Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
8
1. Instanz
SG Magdeburg (SAN)
Aktenzeichen
S 22 SO 119/12 ER
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 8 SO 2/13 B ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Auf die Beschwerden des Antragsgegners und des Beigeladenen wird der Beschluss des Sozialgerichts Magdeburg vom 20. Dezember 2012 aufgehoben.
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt.
Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Die Antragsteller (im weiteren Ast.) begehren im Wege der einstweiligen Anordnung die Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (Sozialhilfe – SGB XII).
Sie beantragten am 16. Mai 2012 bei dem Antragsgegner (im weiteren Ag.) Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem SGB XII ab dem 1. Juni 2012. Zur Begründung trugen sie vor, ab dem 1. Juni 2012 beide Rentner zu sein und mit dem Rentengesamtbetrag in Höhe von 1.104,40 EUR ihren Bedarf nicht decken zu können.
Mit Bescheid vom 20. Juni 2012 bewilligte der Ag. der Ast. zu 2. Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung vom 1. Juni bis zum 31. August 2012 insoweit, als ihr 0,17 EUR für den Monat Juni 2012 sowie 63,99 EUR für den Monat August 2012 zuerkannt und im Übrigen Leistungen für den Monat Juli 2012 und ab dem 1. September 2012 abgelehnt wurden. Der Ast. zu 1. erfülle die Anspruchsvoraussetzungen nach § 41 SGB XII derzeit nicht, da er (nur) eine befristete Rente wegen voller Erwerbsminderung beziehe. Hier gegen legten die Ast. am 26. Juni 2012 Widerspruch ein mit der Begründung, bei der Bedarfsberechnung seien ihre Ausgaben für Haushalt, Telefon, PKW, Vorauskredit und GEZ nicht berücksichtigt worden; es bestehe ein monatlicher Bedarf in Höhe von 301,73 EUR, der gedeckt werden müsse.
Am 17. Juli 2012 beantragten die Ast. beim Sozialgericht (SG) Magdeburg den Erlass einer einstweiligen Anordnung mit dem Ziel der Verurteilung des Ag. zur Zahlung von monatlich 301,73 EUR für die ersten sechs Monate. Eine weitere Verzögerung könnten sie sich nicht leisten und die Bearbeitung des Widerspruchs nicht abwarten.
Der Ag. wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 10. August 2012 als unbegründet zurück. Der Ast. zu 2. stünden keine höheren Leistungen zu. Der Ast. zu 1. gehöre aufgrund des Bezugs von voller Erwerbsminderung auf Zeit nicht zum anspruchsberechtigten Personenkreis für Leistungen nach dem SGB XII.
Das SG hat in nichtöffentlicher Sitzung am 9. November 2012 die Sach- und Rechtslage mit den Ast. und dem Ag. erörtert und die Auffassung vertreten, ein am 21. August 2012 beim SG eingegangenes Schreiben der Ast., in dem sie sich gegen das Schreiben des Ag. vom 10. August 2012 gewendet haben, sei als Klage anzusehen; dieses Verfahren werde unter dem Aktenzeichen S 22 SO 193/12 beim SG geführt.
Sodann hat das SG Magdeburg mit Beschluss vom 19. November 2012 die aus dem Rubrum ersichtliche Beiladung vorgenommen.
Mit Beschluss vom 20. Dezember 2012 hat das SG Magdeburg beschlossen:
Tenor:
Der Ag. wird vorläufig unter dem Vorbehalt der Rückforderung verpflichtet, der Ast. zu 2. Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung monatlich für die Zeit vom 17. Juli 2012 bis zum 31. Januar 2013 zu zahlen, und zwar
für den Monat Juli 2012 anteilig in Höhe von 36,42 EUR,
für die Monate August, Oktober und November 2012 sowie für den Monat Januar 2013 in Höhe von 75,26 EUR sowie
für die Monate September und Dezember 2012 in Höhe von 123,07 EUR.
Der Beigeladene wird vorläufig unter dem Vorhalt der Rückforderung verpflichtet, dem Ast. zu 1. Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalt monatlich für die Zeit vom 17. Juli 2012 bis zum 31. Januar 2013 zu zahlen, und zwar
für den Monat Juli 2012 anteilig in Höhe von 155,67 EUR und
für die Monate August 2012 bis Januar 2013 in Höhe von 321,71 EUR.
Im Übrigen wird der Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz abgelehnt.
Der Ag. hat den Ast. deren notwendige außergerichtliche Kosten zu erstatten.
Der Beschluss ist den Ast. am 28. Dezember 2012, dem Ag. am 2. Januar 2013 und dem Beigeladenen (nach seinen Angaben) am 21. Dezember 2012 zugestellt worden.
Es haben bei Auslegung ihres Vorbringens der Beigeladene am 10. Januar 2013 und der Ag. am 21. Januar 2013 jeweils Beschwerde gegen den Beschluss des SG Magdeburg vom 20. Dezember 2012 beim SG Magdeburg eingelegt, soweit sie zur Zahlung verpflichtet worden sind. Dieses hat die Beschwerden an das Landessozialgericht (LSG) Sachsen-Anhalt weitergeleitet. Der Beigeladene hat zudem beantragt, die Vollziehung des Beschlusses einstweilen auszusetzen.
Die Ast. haben am 24. Januar 2013 einen mit "Antrag" überschriebenen Schriftsatz vom 23. Januar 2013 an das SG Magdeburg gerichtet und darin darauf hingewiesen, dass sie in mehreren Telefonaten mit dem Ag. und dem Beigeladenen versucht hätten, den Beschluss des SG durchzusetzen. Da der Beschluss nicht einfach so ignoriert werden könne, seien sie erneut auf Hilfe angewiesen. Sie bäten darum, "den Antrag des Landessozialgerichts zurückzuweisen und.endlich zu helfen". Diesem Schreiben beigefügt sind an den Beigeladenen und den Ag. gerichtete Schreiben vom 12. bzw. 13. Januar 2013, in denen gebeten wird, die einstweilige Verfügung möglichst umgehend umzusetzen, und ein Termin hierzu auf den 19. Januar 2013 festgelegt wird.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der Verwaltungsakten des Ag. und des Beigeladenen, die sämtlich Gegenstand der Entscheidungsfindung des Senats gewesen sind, Bezug genommen.
II.
Die Beschwerden sind zulässig und begründet. Sie haben insoweit Erfolg, als das SG den Ag. und den Beigeladenen verurteilt hat, Leistungen für die Zeit vom 17. Juli 2012 bis zum 31. Januar 2013 zu zahlen. Insoweit ist der Beschluss wegen veränderter Umstände aufzuheben, weil die Vollziehung des Beschlusses nach § 86b Abs. 2 Satz 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) i.V.m. § 929 Abs. 2 Zivilprozessordnung (ZPO) nicht mehr statthaft ist (Keller in Meyer-Ladewig/Keller-Leitherer Komm. zum SGG, 10. Auflage 2012, § 86b Rn 46 mwN).
Nach § 929 Abs. 2 ZPO ist die Vollziehung eines Beschlusses über die Anordnung der einstweiligen Anordnung unstatthaft, wenn seit dem Tag, an dem der Beschluss verkündet oder der Partei, auf deren Antrag er erging, zugestellt ist, ein Monat verstrichen ist. Die Vollziehung setzt die Fälligkeit der jeweiligen Leistung voraus, so dass die Frist frühestens zu diesem Zeitpunkt beginnt (Keller a.a.O.). Seit der Zustellung des angefochtenen Beschlusses am 21. Dezember 2012 bzw. am 2. Januar 2013 haben der Ag. und der Beigeladene weder freiwillig geleistet, noch sind Vollstreckungsmaßnahmen gegen den Ag. und den Beigeladenen eingeleitet worden.
Die einmonatige Vollziehungsfrist ist von Amts wegen zu beachten; sie kann weder abgekürzt noch verlängert werden. Ist sie, wie hier, verstrichen, ist die Vollziehung der einstweiligen Anordnung nicht mehr zulässig. Deren Regelungsgehalt ist auf Grund dessen ab diesem Zeitpunkt weggefallen mit der Folge, dass die einstweilige Anordnung aufzuheben ist (vgl. Sächsisches LSG, Beschluss vom 24. Oktober 2008 - L 3 B 380/08 AS-ER -; Bayerisches LSG, Beschluss vom 27. April 2009 - L 8 SO 29/09 B ER -; Beschluss des LSG Nordrhein-Westfalen vom 25. Mai 2010 - L 19 AS 504/10 B ER -; Berlin-Brandenburg vom 15. April 2011 - L 14 AS 218/11 B ER -; LSG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 5. November 2012 - L 3 AS 447/12 B ER -, jeweils juris).
Für den Ablauf der Vollziehungsfrist kommt es nicht darauf an, dass die Ast. unter Fristsetzung bis zum 19. Januar 2013 vom Ag. und Beigeladenen die Umsetzung des Beschlusses des SG verlangt haben. Der Wortlaut des § 929 Abs. 2 ZPO, der die Vollziehung verlangt, ist insoweit eindeutig.
In dem Schreiben der Ast. an das SG Magdeburg vom 23. Januar 2013 - Eingang 24. Januar 2013 - ist kein Vollstreckungsantrag zu sehen, für den das SG zu einer Weiterleitung an das zuständige Amtsgericht verpflichtet gewesen wäre. Es wird weder ausdrücklich noch konkludent die Einleitung von Vollstreckungsmaßnahmen beantragt. Vielmehr wird eine Entscheidung über die Beschwerde entweder durch das SG Magdeburg oder durch das LSG Sachsen-Anhalt verfolgt, um eine rechtskräftige Entscheidung zu bewirken.
Der Anwendbarkeit des § 929 Abs. 2 ZPO steht nicht entgegen, dass der Ag. und der Beigeladene als Träger öffentlicher Verwaltung an Recht und Gesetz gebunden sind und die Ast. davon ausgingen, dass diese der durch das SG auferlegten Verpflichtung nachkommen würden. Der Ag. und der Beigeladene haben jeweils deutlich gemacht, mit dem Beschluss des SG nicht einverstanden zu sein und dessen Aufhebung zu verfolgen; der Beigeladene hat zudem beantragt, die Vollziehung des Beschlusses einstweilen auszusetzen. Diese Vorgehensweise steht mit der Rechtsordnung in Einklang, da dem Ag. und dem Beigeladenen als Träger öffentlicher Verwaltung und Leistungserbringern ebenso das Recht der Beschwerdeeinlegung zusteht wie den Leistungsempfängern und sie im Interesse der rechtmäßigen Verwendung der öffentlichen Mittel gegen von ihnen als rechtswidrig beurteilte Gerichtsentscheidungen die zulässigen Rechtsbehelfe einzulegen haben.
Der Senat folgt nicht der vom Sächsischen LSG im Beschluss vom 22. April 2008 in dem Streitverfahren L 2 B 111/08 AS-ER (juris) vertretenen Auffassung, wonach § 929 Abs. 2 ZPO im Hinblick auf die existenzsichernde Art der Leistungen im Bereich des SGB II (hier SGB XII) nur einschränkend anwendbar sei. Dem steht zur Überzeugung des Senats entgegen, dass sich der Gesetzgeber, wie sich aus der Gesetzesbegründung zur Einführung des § 86b SGG ergibt (vgl. BT-Drucksache 14/5943), bewusst für die Anwendung der Vorschrift des § 929 Abs. 2 ZPO entschieden hat. § 929 ZPO ist in § 86b Abs. 2 Satz 4 SGG neben weiteren, im Einzelnen aufgeführten Vorschriften der ZPO, ausdrücklich erwähnt und nicht wie andere, z.B. §§ 922, 924, 925 ZPO, nicht genannt worden. Schließlich spricht die ebenfalls für anwendbar erklärte Vorschrift des § 945 ZPO dafür, von einer uneingeschränkten Anwendbarkeit des § 929 Abs. 2 ZPO auszugehen. Denn nach § 945 ZPO ist die Partei, die die einstweilige Anordnung erwirkt hat, zum Ersatz des Schadens verpflichtet, der aus der Vollziehung der Maßregel entsteht, wenn sich die Anordnung der einstweiligen Verfügung als von Anfang an ungerechtfertigt erweist. Auch insoweit muss es dem Vollstreckungsgläubiger überlassen bleiben, zu entscheiden, ob die ergangene Anordnung vollzogen werden soll oder nicht. Schließlich ist der besondere Umstand zu berücksichtigen, dass bei der Erbringung existenzsichernder Leistungen diese in aller Regel tatsächlich nicht zurückgefordert werden können, weil sie sofort nach ihrer Auszahlung verbraucht werden und die getroffene Entscheidung damit im Ergebnis faktisch nicht mehr rückgängig gemacht werden kann.
Die Kostenentscheidung folgt aus der entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Der Beschluss ist mit der Beschwerde nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt.
Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Die Antragsteller (im weiteren Ast.) begehren im Wege der einstweiligen Anordnung die Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (Sozialhilfe – SGB XII).
Sie beantragten am 16. Mai 2012 bei dem Antragsgegner (im weiteren Ag.) Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem SGB XII ab dem 1. Juni 2012. Zur Begründung trugen sie vor, ab dem 1. Juni 2012 beide Rentner zu sein und mit dem Rentengesamtbetrag in Höhe von 1.104,40 EUR ihren Bedarf nicht decken zu können.
Mit Bescheid vom 20. Juni 2012 bewilligte der Ag. der Ast. zu 2. Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung vom 1. Juni bis zum 31. August 2012 insoweit, als ihr 0,17 EUR für den Monat Juni 2012 sowie 63,99 EUR für den Monat August 2012 zuerkannt und im Übrigen Leistungen für den Monat Juli 2012 und ab dem 1. September 2012 abgelehnt wurden. Der Ast. zu 1. erfülle die Anspruchsvoraussetzungen nach § 41 SGB XII derzeit nicht, da er (nur) eine befristete Rente wegen voller Erwerbsminderung beziehe. Hier gegen legten die Ast. am 26. Juni 2012 Widerspruch ein mit der Begründung, bei der Bedarfsberechnung seien ihre Ausgaben für Haushalt, Telefon, PKW, Vorauskredit und GEZ nicht berücksichtigt worden; es bestehe ein monatlicher Bedarf in Höhe von 301,73 EUR, der gedeckt werden müsse.
Am 17. Juli 2012 beantragten die Ast. beim Sozialgericht (SG) Magdeburg den Erlass einer einstweiligen Anordnung mit dem Ziel der Verurteilung des Ag. zur Zahlung von monatlich 301,73 EUR für die ersten sechs Monate. Eine weitere Verzögerung könnten sie sich nicht leisten und die Bearbeitung des Widerspruchs nicht abwarten.
Der Ag. wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 10. August 2012 als unbegründet zurück. Der Ast. zu 2. stünden keine höheren Leistungen zu. Der Ast. zu 1. gehöre aufgrund des Bezugs von voller Erwerbsminderung auf Zeit nicht zum anspruchsberechtigten Personenkreis für Leistungen nach dem SGB XII.
Das SG hat in nichtöffentlicher Sitzung am 9. November 2012 die Sach- und Rechtslage mit den Ast. und dem Ag. erörtert und die Auffassung vertreten, ein am 21. August 2012 beim SG eingegangenes Schreiben der Ast., in dem sie sich gegen das Schreiben des Ag. vom 10. August 2012 gewendet haben, sei als Klage anzusehen; dieses Verfahren werde unter dem Aktenzeichen S 22 SO 193/12 beim SG geführt.
Sodann hat das SG Magdeburg mit Beschluss vom 19. November 2012 die aus dem Rubrum ersichtliche Beiladung vorgenommen.
Mit Beschluss vom 20. Dezember 2012 hat das SG Magdeburg beschlossen:
Tenor:
Der Ag. wird vorläufig unter dem Vorbehalt der Rückforderung verpflichtet, der Ast. zu 2. Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung monatlich für die Zeit vom 17. Juli 2012 bis zum 31. Januar 2013 zu zahlen, und zwar
für den Monat Juli 2012 anteilig in Höhe von 36,42 EUR,
für die Monate August, Oktober und November 2012 sowie für den Monat Januar 2013 in Höhe von 75,26 EUR sowie
für die Monate September und Dezember 2012 in Höhe von 123,07 EUR.
Der Beigeladene wird vorläufig unter dem Vorhalt der Rückforderung verpflichtet, dem Ast. zu 1. Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalt monatlich für die Zeit vom 17. Juli 2012 bis zum 31. Januar 2013 zu zahlen, und zwar
für den Monat Juli 2012 anteilig in Höhe von 155,67 EUR und
für die Monate August 2012 bis Januar 2013 in Höhe von 321,71 EUR.
Im Übrigen wird der Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz abgelehnt.
Der Ag. hat den Ast. deren notwendige außergerichtliche Kosten zu erstatten.
Der Beschluss ist den Ast. am 28. Dezember 2012, dem Ag. am 2. Januar 2013 und dem Beigeladenen (nach seinen Angaben) am 21. Dezember 2012 zugestellt worden.
Es haben bei Auslegung ihres Vorbringens der Beigeladene am 10. Januar 2013 und der Ag. am 21. Januar 2013 jeweils Beschwerde gegen den Beschluss des SG Magdeburg vom 20. Dezember 2012 beim SG Magdeburg eingelegt, soweit sie zur Zahlung verpflichtet worden sind. Dieses hat die Beschwerden an das Landessozialgericht (LSG) Sachsen-Anhalt weitergeleitet. Der Beigeladene hat zudem beantragt, die Vollziehung des Beschlusses einstweilen auszusetzen.
Die Ast. haben am 24. Januar 2013 einen mit "Antrag" überschriebenen Schriftsatz vom 23. Januar 2013 an das SG Magdeburg gerichtet und darin darauf hingewiesen, dass sie in mehreren Telefonaten mit dem Ag. und dem Beigeladenen versucht hätten, den Beschluss des SG durchzusetzen. Da der Beschluss nicht einfach so ignoriert werden könne, seien sie erneut auf Hilfe angewiesen. Sie bäten darum, "den Antrag des Landessozialgerichts zurückzuweisen und.endlich zu helfen". Diesem Schreiben beigefügt sind an den Beigeladenen und den Ag. gerichtete Schreiben vom 12. bzw. 13. Januar 2013, in denen gebeten wird, die einstweilige Verfügung möglichst umgehend umzusetzen, und ein Termin hierzu auf den 19. Januar 2013 festgelegt wird.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der Verwaltungsakten des Ag. und des Beigeladenen, die sämtlich Gegenstand der Entscheidungsfindung des Senats gewesen sind, Bezug genommen.
II.
Die Beschwerden sind zulässig und begründet. Sie haben insoweit Erfolg, als das SG den Ag. und den Beigeladenen verurteilt hat, Leistungen für die Zeit vom 17. Juli 2012 bis zum 31. Januar 2013 zu zahlen. Insoweit ist der Beschluss wegen veränderter Umstände aufzuheben, weil die Vollziehung des Beschlusses nach § 86b Abs. 2 Satz 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) i.V.m. § 929 Abs. 2 Zivilprozessordnung (ZPO) nicht mehr statthaft ist (Keller in Meyer-Ladewig/Keller-Leitherer Komm. zum SGG, 10. Auflage 2012, § 86b Rn 46 mwN).
Nach § 929 Abs. 2 ZPO ist die Vollziehung eines Beschlusses über die Anordnung der einstweiligen Anordnung unstatthaft, wenn seit dem Tag, an dem der Beschluss verkündet oder der Partei, auf deren Antrag er erging, zugestellt ist, ein Monat verstrichen ist. Die Vollziehung setzt die Fälligkeit der jeweiligen Leistung voraus, so dass die Frist frühestens zu diesem Zeitpunkt beginnt (Keller a.a.O.). Seit der Zustellung des angefochtenen Beschlusses am 21. Dezember 2012 bzw. am 2. Januar 2013 haben der Ag. und der Beigeladene weder freiwillig geleistet, noch sind Vollstreckungsmaßnahmen gegen den Ag. und den Beigeladenen eingeleitet worden.
Die einmonatige Vollziehungsfrist ist von Amts wegen zu beachten; sie kann weder abgekürzt noch verlängert werden. Ist sie, wie hier, verstrichen, ist die Vollziehung der einstweiligen Anordnung nicht mehr zulässig. Deren Regelungsgehalt ist auf Grund dessen ab diesem Zeitpunkt weggefallen mit der Folge, dass die einstweilige Anordnung aufzuheben ist (vgl. Sächsisches LSG, Beschluss vom 24. Oktober 2008 - L 3 B 380/08 AS-ER -; Bayerisches LSG, Beschluss vom 27. April 2009 - L 8 SO 29/09 B ER -; Beschluss des LSG Nordrhein-Westfalen vom 25. Mai 2010 - L 19 AS 504/10 B ER -; Berlin-Brandenburg vom 15. April 2011 - L 14 AS 218/11 B ER -; LSG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 5. November 2012 - L 3 AS 447/12 B ER -, jeweils juris).
Für den Ablauf der Vollziehungsfrist kommt es nicht darauf an, dass die Ast. unter Fristsetzung bis zum 19. Januar 2013 vom Ag. und Beigeladenen die Umsetzung des Beschlusses des SG verlangt haben. Der Wortlaut des § 929 Abs. 2 ZPO, der die Vollziehung verlangt, ist insoweit eindeutig.
In dem Schreiben der Ast. an das SG Magdeburg vom 23. Januar 2013 - Eingang 24. Januar 2013 - ist kein Vollstreckungsantrag zu sehen, für den das SG zu einer Weiterleitung an das zuständige Amtsgericht verpflichtet gewesen wäre. Es wird weder ausdrücklich noch konkludent die Einleitung von Vollstreckungsmaßnahmen beantragt. Vielmehr wird eine Entscheidung über die Beschwerde entweder durch das SG Magdeburg oder durch das LSG Sachsen-Anhalt verfolgt, um eine rechtskräftige Entscheidung zu bewirken.
Der Anwendbarkeit des § 929 Abs. 2 ZPO steht nicht entgegen, dass der Ag. und der Beigeladene als Träger öffentlicher Verwaltung an Recht und Gesetz gebunden sind und die Ast. davon ausgingen, dass diese der durch das SG auferlegten Verpflichtung nachkommen würden. Der Ag. und der Beigeladene haben jeweils deutlich gemacht, mit dem Beschluss des SG nicht einverstanden zu sein und dessen Aufhebung zu verfolgen; der Beigeladene hat zudem beantragt, die Vollziehung des Beschlusses einstweilen auszusetzen. Diese Vorgehensweise steht mit der Rechtsordnung in Einklang, da dem Ag. und dem Beigeladenen als Träger öffentlicher Verwaltung und Leistungserbringern ebenso das Recht der Beschwerdeeinlegung zusteht wie den Leistungsempfängern und sie im Interesse der rechtmäßigen Verwendung der öffentlichen Mittel gegen von ihnen als rechtswidrig beurteilte Gerichtsentscheidungen die zulässigen Rechtsbehelfe einzulegen haben.
Der Senat folgt nicht der vom Sächsischen LSG im Beschluss vom 22. April 2008 in dem Streitverfahren L 2 B 111/08 AS-ER (juris) vertretenen Auffassung, wonach § 929 Abs. 2 ZPO im Hinblick auf die existenzsichernde Art der Leistungen im Bereich des SGB II (hier SGB XII) nur einschränkend anwendbar sei. Dem steht zur Überzeugung des Senats entgegen, dass sich der Gesetzgeber, wie sich aus der Gesetzesbegründung zur Einführung des § 86b SGG ergibt (vgl. BT-Drucksache 14/5943), bewusst für die Anwendung der Vorschrift des § 929 Abs. 2 ZPO entschieden hat. § 929 ZPO ist in § 86b Abs. 2 Satz 4 SGG neben weiteren, im Einzelnen aufgeführten Vorschriften der ZPO, ausdrücklich erwähnt und nicht wie andere, z.B. §§ 922, 924, 925 ZPO, nicht genannt worden. Schließlich spricht die ebenfalls für anwendbar erklärte Vorschrift des § 945 ZPO dafür, von einer uneingeschränkten Anwendbarkeit des § 929 Abs. 2 ZPO auszugehen. Denn nach § 945 ZPO ist die Partei, die die einstweilige Anordnung erwirkt hat, zum Ersatz des Schadens verpflichtet, der aus der Vollziehung der Maßregel entsteht, wenn sich die Anordnung der einstweiligen Verfügung als von Anfang an ungerechtfertigt erweist. Auch insoweit muss es dem Vollstreckungsgläubiger überlassen bleiben, zu entscheiden, ob die ergangene Anordnung vollzogen werden soll oder nicht. Schließlich ist der besondere Umstand zu berücksichtigen, dass bei der Erbringung existenzsichernder Leistungen diese in aller Regel tatsächlich nicht zurückgefordert werden können, weil sie sofort nach ihrer Auszahlung verbraucht werden und die getroffene Entscheidung damit im Ergebnis faktisch nicht mehr rückgängig gemacht werden kann.
Die Kostenentscheidung folgt aus der entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Der Beschluss ist mit der Beschwerde nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
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