L 2 AL 62/11

Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG Halle (Saale) (SAN)
Aktenzeichen
S 5 AL 489/08
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 2 AL 62/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt auch die Kosten für das Berufungsverfahren mit Ausnahme der Kosten des Beigeladenen.

Die Revision wird zugelassen.

Der Streitwert wird auf 2.000 EUR festgesetzt.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Zahlung von 2.000 EUR aus einem Vermittlungsgutschein (VGS) nach § 421g des Sozialgesetzbuches Drittes Buch – Arbeitsförderung – SGB III (i. d. Fassung vom 10. Dezember 2007, gültig bis 31. März 2012).

Die Klägerin ist ein Integrationsfachdienst, der im Auftrag des Integrationsamtes, der Beklagten und der Rehabilitationsträger Aufgaben zur Förderung der Teilhabe am Arbeitsleben für behinderte, schwerbehinderte und von Behinderung bedrohte Menschen wahrnimmt.

Sie stellte am 19. Mai 2008 einen Antrag auf Auszahlung eines Vermittlungsgutscheines bei der Beklagten in Höhe von zunächst 1.000 EUR für die Vermittlung des Beigeladenen, des schwerbehinderten Arbeitnehmers J. D. , in ein unbefristetes Beschäftigungsverhältnis bei der Firma A. L. GmbH & Co KG (im Folgenden: Arbeitgeberin) ab dem 1. April 2008. In der Vermittlungs- und Beschäftigungsbestätigung der Arbeitgeberin gab diese an, der Arbeitsvertrag für eine Tätigkeit mit einer Arbeitszeit von mindestens 15 Stunden wöchentlich sei am 27. März 2008 auf Vermittlung der Klägerin geschlossen worden. Der Beigeladene sei bei ihr (der Arbeitgeberin) vom 1. März bis 31. März 2008 im Rahmen einer Probebeschäftigung versicherungspflichtig beschäftigt gewesen. Der Probearbeitsvertrag datierte vom 22. Februar 2008. Der zugrundeliegende VGS der Beklagten für den Beigeladenen wurde am 7. Februar 2008 über 2.300 EUR ausgestellt und ist gültig vom 7. Februar 2008 bis 6. Mai 2008. Weiter fügte die Klägerin den am 22. Februar 2008 mit dem Beigeladenen abgeschlossenen Vertrag zur Vermittlung schwerbehinderter Menschen durch Integrationsfachdienste (IFD) bei. Danach beauftragt der Beigeladene die Klägerin, ihn in eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung mit einer Arbeitszeit von mindestens fünfzehn Stunden wöchentlich zu vermitteln. In § 4 des Vertrages ist geregelt: "Der Vermittlungserfolg ist zu dem Zeitpunkt gegeben, wenn der/die Arbeitsuchende einen Arbeitsvertrag für ein sozialversicherungspflichtiges Arbeitsverhältnis mit einer Mindestdauer von drei Monaten und einem Mindestbeschäftigungsumfang von 15 Wochenstunden schließt."

Nach § 7 des Vertrages beträgt das Vermittlungshonorar 2.000 EUR und nach § 5 des Vertrages erfolgt die Abrechnung der Vergütung für den VGS unmittelbar zwischen der Agentur für Arbeit und dem Träger des IFD.

Mit Bescheid vom 23. Oktober 2008 lehnte die Beklagte die Auszahlung des Vermittlungsgutscheines ab: Es sei von vornherein nicht eine Beschäftigungsdauer von mindestens drei Monaten vereinbart worden. Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin am 10. November 2008 Widerspruch ein und begründete diesen wie folgt: Der Beigeladene sei zur Arbeitgeberin vermittelt worden. Zur Eignungsfeststellung habe der Beigeladene dort im Vorfeld eine Probebeschäftigung für einen Monat absolviert und sei anschließend nahtlos unbefristet ab dem 1. April 2008 eingestellt worden.

Mit Widerspruchsbescheid vom 18. November 2008 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin zurück: Es sei zunächst ein weniger als drei Monate dauerndes befristetes Probearbeitsverhältnis abgeschlossen worden. Das später unbefristete, sich nahtlos anschließende Arbeitsverhältnis habe keine Berücksichtigung finden können, weil eine spätere Verlängerung eines Arbeitsverhältnisses oder der weitere Abschluss eines Arbeitsverhältnisses unbeachtlich seien.

Hiergegen hat die Klägerin am 11. Dezember 2008 Klage vor dem Sozialgericht Halle (SG) erhoben und diese wie folgt begründet: Die Auffassung, dass ein "vorgeschaltetes" Probebeschäftigungsverhältnis gemäß § 238 SGB III von weniger als drei Monaten schädlich sei, selbst wenn dieses nahtlos in eine unbefristete Dauerbeschäftigung übergehe, treffe nicht den Sinn und mithin den Willen des Gesetzgebers. Hierbei müsse auch bedacht werden, dass die Probebeschäftigung (zur Prüfung, ob die Beschäftigung bedürfnisgerecht ist) von der Beklagten gefördert und deren Dauer von dieser bestimmt werde. Die Beklagte könne nicht ernsthaft vorbringen, eine durch sie selbst genehmigte Förderung sei von vornherein auf ein begrenztes Beschäftigungsverhältnis gerichtet.

Die Beklagte hat darauf hingewiesen, dass die Integrationsfachdienste als Instrumente zur Unterstützung der beruflichen Eingliederung besonders betroffener schwerbehinderter Menschen entwickelt worden und zur Einlösung von Vermittlungsgutscheinen berechtigt seien. Als solche seien sie wie ein privater Arbeitsvermittler zu behandeln. Die Zahlung einer Vergütung aus einem VGS sei ausgeschlossen, wenn das Beschäftigungsverhältnis von vornherein auf eine Dauer von weniger als drei Monaten begrenzt sei. Die Regelung in § 421g SGB III enthalte insoweit keine Öffnungsklausel für Vermittlungen in Probearbeitsverhältnisse unter drei Monaten nach § 238 SGB III.

Den Folgeantrag auf Auszahlung der 2. Rate in Höhe von 1.300 EUR hat die Beklagte mit Bescheid vom 12. Januar 2009 zurückgewiesen. Den Widerspruch der Klägerin wies sie mit Widerspruchsbescheid vom 8. Mai 2009 zurück, wogegen die Klägerin ebenfalls Klage erhob. Diese hat das SG mit der Ausgangsklage verbunden.

Mit Urteil vom 22. Juli 2010 hat das SG der Klage auf Zahlung von 2.000 EUR aus dem VGS stattgegeben und dies wie folgt begründet: Die Voraussetzungen für die Auszahlung des Vermittlungsgutscheines lägen vor. Die Klägerin habe den Beigeladenen in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis vermittelt. Die Tätigkeit der Vermittlerin sei mitursächlich für den Abschluss des unbefristeten Arbeitsvertrages gewesen. Es lägen auch keine Ausschlussgründe für die Auszahlung des Vermittlungsgutscheines vor. Das auf einen Monat befristete Probearbeitsverhältnis stelle nicht das Beschäftigungsverhältnis dar, für welches vorliegend die Vergütung aus dem VGS zu zahlen gewesen sei.

Gegen dieses ihr am 29. September 2011 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 25. Oktober 2011 Berufung eingelegt. Zur Berufungsbegründung trägt sie vor: Aus ihrer Sicht stelle ein VGS weder einen Verwaltungsakt noch eine Zusicherung dar. Dies bedeute, dass bei Wegfall einer Anspruchsvoraussetzung der VGS ohne Weiteres seine Gültigkeit verliere. Mit Aufnahme der Probebeschäftigung habe der VGS seine Gültigkeit verloren. Zur weiteren Begründung, warum der VGS seine Gültigkeit auch ohne eine Rücknahme nach den §§ 44 ff. Sozialgesetzbuches Zehntes Buch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz (SGB X) verliere, verweist sie auf ihre Revisionsbegründung in einem Rechtsstreit, welcher unter dem Aktenzeichen B 11 AL 19/12 R vor dem BSG geführt wird. Für weitere Einzelheiten wird auf die zu den Akten gereichte Begründungsschrift verwiesen.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Halle vom 19. September 2011 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das erstinstanzliche Urteil für zutreffend. Ein Vergütungsanspruch aus einem VGS sei auf den Erfolg der Vermittlung ausgerichtet. Soweit der Erfolg innerhalb des Gültigkeitszeitraums des Vermittlungsgutscheines eintrete und nachgewiesen werde, werde die Vergütung fällig.

Der Senat hat den Arbeitnehmer D. mit Beschluss vom 5. Dezember 2011 zum Verfahren beigeladen.

Für weitere Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Verwaltungsakte der Beklagten und die Gerichtsakte verwiesen. Diese haben dem Senat bei seiner Entscheidungsfindung vorgelegen und sind von ihm berücksichtigt worden.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung gegen das Urteil des SG ist gemäß § 143 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) statthaft und auch im Übrigen zulässig, insbesondere fristgerecht eingelegt im Sinne des § 151 Abs. 1 SGG.

Das stattgebende Urteil des SG ist rechtmäßig und die entgegenstehenden Bescheide der Beklagten waren aufzuheben. Die Klägerin hat einen Anspruch auf Zahlung der Vergütung nach dem VGS in Höhe von 2.000,00 Euro gemäß § 421g Abs. 2 Sätze 3 und 4 des Sozialgesetzbuches Drittes Buch – Arbeitsförderung – SGB III (in der Fassung vom 10. Dezember 2007, in Kraft bis 31. März 2012) gegen die Beklagte.

Der von der Klägerin erhobene Anspruch beurteilt sich nach der Regelung des § 421g SGB III. Gemäß § 421g Abs. 1 SGB III haben Arbeitnehmer Anspruch auf einen VGS, die Anspruch auf Arbeitslosengeld oder Arbeitslosenhilfe haben und nach einer Arbeitslosigkeit von zwei Monaten innerhalb einer Frist von drei Monaten noch nicht vermittelt sind, oder die eine Beschäftigung ausüben oder zuletzt ausgeübt haben, die als Arbeitsbeschaffungsmaßnahme oder als Strukturanpassungsmaßnahme nach dem Sechsten Abschnitt des Sechsten Kapitels gefördert wird. Mit dem VGS verpflichtet sich das Arbeitsamt, den Vergütungsanspruch eines vom Arbeitnehmer eingeschalteten Vermittlers, der den Arbeitnehmer in eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung mit einer Arbeitszeit von mindestens 15 Stunden wöchentlich vermittelt hat, nach Maßgabe der weiter genannten Bestimmungen zu erfüllen. Der VGS gilt für einen Zeitraum von jeweils drei Monaten. Nach Absatz zwei der Vorschrift wird der VGS in Höhe von 2.000 EUR ausgestellt, bei behinderten Menschen kann der VGS bis zu einer Höhe von 2.500 EUR ausgestellt werden. Die Vergütung in Höhe von 1.000 EUR wird nach einer sechswöchigen und der Restbetrag nach einer sechsmonatigen Dauer des Beschäftigungsverhältnisses unmittelbar an den Vermittler gezahlt.

Aus dem beschriebenen Regelungszusammenhang folgt, dass die Klägerin als Arbeitsvermittlerin einen eigenen öffentlich-rechtlichen Anspruch auf Zahlung der Vermittlungsvergütung aus dem VGS gegen die Beklagte geltend machen kann. Dieser Zahlungsanspruch des Vermittlers setzt nach der Rechtsprechung des BSG (1) die Ausstellung eines VGS, (2) einen wirksamen schriftlichen Vermittlungsvertrag (§ 296 Abs 1 Satz 1 SGB III i.V.m. § 297 SGB III) mit daraus resultierendem Zahlungsanspruch des Vermittlers gegen den Arbeitnehmer und (3) eine Vermittlungstätigkeit mit erfolgreicher Vermittlung in eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung mit mindestens 15 Wochenstunden voraus (vgl. BSG in st. Rspr. Urteil vom 6. Mai 2008 – B 7/a AL 8/07 R; in der Entscheidung v. 23.02.2011, B 11 AL 11/10 R und B 11 AL 10/10 R – Juris m.w.N. ist die Voraussetzung (2) wie folgt weiter eingeschränkt: "Wirksamer, vor Beginn der Vermittlungstätigkeit abgeschlossener schriftlicher Vermittlungsvertrag").

Ein VGS ist dem Beigeladenen von der Beklagten ausgestellt worden. Die Voraussetzungen für die Erteilung des Vermittlungsgutscheines selbst (§ 421g Abs. 1 Satz 1 SGB III) sind im Rahmen der Prüfung des Auszahlanspruches des privaten Arbeitsvermittlers nicht mehr zu überprüfen (vgl. BSG v. 06.05.2008 - B 7/7a AL 8/07 R - BSGE 100, 238 ff.).

Es liegt ein für die Vergütung aus einem VGS vorausgesetzter wirksamer Vermittlungsvertrag der Klägerin mit dem Beigeladenen vor, welcher am 22. Februar 2008 abgeschlossen wurde. Soweit das Gesetz die Voraussetzungen des Vermittlungsvertrages bzw. die Bezugnahme auf die unterschiedlichen Formen des Maklervertrages nicht hinreichend sprachlich klar erkennen lässt, folgt der Senat der Ansicht des BSG, dass in dem Vermittlungsverhältnis zwischen dem Arbeitsvermittler und dem Arbeitnehmer ein durch sozialrechtliche Anforderungen spezifisch ausgeformtes privates Vertragsverhältnis zu sehen ist. Insbesondere die §§ 296, 297 SGB III modifizieren die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) zum Maklervertrag bzw. den Vergütungsanspruch des Maklers. Der (gesetzliche) Zahlungsanspruch des Arbeitsvermittlers setzt mithin zunächst einen Vergütungsanspruch des vom Arbeitnehmer eingeschalteten Vermittlers gegen den Arbeitnehmer voraus, der sich seinerseits nur aus einem zivilrechtlichen Vertrag ergeben kann, dessen Wirksamkeit und nähere Ausgestaltung sich nach den Vorschriften des BGB, insbesondere den §§ 652 ff. BGB, richtet, die von öffentlich-rechtlichen Normen, vornehmlich denen der §§ 296, 297 SGB III, überlagert sind (vgl. BSG v. 06.04.2006 – B 7a AL 56/05 R - BSGE 96, 190 ff. – Juris Rn. 13; BSG v. 06.05.2008 - B 7/7a AL 8/07 R - Rn. 11 – zitiert nach juris). Dieser Maklervertrag mit dem Arbeitnehmer ist mit der Abhängigkeit der Vergütung bei Zustandekommen einer Beschäftigung nicht nur auf den Nachweis einer offenen Stelle gerichtet, sondern setzt ein erfolgsbezogenes Tätigwerden des Maklers i. S. einer Vermittlung voraus. Der Vergütungsanspruch des Arbeitsvermittlers gegenüber dem Arbeitnehmer (und damit auch der Auszahlanspruch gegen die Beklagte) setzt dann voraus, dass ein auf den Abschluss eines Arbeitsvertrages gerichteter und wirksamer Vermittlungsvertrag mit dem Arbeitnehmer vorliegt und der Arbeitsvermittler erfolgreich bewusst und zweckgerichtet auf den Willensentschluss eines Dritten, d.h. des Arbeitgebers einwirkt (vgl. Peters-Lange in Gagel, SGB II/SGB III, § 421g SGB III, Rn. 17f.). Diesen Anforderungen genügt der Vermittlungsvertrag der Klägerin mit dem Beigeladenen. Die Klägerin verpflichtet sich nach dem Vertrag dem Beigeladenen, eine Arbeitsstelle zu vermitteln und regelt, dass das Vermittlungshonorar 2.000 EUR beträgt.

Die Klägerin hat eine ausreichende Vermittlungstätigkeit entfaltet, die für das Zustandekommen des Beschäftigungsverhältnisses des Beigeladenen bei der Arbeitgeberin auch ursächlich war. Sie hat den Kontakt für den Beigeladenen zu der Arbeitgeberin hergestellt und zuvor dessen Fähigkeiten analysiert. Die Arbeitgeberin hat bestätigt, dass die Klägerin das Beschäftigungsverhältnis des Beigeladenen vermittelt hat.

Es liegen auch keine Ausschlussgründe nach § 421g Abs. 3 SGB III vor. Ein Anwendungsfall von Abs. 3 Nr. 2 einer anspruchshindernden Vorbeschäftigung ist nicht gegeben. Die Probebeschäftigung dauerte nur einen Monat, eine "schädliche" Vorbeschäftigung beginnt erst bei einer mehr als drei Monate dauernden Beschäftigung.

Entgegen der Ansicht der Beklagten ist auch kein Anwendungsfall von § 421g Abs. 3 Nr. 3 SGB III gegeben. Danach ist die Zahlung einer Vergütung ausgeschlossen, wenn das Beschäftigungsverhältnis von vornherein auf eine Dauer von weniger als drei Monaten begrenzt ist. Das konkrete Beschäftigungsverhältnis wurde am 27. März 2008 ab dem 1. April 2008 unbegrenzt abgeschlossen. Die vorab erfolgte Probebeschäftigung nach § 238 SGB III bei diesem Arbeitgeber ist unschädlich. Es handelt sich um eigenständige Arbeitsverträge für die unterschiedliche Vertragsbedingungen galten. Während das Probearbeitsverhältnis die Tätigkeit als Arbeitnehmer im Bereich "Lager" mit einer monatlichen Vergütung von 1.005 EUR bei einer 40 Stundenwoche bezeichnete, lautete die Bezeichnung im unbefristeten Arbeitsvertrag "gewerblicher Mitarbeiter" mit 1.100 EUR monatlicher Vergütung. Die Eigenständigkeit des "vorgeschalteten" Probearbeitsverhältnisses zeigt sich auch darin, dass in dem unbefristeten Arbeitsvertrag als gewerblicher Mitarbeiter eine Probezeit von sechs Monaten vereinbart ist. Es mag zutreffen, dass die Beschäftigungsverhältnisse im Arbeitsrecht für den Kündigungsschutz und für die Beurteilung einer zulässigen Befristung wertungsmäßig zusammen zu rechnen sind, dies ändert aber nichts daran, dass es sich um zwei getrennte, mit unterschiedlichen Vertragsinhalten versehene Beschäftigungsverhältnisse handelt. Von vornherein hatten die Arbeitsvertragsparteien zunächst ein befristetes Arbeitsverhältnis vereinbart, um die Bedingungen zu testen und dann ein konkretes (höher dotiertes) unbefristetes Arbeitsverhältnis (mit gesonderter Probezeit) mit einem breiteren Einsatzgebiet ("gewerblicher Mitarbeiter") angeschlossen.

Dieses Ergebnis wird auch durch die hinter der Regelung stehende Wertung bei der Förderung eines Arbeitnehmers durch Ausstellung eines Vermittlungsgutscheines und die diesbezüglichen Ausnahmetatbestände für eine Förderung bestätigt. Sinn der Regelung des Vermittlungsgutscheines (§ 421g SGB III a. F., nunmehr § 45 Abs. 4 bis 7 SGB III) ist es, durch eine Förderung des Wettbewerbs zwischen den Arbeitsagenturen und den privaten Vermittlern eine schnellere und dauerhafte Eingliederung des Arbeitnehmers in den Arbeitsmarkt zu fördern (BT-Drs. 14/8546 S. 4). Dabei soll eine von vornherein nicht zu einer längerfristigen Integration in den Arbeitsmarkt führende Beschäftigung von der Förderung ausgeschlossen sein, weil diese den dargestellten beabsichtigten Erfolg noch nicht erreicht. Hier allerdings hat die Klägerin den Beigeladenen im Ergebnis - noch während der Gültigkeit des Vermittlungsgutscheines - in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis vermittelt und damit zunächst wieder längerfristig in den Arbeitsmarkt eingegliedert. Hierfür soll gerade die Vermittlungsvergütung gezahlt werden.

Die Rechtsauffassung der Beklagten, der VGS gelte nur für eine erste Arbeitsvermittlung (bei der ein Vergütungsanspruch nur ausgelöst werde, wenn die Beschäftigung nicht auf weniger als drei Monate begrenzt ist) und sei dann verbraucht, trifft nicht zu. Der VGS verliert innerhalb seines Gültigkeitszeitraumes seine Gültigkeit durch eine erfolgte Vermittlung mit Aufnahme einer Beschäftigung nicht (so für die Aufnahme eines zweiten Arbeitsverhältnisses bei einem anderen Arbeitgeber LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 18. Juni 2012 – L 18 AL 336/11 – zitiert nach juris). Auch aus der Gesetzesbegründung ergeben sich keine Hinweise darauf, dass der Gesetzgeber die Wirkung des Vermittlungsgutscheines in dieser Weise begrenzen wollte (BT –Drucks 15/3674 S. 10). Liegen noch innerhalb des Gültigkeitszeitraumes die Voraussetzungen für einen (erneuten) Ermittlungserfolg vor, greift der Vergütungsanspruch. Missbrauchsmöglichkeiten ist dadurch vorgebeugt, dass die Vergütung erst nach einer sechswöchigen Dauer des Beschäftigungsverhältnisses anfällt (§ 421g Abs. 2 Satz 3 SGB III). Auch das BSG hat – unabhängig von der Beurteilung der Rechtsnatur des Vermittlungsgutscheines – betont, dass sich der Vermittler auf den im Gutschein selbst vorgesehenen Geltungszeitraum verlassen dürfe (BSG, Urteil vom 6. Mai 2008 – B 7/7a AL 8/07 R – Rn. 17, zitiert nach juris). Die Geltung des Vermittlungsvertrages bestand fort, denn das Probearbeitsverhältnis stellte keinen Vermittlungserfolg i. S. des Vermittlungsvertrages dar. Nach dem Vermittlungsvertrag ist ein Vermittlungserfolg nur gegeben, wenn der Arbeitsuchende einen Arbeitsvertrag mit einer Mindestdauer von drei Monaten abschließt.

Ob die Geltung eines VGS dadurch beseitigt wird, dass die Verwaltung diesen – im Einklang mit der Auffassung, es handele sich bei dem VGS um einen feststellenden Verwaltungsakt – nach den §§ 45 ff. SGB X aufhebt, kann hier offen bleiben. Da eine solche Aufhebungsentscheidung hier nicht vorliegt, muss sich der Senat auch nicht abschließend mit der Rechtsnatur des VGS auseinandersetzen.

Die Kostenentscheidung ergeht nach § 197a Abs. 1 S. 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO), weil die Klägerin nicht zu einer der von § 183 SGG privilegierten Personen gehört. Die Beklagte trägt als Unterliegende die Kosten des Verfahrens. Dem Beigeladenen sind keine Kosten aufzuerlegen (§ 154 Abs. 3 VwGO). Aufwendungen des Beigeladenen gehören nicht zu den Gerichtskosten, so dass in der Kostenentscheidung nach § 197a SGG hierüber nicht zu befinden ist. Der Beklagten sind weitere außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen gemäß § 162 Abs. 3 VwGO nicht aufzuerlegen, denn dies entspricht nicht der Billigkeit. Der Beigeladene hat keine gesonderten Anträge gestellt oder das Verfahren wesentlich gefördert.

Es handelt sich um eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung. Die Beklagte trägt regelmäßig vor, dass ein VGS durch eine Kurz- oder Probebeschäftigung verbraucht sei, hierzu gibt es noch keine höchstrichterliche Entscheidung. Zudem betrifft der Rechtsstreit mittelbar auch die Frage der Rechtsnatur des VGS, wozu bereits eine Revision beim BSG anhängig ist (B 11 AL 19/12 R).

Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 197a Abs. 1 S. 1 SGG in Verbindung mit § 52 Abs. 3 i.V.m. 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Gerichtskostengesetz (GKG) nach dem Gegenstand der bezifferten Klageforderung.
Rechtskraft
Aus
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