Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Stendal (SAN)
Aktenzeichen
S 46 U 33/07
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 6 U 80/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Das Urteil des Sozialgerichts Stendal vom 25. August 2010 sowie der Bescheid der Beklagten vom 8. Januar 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. März 2007 werden aufgehoben.
Es wird festgestellt, dass das Ereignis vom 7. Juli 2006 ein Arbeitsunfall mit einem Riss der rechten Achillessehne war.
Die Beklagte trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers im Vorverfahren sowie für beide Rechtszüge.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist die Anerkennung eines Ereignisses als Arbeitsunfall.
Laut D-Arztbericht vom 7. sowie Unfallanzeige vom 10. Juli 2006 knickte der 1965 geborene und seinerzeit als Lehrer tätige Kläger am 7. Juli 2006 gegen 11.30 Uhr während eines Sprints beim Brennballspiel Schüler gegen Lehrer um und verspürte einen "Schlag" in der rechten Ferse. Der um 12.00 Uhr aufgesuchte D-Arzt Dr. J. diagnostizierte eine Achillessehnenruptur rechts und veranlasste zwecks operativer Sehnennaht die stationäre Aufnahme des Klägers. Klinisch zeigte sich eine deutliche Lücke im Bereich der rechten Achillessehne, die sich im Rahmen der Sonographie mit einem Hämatom und noch bestehender geringer Einblutung bestätigte. Röntgenologisch lag kein Hinweis auf einen knöchernen Sehnenausriss vor.
Intraoperativ fanden sich ca. 4 cm vor dem knöchernen Ansatz der Achillessehne ausgefranste Rupturränder sowie ein Hämatom im Bereich der Rupturstelle (Operationsbericht vom 7. Juli 2006). Die histologische Aufbereitung des von den Sehnenenden entnommenen Gewebematerials ergab nach der Auswertung des Pathologen Privatdozent (PD) Dr. S. straffes Bindegewebe mit Blut- und Fibrinauflagerungen ohne eine entzündliche Infiltration. Insgesamt liege das Bild einer frischen Destruktion vor. Eindeutige Hinweise auf degenerative Vorschäden seien nicht vorhanden.
Unter dem 6. September 2006 gab der Kläger zum Unfallhergang an, er sei während des Brennballspiels nach dem Wurf des Balls losgelaufen und mit dem rechten Fuß infolge eines Ausweichmanövers umgeknickt. Aus den Augenwinkeln habe er einen Schüler gesehen, der vermeintlich in seine Laufbahn getreten sei. Da er in der Wade einen starken Schmerz verspürt habe, habe er sich auf eine Bank gesetzt und sei ohnmächtig geworden.
Die vom Kläger als Unfallzeugin benannte R. B. erklärte in ihrer schriftlichen Äußerung vom 18. September 2006, der Kläger sei beim Brennballspiel Lehrer-Schüler losgelaufen, habe einem Schüler ausweichen müssen, sei umgeknickt und zur Bank gehumpelt.
Mit auf dem Postweg übersandtem Bescheid vom 8. Januar 2007 lehnte die Beklagte die Anerkennung des Ereignisses vom 7. Juli 2006 als Arbeitsunfall ab. Der Riss der rechten Achillessehne sei nicht rechtlich wesentlich durch die versicherte Tätigkeit am 7. Juli 2006 verursacht worden. Das Umknicken mit dem Fuß sei nicht geeignet gewesen, die Achillessehne unfallbedingt zu verletzen. Diese werde bei einem solchen Bewegungsablauf nicht unphysiologisch beansprucht.
Hiergegen erhob der Kläger am 9. Februar 2007 Widerspruch und rügte, dass die Beklagte statt der Einholung eines Zusammenhangsgutachtens lediglich Mutmaßungen angestellt und den Zustand der Sehne nicht berücksichtigt habe.
In seiner daraufhin von der Beklagten eingeholten Stellungnahme vom 22. Februar 2007 vertrat Dr. J. die Ansicht, der Unfall stelle keinen Arbeitsunfall dar, da mangels Fremdeinwirkung keine von außen auf den Körper einwirkende Kraft vorgelegen habe. Das vom Kläger angegebene Umknicken passe nicht zu einer Achillessehnenverletzung. Ein solches Supinationstrauma führe zu einer Schädigung im Sprunggelenkbandapparat, jedoch nicht zu einer Achillessehnenruptur. Auch eine im September 2006 aufgetretene erneute Ruptur etwa 1,5 cm proximal (zur Körpermitte hin) der Nahtstelle spreche für eine degenerative Sehnenveränderung.
Mit Widerspruchsbescheid vom 21. März 2007 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück und berief sich neben der Vertiefung ihrer im Ausgangsbescheid gegebenen Begründung auf die Ausführungen Dr. J.s.
Am 17. April 2007 hat der Kläger vor dem Sozialgericht (SG) Stendal Klage erhoben und sein Anliegen auf Anerkennung der Achillessehnenruptur als Arbeitsunfall weiter verfolgt. Zum Unfallhergang hat er angegeben, er sei – mit dem rechten Abdruckbein – losgelaufen, habe noch zwei Schritte in Laufrichtung absolviert und mit dem linken Bein regulär den Hallenboden berührt. Während er den rechten Fuß in Aufsetzposition geführt habe, habe er aus dem Augenwinkel bemerkt, wie eine Person in seine Laufrichtung geraten sei. Er habe auch kurz eine Berührung in Beckenhöhe wahrgenommen. Beim Versuch auszuweichen, habe er den linken Fuß wegführend nach links aufgesetzt, sei mit dem rechten Fuß schräg versetzt aufgekommen und dabei umgeknickt. Die von der Beklagten behauptete Manifestation vorhandener degenerativer Veränderungen erstaune angesichts der von der Krankenkasse bestätigten fehlenden Vorerkrankungen im Bereich der Achillessehne sowie des Befundes von PD Dr. S. Die Stellungnahme Dr. J.s sei nicht nachvollziehbar.
Das SG hat u.a. den Operationsbericht vom 29. September 2006 beigezogen. Nach diesem sei die erneute Ruptur eingetreten, nachdem der Kläger einen plötzlichen Antritt bzw. Sprung ausgeführt habe. Intraoperativ zeigte sich eine ca. 1,5 cm proximal von der intakten Naht abgerissene und um 3 bis 4 cm retrahierte Achillessehne. Aus einem ebenfalls zur Gerichtsakte gelangten Magnetresonanztomogramm des rechten Sprunggelenks vom 29. Oktober 2007 ging eine relativ dicke (Umkipp-)Plastik mit intaktem (knöchernen) Ansatz hervor. Das SG hat von dem Chirurgen und Unfallchirurgen Dr. S. nach ambulanter Untersuchung am 26. August 2008 das Gutachten vom 3. Dezember 2008 eingeholt. Dieser hat im Ergebnis eingeschätzt, der Unfallhergang sei nicht geeignet gewesen, eine Achillessehnenruptur zu verursachen. Zu einer spontanen Zusammenhangtrennung der Sehne habe es auch bei einer ähnlichen alltäglichen Belastung kommen können. Die Achillessehne sei neben der Kniescheibensehne die stärkste Sehne des menschlichen Körpers und schon bei alltäglichen Bewegungsvorgängen wie beim Gehen oder Laufen physiologisch stark belastet. Bei bestimmten physiologischen Belastungsspitzen, z.B. beim Ansetzen zum Sprung, beim Wiederauftreffen nach einem Sprung oder beim Sprinten sei sie der Kraft eines Mehrfachen des Körpergewichts ausgesetzt. Eine traumatische Achillessehnenschädigung sei nach herrschender Ansicht nur bei direkter Gewalteinwirkung von außen, z.B. einer Hieb-, Schnitt- oder Schlagverletzung gegen die maximal vorgespannte Sehne, denkbar. Das vorliegende Umknicken, das sogar eine Entspannung der Sehne bewirkt habe, sei danach als ungeeigneter Verletzungsmechanismus anzusehen. Auch operativ habe sich das typische Bild (degenerativ) aufgefranster Sehnenränder gezeigt. Der histologische Befund gebe nur Auskunft über den Zustand der untersuchten Gewebeteile.
Mit Urteil vom 25. August 2010 hat das SG die Klage abgewiesen und sich zur Begründung auf die Darlegungen von Dr. S. und Dr. J. gestützt, nach denen das Unfallereignis vom 7. Juli 2006 nicht wesentliche Ursache des Risses der rechten Achillessehne gewesen sei, sondern diesen lediglich als Gelegenheitsursache bedingt habe. Dabei könne dahinstehen, ob die Erstangaben des Klägers oder das von ihm später behauptete Umknicken als Unfallhergang anzunehmen sei. Denn auch ein Umknicken, das zu einer Entspannung der Sehne führe, sei nicht geeignet gewesen, diese zu zerreißen. Ihm fehle ein plötzliches, überfallartiges Moment, bei dem die Sehne bei fixiertem Fuß überdehnt werde.
Gegen das ihm am 8. September 2010 zugestellte Urteil hat der Kläger mit einem am 5. Oktober 2010 vom Briefzentrum gestempelten Schreiben Berufung eingelegt, die am 11. Oktober 2010 beim Landessozialgericht Sachsen-Anhalt eingegangen ist. Zur Begründung hat er an seiner Ansicht festgehalten und darauf verwiesen, dass die für einen Unfall erforderliche äußere Einwirkung im plötzlichen Ausweichmanöver liege.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Stendal vom 25. August 2010 sowie den Bescheid der Beklagten vom 8. Januar 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. März 2007 aufzuheben und festzustellen, dass der Riss seiner rechten Achillessehne am 7. Juli 2006 ein Arbeitsunfall war.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält ihre Entscheidung und das diese bestätigende Urteil des SG für zutreffend.
Der Senat hat vom J.-Krankenhaus G.-S. den Arztbrief vom 20. Januar 2007 beigezogen, aus dem als Nebendiagnose ein tablettenpflichtiger Diabetes mellitus Typ IIb hervorgeht. Zudem hat er den Facharzt für Orthopädie, Physikalische und Rehabilitative Medizin Prof. Dr. R. mit der Erstellung des Gutachtens vom 7. Dezember 2011 nach ambulanter Untersuchung beauftragt. Der Sachverständige ist zu dem Ergebnis gelangt, das Ereignis vom 7. Juli 2006 sei mit Wahrscheinlichkeit als wesentliche Ursache des Sehnenrisses anzunehmen. Es könne nicht hinweg gedacht werden, ohne dass damit zugleich die Ruptur entfalle. Der Unfallhergang sei in der Lage gewesen, auch eine gesunde Achillessehne zu zerreißen. Beim Kläger seien im Bereich der Achillessehne keinerlei Verschleißerscheinungen, Abnutzungsprozesse oder degenerative Veränderungen beschrieben. Histologisch seien eindeutige Hinweise auf degenerative Vorschäden ausdrücklich verneint worden. Die von Dr. S. aufgestellte Behauptung einer spontanen Sehnenruptur bei alltäglichen Ereignissen lasse sich schon dadurch entkräften, dass die unauffällige linke Achillessehne fünf Jahre nach dem Ereignis bei weiterer aktiver Betätigung seitens des Klägers nicht rupturiert sei, ohne dass ersichtlich sei, warum eine aus innerer Ursache angenommene Schadensanlage im Bereich der rechten Achillessehne nicht auch links vorhanden sein sollte. Die bisherigen Kausalitätsbewertungen gründeten letztlich auf dem vor 40 Jahren aufgestellten und auf drei Untersuchungen beruhenden Satz, wonach eine gesunde Sehne nicht reiße. Dieser sei jedoch bereits kurze Zeit später als Irrlehre widerlegt worden. Es habe sich nämlich gezeigt, dass degenerative Veränderungen nicht nur Ursache, sondern auch Rupturfolge sein könnten. Schon wenige Stunden nach einem Ereignis ließen sich im aufgefaserten Sehnengewebe Veränderungen feststellen, die im histologischen Bild als "degenerativ" beschrieben würden. Die ursprünglich mit Albinoratten durchgeführten Zerreißversuche seien mit wildlebenden Ratten aus dem Hafen von Oslo wiederholt worden. Bei diesen habe sich gezeigt, dass die Knochen und Muskeln intakt geblieben und die Sehnen gerissen seien. Weiter sei durch mathematische Untersuchungen belegt worden, dass eine Sehne unter dem Einfluss des Impulses, also einer plötzlich auf sie einwirkenden Belastung, auch in gesundem Zustand zerreißen könne. Entgegen überkommener Auffassung ereigneten sich nach Literaturangaben 90 % aller Achillessehnenrupturen ohne jegliche Vorboten bei körperlich gesunden Sportlern in der zeitlichen Mitte ihrer Laufbahn bei gut durchwärmten Muskeln und Sehnen. Selbst wenn histologisch degenerative Veränderungen nachzuweisen seien, spreche dies nicht für eine Vorschädigung des Gewebes. Vielmehr sei davon auszugehen, dass dann in einem besonders ungünstigen Moment eine außergewöhnliche Anspannung der Wadenmuskulatur verknüpft mit einer Auflastung des gesamten Körpergewichts auf den Vorfußballen stattgefunden und nach den Hebelgesetzen unweigerlich eine Sehnenzerreißung bewirkt habe. Habe etwa ein Mann mittleren Alters noch am Wochenende ohne Probleme ein Fußballspiel bewältigt, jedoch am Montagmorgen beim Anschieben eines Fahrzeugs nach der "Hauruck-Methode" eine Achillessehnenruptur erlitten, sei es demnach lebensfremd zu behaupten, der Riss sei auch ohne dieses Ereignis zu erwarten gewesen.
Die Beklagte hat hierzu unter Verweis auf (beigefügte) Literatur eingewandt, ein schneller Antritt sei für eine Achillessehnenruptur grundsätzlich unbeachtlich. Anderes gelte nur, wenn eine zusätzliche ungeplante Änderung des Bewegungsablaufs zu einer unphysiologischen Belastung geführt habe. Zudem habe ein Umknicken laut Dr. S. eine Entlastung der Sehne bewirkt. Außerdem hat die Beklagte die beratenden Stellungnahmen des Chirurgen und Unfallchirurgen Dr. L. vom 30. April und 18. August 2012 vorgelegt. Nach diesen dürfe angesichts des feingeweblichen Befundes zwar kein Vorschaden unterstellt, könne aber auch nicht ausgeschlossen werden. Entscheidend sei, ob die Sehne beim Ereignis unkoordiniert so überlastet worden sei, dass sie habe zerreißen können. Beim Umknicken sei die Achillessehne keiner besonderen Belastung ausgesetzt gewesen. Eine solche sei auch dem vom Kläger angegebenen Laufrichtungswechsel nicht zu entnehmen. Als naheliegende Ursache des Sehnenrisses komme die Zuckererkrankung des Klägers in Betracht.
In seinen ergänzenden Stellungnahmen vom 12. März und 13. Juni 2012 ist Prof. Dr. R. bei seiner Bewertung geblieben. Auch nach der von der Beklagten vorgelegten Literatur dürfe eine Schadensanlage nur berücksichtigt werden, wenn sie nachgewiesen sei. Alle gerissenen Achillessehnen zeigten mit einer geradezu "explodierten Sehne" aufgefranste Fasern. Hieraus seien keine Schlussfolgerungen über vorbestehende degenerative Veränderungen ableitbar. Soweit Dr. L. die Zuckererkrankung des Klägers als Erklärung heranziehe, sei diese nicht insulinpflichtig und bestehe erst seit 2006. Abgesehen davon sei nicht belegbar, dass es hierdurch zu verstärkten degenerativen Veränderungen im Bereich der Achillessehnen bzw. primär rechts gekommen sei. Auch wenn der Kläger ein "Umknicken" angegeben habe, könne hiervon nur dann ausgegangen werden, wenn im oberen Sprunggelenk eine Zerrung mit einer Bandläsion und Schwellung abgelaufen sei. Hierfür finde sich aber weder primär noch im weiteren Verlauf ein Anhalt. Das von ihm beschriebene Ausweichmanöver sei unter Berücksichtigung aktueller Literatur durchaus als eine unkoordinierte und unkontrollierte Krafteinwirkung auf die Achillessehne anzusehen, die im Bauplan der Funktionseinheit Muskel-Sehne nicht vorgesehen sei. Überdies sei die Behauptung Dr. L.s, beim Sprint werde die Achillessehne nicht unter Stress gesetzt, wissenschaftlich umstritten.
Auf gerichtlichen Hinweis vom 2. April 2013 hat der Kläger am 3. April 2013 gegen die Versäumung der Berufungsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt und nochmals Berufung eingelegt. Mit Beschluss vom 11. April 2013 hat der Senat dem Antrag stattgegeben.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie der beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen. Diese Unterlagen waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung und der Entscheidungsfindung des Senats.
Entscheidungsgründe:
Die nach § 143 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte, form- und – nach Wiedereinsetzung – fristgerecht eingelegte (§ 151 Abs. 1 SGG) sowie auch ansonsten zulässige Berufung hat Erfolg. Der Bescheid der Beklagten vom 8. Januar 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. März 2007 beschwert den Kläger im Sinne der §§ 157, 54 Abs. 2 Satz 1 SGG. Denn das Ereignis vom 7. Juli 2006 ist mit einem Riss der rechten Achillessehne des Klägers als Arbeitsunfall anzuerkennen.
Arbeitsunfälle sind nach § 8 Abs. 1 Satz 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Unfallversicherung (SGB VII) Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen (§ 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII). Für die Anerkennung eines Unfalls als Arbeitsunfall ist danach in der Regel erforderlich, dass die Verrichtung des Versicherten zur Zeit des Unfalls seiner versicherten Haupttätigkeit zuzurechnen ist (sachlicher bzw. innerer Zusammenhang), sie zu dem zeitlich begrenzten, von außen auf den Körper einwirkenden Ereignis – dem Unfallereignis – geführt hat (Unfallkausalität) und dieses Unfallereignis einen Gesundheitserstschaden oder den Tod des Versicherten verursacht hat (siehe nur Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 5. September 2006 – B 2 U 24/05 R – SozR 4-2700 § 8 Nr. 18 oder Urteil vom 4. September 2007 – B 2 U 24/06 R – SozR 4-2700 § 8 Nr. 24, m.w.N.).
Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Der Kläger war zum Ereigniszeitpunkt im Rahmen seiner Tätigkeit als Lehrer nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII als Beschäftigter versichert. Ebenso ist nicht strittig, dass sich das Geschehen am 7. Juli 2006, währenddessen sich der Kläger den klinisch, sonographisch sowie intraoperativ gesicherten Riss der rechten Achillessehne zuzog, innerhalb dieser versicherten Tätigkeit ereignete, mit ihr also im sachlichen Zusammenhang stand.
Das Ereignis vom 7. Juli 2006 erfüllt entgegen der Ansicht von Dr. J. auch die Merkmale eines von außen auf den Körper einwirkenden Geschehens im Sinne des Gesetzes. Dazu reicht es aus, dass der betroffene Fuß des Klägers in einer von ihm nicht vorgesehenen Weise auf den Hallenboden aufgetroffen ist. Denn hierfür ist nicht einmal ein besonders ungewöhnlicher Ablauf erforderlich (siehe nur BSG, Urteil vom 29. November 2011 – B 2 U 23/10 R – juris; Urteil vom 17. Februar 2009 – B 2 U 18/07 R – SozR 4-2700 § 8 Nr. 31; Urteil vom 12. April 2005 – B 2 U 27/04 R – SozR 4-2700 § 8 Nr. 15). Bereits bei Zugrundelegung des im D-Arztbericht sowie der Unfallanzeige verzeichneten Unfallablaufs handelte es sich jedoch um einen ungewöhnlichen Vorgang. Denn abgesehen davon, dass ein sprintmäßiger Bewegungsablauf beim Brennballspiel kein alltäglich vorkommendes Geschehen ist, stellt auch ein gewolltes Handeln mit ungewollter Einwirkung durch eine Fehlbelastung einen Unfall dar (vgl. nochmals BSG, Urteil vom 12. April 2005, a.a.O.).
Schließlich ist der Riss der rechten Achillessehne mit hinreichender Wahrscheinlichkeit im Wesentlichen durch den Unfall vom 7. Juli 2006 verursacht worden. Bei dieser Bewertung stützt sich der Senat vor allem auf die Darlegungen von Prof. Dr. R., der sich gründlich und ausführlich mit den vorliegenden Tatsachen auseinandergesetzt und seine gutachtlichen Schlussfolgerungen überzeugend begründet hat.
Hinreichende Wahrscheinlichkeit liegt vor, wenn bei vernünftiger Abwägung aller Umstände mehr für als gegen den Ursachenzusammenhang spricht und ernste Zweifel ausscheiden, so dass darauf die richterliche Überzeugung gegründet werden kann. Die bloße Möglichkeit einer Verursachung genügt dagegen nicht. Dabei setzt die im Recht der gesetzlichen Unfallversicherung geltende "Theorie der wesentlichen Bedingung" in Eingrenzung der naturwissenschaftlich-philosophischen Bedingungstheorie, nach der jede nicht hinwegzudenkende Bedingung (conditiosinequanon) kausal ist, voraus, dass das versicherte Geschehen wegen seiner besonderen Beziehung zum Erfolg an dessen Eintritt wesentlich beteiligt war. Welche Ursache wesentlich ist und welche nicht, muss aus der Auffassung des praktischen Lebens über die besonderen Beziehungen der Ursache zum Eintritt des Erfolgs (Gesundheitsschaden) wertend abgeleitet werden. Gesichtspunkte hierfür sind etwa die Art und das Ausmaß der versicherten Einwirkung, das Gewicht gegebenenfalls vorhandener konkurrierender Ursachen, der zeitliche Verlauf und das Verhalten des Versicherten, die Krankheitsgeschichte unter Berücksichtigung der aktuellen medizinischen Erkenntnisse sowie ergänzend auch der Schutzzweck der Norm. Erst wenn feststeht, dass ein bestimmtes Ereignis eine naturwissenschaftliche Ursache für einen Erfolg ist, stellt sich in einem zweiten Schritt die Frage nach einer wesentlichen Verursachung des Erfolgs durch das Ereignis (vgl. BSG, Urteil vom 12. April 2005 – B 2 U 27/04 R – SozR 4-2700 § 8 Nr. 15; Urteil vom 9. Mai 2006 – B 2 U 1/05 R – SozR 4-2700 § 8 Nr. 17; Urteil vom 15. Mai 2012 – B 2 U 31/11 R – NZS 2012, 909).
Ausgehend hiervon liegt eine ernste Zweifel ausschließende Wahrscheinlichkeit dafür vor, dass das versicherte Geschehen vom 7. Juli 2006 wesentliche Ursache für den Riss der rechten Achillessehne war.
Zunächst ist die versicherte Verrichtung im naturwissenschaftlich-philosophischen Sinn als Bedingung des Sehnenrisses wirksam geworden, da das Unfallgeschehen ohne gleichzeitiges Entfallen des eingetretenen Schadens nicht hinweggedacht werden kann. Dies hat Prof. Dr. R. ausdrücklich hervorgehoben, ohne dass zuvor Dr. S. oder nachfolgend Dr. L. insoweit irgendwelche Zweifel angemeldet haben. Solche sind für den Senat auch ansonsten nicht ersichtlich. Darüber hinaus stellt das Unfallereignis auch eine wesentliche Ursache des Sehnenrisses dar. Unterstützt wird diese Kausalbeziehung zunächst dadurch, dass eine Ungeeignetheit des Unfallhergangs zur Verursachung einer Achillessehnenruptur nicht feststeht. Im Gegenteil ist der Senat mit Prof. Dr. R. davon überzeugt, dass das während des Brennballspiels am 7. Juli 2006 abgelaufene Geschehen einem Hergang entspricht, wie er laut dem Sachverständigen nach den aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen zu einem traumatischen Riss der Achillessehne passt. Dabei geht der Senat von einem Hergang aus, wie ihn der Kläger am 6. September 2006 beschrieben und im erstinstanzlichen Verfahren wiederholt hat, ohne dass hieran durchgreifende Zweifel verbleiben.
Danach lief der Kläger zum zweiten Mal nach dem Wurf des Balls los, bemerkte eine Person, die in seine Laufrichtung geriet, führte ein Ausweichmanöver nach links aus und kam dabei mit dem rechten Fuß schräg versetzt auf. Dass der Kläger nach dem Loslaufen einem Schüler ausweichen musste, wird auch durch die schriftliche Erklärung der Zeugin B. vom 18. September 2006 bestätigt. Soweit im D-Arztbericht von einem "Schlag" die Rede ist, widerspricht dies einem solchen Hergang schon deshalb nicht, weil der Schlag dort ausdrücklich in Anführungszeichen gesetzt ist und sich somit auch unschwer mit der Wahrnehmung des Sehnenrisses als solchen – nämlich als Knall oder eben Schlag – vereinbaren lässt. Einen Tritt oder Schlag im Sinne einer (gegnerischen) Fremdeinwirkung auf die Sehne hat der Kläger jedenfalls selbst nicht als sicher wahrgenommen behauptet.
Soweit in den Schilderungen des Klägers und den Angaben von Frau B. ein "Umknicken" angegeben wird, kann der Senat entsprechendes nicht als feststehend zugrunde legen. Denn abgesehen davon, dass ein Umknicken nach den Darlegungen der D., J., S. und L. kein Gefährdungspotential für die Achillessehne birgt und den unstrittig beim Brennballspiel aufgetretenen Sehnenriss somit schon nicht erklären kann, geben auch die angetroffenen Befunde ihrerseits nichts für den tatsächlichen Ablauf eines Umknickens her. Insoweit haben nämlich Dr. J. und Prof. Dr. R. (in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 13. Juni 2012) übereinstimmend ausgeführt, dass beim Umknicken der Sprunggelenkbandapparat in Mitleidenschaft gezogen wird und dort eine Bandläsion und Schwellung auftritt. Hinweise für Bänderschädigungen oder Schwellungen im Bereich des rechten Sprunggelenks hat jedoch weder Dr. J. bei seiner Primäruntersuchung kurz nach dem Unfall gefunden noch sind solche in den nachfolgenden Aufzeichnungen vermerkt. Liegen damit aber keinerlei medizinische Anhaltspunkte dafür vor, dass der Kläger tatsächlich umgeknickt ist, kann hiervon nicht als feststehend ausgegangen werden.
Dass ein mitten im Lauf notwendig werdendes ungeplantes Ausweichen mit einer unkoordinierten Krafteinwirkung auf die Achillessehne einhergehen kann und somit als geeigneter Mechanismus zu ihrer Verletzung in Betracht kommt, hat nicht nur Prof. Dr. R. unter Bezugnahme auf die von ihm wiedergegebene aktuelle Literatur dargelegt. Vielmehr stellt die Beklagte dies entgegen Dr. L. selbst nicht in Abrede, wie aus dem von ihr zitierten wissenschaftlichen Schrifttum (Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 8. Aufl. 2010, S. 401 f. mit Fn. 47) hervorgeht. Denn danach soll ein schneller Antritt für eine Achillessehnenruptur zwar grundsätzlich unbeachtlich sein. Dies gilt aber dann nicht mehr, wenn eine zusätzliche ungeplante Änderung des Bewegungsablaufs – wie etwa ein Ausweichmanöver – zu einer von der Achillessehne nicht mehr kompensierbaren unphysiologischen Belastung führt. Hier hat der Kläger nicht lediglich zum Sprint angesetzt, sondern musste durch das Ausweichen mitten im Lauf den vorgestellten Bewegungsablauf ändern. Dies ging mit einer unkontrollierten Fehlbelastung des rechten Fußes einher, die – zumindest auch – Gefährdungspotential für die Achillessehne barg und vom Kläger als "Umknicken" empfunden wurde. Insgesamt folgt der Senat deshalb der lebensnahen Bewertung von Prof. Dr. R., der den Unfallhergang ausdrücklich als geeigneten Mechanismus zum Zerreißen auch einer gesunden Achillessehne bezeichnet hat.
Daneben wird eine wesentliche Ursachenbeziehung zwischen dem Unfallereignis und der Achillessehnenruptur auch durch das Verhalten des Klägers nach dem Unfall sowie die erhobenen Befunde wahrscheinlich gemacht. Der Kläger stellte sich schon eine halbe Stunde nach dem Ereignis bei Dr. J. vor, der bereits klinisch und sonographisch den Riss als unfallnahen Gesundheitserstschaden sichern konnte. Soweit Dr. S. und Dr. L. aus den intraoperativ als aufgefranst beschriebenen Sehnenrändern auf eine degenerative Vorschädigung der Sehne schließen und dem histologischen Befund keine eigene Aussagekraft zusprechen, ist dem Prof. Dr. R. überzeugend entgegen getreten. Dass der Operateur Dr. A. gerade aus dem makroskopisch angetroffenen Sehnenbefund auf eine nichttraumatische Ruptur geschlossen hat, geht so aus dem Bericht über die am 7. Juli 2006 um 21.40 Uhr begonnene Operation schon nicht hervor. Abgesehen davon sind nach Prof. Dr. R. bei allen gerissenen Achillessehnen schon wenige Stunden nach dem zugrunde liegenden Ereignis aufgefranste Fasern anzutreffen, die im histologischen Bild oftmals als "degenerativ" erscheinen. Diesen Darlegungen hat auch Dr. L. nicht widersprochen. Vorliegend leitete PD Dr. S. aus dem feingeweblichen Befund indessen sogar ausdrücklich einen frischen Riss ab und fand keine eindeutigen Hinweise auf degenerative Vorschäden. Dem lässt sich mit Dr. S. auch nicht entgegen halten, dass die histologische Untersuchung (selbstverständlich) nur Auskunft über den Zustand der untersuchten Gewebeteile geben kann. Nur darauf, ob die Sehne im Rissbereich degenerativ verändert war, kommt es auch entscheidend an. Denn aus einer im sonstigen Sehnenverlauf angetroffenen etwaigen Abnutzung ließe sich im Hinblick auf einen andernorts angetroffenen Riss nämlich nicht zugleich zwingend auf eine auch dort vorliegende Degeneration schließen.
Da beim Kläger im Bereich der rechten Achillessehne auch keine sonstigen Anzeichen auf einen vorauseilenden Verschleiß zu belegen sind, verfängt auch Dr. L.s Hinweis auf die Zuckererkrankung des Klägers nicht. Damit verbleibt insgesamt kein Raum für eine von den D., S. und L. unterstellte bedeutsame Schadensanlage, die neben dem Unfallgeschehen naturwissenschaftlich wirksam geworden sein könnte. Auf eine solche lässt sich entgegen der Ansicht dieser Ärzte auch nicht mittelbar aus der Erkenntnis rückschließen, dass die Achillessehne regelmäßig der vom vorgeschalteten Wadenmuskel aufgebauten Kraft widersteht, weshalb ein dennoch eingetretener Schaden ihre Rissbereitschaft impliziere. Denn einer solchen Ableitung ist Prof. Dr. R. überzeugend entgegen getreten. Er hat den tradierten Lehrsatz, nach dem eine gesunde Achillessehne nicht reiße, unter Literaturangaben als widerlegt bezeichnet und auf die in der Wissenschaft anerkannte Möglichkeit der Ruptur auch gesunder Sehnen infolge bestimmter Kraftentfaltungen verwiesen. Zudem ist ein maßstäbliches Abstellen auf eine gesunde Sehne auch rechtlich unzutreffend. Denn vom Schutzbereich der gesetzlichen Unfallversicherung sind nicht lediglich gesunde Versicherte erfasst. Einbezogen ist der Versicherte vielmehr in demjenigen Zustand, in dem er sich aktuell befindet (siehe etwa BSG, Urteil vom 27. Oktober 1987 – 2 RU 35/87 – SozR 2200 § 589 Nr. 10; Urteil vom 22. März 1983 – 2 RU 22/81 – juris; Urteil vom 19. September 1974 – 8 RU 236/73 – SozR 2200 § 548 Nr. 4). Im Ergebnis stellt sich damit die Frage des Entfallens der Wesentlichkeit des Ursachenzusammenhangs infolge (weit) überragender Bedeutung einer konkurrierenden Ursache schon nicht mehr (vgl. zum hierbei relevanten Aspekt der so genannten Gelegenheitsursache nur BSG, Urteil vom 30. Januar 2007 – B 2 U 8/06 R – juris). Überdies hat Prof. Dr. R. insoweit angemerkt, dass gegen die von Dr. S. behauptete Spontanruptur infolge alltäglicher Ereignisse auch das fortbestehende Intaktsein der linken Achillessehne sprechen könnte, ohne dass ersichtlich wäre, warum eine auf innerer Ursache beruhende Schadensanlage dort nicht ebenso vorhanden sein sollte.
Nach alledem war der Berufung stattzugeben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor, weil es sich bei der Entscheidung um die Würdigung der tatsächlichen Umstände des vorliegenden Einzelfalls auf sicherer Rechtsgrundlage gehandelt hat.
Es wird festgestellt, dass das Ereignis vom 7. Juli 2006 ein Arbeitsunfall mit einem Riss der rechten Achillessehne war.
Die Beklagte trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers im Vorverfahren sowie für beide Rechtszüge.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist die Anerkennung eines Ereignisses als Arbeitsunfall.
Laut D-Arztbericht vom 7. sowie Unfallanzeige vom 10. Juli 2006 knickte der 1965 geborene und seinerzeit als Lehrer tätige Kläger am 7. Juli 2006 gegen 11.30 Uhr während eines Sprints beim Brennballspiel Schüler gegen Lehrer um und verspürte einen "Schlag" in der rechten Ferse. Der um 12.00 Uhr aufgesuchte D-Arzt Dr. J. diagnostizierte eine Achillessehnenruptur rechts und veranlasste zwecks operativer Sehnennaht die stationäre Aufnahme des Klägers. Klinisch zeigte sich eine deutliche Lücke im Bereich der rechten Achillessehne, die sich im Rahmen der Sonographie mit einem Hämatom und noch bestehender geringer Einblutung bestätigte. Röntgenologisch lag kein Hinweis auf einen knöchernen Sehnenausriss vor.
Intraoperativ fanden sich ca. 4 cm vor dem knöchernen Ansatz der Achillessehne ausgefranste Rupturränder sowie ein Hämatom im Bereich der Rupturstelle (Operationsbericht vom 7. Juli 2006). Die histologische Aufbereitung des von den Sehnenenden entnommenen Gewebematerials ergab nach der Auswertung des Pathologen Privatdozent (PD) Dr. S. straffes Bindegewebe mit Blut- und Fibrinauflagerungen ohne eine entzündliche Infiltration. Insgesamt liege das Bild einer frischen Destruktion vor. Eindeutige Hinweise auf degenerative Vorschäden seien nicht vorhanden.
Unter dem 6. September 2006 gab der Kläger zum Unfallhergang an, er sei während des Brennballspiels nach dem Wurf des Balls losgelaufen und mit dem rechten Fuß infolge eines Ausweichmanövers umgeknickt. Aus den Augenwinkeln habe er einen Schüler gesehen, der vermeintlich in seine Laufbahn getreten sei. Da er in der Wade einen starken Schmerz verspürt habe, habe er sich auf eine Bank gesetzt und sei ohnmächtig geworden.
Die vom Kläger als Unfallzeugin benannte R. B. erklärte in ihrer schriftlichen Äußerung vom 18. September 2006, der Kläger sei beim Brennballspiel Lehrer-Schüler losgelaufen, habe einem Schüler ausweichen müssen, sei umgeknickt und zur Bank gehumpelt.
Mit auf dem Postweg übersandtem Bescheid vom 8. Januar 2007 lehnte die Beklagte die Anerkennung des Ereignisses vom 7. Juli 2006 als Arbeitsunfall ab. Der Riss der rechten Achillessehne sei nicht rechtlich wesentlich durch die versicherte Tätigkeit am 7. Juli 2006 verursacht worden. Das Umknicken mit dem Fuß sei nicht geeignet gewesen, die Achillessehne unfallbedingt zu verletzen. Diese werde bei einem solchen Bewegungsablauf nicht unphysiologisch beansprucht.
Hiergegen erhob der Kläger am 9. Februar 2007 Widerspruch und rügte, dass die Beklagte statt der Einholung eines Zusammenhangsgutachtens lediglich Mutmaßungen angestellt und den Zustand der Sehne nicht berücksichtigt habe.
In seiner daraufhin von der Beklagten eingeholten Stellungnahme vom 22. Februar 2007 vertrat Dr. J. die Ansicht, der Unfall stelle keinen Arbeitsunfall dar, da mangels Fremdeinwirkung keine von außen auf den Körper einwirkende Kraft vorgelegen habe. Das vom Kläger angegebene Umknicken passe nicht zu einer Achillessehnenverletzung. Ein solches Supinationstrauma führe zu einer Schädigung im Sprunggelenkbandapparat, jedoch nicht zu einer Achillessehnenruptur. Auch eine im September 2006 aufgetretene erneute Ruptur etwa 1,5 cm proximal (zur Körpermitte hin) der Nahtstelle spreche für eine degenerative Sehnenveränderung.
Mit Widerspruchsbescheid vom 21. März 2007 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück und berief sich neben der Vertiefung ihrer im Ausgangsbescheid gegebenen Begründung auf die Ausführungen Dr. J.s.
Am 17. April 2007 hat der Kläger vor dem Sozialgericht (SG) Stendal Klage erhoben und sein Anliegen auf Anerkennung der Achillessehnenruptur als Arbeitsunfall weiter verfolgt. Zum Unfallhergang hat er angegeben, er sei – mit dem rechten Abdruckbein – losgelaufen, habe noch zwei Schritte in Laufrichtung absolviert und mit dem linken Bein regulär den Hallenboden berührt. Während er den rechten Fuß in Aufsetzposition geführt habe, habe er aus dem Augenwinkel bemerkt, wie eine Person in seine Laufrichtung geraten sei. Er habe auch kurz eine Berührung in Beckenhöhe wahrgenommen. Beim Versuch auszuweichen, habe er den linken Fuß wegführend nach links aufgesetzt, sei mit dem rechten Fuß schräg versetzt aufgekommen und dabei umgeknickt. Die von der Beklagten behauptete Manifestation vorhandener degenerativer Veränderungen erstaune angesichts der von der Krankenkasse bestätigten fehlenden Vorerkrankungen im Bereich der Achillessehne sowie des Befundes von PD Dr. S. Die Stellungnahme Dr. J.s sei nicht nachvollziehbar.
Das SG hat u.a. den Operationsbericht vom 29. September 2006 beigezogen. Nach diesem sei die erneute Ruptur eingetreten, nachdem der Kläger einen plötzlichen Antritt bzw. Sprung ausgeführt habe. Intraoperativ zeigte sich eine ca. 1,5 cm proximal von der intakten Naht abgerissene und um 3 bis 4 cm retrahierte Achillessehne. Aus einem ebenfalls zur Gerichtsakte gelangten Magnetresonanztomogramm des rechten Sprunggelenks vom 29. Oktober 2007 ging eine relativ dicke (Umkipp-)Plastik mit intaktem (knöchernen) Ansatz hervor. Das SG hat von dem Chirurgen und Unfallchirurgen Dr. S. nach ambulanter Untersuchung am 26. August 2008 das Gutachten vom 3. Dezember 2008 eingeholt. Dieser hat im Ergebnis eingeschätzt, der Unfallhergang sei nicht geeignet gewesen, eine Achillessehnenruptur zu verursachen. Zu einer spontanen Zusammenhangtrennung der Sehne habe es auch bei einer ähnlichen alltäglichen Belastung kommen können. Die Achillessehne sei neben der Kniescheibensehne die stärkste Sehne des menschlichen Körpers und schon bei alltäglichen Bewegungsvorgängen wie beim Gehen oder Laufen physiologisch stark belastet. Bei bestimmten physiologischen Belastungsspitzen, z.B. beim Ansetzen zum Sprung, beim Wiederauftreffen nach einem Sprung oder beim Sprinten sei sie der Kraft eines Mehrfachen des Körpergewichts ausgesetzt. Eine traumatische Achillessehnenschädigung sei nach herrschender Ansicht nur bei direkter Gewalteinwirkung von außen, z.B. einer Hieb-, Schnitt- oder Schlagverletzung gegen die maximal vorgespannte Sehne, denkbar. Das vorliegende Umknicken, das sogar eine Entspannung der Sehne bewirkt habe, sei danach als ungeeigneter Verletzungsmechanismus anzusehen. Auch operativ habe sich das typische Bild (degenerativ) aufgefranster Sehnenränder gezeigt. Der histologische Befund gebe nur Auskunft über den Zustand der untersuchten Gewebeteile.
Mit Urteil vom 25. August 2010 hat das SG die Klage abgewiesen und sich zur Begründung auf die Darlegungen von Dr. S. und Dr. J. gestützt, nach denen das Unfallereignis vom 7. Juli 2006 nicht wesentliche Ursache des Risses der rechten Achillessehne gewesen sei, sondern diesen lediglich als Gelegenheitsursache bedingt habe. Dabei könne dahinstehen, ob die Erstangaben des Klägers oder das von ihm später behauptete Umknicken als Unfallhergang anzunehmen sei. Denn auch ein Umknicken, das zu einer Entspannung der Sehne führe, sei nicht geeignet gewesen, diese zu zerreißen. Ihm fehle ein plötzliches, überfallartiges Moment, bei dem die Sehne bei fixiertem Fuß überdehnt werde.
Gegen das ihm am 8. September 2010 zugestellte Urteil hat der Kläger mit einem am 5. Oktober 2010 vom Briefzentrum gestempelten Schreiben Berufung eingelegt, die am 11. Oktober 2010 beim Landessozialgericht Sachsen-Anhalt eingegangen ist. Zur Begründung hat er an seiner Ansicht festgehalten und darauf verwiesen, dass die für einen Unfall erforderliche äußere Einwirkung im plötzlichen Ausweichmanöver liege.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Stendal vom 25. August 2010 sowie den Bescheid der Beklagten vom 8. Januar 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. März 2007 aufzuheben und festzustellen, dass der Riss seiner rechten Achillessehne am 7. Juli 2006 ein Arbeitsunfall war.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält ihre Entscheidung und das diese bestätigende Urteil des SG für zutreffend.
Der Senat hat vom J.-Krankenhaus G.-S. den Arztbrief vom 20. Januar 2007 beigezogen, aus dem als Nebendiagnose ein tablettenpflichtiger Diabetes mellitus Typ IIb hervorgeht. Zudem hat er den Facharzt für Orthopädie, Physikalische und Rehabilitative Medizin Prof. Dr. R. mit der Erstellung des Gutachtens vom 7. Dezember 2011 nach ambulanter Untersuchung beauftragt. Der Sachverständige ist zu dem Ergebnis gelangt, das Ereignis vom 7. Juli 2006 sei mit Wahrscheinlichkeit als wesentliche Ursache des Sehnenrisses anzunehmen. Es könne nicht hinweg gedacht werden, ohne dass damit zugleich die Ruptur entfalle. Der Unfallhergang sei in der Lage gewesen, auch eine gesunde Achillessehne zu zerreißen. Beim Kläger seien im Bereich der Achillessehne keinerlei Verschleißerscheinungen, Abnutzungsprozesse oder degenerative Veränderungen beschrieben. Histologisch seien eindeutige Hinweise auf degenerative Vorschäden ausdrücklich verneint worden. Die von Dr. S. aufgestellte Behauptung einer spontanen Sehnenruptur bei alltäglichen Ereignissen lasse sich schon dadurch entkräften, dass die unauffällige linke Achillessehne fünf Jahre nach dem Ereignis bei weiterer aktiver Betätigung seitens des Klägers nicht rupturiert sei, ohne dass ersichtlich sei, warum eine aus innerer Ursache angenommene Schadensanlage im Bereich der rechten Achillessehne nicht auch links vorhanden sein sollte. Die bisherigen Kausalitätsbewertungen gründeten letztlich auf dem vor 40 Jahren aufgestellten und auf drei Untersuchungen beruhenden Satz, wonach eine gesunde Sehne nicht reiße. Dieser sei jedoch bereits kurze Zeit später als Irrlehre widerlegt worden. Es habe sich nämlich gezeigt, dass degenerative Veränderungen nicht nur Ursache, sondern auch Rupturfolge sein könnten. Schon wenige Stunden nach einem Ereignis ließen sich im aufgefaserten Sehnengewebe Veränderungen feststellen, die im histologischen Bild als "degenerativ" beschrieben würden. Die ursprünglich mit Albinoratten durchgeführten Zerreißversuche seien mit wildlebenden Ratten aus dem Hafen von Oslo wiederholt worden. Bei diesen habe sich gezeigt, dass die Knochen und Muskeln intakt geblieben und die Sehnen gerissen seien. Weiter sei durch mathematische Untersuchungen belegt worden, dass eine Sehne unter dem Einfluss des Impulses, also einer plötzlich auf sie einwirkenden Belastung, auch in gesundem Zustand zerreißen könne. Entgegen überkommener Auffassung ereigneten sich nach Literaturangaben 90 % aller Achillessehnenrupturen ohne jegliche Vorboten bei körperlich gesunden Sportlern in der zeitlichen Mitte ihrer Laufbahn bei gut durchwärmten Muskeln und Sehnen. Selbst wenn histologisch degenerative Veränderungen nachzuweisen seien, spreche dies nicht für eine Vorschädigung des Gewebes. Vielmehr sei davon auszugehen, dass dann in einem besonders ungünstigen Moment eine außergewöhnliche Anspannung der Wadenmuskulatur verknüpft mit einer Auflastung des gesamten Körpergewichts auf den Vorfußballen stattgefunden und nach den Hebelgesetzen unweigerlich eine Sehnenzerreißung bewirkt habe. Habe etwa ein Mann mittleren Alters noch am Wochenende ohne Probleme ein Fußballspiel bewältigt, jedoch am Montagmorgen beim Anschieben eines Fahrzeugs nach der "Hauruck-Methode" eine Achillessehnenruptur erlitten, sei es demnach lebensfremd zu behaupten, der Riss sei auch ohne dieses Ereignis zu erwarten gewesen.
Die Beklagte hat hierzu unter Verweis auf (beigefügte) Literatur eingewandt, ein schneller Antritt sei für eine Achillessehnenruptur grundsätzlich unbeachtlich. Anderes gelte nur, wenn eine zusätzliche ungeplante Änderung des Bewegungsablaufs zu einer unphysiologischen Belastung geführt habe. Zudem habe ein Umknicken laut Dr. S. eine Entlastung der Sehne bewirkt. Außerdem hat die Beklagte die beratenden Stellungnahmen des Chirurgen und Unfallchirurgen Dr. L. vom 30. April und 18. August 2012 vorgelegt. Nach diesen dürfe angesichts des feingeweblichen Befundes zwar kein Vorschaden unterstellt, könne aber auch nicht ausgeschlossen werden. Entscheidend sei, ob die Sehne beim Ereignis unkoordiniert so überlastet worden sei, dass sie habe zerreißen können. Beim Umknicken sei die Achillessehne keiner besonderen Belastung ausgesetzt gewesen. Eine solche sei auch dem vom Kläger angegebenen Laufrichtungswechsel nicht zu entnehmen. Als naheliegende Ursache des Sehnenrisses komme die Zuckererkrankung des Klägers in Betracht.
In seinen ergänzenden Stellungnahmen vom 12. März und 13. Juni 2012 ist Prof. Dr. R. bei seiner Bewertung geblieben. Auch nach der von der Beklagten vorgelegten Literatur dürfe eine Schadensanlage nur berücksichtigt werden, wenn sie nachgewiesen sei. Alle gerissenen Achillessehnen zeigten mit einer geradezu "explodierten Sehne" aufgefranste Fasern. Hieraus seien keine Schlussfolgerungen über vorbestehende degenerative Veränderungen ableitbar. Soweit Dr. L. die Zuckererkrankung des Klägers als Erklärung heranziehe, sei diese nicht insulinpflichtig und bestehe erst seit 2006. Abgesehen davon sei nicht belegbar, dass es hierdurch zu verstärkten degenerativen Veränderungen im Bereich der Achillessehnen bzw. primär rechts gekommen sei. Auch wenn der Kläger ein "Umknicken" angegeben habe, könne hiervon nur dann ausgegangen werden, wenn im oberen Sprunggelenk eine Zerrung mit einer Bandläsion und Schwellung abgelaufen sei. Hierfür finde sich aber weder primär noch im weiteren Verlauf ein Anhalt. Das von ihm beschriebene Ausweichmanöver sei unter Berücksichtigung aktueller Literatur durchaus als eine unkoordinierte und unkontrollierte Krafteinwirkung auf die Achillessehne anzusehen, die im Bauplan der Funktionseinheit Muskel-Sehne nicht vorgesehen sei. Überdies sei die Behauptung Dr. L.s, beim Sprint werde die Achillessehne nicht unter Stress gesetzt, wissenschaftlich umstritten.
Auf gerichtlichen Hinweis vom 2. April 2013 hat der Kläger am 3. April 2013 gegen die Versäumung der Berufungsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt und nochmals Berufung eingelegt. Mit Beschluss vom 11. April 2013 hat der Senat dem Antrag stattgegeben.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie der beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen. Diese Unterlagen waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung und der Entscheidungsfindung des Senats.
Entscheidungsgründe:
Die nach § 143 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte, form- und – nach Wiedereinsetzung – fristgerecht eingelegte (§ 151 Abs. 1 SGG) sowie auch ansonsten zulässige Berufung hat Erfolg. Der Bescheid der Beklagten vom 8. Januar 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. März 2007 beschwert den Kläger im Sinne der §§ 157, 54 Abs. 2 Satz 1 SGG. Denn das Ereignis vom 7. Juli 2006 ist mit einem Riss der rechten Achillessehne des Klägers als Arbeitsunfall anzuerkennen.
Arbeitsunfälle sind nach § 8 Abs. 1 Satz 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Unfallversicherung (SGB VII) Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen (§ 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII). Für die Anerkennung eines Unfalls als Arbeitsunfall ist danach in der Regel erforderlich, dass die Verrichtung des Versicherten zur Zeit des Unfalls seiner versicherten Haupttätigkeit zuzurechnen ist (sachlicher bzw. innerer Zusammenhang), sie zu dem zeitlich begrenzten, von außen auf den Körper einwirkenden Ereignis – dem Unfallereignis – geführt hat (Unfallkausalität) und dieses Unfallereignis einen Gesundheitserstschaden oder den Tod des Versicherten verursacht hat (siehe nur Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 5. September 2006 – B 2 U 24/05 R – SozR 4-2700 § 8 Nr. 18 oder Urteil vom 4. September 2007 – B 2 U 24/06 R – SozR 4-2700 § 8 Nr. 24, m.w.N.).
Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Der Kläger war zum Ereigniszeitpunkt im Rahmen seiner Tätigkeit als Lehrer nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII als Beschäftigter versichert. Ebenso ist nicht strittig, dass sich das Geschehen am 7. Juli 2006, währenddessen sich der Kläger den klinisch, sonographisch sowie intraoperativ gesicherten Riss der rechten Achillessehne zuzog, innerhalb dieser versicherten Tätigkeit ereignete, mit ihr also im sachlichen Zusammenhang stand.
Das Ereignis vom 7. Juli 2006 erfüllt entgegen der Ansicht von Dr. J. auch die Merkmale eines von außen auf den Körper einwirkenden Geschehens im Sinne des Gesetzes. Dazu reicht es aus, dass der betroffene Fuß des Klägers in einer von ihm nicht vorgesehenen Weise auf den Hallenboden aufgetroffen ist. Denn hierfür ist nicht einmal ein besonders ungewöhnlicher Ablauf erforderlich (siehe nur BSG, Urteil vom 29. November 2011 – B 2 U 23/10 R – juris; Urteil vom 17. Februar 2009 – B 2 U 18/07 R – SozR 4-2700 § 8 Nr. 31; Urteil vom 12. April 2005 – B 2 U 27/04 R – SozR 4-2700 § 8 Nr. 15). Bereits bei Zugrundelegung des im D-Arztbericht sowie der Unfallanzeige verzeichneten Unfallablaufs handelte es sich jedoch um einen ungewöhnlichen Vorgang. Denn abgesehen davon, dass ein sprintmäßiger Bewegungsablauf beim Brennballspiel kein alltäglich vorkommendes Geschehen ist, stellt auch ein gewolltes Handeln mit ungewollter Einwirkung durch eine Fehlbelastung einen Unfall dar (vgl. nochmals BSG, Urteil vom 12. April 2005, a.a.O.).
Schließlich ist der Riss der rechten Achillessehne mit hinreichender Wahrscheinlichkeit im Wesentlichen durch den Unfall vom 7. Juli 2006 verursacht worden. Bei dieser Bewertung stützt sich der Senat vor allem auf die Darlegungen von Prof. Dr. R., der sich gründlich und ausführlich mit den vorliegenden Tatsachen auseinandergesetzt und seine gutachtlichen Schlussfolgerungen überzeugend begründet hat.
Hinreichende Wahrscheinlichkeit liegt vor, wenn bei vernünftiger Abwägung aller Umstände mehr für als gegen den Ursachenzusammenhang spricht und ernste Zweifel ausscheiden, so dass darauf die richterliche Überzeugung gegründet werden kann. Die bloße Möglichkeit einer Verursachung genügt dagegen nicht. Dabei setzt die im Recht der gesetzlichen Unfallversicherung geltende "Theorie der wesentlichen Bedingung" in Eingrenzung der naturwissenschaftlich-philosophischen Bedingungstheorie, nach der jede nicht hinwegzudenkende Bedingung (conditiosinequanon) kausal ist, voraus, dass das versicherte Geschehen wegen seiner besonderen Beziehung zum Erfolg an dessen Eintritt wesentlich beteiligt war. Welche Ursache wesentlich ist und welche nicht, muss aus der Auffassung des praktischen Lebens über die besonderen Beziehungen der Ursache zum Eintritt des Erfolgs (Gesundheitsschaden) wertend abgeleitet werden. Gesichtspunkte hierfür sind etwa die Art und das Ausmaß der versicherten Einwirkung, das Gewicht gegebenenfalls vorhandener konkurrierender Ursachen, der zeitliche Verlauf und das Verhalten des Versicherten, die Krankheitsgeschichte unter Berücksichtigung der aktuellen medizinischen Erkenntnisse sowie ergänzend auch der Schutzzweck der Norm. Erst wenn feststeht, dass ein bestimmtes Ereignis eine naturwissenschaftliche Ursache für einen Erfolg ist, stellt sich in einem zweiten Schritt die Frage nach einer wesentlichen Verursachung des Erfolgs durch das Ereignis (vgl. BSG, Urteil vom 12. April 2005 – B 2 U 27/04 R – SozR 4-2700 § 8 Nr. 15; Urteil vom 9. Mai 2006 – B 2 U 1/05 R – SozR 4-2700 § 8 Nr. 17; Urteil vom 15. Mai 2012 – B 2 U 31/11 R – NZS 2012, 909).
Ausgehend hiervon liegt eine ernste Zweifel ausschließende Wahrscheinlichkeit dafür vor, dass das versicherte Geschehen vom 7. Juli 2006 wesentliche Ursache für den Riss der rechten Achillessehne war.
Zunächst ist die versicherte Verrichtung im naturwissenschaftlich-philosophischen Sinn als Bedingung des Sehnenrisses wirksam geworden, da das Unfallgeschehen ohne gleichzeitiges Entfallen des eingetretenen Schadens nicht hinweggedacht werden kann. Dies hat Prof. Dr. R. ausdrücklich hervorgehoben, ohne dass zuvor Dr. S. oder nachfolgend Dr. L. insoweit irgendwelche Zweifel angemeldet haben. Solche sind für den Senat auch ansonsten nicht ersichtlich. Darüber hinaus stellt das Unfallereignis auch eine wesentliche Ursache des Sehnenrisses dar. Unterstützt wird diese Kausalbeziehung zunächst dadurch, dass eine Ungeeignetheit des Unfallhergangs zur Verursachung einer Achillessehnenruptur nicht feststeht. Im Gegenteil ist der Senat mit Prof. Dr. R. davon überzeugt, dass das während des Brennballspiels am 7. Juli 2006 abgelaufene Geschehen einem Hergang entspricht, wie er laut dem Sachverständigen nach den aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen zu einem traumatischen Riss der Achillessehne passt. Dabei geht der Senat von einem Hergang aus, wie ihn der Kläger am 6. September 2006 beschrieben und im erstinstanzlichen Verfahren wiederholt hat, ohne dass hieran durchgreifende Zweifel verbleiben.
Danach lief der Kläger zum zweiten Mal nach dem Wurf des Balls los, bemerkte eine Person, die in seine Laufrichtung geriet, führte ein Ausweichmanöver nach links aus und kam dabei mit dem rechten Fuß schräg versetzt auf. Dass der Kläger nach dem Loslaufen einem Schüler ausweichen musste, wird auch durch die schriftliche Erklärung der Zeugin B. vom 18. September 2006 bestätigt. Soweit im D-Arztbericht von einem "Schlag" die Rede ist, widerspricht dies einem solchen Hergang schon deshalb nicht, weil der Schlag dort ausdrücklich in Anführungszeichen gesetzt ist und sich somit auch unschwer mit der Wahrnehmung des Sehnenrisses als solchen – nämlich als Knall oder eben Schlag – vereinbaren lässt. Einen Tritt oder Schlag im Sinne einer (gegnerischen) Fremdeinwirkung auf die Sehne hat der Kläger jedenfalls selbst nicht als sicher wahrgenommen behauptet.
Soweit in den Schilderungen des Klägers und den Angaben von Frau B. ein "Umknicken" angegeben wird, kann der Senat entsprechendes nicht als feststehend zugrunde legen. Denn abgesehen davon, dass ein Umknicken nach den Darlegungen der D., J., S. und L. kein Gefährdungspotential für die Achillessehne birgt und den unstrittig beim Brennballspiel aufgetretenen Sehnenriss somit schon nicht erklären kann, geben auch die angetroffenen Befunde ihrerseits nichts für den tatsächlichen Ablauf eines Umknickens her. Insoweit haben nämlich Dr. J. und Prof. Dr. R. (in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 13. Juni 2012) übereinstimmend ausgeführt, dass beim Umknicken der Sprunggelenkbandapparat in Mitleidenschaft gezogen wird und dort eine Bandläsion und Schwellung auftritt. Hinweise für Bänderschädigungen oder Schwellungen im Bereich des rechten Sprunggelenks hat jedoch weder Dr. J. bei seiner Primäruntersuchung kurz nach dem Unfall gefunden noch sind solche in den nachfolgenden Aufzeichnungen vermerkt. Liegen damit aber keinerlei medizinische Anhaltspunkte dafür vor, dass der Kläger tatsächlich umgeknickt ist, kann hiervon nicht als feststehend ausgegangen werden.
Dass ein mitten im Lauf notwendig werdendes ungeplantes Ausweichen mit einer unkoordinierten Krafteinwirkung auf die Achillessehne einhergehen kann und somit als geeigneter Mechanismus zu ihrer Verletzung in Betracht kommt, hat nicht nur Prof. Dr. R. unter Bezugnahme auf die von ihm wiedergegebene aktuelle Literatur dargelegt. Vielmehr stellt die Beklagte dies entgegen Dr. L. selbst nicht in Abrede, wie aus dem von ihr zitierten wissenschaftlichen Schrifttum (Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 8. Aufl. 2010, S. 401 f. mit Fn. 47) hervorgeht. Denn danach soll ein schneller Antritt für eine Achillessehnenruptur zwar grundsätzlich unbeachtlich sein. Dies gilt aber dann nicht mehr, wenn eine zusätzliche ungeplante Änderung des Bewegungsablaufs – wie etwa ein Ausweichmanöver – zu einer von der Achillessehne nicht mehr kompensierbaren unphysiologischen Belastung führt. Hier hat der Kläger nicht lediglich zum Sprint angesetzt, sondern musste durch das Ausweichen mitten im Lauf den vorgestellten Bewegungsablauf ändern. Dies ging mit einer unkontrollierten Fehlbelastung des rechten Fußes einher, die – zumindest auch – Gefährdungspotential für die Achillessehne barg und vom Kläger als "Umknicken" empfunden wurde. Insgesamt folgt der Senat deshalb der lebensnahen Bewertung von Prof. Dr. R., der den Unfallhergang ausdrücklich als geeigneten Mechanismus zum Zerreißen auch einer gesunden Achillessehne bezeichnet hat.
Daneben wird eine wesentliche Ursachenbeziehung zwischen dem Unfallereignis und der Achillessehnenruptur auch durch das Verhalten des Klägers nach dem Unfall sowie die erhobenen Befunde wahrscheinlich gemacht. Der Kläger stellte sich schon eine halbe Stunde nach dem Ereignis bei Dr. J. vor, der bereits klinisch und sonographisch den Riss als unfallnahen Gesundheitserstschaden sichern konnte. Soweit Dr. S. und Dr. L. aus den intraoperativ als aufgefranst beschriebenen Sehnenrändern auf eine degenerative Vorschädigung der Sehne schließen und dem histologischen Befund keine eigene Aussagekraft zusprechen, ist dem Prof. Dr. R. überzeugend entgegen getreten. Dass der Operateur Dr. A. gerade aus dem makroskopisch angetroffenen Sehnenbefund auf eine nichttraumatische Ruptur geschlossen hat, geht so aus dem Bericht über die am 7. Juli 2006 um 21.40 Uhr begonnene Operation schon nicht hervor. Abgesehen davon sind nach Prof. Dr. R. bei allen gerissenen Achillessehnen schon wenige Stunden nach dem zugrunde liegenden Ereignis aufgefranste Fasern anzutreffen, die im histologischen Bild oftmals als "degenerativ" erscheinen. Diesen Darlegungen hat auch Dr. L. nicht widersprochen. Vorliegend leitete PD Dr. S. aus dem feingeweblichen Befund indessen sogar ausdrücklich einen frischen Riss ab und fand keine eindeutigen Hinweise auf degenerative Vorschäden. Dem lässt sich mit Dr. S. auch nicht entgegen halten, dass die histologische Untersuchung (selbstverständlich) nur Auskunft über den Zustand der untersuchten Gewebeteile geben kann. Nur darauf, ob die Sehne im Rissbereich degenerativ verändert war, kommt es auch entscheidend an. Denn aus einer im sonstigen Sehnenverlauf angetroffenen etwaigen Abnutzung ließe sich im Hinblick auf einen andernorts angetroffenen Riss nämlich nicht zugleich zwingend auf eine auch dort vorliegende Degeneration schließen.
Da beim Kläger im Bereich der rechten Achillessehne auch keine sonstigen Anzeichen auf einen vorauseilenden Verschleiß zu belegen sind, verfängt auch Dr. L.s Hinweis auf die Zuckererkrankung des Klägers nicht. Damit verbleibt insgesamt kein Raum für eine von den D., S. und L. unterstellte bedeutsame Schadensanlage, die neben dem Unfallgeschehen naturwissenschaftlich wirksam geworden sein könnte. Auf eine solche lässt sich entgegen der Ansicht dieser Ärzte auch nicht mittelbar aus der Erkenntnis rückschließen, dass die Achillessehne regelmäßig der vom vorgeschalteten Wadenmuskel aufgebauten Kraft widersteht, weshalb ein dennoch eingetretener Schaden ihre Rissbereitschaft impliziere. Denn einer solchen Ableitung ist Prof. Dr. R. überzeugend entgegen getreten. Er hat den tradierten Lehrsatz, nach dem eine gesunde Achillessehne nicht reiße, unter Literaturangaben als widerlegt bezeichnet und auf die in der Wissenschaft anerkannte Möglichkeit der Ruptur auch gesunder Sehnen infolge bestimmter Kraftentfaltungen verwiesen. Zudem ist ein maßstäbliches Abstellen auf eine gesunde Sehne auch rechtlich unzutreffend. Denn vom Schutzbereich der gesetzlichen Unfallversicherung sind nicht lediglich gesunde Versicherte erfasst. Einbezogen ist der Versicherte vielmehr in demjenigen Zustand, in dem er sich aktuell befindet (siehe etwa BSG, Urteil vom 27. Oktober 1987 – 2 RU 35/87 – SozR 2200 § 589 Nr. 10; Urteil vom 22. März 1983 – 2 RU 22/81 – juris; Urteil vom 19. September 1974 – 8 RU 236/73 – SozR 2200 § 548 Nr. 4). Im Ergebnis stellt sich damit die Frage des Entfallens der Wesentlichkeit des Ursachenzusammenhangs infolge (weit) überragender Bedeutung einer konkurrierenden Ursache schon nicht mehr (vgl. zum hierbei relevanten Aspekt der so genannten Gelegenheitsursache nur BSG, Urteil vom 30. Januar 2007 – B 2 U 8/06 R – juris). Überdies hat Prof. Dr. R. insoweit angemerkt, dass gegen die von Dr. S. behauptete Spontanruptur infolge alltäglicher Ereignisse auch das fortbestehende Intaktsein der linken Achillessehne sprechen könnte, ohne dass ersichtlich wäre, warum eine auf innerer Ursache beruhende Schadensanlage dort nicht ebenso vorhanden sein sollte.
Nach alledem war der Berufung stattzugeben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor, weil es sich bei der Entscheidung um die Würdigung der tatsächlichen Umstände des vorliegenden Einzelfalls auf sicherer Rechtsgrundlage gehandelt hat.
Rechtskraft
Aus
Login
SAN
Saved