Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Magdeburg (SAN)
Aktenzeichen
S 3 R 229/11
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 3 R 289/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die teilweise Aufhebung der Bewilligung und die Erstattung von Rente wegen Berufsunfähigkeit für die Zeit ab dem 1. Oktober 2009 in Höhe von 3.024,41 EUR.
Der am ... 1968 geborene Kläger bezieht von der Beklagten ausweislich des Bescheides vom 27. September 2000 seit dem 1. Dezember 1999 Rente wegen Berufsunfähigkeit gem. § 302b Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (Gesetzliche Rentenversicherung - SGB VI). Bereits mit Bescheid vom 16. Juli 2008 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 11. August 2009 wandte sich die Beklagte an den Kläger wegen der teilweisen Aufhebung der Bewilligung der Rente wegen Berufsunfähigkeit aufgrund erzielten Hinzuverdienstes mit Wirkung ab dem 1. Januar 2002 und der Erstattung überzahlter Rente. Diesbezüglich ist ein Klageverfahren beim Sozialgericht Magdeburg (Az.: S 3 R 859/09) anhängig.
Unter dem 30. Oktober 2009 erhielt die Beklagte im Rahmen des DEÜV-Meldeverfahrens eine Mitteilung durch die zuständige Krankenkasse von der Aufnahme der Beschäftigung des Klägers bei dem Fliesenlegermeister R. F. in E. Auf Nachfrage der Beklagten teilte dieser am 11. November 2009 mit, dass der Kläger am 28. September 2009 eine Beschäftigung bei ihm im Umfang von 40 Stunden wöchentlich zu einem monatlichen Bruttoarbeitsentgelt in Höhe von 1.680,00 EUR aufgenommen habe. Der Kläger selbst setzte die Beklagte mit Schreiben vom 16. November 2009 von seiner Beschäftigungsaufnahme in Kenntnis. Am 17. Mai 2010 legte er der Beklagten die ihm unter dem 26. April 2010 übersandte und unter dem 12. Mai 2010 von seinem Arbeitgeber F. ausgefüllte Bescheinigung mit dem von ihm vom 24. September 2009 bis zum 30. April 2010 erzielten Bruttoarbeitsentgelt vor.
Mit Schreiben vom 21. Mai 2010 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass sie beabsichtige, den Bescheid vom 27. September 2000, mit dem der Anspruch auf Rente wegen Berufsunfähigkeit anerkannt worden sei, für die Zeit ab dem 1. Oktober 2009 teilweise aufzuheben und die überzahlten Beträge in Höhe von 3.024,41 EUR zurückzufordern. Die Aufhebung des Bescheides habe auch zur Folge, dass die Rente wegen Berufsunfähigkeit ab dem 1. Oktober 2009 in Höhe von monatlich 120,98 EUR als Ein-Drittel-Teilrente und ab dem 1. Dezember 2009 nicht mehr zu zahlen sei. Der Bescheid vom 27. September 2000 sei rechtswidrig geworden, weil der Kläger ab dem 24. September 2009 eine Beschäftigung aufgenommen habe und das daraus erzielte Arbeitsentgelt als Hinzuverdienst auf die Berufsunfähigkeitsrente anzurechnen sei. Durch den Hinzuverdienst würden die maßgeblichen Hinzuverdienstgrenzen überschritten. Nach Lage der Akten sei eine Aufhebung für die Vergangenheit zulässig, weil die Voraussetzungen nach § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - SGB X) vorlägen.
Mit Bescheid vom 6. Juli 2010 hob die Beklagte den Bescheid vom 27. September 2000 für die Zeit ab dem 1. Oktober 2009 teilweise auf und forderte die Erstattung des überzahlten Betrages in Höhe von 3.024,41 EUR. Ferner teilte sie mit, dass ab dem 1. Oktober 2009 die Rente in Höhe von monatlich 120,98 EUR als Ein-Drittel-Teilrente gezahlt werde und ab dem 1. Dezember 2009 nicht mehr zu zahlen sei.
Hiergegen erhob der Kläger am 10. August 2010 Widerspruch, soweit der Bescheid vom 27. September 2000 für die Vergangenheit aufgehoben worden sei und Rückforderungsansprüche geltend gemacht würden. Er machte geltend, es läge ein atypischer Fall vor, da er der Beklagten die Tätigkeitsaufnahme rechtzeitig mitgeteilt habe und die Rente trotzdem über einen Zeitraum von mehr als einem halben Jahr weitergezahlt worden sei. Eine Ermessensausübung sei jedoch nicht erfolgt.
Mit Widerspruchsbescheid vom 12. Januar 2011 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers als unbegründet zurück. Ein atypischer Fall, welcher zur Ermessensausübung verpflichte, liege nicht vor. Ein Behördenfehler sei nicht gegeben. Der Kläger habe im November 2009 die Aufnahme der Beschäftigung mitgeteilt. Auf das Anhörungsschreiben vom 21. Mai 2010 habe er nicht reagiert. Daraufhin sei der Aufhebungsbescheid am 6. Juli 2010 erteilt worden. Die vom Gesetzgeber eingeräumten Ausschlussfristen seien gewahrt worden.
Hiergegen hat der Kläger am 14. Februar 2011 Klage beim Sozialgericht Magdeburg erhoben. Er bestreite nicht, dass er im Jahr 2009 eine Arbeitstätigkeit aufgenommen habe und mit dem dort erzielten Einkommen eine Überschreitung der Hinzuverdienstgrenzen eingetreten sei. Da er der Beklagten jedoch sofort die Tätigkeitsaufnahme mitgeteilt habe, habe er davon ausgehen können, dass sich diese nicht auf die Höhe des Rentenbezuges auswirke.
Nach Anhörung der Beteiligten hat das Sozialgericht Magdeburg mit Gerichtsbescheid vom 7. Juni 2012 die Klage abgewiesen. Die Beklagte fordere zu Recht die Erstattung von 3.024,41 EUR. Insoweit folge das Gericht der zutreffenden Begründung des Widerspruchsbescheides. Im Übrigen verkenne der Kläger, dass ein so genannter atypischer Fall nicht schon dann vorliege, wenn die Beklagte nach Mitteilung einer Tätigkeitsaufnahme nicht sofort und ohne weitere Prüfung die Rentenbewilligung aufhebe, sondern unter Beachtung von Anhörungspflichten und Wahrung von Aufhebungsfristen einige Zeit verstreichen lasse.
Gegen den ihm am 14. Juni 2012 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 16. Juli 2012, einem Montag, Berufung beim Landessozialgericht Sachsen-Anhalt eingelegt und weiterhin ausschließlich geltend gemacht, wegen fehlender Ermessungsausübung, zu der die Beklagte jedoch aufgrund des Vorliegens eines atypischen Falls verpflichtet gewesen sei, sei der streitgegenständliche Bescheid aufzuheben und er zur Erstattung von überzahlten Leistungen nicht verpflichtet. Allein aufgrund des Zeitablaufs von mehr als sechs Monaten zwischen der Mitteilung der Tätigkeitsaufnahme und des Anhörungsschreibens der Beklagten habe er nicht mehr damit rechnen müssen, hinsichtlich der Rentenzahlungen erstattungspflichtig zu werden.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Magdeburg vom 7. Juni 2012 und den Bescheid der Beklagten vom 6. Juli 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. Januar 2011 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte hält den angefochtenen Gerichtsbescheid und ihren Bescheid für zutreffend.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung durch die Berichterstatterin anstelle des Senats einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Gerichts- und Verwaltungsverfahrens sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berichterstatterin konnte mit Einverständnis der Beteiligten nach §§ 124 Abs. 2, 155 Abs. 3 und 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) anstelle des Senats durch Urteil ohne mündliche Verhandlung entscheiden.
Die zulässige Berufung ist unbegründet.
Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen, weil der Bescheid der Beklagten vom 6. Juli 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. Januar 2011 rechtlich nicht zu beanstanden ist und den Kläger nicht in den seinen Rechten verletzt (§ 54 Abs.2 Satz 1 SGG).
Zu Recht hat die Beklagte gemäß § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X den Bescheid vom 27. September 2000 teilweise aufgehoben und vom Kläger die Erstattung von 3.024,41 EUR nach § 50 Abs. 1 SGB X gefordert.
Die Voraussetzungen für die teilweise Aufhebung und Rückforderung der bewilligten Rente wegen Berufsunfähigkeit für die Zeit ab dem 1. Oktober 2009 liegen vor. Nach § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung für die Zukunft aufzuheben, wenn in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Der Verwaltungsakt soll mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsaktes Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde (§ 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X).
Eine wesentliche Änderung im Sinne des § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X liegt unstreitig vor, da der Kläger aufgrund des aus der Beschäftigung bei dem Fliesenlegermeister R. F. erzielten Arbeitsentgeltes die für die Rente wegen Berufsunfähigkeit maßgebliche Hinzuverdienstgrenze gemäß §§ 313 und 96a SGB VI ab dem 1. Oktober 2009 überschritten hat. In Anbetracht der monatlichen Arbeitseinkünfte des Klägers stand ihm ab dem 1. Oktober 2009 eine Rente wegen Berufsunfähigkeit lediglich als Teilrente in Höhe von einem Drittel zu, ab dem 1. Dezember 2009 überschritt er sämtliche Hinzuverdienstgrenzen, so dass ihm die Rente nicht mehr zu zahlen war. Insoweit wird nach eigener Prüfung der Sach- und Rechtslage auf die zutreffenden Ausführungen im Widerspruchsbescheid der Beklagten verwiesen, auf die auch das Sozialgericht in seinem Gerichtsbescheid vom 7. Juni 2012 Bezug genommen hat.
Die Voraussetzungen des § 48 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 SGB X liegen damit vor, da der Kläger ab dem 1. Oktober 2009 Einkommen erzielt hat, das zur Minderung und zum Wegfall seines Anspruchs auf Bewilligung von Rente wegen Berufsunfähigkeit geführt hat.
Nach § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X soll der Verwaltungsakt rückwirkend vom Zeitpunkt der Verhältnisse aufgehoben werden. "Soll" bedeutet, dass dies in aller Regel zu geschehen hat. Nur in Ausnahmefällen - in atypischen Fällen - kann allein für die Zukunft aufgehoben werden. Jedoch ist der Verwaltung in diesen Fällen - und auch nur in diesen Fällen - ein von ihr auszuübendes Ermessen eingeräumt, auch dann noch für die Vergangenheit aufzuheben (Schütze/von Wulffen, SGB X, 7. Auflage, 2010, § 48 Rdnr. 20; Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 6. November 1985, 10 RKg 3/84, SozR 1300 § 48 Nr. 19). Nach der Rechtsprechung des BSG lassen sich keine allgemeinen Regeln aufstellen, wann ein atypischer Fall vorliegt, in dem eine Ermessensentscheidung zu treffen ist. Vielmehr ist dies stets nach dem Sinn und Zweck der jeweiligen Regelung des § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X zu bestimmen und hängt maßgebend von den Umständen des Einzelfalls ab (BSG, Urteil vom 11. Februar 1988, 7 RAr 55/86, SozR 1300 § 48 Nr. 44). Die Frage, ob ein atypischer Fall vorliegt, ist nicht im Wege der Ermessensausübung zu klären, sondern vielmehr als Rechtsvoraussetzung von den Gerichten zu überprüfen (BSG, Urteil vom 6. November 1985, a.a.O.; Urteil vom 11. Februar 1988, a.a.O.).
Ein atypischer Fall ist nicht gegeben. Ein solcher kann bei einem mitwirkenden Fehlverhalten auf der Seite des Versicherungsträgers bei grobem Verschulden gerechtfertigt sein (Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 26. Juni 1986, 7 RAr 126/84, SozR 1300 § 48 Nr. 25). Für ein solches grob fahrlässiges Fehlverhalten der Beklagten bestehen keine Anhaltspunkte. Zunächst ist festzustellen, dass der Kläger seine Beschäftigungsaufnahme nicht "rechtzeitig", wie er vorträgt, mitgeteilt hat, sondern die Beklagte erst durch einen Datenabgleich mit der Krankenkasse am 30. Oktober 2009 davon erfahren und der Arbeitgeber F. dies am 11. November 2009 bestätigt hat. Die Beklagte hat den Kläger zwar erst mit Schreiben vom 21. Mai 2010 angehört und dann mit Bescheid vom 6. Juli 2010 die Rentenbewilligung teilweise aufgehoben. Ein Verwaltungsakt soll dann aufgehoben werden, "soweit" eine wesentliche Änderung eingetreten ist. Hierzu muss die Behörde vor der Aufhebungsentscheidung Kenntnis von allen Tatsachen haben, aus denen sich die wesentliche Änderung gegenüber den Verhältnissen bei Erlass des früheren Verwaltungsakts ergibt. Insoweit kommt es auf sämtliche Tatsachen und Umstände an, die die wesentliche Änderung der tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse bei Erlass des aufzuhebenden Verwaltungsaktes darstellen. Es genügt z.B. nicht die Kenntnis der bloßen Tatsache der Beschäftigung, sondern es kommt auch auf die Höhe der Einkünfte, deren Art und Verteilung auf die einzelnen Monate im Hinblick auf die Anrechnung an (BGS, Urteil vom 11. Juni 2003, B 5 RJ 28/02 R, SozR 4-1300 § 24 Nr. 1; Urteil vom 31. Januar 2008, B 13 R 23/07, juris). Der konkrete monatliche Verdienst war der Beklagten erst nach Vorlage der Bescheinigung des Arbeitgebers F. vom 12. Mai 2010 am 17. Mai 2010 bekannt. Damit lag der typische Fall vor, dass die Behörde erst noch Ermittlungen einleiten musste, um sich über die die Rücknahme rechtfertigenden Tatsachen ausreichende Kenntnis zu verschaffen. Darin, dass sich die Beklagte erst mit Schreiben vom 26. April 2010 an den Kläger zwecks Einholung der Arbeitgeberbescheinigung gewandt hat, ist jedenfalls kein grob rechtswidriges Fehlverhalten der Beklagten zu sehen, sondern vielmehr stellt dies ein der Massenverwaltung der Beklagten geschuldetes Vorgehen dar.
Ferner wird der Kläger durch den - teilweisen - Wegfall der Rente nicht sozialhilfebedürftig. Ein atypischer Fall liegt vor, wenn der Betroffene infolge des Wegfalls jener Sozialleistung, deren Bewilligung rückwirkend aufgehoben wurde, in Nachhinein unter den Sozialhilfesatz sinken oder vermehrt sozialhilfebedürftig würde. Die unbillige Härte liegt in diesen Fällen darin, dass der Betroffene die Sozialhilfeansprüche, die ihm bei rechtzeitiger Erklärung zugestanden hätten, für die Vergangenheit nicht mehr geltend machen kann (BSG, Urteil vom 12. Dezember 1995, 10 RKg 9/95, SozR 3-1300 § 48 Nr. 42). Diese Voraussetzungen liegen jedoch hier nicht vor, da der Kläger seit dem 1. Oktober 2009 ein monatliches Bruttoarbeitsentgelt in Höhe von mindestens 1.600,00 EUR bezog.
Schließlich bedeutet die mit der rückwirkenden teilweisen Aufhebung verbundene Erstattungspflicht des Klägers auch darüber hinaus keine besondere Härte. Diese würde vorliegen, wenn die Rückerstattung nach Lage des Falles eine Härte bedeutet, die den Leistungsbezieher in untypischer Weise stärker belastet als den hierdurch im Normalfall Betroffenen. Ein irreversibler Verbrauch der erhaltenen Überzahlung, aus der der Empfänger sonst die Erstattungsforderung beglichen hätte, stellt für sich genommen keinen Umstand dar, der eine besondere Härte im Sinne der Nr. 3 des § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X begründet. Allerdings hat das BSG einen atypischen Fall dann angenommen, wenn der Betroffene aufgrund besonderer Umstände nicht damit zu rechnen brauchte, erstattungspflichtig zu werden und er im Vertrauen darauf das nachträglich erzielte Einkommen, aus dem er sonst die Erstattungsforderung beglichen hätte, ausgegeben hat (BSG, Urteil vom 29. Juni 1994, 1 RK 45/93, SozR 3-3000 § 48 Nr. 33). Soweit der Kläger meint, er habe nach der Mitteilung über die Beschäftigungsannahme im November 2009 darauf vertrauen dürfen und auch vertraut, dass die weiterhin gezahlte Rente wegen Berufsunfähigkeit in der gewährten Höhe rechtmäßig sei, ist dem nicht beizupflichten. Ein gutgläubiger Verbrauch liegt nicht vor. Angesichts des vorausgegangenen Verfahrens wegen der teilweisen Aufhebung der Rente wegen Berufsunfähigkeit aufgrund erzielten Hinzuverdienstes und Erstattungsforderung (Bescheid vom 16. Juli 2008 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 11. August 2009) sowie der Kenntnis des Klägers von den Hinzuverdienstgrenzen musste er damit rechnen, dass sich die Höhe des Arbeitsentgeltes auf die Höhe der monatlichen Rente ab Oktober 2009 auswirkt. Er konnte gerade nicht davon ausgehen, dass er die ausgezahlten Rentenbeträge ausgeben konnte, ohne mit einer Erstattungsforderung rechnen zu müssen. Dafür liegen keine besonderen Umstände vor. Insbesondere hat die Beklagte keinen besonderen Vertrauenstatbestand geschaffen z.B. durch eine falsche Auskunft. Vielmehr ist - wie oben bereits ausgeführt - der typische Fall gegeben, dass der Behörde einer Massenverwaltung eine Änderung bekannt wird und diese Ermittlungen einleiten muss, um sich über die die Rücknahme rechtfertigenden Tatsachen ausreichende Kenntnis zu verschaffen.
Eine besondere Härte liegt auch nicht in Anbetracht der finanziellen Situation des Klägers vor. Vielmehr besteht für ihn die Möglichkeit, einen Antrag auf Ratenzahlung oder Stundung bei der Beklagten zu stellen.
Die Beklagte hat die Jahresfrist für die Aufhebung des Verwaltungsaktes seit Kenntnis der Tatsachen, welche die Aufhebung eines Dauerverwaltungsaktes bei Änderung der Verhältnisse für die Vergangenheit rechtfertigt, gemäß § 48 Abs. 4 Satz 1 i.V.m. § 45 Abs. 4 Satz 2 SGB X eingehalten. Schließlich hat sie den Kläger vor Erlass des Aufhebungs- und Erstattungsbescheides auch ordnungsgemäß nach § 24 Abs. 1 SGB X angehört.
Soweit die Beklagte berechtigt war, die Bewilligung von Rente wegen Berufsunfähigkeit rückwirkend aufzuheben, ist der Kläger nach § 50 Abs. 1 SGB X zur Rückzahlung des überzahlten Betrages in Höhe von 3.024,41 EUR verpflichtet.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision im Sinne von § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor. Es handelt sich um eine Einzelfallentscheidung auf gesicherter Rechtsgrundlage, ohne dass der Senat von einer Entscheidung der in § 160 Abs. 2 Nr. 2 SGG genannten Gerichte abweicht.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die teilweise Aufhebung der Bewilligung und die Erstattung von Rente wegen Berufsunfähigkeit für die Zeit ab dem 1. Oktober 2009 in Höhe von 3.024,41 EUR.
Der am ... 1968 geborene Kläger bezieht von der Beklagten ausweislich des Bescheides vom 27. September 2000 seit dem 1. Dezember 1999 Rente wegen Berufsunfähigkeit gem. § 302b Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (Gesetzliche Rentenversicherung - SGB VI). Bereits mit Bescheid vom 16. Juli 2008 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 11. August 2009 wandte sich die Beklagte an den Kläger wegen der teilweisen Aufhebung der Bewilligung der Rente wegen Berufsunfähigkeit aufgrund erzielten Hinzuverdienstes mit Wirkung ab dem 1. Januar 2002 und der Erstattung überzahlter Rente. Diesbezüglich ist ein Klageverfahren beim Sozialgericht Magdeburg (Az.: S 3 R 859/09) anhängig.
Unter dem 30. Oktober 2009 erhielt die Beklagte im Rahmen des DEÜV-Meldeverfahrens eine Mitteilung durch die zuständige Krankenkasse von der Aufnahme der Beschäftigung des Klägers bei dem Fliesenlegermeister R. F. in E. Auf Nachfrage der Beklagten teilte dieser am 11. November 2009 mit, dass der Kläger am 28. September 2009 eine Beschäftigung bei ihm im Umfang von 40 Stunden wöchentlich zu einem monatlichen Bruttoarbeitsentgelt in Höhe von 1.680,00 EUR aufgenommen habe. Der Kläger selbst setzte die Beklagte mit Schreiben vom 16. November 2009 von seiner Beschäftigungsaufnahme in Kenntnis. Am 17. Mai 2010 legte er der Beklagten die ihm unter dem 26. April 2010 übersandte und unter dem 12. Mai 2010 von seinem Arbeitgeber F. ausgefüllte Bescheinigung mit dem von ihm vom 24. September 2009 bis zum 30. April 2010 erzielten Bruttoarbeitsentgelt vor.
Mit Schreiben vom 21. Mai 2010 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass sie beabsichtige, den Bescheid vom 27. September 2000, mit dem der Anspruch auf Rente wegen Berufsunfähigkeit anerkannt worden sei, für die Zeit ab dem 1. Oktober 2009 teilweise aufzuheben und die überzahlten Beträge in Höhe von 3.024,41 EUR zurückzufordern. Die Aufhebung des Bescheides habe auch zur Folge, dass die Rente wegen Berufsunfähigkeit ab dem 1. Oktober 2009 in Höhe von monatlich 120,98 EUR als Ein-Drittel-Teilrente und ab dem 1. Dezember 2009 nicht mehr zu zahlen sei. Der Bescheid vom 27. September 2000 sei rechtswidrig geworden, weil der Kläger ab dem 24. September 2009 eine Beschäftigung aufgenommen habe und das daraus erzielte Arbeitsentgelt als Hinzuverdienst auf die Berufsunfähigkeitsrente anzurechnen sei. Durch den Hinzuverdienst würden die maßgeblichen Hinzuverdienstgrenzen überschritten. Nach Lage der Akten sei eine Aufhebung für die Vergangenheit zulässig, weil die Voraussetzungen nach § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - SGB X) vorlägen.
Mit Bescheid vom 6. Juli 2010 hob die Beklagte den Bescheid vom 27. September 2000 für die Zeit ab dem 1. Oktober 2009 teilweise auf und forderte die Erstattung des überzahlten Betrages in Höhe von 3.024,41 EUR. Ferner teilte sie mit, dass ab dem 1. Oktober 2009 die Rente in Höhe von monatlich 120,98 EUR als Ein-Drittel-Teilrente gezahlt werde und ab dem 1. Dezember 2009 nicht mehr zu zahlen sei.
Hiergegen erhob der Kläger am 10. August 2010 Widerspruch, soweit der Bescheid vom 27. September 2000 für die Vergangenheit aufgehoben worden sei und Rückforderungsansprüche geltend gemacht würden. Er machte geltend, es läge ein atypischer Fall vor, da er der Beklagten die Tätigkeitsaufnahme rechtzeitig mitgeteilt habe und die Rente trotzdem über einen Zeitraum von mehr als einem halben Jahr weitergezahlt worden sei. Eine Ermessensausübung sei jedoch nicht erfolgt.
Mit Widerspruchsbescheid vom 12. Januar 2011 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers als unbegründet zurück. Ein atypischer Fall, welcher zur Ermessensausübung verpflichte, liege nicht vor. Ein Behördenfehler sei nicht gegeben. Der Kläger habe im November 2009 die Aufnahme der Beschäftigung mitgeteilt. Auf das Anhörungsschreiben vom 21. Mai 2010 habe er nicht reagiert. Daraufhin sei der Aufhebungsbescheid am 6. Juli 2010 erteilt worden. Die vom Gesetzgeber eingeräumten Ausschlussfristen seien gewahrt worden.
Hiergegen hat der Kläger am 14. Februar 2011 Klage beim Sozialgericht Magdeburg erhoben. Er bestreite nicht, dass er im Jahr 2009 eine Arbeitstätigkeit aufgenommen habe und mit dem dort erzielten Einkommen eine Überschreitung der Hinzuverdienstgrenzen eingetreten sei. Da er der Beklagten jedoch sofort die Tätigkeitsaufnahme mitgeteilt habe, habe er davon ausgehen können, dass sich diese nicht auf die Höhe des Rentenbezuges auswirke.
Nach Anhörung der Beteiligten hat das Sozialgericht Magdeburg mit Gerichtsbescheid vom 7. Juni 2012 die Klage abgewiesen. Die Beklagte fordere zu Recht die Erstattung von 3.024,41 EUR. Insoweit folge das Gericht der zutreffenden Begründung des Widerspruchsbescheides. Im Übrigen verkenne der Kläger, dass ein so genannter atypischer Fall nicht schon dann vorliege, wenn die Beklagte nach Mitteilung einer Tätigkeitsaufnahme nicht sofort und ohne weitere Prüfung die Rentenbewilligung aufhebe, sondern unter Beachtung von Anhörungspflichten und Wahrung von Aufhebungsfristen einige Zeit verstreichen lasse.
Gegen den ihm am 14. Juni 2012 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 16. Juli 2012, einem Montag, Berufung beim Landessozialgericht Sachsen-Anhalt eingelegt und weiterhin ausschließlich geltend gemacht, wegen fehlender Ermessungsausübung, zu der die Beklagte jedoch aufgrund des Vorliegens eines atypischen Falls verpflichtet gewesen sei, sei der streitgegenständliche Bescheid aufzuheben und er zur Erstattung von überzahlten Leistungen nicht verpflichtet. Allein aufgrund des Zeitablaufs von mehr als sechs Monaten zwischen der Mitteilung der Tätigkeitsaufnahme und des Anhörungsschreibens der Beklagten habe er nicht mehr damit rechnen müssen, hinsichtlich der Rentenzahlungen erstattungspflichtig zu werden.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Magdeburg vom 7. Juni 2012 und den Bescheid der Beklagten vom 6. Juli 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. Januar 2011 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte hält den angefochtenen Gerichtsbescheid und ihren Bescheid für zutreffend.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung durch die Berichterstatterin anstelle des Senats einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Gerichts- und Verwaltungsverfahrens sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berichterstatterin konnte mit Einverständnis der Beteiligten nach §§ 124 Abs. 2, 155 Abs. 3 und 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) anstelle des Senats durch Urteil ohne mündliche Verhandlung entscheiden.
Die zulässige Berufung ist unbegründet.
Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen, weil der Bescheid der Beklagten vom 6. Juli 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. Januar 2011 rechtlich nicht zu beanstanden ist und den Kläger nicht in den seinen Rechten verletzt (§ 54 Abs.2 Satz 1 SGG).
Zu Recht hat die Beklagte gemäß § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X den Bescheid vom 27. September 2000 teilweise aufgehoben und vom Kläger die Erstattung von 3.024,41 EUR nach § 50 Abs. 1 SGB X gefordert.
Die Voraussetzungen für die teilweise Aufhebung und Rückforderung der bewilligten Rente wegen Berufsunfähigkeit für die Zeit ab dem 1. Oktober 2009 liegen vor. Nach § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung für die Zukunft aufzuheben, wenn in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Der Verwaltungsakt soll mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsaktes Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde (§ 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X).
Eine wesentliche Änderung im Sinne des § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X liegt unstreitig vor, da der Kläger aufgrund des aus der Beschäftigung bei dem Fliesenlegermeister R. F. erzielten Arbeitsentgeltes die für die Rente wegen Berufsunfähigkeit maßgebliche Hinzuverdienstgrenze gemäß §§ 313 und 96a SGB VI ab dem 1. Oktober 2009 überschritten hat. In Anbetracht der monatlichen Arbeitseinkünfte des Klägers stand ihm ab dem 1. Oktober 2009 eine Rente wegen Berufsunfähigkeit lediglich als Teilrente in Höhe von einem Drittel zu, ab dem 1. Dezember 2009 überschritt er sämtliche Hinzuverdienstgrenzen, so dass ihm die Rente nicht mehr zu zahlen war. Insoweit wird nach eigener Prüfung der Sach- und Rechtslage auf die zutreffenden Ausführungen im Widerspruchsbescheid der Beklagten verwiesen, auf die auch das Sozialgericht in seinem Gerichtsbescheid vom 7. Juni 2012 Bezug genommen hat.
Die Voraussetzungen des § 48 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 SGB X liegen damit vor, da der Kläger ab dem 1. Oktober 2009 Einkommen erzielt hat, das zur Minderung und zum Wegfall seines Anspruchs auf Bewilligung von Rente wegen Berufsunfähigkeit geführt hat.
Nach § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X soll der Verwaltungsakt rückwirkend vom Zeitpunkt der Verhältnisse aufgehoben werden. "Soll" bedeutet, dass dies in aller Regel zu geschehen hat. Nur in Ausnahmefällen - in atypischen Fällen - kann allein für die Zukunft aufgehoben werden. Jedoch ist der Verwaltung in diesen Fällen - und auch nur in diesen Fällen - ein von ihr auszuübendes Ermessen eingeräumt, auch dann noch für die Vergangenheit aufzuheben (Schütze/von Wulffen, SGB X, 7. Auflage, 2010, § 48 Rdnr. 20; Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 6. November 1985, 10 RKg 3/84, SozR 1300 § 48 Nr. 19). Nach der Rechtsprechung des BSG lassen sich keine allgemeinen Regeln aufstellen, wann ein atypischer Fall vorliegt, in dem eine Ermessensentscheidung zu treffen ist. Vielmehr ist dies stets nach dem Sinn und Zweck der jeweiligen Regelung des § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X zu bestimmen und hängt maßgebend von den Umständen des Einzelfalls ab (BSG, Urteil vom 11. Februar 1988, 7 RAr 55/86, SozR 1300 § 48 Nr. 44). Die Frage, ob ein atypischer Fall vorliegt, ist nicht im Wege der Ermessensausübung zu klären, sondern vielmehr als Rechtsvoraussetzung von den Gerichten zu überprüfen (BSG, Urteil vom 6. November 1985, a.a.O.; Urteil vom 11. Februar 1988, a.a.O.).
Ein atypischer Fall ist nicht gegeben. Ein solcher kann bei einem mitwirkenden Fehlverhalten auf der Seite des Versicherungsträgers bei grobem Verschulden gerechtfertigt sein (Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 26. Juni 1986, 7 RAr 126/84, SozR 1300 § 48 Nr. 25). Für ein solches grob fahrlässiges Fehlverhalten der Beklagten bestehen keine Anhaltspunkte. Zunächst ist festzustellen, dass der Kläger seine Beschäftigungsaufnahme nicht "rechtzeitig", wie er vorträgt, mitgeteilt hat, sondern die Beklagte erst durch einen Datenabgleich mit der Krankenkasse am 30. Oktober 2009 davon erfahren und der Arbeitgeber F. dies am 11. November 2009 bestätigt hat. Die Beklagte hat den Kläger zwar erst mit Schreiben vom 21. Mai 2010 angehört und dann mit Bescheid vom 6. Juli 2010 die Rentenbewilligung teilweise aufgehoben. Ein Verwaltungsakt soll dann aufgehoben werden, "soweit" eine wesentliche Änderung eingetreten ist. Hierzu muss die Behörde vor der Aufhebungsentscheidung Kenntnis von allen Tatsachen haben, aus denen sich die wesentliche Änderung gegenüber den Verhältnissen bei Erlass des früheren Verwaltungsakts ergibt. Insoweit kommt es auf sämtliche Tatsachen und Umstände an, die die wesentliche Änderung der tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse bei Erlass des aufzuhebenden Verwaltungsaktes darstellen. Es genügt z.B. nicht die Kenntnis der bloßen Tatsache der Beschäftigung, sondern es kommt auch auf die Höhe der Einkünfte, deren Art und Verteilung auf die einzelnen Monate im Hinblick auf die Anrechnung an (BGS, Urteil vom 11. Juni 2003, B 5 RJ 28/02 R, SozR 4-1300 § 24 Nr. 1; Urteil vom 31. Januar 2008, B 13 R 23/07, juris). Der konkrete monatliche Verdienst war der Beklagten erst nach Vorlage der Bescheinigung des Arbeitgebers F. vom 12. Mai 2010 am 17. Mai 2010 bekannt. Damit lag der typische Fall vor, dass die Behörde erst noch Ermittlungen einleiten musste, um sich über die die Rücknahme rechtfertigenden Tatsachen ausreichende Kenntnis zu verschaffen. Darin, dass sich die Beklagte erst mit Schreiben vom 26. April 2010 an den Kläger zwecks Einholung der Arbeitgeberbescheinigung gewandt hat, ist jedenfalls kein grob rechtswidriges Fehlverhalten der Beklagten zu sehen, sondern vielmehr stellt dies ein der Massenverwaltung der Beklagten geschuldetes Vorgehen dar.
Ferner wird der Kläger durch den - teilweisen - Wegfall der Rente nicht sozialhilfebedürftig. Ein atypischer Fall liegt vor, wenn der Betroffene infolge des Wegfalls jener Sozialleistung, deren Bewilligung rückwirkend aufgehoben wurde, in Nachhinein unter den Sozialhilfesatz sinken oder vermehrt sozialhilfebedürftig würde. Die unbillige Härte liegt in diesen Fällen darin, dass der Betroffene die Sozialhilfeansprüche, die ihm bei rechtzeitiger Erklärung zugestanden hätten, für die Vergangenheit nicht mehr geltend machen kann (BSG, Urteil vom 12. Dezember 1995, 10 RKg 9/95, SozR 3-1300 § 48 Nr. 42). Diese Voraussetzungen liegen jedoch hier nicht vor, da der Kläger seit dem 1. Oktober 2009 ein monatliches Bruttoarbeitsentgelt in Höhe von mindestens 1.600,00 EUR bezog.
Schließlich bedeutet die mit der rückwirkenden teilweisen Aufhebung verbundene Erstattungspflicht des Klägers auch darüber hinaus keine besondere Härte. Diese würde vorliegen, wenn die Rückerstattung nach Lage des Falles eine Härte bedeutet, die den Leistungsbezieher in untypischer Weise stärker belastet als den hierdurch im Normalfall Betroffenen. Ein irreversibler Verbrauch der erhaltenen Überzahlung, aus der der Empfänger sonst die Erstattungsforderung beglichen hätte, stellt für sich genommen keinen Umstand dar, der eine besondere Härte im Sinne der Nr. 3 des § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X begründet. Allerdings hat das BSG einen atypischen Fall dann angenommen, wenn der Betroffene aufgrund besonderer Umstände nicht damit zu rechnen brauchte, erstattungspflichtig zu werden und er im Vertrauen darauf das nachträglich erzielte Einkommen, aus dem er sonst die Erstattungsforderung beglichen hätte, ausgegeben hat (BSG, Urteil vom 29. Juni 1994, 1 RK 45/93, SozR 3-3000 § 48 Nr. 33). Soweit der Kläger meint, er habe nach der Mitteilung über die Beschäftigungsannahme im November 2009 darauf vertrauen dürfen und auch vertraut, dass die weiterhin gezahlte Rente wegen Berufsunfähigkeit in der gewährten Höhe rechtmäßig sei, ist dem nicht beizupflichten. Ein gutgläubiger Verbrauch liegt nicht vor. Angesichts des vorausgegangenen Verfahrens wegen der teilweisen Aufhebung der Rente wegen Berufsunfähigkeit aufgrund erzielten Hinzuverdienstes und Erstattungsforderung (Bescheid vom 16. Juli 2008 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 11. August 2009) sowie der Kenntnis des Klägers von den Hinzuverdienstgrenzen musste er damit rechnen, dass sich die Höhe des Arbeitsentgeltes auf die Höhe der monatlichen Rente ab Oktober 2009 auswirkt. Er konnte gerade nicht davon ausgehen, dass er die ausgezahlten Rentenbeträge ausgeben konnte, ohne mit einer Erstattungsforderung rechnen zu müssen. Dafür liegen keine besonderen Umstände vor. Insbesondere hat die Beklagte keinen besonderen Vertrauenstatbestand geschaffen z.B. durch eine falsche Auskunft. Vielmehr ist - wie oben bereits ausgeführt - der typische Fall gegeben, dass der Behörde einer Massenverwaltung eine Änderung bekannt wird und diese Ermittlungen einleiten muss, um sich über die die Rücknahme rechtfertigenden Tatsachen ausreichende Kenntnis zu verschaffen.
Eine besondere Härte liegt auch nicht in Anbetracht der finanziellen Situation des Klägers vor. Vielmehr besteht für ihn die Möglichkeit, einen Antrag auf Ratenzahlung oder Stundung bei der Beklagten zu stellen.
Die Beklagte hat die Jahresfrist für die Aufhebung des Verwaltungsaktes seit Kenntnis der Tatsachen, welche die Aufhebung eines Dauerverwaltungsaktes bei Änderung der Verhältnisse für die Vergangenheit rechtfertigt, gemäß § 48 Abs. 4 Satz 1 i.V.m. § 45 Abs. 4 Satz 2 SGB X eingehalten. Schließlich hat sie den Kläger vor Erlass des Aufhebungs- und Erstattungsbescheides auch ordnungsgemäß nach § 24 Abs. 1 SGB X angehört.
Soweit die Beklagte berechtigt war, die Bewilligung von Rente wegen Berufsunfähigkeit rückwirkend aufzuheben, ist der Kläger nach § 50 Abs. 1 SGB X zur Rückzahlung des überzahlten Betrages in Höhe von 3.024,41 EUR verpflichtet.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision im Sinne von § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor. Es handelt sich um eine Einzelfallentscheidung auf gesicherter Rechtsgrundlage, ohne dass der Senat von einer Entscheidung der in § 160 Abs. 2 Nr. 2 SGG genannten Gerichte abweicht.
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