Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Halle (Saale) (SAN)
Aktenzeichen
S 8 KN 176/07
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 1 R 178/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Das Urteil des Sozialgerichts Halle vom 31. März 2010 sowie der Bescheid der Beklagten vom 04. Dezember 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. September 2007 werden abgeändert.
Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin Rente wegen voller Erwerbsminderung vom 01. September 2011 bis zum 31. Januar 2012 in gesetzlicher Höhe zu gewähren.
Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt ½ der notwendigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin im Berufungsverfahren.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung nach dem Sechsten Buch Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Rentenversicherung (SGB VI).
Die am ... 1951 geborene Klägerin erlernte vom 01. September 1968 bis zum 30. Juni 1970 den Beruf der Fernschreiberin. Anschließend war sie im erlernten Beruf bis 31. März 1976 tätig. Sie arbeitete vom 01. April 1976 bis 11. August 1976 als Instrukteurin im Bereich Wirtschaft/Finanzen, vom 01. August 1976 bis 31. Juli 1977 als Sekretärin, vom 12. August 1977 bis 30. September 1985 als Fernschreiberin, vom 01. Oktober 1985 bis 31. Dezember 1991 als Geschäftsstellenleiterin bei der Transportpolizei und vom 01. Januar 1992 bis 31. Dezember 2003 als Verwaltungsangestellte bei der Polizei. Die Klägerin war zuletzt in der Vergütungsgruppe VIb BAT-Ost eingruppiert. Das Arbeitsverhältnis wurde zum 31. Dezember 2003 beendet. Anschließend war sie arbeitsuchend. Seit dem 01. September 2011 bezieht sie eine Altersrente für schwerbehinderte Menschen.
Am 19. Dezember 2005 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung. Die Beklagte zog daraufhin das Gutachten nach Aktenlage der Arbeitsamtsärztin der Agentur für Arbeit H. Dipl.-Med. G. vom 14. Juli 2004, einen Befundbericht von Dr. W. vom 20. November 2003, Epikrisen des Städtischen Krankenhauses M.-M. in H.-D. vom 14. März 2001 und 11. August 2001, einen Bericht des Internisten und Rheumatologen Dr. H. vom 18. August 2005, die Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenkassen (MDK) S.-A. von Dr. A. vom 04. Februar 2004, Dr. H. vom 06. Dezember 2005 sowie Dr. K. vom 05. Januar 2006 bei. Auf Veranlassung der Beklagten erstattete die Fachärztin für Innere Medizin Dr. K. vom Sozialmedizinischen Dienst (SMD) der Beklagten das Gutachten vom 03. April 2006. Die Internistin diagnostizierte aufgrund ihrer Untersuchung am 28. März 2006 folgende Erkrankungen:
aktivierte Arthrose im Bereich des oberen Sprunggelenkes links mit Dauerschmerz und belastungsabhängiger Zunahme der Schmerzen,
Polyarthrosen mit belastungsabhängigen und zum Teil dauerhaft bestehenden Schmerzen im Bereich der Hände, der Füße, der Knie sowie im Bereich der Wirbelsäule,
Zustand nach Hüft-TEP links 2001,
Skoliose,
depressive Episode bei chronischen Schmerzen.
Aus sozialmedizinischer Sicht sei eine medizinische Rehabilitationsmaßnahme mit komplexem Behandlungsprogramm dringend erforderlich. Daraufhin befand sich die Klägerin vom 01. Juni 2006 bis 22. Juni 2006 zur Rehabilitation im Klinikzentrum B. S. Die Ärzte diagnostizierten im Rehaentlassungsbericht vom 12. Juli 2006:
Arthritis/Arthrose rechtes/linkes oberes Sprunggelenk mit geringem Funktionsdefizit,
chronisch-lumbales Schmerzsyndrom mit Skoliosis vertebrae,
rezidivierendes Zervikalsyndrom,
Polyarthrose vom Heberden-Typ,
Verdacht auf Anpassungsstörung mit depressiver Reaktion.
Die Klägerin könne als Verwaltungsangestellte sechs Stunden und mehr tätig sein. Auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt könne sie leichte Arbeiten überwiegend im Sitzen, zeitweise im Stehen und Gehen, ohne längeres Gehen auf unebenem Gelände, nicht auf Leitern und Gerüsten, nicht in Zwangshaltungen, ohne Kälte- und Nässeexpositionen sowie ohne Unfallgefahr sechs Stunden und mehr verrichten. Nach Einholung einer abschließenden Stellungnahme der Fachärztin für Allgemeinmedizin Dr. S. vom SMD der Beklagten lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 04. Dezember 2006 den Rentenantrag ab. Die Klägerin werde noch für fähig erachtet, eine Erwerbstätigkeit mindestens drei bzw. mindestens sechs Stunden täglich unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes auszuüben. Es liege weder eine volle noch eine teilweise Erwerbsminderung vor. Aufgrund des ärztlicherseits festgestellten Leistungsvermögens sei sie noch in der Lage, ihren Hauptberuf als Angestellte im Verwaltungsdienst zu verrichten. Berufsunfähigkeit liege daher nicht vor. Hiergegen legte die Klägerin am 27. Dezember 2006 Widerspruch ein. Sie fühle sich außerstande, in absehbarer Zeit mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Sie sei ständig in ärztlicher Behandlung. Ihr Gesundheitszustand habe sich seit 2004 weiter verschlechtert, da es sich teilweise auch um progrediente Leiden handele. Ihr seien keine Arbeiten mehr zuzumuten, welche einen längeren Gebrauch beider Hände, sowohl hinsichtlich der feinmotorischen Fähigkeiten als auch des festen Zufassens, erfordern würden. Es sei zu bezweifeln, ob sie mit den derzeitigen Einschränkungen noch wettbewerbsfähig als Verwaltungsangestellte einsatzfähig sein könne, da Bürotätigkeiten in der Regel mit häufigen Schreibarbeiten verbunden seien. Im Rahmen des Widerspruchsverfahrens zog die Beklagte Befunde des Facharztes für Chirurgie Dr. W. vom 26. März 2007, des Facharztes für Innere Medizin/Rheumatologie Dr. F. vom 25. April 2007 sowie einen Bericht der Fachärztin für Diagnostische Radiologie Dipl.-Med. G. vom 26. Juni 2007 bei. Anschließend erstatteten die Fachärztin für Orthopädie Dr. S. und die Fachärztin für Innere Medizin Dr. M. vom SMD der Beklagten das Gutachten vom 27. Juli 2007. Die Gutachter stellten folgende Erkrankungen fest:
Polyarthrose der Finger, Heberden-Arthrose, Bouchard-Arthrose,
Coxarthrose links, Zustand nach Hüft-TEP links, korrekt sitzend,
Kreuzschmerz,
Links-Rechts-Skoliose I. bis II. Grades,
Gelenkschmerzen beider Sprunggelenke,
Zustand nach lateraler Bandläsion, operative Behandlung 2001 ohne Arthroseentwicklung,
Meniskusläsion links medial,
Zustand nach Arthroskopie vom 18. Juni 2007, normaler postoperativer Verlauf,
depressive Episoden.
Die Klägerin sei leistungsfähig für leichte körperliche Arbeiten über sechs Stunden täglich. Es bestünden qualitative Einschränkungen: wechselnde Arbeitshaltung, aber überwiegend sitzend, keine taktgebundene Bandarbeit, z. B. Montagetätigkeiten kleiner Teile, keine Ganzkörpervibrationen, keine Arbeiten auf Leitern und Gerüsten, keine Absturzgefahr sowie keine Exposition von Nässe oder Kälte. Als Verwaltungsangestellte mit Bürotätigkeit sei die Klägerin wieder voll einsatzfähig. Die Wegefähigkeit sei nicht eingeschränkt. Daraufhin wies die Beklagte den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 11. September 2007 zurück. Unter Berücksichtigung aller Untersuchungs- und technischen Befunde sei weiterhin eine Leistungsfähigkeit für leichte körperliche Tätigkeiten über sechs Stunden und mehr täglich in wechselnder Arbeitshaltung, aber überwiegend im Sitzen, festgestellt worden. Nicht möglich seien taktgebundene Bandarbeit, Ganzkörpervibrationen, Arbeiten auf Leitern und Gerüsten, Tätigkeiten mit Absturzgefahr sowie unter Exposition von Nässe oder Kälte. Für ihre letzte Tätigkeit als Angestellte im Verwaltungsdienst mit Bürotätigkeit bestehe ein vollschichtiges Leistungsvermögen.
Dagegen hat die Klägerin am 11. Oktober 2007 Klage beim Sozialgericht Halle (SG) erhoben. Sie hat ergänzend vorgetragen, dass sie bereits im Jahr 2004 keine Bürotätigkeiten mindestens sechs Stunden täglich habe verrichten können. Dr. W. habe ihr zuletzt eine fortdauernde Arbeitsunfähigkeit bescheinigt. Es sei fraglich, ob sie tatsächlich noch eine überwiegend sitzende Tätigkeit ausüben könne, da sie unter einer ausgeprägten Skoliose mit asymmetrischer Verschmälerung der Zwischenwirbelräume sowie degenerativen Veränderungen der Bandscheiben im Bereich der unteren Lendenwirbelsäule leide. Ihr seien keine Arbeiten mehr zuzumuten, welche einen längeren Gebrauch beider Hände sowohl hinsichtlich der feinmotorischen Fähigkeiten als auch des festen Zufassens erfordere. Es sei zu bezweifeln, ob sie mit derartigen Einschränkungen noch wettbewerbsfähig als Verwaltungsangestellte einsatzfähig sei, da Bürotätigkeiten in der Regel mit häufigen Schreibarbeiten verbunden seien.
Das SG hat Befundberichte der behandelnden Ärzte der Klägerin Dr. H., Facharzt für Orthopädie, vom 05. Dezember 2007, Dipl.-Med. J., Facharzt für Urologie, vom 06. Dezember 2007, Dr. S., Fachärztin für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie, vom 04. Dezember 2007, Dr. F., Facharzt für Innere Medizin/Rheumatologie, vom 14. Dezember 2007, Dr. H., Internist und Rheumatologe, vom 13. Dezember 2007, Dr. W., Facharzt für Chirurgie, vom 04. Januar 2008, Dr. W., Facharzt für Innere Medizin, vom 31. Januar 2008 und Dr. K., Facharzt für Allgemeinmedizin, vom 15. Februar 2008 eingeholt. Anschließend hat das SG die Ärztin für Orthopädie und Traumatologie, orthopädische Rheumatologie, Handchirurgie und spezielle orthopädische Chirurgie Dr. F. mit der Erstellung eines Gutachtens beauftragt. Dr. F. hat aufgrund ihrer Untersuchung am 05. November 2008 im Gutachten vom 09. November 2008 folgende Erkrankungen festgestellt:
initiale Verschleißerkrankung der Langfingermittel- und -endgelenke beidseits mit mäßiggradiger funktioneller Beeinträchtigung,
Ansatztendinose der Hand- und Fingertreckmuskulatur ("Tennisellenbogen") links mit mäßiger Belastungseinschränkung,
S-förmige Wirbelsäulenverbiegung (Skoliose) der Brust-/Lendenwirbelsäule mit deutlichen verschleißbedingten Veränderungen der Wirbelgelenke und Rippen-Wirbelgelenke sowie daraus resultierenden Funktionsbeeinträchtigungen,
endoprothetischer Ersatz des linken Hüftgelenks bei guter Gelenkfunktion mit beklagtem Weichteilimpingement ("Schnappen"),
Knick-Plattfuß-Deformität beidseits mit geringer Beeinträchtigung der Gehleistung,
vorwiegend muskulär determinierte Unsicherheit mit daraus resultierender geringer Beeinträchtigung der Gangsicherheit,
Schleimbeutelentzündung über dem rechten Hüftgelenk ohne daraus resultierendem Funktionsdefizit,
verstärkte Muskelanspannung der Schulter-Nacken-Muskulatur beidseits ohne funktionelle Beeinträchtigung.
Möglich seien ausschließlich leichte körperliche Arbeiten, überwiegend im Sitzen, wobei der Klägerin die Möglichkeit zum zwischenzeitlichen Aufstehen und Umhergehen gewährt sein solle. Einseitige körperliche Belastungen seien nicht möglich. Arbeiten in Zwangshaltungen (Knien, Hocken, Bücken, Heben, Tragen und Bewegen von Lasten über 10 kg) sollten wegen der Funktionsbehinderung der Wirbelsäule und dem endoprothetischen Ersatz des linken Hüftgelenkes unterbleiben. Gerüst- und Leiterarbeiten seien wegen der nachvollziehbaren muskulären Unsicherheit vor allem des linken Beins nicht möglich. Die Gebrauchsfähigkeit beider Hände sei aufgrund der verschleißbedingten Veränderungen der Langfingermittel- und -endgelenke eingeschränkt. Dies betreffe kraftvolle manuelle Tätigkeiten (Heben und Tragen, Umfassen und Bedienen von Werkzeugen etc.), aber auch feinmotorische Tätigkeiten (Sortieren kleiner Werkteile, Schreibdienst mit Dauerbeanspruchung der Finger). Die Tätigkeiten sollten ausschließlich in klimatisierten Räumen ausgeübt werden. Die Exposition mit Staub, Gas, Dampf und Lärm scheine nicht geeignet. Die Anforderungen an die Reaktionsfähigkeit, Übersicht und Aufmerksamkeit sollten wegen der offensichtlichen Belastung durch die chronische Erkrankung des Bewegungsapparates gering sein. Arbeiten mit Wechselschicht, Nachtschicht oder besonderem Zeitdruck seien wegen der psychovegetativen Labilität nicht geeignet. Die Klägerin sei in der Lage, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei, jedoch weniger als sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Diese quantitative Einschränkung der Leistungsfähigkeit ergebe sich aus der Summe der dargestellten und sich teilweise gegenseitig verstärkenden qualitativen Leistungseinschränkungen und des langjährigen Krankheitsverlaufs. Weiterhin sei dabei die bereits aktenkundige psychosomatische Belastung berücksichtigt. Die festgestellte Minderung sei seit dem 19. Dezember 2005 anzunehmen. Das SG hat anschließend einen weiteren Befundbericht der Fachärztin für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie Dr. S. vom 17. Juni 2009 eingeholt. Sie hat ausgeführt, dass die Klägerin in ihrem Fachgebiet in der Lage sei, leichte körperliche Tätigkeiten mit zusätzlichen qualitativen Einschränkungen drei bzw. sechs Stunden auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu verrichten.
Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, dass die Klägerin weiterhin fähig sei, die Tätigkeit als Verwaltungsangestellte, wie sie sie bei der Polizei verrichtet habe, auszuüben. Darüber hinaus sei sie in der Lage, die Tätigkeit einer Mitarbeiterin in der Poststelle zu verrichten.
Das SG hat die Klage mit Urteil vom 31. März 2010 abgewiesen. Die Kammer hat seine Entscheidung auf die Gutachten von Dr. S. und Dr. M. vom 27. Juli 2007, den ärztlichen Entlassungsbericht des Klinikzentrums Bad Sulza vom 12. Juli 2007 sowie die Ausführungen von Dr. F. in ihrem Gutachten vom 09. November 2008 gestützt. Die Gesundheitsstörungen der Klägerin würden dazu führen, dass das Leistungsvermögen qualitativ eingeschränkt sei. Eine Einschränkung des Leistungsvermögens in quantitativer Hinsicht auf unter sechs Stunden täglich für leichte körperliche Tätigkeiten ergebe sich daraus indessen nach Überzeugung der Kammer nicht. Vor dem Hintergrund, dass Dr. F. bei der Klägerin insgesamt im Wesentlichen lediglich geringgradige bis mittelgradige Bewegungseinschränkungen festgestellt habe, erscheine der Kammer die Schlussfolgerung der Gutachterin, dass aufgrund der Summe der quantitativen Einschränkungen eine Einschränkung des Leistungsvermögens in zeitlicher Hinsicht auf unter sechs Stunden täglich vorliege, nicht schlüssig. Dies auch mit Rücksicht darauf, dass Dr. F. ausgeführt habe, dass sich im Rahmen der von ihr durchgeführten Begutachtung keine wesentlichen Diskrepanzen zu den aktenkundigen Vorgutachten ergäben und sich die Beschwerden der Klägerin nach ihren eigenen Angaben seit der letzten Begutachtung im Sommer 2007 nicht verändert hätten. Die Tätigkeit einer Verwaltungsangestellten könne die Klägerin nach Auffassung der Kammer weiterhin ausüben. Insoweit komme es nicht auf den letzten konkreten Arbeitsplatz der Versicherten, sondern auf das allgemeine Berufsbild der Tätigkeit an.
Gegen das am 15. Juni 2010 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 12. Juli 2010 Berufung beim Landessozialgericht S.-A. eingelegt. Sie vertritt die Auffassung, dass die Feststellungen des SG auf einer fehlerhaften Würdigung der vom Gericht erhobenen Beweise basierten. Zudem habe das SG zu Unrecht einen Anspruch auf eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit verneint. Sie könne zwar prinzipiell manuelle Schreibarbeiten sowie PC-unterstützende Arbeiten ausführen, allerdings sollten diese Arbeiten nur gelegentlicher Bestandteil der Arbeit sein. Eine Dauerbeanspruchung der Finger sei nicht möglich. Sie gehe davon aus, dass die Tätigkeit einer Verwaltungsangestellten mit manuellen Schreibarbeiten bzw. mit Arbeiten am PC verbunden sei und diese Arbeiten einen nicht unerheblichen Teil der Arbeitszeit einer Verwaltungsangestellten ausmachen würden, d. h. in der Regel ca. 50 Prozent (für die private Berufsunfähigkeitsversicherung entschieden OLG Hamm – 20 V 70/05). Zudem sei fraglich, ob ihr eine Tätigkeit als Verwaltungsangestellte auf Grund der bestehenden Wirbelsäulenbeschwerden aus gesundheitlichen Gründen in einem zeitlichen Umfang von mehr als sechs Stunden täglich noch zuzumuten sei. Ihr Umstellungs- und Anpassungsvermögen, insbesondere für neue Situationen, sei beeinträchtigt.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Halle vom 31. März 2010 sowie den Bescheid der Beklagten vom 04. Dezember 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. September 2007 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin ab dem 01. Januar 2006 Rente wegen voller Erwerbsminderung, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung, weiter hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Halle vom 31. März 2010 zurückzuweisen.
Sie verweist auf ihren bisherigen Vortrag sowie auf die Ausführungen im angefochtenen Urteil.
Bei der Klägerin wurde im Februar 2011 ein Karzinom in der linken Brust festgestellt. Die Entfernung des Tumors fand am 24. Februar 2011 mit anschließender Chemo- und Radiotherapie statt. Die onkologische Nachsorge (Strahlentherapie) wurde am 15. November 2011 abgeschlossen.
Das Gericht hat zur weiteren medizinischen Sachverhaltsermittlung Befundberichte der Fachärztin für Orthopädie Dr. S. vom 05. April 2011, des Facharztes für Orthopädie Dr. H. vom 16. November 2011, der Praktischen Ärztin Dipl.-Med. U. vom 18. November 2011 und des Facharztes für Innere Medizin Dr. F. vom 09. Dezember 2011 eingeholt. Die Klägerin hat sich vom 07. Dezember 2011 bis zum 28. Dezember 2011 zur medizinischen Rehabilitation in der T.-bad Fachklinik in B. befunden. Die Ärzte haben im Rehaentlassungsbericht vom 06. Februar 2012 diagnostiziert:
bösartige Neubildung: Brustdrüse, nicht näher bezeichnet,
Rekonvaleszenz nach Chemotherapie,
Rekonvaleszenz nach der Radiotherapie,
Kandidose der Lunge,
Zustand nach Hüft-TEP bei Koxarthrose 2001.
Auf Veranlassung des Gerichts hat Dr. W., Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie, das Gutachten vom 26. Oktober 2012 erstattet. Der Orthopäde hat aufgrund seiner Untersuchung am 18. September 2012 folgende Erkrankungen festgestellt:
Rückenschmerzen bei muskulären Verspannungen bei Vorliegen einer linkskonvexen fixierten Seitverbiegung (Skoliose) der Wirbelsäule im Brust-/Lendenwirbelsäulenübergang ohne neurologische Ausfälle und ohne nachgewiesene Instabilität,
beginnende Kniearthrose links, nicht aktiviert,
Beschwerden an den oberen Sprunggelenken, links mehr als rechts, bedingt durch die Fußfehlform,
Knick-Senk-Spreizfuß beidseits,
Minderbelastbarkeit der Hände bei leichten Beugekontrakturen der Fingermittelgelenke ohne Entzündungsnachweis und röntgenologisch allenfalls diskreten arthrotischen Veränderungen,
beginnende Verhärtung der Hohlhandfaszie der Hände (Morbus Dupuyten),
gut funktionierende einliegende Hüftprothese links,
medikamentös gut eingestelltes Bluthochdruckleiden,
reizlose Schleimhautausstülpungen des Krummdarms (Sigmadivertikulose)
therapiertes Mammakarzinom (Brustkrebsleiden) im Stadium der Heilungsbewährung,
periphere Polyneuropathie (Entzündung der Nervenendigungen) als Nebenwirkung der Chemotherapie an Fingern und Zehen,
depressive Überlagerung, medikamentös therapiert.
Bei den vorliegenden Gesundheitsstörungen sei vom 01. Januar 2006 bis zum 31. August 2011 grundsätzlich eine regelmäßige Erwerbstätigkeit nicht ausgeschlossen. Es müsse jedoch die Zeit mit der Diagnosestellung und Therapie des Tumorleidens an der linken Brust ab Februar 2011 gesondert bewertet werden. Die Klägerin habe noch körperlich leichte Arbeiten verrichten können. Die durchzuführenden Arbeiten sollten hauptsächlich im Sitzen, im Wechsel mit Gehen und Stehen zu erbringen sein. Einseitige körperliche Belastungen sowie Zwangshaltungen seien zu vermeiden. Gelegentliches Bücken oder Knien sei möglich. Den Befunden nach sei die volle Gebrauchsfähigkeit der Hände gegeben. Einzig das kraftvolle Zufassen, wie z. B. zum Drehen eines Schraubenziehers oder aber festes Halten eines Hammers, sei nicht mehr möglich. Tätigkeiten im Freien, auf Gerüsten oder Leitern, unter Zeitdruck, Akkord- und Fließbandarbeiten oder mit Nachschichten seien nicht möglich. Im betreffenden Zeitraum habe die Klägerin leichte Sortier- oder Büroarbeiten für mindestens sechs Stunden an fünf Wochentagen verrichten können. Ab Februar 2011 bestehe wegen des Tumors der linken Brust eine aufgehobene Leistungsfähigkeit bei Behandlungsbedürftigkeit. Es sei davon auszugehen, dass frühestens im Februar 2012 wieder ein Leistungsvermögen wie vorher vorgelegen habe.
Die Gerichtsakte und die Verwaltungsakte der Beklagten haben vorgelegen und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Beratung gewesen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Sachvortrages der Beteiligten wird auf deren Inhalt verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die nach § 143 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und auch im Übrigen zulässige Berufung der Klägerin hat teilweise Erfolg. Die Klägerin hat Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung vom 01. September 2011 bis 31. Januar 2012. Im Übrigen ist sie mit ihrem Begehren nicht erfolgreich.
I.
Gemäß § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI haben Versicherte, wenn die entsprechenden versicherungsrechtlichen Voraussetzungen vorliegen, dann einen Anspruch auf eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie teilweise erwerbsgemindert sind. Nach Satz 2 der genannten Vorschrift ist derjenige teilweise erwerbsgemindert, der wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande ist, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Gemäß § 43 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB VI haben Versicherte, wenn die entsprechenden versicherungsrechtlichen Voraussetzungen vorliegen, einen Anspruch auf eine Rente wegen voller Erwerbsminderung, wenn sie voll erwerbsgemindert sind. Nach § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI ist derjenige voll erwerbsgemindert, der wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande ist, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs. 3 Zweiter Halbsatz SGB VI).
1.
Der Senat ist davon überzeugt, dass die Klägerin von Februar 2011 bis Ende Januar 2012 nicht in der Lage war, mindestens sechs Stunden täglich einer körperlich leichten Tätigkeit in wechselnder Körperhaltung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nachzugehen. Dies ergibt sich aus den schlüssigen und nachvollziehbaren Ausführungen des Gutachters Dr. W. im Gutachten vom 26. Oktober 2012. Im oben genannten Zeitraum bestand ein aufgehobenes Leistungsvermögen aufgrund des festgestellten Mammakarzinoms mit anschließender Chemo- und Radiotherapie.
2.
Der Senat ist jedoch davon überzeugt, dass die Klägerin im Zeitraum vom 01. Januar 2006 bis 31. Januar 2011 sowie ab Februar 2012 noch in der Lage war und ist, einer körperlich leichten Tätigkeit, überwiegend im Sitzen, im Wechsel mit Gehen und Stehen, sechs Stunden und mehr zu verrichten. Zu vermeiden waren und sind dabei einseitige körperliche Belastungen, Zwangshaltungen, kraftvolles Zufassen der Hände, Tätigkeiten im Freien, auf Gerüsten oder Leitern, unter Zeitdruck, mit Akkord- und Fließbandarbeit oder Nachtschichten. Insoweit folgt der Senat aufgrund eigener Urteils-bildung den schlüssigen und nachvollziehbaren Ausführungen des Sachverständigen Dr. W. in dem Gutachten vom 26. Oktober 2012 sowie den Gutachtern Dr. S. und Dr. M. in dem Gutachten vom 27. Juli 2007. Nach diesen ärztlichen Unterlagen liegen bei der Klägerin folgende Gesundheitsstörungen vor, die ihr Leistungsvermögen im Erwerbsleben beeinflussen:
Rückenschmerzen bei muskulären Verspannungen bei Vorliegen einer linkskonvexen fixierten Seitverbiegung (Skoliose) der Wirbelsäule im Brust-/Lendenwirbelsäulenübergang ohne neurologische Ausfälle und ohne nachgewiesene Instabilität,
beginnende Kniearthrose links, nicht aktiviert,
Beschwerden an den oberen Sprunggelenken, links mehr als rechts, bedingt durch die Fußfehlform,
Knick-Senk-Spreizfuß beidseits,
Minderbelastbarkeit der Hände bei leichten Beugekontrakturen der Fingermittelgelenke ohne Entzündungsnachweis und röntgenologisch allenfalls diskreten arthrotischen Veränderungen,
beginnende Verhärtung der Hohlhandfaszie der Hände (Morbus Dupuyten),
gut funktionierende einliegende Hüftprothese links,
medikamentös gut eingestelltes Bluthochdruckleiden,
reizlose Schleimhautausstülpungen des Krummdarms (Sigmadivertikulose),
therapiertes Mammakarzinom (Brustkrebsleiden) im Stadium der Heilungsbewährung,
periphere Polyneuropathie (Entzündung der Nervenendigungen) als Nebenwirkung der Chemotherapie an Fingern und Zehen,
depressive Überlagerung, medikamentös therapiert.
Dr. W. hat nachvollziehbar festgestellt, dass in den vorliegenden Röntgenbildern aus dem Jahr 2005 und auch 2007 keine wesentlichen schwerwiegenden Degenerationen erkennbar sind. Ein sogenanntes Drehgleiten liegt an der unteren Lendenwirbelsäule mit Sicherheit nicht vor, da auch bei der gutachterlichen Untersuchung am 18. September 2012 eine gute Entfaltbarkeit und auch bei der explorativen Beobachtung die Benutzung der Lendenwirbelsäule auffällig war. Im zeitlichen Verlauf wurden sowohl bei den Untersuchungen im Dezember 2005, im März 2006, im Juni 2007 und bei den Begutachtungen 2008/2011 durchaus mittelgradige Werte für die Entfaltbarkeit der Lendenwirbelsäule festgestellt. Neurologische Ausfälle lagen zu keinem Zeitpunkt vor. An der Brustwirbelsäule sind jedoch die Seitneigung nach links und die Brustwirbelsäulendrehung eingeschränkt. Aufgrund dieses Rückenleidens ist die Klägerin in der Lage, nur noch leichte Tätigkeiten durchzuführen. Zeitlich besteht aufgrund des Rückenleidens jedoch eine Belastbarkeit für sechs und mehr Stunden. Am linken Kniegelenk besteht eine nur mäßige Kniearthrose. Bei der Untersuchung waren auch das Einnehmen einer Hockstellung und das Hinknien möglich. Dies alles spricht dafür, dass an den Kniegelenken keinesfalls eine hochgradige Abnutzung vorliegt oder durch das Knieleiden bedingt erhebliche außergewöhnliche Schmerzen bestehen. Bei der Untersuchung durch Dr. W. bestanden lediglich leichte Beugekontrakturen in den Fingermittelgelenken. Sie waren untersucherseitig vollständig reversibel. Bei Betrachtung der vorhandenen Röntgenbilder bzw. der Beschreibungen der Röntgenbilder und auch der letzten Skelettszintigraphie vom März 2011 ist nicht von wesentlichen arthrotischen Veränderungen an den Fingern auszugehen. Für polyarthrotische Beschwerden fehlen in den Röntgenbildern entsprechende Veränderungen. Durch den Rheumatologen wurden eine Autoimmunerkrankung oder ein rheumatisches Leiden durch mehrmalige labormäßige Kontrollen ausgeschlossen. Einzig die geringe Schwellung am Zeigefingergrundgelenk lässt sich als arthrotisch bewerten. Bei der Untersuchung konnte Dr. W. keine Schwellung an den Fingergelenken feststellen. An der rechten Hand bestand lediglich am Mittelgelenk von Mittel- und Ringfinger ein geringer Druckschmerz. Die grobe Kraft war jedoch grundsätzlich vorhanden und nur um knapp einen Kraftgrad eingeschränkt. Damit liegt nur eine geringgradige Minderbelastbarkeit der Hände für eine Dauerbelastung vor. Die leichte Kontraktur an den Mittelgelenken bedeutet letztlich funktionell keine Beeinträchtigung. Die Hüftprothese links ist regelrecht einsitzend. Bei der Klägerin liegt eine depressive Überlagerung vor. Eine entsprechende medikamentöse Therapie wurde unternommen. Durch die Klägerin werden zwar erhebliche Beschwerden beklagt, die jeweils zeitnah erhobenen Befunde und auch der Gesamtverlauf, z. B. an den Händen, an den Sprunggelenken, am Knie und an der Wirbelsäule wie auch der Ausschluss zur Diskussion stehender entzündlicher Erkrankungen lässt objektivierbar anhand der Befunde keinen anderen Rückschluss zu, als dass die Befunde nicht zu erheblichen, medizinisch erklärbaren Schmerzen führen.
Dr. W. stimmt in seiner Leistungsbeurteilung mit dem im Verwaltungsverfahren eingeholten Gutachten von Dr. S. und Dr. M. überein. Diese haben im Gutachten vom 27. Juli 2007 ebenfalls ausgeführt, dass die ambulante Diagnostik keine Hinweise auf eine systemische Entzündung brachte. An der Wirbelsäule fiel eine Rechts-Links-Skoliose I. Grades, beginnend II. Grades auf, jedoch ohne eine wesentliche Rotationskomponente. Hinweise für Instabilitäten, Progredienz der Skoliose, Nervenreizungen oder Ausfälle bestanden nicht. Die linke Hüft-TEP saß korrekt mit entsprechenden Bewegungsmaßen. An der rechten Hüfte bestanden weder Bewegungseinschränkungen noch Hinweise für eine beginnende Coxarthrose. Am linken Sprunggelenk war lediglich eine geringe Schwellung außen zu finden. Hinweise für Instabilitäten, Reizungen, Entzündungsparameter oder systemische Erkrankungen wurden nicht gefunden.
Der Senat folgt nicht der Leistungseinschätzung der Gutachterin Dr. F. Sie hat in ihrem Gutachten vom 09. November 2008 ausgeführt, dass die Klägerin nur noch in der Lage sei, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei, jedoch weniger als sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Diese quantitative Einschränkung der Leistungsfähigkeit ergebe sich aus der Summe der dargestellten und sich teilweise gegenseitig verstärkenden qualitativen Leistungseinschränkungen und des langjährigen Krankheitsverlaufs. Weiterhin sei dabei die bereits aktenkundige psychosomatische Belastung berücksichtigt. Die festgestellte Minderung sei seit dem 19. Dezember 2005 anzunehmen. Diese Einschätzung überzeugt den Senat nicht, da die Gutachterin lediglich geringgradige bis mittelgradige Bewegungseinschränkungen festgestellt hat. Ebenso hat sie ausgeführt, dass sich keine wesentlichen Diskrepanzen zu den aktenkundigen Vorgutachten ergeben hätten. Die Befunde wurden durch Dr. F. zudem sehr akzentuiert in Richtung eines Rheumaleidens dargestellt, das – wie bereits oben ausgeführt – nicht gegeben war. Befunde der Hände, wie Schwellungen oder eine eingeschränkte Beweglichkeit, sind nicht aufgeführt. Nach Auffassung des Senats ist daher nicht erkennbar, worauf sich die geäußerte zeitliche Reduktion der Leistungsfähigkeit stützt. Soweit die Gutachterin die psychosomatische Belastung fachfremd berücksichtigt hat, lässt sich aus keinen der eingeholten Befundberichte und Gutachten eine leistungsmindernde psychische Erkrankung entnehmen. Insbesondere hat die behandelnde Fachärztin für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie Dr. S. im Befundbericht vom 17. Juni 2009 mitgeteilt, dass lediglich leichte kognitive Beeinträchtigungen im Rahmen der Depression bestehen und die Klägerin in der Lage ist, körperliche Tätigkeiten mit zusätzlichen qualitativen Einschränkungen 3 bzw. 6 Stunden auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu verrichten.
Im Ergebnis der Beurteilungen ergibt sich danach aufgrund der Behandlung des Mammakarzinoms ein aufgehobenes Leistungsvermögen der Klägerin lediglich im Zeitraum von Februar 2011 bis Ende Januar 2012.
3.
Die Klägerin war und ist im Zeitraum vom 01. Januar 2006 bis 31. Januar 2011 und ab Februar 2012 auch nicht deshalb voll erwerbsgemindert, weil sie wegen einer schweren spezifischen Leistungsbehinderung oder einer Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen nicht mehr unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes tätig sein konnte oder kann. Eine konkrete Verweisungstätigkeit ist daher nicht zu benennen. Ihr Restleistungsvermögen reicht vielmehr noch für leichte körperliche Verrichtungen wie z. B. Zureichen, Abnehmen, leichte Reinigungsarbeiten ohne Zwangshaltungen, Kleben, Sortieren, Verpacken und Zusammensetzen von Teilen sowie Bürohilfsarbeiten aus (vgl. die Aufzählungen in dem Beschluss des Großen Senats des Bundessozialgerichts (BSG) vom 19. Dezember 1996 – GS 2/95 –, SozR 3-2600 § 44 SGB VI Nr. 8 = BSGE 80, 24, 33 f.; in der Anwendbarkeit auf die aktuelle Rechtslage bestätigt in BSG, Urteil vom 19. Oktober 2011 – B 13 R 78/09 R – juris, Rdnr. 14 ff.).
Schließlich war und ist sie im oben genannten Zeitraum auch nicht aus gesundheitlichen Gründen gehindert, einen Arbeitsplatz aufzusuchen. Dies ergibt sich übereinstimmend aus den Gutachten.
4.
Die der Klägerin zuerkannte Rente ist nach § 102 Abs. 2 Satz 1 SGB VI zu befristen. Nach dieser Vorschrift werden insbesondere Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit auf Zeit geleistet. Befristete Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit werden nach § 101 Abs. 1 SGB VI nicht vor Beginn des siebten Kalendermonats nach dem Eintritt der Minderung der Erwerbsfähigkeit geleistet. Beginn der Rente ist aufgrund des Leistungsfalls im Februar 2011 unter Anwendung der Siebenmonatsfrist des § 101 Abs. 1 SGB VI der 01. September 2011. Die Befristung endet zum 31. Januar 2012. Der Senat entnimmt dies dem Gutachten von Dr. W. vom 26. Oktober 2012. Danach ist für die Zeit des stationären Aufenthaltes mit Operation sowie für die gesamte Nachbehandlung bis Ende Januar 2012 von einer aufgehobenen Leistungsfähigkeit auszugehen. Die im April und Mai 2012 durchgeführten Handoperationen haben das Leistungsvermögen der Klägerin nicht über einen Zeitraum von mehr als sechs Monate aufgehoben. Der Gutachter Dr. W. hat in der gutachterlichen Untersuchung am 18. September 2012 festgestellt, dass die volle Gebrauchsfähigkeit der Hände gegeben ist.
Für die Bewilligung der Rente wegen voller Erwerbsminderung liegen bei der Klägerin – ausgehend vom Eintritt des Leistungsfalls im Februar 2011 – auch die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen vor (§ 43 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 und 3 SGB VI). Der Senat verweist insoweit auf die dem Schriftsatz der Beklagten vom 12. Februar 2013 beigefügte Wartezeitauskunft.
II.
Die Klägerin hat vom 01. Januar 2006 bis 31. Januar 2011 und ab Februar 2012 auch keinen Anspruch auf eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit gemäß § 240 SGB VI. Danach haben Versicherte bei Erfüllung der sonstigen Voraussetzungen bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie vor dem ... 1961 geboren und berufsunfähig sind. Die Klägerin ist zwar vor diesem Zeitpunkt geboren worden (nämlich 19. August 1951), sie ist aber nicht berufsunfähig.
Nach der Rechtsprechung des BSG ist bei der Prüfung der Berufsunfähigkeit vom bisherigen Beruf der Versicherten auszugehen. Es ist zu prüfen, ob sie diesen Beruf ohne wesentliche Einschränkungen weiter ausüben können. Sind sie hierzu aus gesundheitlichen Gründen nicht in der Lage, ist der qualitative Wert des bisherigen Berufs dafür maßgebend, auf welche Tätigkeiten die Versicherten verwiesen werden können. Bisheriger Beruf ist in der Regel die letzte, nicht nur vorübergehende versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit. Dabei ist nicht unbedingt auf die letzte Berufstätigkeit abzustellen, sondern auf diejenige, die bei im Wesentlichen ungeschwächter Arbeitskraft nicht nur vorübergehend eine nennenswerte Zeit ausgeübt wurde (vgl. BSG, Urteil vom 16. November 2000 – B 13 RJ 79/99 R –, SozR 3-2600 § 43 Nr. 23). "Bisheriger Beruf" der Klägerin war der der Verwaltungsangestellten. Die von den Gutachtern W., Sch. und M. gegebenen Leistungseinschätzungen stehen dieser Tätigkeit nicht entgegen. Dr. W. hat festgestellt, dass die volle Gebrauchsfähigkeit der Hände gegeben ist. Die Klägerin kann Büroarbeiten für mindestens sechs Stunden an fünf Wochentagen verrichten. Die Ärzte des Klinikzentrums B. S. haben im Rehaentlassungsbericht vom 12. Juli 2006 ebenfalls festgestellt, dass die Klägerin als Verwaltungsangestellte noch sechs Stunden und mehr tätig sein kann. Zu dieser Einschätzung kamen auch die Gutachter S. und M. Somit konnte und kann die Klägerin ihren bisherigen Beruf noch ausüben und ist deshalb nicht berufsunfähig.
III.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG. Der Senat hat eine Quotelung der Kosten entsprechend dem Ausgang des Verfahrens für angebracht gehalten. Insbesondere wurde berücksichtigt, dass die Leistungsminderung erst während des Berufungsverfahrens eingetreten ist. Da die Beklagte jedoch kein sofortiges Anerkenntnis abgegeben hat, sind nach dem Grundsatz der Verursachungskosten der Beklagten die Hälfte der Kosten aufzuerlegen.
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 Nr. 1, 2 SGG bestehen nicht.
Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin Rente wegen voller Erwerbsminderung vom 01. September 2011 bis zum 31. Januar 2012 in gesetzlicher Höhe zu gewähren.
Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt ½ der notwendigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin im Berufungsverfahren.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung nach dem Sechsten Buch Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Rentenversicherung (SGB VI).
Die am ... 1951 geborene Klägerin erlernte vom 01. September 1968 bis zum 30. Juni 1970 den Beruf der Fernschreiberin. Anschließend war sie im erlernten Beruf bis 31. März 1976 tätig. Sie arbeitete vom 01. April 1976 bis 11. August 1976 als Instrukteurin im Bereich Wirtschaft/Finanzen, vom 01. August 1976 bis 31. Juli 1977 als Sekretärin, vom 12. August 1977 bis 30. September 1985 als Fernschreiberin, vom 01. Oktober 1985 bis 31. Dezember 1991 als Geschäftsstellenleiterin bei der Transportpolizei und vom 01. Januar 1992 bis 31. Dezember 2003 als Verwaltungsangestellte bei der Polizei. Die Klägerin war zuletzt in der Vergütungsgruppe VIb BAT-Ost eingruppiert. Das Arbeitsverhältnis wurde zum 31. Dezember 2003 beendet. Anschließend war sie arbeitsuchend. Seit dem 01. September 2011 bezieht sie eine Altersrente für schwerbehinderte Menschen.
Am 19. Dezember 2005 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung. Die Beklagte zog daraufhin das Gutachten nach Aktenlage der Arbeitsamtsärztin der Agentur für Arbeit H. Dipl.-Med. G. vom 14. Juli 2004, einen Befundbericht von Dr. W. vom 20. November 2003, Epikrisen des Städtischen Krankenhauses M.-M. in H.-D. vom 14. März 2001 und 11. August 2001, einen Bericht des Internisten und Rheumatologen Dr. H. vom 18. August 2005, die Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenkassen (MDK) S.-A. von Dr. A. vom 04. Februar 2004, Dr. H. vom 06. Dezember 2005 sowie Dr. K. vom 05. Januar 2006 bei. Auf Veranlassung der Beklagten erstattete die Fachärztin für Innere Medizin Dr. K. vom Sozialmedizinischen Dienst (SMD) der Beklagten das Gutachten vom 03. April 2006. Die Internistin diagnostizierte aufgrund ihrer Untersuchung am 28. März 2006 folgende Erkrankungen:
aktivierte Arthrose im Bereich des oberen Sprunggelenkes links mit Dauerschmerz und belastungsabhängiger Zunahme der Schmerzen,
Polyarthrosen mit belastungsabhängigen und zum Teil dauerhaft bestehenden Schmerzen im Bereich der Hände, der Füße, der Knie sowie im Bereich der Wirbelsäule,
Zustand nach Hüft-TEP links 2001,
Skoliose,
depressive Episode bei chronischen Schmerzen.
Aus sozialmedizinischer Sicht sei eine medizinische Rehabilitationsmaßnahme mit komplexem Behandlungsprogramm dringend erforderlich. Daraufhin befand sich die Klägerin vom 01. Juni 2006 bis 22. Juni 2006 zur Rehabilitation im Klinikzentrum B. S. Die Ärzte diagnostizierten im Rehaentlassungsbericht vom 12. Juli 2006:
Arthritis/Arthrose rechtes/linkes oberes Sprunggelenk mit geringem Funktionsdefizit,
chronisch-lumbales Schmerzsyndrom mit Skoliosis vertebrae,
rezidivierendes Zervikalsyndrom,
Polyarthrose vom Heberden-Typ,
Verdacht auf Anpassungsstörung mit depressiver Reaktion.
Die Klägerin könne als Verwaltungsangestellte sechs Stunden und mehr tätig sein. Auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt könne sie leichte Arbeiten überwiegend im Sitzen, zeitweise im Stehen und Gehen, ohne längeres Gehen auf unebenem Gelände, nicht auf Leitern und Gerüsten, nicht in Zwangshaltungen, ohne Kälte- und Nässeexpositionen sowie ohne Unfallgefahr sechs Stunden und mehr verrichten. Nach Einholung einer abschließenden Stellungnahme der Fachärztin für Allgemeinmedizin Dr. S. vom SMD der Beklagten lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 04. Dezember 2006 den Rentenantrag ab. Die Klägerin werde noch für fähig erachtet, eine Erwerbstätigkeit mindestens drei bzw. mindestens sechs Stunden täglich unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes auszuüben. Es liege weder eine volle noch eine teilweise Erwerbsminderung vor. Aufgrund des ärztlicherseits festgestellten Leistungsvermögens sei sie noch in der Lage, ihren Hauptberuf als Angestellte im Verwaltungsdienst zu verrichten. Berufsunfähigkeit liege daher nicht vor. Hiergegen legte die Klägerin am 27. Dezember 2006 Widerspruch ein. Sie fühle sich außerstande, in absehbarer Zeit mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Sie sei ständig in ärztlicher Behandlung. Ihr Gesundheitszustand habe sich seit 2004 weiter verschlechtert, da es sich teilweise auch um progrediente Leiden handele. Ihr seien keine Arbeiten mehr zuzumuten, welche einen längeren Gebrauch beider Hände, sowohl hinsichtlich der feinmotorischen Fähigkeiten als auch des festen Zufassens, erfordern würden. Es sei zu bezweifeln, ob sie mit den derzeitigen Einschränkungen noch wettbewerbsfähig als Verwaltungsangestellte einsatzfähig sein könne, da Bürotätigkeiten in der Regel mit häufigen Schreibarbeiten verbunden seien. Im Rahmen des Widerspruchsverfahrens zog die Beklagte Befunde des Facharztes für Chirurgie Dr. W. vom 26. März 2007, des Facharztes für Innere Medizin/Rheumatologie Dr. F. vom 25. April 2007 sowie einen Bericht der Fachärztin für Diagnostische Radiologie Dipl.-Med. G. vom 26. Juni 2007 bei. Anschließend erstatteten die Fachärztin für Orthopädie Dr. S. und die Fachärztin für Innere Medizin Dr. M. vom SMD der Beklagten das Gutachten vom 27. Juli 2007. Die Gutachter stellten folgende Erkrankungen fest:
Polyarthrose der Finger, Heberden-Arthrose, Bouchard-Arthrose,
Coxarthrose links, Zustand nach Hüft-TEP links, korrekt sitzend,
Kreuzschmerz,
Links-Rechts-Skoliose I. bis II. Grades,
Gelenkschmerzen beider Sprunggelenke,
Zustand nach lateraler Bandläsion, operative Behandlung 2001 ohne Arthroseentwicklung,
Meniskusläsion links medial,
Zustand nach Arthroskopie vom 18. Juni 2007, normaler postoperativer Verlauf,
depressive Episoden.
Die Klägerin sei leistungsfähig für leichte körperliche Arbeiten über sechs Stunden täglich. Es bestünden qualitative Einschränkungen: wechselnde Arbeitshaltung, aber überwiegend sitzend, keine taktgebundene Bandarbeit, z. B. Montagetätigkeiten kleiner Teile, keine Ganzkörpervibrationen, keine Arbeiten auf Leitern und Gerüsten, keine Absturzgefahr sowie keine Exposition von Nässe oder Kälte. Als Verwaltungsangestellte mit Bürotätigkeit sei die Klägerin wieder voll einsatzfähig. Die Wegefähigkeit sei nicht eingeschränkt. Daraufhin wies die Beklagte den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 11. September 2007 zurück. Unter Berücksichtigung aller Untersuchungs- und technischen Befunde sei weiterhin eine Leistungsfähigkeit für leichte körperliche Tätigkeiten über sechs Stunden und mehr täglich in wechselnder Arbeitshaltung, aber überwiegend im Sitzen, festgestellt worden. Nicht möglich seien taktgebundene Bandarbeit, Ganzkörpervibrationen, Arbeiten auf Leitern und Gerüsten, Tätigkeiten mit Absturzgefahr sowie unter Exposition von Nässe oder Kälte. Für ihre letzte Tätigkeit als Angestellte im Verwaltungsdienst mit Bürotätigkeit bestehe ein vollschichtiges Leistungsvermögen.
Dagegen hat die Klägerin am 11. Oktober 2007 Klage beim Sozialgericht Halle (SG) erhoben. Sie hat ergänzend vorgetragen, dass sie bereits im Jahr 2004 keine Bürotätigkeiten mindestens sechs Stunden täglich habe verrichten können. Dr. W. habe ihr zuletzt eine fortdauernde Arbeitsunfähigkeit bescheinigt. Es sei fraglich, ob sie tatsächlich noch eine überwiegend sitzende Tätigkeit ausüben könne, da sie unter einer ausgeprägten Skoliose mit asymmetrischer Verschmälerung der Zwischenwirbelräume sowie degenerativen Veränderungen der Bandscheiben im Bereich der unteren Lendenwirbelsäule leide. Ihr seien keine Arbeiten mehr zuzumuten, welche einen längeren Gebrauch beider Hände sowohl hinsichtlich der feinmotorischen Fähigkeiten als auch des festen Zufassens erfordere. Es sei zu bezweifeln, ob sie mit derartigen Einschränkungen noch wettbewerbsfähig als Verwaltungsangestellte einsatzfähig sei, da Bürotätigkeiten in der Regel mit häufigen Schreibarbeiten verbunden seien.
Das SG hat Befundberichte der behandelnden Ärzte der Klägerin Dr. H., Facharzt für Orthopädie, vom 05. Dezember 2007, Dipl.-Med. J., Facharzt für Urologie, vom 06. Dezember 2007, Dr. S., Fachärztin für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie, vom 04. Dezember 2007, Dr. F., Facharzt für Innere Medizin/Rheumatologie, vom 14. Dezember 2007, Dr. H., Internist und Rheumatologe, vom 13. Dezember 2007, Dr. W., Facharzt für Chirurgie, vom 04. Januar 2008, Dr. W., Facharzt für Innere Medizin, vom 31. Januar 2008 und Dr. K., Facharzt für Allgemeinmedizin, vom 15. Februar 2008 eingeholt. Anschließend hat das SG die Ärztin für Orthopädie und Traumatologie, orthopädische Rheumatologie, Handchirurgie und spezielle orthopädische Chirurgie Dr. F. mit der Erstellung eines Gutachtens beauftragt. Dr. F. hat aufgrund ihrer Untersuchung am 05. November 2008 im Gutachten vom 09. November 2008 folgende Erkrankungen festgestellt:
initiale Verschleißerkrankung der Langfingermittel- und -endgelenke beidseits mit mäßiggradiger funktioneller Beeinträchtigung,
Ansatztendinose der Hand- und Fingertreckmuskulatur ("Tennisellenbogen") links mit mäßiger Belastungseinschränkung,
S-förmige Wirbelsäulenverbiegung (Skoliose) der Brust-/Lendenwirbelsäule mit deutlichen verschleißbedingten Veränderungen der Wirbelgelenke und Rippen-Wirbelgelenke sowie daraus resultierenden Funktionsbeeinträchtigungen,
endoprothetischer Ersatz des linken Hüftgelenks bei guter Gelenkfunktion mit beklagtem Weichteilimpingement ("Schnappen"),
Knick-Plattfuß-Deformität beidseits mit geringer Beeinträchtigung der Gehleistung,
vorwiegend muskulär determinierte Unsicherheit mit daraus resultierender geringer Beeinträchtigung der Gangsicherheit,
Schleimbeutelentzündung über dem rechten Hüftgelenk ohne daraus resultierendem Funktionsdefizit,
verstärkte Muskelanspannung der Schulter-Nacken-Muskulatur beidseits ohne funktionelle Beeinträchtigung.
Möglich seien ausschließlich leichte körperliche Arbeiten, überwiegend im Sitzen, wobei der Klägerin die Möglichkeit zum zwischenzeitlichen Aufstehen und Umhergehen gewährt sein solle. Einseitige körperliche Belastungen seien nicht möglich. Arbeiten in Zwangshaltungen (Knien, Hocken, Bücken, Heben, Tragen und Bewegen von Lasten über 10 kg) sollten wegen der Funktionsbehinderung der Wirbelsäule und dem endoprothetischen Ersatz des linken Hüftgelenkes unterbleiben. Gerüst- und Leiterarbeiten seien wegen der nachvollziehbaren muskulären Unsicherheit vor allem des linken Beins nicht möglich. Die Gebrauchsfähigkeit beider Hände sei aufgrund der verschleißbedingten Veränderungen der Langfingermittel- und -endgelenke eingeschränkt. Dies betreffe kraftvolle manuelle Tätigkeiten (Heben und Tragen, Umfassen und Bedienen von Werkzeugen etc.), aber auch feinmotorische Tätigkeiten (Sortieren kleiner Werkteile, Schreibdienst mit Dauerbeanspruchung der Finger). Die Tätigkeiten sollten ausschließlich in klimatisierten Räumen ausgeübt werden. Die Exposition mit Staub, Gas, Dampf und Lärm scheine nicht geeignet. Die Anforderungen an die Reaktionsfähigkeit, Übersicht und Aufmerksamkeit sollten wegen der offensichtlichen Belastung durch die chronische Erkrankung des Bewegungsapparates gering sein. Arbeiten mit Wechselschicht, Nachtschicht oder besonderem Zeitdruck seien wegen der psychovegetativen Labilität nicht geeignet. Die Klägerin sei in der Lage, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei, jedoch weniger als sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Diese quantitative Einschränkung der Leistungsfähigkeit ergebe sich aus der Summe der dargestellten und sich teilweise gegenseitig verstärkenden qualitativen Leistungseinschränkungen und des langjährigen Krankheitsverlaufs. Weiterhin sei dabei die bereits aktenkundige psychosomatische Belastung berücksichtigt. Die festgestellte Minderung sei seit dem 19. Dezember 2005 anzunehmen. Das SG hat anschließend einen weiteren Befundbericht der Fachärztin für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie Dr. S. vom 17. Juni 2009 eingeholt. Sie hat ausgeführt, dass die Klägerin in ihrem Fachgebiet in der Lage sei, leichte körperliche Tätigkeiten mit zusätzlichen qualitativen Einschränkungen drei bzw. sechs Stunden auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu verrichten.
Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, dass die Klägerin weiterhin fähig sei, die Tätigkeit als Verwaltungsangestellte, wie sie sie bei der Polizei verrichtet habe, auszuüben. Darüber hinaus sei sie in der Lage, die Tätigkeit einer Mitarbeiterin in der Poststelle zu verrichten.
Das SG hat die Klage mit Urteil vom 31. März 2010 abgewiesen. Die Kammer hat seine Entscheidung auf die Gutachten von Dr. S. und Dr. M. vom 27. Juli 2007, den ärztlichen Entlassungsbericht des Klinikzentrums Bad Sulza vom 12. Juli 2007 sowie die Ausführungen von Dr. F. in ihrem Gutachten vom 09. November 2008 gestützt. Die Gesundheitsstörungen der Klägerin würden dazu führen, dass das Leistungsvermögen qualitativ eingeschränkt sei. Eine Einschränkung des Leistungsvermögens in quantitativer Hinsicht auf unter sechs Stunden täglich für leichte körperliche Tätigkeiten ergebe sich daraus indessen nach Überzeugung der Kammer nicht. Vor dem Hintergrund, dass Dr. F. bei der Klägerin insgesamt im Wesentlichen lediglich geringgradige bis mittelgradige Bewegungseinschränkungen festgestellt habe, erscheine der Kammer die Schlussfolgerung der Gutachterin, dass aufgrund der Summe der quantitativen Einschränkungen eine Einschränkung des Leistungsvermögens in zeitlicher Hinsicht auf unter sechs Stunden täglich vorliege, nicht schlüssig. Dies auch mit Rücksicht darauf, dass Dr. F. ausgeführt habe, dass sich im Rahmen der von ihr durchgeführten Begutachtung keine wesentlichen Diskrepanzen zu den aktenkundigen Vorgutachten ergäben und sich die Beschwerden der Klägerin nach ihren eigenen Angaben seit der letzten Begutachtung im Sommer 2007 nicht verändert hätten. Die Tätigkeit einer Verwaltungsangestellten könne die Klägerin nach Auffassung der Kammer weiterhin ausüben. Insoweit komme es nicht auf den letzten konkreten Arbeitsplatz der Versicherten, sondern auf das allgemeine Berufsbild der Tätigkeit an.
Gegen das am 15. Juni 2010 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 12. Juli 2010 Berufung beim Landessozialgericht S.-A. eingelegt. Sie vertritt die Auffassung, dass die Feststellungen des SG auf einer fehlerhaften Würdigung der vom Gericht erhobenen Beweise basierten. Zudem habe das SG zu Unrecht einen Anspruch auf eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit verneint. Sie könne zwar prinzipiell manuelle Schreibarbeiten sowie PC-unterstützende Arbeiten ausführen, allerdings sollten diese Arbeiten nur gelegentlicher Bestandteil der Arbeit sein. Eine Dauerbeanspruchung der Finger sei nicht möglich. Sie gehe davon aus, dass die Tätigkeit einer Verwaltungsangestellten mit manuellen Schreibarbeiten bzw. mit Arbeiten am PC verbunden sei und diese Arbeiten einen nicht unerheblichen Teil der Arbeitszeit einer Verwaltungsangestellten ausmachen würden, d. h. in der Regel ca. 50 Prozent (für die private Berufsunfähigkeitsversicherung entschieden OLG Hamm – 20 V 70/05). Zudem sei fraglich, ob ihr eine Tätigkeit als Verwaltungsangestellte auf Grund der bestehenden Wirbelsäulenbeschwerden aus gesundheitlichen Gründen in einem zeitlichen Umfang von mehr als sechs Stunden täglich noch zuzumuten sei. Ihr Umstellungs- und Anpassungsvermögen, insbesondere für neue Situationen, sei beeinträchtigt.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Halle vom 31. März 2010 sowie den Bescheid der Beklagten vom 04. Dezember 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. September 2007 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin ab dem 01. Januar 2006 Rente wegen voller Erwerbsminderung, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung, weiter hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Halle vom 31. März 2010 zurückzuweisen.
Sie verweist auf ihren bisherigen Vortrag sowie auf die Ausführungen im angefochtenen Urteil.
Bei der Klägerin wurde im Februar 2011 ein Karzinom in der linken Brust festgestellt. Die Entfernung des Tumors fand am 24. Februar 2011 mit anschließender Chemo- und Radiotherapie statt. Die onkologische Nachsorge (Strahlentherapie) wurde am 15. November 2011 abgeschlossen.
Das Gericht hat zur weiteren medizinischen Sachverhaltsermittlung Befundberichte der Fachärztin für Orthopädie Dr. S. vom 05. April 2011, des Facharztes für Orthopädie Dr. H. vom 16. November 2011, der Praktischen Ärztin Dipl.-Med. U. vom 18. November 2011 und des Facharztes für Innere Medizin Dr. F. vom 09. Dezember 2011 eingeholt. Die Klägerin hat sich vom 07. Dezember 2011 bis zum 28. Dezember 2011 zur medizinischen Rehabilitation in der T.-bad Fachklinik in B. befunden. Die Ärzte haben im Rehaentlassungsbericht vom 06. Februar 2012 diagnostiziert:
bösartige Neubildung: Brustdrüse, nicht näher bezeichnet,
Rekonvaleszenz nach Chemotherapie,
Rekonvaleszenz nach der Radiotherapie,
Kandidose der Lunge,
Zustand nach Hüft-TEP bei Koxarthrose 2001.
Auf Veranlassung des Gerichts hat Dr. W., Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie, das Gutachten vom 26. Oktober 2012 erstattet. Der Orthopäde hat aufgrund seiner Untersuchung am 18. September 2012 folgende Erkrankungen festgestellt:
Rückenschmerzen bei muskulären Verspannungen bei Vorliegen einer linkskonvexen fixierten Seitverbiegung (Skoliose) der Wirbelsäule im Brust-/Lendenwirbelsäulenübergang ohne neurologische Ausfälle und ohne nachgewiesene Instabilität,
beginnende Kniearthrose links, nicht aktiviert,
Beschwerden an den oberen Sprunggelenken, links mehr als rechts, bedingt durch die Fußfehlform,
Knick-Senk-Spreizfuß beidseits,
Minderbelastbarkeit der Hände bei leichten Beugekontrakturen der Fingermittelgelenke ohne Entzündungsnachweis und röntgenologisch allenfalls diskreten arthrotischen Veränderungen,
beginnende Verhärtung der Hohlhandfaszie der Hände (Morbus Dupuyten),
gut funktionierende einliegende Hüftprothese links,
medikamentös gut eingestelltes Bluthochdruckleiden,
reizlose Schleimhautausstülpungen des Krummdarms (Sigmadivertikulose)
therapiertes Mammakarzinom (Brustkrebsleiden) im Stadium der Heilungsbewährung,
periphere Polyneuropathie (Entzündung der Nervenendigungen) als Nebenwirkung der Chemotherapie an Fingern und Zehen,
depressive Überlagerung, medikamentös therapiert.
Bei den vorliegenden Gesundheitsstörungen sei vom 01. Januar 2006 bis zum 31. August 2011 grundsätzlich eine regelmäßige Erwerbstätigkeit nicht ausgeschlossen. Es müsse jedoch die Zeit mit der Diagnosestellung und Therapie des Tumorleidens an der linken Brust ab Februar 2011 gesondert bewertet werden. Die Klägerin habe noch körperlich leichte Arbeiten verrichten können. Die durchzuführenden Arbeiten sollten hauptsächlich im Sitzen, im Wechsel mit Gehen und Stehen zu erbringen sein. Einseitige körperliche Belastungen sowie Zwangshaltungen seien zu vermeiden. Gelegentliches Bücken oder Knien sei möglich. Den Befunden nach sei die volle Gebrauchsfähigkeit der Hände gegeben. Einzig das kraftvolle Zufassen, wie z. B. zum Drehen eines Schraubenziehers oder aber festes Halten eines Hammers, sei nicht mehr möglich. Tätigkeiten im Freien, auf Gerüsten oder Leitern, unter Zeitdruck, Akkord- und Fließbandarbeiten oder mit Nachschichten seien nicht möglich. Im betreffenden Zeitraum habe die Klägerin leichte Sortier- oder Büroarbeiten für mindestens sechs Stunden an fünf Wochentagen verrichten können. Ab Februar 2011 bestehe wegen des Tumors der linken Brust eine aufgehobene Leistungsfähigkeit bei Behandlungsbedürftigkeit. Es sei davon auszugehen, dass frühestens im Februar 2012 wieder ein Leistungsvermögen wie vorher vorgelegen habe.
Die Gerichtsakte und die Verwaltungsakte der Beklagten haben vorgelegen und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Beratung gewesen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Sachvortrages der Beteiligten wird auf deren Inhalt verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die nach § 143 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und auch im Übrigen zulässige Berufung der Klägerin hat teilweise Erfolg. Die Klägerin hat Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung vom 01. September 2011 bis 31. Januar 2012. Im Übrigen ist sie mit ihrem Begehren nicht erfolgreich.
I.
Gemäß § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI haben Versicherte, wenn die entsprechenden versicherungsrechtlichen Voraussetzungen vorliegen, dann einen Anspruch auf eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie teilweise erwerbsgemindert sind. Nach Satz 2 der genannten Vorschrift ist derjenige teilweise erwerbsgemindert, der wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande ist, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Gemäß § 43 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB VI haben Versicherte, wenn die entsprechenden versicherungsrechtlichen Voraussetzungen vorliegen, einen Anspruch auf eine Rente wegen voller Erwerbsminderung, wenn sie voll erwerbsgemindert sind. Nach § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI ist derjenige voll erwerbsgemindert, der wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande ist, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs. 3 Zweiter Halbsatz SGB VI).
1.
Der Senat ist davon überzeugt, dass die Klägerin von Februar 2011 bis Ende Januar 2012 nicht in der Lage war, mindestens sechs Stunden täglich einer körperlich leichten Tätigkeit in wechselnder Körperhaltung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nachzugehen. Dies ergibt sich aus den schlüssigen und nachvollziehbaren Ausführungen des Gutachters Dr. W. im Gutachten vom 26. Oktober 2012. Im oben genannten Zeitraum bestand ein aufgehobenes Leistungsvermögen aufgrund des festgestellten Mammakarzinoms mit anschließender Chemo- und Radiotherapie.
2.
Der Senat ist jedoch davon überzeugt, dass die Klägerin im Zeitraum vom 01. Januar 2006 bis 31. Januar 2011 sowie ab Februar 2012 noch in der Lage war und ist, einer körperlich leichten Tätigkeit, überwiegend im Sitzen, im Wechsel mit Gehen und Stehen, sechs Stunden und mehr zu verrichten. Zu vermeiden waren und sind dabei einseitige körperliche Belastungen, Zwangshaltungen, kraftvolles Zufassen der Hände, Tätigkeiten im Freien, auf Gerüsten oder Leitern, unter Zeitdruck, mit Akkord- und Fließbandarbeit oder Nachtschichten. Insoweit folgt der Senat aufgrund eigener Urteils-bildung den schlüssigen und nachvollziehbaren Ausführungen des Sachverständigen Dr. W. in dem Gutachten vom 26. Oktober 2012 sowie den Gutachtern Dr. S. und Dr. M. in dem Gutachten vom 27. Juli 2007. Nach diesen ärztlichen Unterlagen liegen bei der Klägerin folgende Gesundheitsstörungen vor, die ihr Leistungsvermögen im Erwerbsleben beeinflussen:
Rückenschmerzen bei muskulären Verspannungen bei Vorliegen einer linkskonvexen fixierten Seitverbiegung (Skoliose) der Wirbelsäule im Brust-/Lendenwirbelsäulenübergang ohne neurologische Ausfälle und ohne nachgewiesene Instabilität,
beginnende Kniearthrose links, nicht aktiviert,
Beschwerden an den oberen Sprunggelenken, links mehr als rechts, bedingt durch die Fußfehlform,
Knick-Senk-Spreizfuß beidseits,
Minderbelastbarkeit der Hände bei leichten Beugekontrakturen der Fingermittelgelenke ohne Entzündungsnachweis und röntgenologisch allenfalls diskreten arthrotischen Veränderungen,
beginnende Verhärtung der Hohlhandfaszie der Hände (Morbus Dupuyten),
gut funktionierende einliegende Hüftprothese links,
medikamentös gut eingestelltes Bluthochdruckleiden,
reizlose Schleimhautausstülpungen des Krummdarms (Sigmadivertikulose),
therapiertes Mammakarzinom (Brustkrebsleiden) im Stadium der Heilungsbewährung,
periphere Polyneuropathie (Entzündung der Nervenendigungen) als Nebenwirkung der Chemotherapie an Fingern und Zehen,
depressive Überlagerung, medikamentös therapiert.
Dr. W. hat nachvollziehbar festgestellt, dass in den vorliegenden Röntgenbildern aus dem Jahr 2005 und auch 2007 keine wesentlichen schwerwiegenden Degenerationen erkennbar sind. Ein sogenanntes Drehgleiten liegt an der unteren Lendenwirbelsäule mit Sicherheit nicht vor, da auch bei der gutachterlichen Untersuchung am 18. September 2012 eine gute Entfaltbarkeit und auch bei der explorativen Beobachtung die Benutzung der Lendenwirbelsäule auffällig war. Im zeitlichen Verlauf wurden sowohl bei den Untersuchungen im Dezember 2005, im März 2006, im Juni 2007 und bei den Begutachtungen 2008/2011 durchaus mittelgradige Werte für die Entfaltbarkeit der Lendenwirbelsäule festgestellt. Neurologische Ausfälle lagen zu keinem Zeitpunkt vor. An der Brustwirbelsäule sind jedoch die Seitneigung nach links und die Brustwirbelsäulendrehung eingeschränkt. Aufgrund dieses Rückenleidens ist die Klägerin in der Lage, nur noch leichte Tätigkeiten durchzuführen. Zeitlich besteht aufgrund des Rückenleidens jedoch eine Belastbarkeit für sechs und mehr Stunden. Am linken Kniegelenk besteht eine nur mäßige Kniearthrose. Bei der Untersuchung waren auch das Einnehmen einer Hockstellung und das Hinknien möglich. Dies alles spricht dafür, dass an den Kniegelenken keinesfalls eine hochgradige Abnutzung vorliegt oder durch das Knieleiden bedingt erhebliche außergewöhnliche Schmerzen bestehen. Bei der Untersuchung durch Dr. W. bestanden lediglich leichte Beugekontrakturen in den Fingermittelgelenken. Sie waren untersucherseitig vollständig reversibel. Bei Betrachtung der vorhandenen Röntgenbilder bzw. der Beschreibungen der Röntgenbilder und auch der letzten Skelettszintigraphie vom März 2011 ist nicht von wesentlichen arthrotischen Veränderungen an den Fingern auszugehen. Für polyarthrotische Beschwerden fehlen in den Röntgenbildern entsprechende Veränderungen. Durch den Rheumatologen wurden eine Autoimmunerkrankung oder ein rheumatisches Leiden durch mehrmalige labormäßige Kontrollen ausgeschlossen. Einzig die geringe Schwellung am Zeigefingergrundgelenk lässt sich als arthrotisch bewerten. Bei der Untersuchung konnte Dr. W. keine Schwellung an den Fingergelenken feststellen. An der rechten Hand bestand lediglich am Mittelgelenk von Mittel- und Ringfinger ein geringer Druckschmerz. Die grobe Kraft war jedoch grundsätzlich vorhanden und nur um knapp einen Kraftgrad eingeschränkt. Damit liegt nur eine geringgradige Minderbelastbarkeit der Hände für eine Dauerbelastung vor. Die leichte Kontraktur an den Mittelgelenken bedeutet letztlich funktionell keine Beeinträchtigung. Die Hüftprothese links ist regelrecht einsitzend. Bei der Klägerin liegt eine depressive Überlagerung vor. Eine entsprechende medikamentöse Therapie wurde unternommen. Durch die Klägerin werden zwar erhebliche Beschwerden beklagt, die jeweils zeitnah erhobenen Befunde und auch der Gesamtverlauf, z. B. an den Händen, an den Sprunggelenken, am Knie und an der Wirbelsäule wie auch der Ausschluss zur Diskussion stehender entzündlicher Erkrankungen lässt objektivierbar anhand der Befunde keinen anderen Rückschluss zu, als dass die Befunde nicht zu erheblichen, medizinisch erklärbaren Schmerzen führen.
Dr. W. stimmt in seiner Leistungsbeurteilung mit dem im Verwaltungsverfahren eingeholten Gutachten von Dr. S. und Dr. M. überein. Diese haben im Gutachten vom 27. Juli 2007 ebenfalls ausgeführt, dass die ambulante Diagnostik keine Hinweise auf eine systemische Entzündung brachte. An der Wirbelsäule fiel eine Rechts-Links-Skoliose I. Grades, beginnend II. Grades auf, jedoch ohne eine wesentliche Rotationskomponente. Hinweise für Instabilitäten, Progredienz der Skoliose, Nervenreizungen oder Ausfälle bestanden nicht. Die linke Hüft-TEP saß korrekt mit entsprechenden Bewegungsmaßen. An der rechten Hüfte bestanden weder Bewegungseinschränkungen noch Hinweise für eine beginnende Coxarthrose. Am linken Sprunggelenk war lediglich eine geringe Schwellung außen zu finden. Hinweise für Instabilitäten, Reizungen, Entzündungsparameter oder systemische Erkrankungen wurden nicht gefunden.
Der Senat folgt nicht der Leistungseinschätzung der Gutachterin Dr. F. Sie hat in ihrem Gutachten vom 09. November 2008 ausgeführt, dass die Klägerin nur noch in der Lage sei, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei, jedoch weniger als sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Diese quantitative Einschränkung der Leistungsfähigkeit ergebe sich aus der Summe der dargestellten und sich teilweise gegenseitig verstärkenden qualitativen Leistungseinschränkungen und des langjährigen Krankheitsverlaufs. Weiterhin sei dabei die bereits aktenkundige psychosomatische Belastung berücksichtigt. Die festgestellte Minderung sei seit dem 19. Dezember 2005 anzunehmen. Diese Einschätzung überzeugt den Senat nicht, da die Gutachterin lediglich geringgradige bis mittelgradige Bewegungseinschränkungen festgestellt hat. Ebenso hat sie ausgeführt, dass sich keine wesentlichen Diskrepanzen zu den aktenkundigen Vorgutachten ergeben hätten. Die Befunde wurden durch Dr. F. zudem sehr akzentuiert in Richtung eines Rheumaleidens dargestellt, das – wie bereits oben ausgeführt – nicht gegeben war. Befunde der Hände, wie Schwellungen oder eine eingeschränkte Beweglichkeit, sind nicht aufgeführt. Nach Auffassung des Senats ist daher nicht erkennbar, worauf sich die geäußerte zeitliche Reduktion der Leistungsfähigkeit stützt. Soweit die Gutachterin die psychosomatische Belastung fachfremd berücksichtigt hat, lässt sich aus keinen der eingeholten Befundberichte und Gutachten eine leistungsmindernde psychische Erkrankung entnehmen. Insbesondere hat die behandelnde Fachärztin für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie Dr. S. im Befundbericht vom 17. Juni 2009 mitgeteilt, dass lediglich leichte kognitive Beeinträchtigungen im Rahmen der Depression bestehen und die Klägerin in der Lage ist, körperliche Tätigkeiten mit zusätzlichen qualitativen Einschränkungen 3 bzw. 6 Stunden auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu verrichten.
Im Ergebnis der Beurteilungen ergibt sich danach aufgrund der Behandlung des Mammakarzinoms ein aufgehobenes Leistungsvermögen der Klägerin lediglich im Zeitraum von Februar 2011 bis Ende Januar 2012.
3.
Die Klägerin war und ist im Zeitraum vom 01. Januar 2006 bis 31. Januar 2011 und ab Februar 2012 auch nicht deshalb voll erwerbsgemindert, weil sie wegen einer schweren spezifischen Leistungsbehinderung oder einer Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen nicht mehr unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes tätig sein konnte oder kann. Eine konkrete Verweisungstätigkeit ist daher nicht zu benennen. Ihr Restleistungsvermögen reicht vielmehr noch für leichte körperliche Verrichtungen wie z. B. Zureichen, Abnehmen, leichte Reinigungsarbeiten ohne Zwangshaltungen, Kleben, Sortieren, Verpacken und Zusammensetzen von Teilen sowie Bürohilfsarbeiten aus (vgl. die Aufzählungen in dem Beschluss des Großen Senats des Bundessozialgerichts (BSG) vom 19. Dezember 1996 – GS 2/95 –, SozR 3-2600 § 44 SGB VI Nr. 8 = BSGE 80, 24, 33 f.; in der Anwendbarkeit auf die aktuelle Rechtslage bestätigt in BSG, Urteil vom 19. Oktober 2011 – B 13 R 78/09 R – juris, Rdnr. 14 ff.).
Schließlich war und ist sie im oben genannten Zeitraum auch nicht aus gesundheitlichen Gründen gehindert, einen Arbeitsplatz aufzusuchen. Dies ergibt sich übereinstimmend aus den Gutachten.
4.
Die der Klägerin zuerkannte Rente ist nach § 102 Abs. 2 Satz 1 SGB VI zu befristen. Nach dieser Vorschrift werden insbesondere Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit auf Zeit geleistet. Befristete Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit werden nach § 101 Abs. 1 SGB VI nicht vor Beginn des siebten Kalendermonats nach dem Eintritt der Minderung der Erwerbsfähigkeit geleistet. Beginn der Rente ist aufgrund des Leistungsfalls im Februar 2011 unter Anwendung der Siebenmonatsfrist des § 101 Abs. 1 SGB VI der 01. September 2011. Die Befristung endet zum 31. Januar 2012. Der Senat entnimmt dies dem Gutachten von Dr. W. vom 26. Oktober 2012. Danach ist für die Zeit des stationären Aufenthaltes mit Operation sowie für die gesamte Nachbehandlung bis Ende Januar 2012 von einer aufgehobenen Leistungsfähigkeit auszugehen. Die im April und Mai 2012 durchgeführten Handoperationen haben das Leistungsvermögen der Klägerin nicht über einen Zeitraum von mehr als sechs Monate aufgehoben. Der Gutachter Dr. W. hat in der gutachterlichen Untersuchung am 18. September 2012 festgestellt, dass die volle Gebrauchsfähigkeit der Hände gegeben ist.
Für die Bewilligung der Rente wegen voller Erwerbsminderung liegen bei der Klägerin – ausgehend vom Eintritt des Leistungsfalls im Februar 2011 – auch die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen vor (§ 43 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 und 3 SGB VI). Der Senat verweist insoweit auf die dem Schriftsatz der Beklagten vom 12. Februar 2013 beigefügte Wartezeitauskunft.
II.
Die Klägerin hat vom 01. Januar 2006 bis 31. Januar 2011 und ab Februar 2012 auch keinen Anspruch auf eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit gemäß § 240 SGB VI. Danach haben Versicherte bei Erfüllung der sonstigen Voraussetzungen bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie vor dem ... 1961 geboren und berufsunfähig sind. Die Klägerin ist zwar vor diesem Zeitpunkt geboren worden (nämlich 19. August 1951), sie ist aber nicht berufsunfähig.
Nach der Rechtsprechung des BSG ist bei der Prüfung der Berufsunfähigkeit vom bisherigen Beruf der Versicherten auszugehen. Es ist zu prüfen, ob sie diesen Beruf ohne wesentliche Einschränkungen weiter ausüben können. Sind sie hierzu aus gesundheitlichen Gründen nicht in der Lage, ist der qualitative Wert des bisherigen Berufs dafür maßgebend, auf welche Tätigkeiten die Versicherten verwiesen werden können. Bisheriger Beruf ist in der Regel die letzte, nicht nur vorübergehende versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit. Dabei ist nicht unbedingt auf die letzte Berufstätigkeit abzustellen, sondern auf diejenige, die bei im Wesentlichen ungeschwächter Arbeitskraft nicht nur vorübergehend eine nennenswerte Zeit ausgeübt wurde (vgl. BSG, Urteil vom 16. November 2000 – B 13 RJ 79/99 R –, SozR 3-2600 § 43 Nr. 23). "Bisheriger Beruf" der Klägerin war der der Verwaltungsangestellten. Die von den Gutachtern W., Sch. und M. gegebenen Leistungseinschätzungen stehen dieser Tätigkeit nicht entgegen. Dr. W. hat festgestellt, dass die volle Gebrauchsfähigkeit der Hände gegeben ist. Die Klägerin kann Büroarbeiten für mindestens sechs Stunden an fünf Wochentagen verrichten. Die Ärzte des Klinikzentrums B. S. haben im Rehaentlassungsbericht vom 12. Juli 2006 ebenfalls festgestellt, dass die Klägerin als Verwaltungsangestellte noch sechs Stunden und mehr tätig sein kann. Zu dieser Einschätzung kamen auch die Gutachter S. und M. Somit konnte und kann die Klägerin ihren bisherigen Beruf noch ausüben und ist deshalb nicht berufsunfähig.
III.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG. Der Senat hat eine Quotelung der Kosten entsprechend dem Ausgang des Verfahrens für angebracht gehalten. Insbesondere wurde berücksichtigt, dass die Leistungsminderung erst während des Berufungsverfahrens eingetreten ist. Da die Beklagte jedoch kein sofortiges Anerkenntnis abgegeben hat, sind nach dem Grundsatz der Verursachungskosten der Beklagten die Hälfte der Kosten aufzuerlegen.
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 Nr. 1, 2 SGG bestehen nicht.
Rechtskraft
Aus
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SAN
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