Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
5
1. Instanz
SG Dessau-Roßlau (SAN)
Aktenzeichen
S 7 AS 532/12 ER
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 5 AS 285/12 B ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Dessau-Roßlau vom 27. April 2012 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Der Antragsteller begehrt im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes die vorläufige Gewährung von Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II) und wendet sich insbesondere gegen die Annahme einer eheähnlichen Lebensgemeinschaft.
Der am ... 1958 geborene Antragsteller ist verheiratet. Gemeinsam mit seiner Ehefrau betrieb er ein Hotel in M., das mittlerweile verkauft sein soll. Er lebt länger als ein Jahr von seiner Ehefrau dauernd getrennt. Über das Internet lernte er Frau S. H. kennen und zog nach mehreren Treffen nach seinen Angaben gegenüber dem Sozialgericht Dessau-Roßlau (SG) am 3. Januar 2011 in das dieser gehörende Haus in W. ein.
Am 10. Januar 2011 meldete er ein Reisegewerbe mit Verkauf von Speisen (Imbiss) und Getränken in der L. W. an. Eine weitere Gewerbeanmeldung erfolgte am 7. Oktober 2011 für den Handel mit Kunstgewerbeartikeln und Spezialitäten. Der Antragsteller erhielt von der Bundesagentur für Arbeit einen Existenzgründerzuschuss, der am 24. Oktober 2011 endete.
Am 14. Oktober 2011 beantragte er beim Antragsgegner Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Der Antragsgegner sandte ihm den Antrag mehrfach wegen Unvollständigkeiten zurück und forderte ihn zur Mitwirkung auf. Im Rahmen der Antragstellung legte der Antragsteller einen Mietvertrag mit Frau H. vom 1. Oktober 2010 vor, wonach die Zahlung von insgesamt 95,84 EUR für kalte und warme Betriebskosten für eine anteilige Wohnfläche von 43 m² vereinbart wurde. Zudem reichte er eine "Änderung zum Mietvertrag vom 01.10.2010" vom 28. November 2011 ein, wonach die Vertragsparteien eine Erhöhung der Betriebskosten um 16,45 EUR auf monatlich insgesamt 112,29 EUR ab dem 1. Dezember 2011 vereinbarten. Für die beiden Gewerbe legte der Antragsteller die Anlage Erklärung zum Einkommen aus selbstständiger Tätigkeit (EKS) unter Angabe der voraussichtlichen Einnahmen und Ausgaben aus selbstständiger Tätigkeit vor. Danach erwarte er im Zeitraum Oktober 2011 bis März 2012 aus dem Handel mit Kunstgewerbe und Spezialitäten einen Gewinn in Höhe von 119,14 EUR sowie einen Verlust aus dem Reisegewerbe in Höhe von 192,97 EUR. Aus der betriebswirtschaftlichen Auswertung für den Monate März bis Dezember 2011 für das Gewerbe "Sp. Spezialitäten" geht ein kumuliertes vorläufiges Negativergebnis in Höhe von - 5.344,41 EUR hervor. In einem persönlichen Gespräch beim Antragsgegner am 31. Januar 2012 gab der Antragsteller an, dass er mit Frau H. "Tisch und Bett" teile und sie die gesamte Wohnung gemeinsam nutzen würden. Der Antragsgegner informierte ihn daraufhin darüber, dass von einer Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft ausgegangen werde und die wirtschaftlichen und persönlichen Verhältnisse Frau H. benötigt würden. Er forderte den Antragsteller mit einem weiteren Mitwirkungsschreiben vom 31. Januar 2012 auf, Unterlagen von Frau H. einzureichen. Diese teilte mit Schreiben vom 2. Februar 2012 dem Antragsgegner mit, sie reiche die angeforderten Unterlagen nicht ein. Sie unterstütze den Antragsteller nicht und übernehme auch keine Verantwortung für ihn. Die ihr zugeleiteten Vordrucke übersandte sie unausgefüllt zurück. Der Antragsgegner führte daraufhin am 5. März 2012 beim Antragsteller einen Hausbesuch durch. Insoweit wird auf den Inhalt des Ermittlungsberichts verwiesen (Bl. 38 der Gerichtsakte). Unter anderem sei ein Zimmer besichtigt worden, das der Antragsteller als sein Schlafzimmer bezeichnet habe. In diesem Zimmer habe sich eine ausziehbare Couch befunden, die zum Zeitpunk des Hausbesuchs zusammengeklappt gewesen sei. Auf die Frage, wo der Antragsteller sein Bettzeug aufbewahre, habe er angegeben, dieses befinde sich im Bettkasten der Couch. Es sei jedoch festgestellt worden, dass sich kein Bettzeug dort befand. Der Antragsteller habe insoweit angegeben, Frau H. habe das Bettzeug wohl weggeräumt. Nach seinen Angaben sei er am 1. Oktober 2010 eingezogen.
Am 6. März 2012 hat der Antragsteller beim SG einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gestellt und vorgetragen, er habe alle angeforderten Unterlagen abgegeben und wende sich gegen die mehrfache Rückgabe seines Antrags und die fehlende Bescheiderteilung. Mit Frau H. liege keine Verantwortungs- und Einstandsgemeinschaft vor.
Mit Bescheid vom 12. März 2012 hat der Antragsgegner den Antrag auf Leistungen nach dem SGB II für die Zeit ab dem 1. Oktober 2011 abgelehnt. Es liege eine Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft mit Frau H. vor und es sei davon auszugehen, dass diese die Bedarfsgemeinschaft in angemessenem Umfang unterstütze. Hiergegen hat der Antragsteller am 17. März 2012 Widerspruch eingelegt.
Das SG hat vom Antragsteller Kontoauszüge angefordert, die dieser für den Zeitraum vom 21. November 2011 bis zum 29. Februar 2012 vorgelegt hat. Es hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Frau H. in der nichtöffentlichen Sitzung am 30. März 2012. Im Einzelnen wird auf das Protokoll verwiesen. Das SG hat zudem das Haushaltsbuch des Antragstellers und der Frau H. eingesehen und in Kopie zur Akte genommen. Mit Beschluss vom 27. April 2012 hat es den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt. Der Antragsteller habe nicht glaubhaft machen können, dass er hilfebedürftig sei und mit seiner Partnerin keine Bedarfsgemeinschaft bestehe. Er lebe mit Frau H. seit dem 3. Januar 2011 in dem dieser gehörenden Haus zusammen. Damit sei von Gesetzes wegen ein Einstandswille zu vermuten (§ 7 Abs. 3a Nr. 1 SGB II). Diese Vermutung habe er nicht glaubhaft widerlegen können. Die Vernehmung der Frau H. habe ergeben, dass der Antragsteller und diese unstreitig das Haus gemeinsam bewohnen und alle Räume nutzen würden, wobei jeder einen Rückzugsraum für sich habe. Dies ändere jedoch nichts an der gemeinsamen Nutzung. Der Antragsteller und Frau H. würden zudem "aus einem Topf" wirtschaften. Es erfolge ein gemeinsamer Einkauf, Kochen, Putzen und Waschen, so dass die Kosten hierfür nicht spezifisch aufgeteilt würden. Dies belege auch das gemeinsame Haushaltsbuch, das ab Februar 2011 Einträge enthalte. Hieraus sei ersichtlich, dass grundsätzlich alle Kosten des Einkaufs auf beide Bewohner hälftig verteilt würden. Lediglich einzelne persönliche Gegenstände würden einer der beiden Personen zugeordnet. Dies stehe jedoch dem Wirtschaften "aus einem Topf" nicht entgegen. Grundsätzlich habe Frau H. die Lebenshaltungskosten für beide Personen finanziert. Soweit der Antragsteller einzelne Einkäufe bezahlt habe, sei dies mit "M" gekennzeichnet und von der hälftigen Gesamtsumme abgezogen worden. Frau H. habe den Antragsteller aufgenommen, als dieser nur mit "Handgepäck" zu ihr gekommen sei und habe ihm ihr Haus und ihre Einrichtung zur Mitbenutzung zur Verfügung gestellt. Damit unterstütze sie den Antragsteller bereits mit der Bereitstellung von unentgeltlichem Wohnraum. Sie verlange von ihm keine Grundmiete, die sie nach eigenen Angaben von einem Fremden verlangen würde. Der vorgelegte Mietvertrag werde tatsächlich nicht durchgeführt, weil danach nur die Nutzung bzw. Mitnutzung einzelner Zimmer mit 43 m² vereinbart sei. Die tatsächliche Nutzung weiche jedoch hiervon ab, da das gesamte Haus gemeinsam genutzt werde. Nicht glaubhaft gemacht sei die Behauptung, bis Dezember 2011 die Nebenkostenzahlungen aus Ersparnissen bzw. mit geborgtem Geld bezahlt zu haben. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten der Beweiswürdigung wird auf die Ausführungen des SG verwiesen.
Der Antragsteller hat gegen den ihm am 2. Mai 2012 zugestellten Beschluss am 25. Mai 2012 beim Landessozialgericht Sachsen-Anhalt Beschwerde eingelegt und ausgeführt, es sei zwar richtig, dass er schon über ein Jahr im Haus der Frau H.wohne. Dies gelte jedoch nur, wenn man auf den Tag des Beschlusses abstelle, nicht jedoch bezüglich des Tages seiner Antragstellung. Das Verwaltungsverfahren habe sich über fast sechs Monate erstreckt. Ursache dafür seien nicht nur die fehlenden Unterlagen seinerseits gewesen, sondern auch, dass der Antragsgegner immer neue Nachweise abgefordert habe. Seine Angaben in der nichtöffentlichen Sitzung beim SG seien aus dem Zusammenhang gerissen und falsch gewertet worden. Zu den geforderten Terminen hätten die erforderlichen Nachweise für die Ersparnisse nicht erbracht werden können, da ihm die Zeit gefehlt habe. Frau H. benötige ihr Einkommen, um ihre eigenen Lebensbedürfnisse zu befriedigen. Es sei von beiden Seiten aus nicht sicher, ob die Beziehung auf Dauer ausgerichtet sei. Frau H. habe nur deshalb keine Grundmiete gefordert, da sie selbst auch nur Betriebskosten zahlen müsse. Würde eine Freundin von ihr dort wohnen, bräuchte diese auch keine Grundmiete zahlen, nur würde man dann keine Einstands- und Verantwortungsgemeinschaft unterstellen.
Der Antragsteller beantragt sinngemäß,
den Beschluss des Sozialgerichts Dessau-Roßlau vom 27. April 2012 aufzuheben und den Antragsgegner zu verpflichten, ihm im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes vorläufig Leistungen nach dem SGB II zu gewähren.
Der Antragsgegner verteidigt die erstinstanzliche Entscheidung und beantragt,
die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Dessau-Roßlau vom 27. April 2012 zurückzuweisen.
Auf Anforderung des Senats hat der Antragsteller Kontoauszüge für sein bei der. bank geführtes Girokonto sowie für ein weiteres zum 1. Februar 2012 aufgelöstes Konto vorgelegt. Er hat auf Nachfrage mitgeteilt, dass seine Ersparnisse sich aus dem Kassenbestand ergäben, aus dem er seine Privatentnahmen tätige. Unterhaltsansprüche gegen seine Ehefrau mache er nicht geltend, da er nicht wisse, wo diese wohne. Zudem hat er u. a. Einnahme-/Überschussrechnungen für die Monate Januar bis Juni 2012 und den Einkommenssteuerbescheid für 2010 übersandt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichts- und Verwaltungsakten verwiesen, die Gegenstand der Beratung und Entscheidungsfindung gewesen sind.
II.
1. Die Beschwerde ist statthaft (§ 172 Sozialgerichtsgesetz – SGG), form- und fristgerecht eingelegt worden (§ 173 SGG) und auch im Übrigen zulässig.
Der zulässige Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist jedoch nicht begründet. Das SG hat ihn daher zu Recht abgelehnt.
Gemäß § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG kann eine einstweilige Anordnung erlassen werden, wenn sie zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Dabei hat der Antragsteller gemäß § 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. §§ 920 Abs. 2, 294 Zivilprozessordnung (ZPO) den Anspruch auf die begehrte Leistung (Anordnungsanspruch) sowie die Dringlichkeit der Entscheidung des Gerichts (Anordnungsgrund) glaubhaft zu machen.
Hier fehlt es bereits an der Glaubhaftmachung eines Anordnungsanspruchs. Der Senat verweist auf die Ausführungen des SG zur Bedarfsgemeinschaft zwischen dem Antragsteller und Frau H. in dessen Beschluss vom 27. April 2012 und macht sie sich zu Eigen, § 142 Abs. 2 Satz 3 SGG.
Ergänzend ist anzumerken:
Soweit der Antragsteller im Beschwerdeverfahren ausführt, dass das einjährige Zusammenleben noch nicht zu Beginn des Verwaltungsverfahrens vorgelegen hat, weil er die erforderlichen Unterlagen nicht eingereicht bzw. der Antragsgegner immer neue Unterlagen angefordert habe, führt dies nicht zu einer anderen Bewertung. Maßgeblich ist insoweit, dass jedenfalls zum hier maßgeblichen Zeitpunkt ab Eingang des Eilantrags beim SG am 6. März 2012 von der Vermutungswirkung ausgegangen werden muss. Auf den Zeitpunkt der Antragstellung beim Antragsgegner kommt es somit nicht an. Der Einzug erst am 3. Januar 2011 und nicht zu einem früheren Zeitpunkt ist aber auch nicht glaubhaft gemacht. Denn laut Vermieterbescheinigung und Angabe des Antragstellers beim Hausbesuch war er schon am 1. Oktober 2010 eingezogen. Darauf weist auch diese Wohnanschrift auf dem Gewerbemietervertrag mit der Gartenbaugenossenschaft vom 18. Oktober 2010 hin.
Die Vermutung eines Einstandswillen konnte der Antragsteller, wie das SG nach umfangreicher Beweisaufnahme und detaillierter Beweiswürdigung, die der Senat nachvollziehen kann, nicht hinreichend glaubhaft widerlegen. Vor diesem Hintergrund kann der Senat nach der derzeitigen Sach- und Rechtslage nicht feststellen, dass ein Anordnungsanspruch vorliegt.
Der Antragsteller hat seine Hilfebedürftigkeit nicht glaubhaft gemacht. Das SG ist zutreffend davon ausgegangen, dass der Vermutungstatbestand des § 7 Abs. 3a SGB II erfüllt ist, da der Antragsteller und Frau H. mehr als ein Jahr lang zusammenleben. Es ist ebenfalls zutreffend davon ausgegangen, dass der Antragsteller und Frau H. in einem gemeinsamen Haushalt leben (§ 7 Abs. 3 Nr. 3c SGB II). Denn beide bewohnen unstreitig das Haus und benutzen alle Räume gemeinsam, wobei dem nicht entgegensteht, dass jeder einen Rückzugsraum hat. Das SG hat nachvollziehbar aus dem Akteninhalt, den Angaben des Antragstellers und den Angaben der Frau H. geschlossen, dass beide "aus einem Topf" wirtschaften und ihre täglichen Bedarfe gemeinsam decken. Der Antragsteller hat dies selbst im Erörterungstermin so bestätigt. Sowohl der Antragsteller als auch Frau H. haben mitgeteilt, dass ein gemeinsamer Einkauf stattfindet und die Kosten hierfür nicht konkret aufgeteilt, sondern von beiden gemeinsam zu gleichen Anteilen finanziert werden. Eine gemeinsame Deckung der Bedarfe des täglichen Lebens ergibt sich auch aus dem Vortrag der Frau H., wonach sie das Haus putzt und die Wäsche für beide wäscht, während der Antragsteller dafür "das Handwerkliche" erledige. Die Zuordnung einzelner Kosten steht einem Wirtschaften aus einem Topf nicht entgegen, da die allgemeinen Bedarfe des Lebensunterhalts gerade gemeinsam gedeckt werden und besondere Bedarfe daneben stehen können, die jeder für sich trägt.
Das SG ist weiterhin zutreffend davon ausgegangen, dass der gemäß § 7 Abs. 3a Nr. 1 SGB II vermutete wechselseitige Wille, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen, von dem Antragsteller nicht nach dem im vorliegenden Eilverfahren zugrunde zu legenden Prüfungsmaßstab widerlegt worden ist. Er hat keine Tatsachen glaubhaft gemacht, die diese Vermutung entkräften würden. Er hat auf das Sozialgericht vielmehr den Eindruck gemacht, für Frau H. einstehen zu wollen und hat dies auch so kundgetan. Auf Nachfrage, ob er sich um sie kümmern würde, wenn sie erkranken würde und auf Hilfe angewiesen wäre, hat er im Erörterungstermin am 30. März 2012 erklärt, dass er sie unterstützen würde. Zwar hat Frau H. in diesem Termin mitgeteilt, dass sie nicht für den Antragsteller einstehen würde. Das SG ist jedoch zutreffend davon ausgegangen, dass allein eine bloße Behauptung nicht geeignet ist, innere Tatsachen glaubhaft zu machen. Es hat vielmehr zutreffend darauf abgestellt, dass aus den tatsächlichen Umständen und anhand objektiver Kriterien ein fehlender Einstandswille der Frau H. für den Antragsteller nicht hinreichend glaubhaft gemacht worden ist. Es hat nachvollziehbar ausgeführt, dass Frau H. den Antragsteller aufgenommen habe, als er nur mit seinem Handgepäck zu ihr gekommen war und ihm ihr Haus und ihre Einrichtung zur Mitbenutzung zur Verfügung gestellt hat. Sie unterstützte ihn damit bereits durch die Bereitstellung von unentgeltlichem Wohnraum, da sie – nach ihren Angaben im Erörterungstermin – keine Grundmiete vom Antragsteller verlangte, die sie aber von Fremden verlangen würde. Soweit der Antragsteller in seiner Beschwerdebegründung vorträgt, Frau H. würde auch von einer Freundin keine Grundmiete verlangen, führt dies nicht zu einer anderen Bewertung. Der Einstandswille ist nicht an das Geschlecht der Person gebunden, für die man Verantwortung tragen und einstehen will. Für das Vorliegen dieses Willens spricht auch, dass – wie das SG zutreffend ausgeführt hat – der vorgelegte Mietvertrag nicht tatsächlich durchgeführt wird. Denn abweichend von den Rechten, die Frau H. dem Antragsteller ausweislich des Mietvertrages einräumt, kann dieser das gesamte Haus mitbenutzen. Damit stellt sie ihm mehr Raum zur Verfügung, als sie ihm mietvertraglich bereitstellen müsste. Für einen Willen, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen, spricht auch, dass die Begleichung der vereinbarten Nebenkostenvorauszahlungen nicht glaubhaft gemacht worden ist. Das SG hat zutreffend darauf hingewiesen, dass die Aussage im Erörterungstermin, er habe sich vor Dezember 2011 bisweilen das Geld von einem nicht näher bezeichneten "Kumpel" geborgt, nicht glaubhaft ist. Denn ausweislich der vorliegenden Kontoauszüge waren im Dezember 2011 ausreichende Geldmittel vorhanden, die dem Antragsteller zur Begleichung der geschuldeten Nebenkostenvorauszahlung zur Verfügung gestanden hätten (am 5. Dezember: 2.358,64 EUR auf dem Konto der ...bank; zuzüglich des Guthabens bei der ...bank S. am 31. Dezember 2011: 1.828,70 EUR). Außerdem hat der Antragsteller am 10. Januar 2012 gegenüber dem Antragsgegner angegeben, den Gewerbemietvertrag "aus vorhandenen Bankeinlagen" zu finanzieren. Gegen die Durchführung des Mietvertrags spricht auch, dass schon nicht eindeutig geregelt ist, welche Miete der Antragsteller schulden soll. Laut der Mietbescheinigung vom 7. Dezember 2011 beträgt die Gesamtmiete 95,84 EUR. Laut einer weiteren ergänzenden Mietbescheinigung vom selben Tag beträgt sie hingegen 112,29 EUR. Hier ist neben anderen Ergänzungen, insbesondere der Kabelanschluss für das Haus als laufender Kostenpunkt eingestellt worden.
Nach dem Bekunden der Frau H. im Erörterungstermin des SG besteht bei Einbeziehung ihres Einkommens und Vermögens kein Leistungsanspruch.
Das SG hat nur auf die fehlende Glaubhaftmachung des Anordnungsanspruchs abgestellt. Aber auch die Dringlichkeit der Entscheidung des Gerichts (Anordnungsgrund) nicht glaubhaft gemacht worden. Diese Dringlichkeit setzt eine aktuelle existenzielle Notlage des Antragstellers voraus. Aus der im Beschwerdeverfahren dargelegten finanziellen Situation des Antragstellers lässt sich nicht auf eine solche Notlage schließen. Nach den vorgelegten Kontoauszügen des Antragstellers lag der Kontostand auf dem bei der bank geführten Girokonto in der Zeit vom 1. März bis zum 30. Juni 2012 durchgehend im positiven Bereich. Selbst am 29. Juni 2012 war bei der bank noch ein Kontostand von 2.891,53 EUR zu verzeichnen, obwohl in der gesamten Zeit keine existenzsichernden Leistungen gewährt worden sind. In der Zeit vom 1. März bis zum 30. Juni 2012 sind Einzahlungen von 9.368,00 EUR erfolgt (2.000,00 EUR am 13. März, 353,00 EUR am 27. April, 2.100,00 EUR am 2. Mai, 2.500,00 EUR am 22. Mai, 665,00 EUR am 30. Mai sowie 1.750,00 EUR am 12. Juni). Unter Hinzuziehung des Kontostands Ende Juni 2012 waren innerhalb der genannten Zeitraums von ca. vier Monaten daher ca. 12.259,00 EUR, also monatlich ca. 3.065,00 EUR vorhanden. Soweit der Antragsteller unter Vorlage von Einnahme-/Überschussrechnungen für die Monate Januar bis Juni 2012 vorträgt, diese Einnahmen seien durch Ausgaben verbraucht worden, ist dies nicht hinreichend glaubhaft gemacht. Auch am 4. Januar 2012 hat der Antragsteller 1.200,00 EUR auf sein ...bankkonto eingezahlt. Nach der Einnahme-/Überschussrechnung für den Monat März 2012 will der Antragsteller in diesem Monat insgesamt nur 71,40 EUR eingenommen haben. In den Vormonaten Januar und Februar 2012 sollen ausweislich der Einnahme-/Überschussrechnung keine Einnahmen zu verzeichnen gewesen sein. Es ist nicht nachvollziehbar, wie es bei Einnahmen von Januar bis März in Höhe von insgesamt 71,40 EUR zu den genannten Einzahlungen von 2.000,00 EUR und 1.200,00 EUR gekommen ist. Er muss daher weitere, erhebliche Einnahmen oder Vermögen haben, die er bisher verwiegen hat. Denn er hat auf ausdrückliche Nachfrage des Senats mitgeteilt, dass er kein weiteres Sparguthaben besitze, und ausgeführt, dass seine Ersparnisse sich aus dem Kassenbestand ergäben. Auch diese in der Zeit von Januar bis Juni 2012 hohen Kassenbeständen lassen keine existenzielle Notlage glaubhaft erscheinen (Kassenstand zum 1. Januar 2012: 2.885,96 EUR, zum 1. Februar 2012: 2.656,06 EUR, zum 1. März 2012: 2,699,96 EUR, zum 1. April 2012: 1.840,92 EUR, zum 1. Mai 2012: 2.090,92 EUR und zum 1. Juni 2012: 2.658,77 EUR).
Die Sachlage ist gegebenenfalls im Hauptsacheverfahren weiter aufzuklären, soweit dieses vom Antragsteller fortgeführt wird. Dort wird auch zu klären sein, ob doch noch ein weiteres, bisher nicht bekanntes Konto existiert, von dem die Kfz-Beitragsrechnung der A. vom 5. Dezember 2011 abgebucht worden ist. Insoweit weist der Senat jedoch vorsorglich bereits jetzt auf eine etwaige strafrechtliche Verantwortlichkeit hin.
2.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Dieser Beschluss ist endgültig, § 177 SGG.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Der Antragsteller begehrt im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes die vorläufige Gewährung von Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II) und wendet sich insbesondere gegen die Annahme einer eheähnlichen Lebensgemeinschaft.
Der am ... 1958 geborene Antragsteller ist verheiratet. Gemeinsam mit seiner Ehefrau betrieb er ein Hotel in M., das mittlerweile verkauft sein soll. Er lebt länger als ein Jahr von seiner Ehefrau dauernd getrennt. Über das Internet lernte er Frau S. H. kennen und zog nach mehreren Treffen nach seinen Angaben gegenüber dem Sozialgericht Dessau-Roßlau (SG) am 3. Januar 2011 in das dieser gehörende Haus in W. ein.
Am 10. Januar 2011 meldete er ein Reisegewerbe mit Verkauf von Speisen (Imbiss) und Getränken in der L. W. an. Eine weitere Gewerbeanmeldung erfolgte am 7. Oktober 2011 für den Handel mit Kunstgewerbeartikeln und Spezialitäten. Der Antragsteller erhielt von der Bundesagentur für Arbeit einen Existenzgründerzuschuss, der am 24. Oktober 2011 endete.
Am 14. Oktober 2011 beantragte er beim Antragsgegner Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Der Antragsgegner sandte ihm den Antrag mehrfach wegen Unvollständigkeiten zurück und forderte ihn zur Mitwirkung auf. Im Rahmen der Antragstellung legte der Antragsteller einen Mietvertrag mit Frau H. vom 1. Oktober 2010 vor, wonach die Zahlung von insgesamt 95,84 EUR für kalte und warme Betriebskosten für eine anteilige Wohnfläche von 43 m² vereinbart wurde. Zudem reichte er eine "Änderung zum Mietvertrag vom 01.10.2010" vom 28. November 2011 ein, wonach die Vertragsparteien eine Erhöhung der Betriebskosten um 16,45 EUR auf monatlich insgesamt 112,29 EUR ab dem 1. Dezember 2011 vereinbarten. Für die beiden Gewerbe legte der Antragsteller die Anlage Erklärung zum Einkommen aus selbstständiger Tätigkeit (EKS) unter Angabe der voraussichtlichen Einnahmen und Ausgaben aus selbstständiger Tätigkeit vor. Danach erwarte er im Zeitraum Oktober 2011 bis März 2012 aus dem Handel mit Kunstgewerbe und Spezialitäten einen Gewinn in Höhe von 119,14 EUR sowie einen Verlust aus dem Reisegewerbe in Höhe von 192,97 EUR. Aus der betriebswirtschaftlichen Auswertung für den Monate März bis Dezember 2011 für das Gewerbe "Sp. Spezialitäten" geht ein kumuliertes vorläufiges Negativergebnis in Höhe von - 5.344,41 EUR hervor. In einem persönlichen Gespräch beim Antragsgegner am 31. Januar 2012 gab der Antragsteller an, dass er mit Frau H. "Tisch und Bett" teile und sie die gesamte Wohnung gemeinsam nutzen würden. Der Antragsgegner informierte ihn daraufhin darüber, dass von einer Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft ausgegangen werde und die wirtschaftlichen und persönlichen Verhältnisse Frau H. benötigt würden. Er forderte den Antragsteller mit einem weiteren Mitwirkungsschreiben vom 31. Januar 2012 auf, Unterlagen von Frau H. einzureichen. Diese teilte mit Schreiben vom 2. Februar 2012 dem Antragsgegner mit, sie reiche die angeforderten Unterlagen nicht ein. Sie unterstütze den Antragsteller nicht und übernehme auch keine Verantwortung für ihn. Die ihr zugeleiteten Vordrucke übersandte sie unausgefüllt zurück. Der Antragsgegner führte daraufhin am 5. März 2012 beim Antragsteller einen Hausbesuch durch. Insoweit wird auf den Inhalt des Ermittlungsberichts verwiesen (Bl. 38 der Gerichtsakte). Unter anderem sei ein Zimmer besichtigt worden, das der Antragsteller als sein Schlafzimmer bezeichnet habe. In diesem Zimmer habe sich eine ausziehbare Couch befunden, die zum Zeitpunk des Hausbesuchs zusammengeklappt gewesen sei. Auf die Frage, wo der Antragsteller sein Bettzeug aufbewahre, habe er angegeben, dieses befinde sich im Bettkasten der Couch. Es sei jedoch festgestellt worden, dass sich kein Bettzeug dort befand. Der Antragsteller habe insoweit angegeben, Frau H. habe das Bettzeug wohl weggeräumt. Nach seinen Angaben sei er am 1. Oktober 2010 eingezogen.
Am 6. März 2012 hat der Antragsteller beim SG einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gestellt und vorgetragen, er habe alle angeforderten Unterlagen abgegeben und wende sich gegen die mehrfache Rückgabe seines Antrags und die fehlende Bescheiderteilung. Mit Frau H. liege keine Verantwortungs- und Einstandsgemeinschaft vor.
Mit Bescheid vom 12. März 2012 hat der Antragsgegner den Antrag auf Leistungen nach dem SGB II für die Zeit ab dem 1. Oktober 2011 abgelehnt. Es liege eine Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft mit Frau H. vor und es sei davon auszugehen, dass diese die Bedarfsgemeinschaft in angemessenem Umfang unterstütze. Hiergegen hat der Antragsteller am 17. März 2012 Widerspruch eingelegt.
Das SG hat vom Antragsteller Kontoauszüge angefordert, die dieser für den Zeitraum vom 21. November 2011 bis zum 29. Februar 2012 vorgelegt hat. Es hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Frau H. in der nichtöffentlichen Sitzung am 30. März 2012. Im Einzelnen wird auf das Protokoll verwiesen. Das SG hat zudem das Haushaltsbuch des Antragstellers und der Frau H. eingesehen und in Kopie zur Akte genommen. Mit Beschluss vom 27. April 2012 hat es den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt. Der Antragsteller habe nicht glaubhaft machen können, dass er hilfebedürftig sei und mit seiner Partnerin keine Bedarfsgemeinschaft bestehe. Er lebe mit Frau H. seit dem 3. Januar 2011 in dem dieser gehörenden Haus zusammen. Damit sei von Gesetzes wegen ein Einstandswille zu vermuten (§ 7 Abs. 3a Nr. 1 SGB II). Diese Vermutung habe er nicht glaubhaft widerlegen können. Die Vernehmung der Frau H. habe ergeben, dass der Antragsteller und diese unstreitig das Haus gemeinsam bewohnen und alle Räume nutzen würden, wobei jeder einen Rückzugsraum für sich habe. Dies ändere jedoch nichts an der gemeinsamen Nutzung. Der Antragsteller und Frau H. würden zudem "aus einem Topf" wirtschaften. Es erfolge ein gemeinsamer Einkauf, Kochen, Putzen und Waschen, so dass die Kosten hierfür nicht spezifisch aufgeteilt würden. Dies belege auch das gemeinsame Haushaltsbuch, das ab Februar 2011 Einträge enthalte. Hieraus sei ersichtlich, dass grundsätzlich alle Kosten des Einkaufs auf beide Bewohner hälftig verteilt würden. Lediglich einzelne persönliche Gegenstände würden einer der beiden Personen zugeordnet. Dies stehe jedoch dem Wirtschaften "aus einem Topf" nicht entgegen. Grundsätzlich habe Frau H. die Lebenshaltungskosten für beide Personen finanziert. Soweit der Antragsteller einzelne Einkäufe bezahlt habe, sei dies mit "M" gekennzeichnet und von der hälftigen Gesamtsumme abgezogen worden. Frau H. habe den Antragsteller aufgenommen, als dieser nur mit "Handgepäck" zu ihr gekommen sei und habe ihm ihr Haus und ihre Einrichtung zur Mitbenutzung zur Verfügung gestellt. Damit unterstütze sie den Antragsteller bereits mit der Bereitstellung von unentgeltlichem Wohnraum. Sie verlange von ihm keine Grundmiete, die sie nach eigenen Angaben von einem Fremden verlangen würde. Der vorgelegte Mietvertrag werde tatsächlich nicht durchgeführt, weil danach nur die Nutzung bzw. Mitnutzung einzelner Zimmer mit 43 m² vereinbart sei. Die tatsächliche Nutzung weiche jedoch hiervon ab, da das gesamte Haus gemeinsam genutzt werde. Nicht glaubhaft gemacht sei die Behauptung, bis Dezember 2011 die Nebenkostenzahlungen aus Ersparnissen bzw. mit geborgtem Geld bezahlt zu haben. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten der Beweiswürdigung wird auf die Ausführungen des SG verwiesen.
Der Antragsteller hat gegen den ihm am 2. Mai 2012 zugestellten Beschluss am 25. Mai 2012 beim Landessozialgericht Sachsen-Anhalt Beschwerde eingelegt und ausgeführt, es sei zwar richtig, dass er schon über ein Jahr im Haus der Frau H.wohne. Dies gelte jedoch nur, wenn man auf den Tag des Beschlusses abstelle, nicht jedoch bezüglich des Tages seiner Antragstellung. Das Verwaltungsverfahren habe sich über fast sechs Monate erstreckt. Ursache dafür seien nicht nur die fehlenden Unterlagen seinerseits gewesen, sondern auch, dass der Antragsgegner immer neue Nachweise abgefordert habe. Seine Angaben in der nichtöffentlichen Sitzung beim SG seien aus dem Zusammenhang gerissen und falsch gewertet worden. Zu den geforderten Terminen hätten die erforderlichen Nachweise für die Ersparnisse nicht erbracht werden können, da ihm die Zeit gefehlt habe. Frau H. benötige ihr Einkommen, um ihre eigenen Lebensbedürfnisse zu befriedigen. Es sei von beiden Seiten aus nicht sicher, ob die Beziehung auf Dauer ausgerichtet sei. Frau H. habe nur deshalb keine Grundmiete gefordert, da sie selbst auch nur Betriebskosten zahlen müsse. Würde eine Freundin von ihr dort wohnen, bräuchte diese auch keine Grundmiete zahlen, nur würde man dann keine Einstands- und Verantwortungsgemeinschaft unterstellen.
Der Antragsteller beantragt sinngemäß,
den Beschluss des Sozialgerichts Dessau-Roßlau vom 27. April 2012 aufzuheben und den Antragsgegner zu verpflichten, ihm im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes vorläufig Leistungen nach dem SGB II zu gewähren.
Der Antragsgegner verteidigt die erstinstanzliche Entscheidung und beantragt,
die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Dessau-Roßlau vom 27. April 2012 zurückzuweisen.
Auf Anforderung des Senats hat der Antragsteller Kontoauszüge für sein bei der. bank geführtes Girokonto sowie für ein weiteres zum 1. Februar 2012 aufgelöstes Konto vorgelegt. Er hat auf Nachfrage mitgeteilt, dass seine Ersparnisse sich aus dem Kassenbestand ergäben, aus dem er seine Privatentnahmen tätige. Unterhaltsansprüche gegen seine Ehefrau mache er nicht geltend, da er nicht wisse, wo diese wohne. Zudem hat er u. a. Einnahme-/Überschussrechnungen für die Monate Januar bis Juni 2012 und den Einkommenssteuerbescheid für 2010 übersandt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichts- und Verwaltungsakten verwiesen, die Gegenstand der Beratung und Entscheidungsfindung gewesen sind.
II.
1. Die Beschwerde ist statthaft (§ 172 Sozialgerichtsgesetz – SGG), form- und fristgerecht eingelegt worden (§ 173 SGG) und auch im Übrigen zulässig.
Der zulässige Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist jedoch nicht begründet. Das SG hat ihn daher zu Recht abgelehnt.
Gemäß § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG kann eine einstweilige Anordnung erlassen werden, wenn sie zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Dabei hat der Antragsteller gemäß § 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. §§ 920 Abs. 2, 294 Zivilprozessordnung (ZPO) den Anspruch auf die begehrte Leistung (Anordnungsanspruch) sowie die Dringlichkeit der Entscheidung des Gerichts (Anordnungsgrund) glaubhaft zu machen.
Hier fehlt es bereits an der Glaubhaftmachung eines Anordnungsanspruchs. Der Senat verweist auf die Ausführungen des SG zur Bedarfsgemeinschaft zwischen dem Antragsteller und Frau H. in dessen Beschluss vom 27. April 2012 und macht sie sich zu Eigen, § 142 Abs. 2 Satz 3 SGG.
Ergänzend ist anzumerken:
Soweit der Antragsteller im Beschwerdeverfahren ausführt, dass das einjährige Zusammenleben noch nicht zu Beginn des Verwaltungsverfahrens vorgelegen hat, weil er die erforderlichen Unterlagen nicht eingereicht bzw. der Antragsgegner immer neue Unterlagen angefordert habe, führt dies nicht zu einer anderen Bewertung. Maßgeblich ist insoweit, dass jedenfalls zum hier maßgeblichen Zeitpunkt ab Eingang des Eilantrags beim SG am 6. März 2012 von der Vermutungswirkung ausgegangen werden muss. Auf den Zeitpunkt der Antragstellung beim Antragsgegner kommt es somit nicht an. Der Einzug erst am 3. Januar 2011 und nicht zu einem früheren Zeitpunkt ist aber auch nicht glaubhaft gemacht. Denn laut Vermieterbescheinigung und Angabe des Antragstellers beim Hausbesuch war er schon am 1. Oktober 2010 eingezogen. Darauf weist auch diese Wohnanschrift auf dem Gewerbemietervertrag mit der Gartenbaugenossenschaft vom 18. Oktober 2010 hin.
Die Vermutung eines Einstandswillen konnte der Antragsteller, wie das SG nach umfangreicher Beweisaufnahme und detaillierter Beweiswürdigung, die der Senat nachvollziehen kann, nicht hinreichend glaubhaft widerlegen. Vor diesem Hintergrund kann der Senat nach der derzeitigen Sach- und Rechtslage nicht feststellen, dass ein Anordnungsanspruch vorliegt.
Der Antragsteller hat seine Hilfebedürftigkeit nicht glaubhaft gemacht. Das SG ist zutreffend davon ausgegangen, dass der Vermutungstatbestand des § 7 Abs. 3a SGB II erfüllt ist, da der Antragsteller und Frau H. mehr als ein Jahr lang zusammenleben. Es ist ebenfalls zutreffend davon ausgegangen, dass der Antragsteller und Frau H. in einem gemeinsamen Haushalt leben (§ 7 Abs. 3 Nr. 3c SGB II). Denn beide bewohnen unstreitig das Haus und benutzen alle Räume gemeinsam, wobei dem nicht entgegensteht, dass jeder einen Rückzugsraum hat. Das SG hat nachvollziehbar aus dem Akteninhalt, den Angaben des Antragstellers und den Angaben der Frau H. geschlossen, dass beide "aus einem Topf" wirtschaften und ihre täglichen Bedarfe gemeinsam decken. Der Antragsteller hat dies selbst im Erörterungstermin so bestätigt. Sowohl der Antragsteller als auch Frau H. haben mitgeteilt, dass ein gemeinsamer Einkauf stattfindet und die Kosten hierfür nicht konkret aufgeteilt, sondern von beiden gemeinsam zu gleichen Anteilen finanziert werden. Eine gemeinsame Deckung der Bedarfe des täglichen Lebens ergibt sich auch aus dem Vortrag der Frau H., wonach sie das Haus putzt und die Wäsche für beide wäscht, während der Antragsteller dafür "das Handwerkliche" erledige. Die Zuordnung einzelner Kosten steht einem Wirtschaften aus einem Topf nicht entgegen, da die allgemeinen Bedarfe des Lebensunterhalts gerade gemeinsam gedeckt werden und besondere Bedarfe daneben stehen können, die jeder für sich trägt.
Das SG ist weiterhin zutreffend davon ausgegangen, dass der gemäß § 7 Abs. 3a Nr. 1 SGB II vermutete wechselseitige Wille, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen, von dem Antragsteller nicht nach dem im vorliegenden Eilverfahren zugrunde zu legenden Prüfungsmaßstab widerlegt worden ist. Er hat keine Tatsachen glaubhaft gemacht, die diese Vermutung entkräften würden. Er hat auf das Sozialgericht vielmehr den Eindruck gemacht, für Frau H. einstehen zu wollen und hat dies auch so kundgetan. Auf Nachfrage, ob er sich um sie kümmern würde, wenn sie erkranken würde und auf Hilfe angewiesen wäre, hat er im Erörterungstermin am 30. März 2012 erklärt, dass er sie unterstützen würde. Zwar hat Frau H. in diesem Termin mitgeteilt, dass sie nicht für den Antragsteller einstehen würde. Das SG ist jedoch zutreffend davon ausgegangen, dass allein eine bloße Behauptung nicht geeignet ist, innere Tatsachen glaubhaft zu machen. Es hat vielmehr zutreffend darauf abgestellt, dass aus den tatsächlichen Umständen und anhand objektiver Kriterien ein fehlender Einstandswille der Frau H. für den Antragsteller nicht hinreichend glaubhaft gemacht worden ist. Es hat nachvollziehbar ausgeführt, dass Frau H. den Antragsteller aufgenommen habe, als er nur mit seinem Handgepäck zu ihr gekommen war und ihm ihr Haus und ihre Einrichtung zur Mitbenutzung zur Verfügung gestellt hat. Sie unterstützte ihn damit bereits durch die Bereitstellung von unentgeltlichem Wohnraum, da sie – nach ihren Angaben im Erörterungstermin – keine Grundmiete vom Antragsteller verlangte, die sie aber von Fremden verlangen würde. Soweit der Antragsteller in seiner Beschwerdebegründung vorträgt, Frau H. würde auch von einer Freundin keine Grundmiete verlangen, führt dies nicht zu einer anderen Bewertung. Der Einstandswille ist nicht an das Geschlecht der Person gebunden, für die man Verantwortung tragen und einstehen will. Für das Vorliegen dieses Willens spricht auch, dass – wie das SG zutreffend ausgeführt hat – der vorgelegte Mietvertrag nicht tatsächlich durchgeführt wird. Denn abweichend von den Rechten, die Frau H. dem Antragsteller ausweislich des Mietvertrages einräumt, kann dieser das gesamte Haus mitbenutzen. Damit stellt sie ihm mehr Raum zur Verfügung, als sie ihm mietvertraglich bereitstellen müsste. Für einen Willen, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen, spricht auch, dass die Begleichung der vereinbarten Nebenkostenvorauszahlungen nicht glaubhaft gemacht worden ist. Das SG hat zutreffend darauf hingewiesen, dass die Aussage im Erörterungstermin, er habe sich vor Dezember 2011 bisweilen das Geld von einem nicht näher bezeichneten "Kumpel" geborgt, nicht glaubhaft ist. Denn ausweislich der vorliegenden Kontoauszüge waren im Dezember 2011 ausreichende Geldmittel vorhanden, die dem Antragsteller zur Begleichung der geschuldeten Nebenkostenvorauszahlung zur Verfügung gestanden hätten (am 5. Dezember: 2.358,64 EUR auf dem Konto der ...bank; zuzüglich des Guthabens bei der ...bank S. am 31. Dezember 2011: 1.828,70 EUR). Außerdem hat der Antragsteller am 10. Januar 2012 gegenüber dem Antragsgegner angegeben, den Gewerbemietvertrag "aus vorhandenen Bankeinlagen" zu finanzieren. Gegen die Durchführung des Mietvertrags spricht auch, dass schon nicht eindeutig geregelt ist, welche Miete der Antragsteller schulden soll. Laut der Mietbescheinigung vom 7. Dezember 2011 beträgt die Gesamtmiete 95,84 EUR. Laut einer weiteren ergänzenden Mietbescheinigung vom selben Tag beträgt sie hingegen 112,29 EUR. Hier ist neben anderen Ergänzungen, insbesondere der Kabelanschluss für das Haus als laufender Kostenpunkt eingestellt worden.
Nach dem Bekunden der Frau H. im Erörterungstermin des SG besteht bei Einbeziehung ihres Einkommens und Vermögens kein Leistungsanspruch.
Das SG hat nur auf die fehlende Glaubhaftmachung des Anordnungsanspruchs abgestellt. Aber auch die Dringlichkeit der Entscheidung des Gerichts (Anordnungsgrund) nicht glaubhaft gemacht worden. Diese Dringlichkeit setzt eine aktuelle existenzielle Notlage des Antragstellers voraus. Aus der im Beschwerdeverfahren dargelegten finanziellen Situation des Antragstellers lässt sich nicht auf eine solche Notlage schließen. Nach den vorgelegten Kontoauszügen des Antragstellers lag der Kontostand auf dem bei der bank geführten Girokonto in der Zeit vom 1. März bis zum 30. Juni 2012 durchgehend im positiven Bereich. Selbst am 29. Juni 2012 war bei der bank noch ein Kontostand von 2.891,53 EUR zu verzeichnen, obwohl in der gesamten Zeit keine existenzsichernden Leistungen gewährt worden sind. In der Zeit vom 1. März bis zum 30. Juni 2012 sind Einzahlungen von 9.368,00 EUR erfolgt (2.000,00 EUR am 13. März, 353,00 EUR am 27. April, 2.100,00 EUR am 2. Mai, 2.500,00 EUR am 22. Mai, 665,00 EUR am 30. Mai sowie 1.750,00 EUR am 12. Juni). Unter Hinzuziehung des Kontostands Ende Juni 2012 waren innerhalb der genannten Zeitraums von ca. vier Monaten daher ca. 12.259,00 EUR, also monatlich ca. 3.065,00 EUR vorhanden. Soweit der Antragsteller unter Vorlage von Einnahme-/Überschussrechnungen für die Monate Januar bis Juni 2012 vorträgt, diese Einnahmen seien durch Ausgaben verbraucht worden, ist dies nicht hinreichend glaubhaft gemacht. Auch am 4. Januar 2012 hat der Antragsteller 1.200,00 EUR auf sein ...bankkonto eingezahlt. Nach der Einnahme-/Überschussrechnung für den Monat März 2012 will der Antragsteller in diesem Monat insgesamt nur 71,40 EUR eingenommen haben. In den Vormonaten Januar und Februar 2012 sollen ausweislich der Einnahme-/Überschussrechnung keine Einnahmen zu verzeichnen gewesen sein. Es ist nicht nachvollziehbar, wie es bei Einnahmen von Januar bis März in Höhe von insgesamt 71,40 EUR zu den genannten Einzahlungen von 2.000,00 EUR und 1.200,00 EUR gekommen ist. Er muss daher weitere, erhebliche Einnahmen oder Vermögen haben, die er bisher verwiegen hat. Denn er hat auf ausdrückliche Nachfrage des Senats mitgeteilt, dass er kein weiteres Sparguthaben besitze, und ausgeführt, dass seine Ersparnisse sich aus dem Kassenbestand ergäben. Auch diese in der Zeit von Januar bis Juni 2012 hohen Kassenbeständen lassen keine existenzielle Notlage glaubhaft erscheinen (Kassenstand zum 1. Januar 2012: 2.885,96 EUR, zum 1. Februar 2012: 2.656,06 EUR, zum 1. März 2012: 2,699,96 EUR, zum 1. April 2012: 1.840,92 EUR, zum 1. Mai 2012: 2.090,92 EUR und zum 1. Juni 2012: 2.658,77 EUR).
Die Sachlage ist gegebenenfalls im Hauptsacheverfahren weiter aufzuklären, soweit dieses vom Antragsteller fortgeführt wird. Dort wird auch zu klären sein, ob doch noch ein weiteres, bisher nicht bekanntes Konto existiert, von dem die Kfz-Beitragsrechnung der A. vom 5. Dezember 2011 abgebucht worden ist. Insoweit weist der Senat jedoch vorsorglich bereits jetzt auf eine etwaige strafrechtliche Verantwortlichkeit hin.
2.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Dieser Beschluss ist endgültig, § 177 SGG.
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