen hat.
Der Kläger hat seine Berufung wie folgt begründet: Die bisherige Rechtsprechung und gängige Praxis der Beklagten benachteilige überwiegend gewerbliche Arbeitnehmer, so auch ihn, gegenüber Angestellten. Bei angestellten Arbeitnehmern erfolge die Gehaltsabrechnung und Zahlung zum überwiegenden Teil im laufenden Monat. Er vertritt die Auffassung, dass das SG das geltende Recht unrichtig angewandt habe und dass das im August 2005 verdiente Arbeitsentgelt in die Berechnung des Arbeitslosengeldes einfließen müsse.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Magdeburg vom 21. August 2008 aufzuheben und den Bescheid der Beklagten vom 6. September 2005 in der Gestalt des Widerspruchbescheides vom 17. Oktober 2005 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, ihm Arbeitslosengeld unter Berücksichtigung eines Arbeitsentgeltes zu gewähren, das er in seinem Beruf als Facharbeiter erzielen könnte.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Bemessung des Arbeitslosengeldes nach den gesetzlichen Grundlagen stelle keine Benachteiligung einzelner Arbeitnehmer oder Arbeitnehmergruppen dar. Es seien sowohl Fälle denkbar, in denen diese Bemessung zu günstigeren Ergebnissen, als auch Fälle, wo sie zu einer ungünstigeren Bemessung führe.
Für weitere Einzelheiten wird auf die Verwaltungsakte der Beklagten sowie die Gerichtsakte verwiesen. Diese Akten haben vorgelesen und sind vom Senat bei der Entscheidungsfindung berücksichtigt worden.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist nach §§ 143, 144 Abs. 1 Satz 1, 1. Halbsatz des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) statthaft, weil der Senat die Berufung zugelassen hat und sie ist auch im Übrigen zulässig. Auch die vom Senat erstmalig zu behandelnde Klageerweiterung ist zulässig. Die Klagerweiterung in der Berufungsinstanz ist zulässig, da es sich um eine Erweiterung des Klageantrages in der Hauptsache ohne Änderung des Klagegrundes gem. §§ 153 Abs. 1, 99 Abs. 3 Nr. 2 SGG handelt. Sein Begehren höheres Arbeitslosengeld zu erhalten, hatte der Kläger erstinstanzlich in der Weise im Ergebnis auch höhenmäßig dahingehend eingeschränkt, dass beim Bemessungsentgelt auch das im September 2005 zugeflossene Arbeitsentgelt berücksichtigt werden sollte. Da im Berufungsverfahren ein anderer rechtlicher Aspekt für den Anspruch auf ein höheres Arbeitslosengeld in den Vordergrund getreten ist, hat er den Antrag entsprechend verändert, um eine etwaige höhere Leistung als bisher beantragt unter diesem rechtlichen Gesichtspunkt zu erlangen. Das insoweit erstinstanzlich noch nicht entschiedene erweiterte Klagebegehren hat der Senat als Klage zurückgewiesen.
Die Berufung und die Klage des Klägers sind unbegründet. Der Kläger hat keinen höheren Anspruch auf Arbeitslosengeld. Die angefochtene Leistungsbewilligung mit Bescheid vom 6. September 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. Oktober 2005 beruht auf der korrekten Anwendung des für den Leistungszeitraum maßgeblichen Rechts. Weder unter dem Gesichtspunkt der fehlerhaften Ermittlung des Bemessungsentgeltes noch unter dem Gesichtspunkt der Notwendigkeit der analogen Heranziehung einer fiktiven Bemessung hat der Kläger einen höheren Anspruch auf Arbeitslosengeld.
Der Leistungsanspruch ergibt sich aus § 117 Abs. 1 SGB III. Der Kläger erfüllte bei Eintritt der Arbeitslosigkeit am 1. September 2005 die im § 118 SGB III genannten Anspruchsvoraussetzungen für den Anspruch auf Arbeitslosengeld. Er war arbeitslos und hatte sich bei der Agentur für Arbeit arbeitslos gemeldet. Während seiner vom 1. September 2002 bis zum 15. Juli 2005 dauernden Berufsausbildung und seiner Anschlussbeschäftigung vom 17. Juli 2005 bis 31. August 2005 war er nach § 25 Abs. 1 SGB III versicherungspflichtig beschäftigt, hatte damit die für den Leistungsanspruch notwendige Anwartschaftszeit nach § 123 SGB III erfüllt. Gemäß § 127 SGB III hatte er einen Anspruch auf Arbeitslosengeld mit einer Dauer von maximal 360 Tagen erworben.
Die Höhe des Arbeitslosengeldes ist in den §§ 129 ff. SGB III in der hier maßgeblichen, am 1. Januar 2005 in Kraft getretenen Fassung durch das Dritte Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23. Dezember 2003 (BGBl. I S. 2848) geregelt. Das Arbeitslosengeld beträgt nach dem allgemeinen Leistungssatz (wenn kein Kind im Sinne des § 32 Abs. 1, 3 bis 5 des Einkommensteuergesetzes (EStG) zu berücksichtigen ist) 60 % des pauschalierten Nettoentgelts (Leistungsentgelt), das sich aus dem Bruttoentgelt ergibt, das der Arbeitslose im Bemessungszeitraum erzielt hat (Bemessungsentgelt). Nach § 130 Abs. 1 Satz 1 SGB III umfasst der Bemessungszeitraum die beim Ausscheiden des Arbeitslosen aus dem jeweiligen Beschäftigungsverhältnis abgerechneten Entgeltabrechnungszeiträume der versicherungspflichtigen Beschäftigungen im Bemessungsrahmen. Dabei umfasst nach Satz 2 der Bemessungsrahmen ein Jahr und endet mit dem letzten Tag des letzten Versicherungspflichtverhältnisses vor der Entstehung des Anspruchs.
Danach hat die Beklagte das Bemessungsentgelt fehlerfrei ermittelt. Im Bemessungsrahmen vom 1. September 2004 bis 31. August 2005 waren vom 1. September 2004 bis 31. Juli 2005 abgerechnete Entgeltzeiträume enthalten. Zeiten vor dem 1. September 2004 konnten somit im konkreten Fall nicht in den Bemessungszeitraum einfließen, weil sie außerhalb des Bemessungsrahmens liegen. Beim Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis am 31. August 2005 war das Entgelt für den Monat August 2005 noch nicht abgerechnet. Ein abgerechneter Entgeltabrechnungszeitraum liegt vor, wenn das erarbeitete Arbeitsentgelt vollständig errechnet ist, so dass es ohne weiteres an den Arbeitnehmer ausgezahlt werden kann (ständige Rechtsprechung des Bundessozialgerichts – BSG – z. B. Urteil vom 29. Juni 2000 – B 11 AL 89/99 R – zitiert nach juris). Dies geschah erst mit der Entgeltabrechnung vom 7. September 2005. Die von der Rechtsprechung formulierte Anforderung, das Arbeitsentgelt müsse vollständig so abgerechnet sein, dass es ohne weiteres an den Arbeitnehmer ausgezahlt werden könne, könnte zwar bei einer am Sinne und Zweck der § 130 f. SGB III orientierten Auslegung so verstanden werden, dass (nur) das Bruttogehalt errechnet sein muss. Denn das Bruttoarbeitsentgelt (mit seinen verschiedenen Elementen wie Provisionen oder anderen von bestimmten Faktoren abhängigen variablen Bestandteilen) ist die Grundlage für die Leistungsbemessung. Hat der Arbeitgeber das Bruttoentgelt für einen Monat ermittelt, kann dies dann als feste Größe der Berechnung des konkreten Nettoentgelts zugrunde gelegt werden. Hier gab es aber auch kein feststehendes Bruttoentgelt. Zutreffend hat schon das SG darauf verwiesen, dass nach dem Sinn und Zweck der Bestimmung, sofort eine endgültige Festsetzung des zu gewährenden Arbeitslosengeldes vornehmen zu können, eine typisierende Regelung geschaffen wurde, bei der bewusst die noch nicht abgerechneten Entgelte ausgeklammert wurden. Da in der Lohnabrechnung des Klägers auch Überstunden, Feiertagszuschläge, Urlaubsabgeltung usw. enthalten sein konnten, kann auch nicht ausnahmsweise auf eine Lohnabrechnung verzichtet werden und von einem feststehenden monatlichen Lohnanspruch ausgegangen werden.
Im Falle des Klägers führt auch der Umstand, dass er beim Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis arbeitsrechtlich einen Anspruch auf Auszahlung des Entgeltes für August 2005 hatte und dass diese Zahlung dann später tatsächlich im Wege der Vertragserfüllung im September 2005 zugeflossen ist, nicht zu einem Anspruch auf Berücksichtigung dieses Entgeltes beim Bemessungsentgelt. Das BSG hat ausdrücklich betont, dass sich an der Festlegung des Bemessungsrahmens und des Bemessungszeitraums unter Beachtung nur der abgerechneten Entgeltabrechnungszeiträume durch den Wandel der Rechtsprechung zum Zuflussprinzip (von der strengen zur modifizierten Zuflusstheorie, nach der auch Arbeitsentgelt zu berücksichtigen ist, auf dass bereits im Bemessungszeitraum ein Anspruch bestand, der aber erst nach Ende des Bemessungszeitraums erfüllt wird) nichts geändert hat (BSG, Urteil vom 29. Juni 2000 – B 11 AL 89/99 R – zitiert nach juris). Dem stimmt der erkennende Senat zu. Der Wortlaut der oben zitierten Vorschriften ist eindeutig und lässt eine andere Auslegung nicht zu. Deshalb kann der Zufluss von Arbeitsentgelt nach Ende der Beschäftigung nur dann Relevanz für das Bemessungsentgelt haben, wenn die Zahlung (nachträglich) für einen Zeitraum erfolgt, der im Übrigen bei Ausscheiden aus dem Beschäftigungsverhältnis schon abgerechnet war und deshalb vom Bemessungszeitraum umfasst wurde. Dies war aber - wie oben aufgezeigt - bezogen auf den Monat August 2005 nicht der Fall.
Die Ausbildungsvergütung stellt beitragspflichtiges Arbeitsentgelt i. S. des § 131 SGB III dar, das der Arbeitslose im Bemessungszeitraum erzielt hat.
Die Ausbildungsvergütung in einer betrieblichen Ausbildung ist Arbeitsentgelt im Sinne des Alg-Bemessungsrechts (offen gelassen in BSG, Urteil vom 18. Mai 2010 – B 7 AL 49/08 R – zitiert nach juris). Zu den versicherungspflichtig Beschäftigten zählen auch die Auszubildenden in einer betrieblichen Ausbildung (§ 25 Satz 1 SGB III). § 130 SGB III knüpft für den Bemessungszeitraum an die abgerechneten Entgeltabrechnungszeiträume der versicherungspflichtigen Beschäftigung an. Für das Bemessungsentgelt ist das durchschnittlich auf den Tag entfallende beitragspflichtige Arbeitsentgelt heranzuziehen. Hierzu zählen alle laufenden und einmaligen Einnahmen aus einer Beschäftigung (§ 14 SGB IV). Auch die Ausbildungsvergütung zählt hierzu (Seewald in Gagel, Stand 72. Ergl. 12/2011, § 14 Rn. 84; Brand in Niesel, SGB III, § 131 Rn. 6). Anders als bei der überbetrieblichen Ausbildungsvergütung, die nicht innerhalb des Beschäftigungsverhältnisses erzielt wird, werden bei der betrieblichen Ausbildung die Vergütungen von dem Ausbildungsbetrieb selbst gezahlt. Von der Zuordnung der Ausbildungsvergütung zum Arbeitsentgelt scheint auch das BSG auszugehen, wenn es in einer anderen Entscheidung ausführt, dass es zutreffen mag, dass nach dem ab dem 1. Januar 2005 geltenden Recht Auszubildende, denen eine nur geringe Ausbildungsvergütung gezahlt worden ist, bei der Alg-Bemessung schlechter gestellt sind, als diejenigen, die kein Arbeitsentgelt erhalten (BSG, Urteil vom 3. Dezember 2009 – B 11 AL 42/08 R, Rn. 22).
Aus dem in der Zeit vom 1. September 2004 bis 31. Juli 2005 erzielten beitragspflichtigen Arbeitsentgelt (Ausbildungsentgelt) von insgesamt 6.011,58 EUR ergibt sich ein auf den Tag entfallendes Arbeitsentgelt von gerundet 18,00 EUR (6.011,58 EUR geteilt durch 334 Tage). Bei Verminderung um die nach § 133 SGB III zu berücksichtigenden Abzüge ergibt sich rechnerisch ein Leistungsentgelt von 8,53 EUR pro Tag.
Für eine Leistungsberechnung nach einem fiktiven Bemessungsentgelt auf der Basis des Arbeitsentgelts, das der Kläger bei einer Arbeitsaufnahme nach der Ausbildung hätte erzielen können, fehlt die gesetzliche Grundlage (so der Senat schon in seiner Entscheidung vom 21. März 2007 – L 2 AL 168/05 – zitiert nach juris). Eine fiktive Bemessung ist nach dem ab dem 1. Januar 2005 geltenden Recht nur noch im Rahmen des § 132 SGB III n. F. möglich. Dabei ist der Arbeitslose für die Festsetzung des fiktiven Arbeitsentgelts einer von vier Qualifikationsgruppen zuzuordnen, die der beruflichen Qualifikation entspricht, die für die Beschäftigung erforderlich ist, auf die die Agentur für Arbeit die Vermittlungsbemühungen für den Arbeitslosen in erster Linie zu erstrecken hat. Der Kläger wäre dabei der Qualifikationsgruppe 3 zuzuordnen. Allerdings greift diese Vorschrift im konkreten Fall nicht ein, weil der Kläger im Bemessungszeitraums Arbeitsentgelt bezogen hat (s. o.). Die Vorschrift in § 132 SGB III erfasst nur die Fälle, in denen nicht auf ein aktuelles Arbeitsentgelt zurückgegriffen werden kann. Eine Leistungsbemessung nach § 134 Abs. 2 Nr. 2 SGB III in der bis zum 31. Dezember 2004 geltenden Fassung scheitert daran, dass der Anspruch des Klägers erst im Jahre 2005 entstanden ist. Nach § 134 Abs. 2 Nr. 2 SGB III a. F. war für Zeiten einer Berufsausbildung, wenn der Arbeitslose die Abschlussprüfung bestanden hat, die Hälfte des tariflichen Arbeitsentgelts derjenigen Beschäftigung, auf die das Arbeitsamt die Vermittlungsbemühungen für den Arbeitslosen in erster Linie zu erstrecken hat zugrunde zu legen. Mindestens war das Arbeitsentgelt der Beschäftigung zur Berufsausbildung maßgeblich. Aufgrund des Außerkrafttretens der Norm im Zuge der vollständigen Neufassung des § 134 SGB III durch Artikel 123 Abs. 3 des Dritten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23. Dezember 2003 (BGBl. I S. 2848) konnte eine auf diese Regelung gestützte Leistungsbemessung bei Eintritt des Leistungsfalls am 1. September 2005 keine Anwendung mehr finden. Durch das Fehlen einer Übergangsregelung für die Fälle, in denen die Anwartschaft schon vor dem 1. Januar 2005 erworben worden war, wird keine verfassungsrechtlich geschützte Position des Klägers verletzt. Die Bemessung nach dem tatsächlich erzielten Entgelt wahrt das Äquivalenzprinzip, so dass die aufgebaute Anwartschaft nicht entwertet wird. Die vor dem 1. Januar 2005 geltende, für den Kläger günstigere Regelung wich zugunsten der nach einer Ausbildung arbeitslos werdenden Betroffenen vom Äquivalenzprinzip ab.
Der Senat verkennt nicht, dass die Nichtanwendbarkeit des § 132 SGB III für den Kläger eine erhebliche Härte bedeutet. Er wird zum Beispiel schlechter gestellt als Auszubildende, die im Rahmen eines Berufsausbildungsvertrages nach dem Berufsbildungsgesetz in einer außerbetrieblichen Einrichtung ausgebildet wurden, ohne während dieser Zeit ein Ausbildungsentgelt erhalten zu haben und die dann arbeitslos werden. Auch diese Personen können auf Grund der Behandlung als versicherungspflichtige Beschäftigte (nach § 25 Abs. 1 Satz 2 SGB III) die Anwartschaftszeit für den Bezug von Arbeitslosengeld erfüllen. Für diese Personengruppe wird dann eine Bestimmung eines fiktiven Bemessungsentgelts nach § 132 SGB III durchgeführt (vgl. BSG, Urteil vom 18. Mai 2010 – B 7 AL 49/08 R – zitiert nach juris).
Gleichwohl sieht der Senat keine Möglichkeit § 132 SGB III analog für Auszubildende mit geringem Ausbildungsentgelt anzuwenden. Es fehlt schon an einer unbewussten Gesetzeslücke. Der § 132 SGB III ist durch Artikel 124 Abs. 3 des Dritten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23. Dezember 2003 (BGBl. I S. 2848) zeitgleich mit der Neufassung des § 134 SGB III ebenfalls vollständig neu gefasst worden. Wenn nunmehr im Rahmen der in § 132 SGB III geregelten fiktiven Bemessung keine dem § 134 Abs. 2 Nr. 2 SGB III a. F. vergleichbare Regelung mehr zu finden ist, ist anzunehmen, dass dies auf einer bewussten Entscheidung des Gesetzgebers beruht.
Weder verstößt die Abschaffung der früheren bei Arbeitslosigkeit nach Ende der Ausbildung günstigen Regelung noch das Fehlen einer besonderen Regelung für Auszubildende bei der Bemessung des Arbeitslosengeldes gegen die Verfassung. Es ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, wenn arbeitslose Berufsanfänger bei der Alg-Bemessung auf die während ihrer Ausbildung erzielte Ausbildungsvergütung verwiesen werden, auch wenn sie unter Berücksichtigung ihrer erworbenen Qualifikation ein höheres Arbeitsentgelt erzielen könnten.
Durch die Nichtanwendung der fiktiven Bemessung beim Arbeitslosengeld bei Auszubildenden in betrieblicher Ausbildung gegen Ausbildungsentgelt im Vergleich zu der fiktiven Bemessung des Arbeitslosengeldes bei Auszubildenden in außerbetrieblicher Ausbildung ohne Ausbildungsentgelt liegt keine grundgesetzwidrige Ungleichbehandlung nach Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) vor. Der allgemeine Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG ist grundsätzlich erst dann verletzt, wenn eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten (ständige Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, statt anderer Beschluss vom 9. November 2004 – 1 BvR 684/98 zitiert nach juris). Der Senat verkennt nicht, dass die Auszubildenden ohne Ausbildungsentgelt von der allgemeinen Regelung überdimensional profitieren und dass es wünschenswert wäre, für die Gruppe der Auszubildenden eine gesonderte Regelung beim Bemessungsentgelt vorzusehen. Dabei hat der Senat jedoch nicht zu prüfen, ob der Gesetzgeber die zweckmäßigste und gerechteste Lösung gewählt hat, sondern nur ob er die verfassungsrechtlichen Grenzen seiner Gestaltungsfreiheit eingehalten hat. Auch ist es verfassungsrechtlich nicht geboten, eine sich im Einzelfall aus der Anwendung einer an sich sachgerechten Differenzierung ergebenden nicht gerechtfertigte Besserstellung (die der Gesetzgeber nicht ausgeschlossen hat) auf einen weiteren Personenkreis auszuweiten.
Vorliegend bestehen Sachgründe für die Differenzierung zwischen den Personengruppen. Die verschiedene Behandlung der Personengruppen ist nicht das Ergebnis einer zielgerichteten Regelung, sondern eine Folge einer Anwendung einer an sachgerechte Gesichtspunkte anknüpfenden typisierenden Regelung. Die geltende Regelung, wonach eine fiktive Bemessung nur noch erfolgen soll, wenn innerhalb des erweiterten Bemessungsrahmens kein Bemessungszeitraum von mindestens 150 Tagen mit Anspruch auf Arbeitsentgelt festzustellen ist, knüpft an ein sachgerechtes nachvollziehbares Kriterium an. Denn die Bemessung des Arbeitslosengeldes knüppft an das vor der Arbeitslosigkeit verdiente Arbeitsentgelt an. Diese Anknüpfung trifft alle Arbeitslosen in gleicher Weise. Ein solches Arbeitsentgelt hat der Auszubildende in betrieblicher Ausbildung vorher verdient, während es der Auszubildende, der kein Ausbildungsentgelt erhalten hat, nicht hat.
Eine unterbliebene weitergehende finanzielle Absicherung des Auszubildenden mit Ausbildungsentgelt für den Fall der Arbeitslosigkeit verstößt auch nicht gegen die Grundsätze des SGB III. Es ist nicht Ziel des Arbeitslosengeldes, eine Existenzsicherung zu erreichen; dies geschieht wenn erforderlich über die Leistungen des Sozialgesetzbuches Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II). Vielmehr handelt es sich beim Arbeitslosengeld um eine Entgeltersatzleistung (§ 116 SGB III), es knüpft als (begrenzte) Entgeltausfallversicherung im Fall der Arbeitslosigkeit an das frühere Entgelt an. Obwohl für die Bemessung relevantes Arbeitsentgelt gezahlt wurde, gleichwohl eine andere Anknüpfung für die Bemessung des Arbeitslosengeldes zu wählen, entspricht nicht dem System der §§ 117 ff. SGB III.
Die Abschaffung der bei Arbeitslosigkeit nach Ende der Ausbildung günstigen Regelung liegt innerhalb der dem Gesetzgeber zuzubilligenden Gestaltungsfreiheit.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Der Senat hat die Revision nach § 160 Abs. 2 Ziffer 1 SGG zugelassen. Die Frage, ob die allgemeinen Bemessungsregelung nach §§ 130, 131 SGB III und nicht eine fiktive Bemessung auch bei einem niedrigen Ausbildungsentgelt Anwendung finden dürfen ist vom BSG noch nicht entschieden worden (das Urteil vom 3. Dezember 2009 – B 11 AL 42/08 R – betraf einen Fall ohne Ausbildungsvergütung; auch in dem dem Urteil vom 18. Mai 2010 – B 7 AL 49/08 R zugrundeliegenden Sachverhalt war im Ergebnis kein Arbeitsentgelt erzielt worden).
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