Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Halle (Saale) (SAN)
Aktenzeichen
S 8 R 150/08
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 1 R 113/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 5 RS 2/13 B
Datum
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Halle vom 27. Januar 2010 wird zurückgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der Rechtsstreit betrifft die Frage, ob der Kläger gegen die Beklagte einen Anspruch auf Feststellung von Zeiten der Zugehörigkeit zur Altersversorgung der Intelligenz an wissenschaftlichen, künstlerischen, pädagogischen und medizinischen Einrichtungen der DDR (AVIwiss, Zusatzversorgungssystem Nr. 4 der Anlage 1 zum Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz (AAÜG)) hat.
Der am ... 1947 geborene Kläger war nach seinem Studium in der Sektion für Staats- und Rechtswissenschaft der ... Universität H.-W. mit dem Abschluss Diplomjurist vom 01. September 1970 bis zum 31. August 1980 wissenschaftlicher Assistent bzw. Oberassistent zunächst an der ... Universität H.-W. und sodann an der Ingenieurhochschule K. Vom 01. September 1980 bis zum 31. August 1983 folgte eine planmäßige wissenschaftliche B-Aspirantur an der ...Universität H.-W. Ab dem 01. September 1983 nahm der Kläger seine Tätigkeit als wissenschaftlicher Oberassistent an der Ingenieurhochschule K. wieder auf. Diese endete am 31. August 1987, weil der Kläger ab dem 01. September 1987 bis zum 20. April 1990 als wissenschaftlicher Oberassistent bei der Hochschule für industrielle Formgestaltung H.–B. G. beschäftigt war. Zeitlich teilweise daneben war er vom 01. April 1990 bis zum 30. Juni 1990 als Geschäftsführer des Landesverbandes Sachsen-Anhalt ... tätig. Außerdem wurde er mit Wirkung zum 01. Juni 1990 als Rechtsanwalt zugelassen, habe die Tätigkeit als Rechtsanwalt jedoch erst am 01. Juli 1990 aufgenommen (und zwar zunächst bis zum 31. Dezember 1990 im Angestelltenverhältnis). Vom 01. Januar 1989 bis zum 30. Juni 1990 zahlte der Kläger Beiträge zur freiwilligen Zusatzrentenversicherung (FZR).
Am 17. November 2005 beantragte der Kläger die Überführung von Zusatzversorgungsanwartschaften. Diesen Antrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 07. Dezember 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. September 2006 ab. Am 29. März 2007 teilte der Kläger der Beklagten mit, dass ihm der Widerspruchsbescheid, den er sich später persönlich bei der Beklagten abgeholt habe, nicht zugegangen sei. Er bat um Überprüfung des Bescheides vom 07. Dezember 2005 gemäß § 44 des Zehnten Buches des Sozialgesetzbuches – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz (SGB X). Mit Bescheid vom 26. April 2007 lehnte die Beklagte die Feststellung von Zeiten der Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem erneut ab. Sie führte aus, die Prüfung des Bescheides vom 07. Dezember 2005 habe ergeben, dass weder das Recht unrichtig angewandt noch von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen worden sei. Die Tätigkeit am 30. Juni 1990 als Geschäftsführer des Landesverbandes Sachsen-Anhalt der ... werde von keinem Zusatzversorgungssystem der Anlage 1 zum AAÜG erfasst. Dagegen legte der Kläger am 24. Mai 2007 Widerspruch ein. Er verwies darauf, dass die Hochschule für industrielle Formgestaltung H. – B. G., vertreten durch den Rektor Prof. Z., noch zu Zeiten einer souveränen DDR und auf der Grundlage des geltenden Hochschulrechts der DDR mit Datum vom 12. Juni 1989 beim damaligen Ministerium für Kultur der DDR für ihn einen Antrag auf Berufung zum Ordentlichen Dozenten für das Fachgebiet "Dialektischer und historischer Materialismus" mit Wirkung zum 01. Februar 1990 gestellt habe. Mit diesem Antrag sei die Erteilung einer Versorgungszusage (zusätzliche Altersversorgung der Intelligenz) verbunden gewesen, welche stets im Zusammenhang mit einer Berufung zum Ordentlichen Hochschul- bzw. Universitätsdozenten realisiert worden sei. Diesen Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 22. Januar 2008 zurück.
Dagegen hat der Kläger am 25. Februar 2008 Klage beim Sozialgericht Halle (SG) erhoben und vorgetragen, der Antrag auf Berufung zum Ordentlichen Dozenten vom 12. Juni 1989 sei verbunden gewesen mit dem Erwerb der Anwartschaft auf die Einbeziehung in das Versorgungssystem der AVIwiss. Nur aus Gründen der politischen Veränderung der DDR ab dem 09. November 1989 (Öffnung der Grenze) und der damit verbundenen, immer mehr Platz greifenden inhaltlichen Veränderungen an den Universitäten, Hoch- und Fachschulen sowie sonstigen Bildungseinrichtungen in der DDR sei es dann nicht mehr zur Umsetzung des gestellten Berufungsantrages und einer Umsetzung der mit der Antragstellung verknüpften Anwartschaft auf Leistung der zusätzlichen Altersversorgung zum 01. Februar 1990 gekommen. Damit werde nachvollziehbar, dass es nicht in seiner Person liegende Gründe gewesen seien, die die rechtlich eingeleitete "Antragslinie" gekappt hätten. Vielmehr sei "Kappungsursache" die Ende 1989/Anfang 1990 eingetretene politische Veränderung im Allgemeinen und im Hochschulwesen der DDR im Besonderen gewesen. Bekanntlich seien in Vorbereitung der Übernahme der DDR durch die BRD die vorhandenen Wissenschaftsstrukturen in der DDR "zurückgefahren" bzw. "ganz zerstört" worden. Berufliche "Entwicklungslinien" bzw. Tätigkeitsbereiche seien gestoppt bzw. aufgelöst worden. Diese Situation habe seinerzeit auch auf ihn gewirkt, so dass er ab dem 01. Juli 1990 aus schlichtweg existentiellen Gründen die Tätigkeit als Rechtsanwalt aufgenommen habe. Insofern dürfe die nicht mehr erfolgte Umsetzung des Berufungsantrages, einhergehend mit der Nicht-Umsetzung der Anwartschaft auf Leistung der zusätzlichen Altersversorgung der Intelligenz, nicht zu seinem Nachteil gereichen.
Er habe sich in seiner nahezu zwanzigjährigen Tätigkeit an Universität und Hochschule "sämtliche" Voraussetzungen für eine Hochschullehrerlaufbahn, einschließlich des Erwerbes für die zusätzliche Altersversorgung der Intelligenz, erarbeitet. Lediglich die politischen Umstände hätten seinerzeit nicht zur Berufung und Erteilung der zusätzlichen Altersversorgung der Intelligenz zum 01. Februar 1990 geführt. Er gehe jedoch davon aus, dass er in einem Rechtsstaat Anspruch auf Vertrauensschutz dahingehend habe, dass auf Arbeitsleistungen beruhende Anwartschaften gesichert und realisiert würden. Er gehe auch davon aus, dass ihm Besitzstandsschutz zu gewähren sei. Die politischen Veränderungen Ende 1989/Anfang 1990 – also kurz vor der Berufung zum 01. Februar 1990 – könnten den vorgenannten Schutz nicht als rechtlich unbeachtlich "qualifizieren". Jedenfalls wäre er, wenn nicht die für nahezu alle Deutschen überraschend gekommene "Wende" vom November 1989 das 40 Jahre in der DDR gewachsene Universitäts- und Hochschulwesen weitestgehend "zerstört" hätte, seit dem 01. Februar 1990 zum Hochschuldozenten berufen gewesen und Inhaber der AVIwiss geworden. Das heiße, er wäre eigentlich zu dem im AAÜG abgestellten Termin (30. Juni 1990) bereits fünf Monate "Inhaber" der AVIwiss gewesen. Das bedeute, dass er unter dieser Sicht am 30. Juni 1990 eigentlich nicht mehr Inhaber einer Anwartschaft gewesen sei, sondern bereits Inhaber einer zusätzlichen Altersversorgung. Nur der "formelle Akt", die Aushändigung der Urkunde über die Versorgungszusage, habe aufgrund der geschilderten Umstände nicht mehr vollzogen werden können. In diesem Zusammenhang hat er eine Erklärung der ehemaligen Prorektorin für Gesellschaftswissenschaften Prof. Dr. L. vom 16. September 2008 eingereicht. Danach sei, so Prof. Dr. L., mit der Berufung zum Hochschuldozenten die AVIwiss gewährt worden. Es sei üblich gewesen, bereits mit der Beantragung der Berufung die Zusage für AVIwiss zu geben. Die Beklagte erkenne offensichtlich nicht, so der Kläger weiter, dass es sich bei seinem Sachverhalt um einen Fall "sui generis" handele, und zwar deshalb, weil der Berufungsantrag zum 01. Februar 1990 wegen des bereits "Reinregierens" der westdeutschen Politik in die Noch-DDR nicht mehr zur Realisierung gekommen sei. Abgesehen davon sei der Widerspruchsbescheid vom 22. Januar 2008 schon deshalb fehlerhaft, weil die Beklagte darin die Einbeziehung in die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz (AVItech) geprüft habe und nicht in die AVIwiss, die auf ihn zuträfe.
Mit Urteil vom 27. Januar 2010 hat das SG die Klage abgewiesen. Der Anwendungsbereich des AAÜG bleibe für den Kläger verschlossen. Er habe keine Versorgungsurkunde erhalten. Auch eine fiktive Einbeziehung scheide aus, denn der Kläger sei zum maßgeblichen Stichtag am 30. Juni 1990 insbesondere weder hauptberuflich als Hochschullehrer noch als Wissenschaftler tätig gewesen. Außerdem sei er an diesem Tag nicht in einer Einrichtung im Sinne der AVIwiss beschäftigt gewesen. Auch § 11 Abs. 2 der Verordnung über die Altersversorgung der Intelligenz an wissenschaftlichen, künstlerischen, pädagogischen und medizinischen Einrichtungen der DDR vom 12. Juli 1951 (GBl. DDR S. 675, im Folgenden: VO-AVIwiss) greife nicht zu Gunsten des Klägers ein. Zwar sei danach für die Dauer von Berufungen in öffentliche Ämter oder in demokratische Organisationen (Parteien, Freier Deutscher Gewerkschaftsbund usw.) der Anspruch auf Rente nicht erloschen. Unabhängig davon, ob die vom Kläger aufgenommene Tätigkeit als Geschäftsführer des Landesverbandes Sachsen-Anhalt der ... überhaupt einer Berufung in ein öffentliches Amt gleichzusetzen sei, könne diese Norm nur Anwendung finden, wenn überhaupt eine Versorgungszusage erteilt worden und damit ein "Anspruch" entstanden sei. Dies treffe auf den Kläger nicht zu, denn er habe keine Versorgungszusage erhalten.
Gegen das am 23. März 2010 zugestellte Urteil hat der Kläger am 21. April 2010 Berufung beim Landessozialgericht Sachsen-Anhalt eingelegt. Ergänzend und vertiefend zu seinem erstinstanzlichen Vortrag führt er aus, die gesamten Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils ließen erkennen, dass dem SG die in der "Wendezeit" der DDR sich darstellende Universitäts- und Hochschulsituation, eingebettet in die damalige politische Situation, im Wesentlichen fremd sei. Denn sowohl das SG als auch das AAÜG würden nicht erkennen, dass es bereits vor Inkrafttreten des AAÜG rechtserhebliche Sachverhalte gegeben habe, die auch aus heutiger Sicht eine schlüssige und begründete rechtliche Würdigung zuließen. Ein solcher Sachverhalt bestehe hier darin, dass ihm zu Zeiten einer noch staatlich und rechtlich souveränen DDR im Zusammenhang mit dem am 12. Juni 1989 gestellten Berufungsantrag geführten Kadergespräch eine Versorgungszusage erteilt worden sei, die dann über den formellen Akt der Aushändigung der Urkunde am Tage der Berufung (01. Februar 1990) rechtlich weiter "umgesetzt" worden wäre. Unabhängig davon habe er bereits seit Mitte 1989 im Zusammenhang mit der Versorgungszusage eine Versorgungsanwartschaft besessen. Im Übrigen verletze das SG mit seiner Entscheidung auch den Gleichbehandlungsgrundsatz im Hinblick auf die Personengruppe, deren Fachdisziplin über den 30. Juni 1990 hinaus nicht abgewickelt worden sei. Insgesamt gingen die tatsächlichen wie rechtlichen Schlussfolgerungen des SG an der Wirklichkeit vorbei.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Halle vom 27. Januar 2010 und den Bescheid der Beklagten vom 26. April 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. Januar 2008 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, den Bescheid vom 07. Dezember 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. September 2006 aufzuheben und die Beschäftigungszeiten vom 01. September 1970 bis zum 30. Juni 1990 als Zeiten der Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungssystem der wissenschaftlichen Intelligenz nach Anlage 1 Nr. 4 zum AAÜG und die in diesem Zeitraum erzielten Arbeitsentgelte festzustellen.
Die Beklagte beantragt sinngemäß,
die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Halle vom 27. Januar 2010 zurückzuweisen.
Sie verweist auf ihr erstinstanzliches Vorbringen sowie auf die Entscheidungsgründe des SG.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (Schriftsatz der Beklagten vom 09. November 2010, Schriftsatz des Klägers vom 21. Januar 2011).
Die Gerichtsakte und die Verwaltungsakte der Beklagten haben vorgelegen und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Sachvortrages der Beteiligten wird ergänzend auf den Inhalt der Akten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte gemäß § 153 Abs. 1, § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne mündliche Verhandlung entscheiden, weil sich die Beteiligten damit einverstanden erklärt haben.
Die gemäß § 143 SGG statthafte und auch form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 26. April 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. Januar 2008 ist rechtmäßig und beschwert den Kläger nicht im Sinne der §§ 153 Abs. 1, 54 Abs. 2 Satz 1 SGG. Die Beklagte hat es zu Recht abgelehnt, den Bescheid vom 07. Dezember 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. September 2006 aufzuheben und die Beschäftigungszeiten vom 01. September 1970 bis zum 30. Juni 1990 als Zeiten der Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungssystem der wissenschaftlichen Intelligenz nach Anlage 1 Nr. 4 zum AAÜG und die in diesem Zeitraum erzielten Arbeitsentgelte festzustellen.
Die Klage ist nicht bereits deshalb unzulässig, weil die Beklagte im Widerspruchsbescheid vom 22. Januar 2008 nur die Einbeziehung in die AVItech näher geprüft hat, nicht aber die vom Kläger begehrte Einbeziehung in die AVIwiss. Denn der Satz im Widerspruchsbescheid "Dies war bei Ihnen nicht der Fall, weil Sie – wie oben ausgeführt – bei einem Arbeitgeber beschäftigt waren, der nach den Regeln der Versorgungssysteme nicht einbezogen war." kann so verstanden werden, dass damit auch der Widerspruch hinsichtlich der AVIwiss zurückgewiesen wurde. Insofern mangelt es nicht an einer überprüfbaren Verwaltungsentscheidung hinsichtlich der AVIwiss, so dass die Klage zulässig ist.
Klage und damit auch Berufung sind aber unbegründet. Rechtsgrundlage der Entscheidung der Beklagten sowie ihr folgend des Gerichts ist § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X. Soweit sich danach im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsakts das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, ist der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen.
Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt, denn die Beklagte hat im Bescheid vom 07. Dezember 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. September 2006 weder das Recht unrichtig angewandt noch ist sie von einem falschen Sachverhalt ausgegangen. Der Kläger hat keinen Anspruch darauf, dass gemäß § 8 Abs. 3 Satz 1 i. V. m. Abs. 2 und § 1 Abs. 1 Satz 1 AAÜG Zugehörigkeitszeiten zur AVIwiss festgestellt werden. Er unterfällt nicht dem Geltungsbereich des § 1 Abs. 1 Satz 1 AAÜG, weil er weder tatsächlich noch im Wege der Unterstellung der AVIwiss (Zusatzvorsorgungssystem Nr. 4 der Anlage 1 zum AAÜG) angehörte.
Nach § 1 Abs. 1 Satz 1 AAÜG gilt dieses Gesetz für Ansprüche und Anwartschaften, die aufgrund der Zugehörigkeit zu Zusatz- und Sonderversorgungssystemen im Beitrittsgebiet erworben worden sind. Der Kreis der potentiell vom AAÜG erfassten Personen umfasst diejenigen Personen, die entweder (1.) durch einen nach Art. 19 Einigungsvertrag (EVertr) bindend gebliebenen Verwaltungsakt der DDR oder einer ihrer Untergliederungen oder (2.) später durch eine Rehabilitierungsentscheidung oder (3.) nach Art. 19 Satz 2 oder 3 EVertr (wieder) in ein Versorgungssystem einbezogen waren (Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 09. April 2002 – B 4 RA 31/01 R –, SozR 3-8570 § 1 AAÜG, Nr. 2, S. 11).
Der Kläger erfüllt keine dieser Voraussetzungen. Ihm ist von Organen der DDR keine Versorgung zugesagt worden. Er verkennt, dass die Aushändigung einer schriftlichen Versorgungszusage zwingend erforderlich gewesen wäre, was vorliegend nicht erfolgt ist. Insoweit verweist der Senat auf die zutreffenden Ausführungen des SG, die er sich zu eigen macht (§ 153 Abs. 2 SGG). Lediglich hypothetische Verläufe und persönliche Lebensplanungen können keine Berücksichtigung finden, weil es sich insoweit nur um Chancen und Aussichten gehandelt hat, die sich letztlich nicht verwirklicht haben. Der Kläger ist auch nicht aufgrund einer Rehabilitierungsentscheidung in ein Versorgungssystem einbezogen worden. Ein rechtsstaatswidriger Entzug einer Versorgungsanwartschaft hat in seinem Fall ebenfalls nicht stattgefunden.
Es kann dahinstehen, ob der geltend gemachte Anspruch schon daran scheitert, dass der Kläger keine schriftliche Versorgungszusage erhalten hat (so die ständige Rechtsprechung des erkennenden Senats seit dem Urteil vom 19. März 2009 – L 1 R 91/06 –, zuletzt Senatsurteil vom 09. August 2012 – L 1 R 31/11, www.sozialgerichtsbarkeit.de). Denn auch nach der Rechtsprechung des früheren 4. Senats und des jetzigen 5. Senats des BSG, wonach die Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem auch im Wege der Unterstellung (bzw. Auslegung von § 1 Abs. 1 Satz 1 AAÜG) vorliegen kann, sind die Voraussetzungen für eine fiktive Einbeziehung nicht erfüllt.
Nach der Rechtsprechung des BSG hängt der Anspruch auf eine fiktive Einbeziehung davon ab, ob der Kläger aus Sicht des am 01. August 1991 gültigen Bundesrechts nach den am 30. Juni 1990 gegebenen Umständen einen Anspruch auf Erteilung einer Versorgungszusage gehabt hätte. Bei der hier allein in Frage kommenden AVIwiss müssen gemäß §§ 2, 6 VO-AVIwiss i.V.m. den beiden Durchführungsbestimmungen zur VO-AVIwiss vom 26. September 1951 und 11. Juni 1959 (GBl. DDR S. 879 und GBl. I DDR S. 612) grundsätzlich nachfolgende Voraussetzungen erfüllt sein. Generell war dieses System eingerichtet für
Angehörige der wissenschaftlich tätigen Intelligenz (persönliche/sachliche Voraussetzung),
die an den Akademien, Instituten, wissenschaftlichen Bibliotheken sowie Museen und sonstigen wissenschaftlichen Einrichtungen tätig waren (betriebliche Voraussetzung).
Der Kläger erfüllte am maßgeblichen Stichtag (30. Juni 1990) weder die betriebliche noch die sachliche Voraussetzung. Der Kläger war am 30. Juni 1990 als Geschäftsführer des Landesverbandes Sachsen-Anhalt der ... tätig. Dass der Landesverband keine wissenschaftliche Einrichtung war und die Geschäftsführertätigkeit nicht wissenschaftlich geprägt ist, liegt auf der Hand und ergibt sich aus der Natur der Sache. Deshalb verweist der Senat auch insoweit auf die zutreffenden Ausführungen des SG und macht sich diese zu eigen (§ 153 Abs. 2 SGG).
Im Übrigen ist entgegen der Ansicht des Klägers der Gleichbehandlungsgrundsatz im Hinblick auf die Personengruppe, deren Fachdisziplin über den 30. Juni 1990 hinaus nicht abgewickelt worden sei, nicht verletzt. Damit rügt der Kläger im Kern die Stichtagsregelung in der Rechtsprechung des BSG. Diese hat das Bundesverfassungsgericht in verfassungsrechtlicher Hinsicht, insbesondere unter dem Aspekt des Gleichheitssatzes, aber nicht beanstandet (Beschluss vom 26. Oktober 2005 – 1 BvR 1921/04, 1 BvR 203/05, 1 BvR 445/05, 1 BvR 1144/05 –, juris).
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision im Sinne von § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der Rechtsstreit betrifft die Frage, ob der Kläger gegen die Beklagte einen Anspruch auf Feststellung von Zeiten der Zugehörigkeit zur Altersversorgung der Intelligenz an wissenschaftlichen, künstlerischen, pädagogischen und medizinischen Einrichtungen der DDR (AVIwiss, Zusatzversorgungssystem Nr. 4 der Anlage 1 zum Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz (AAÜG)) hat.
Der am ... 1947 geborene Kläger war nach seinem Studium in der Sektion für Staats- und Rechtswissenschaft der ... Universität H.-W. mit dem Abschluss Diplomjurist vom 01. September 1970 bis zum 31. August 1980 wissenschaftlicher Assistent bzw. Oberassistent zunächst an der ... Universität H.-W. und sodann an der Ingenieurhochschule K. Vom 01. September 1980 bis zum 31. August 1983 folgte eine planmäßige wissenschaftliche B-Aspirantur an der ...Universität H.-W. Ab dem 01. September 1983 nahm der Kläger seine Tätigkeit als wissenschaftlicher Oberassistent an der Ingenieurhochschule K. wieder auf. Diese endete am 31. August 1987, weil der Kläger ab dem 01. September 1987 bis zum 20. April 1990 als wissenschaftlicher Oberassistent bei der Hochschule für industrielle Formgestaltung H.–B. G. beschäftigt war. Zeitlich teilweise daneben war er vom 01. April 1990 bis zum 30. Juni 1990 als Geschäftsführer des Landesverbandes Sachsen-Anhalt ... tätig. Außerdem wurde er mit Wirkung zum 01. Juni 1990 als Rechtsanwalt zugelassen, habe die Tätigkeit als Rechtsanwalt jedoch erst am 01. Juli 1990 aufgenommen (und zwar zunächst bis zum 31. Dezember 1990 im Angestelltenverhältnis). Vom 01. Januar 1989 bis zum 30. Juni 1990 zahlte der Kläger Beiträge zur freiwilligen Zusatzrentenversicherung (FZR).
Am 17. November 2005 beantragte der Kläger die Überführung von Zusatzversorgungsanwartschaften. Diesen Antrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 07. Dezember 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. September 2006 ab. Am 29. März 2007 teilte der Kläger der Beklagten mit, dass ihm der Widerspruchsbescheid, den er sich später persönlich bei der Beklagten abgeholt habe, nicht zugegangen sei. Er bat um Überprüfung des Bescheides vom 07. Dezember 2005 gemäß § 44 des Zehnten Buches des Sozialgesetzbuches – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz (SGB X). Mit Bescheid vom 26. April 2007 lehnte die Beklagte die Feststellung von Zeiten der Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem erneut ab. Sie führte aus, die Prüfung des Bescheides vom 07. Dezember 2005 habe ergeben, dass weder das Recht unrichtig angewandt noch von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen worden sei. Die Tätigkeit am 30. Juni 1990 als Geschäftsführer des Landesverbandes Sachsen-Anhalt der ... werde von keinem Zusatzversorgungssystem der Anlage 1 zum AAÜG erfasst. Dagegen legte der Kläger am 24. Mai 2007 Widerspruch ein. Er verwies darauf, dass die Hochschule für industrielle Formgestaltung H. – B. G., vertreten durch den Rektor Prof. Z., noch zu Zeiten einer souveränen DDR und auf der Grundlage des geltenden Hochschulrechts der DDR mit Datum vom 12. Juni 1989 beim damaligen Ministerium für Kultur der DDR für ihn einen Antrag auf Berufung zum Ordentlichen Dozenten für das Fachgebiet "Dialektischer und historischer Materialismus" mit Wirkung zum 01. Februar 1990 gestellt habe. Mit diesem Antrag sei die Erteilung einer Versorgungszusage (zusätzliche Altersversorgung der Intelligenz) verbunden gewesen, welche stets im Zusammenhang mit einer Berufung zum Ordentlichen Hochschul- bzw. Universitätsdozenten realisiert worden sei. Diesen Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 22. Januar 2008 zurück.
Dagegen hat der Kläger am 25. Februar 2008 Klage beim Sozialgericht Halle (SG) erhoben und vorgetragen, der Antrag auf Berufung zum Ordentlichen Dozenten vom 12. Juni 1989 sei verbunden gewesen mit dem Erwerb der Anwartschaft auf die Einbeziehung in das Versorgungssystem der AVIwiss. Nur aus Gründen der politischen Veränderung der DDR ab dem 09. November 1989 (Öffnung der Grenze) und der damit verbundenen, immer mehr Platz greifenden inhaltlichen Veränderungen an den Universitäten, Hoch- und Fachschulen sowie sonstigen Bildungseinrichtungen in der DDR sei es dann nicht mehr zur Umsetzung des gestellten Berufungsantrages und einer Umsetzung der mit der Antragstellung verknüpften Anwartschaft auf Leistung der zusätzlichen Altersversorgung zum 01. Februar 1990 gekommen. Damit werde nachvollziehbar, dass es nicht in seiner Person liegende Gründe gewesen seien, die die rechtlich eingeleitete "Antragslinie" gekappt hätten. Vielmehr sei "Kappungsursache" die Ende 1989/Anfang 1990 eingetretene politische Veränderung im Allgemeinen und im Hochschulwesen der DDR im Besonderen gewesen. Bekanntlich seien in Vorbereitung der Übernahme der DDR durch die BRD die vorhandenen Wissenschaftsstrukturen in der DDR "zurückgefahren" bzw. "ganz zerstört" worden. Berufliche "Entwicklungslinien" bzw. Tätigkeitsbereiche seien gestoppt bzw. aufgelöst worden. Diese Situation habe seinerzeit auch auf ihn gewirkt, so dass er ab dem 01. Juli 1990 aus schlichtweg existentiellen Gründen die Tätigkeit als Rechtsanwalt aufgenommen habe. Insofern dürfe die nicht mehr erfolgte Umsetzung des Berufungsantrages, einhergehend mit der Nicht-Umsetzung der Anwartschaft auf Leistung der zusätzlichen Altersversorgung der Intelligenz, nicht zu seinem Nachteil gereichen.
Er habe sich in seiner nahezu zwanzigjährigen Tätigkeit an Universität und Hochschule "sämtliche" Voraussetzungen für eine Hochschullehrerlaufbahn, einschließlich des Erwerbes für die zusätzliche Altersversorgung der Intelligenz, erarbeitet. Lediglich die politischen Umstände hätten seinerzeit nicht zur Berufung und Erteilung der zusätzlichen Altersversorgung der Intelligenz zum 01. Februar 1990 geführt. Er gehe jedoch davon aus, dass er in einem Rechtsstaat Anspruch auf Vertrauensschutz dahingehend habe, dass auf Arbeitsleistungen beruhende Anwartschaften gesichert und realisiert würden. Er gehe auch davon aus, dass ihm Besitzstandsschutz zu gewähren sei. Die politischen Veränderungen Ende 1989/Anfang 1990 – also kurz vor der Berufung zum 01. Februar 1990 – könnten den vorgenannten Schutz nicht als rechtlich unbeachtlich "qualifizieren". Jedenfalls wäre er, wenn nicht die für nahezu alle Deutschen überraschend gekommene "Wende" vom November 1989 das 40 Jahre in der DDR gewachsene Universitäts- und Hochschulwesen weitestgehend "zerstört" hätte, seit dem 01. Februar 1990 zum Hochschuldozenten berufen gewesen und Inhaber der AVIwiss geworden. Das heiße, er wäre eigentlich zu dem im AAÜG abgestellten Termin (30. Juni 1990) bereits fünf Monate "Inhaber" der AVIwiss gewesen. Das bedeute, dass er unter dieser Sicht am 30. Juni 1990 eigentlich nicht mehr Inhaber einer Anwartschaft gewesen sei, sondern bereits Inhaber einer zusätzlichen Altersversorgung. Nur der "formelle Akt", die Aushändigung der Urkunde über die Versorgungszusage, habe aufgrund der geschilderten Umstände nicht mehr vollzogen werden können. In diesem Zusammenhang hat er eine Erklärung der ehemaligen Prorektorin für Gesellschaftswissenschaften Prof. Dr. L. vom 16. September 2008 eingereicht. Danach sei, so Prof. Dr. L., mit der Berufung zum Hochschuldozenten die AVIwiss gewährt worden. Es sei üblich gewesen, bereits mit der Beantragung der Berufung die Zusage für AVIwiss zu geben. Die Beklagte erkenne offensichtlich nicht, so der Kläger weiter, dass es sich bei seinem Sachverhalt um einen Fall "sui generis" handele, und zwar deshalb, weil der Berufungsantrag zum 01. Februar 1990 wegen des bereits "Reinregierens" der westdeutschen Politik in die Noch-DDR nicht mehr zur Realisierung gekommen sei. Abgesehen davon sei der Widerspruchsbescheid vom 22. Januar 2008 schon deshalb fehlerhaft, weil die Beklagte darin die Einbeziehung in die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz (AVItech) geprüft habe und nicht in die AVIwiss, die auf ihn zuträfe.
Mit Urteil vom 27. Januar 2010 hat das SG die Klage abgewiesen. Der Anwendungsbereich des AAÜG bleibe für den Kläger verschlossen. Er habe keine Versorgungsurkunde erhalten. Auch eine fiktive Einbeziehung scheide aus, denn der Kläger sei zum maßgeblichen Stichtag am 30. Juni 1990 insbesondere weder hauptberuflich als Hochschullehrer noch als Wissenschaftler tätig gewesen. Außerdem sei er an diesem Tag nicht in einer Einrichtung im Sinne der AVIwiss beschäftigt gewesen. Auch § 11 Abs. 2 der Verordnung über die Altersversorgung der Intelligenz an wissenschaftlichen, künstlerischen, pädagogischen und medizinischen Einrichtungen der DDR vom 12. Juli 1951 (GBl. DDR S. 675, im Folgenden: VO-AVIwiss) greife nicht zu Gunsten des Klägers ein. Zwar sei danach für die Dauer von Berufungen in öffentliche Ämter oder in demokratische Organisationen (Parteien, Freier Deutscher Gewerkschaftsbund usw.) der Anspruch auf Rente nicht erloschen. Unabhängig davon, ob die vom Kläger aufgenommene Tätigkeit als Geschäftsführer des Landesverbandes Sachsen-Anhalt der ... überhaupt einer Berufung in ein öffentliches Amt gleichzusetzen sei, könne diese Norm nur Anwendung finden, wenn überhaupt eine Versorgungszusage erteilt worden und damit ein "Anspruch" entstanden sei. Dies treffe auf den Kläger nicht zu, denn er habe keine Versorgungszusage erhalten.
Gegen das am 23. März 2010 zugestellte Urteil hat der Kläger am 21. April 2010 Berufung beim Landessozialgericht Sachsen-Anhalt eingelegt. Ergänzend und vertiefend zu seinem erstinstanzlichen Vortrag führt er aus, die gesamten Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils ließen erkennen, dass dem SG die in der "Wendezeit" der DDR sich darstellende Universitäts- und Hochschulsituation, eingebettet in die damalige politische Situation, im Wesentlichen fremd sei. Denn sowohl das SG als auch das AAÜG würden nicht erkennen, dass es bereits vor Inkrafttreten des AAÜG rechtserhebliche Sachverhalte gegeben habe, die auch aus heutiger Sicht eine schlüssige und begründete rechtliche Würdigung zuließen. Ein solcher Sachverhalt bestehe hier darin, dass ihm zu Zeiten einer noch staatlich und rechtlich souveränen DDR im Zusammenhang mit dem am 12. Juni 1989 gestellten Berufungsantrag geführten Kadergespräch eine Versorgungszusage erteilt worden sei, die dann über den formellen Akt der Aushändigung der Urkunde am Tage der Berufung (01. Februar 1990) rechtlich weiter "umgesetzt" worden wäre. Unabhängig davon habe er bereits seit Mitte 1989 im Zusammenhang mit der Versorgungszusage eine Versorgungsanwartschaft besessen. Im Übrigen verletze das SG mit seiner Entscheidung auch den Gleichbehandlungsgrundsatz im Hinblick auf die Personengruppe, deren Fachdisziplin über den 30. Juni 1990 hinaus nicht abgewickelt worden sei. Insgesamt gingen die tatsächlichen wie rechtlichen Schlussfolgerungen des SG an der Wirklichkeit vorbei.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Halle vom 27. Januar 2010 und den Bescheid der Beklagten vom 26. April 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. Januar 2008 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, den Bescheid vom 07. Dezember 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. September 2006 aufzuheben und die Beschäftigungszeiten vom 01. September 1970 bis zum 30. Juni 1990 als Zeiten der Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungssystem der wissenschaftlichen Intelligenz nach Anlage 1 Nr. 4 zum AAÜG und die in diesem Zeitraum erzielten Arbeitsentgelte festzustellen.
Die Beklagte beantragt sinngemäß,
die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Halle vom 27. Januar 2010 zurückzuweisen.
Sie verweist auf ihr erstinstanzliches Vorbringen sowie auf die Entscheidungsgründe des SG.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (Schriftsatz der Beklagten vom 09. November 2010, Schriftsatz des Klägers vom 21. Januar 2011).
Die Gerichtsakte und die Verwaltungsakte der Beklagten haben vorgelegen und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Sachvortrages der Beteiligten wird ergänzend auf den Inhalt der Akten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte gemäß § 153 Abs. 1, § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne mündliche Verhandlung entscheiden, weil sich die Beteiligten damit einverstanden erklärt haben.
Die gemäß § 143 SGG statthafte und auch form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 26. April 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. Januar 2008 ist rechtmäßig und beschwert den Kläger nicht im Sinne der §§ 153 Abs. 1, 54 Abs. 2 Satz 1 SGG. Die Beklagte hat es zu Recht abgelehnt, den Bescheid vom 07. Dezember 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. September 2006 aufzuheben und die Beschäftigungszeiten vom 01. September 1970 bis zum 30. Juni 1990 als Zeiten der Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungssystem der wissenschaftlichen Intelligenz nach Anlage 1 Nr. 4 zum AAÜG und die in diesem Zeitraum erzielten Arbeitsentgelte festzustellen.
Die Klage ist nicht bereits deshalb unzulässig, weil die Beklagte im Widerspruchsbescheid vom 22. Januar 2008 nur die Einbeziehung in die AVItech näher geprüft hat, nicht aber die vom Kläger begehrte Einbeziehung in die AVIwiss. Denn der Satz im Widerspruchsbescheid "Dies war bei Ihnen nicht der Fall, weil Sie – wie oben ausgeführt – bei einem Arbeitgeber beschäftigt waren, der nach den Regeln der Versorgungssysteme nicht einbezogen war." kann so verstanden werden, dass damit auch der Widerspruch hinsichtlich der AVIwiss zurückgewiesen wurde. Insofern mangelt es nicht an einer überprüfbaren Verwaltungsentscheidung hinsichtlich der AVIwiss, so dass die Klage zulässig ist.
Klage und damit auch Berufung sind aber unbegründet. Rechtsgrundlage der Entscheidung der Beklagten sowie ihr folgend des Gerichts ist § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X. Soweit sich danach im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsakts das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, ist der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen.
Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt, denn die Beklagte hat im Bescheid vom 07. Dezember 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. September 2006 weder das Recht unrichtig angewandt noch ist sie von einem falschen Sachverhalt ausgegangen. Der Kläger hat keinen Anspruch darauf, dass gemäß § 8 Abs. 3 Satz 1 i. V. m. Abs. 2 und § 1 Abs. 1 Satz 1 AAÜG Zugehörigkeitszeiten zur AVIwiss festgestellt werden. Er unterfällt nicht dem Geltungsbereich des § 1 Abs. 1 Satz 1 AAÜG, weil er weder tatsächlich noch im Wege der Unterstellung der AVIwiss (Zusatzvorsorgungssystem Nr. 4 der Anlage 1 zum AAÜG) angehörte.
Nach § 1 Abs. 1 Satz 1 AAÜG gilt dieses Gesetz für Ansprüche und Anwartschaften, die aufgrund der Zugehörigkeit zu Zusatz- und Sonderversorgungssystemen im Beitrittsgebiet erworben worden sind. Der Kreis der potentiell vom AAÜG erfassten Personen umfasst diejenigen Personen, die entweder (1.) durch einen nach Art. 19 Einigungsvertrag (EVertr) bindend gebliebenen Verwaltungsakt der DDR oder einer ihrer Untergliederungen oder (2.) später durch eine Rehabilitierungsentscheidung oder (3.) nach Art. 19 Satz 2 oder 3 EVertr (wieder) in ein Versorgungssystem einbezogen waren (Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 09. April 2002 – B 4 RA 31/01 R –, SozR 3-8570 § 1 AAÜG, Nr. 2, S. 11).
Der Kläger erfüllt keine dieser Voraussetzungen. Ihm ist von Organen der DDR keine Versorgung zugesagt worden. Er verkennt, dass die Aushändigung einer schriftlichen Versorgungszusage zwingend erforderlich gewesen wäre, was vorliegend nicht erfolgt ist. Insoweit verweist der Senat auf die zutreffenden Ausführungen des SG, die er sich zu eigen macht (§ 153 Abs. 2 SGG). Lediglich hypothetische Verläufe und persönliche Lebensplanungen können keine Berücksichtigung finden, weil es sich insoweit nur um Chancen und Aussichten gehandelt hat, die sich letztlich nicht verwirklicht haben. Der Kläger ist auch nicht aufgrund einer Rehabilitierungsentscheidung in ein Versorgungssystem einbezogen worden. Ein rechtsstaatswidriger Entzug einer Versorgungsanwartschaft hat in seinem Fall ebenfalls nicht stattgefunden.
Es kann dahinstehen, ob der geltend gemachte Anspruch schon daran scheitert, dass der Kläger keine schriftliche Versorgungszusage erhalten hat (so die ständige Rechtsprechung des erkennenden Senats seit dem Urteil vom 19. März 2009 – L 1 R 91/06 –, zuletzt Senatsurteil vom 09. August 2012 – L 1 R 31/11, www.sozialgerichtsbarkeit.de). Denn auch nach der Rechtsprechung des früheren 4. Senats und des jetzigen 5. Senats des BSG, wonach die Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem auch im Wege der Unterstellung (bzw. Auslegung von § 1 Abs. 1 Satz 1 AAÜG) vorliegen kann, sind die Voraussetzungen für eine fiktive Einbeziehung nicht erfüllt.
Nach der Rechtsprechung des BSG hängt der Anspruch auf eine fiktive Einbeziehung davon ab, ob der Kläger aus Sicht des am 01. August 1991 gültigen Bundesrechts nach den am 30. Juni 1990 gegebenen Umständen einen Anspruch auf Erteilung einer Versorgungszusage gehabt hätte. Bei der hier allein in Frage kommenden AVIwiss müssen gemäß §§ 2, 6 VO-AVIwiss i.V.m. den beiden Durchführungsbestimmungen zur VO-AVIwiss vom 26. September 1951 und 11. Juni 1959 (GBl. DDR S. 879 und GBl. I DDR S. 612) grundsätzlich nachfolgende Voraussetzungen erfüllt sein. Generell war dieses System eingerichtet für
Angehörige der wissenschaftlich tätigen Intelligenz (persönliche/sachliche Voraussetzung),
die an den Akademien, Instituten, wissenschaftlichen Bibliotheken sowie Museen und sonstigen wissenschaftlichen Einrichtungen tätig waren (betriebliche Voraussetzung).
Der Kläger erfüllte am maßgeblichen Stichtag (30. Juni 1990) weder die betriebliche noch die sachliche Voraussetzung. Der Kläger war am 30. Juni 1990 als Geschäftsführer des Landesverbandes Sachsen-Anhalt der ... tätig. Dass der Landesverband keine wissenschaftliche Einrichtung war und die Geschäftsführertätigkeit nicht wissenschaftlich geprägt ist, liegt auf der Hand und ergibt sich aus der Natur der Sache. Deshalb verweist der Senat auch insoweit auf die zutreffenden Ausführungen des SG und macht sich diese zu eigen (§ 153 Abs. 2 SGG).
Im Übrigen ist entgegen der Ansicht des Klägers der Gleichbehandlungsgrundsatz im Hinblick auf die Personengruppe, deren Fachdisziplin über den 30. Juni 1990 hinaus nicht abgewickelt worden sei, nicht verletzt. Damit rügt der Kläger im Kern die Stichtagsregelung in der Rechtsprechung des BSG. Diese hat das Bundesverfassungsgericht in verfassungsrechtlicher Hinsicht, insbesondere unter dem Aspekt des Gleichheitssatzes, aber nicht beanstandet (Beschluss vom 26. Oktober 2005 – 1 BvR 1921/04, 1 BvR 203/05, 1 BvR 445/05, 1 BvR 1144/05 –, juris).
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision im Sinne von § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
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