Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
1.
1. Instanz
SG Dessau-Roßlau (SAN)
Aktenzeichen
S 1 R 64/06
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 1 R 108/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 13 R 441/11 B
Datum
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Dessau-Roßlau vom 8. Februar 2008 wird zurückgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist umstritten, ob die Klägerin als Selbständige in der gesetzlichen Rentenversicherung versicherungs- und beitragspflichtig ist.
Die am ... 1961 geborene Klägerin stellte am 12. November 2003 bei der Beklagten einen Antrag auf Kontenklärung. Daraus ergab sich, dass sie seit dem 1. April 1991 als Zahnärztin selbständig tätig ist. Am 14. Mai 2004 beantragte sie die Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung mit Wirkung ab 1. April 1991. Daraufhin erließ die Beklagte zwei Bescheide vom 21. Juni 2004, mit denen sie die Versicherungspflicht der Klägerin aufgrund ihrer selbständigen Tätigkeit als Zahnärztin gemäß § 229a Abs. 1 des Sechsten Buches des Sozialgesetzbuches – Gesetzliche Rentenversicherung (SGB VI) ab 1. Januar 1992 feststellte. Mit dem einen Bescheid erklärte sie, dass die Beiträge für die Zeit vom 1. Januar 1992 bis zum 30. November 1999 verjährt seien. Mit dem anderen Bescheid forderte sie Pflichtbeiträge für die Zeit vom 1. Dezember 1999 bis zum 30. Juni 2004 in Höhe von insgesamt 20.645,63 Euro.
Dagegen legte die Klägerin am 12. Juli 2004 Widerspruch ein und wies darauf hin, dass sie seit Beginn ihrer selbständigen Tätigkeit als Zahnärztin Beiträge an das Altersversorgungswerk der Zahnärztekammer S.-A. zahle. Daraufhin befreite die Beklagte die Klägerin mit Bescheid vom 20. September 2004 mit Wirkung ab 14. Mai 2004, dem Eingangsdatum des Befreiungsantrages, von der Rentenversicherungspflicht. Dagegen legte die Klägerin am 30. September 2004 Widerspruch ein und begehrte die Befreiung ab Beginn der Pflichtmitgliedschaft im Altersversorgungswerk.
Mit weiterem Bescheid vom 30. September 2004 stellte die Beklagte erneut die Versicherungspflicht der Klägerin in der gesetzlichen Rentenversicherung fest. Für die Zeit bis zum Befreiungsbeginn (14. Mai 2004) forderte sie Beiträge in Höhe von insgesamt 20.025,47 Euro. Am 12. Oktober 2004 legte die Klägerin auch hiergegen Widerspruch ein. Mit Bescheid vom 6. April 2005 befreite die Beklagte die Klägerin mit Wirkung ab 12. November 2003, dem Datum des Kontenklärungsantrages, von der Rentenversicherungspflicht und errechnete mit Bescheid vom 12. Mai 2005 eine Beitragsnachzahlung für den Zeitraum vom 1. Dezember 1999 bis zum 11. November 2003 in Höhe von 17.635,11 Euro. Mit einem von der Beklagten als Bescheid bezeichneten Schreiben vom 19. Mai 2005 stellte sie erneut das Ende der Rentenversicherungspflicht am 12. November 2003 fest und wies auf die offene Beitragsforderung in Höhe von 17.635,11 Euro hin. Dagegen legte die Klägerin am 17. Juni 2005 Widerspruch ein.
Mit Widerspruchsbescheid vom 11. Januar 2006 wies die Beklagte die Widersprüche gegen die Bescheide vom 21. Juni 2004 und vom 20. September 2004, soweit nicht durch den Bescheid vom 12. Mai 2005 abgeholfen, zurück. Zur Begründung führte sie aus, eine Befreiung von der Rentenversicherungspflicht für die Zeit vor dem 12. November 2003 sei nicht zulässig. Eine Vorverlegung des Befreiungsbeginns im Wege eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs komme nicht in Betracht. Denn nach Aktenlage sei kein Beratungsmangel erkennbar.
Dagegen hat die Klägerin am 9. Februar 2006 Klage beim Sozialgericht Dessau (jetzt Dessau-Roßlau; SG) erhoben. Die Beklagte habe ihrer Hinweis- und Mitteilungspflicht gemäß §§ 13 bis 15 des Ersten Buches des Sozialgesetzbuches – Allgemeiner Teil (SGB I) hinsichtlich rentenrechtlich relevanter Änderungen im Zeitraum von 1990 bis 2003 nicht genügt. Außerdem gehe sie, die Klägerin, davon aus, dass sie den Hinweisen des Versorgungswerks entsprechend einen Befreiungsantrag gestellt habe. Beweise hierfür könne sie jedoch nicht vorlegen. Zudem sei bereits im Zulassungsantrag bezüglich der Aufnahme der zahnärztlichen Tätigkeit sowie in der Anmeldung beim Altersversorgungswerk konkludent ein Befreiungsantrag bezüglich der gesetzlichen Rentenversicherung zu erblicken. Diese Betrachtungsweise sei lebensnah und entspreche wirtschaftlichen Gegebenheiten. Im Übrigen sei ihr Betrieb regelmäßig überprüft worden. Gegenstand der Prüfungen sei gemäß § 28p des Vierten Buches des Sozialgesetzbuches – Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung (SGB IV) die Frage gewesen, ob sie ihren Meldepflichten sowie ihren sonstigen Pflichten nach diesem Gesetzbuch nachgekommen sei. Sie habe somit im Anschluss an die Betriebsprüfung davon ausgehen können und dürfen, dass sämtliche sozialversicherungsrechtlichen Vorschriften hinreichend beachtet worden seien. Hätte die Beklagte damals Zweifel an ihrem sozialversicherungsrechtlichen Status gehabt, so wäre sie verpflichtet gewesen, entsprechende Hinweise zu erteilen bzw. Maßnahmen einzuleiten. Spätestens die Verteidigung der abgegebenen Erklärungen im Rahmen der jeweiligen Schlussbesprechungen seien konkludente Befreiungsanträge gewesen. Schließlich habe die Beklagte noch während des laufenden Verfahrens durch den Vormerkungsbescheid vom 26. März 2004 und die Renteninformation vom 11. Juli 2004 den Eindruck erweckt, dass sie keine weiteren Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung zu leisten habe.
Mit Urteil vom 8. Februar 2008 hat das SG die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, die Klägerin habe nicht nachweisen können, dass sie vor dem 12. November 2003 einen Befreiungsantrag gestellt habe. Ein früherer Befreiungsantrag könne auch nicht im Wege eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs fingiert werden. Denn ein Beratungsmangel im Sinne einer unterbliebenen Aufklärung sei nicht feststellbar. Bei den Betriebsprüfungen nach § 28p SGB IV werde im Übrigen nicht der sozialversicherungsrechtliche Status des Arbeitgebers selbst geprüft. Die Beiträge ab dem 1. Dezember 1999 seien auch nicht verjährt.
Gegen das am 26. Februar 2008 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 20. März 2008 Berufung beim Landessozialgericht Sachsen-Anhalt eingelegt. Ergänzend und vertiefend trägt sie vor, erst im 4. Quartal 1991 habe sie ihre Selbständigkeit begonnen. Vorher sei sie Angestellte des Landkreises K. gewesen. Nach ihrem Ausscheiden aus dem Angestelltenverhältnis habe der Beklagten auffallen müssen, dass keine Beiträge mehr eingingen, spätestens jedoch im Rahmen der Betriebsprüfungen ab dem Jahr 2000. Für sie sei der jetzige Zustand eine unhaltbare Doppelbelastung, da sie bereits seit 1991 Beiträge an das Altersversorgungswerk der Zahnärztekammer Sachsen-Anhalt zahle. Vor dem Hintergrund, dass der Landkreis K. sie möglicherweise nicht ordnungsgemäß bei der Beklagten abgemeldet habe, werde die Beiladung des Rechtsnachfolgers des Landkreises K. beantragt.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Dessau-Roßlau vom 8. Februar 2008 und die Bescheide der Beklagten vom 21. Juni 2004, 20. September 2004, 30. September 2004, 6. April 2005 und 12. Mai 2005, alle in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. Januar 2006, aufzuheben und festzustellen, dass sie bereits seit dem 1. Januar 1992 von der Versicherungspflicht nach § 229 a SGB VI befreit ist.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Dessau-Roßlau vom 8. Februar 2008 zurückzuweisen.
Sie verteidigt das angefochtene Urteil und meint, ein konkreter Anlass für eine Beratung habe vor dem Antrag auf Kontenklärung im November 2003 nicht bestanden.
Die Gerichtsakten und die Verwaltungsakten der Beklagten haben vorgelegen und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Sachvortrages der Beteiligten wird ergänzend auf den Inhalt der Akten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß § 143 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und auch im Übrigen zulässige Berufung der Klägerin ist nicht begründet. Die Bescheide der Beklagten vom 21. Juni 2004, 20. September 2004, 30. September 2004, 6. April 2005 und 12. Mai 2005, alle in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. Januar 2006, und das die Beklagte bestätigende Urteil des SG sind nicht zu beanstanden, so dass die Klägerin nicht im Sinne von § 54 Abs. 2 Satz 1 SGG beschwert ist. Die Bescheide vom 20. September 2004, 30. September 2004, 6. April 2005 und 12. Mai 2005 sind gemäß § 86 SGG Gegenstand des Vorverfahrens geworden. Dagegen ist das von der Beklagten als Bescheid bezeichnete Schreiben vom 19. Mai 2005, mit dem diese erneut das Ende der Rentenversicherungspflicht am 12. November 2003 festgestellt und auf die offene Beitragsforderung in Höhe von 17.635,11 Euro hingewiesen hat, kein Verwaltungsakt, sondern lediglich eine Wiederholung der Verfügungssätze. Denn die entsprechenden Regelungen finden sich bereits in den Bescheiden vom 6. April 2005 und vom 12. Mai 2005.
In verfahrensrechtlicher Hinsicht bestand kein Anlass, der Anregung der Klägerin zu folgen und den Rechtsnachfolger des Landkreises K. beizuladen. Es sind nicht einmal die Voraussetzungen für eine einfache Beiladung gemäß § 75 Abs. 1 Satz 1 SGG gegeben, denn berechtigte Interessen des Rechtsnachfolgers des Landkreises K. sind unter keinem denkbaren Gesichtspunkt berührt. Im Übrigen kann die für eine Beiladung ins Feld geführte Begründung, der Landkreis K. habe die Klägerin möglicherweise nicht ordnungsgemäß bei der Beklagten abgemeldet, der Klägerin nicht helfen. Denn daraus ergäbe sich noch keine Kenntnis der Beklagten von der versicherungspflichtigen selbständigen Tätigkeit der Klägerin. Außerdem hat das Kreiskrankenhaus K. der Beklagten die sozialversicherungspflichtigen Entgelte der Klägerin bis zum 31. März 1991 erst unter dem 22. Dezember 2003 gemeldet.
In der Sache hat die Beklagte die Beitragspflicht und -höhe zutreffend festgestellt. Nach § 229a Abs. 1 SGB VI bleiben Personen weiterhin versicherungspflichtig in der gesetzlichen Rentenversicherung, die am 31. Dezember 1991 im Beitrittsgebiet versicherungspflichtig gewesen sind, nicht ab dem 1. Januar 1992 nach den §§ 1 bis 3 SGB VI versicherungspflichtig geworden sind und nicht bis zum 31. Dezember 1994 beantragt haben, dass die Versicherungspflicht enden soll. Die Voraussetzungen dieser Vorschrift liegen bei der Klägerin vor.
Die Klägerin war am 31. Dezember 1991 im Beitrittsgebiet versicherungspflichtig in der gesetzlichen Rentenversicherung. Gemäß § 1 Buchstabe f) der Verordnung über die Sozialversicherung bei der Staatlichen Versicherung der DDR vom 9. Dezember 1977 (GBl. I 1978 Nr. 1 S. 1) war die Klägerin als selbständig Tätige vom Geltungsbereich der Sozialversicherung erfasst. Nach § 10 des Gesetzes über die Sozialversicherung der DDR vom 28. Juni 1990 – SVG – (GBl. I Nr. 38 S. 486) galt dies auch für die Zeit bis zum 31. Dezember 1991. Nur für Selbständige, die ihre Tätigkeit im Beitrittsgebiet erst nach dem 31. Juli 1991 aufgenommen haben, hat Versicherungspflicht nach § 10 SVG nur noch unter den Voraussetzungen der §§ 2 und 229a Abs. 2 SGB VI bestanden (Art. 35 Abs. 3 des Rentenüberleitungsgesetzes vom 25. Juli 1991, BGBl. I S. 1606). Entgegen ihrer Behauptung im Berufungsverfahren begann die Selbständigkeit der Klägerin aber nicht erst im vierten Quartal des Jahres 1991. In ihrem Antrag auf Feststellung von Kindererziehungszeiten bzw. Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung vom 12. November 2003 hat die Klägerin selbst angegeben, seit 1. April 1991 als Zahnärztin selbständig tätig zu sein. Das Kreiskrankenhaus K. hat der Beklagten dementsprechend unter dem 22. Dezember 2003 sozialversicherungspflichtige Entgelte auch nur bis zum 31. März 1991 gemeldet. Mit Schriftsätzen vom 11. Mai 2004 und 12. Juli 2004 sowie in dem am 19. Juli 2004 unterschriebenen Antrag auf Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung hat die Klägerin erneut bestätigt, dass sie seit April 1991 als selbständige Zahnärztin tätig ist. In dieser Tätigkeit ist die Klägerin schließlich auch nicht ab dem 1. Januar 1992 nach den §§ 1 bis 3 SGB VI versicherungspflichtig geworden, so dass sie ab diesem Tag gemäß § 229a Abs. 1 SGB VI weiterhin versicherungspflichtig in der gesetzlichen Rentenversicherung war.
Es ist auch nicht erwiesen, dass die Klägerin bis zum 31. Dezember 1994 oder danach, aber vor dem 12. November 2003 auf der Grundlage von § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Abs. 4 SGB VI, wirksam beantragt hat, dass ihre Versicherungspflicht enden soll. Nach § 128 Abs. 1 Satz 1 SGG entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. Eine Tatsache ist dann im Sinne des Vollbeweises bewiesen, wenn sie in so hohem Maße wahrscheinlich ist, dass alle Umstände des Falles nach vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens und nach der allgemeinen Lebenserfahrung geeignet sind, die volle richterliche Überzeugung zu begründen (Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Auflage, § 128 Rdnr. 3b m.w.N.).
Zunächst ist festzustellen, dass in den Unterlagen der Beklagten kein vor dem 12. November 2003 gestellter Befreiungsantrag vorliegt oder vermerkt ist. Dass keine Beweise für einen den Hinweisen des Versorgungswerks entsprechenden Befreiungsantrag vorliegen, hat die Klägerin im Klageverfahren selbst eingeräumt. Im Zulassungsantrag bezüglich der Aufnahme der zahnärztlichen Tätigkeit sowie der Anmeldung beim Altersversorgungswerk kann auch kein konkludenter Befreiungsantrag bezüglich der gesetzlichen Rentenversicherung gesehen werden. Das scheitert schon daran, dass die Beklagte von dem Zulassungsantrag sowie insbesondere von der Anmeldung beim Altersversorgungswerk keine Kenntnis hatte. Auch die Betriebsprüfungen bei der Klägerin (§ 28p SGB IV) führen zu keinem anderen Ergebnis. Denn diese betrafen, wie der gesamte dritte Abschnitt des SGB IV (§§ 28a ff. SGB IV), die Klägerin in ihrer Eigenschaft als Arbeitgeberin. Deshalb können auch die Erklärungen im Rahmen der jeweiligen Schlussbesprechungen nicht als konkludente Befreiungsanträge angesehen werden. Der Senat teilt schließlich nicht die Ansicht der Klägerin, die Beklagte habe noch während des laufenden Verfahrens durch den Vormerkungsbescheid vom 26. März 2004 und die Renteninformation vom 11. Juli 2004 den Eindruck erweckt, dass sie keine weiteren Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung zu leisten habe.
Die Klägerin kann sich auch nicht auf einen sozialrechtlichen Herstellungsanspruch berufen. Der sozialrechtliche Herstellungsanspruch ist auf die Beseitigung der Folgen einer Pflichtverletzung der Verwaltung gerichtet, d.h. auf Herstellung desjenigen sozialrechtlichen Zustandes, der bestanden hätte, wenn die Behörde von Anfang an richtig gehandelt hätte (Bundessozialgericht, Urteil vom 25. August 1993 – 13 RJ 27/92 –, Entscheidungssammlung des Bundessozialgerichts (BSGE), Band 73, Seite 59). Die Rechtsprechung knüpft den sozialrechtlichen Herstellungsanspruch an das Vorliegen folgender Voraussetzungen: objektive Pflichtverletzung, Schaden, Ursächlichkeit zwischen Pflichtverletzung und Schaden sowie grundsätzlich bestehende Möglichkeit der Folgenbeseitigung durch eine gesetzlich zulässige Amtshandlung des Sozialleistungsträgers (Bundessozialgericht, Urteil vom 18. August 1983 – 11 RA 60/82 –, BSGE 55, 262). Der sozialrechtliche Herstellungsanspruch setzt also zunächst eine objektive Pflichtverletzung eines Sozialleistungsträgers voraus. Als verletzbare Pflichten kommen Auskunfts-, Beratungs- und Betreuungspflichten in Betracht (vgl. Bundessozialgericht, Urteil vom 23. Juli 1986 – 1 RA 31/85 –, BSGE 60, 164). Ein Beratungsfehler der Beklagten ist nicht ersichtlich. Denn es bestand für sie erst aufgrund des Antrages auf Kontenklärung im November 2003 Anlass, sich mit dem Versicherungsverlauf der Klägerin zu befassen. Im Übrigen hatte die Zahnärztekammer Sachsen-Anhalt – Altersversorgungswerk – die Klägerin bereits mit Schreiben vom 29. Juli 1991 ausdrücklich darauf hingewiesen, dass sie sich von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung befreien lassen könne und sogar entsprechende Anträge beigefügt.
Die geltend gemachten Beiträge für die Zeit ab Dezember 1999 sind auch noch nicht verjährt. Gemäß § 25 Abs. 1 Satz 1 SGB IV verjähren Ansprüche auf Beiträge in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem sie fällig geworden sind. Gemäß § 23 Abs. 1 Satz 2 SGB IV in der hier maßgeblichen Fassung vom 1. Januar 2004 bis zum 31. Dezember 2004 wurden Beiträge, die nach dem Arbeitsentgelt oder dem Arbeitseinkommen zu bemessen waren, spätestens am Fünfzehnten des Monats fällig, der dem Monat folgt, in dem die Beschäftigung oder Tätigkeit, mit der das Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen erzielt wurde, ausgeübt worden ist oder als ausgeübt galt. Der Beitrag für November 1999 war damit im Dezember 1999 fällig und demnach mit Ablauf des Jahres 1999 – und damit im Zeitpunkt der erstmaligen Geltendmachung der Beitragsforderung im Jahre 2004 – verjährt. Der Beitrag für Dezember 1999 war dementsprechend erst im Januar 2000 fällig und unterfiel somit im Jahre 2004 noch nicht der vierjährigen Verjährungsfrist des § 25 Abs. 1 Satz 1 SGB IV. Die später fällig gewordenen Beiträge waren 2004 naturgemäß ebenfalls noch nicht verjährt.
Es bestehen schließlich auch keine Anhaltspunkte dafür, dass die Beitragshöhe fehlerhaft wäre, was im Übrigen von der Klägerin auch gar nicht geltend gemacht wurde. Die Beklagte hat den Regelbeitrag zugrunde gelegt. Sie hat also die Beitragsbemessung auf der Grundlage der Bezugsgröße vorgenommen (§ 165 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI in Verbindung mit § 18 SGB IV). Eine einkommensgerechte Beitragszahlung im Sinne des § 165 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI würde im Hinblick auf das vermutliche Einkommen als Zahnärztin – Nachweise hierüber liegen für den umstrittenen Zeitraum nicht vor – wohl zu höheren Beiträgen führen. Eine Beschränkung auf einen Beitrag auf der Grundlage der Hälfte der Bezugsgröße gemäß § 165 Abs. 1 Satz 2 SGB VI konnte die Klägerin nicht beanspruchen, weil dies nur bis zum Ablauf von drei Kalenderjahren nach dem Jahr der Aufnahme der selbständigen Tätigkeit möglich ist. Die Klägerin hat ihre selbständige Tätigkeit bereits am 1. April 1991 aufgenommen. Hier geht es jedoch um Beiträge erst für die Zeit ab 1. Dezember 1999, weil die Beiträge für die davor liegende Zeit bereits verjährt sind.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision im Sinne des § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist umstritten, ob die Klägerin als Selbständige in der gesetzlichen Rentenversicherung versicherungs- und beitragspflichtig ist.
Die am ... 1961 geborene Klägerin stellte am 12. November 2003 bei der Beklagten einen Antrag auf Kontenklärung. Daraus ergab sich, dass sie seit dem 1. April 1991 als Zahnärztin selbständig tätig ist. Am 14. Mai 2004 beantragte sie die Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung mit Wirkung ab 1. April 1991. Daraufhin erließ die Beklagte zwei Bescheide vom 21. Juni 2004, mit denen sie die Versicherungspflicht der Klägerin aufgrund ihrer selbständigen Tätigkeit als Zahnärztin gemäß § 229a Abs. 1 des Sechsten Buches des Sozialgesetzbuches – Gesetzliche Rentenversicherung (SGB VI) ab 1. Januar 1992 feststellte. Mit dem einen Bescheid erklärte sie, dass die Beiträge für die Zeit vom 1. Januar 1992 bis zum 30. November 1999 verjährt seien. Mit dem anderen Bescheid forderte sie Pflichtbeiträge für die Zeit vom 1. Dezember 1999 bis zum 30. Juni 2004 in Höhe von insgesamt 20.645,63 Euro.
Dagegen legte die Klägerin am 12. Juli 2004 Widerspruch ein und wies darauf hin, dass sie seit Beginn ihrer selbständigen Tätigkeit als Zahnärztin Beiträge an das Altersversorgungswerk der Zahnärztekammer S.-A. zahle. Daraufhin befreite die Beklagte die Klägerin mit Bescheid vom 20. September 2004 mit Wirkung ab 14. Mai 2004, dem Eingangsdatum des Befreiungsantrages, von der Rentenversicherungspflicht. Dagegen legte die Klägerin am 30. September 2004 Widerspruch ein und begehrte die Befreiung ab Beginn der Pflichtmitgliedschaft im Altersversorgungswerk.
Mit weiterem Bescheid vom 30. September 2004 stellte die Beklagte erneut die Versicherungspflicht der Klägerin in der gesetzlichen Rentenversicherung fest. Für die Zeit bis zum Befreiungsbeginn (14. Mai 2004) forderte sie Beiträge in Höhe von insgesamt 20.025,47 Euro. Am 12. Oktober 2004 legte die Klägerin auch hiergegen Widerspruch ein. Mit Bescheid vom 6. April 2005 befreite die Beklagte die Klägerin mit Wirkung ab 12. November 2003, dem Datum des Kontenklärungsantrages, von der Rentenversicherungspflicht und errechnete mit Bescheid vom 12. Mai 2005 eine Beitragsnachzahlung für den Zeitraum vom 1. Dezember 1999 bis zum 11. November 2003 in Höhe von 17.635,11 Euro. Mit einem von der Beklagten als Bescheid bezeichneten Schreiben vom 19. Mai 2005 stellte sie erneut das Ende der Rentenversicherungspflicht am 12. November 2003 fest und wies auf die offene Beitragsforderung in Höhe von 17.635,11 Euro hin. Dagegen legte die Klägerin am 17. Juni 2005 Widerspruch ein.
Mit Widerspruchsbescheid vom 11. Januar 2006 wies die Beklagte die Widersprüche gegen die Bescheide vom 21. Juni 2004 und vom 20. September 2004, soweit nicht durch den Bescheid vom 12. Mai 2005 abgeholfen, zurück. Zur Begründung führte sie aus, eine Befreiung von der Rentenversicherungspflicht für die Zeit vor dem 12. November 2003 sei nicht zulässig. Eine Vorverlegung des Befreiungsbeginns im Wege eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs komme nicht in Betracht. Denn nach Aktenlage sei kein Beratungsmangel erkennbar.
Dagegen hat die Klägerin am 9. Februar 2006 Klage beim Sozialgericht Dessau (jetzt Dessau-Roßlau; SG) erhoben. Die Beklagte habe ihrer Hinweis- und Mitteilungspflicht gemäß §§ 13 bis 15 des Ersten Buches des Sozialgesetzbuches – Allgemeiner Teil (SGB I) hinsichtlich rentenrechtlich relevanter Änderungen im Zeitraum von 1990 bis 2003 nicht genügt. Außerdem gehe sie, die Klägerin, davon aus, dass sie den Hinweisen des Versorgungswerks entsprechend einen Befreiungsantrag gestellt habe. Beweise hierfür könne sie jedoch nicht vorlegen. Zudem sei bereits im Zulassungsantrag bezüglich der Aufnahme der zahnärztlichen Tätigkeit sowie in der Anmeldung beim Altersversorgungswerk konkludent ein Befreiungsantrag bezüglich der gesetzlichen Rentenversicherung zu erblicken. Diese Betrachtungsweise sei lebensnah und entspreche wirtschaftlichen Gegebenheiten. Im Übrigen sei ihr Betrieb regelmäßig überprüft worden. Gegenstand der Prüfungen sei gemäß § 28p des Vierten Buches des Sozialgesetzbuches – Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung (SGB IV) die Frage gewesen, ob sie ihren Meldepflichten sowie ihren sonstigen Pflichten nach diesem Gesetzbuch nachgekommen sei. Sie habe somit im Anschluss an die Betriebsprüfung davon ausgehen können und dürfen, dass sämtliche sozialversicherungsrechtlichen Vorschriften hinreichend beachtet worden seien. Hätte die Beklagte damals Zweifel an ihrem sozialversicherungsrechtlichen Status gehabt, so wäre sie verpflichtet gewesen, entsprechende Hinweise zu erteilen bzw. Maßnahmen einzuleiten. Spätestens die Verteidigung der abgegebenen Erklärungen im Rahmen der jeweiligen Schlussbesprechungen seien konkludente Befreiungsanträge gewesen. Schließlich habe die Beklagte noch während des laufenden Verfahrens durch den Vormerkungsbescheid vom 26. März 2004 und die Renteninformation vom 11. Juli 2004 den Eindruck erweckt, dass sie keine weiteren Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung zu leisten habe.
Mit Urteil vom 8. Februar 2008 hat das SG die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, die Klägerin habe nicht nachweisen können, dass sie vor dem 12. November 2003 einen Befreiungsantrag gestellt habe. Ein früherer Befreiungsantrag könne auch nicht im Wege eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs fingiert werden. Denn ein Beratungsmangel im Sinne einer unterbliebenen Aufklärung sei nicht feststellbar. Bei den Betriebsprüfungen nach § 28p SGB IV werde im Übrigen nicht der sozialversicherungsrechtliche Status des Arbeitgebers selbst geprüft. Die Beiträge ab dem 1. Dezember 1999 seien auch nicht verjährt.
Gegen das am 26. Februar 2008 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 20. März 2008 Berufung beim Landessozialgericht Sachsen-Anhalt eingelegt. Ergänzend und vertiefend trägt sie vor, erst im 4. Quartal 1991 habe sie ihre Selbständigkeit begonnen. Vorher sei sie Angestellte des Landkreises K. gewesen. Nach ihrem Ausscheiden aus dem Angestelltenverhältnis habe der Beklagten auffallen müssen, dass keine Beiträge mehr eingingen, spätestens jedoch im Rahmen der Betriebsprüfungen ab dem Jahr 2000. Für sie sei der jetzige Zustand eine unhaltbare Doppelbelastung, da sie bereits seit 1991 Beiträge an das Altersversorgungswerk der Zahnärztekammer Sachsen-Anhalt zahle. Vor dem Hintergrund, dass der Landkreis K. sie möglicherweise nicht ordnungsgemäß bei der Beklagten abgemeldet habe, werde die Beiladung des Rechtsnachfolgers des Landkreises K. beantragt.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Dessau-Roßlau vom 8. Februar 2008 und die Bescheide der Beklagten vom 21. Juni 2004, 20. September 2004, 30. September 2004, 6. April 2005 und 12. Mai 2005, alle in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. Januar 2006, aufzuheben und festzustellen, dass sie bereits seit dem 1. Januar 1992 von der Versicherungspflicht nach § 229 a SGB VI befreit ist.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Dessau-Roßlau vom 8. Februar 2008 zurückzuweisen.
Sie verteidigt das angefochtene Urteil und meint, ein konkreter Anlass für eine Beratung habe vor dem Antrag auf Kontenklärung im November 2003 nicht bestanden.
Die Gerichtsakten und die Verwaltungsakten der Beklagten haben vorgelegen und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Sachvortrages der Beteiligten wird ergänzend auf den Inhalt der Akten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß § 143 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und auch im Übrigen zulässige Berufung der Klägerin ist nicht begründet. Die Bescheide der Beklagten vom 21. Juni 2004, 20. September 2004, 30. September 2004, 6. April 2005 und 12. Mai 2005, alle in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. Januar 2006, und das die Beklagte bestätigende Urteil des SG sind nicht zu beanstanden, so dass die Klägerin nicht im Sinne von § 54 Abs. 2 Satz 1 SGG beschwert ist. Die Bescheide vom 20. September 2004, 30. September 2004, 6. April 2005 und 12. Mai 2005 sind gemäß § 86 SGG Gegenstand des Vorverfahrens geworden. Dagegen ist das von der Beklagten als Bescheid bezeichnete Schreiben vom 19. Mai 2005, mit dem diese erneut das Ende der Rentenversicherungspflicht am 12. November 2003 festgestellt und auf die offene Beitragsforderung in Höhe von 17.635,11 Euro hingewiesen hat, kein Verwaltungsakt, sondern lediglich eine Wiederholung der Verfügungssätze. Denn die entsprechenden Regelungen finden sich bereits in den Bescheiden vom 6. April 2005 und vom 12. Mai 2005.
In verfahrensrechtlicher Hinsicht bestand kein Anlass, der Anregung der Klägerin zu folgen und den Rechtsnachfolger des Landkreises K. beizuladen. Es sind nicht einmal die Voraussetzungen für eine einfache Beiladung gemäß § 75 Abs. 1 Satz 1 SGG gegeben, denn berechtigte Interessen des Rechtsnachfolgers des Landkreises K. sind unter keinem denkbaren Gesichtspunkt berührt. Im Übrigen kann die für eine Beiladung ins Feld geführte Begründung, der Landkreis K. habe die Klägerin möglicherweise nicht ordnungsgemäß bei der Beklagten abgemeldet, der Klägerin nicht helfen. Denn daraus ergäbe sich noch keine Kenntnis der Beklagten von der versicherungspflichtigen selbständigen Tätigkeit der Klägerin. Außerdem hat das Kreiskrankenhaus K. der Beklagten die sozialversicherungspflichtigen Entgelte der Klägerin bis zum 31. März 1991 erst unter dem 22. Dezember 2003 gemeldet.
In der Sache hat die Beklagte die Beitragspflicht und -höhe zutreffend festgestellt. Nach § 229a Abs. 1 SGB VI bleiben Personen weiterhin versicherungspflichtig in der gesetzlichen Rentenversicherung, die am 31. Dezember 1991 im Beitrittsgebiet versicherungspflichtig gewesen sind, nicht ab dem 1. Januar 1992 nach den §§ 1 bis 3 SGB VI versicherungspflichtig geworden sind und nicht bis zum 31. Dezember 1994 beantragt haben, dass die Versicherungspflicht enden soll. Die Voraussetzungen dieser Vorschrift liegen bei der Klägerin vor.
Die Klägerin war am 31. Dezember 1991 im Beitrittsgebiet versicherungspflichtig in der gesetzlichen Rentenversicherung. Gemäß § 1 Buchstabe f) der Verordnung über die Sozialversicherung bei der Staatlichen Versicherung der DDR vom 9. Dezember 1977 (GBl. I 1978 Nr. 1 S. 1) war die Klägerin als selbständig Tätige vom Geltungsbereich der Sozialversicherung erfasst. Nach § 10 des Gesetzes über die Sozialversicherung der DDR vom 28. Juni 1990 – SVG – (GBl. I Nr. 38 S. 486) galt dies auch für die Zeit bis zum 31. Dezember 1991. Nur für Selbständige, die ihre Tätigkeit im Beitrittsgebiet erst nach dem 31. Juli 1991 aufgenommen haben, hat Versicherungspflicht nach § 10 SVG nur noch unter den Voraussetzungen der §§ 2 und 229a Abs. 2 SGB VI bestanden (Art. 35 Abs. 3 des Rentenüberleitungsgesetzes vom 25. Juli 1991, BGBl. I S. 1606). Entgegen ihrer Behauptung im Berufungsverfahren begann die Selbständigkeit der Klägerin aber nicht erst im vierten Quartal des Jahres 1991. In ihrem Antrag auf Feststellung von Kindererziehungszeiten bzw. Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung vom 12. November 2003 hat die Klägerin selbst angegeben, seit 1. April 1991 als Zahnärztin selbständig tätig zu sein. Das Kreiskrankenhaus K. hat der Beklagten dementsprechend unter dem 22. Dezember 2003 sozialversicherungspflichtige Entgelte auch nur bis zum 31. März 1991 gemeldet. Mit Schriftsätzen vom 11. Mai 2004 und 12. Juli 2004 sowie in dem am 19. Juli 2004 unterschriebenen Antrag auf Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung hat die Klägerin erneut bestätigt, dass sie seit April 1991 als selbständige Zahnärztin tätig ist. In dieser Tätigkeit ist die Klägerin schließlich auch nicht ab dem 1. Januar 1992 nach den §§ 1 bis 3 SGB VI versicherungspflichtig geworden, so dass sie ab diesem Tag gemäß § 229a Abs. 1 SGB VI weiterhin versicherungspflichtig in der gesetzlichen Rentenversicherung war.
Es ist auch nicht erwiesen, dass die Klägerin bis zum 31. Dezember 1994 oder danach, aber vor dem 12. November 2003 auf der Grundlage von § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Abs. 4 SGB VI, wirksam beantragt hat, dass ihre Versicherungspflicht enden soll. Nach § 128 Abs. 1 Satz 1 SGG entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. Eine Tatsache ist dann im Sinne des Vollbeweises bewiesen, wenn sie in so hohem Maße wahrscheinlich ist, dass alle Umstände des Falles nach vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens und nach der allgemeinen Lebenserfahrung geeignet sind, die volle richterliche Überzeugung zu begründen (Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Auflage, § 128 Rdnr. 3b m.w.N.).
Zunächst ist festzustellen, dass in den Unterlagen der Beklagten kein vor dem 12. November 2003 gestellter Befreiungsantrag vorliegt oder vermerkt ist. Dass keine Beweise für einen den Hinweisen des Versorgungswerks entsprechenden Befreiungsantrag vorliegen, hat die Klägerin im Klageverfahren selbst eingeräumt. Im Zulassungsantrag bezüglich der Aufnahme der zahnärztlichen Tätigkeit sowie der Anmeldung beim Altersversorgungswerk kann auch kein konkludenter Befreiungsantrag bezüglich der gesetzlichen Rentenversicherung gesehen werden. Das scheitert schon daran, dass die Beklagte von dem Zulassungsantrag sowie insbesondere von der Anmeldung beim Altersversorgungswerk keine Kenntnis hatte. Auch die Betriebsprüfungen bei der Klägerin (§ 28p SGB IV) führen zu keinem anderen Ergebnis. Denn diese betrafen, wie der gesamte dritte Abschnitt des SGB IV (§§ 28a ff. SGB IV), die Klägerin in ihrer Eigenschaft als Arbeitgeberin. Deshalb können auch die Erklärungen im Rahmen der jeweiligen Schlussbesprechungen nicht als konkludente Befreiungsanträge angesehen werden. Der Senat teilt schließlich nicht die Ansicht der Klägerin, die Beklagte habe noch während des laufenden Verfahrens durch den Vormerkungsbescheid vom 26. März 2004 und die Renteninformation vom 11. Juli 2004 den Eindruck erweckt, dass sie keine weiteren Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung zu leisten habe.
Die Klägerin kann sich auch nicht auf einen sozialrechtlichen Herstellungsanspruch berufen. Der sozialrechtliche Herstellungsanspruch ist auf die Beseitigung der Folgen einer Pflichtverletzung der Verwaltung gerichtet, d.h. auf Herstellung desjenigen sozialrechtlichen Zustandes, der bestanden hätte, wenn die Behörde von Anfang an richtig gehandelt hätte (Bundessozialgericht, Urteil vom 25. August 1993 – 13 RJ 27/92 –, Entscheidungssammlung des Bundessozialgerichts (BSGE), Band 73, Seite 59). Die Rechtsprechung knüpft den sozialrechtlichen Herstellungsanspruch an das Vorliegen folgender Voraussetzungen: objektive Pflichtverletzung, Schaden, Ursächlichkeit zwischen Pflichtverletzung und Schaden sowie grundsätzlich bestehende Möglichkeit der Folgenbeseitigung durch eine gesetzlich zulässige Amtshandlung des Sozialleistungsträgers (Bundessozialgericht, Urteil vom 18. August 1983 – 11 RA 60/82 –, BSGE 55, 262). Der sozialrechtliche Herstellungsanspruch setzt also zunächst eine objektive Pflichtverletzung eines Sozialleistungsträgers voraus. Als verletzbare Pflichten kommen Auskunfts-, Beratungs- und Betreuungspflichten in Betracht (vgl. Bundessozialgericht, Urteil vom 23. Juli 1986 – 1 RA 31/85 –, BSGE 60, 164). Ein Beratungsfehler der Beklagten ist nicht ersichtlich. Denn es bestand für sie erst aufgrund des Antrages auf Kontenklärung im November 2003 Anlass, sich mit dem Versicherungsverlauf der Klägerin zu befassen. Im Übrigen hatte die Zahnärztekammer Sachsen-Anhalt – Altersversorgungswerk – die Klägerin bereits mit Schreiben vom 29. Juli 1991 ausdrücklich darauf hingewiesen, dass sie sich von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung befreien lassen könne und sogar entsprechende Anträge beigefügt.
Die geltend gemachten Beiträge für die Zeit ab Dezember 1999 sind auch noch nicht verjährt. Gemäß § 25 Abs. 1 Satz 1 SGB IV verjähren Ansprüche auf Beiträge in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem sie fällig geworden sind. Gemäß § 23 Abs. 1 Satz 2 SGB IV in der hier maßgeblichen Fassung vom 1. Januar 2004 bis zum 31. Dezember 2004 wurden Beiträge, die nach dem Arbeitsentgelt oder dem Arbeitseinkommen zu bemessen waren, spätestens am Fünfzehnten des Monats fällig, der dem Monat folgt, in dem die Beschäftigung oder Tätigkeit, mit der das Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen erzielt wurde, ausgeübt worden ist oder als ausgeübt galt. Der Beitrag für November 1999 war damit im Dezember 1999 fällig und demnach mit Ablauf des Jahres 1999 – und damit im Zeitpunkt der erstmaligen Geltendmachung der Beitragsforderung im Jahre 2004 – verjährt. Der Beitrag für Dezember 1999 war dementsprechend erst im Januar 2000 fällig und unterfiel somit im Jahre 2004 noch nicht der vierjährigen Verjährungsfrist des § 25 Abs. 1 Satz 1 SGB IV. Die später fällig gewordenen Beiträge waren 2004 naturgemäß ebenfalls noch nicht verjährt.
Es bestehen schließlich auch keine Anhaltspunkte dafür, dass die Beitragshöhe fehlerhaft wäre, was im Übrigen von der Klägerin auch gar nicht geltend gemacht wurde. Die Beklagte hat den Regelbeitrag zugrunde gelegt. Sie hat also die Beitragsbemessung auf der Grundlage der Bezugsgröße vorgenommen (§ 165 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI in Verbindung mit § 18 SGB IV). Eine einkommensgerechte Beitragszahlung im Sinne des § 165 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI würde im Hinblick auf das vermutliche Einkommen als Zahnärztin – Nachweise hierüber liegen für den umstrittenen Zeitraum nicht vor – wohl zu höheren Beiträgen führen. Eine Beschränkung auf einen Beitrag auf der Grundlage der Hälfte der Bezugsgröße gemäß § 165 Abs. 1 Satz 2 SGB VI konnte die Klägerin nicht beanspruchen, weil dies nur bis zum Ablauf von drei Kalenderjahren nach dem Jahr der Aufnahme der selbständigen Tätigkeit möglich ist. Die Klägerin hat ihre selbständige Tätigkeit bereits am 1. April 1991 aufgenommen. Hier geht es jedoch um Beiträge erst für die Zeit ab 1. Dezember 1999, weil die Beiträge für die davor liegende Zeit bereits verjährt sind.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision im Sinne des § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
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